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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 02.12.2002
Aktenzeichen: 1 S 1365/02
Rechtsgebiete: FAG
Vorschriften:
FAG § 32 Abs. 2 |
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil
In der Verwaltungsrechtssache
wegen
Berichtigung eines FAG-Leistungsbescheides
hat der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch die Richterinnen am Verwaltungsgerichtshof Schmenger und Dr. Kirchhof sowie den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Roth ohne mündliche Verhandlung am 2. Dezember 2002
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 7. September 2001 - 9 K 5438/00 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Berichtigung eines Festsetzungsbescheids des Beklagten über Leistungen im kommunalen Finanzausgleich für das Jahr 1996.
Die Klägerin ist Mitglied der vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft Weilheim an der Teck. Die Stadt Weilheim an der Teck erfüllt für die Klägerin die Aufgaben der Abgaben-, Kassen- und Rechnungsgeschäfte. Zu diesem Aufgabenkreis gehört auch die Übermittlung der zum Vollzug des Finanzausgleichsgesetzes erforderlichen gemeindlichen Daten an das Statistische Landesamt. Am 27.1.1995 meldete die Stadt Weilheim für die Klägerin u.a. den Hebesatz für die Gewerbesteuer als Bemessungsgrundlage für die Realsteueraufkommen und deren Hebesätze für das Jahr 1994 an das Statistische Landesamt, wobei versehentlich ein Wert von 300 v.H. statt 330 v.H. übermittelt wurde. Das Statistische Landesamt erließ auf der Grundlage der übermittelten Werte am 27.5.1997 einen Festsetzungsbescheid über Leistungen im kommunalen Finanzausgleich 1996. Der Bescheid, der bei der Klägerin am 28.5.1997 ohne Rechtsbehelfsbelehrung einging, enthielt den Hinweis, dass die Gemeinden im eigenen Interesse gebeten werden, den Bescheid umgehend zu überprüfen und eine eventuelle Berichtigung beim Statistischen Landesamt zu beantragen.
Im Rahmen der im Juni 2000 durch das Rechnungsprüfungsamt des Landratsamts Esslingen durchgeführten überörtlichen Prüfung der Realsteueraufkommen und -hebesätze wurden dem Statistischen Landesamt nochmals die Bemessungsgrundlagen für die Steuerkraftmesszahlen der Jahre 1994 bis 1996 übersandt, wobei hier der Hebesatz für die Gewerbesteuer für alle Zeiträume richtiger Weise mit 330 v.H. angegeben war. Aufgrund der festgestellten Unstimmigkeiten bat das Statistische Landesamt das Landratsamt Esslingen am 31.7.2000 um Überprüfung und Stellungnahme. Daraufhin teilte die Stadt Weilheim an der Teck mit Schreiben vom 8.8.2000 mit, dass bei der Meldung vom 27.1.1995 versehentlich der Hebesatz mit 300 v.H. statt 330 v.H. angegeben worden sei. Unter dem 16.8.2000 erwiderte das Statistische Landesamt, dass eine Berichtigung der Leistungen im kommunalen Finanzausgleich 1996 für die Gemeinde Holzmaden nach der Neufassung des § 32 Abs. 2 FAG nicht mehr vorgenommen werden könne, da dies nach dieser Vorschrift nur möglich sei, wenn die Berichtigung innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe des Bescheides vom Betroffenen beantragt worden sei.
Dem trat die Klägerin mit Schreiben vom 28.8.2000 mit der Begründung entgegen, dass für den kommunalen Finanzausgleich 1996 noch die alte Fassung des § 32 Abs. 2 FAG gelte, wonach Berichtigungen zugunsten der Gemeinde bis zum viertvorangegangenen Jahr vorgenommen werden könnten. Das Statistische Landesamt wertete das Schreiben als Widerspruch gegen den Bescheid vom 16.8.2000 und wies ihn mit Widerspruchsbescheid vom 26.10.2000 zurück.
Am 28.11.2000 erhob die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart mit dem Antrag, den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, den Festsetzungsbescheid über Leistungen im kommunalen Finanzausgleich 1996 vom 27.5.1997 dahingehend zu berichtigen, dass als Bemessungsgrundlage ein Gewerbesteuerhebesatz in Höhe von 330 v.H. statt 300 v.H. zugrunde gelegt wird, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, erneut über ihren Berichtigungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Zur Begründung führte die Klägerin im Wesentlichen aus: Auf die beantragte Berichtigung sei noch die alte Fassung des § 32 Abs. 2 FAG anzuwenden. Da für § 32 Abs. 2 FAG n.F. keine Übergangsregelung geschaffen worden sei, sei nach dem allgemeinen Rechtsgedanken der Art. 169, 170 EGBGB das Recht anwendbar, das bei Entstehung des Schuldverhältnisses gegolten habe.
Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag des Beklagten folgend die Klage mit Urteil vom 7.9.2001 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klägerin habe weder einen Anspruch auf Berichtigung des Festsetzungsbescheids 1996 noch einen auf erneute Bescheidung des Berichtigungsantrags. Nach § 32 Abs. 2 S. 1 FAG i.d.F. vom 1.1.2000 könne die Berichtigung des Bescheids nur innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe beantragt werden. Da der Festsetzungsbescheid 1996 der Klägerin bereits am 28.5.1997 bekannt gegeben worden, der Antrag aber erst am 8.8.2000 erfolgt sei, seien die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach dieser Vorschrift nicht gegeben. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei die Neufassung anzuwenden. Da der Gesetzgeber insoweit keine zeitliche Einschränkung des Anwendungsbereichs der Norm durch eine Übergangsregelung getroffen habe, sei die Regelung für alle Berichtigungen anwendbar, die ab dem 1.1.2000 beantragt worden seien. Der aus Art. 169, 170 EGBGB folgende allgemeine Rechtsgedanke habe im öffentlichen Recht nicht ohne Weiteres Geltung, sei aber im vorliegenden Fall schon deshalb nicht anwendbar, weil ein seit 1997 andauerndes Schuldverhältnis am 1.1.2000 nicht vorgelegen habe, denn das Festsetzungsverfahren sei spätestens mit Bestandskraft des Festsetzungsbescheids 1996 beendet gewesen, wohingegen das Berichtigungsverfahren als neues Schuldverhältnis am 1.1.2000 noch nicht bestanden habe. Der Anwendung des § 32 Abs. 2 FAG n.F. stehe auch nicht das Verbot unzulässiger Rückwirkung entgegen. Die Vorschrift stelle eine Regelung mit unechter Rückwirkung dar und sei als solche im überwiegenden öffentlichen Interesse zulässig. Im Übrigen habe der Gesetzgeber das Änderungsgesetz bereits am 10.5.1999 beschlossen und den Zeitpunkt des Inkrafttretens erst auf den 1.1.2000 festgesetzt, so dass die Klägerin mit der Gesetzesänderung habe rechnen können und sich schon deshalb nicht auf Vertrauensschutz berufen könne.
Mit der vom Senat durch Beschluss vom 6.6.2002 zugelassenen Berufung vertieft die Klägerin ihr Vorbringen und trägt ergänzend vor: Das Verwaltungsgericht habe aus der Tatsache, dass keine Übergangsbestimmung getroffen worden sei, nicht folgern dürfen, dass deshalb die Neuregelung des § 32 Abs. 2 FAG für alle Berichtigungen gelte, die nach dem 1.1.2000 beantragt wurden. Zudem seien die Leistungsbeziehungen der Parteien mit Rechtskraft des Festsetzungsbescheids 1996 nicht beendet gewesen; die beantragte Berichtigung des Bescheids habe kein neues Schuldverhältnis begründet, sondern das alte Schuldverhältnis für das Jahr 1996 neu geregelt. Die Stellung eines Berichtigungsantrags sei ihr im Übrigen nicht vor dem 1.1.2000 möglich gewesen, da sie von dem Fehler erst durch die Prüfung der Rechtsaufsichtsbehörde im Juni 2000 erfahren habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 7. September 2001 - 9 K 5438/00 - zu ändern, den Bescheid des Statistischen Landesamts vom 16. August 2000 und dessen Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2000 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Festsetzungsbescheid über Leistungen im kommunalen Finanzausgleich 1996 vom 27. Mai 1997 dahingehend zu berichtigen, dass als Bemessungsgrundlage ein Grundsteuerhebesatz in Höhe von 330 v.H. statt 300 v.H. zugrunde gelegt wird,
hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, über ihren Berichtigungsantrag erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt ergänzend aus: Die Klägerin habe 2 1/2 Jahre lang die Möglichkeit gehabt, anhand des Festsetzungsbescheids 1996 die dort angeführten Bemessungsgrundlagen zu überprüfen und einen Berichtigungsantrag zu stellen, so dass sie nicht einwenden könne, erst im Juni 2000 von dem Fehler erfahren zu haben.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze im Zulassungs- und Berufungsverfahren sowie auf die dem Senat vorliegenden Behörden- und Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs. 1, § 101 Abs. 2 VwGO).
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die gem. § 32 Abs. 2 S. 1 FAG als betroffene Gemeinde aktivlegitimierte Klägerin hat weder einen Anspruch auf Berichtigung des Festsetzungsbescheids 1996 noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres Berichtigungsantrags (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Nach § 32 Abs. 2 S. 1 FAG in der hier anwendbaren Fassung vom 1.1.2000 (GBl. S. 14) kann ein Bescheid über Leistungen nach dem 1. oder 2. Abschnitt des FAG berichtigt werden, wenn die Berichtigung innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe des Bescheids schriftlich vom Betroffenen beim Statistischen Landesamt beantragt oder vom Statistischen Landesamt dem Betroffenen angezeigt worden ist. Die Klägerin erfüllt zwar die Voraussetzungen für eine Berichtigung dem Grunde nach. Denn der Bescheid vom 27.5.1997 war unstreitig insoweit fehlerhaft, als darin für das Jahr 1994 ein Gewerbesteuerhebesatz von 300 v.H. anstatt zutreffender Weise von 330 v.H. zugrunde gelegt wird, wodurch sich der an die Klägerin zu leistende Betrag um 22.180,10 DM verringerte. Da die Vorschrift jedoch nur die Berichtigung solcher Bescheide erlaubt, deren Bekanntgabe nicht länger als ein Jahr zurück liegt, der Festsetzungsbescheid 1996 der Klägerin aber am 28.5.1997 bekannt gegeben worden ist, ist die weitere tatbestandliche Voraussetzung für eine Berichtigung nach § 32 Abs. 2 FAG n.F. nicht gegeben.
Entgegen der Auffassung der Klägerin gelangt im vorliegenden Fall nicht § 32 Abs. 2 FAG i. d. F. vom 26.09.1991 (GBl. S. 658) zur Anwendung, wonach ein Festsetzungsbescheid auf Antrag oder von Amts wegen bis zum viertvorangegangenen Jahr berichtigt werden kann. Eine entsprechende Übergangsregelung für vor Inkrafttreten der Neuregelung ergangene Festsetzungsbescheide enthält das Finanzausgleichsgesetz in der Fassung vom 1.1.2000 nicht (vgl. die Übergangsbestimmungen in § 39 FAG). Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, kann aus dem Fehlen einer Überleitungsvorschrift nicht der Schluss gezogen werden, dass damit der in Art. 169, 170 EGBGB normierte Rechtsgedanke der Fortgeltung der bei Begründung eines Schuldverhältnisses herrschenden Rechtslage für das Berichtigungsverfahren anzuwenden sei. Es ist bereits fraglich, ob die genannten Regelungen überhaupt analog im öffentlichen Recht anwendbar sind. Diese Frage bedarf jedoch keiner abschließenden Klärung, da auch unter Zugrundelegung des in den Art. 169, 170 EGBGB enthaltenen Rechtsgedankens die Klägerin hieraus nichts für sich herzuleiten vermag. Diese Regelungen sind Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens, dass Rechtsverhältnisse nach ihren Voraussetzungen, ihrem Inhalt und ihren Wirkungen dem Recht unterstehen, das zur Zeit der Verwirklichung des Entstehungstatbestandes galt. Im vorliegenden Fall ist jedoch das Berichtigungsverfahren erst im Jahre 2000 in Gang gesetzt worden, als schon die neue Fassung des § 32 Abs. 2 FAG galt, so dass es auch bei Anwendung dieses Rechtsgedankens nach neuem Recht zu beurteilen wäre. Bei dem Festsetzungs- und dem Berichtigungsverfahren handelt es sich um zwei selbständige Verwaltungsverfahren im Sinne des § 9 LVwVfG, die getrennt voneinander zu betrachten sind und auf die das jeweils geltende Verfahrensrecht anzuwenden ist. Ein einheitliches, über den Festsetzungsbescheid hinaus andauerndes Schuldverhältnis lag somit entgegen der Rechtsansicht der Klägerin nicht vor.
Die Neufassung des § 32 Abs. 2 FAG n.F. kann auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass durch sie nur die Berichtigung solcher Bescheide erfasst wird, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1.1.2000 bekannt gegeben wurden. Hierfür lassen sich aus dem Wortlaut der Regelung keinerlei Anhaltspunkte entnehmen. Auch aus den Gesetzesmaterialien sowie aus dem mit der Gesetzesänderung verfolgten Zweck ergeben sich hierfür keine Hinweise.
Der Gesetzgeber hat in Art. 1 Ziff. 1 Buchst. b des Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes vom 10.5.1999 (GBl. S. 179) die Neufassung des § 32 Abs. 2 FAG geregelt und in Art. 3 das Inkrafttreten des Gesetzes bestimmt. Nach Art. 3 Abs. 1 des Änderungsgesetzes trat das neue Gesetz am 1.1.2000 in Kraft, soweit in Abs. 2 nichts anderes bestimmt war. Der Umstand, dass gem. Art. 3 Abs. 2 des Änderungsgesetzes mehrere Regelungen zu einem anderen Zeitpunkt in Kraft treten sollten, spricht dafür, dass die geänderten Bestimmungen im Übrigen und damit auch § 32 Abs. 2 FAG nach dem Willen des Gesetzgebers ohne Einschränkungen am 1.1.2000 in Kraft treten sollten. Außerdem hat der Gesetzgeber durch Art. 1 Ziff. 14 des Änderungsgesetzes neue Übergangsregelungen in das FAG aufgenommen, in denen ausdrücklich für einen besonderen Zeitraum die Geltung von einzelnen Regelungen bestimmt wird, die den am 1.1.2000 neu in Kraft tretenden nicht entsprechen. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass alle anderen Regelungen ab 1.1.2000 in Kraft treten sollten.
Auch die Zielsetzung des Gesetzgebers, mit der Einschränkung der Berichtigungsregelung für Festsetzungsbescheide die Verwaltung zu entlasten (vgl. 2.2 der Begründung, LT-Drucks. 12/3660 S. 10) und den durch die vormals geltende Berichtigungsregelung verursachten hohen Verwaltungsaufwand zu reduzieren (LT-Drucks. 12/3660 S. 13), spricht dafür, dass die Neuregelung für alle Berichtigungen gilt, die ab dem 1.1.2000 neu beantragt oder von Amts wegen durchgeführt wurden (vgl. auch Faiß/Kürtz, Praxis der Kommunalverwaltung, Stand April 2000, E 1 Baden-Württemberg, S. 150; Kürtz, BWGZ 2000, S. 20).
Der Anwendung des § 32 Abs. 2 FAG n.F. steht, wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, auch nicht das Verbot unzulässiger Rückwirkung entgegen. Der Rechtsansicht der Klägerin, eine - zulässige - Rückwirkung liege schon deshalb nicht vor, da dies einer Übergangsregelung bedurft hätte, kann nicht gefolgt werden. Ob eine Norm Rückwirkung entfaltet, beurteilt sich danach, ob sie auf in der Vergangenheit liegende oder entstandene Sachverhalte einwirkt, nicht jedoch danach, ob dies durch eine ausdrückliche Bestimmung bewirkt wird. Die Frage der Zulässigkeit der Rückwirkung beurteilt sich allein nach den vom Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfGE 63, 152) aufgestellten Grundsätzen.
Dass die Regelung eine (echte) Rückwirkung in Form der Rückerstreckung ihres zeitlichen Anwendungsbereichs enthielte, macht selbst die Klägerin nicht geltend. Auch eine unzulässige (unechte) Rückwirkung liegt nicht vor. Zwar besitzt § 32 Abs. 2 FAG n.F. rückwirkenden Charakter. Denn all jene Gemeinden, die bis zum 1.1.2000 ihren bis dato bestehenden Berichtigungsanspruch nicht geltend gemacht hatten, waren von der Neuregelung betroffen und verloren diesen Anspruch, wenn der Bescheid vor dem 1.1.1999 bekannt gegeben worden war. Eine derartige "unechte" Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig (BVerfG, Beschl. v. 29.10.1999, ZOV 2000, 23 f.; BVerfGE 63, 152 <175>; 69, 272 <309>; 72, 141 <154>). Jedoch ergeben sich für den Gesetzgeber auch hier aus den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes Schranken. Im näheren hängt die Beurteilung von dem Ergebnis einer Abwägung zwischen dem Ausmaß des Vertrauensschadens des Einzelnen und der Bedeutung des gesetzlichen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit ab. Überwiegen die mit der Regelung verfolgten Gemeinwohlinteressen das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der bestehenden Rechtslage, ist die unechte Rückwirkung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfGE 72, 175 <196>). Von entscheidender Bedeutung ist dabei, ob und inwieweit die Betroffenen auf den Bestand der geltenden Rechtslage vertrauen konnten, also mit deren Änderung nicht zu rechnen brauchten.
Wie das Verwaltungsgericht lässt der Senat offen, inwieweit sich auch öffentlich-rechtliche Körperschaften auf diese Grundsätze berufen können, die grundsätzlich den Bürger schützen sollen (vgl. BVerfGE 68, 287 <307>). Selbst wenn unterstellt wird, dass die durch Art. 28 Abs. 2 GG den Gemeinden eingeräumte Selbstverwaltungsgarantie ein schützenswertes Vertrauen in eine diese regelnde Gesetzeslage grundsätzlich begründen kann und die Regelungen zur finanziellen Ausstattung der Gemeinden im FAG hierzu zu zählen sind, begegnet gemessen an den vorgenannten Maßstäben die in Rede stehende Regelung verfassungsrechtlich keinen Bedenken, insbesondere kann sich die Klägerin nicht auf ein überwiegend schutzwürdiges Vertrauen in die bisherige Rechtslage berufen. Denn der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht nicht so weit, den Begünstigten vor jeder "Enttäuschung" seiner Erwartungen in die Dauerhaftigkeit der Rechtslage zu bewahren, vielmehr müssen auf seiner Seite gewichtige zusätzliche Interessen angeführt werden können, die den öffentlichen Interessen vorgehen (BVerfGE 63, 312 <331>). Solche vorrangigen gemeindlichen Interessen sind jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich. Da das Berichtigungsverfahren als solches beibehalten wird, liegt die Beeinträchtigung für die einzelne Gemeinde lediglich darin, nunmehr innerhalb kürzerer Frist Festsetzungsbescheide überprüfen zu müssen. In ihrem eigenen Interesse waren die Gemeinden auch bisher schon gehalten, möglichst umgehend den Bescheid zu überprüfen und eine evtl. Berichtigung beim Statistischen Landesamt zu beantragen. Den Gemeinden wird folglich keine zusätzliche Belastung zugemutet. Die gemeindlichen Interessen durften daher ohne Weiteres dem von der Gesetzesänderung verfolgten Ziel, den hohen Verwaltungsaufwand zu vereinfachen und durch eine zeitnahe endgültige Festsetzung Rechtssicherheit zu erlangen (LT-Drucks. 12/3660, S. 13), untergeordnet werden. Im Übrigen kann sich ohnehin nur derjenige auf Vertrauensschutz berufen, der mit dem entwertenden Eingriff nicht rechnen musste und ihn deshalb bei seinen Dispositionen nicht berücksichtigen konnte (BVerfGE 63, 152 <157>). Da das Gesetz am 10.5.1999 beschlossen wurde, aber erst am 1.1.2000 in Kraft trat, war für jede Gemeinde und so auch die Klägerin ausreichend Zeit, ergangene Festsetzungsbescheide noch vor dem 1.1.2000 auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, auf die dann noch die alte Rechtslage anwendbar gewesen wäre. Insofern kann der Klägerin nicht gefolgt werden, wenn sie geltend macht, keine Möglichkeit gehabt zu haben, den Berichtigungsantrag vor dem 1.1.2000 zu stellen, da sie erst im Juli 2000 von dem Fehler erfahren habe. Denn sie hatte seit Erhalt des Festsetzungsbescheids vom 28.5.1997 die Möglichkeit und auch die Obliegenheit, die Bemessungsgrundlagen selbst zu überprüfen und einen entsprechenden Berichtigungsantrag zu stellen. Die Klägerin hätte daher den entstandenen Berichtigungsanspruch ohne Rechtsverlust noch vor Inkrafttreten der neuen Regelung geltend machen können.
Der Hilfsantrag der Klägerin muss ebenfalls ohne Erfolg bleiben, da mangels eines fristgemäßen Berichtigungsantrags die tatbestandliche Voraussetzung für eine Berichtigung nicht vorliegt und damit das der Behörde nach § 32 Abs. 2 FAG eingeräumte Ermessen schon nicht eröffnet ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
Beschluss
vom 2. Dezember 2002
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 11.340,51 EUR festgesetzt (§§ 25 Abs. 2, 13 Abs. 2 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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