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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 20.06.2008
Aktenzeichen: 1 S 1940/07
Rechtsgebiete: GG, WRV, KiStG


Vorschriften:

GG Art. 140
WRV Art. 137 Abs. 3
WRV Art. 137 Abs. 5
KiStG § 24 Abs. 1
Mit der Anerkennung einer Kirchengemeinde (Religionsgemeinde) als Körperschaft des öffentlichen Rechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 KiStG wird der Organisationsgewalt der übergeordneten Religionsgemeinschaft Geltung verschafft. Die Aberkennung dieses Rechtsstatus setzt nur einen im Außenverhältnis wirksamen Antrag der Religionsgemeinschaft voraus.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

1 S 1940/07

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Verlusts der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts

hat der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 20. Juni 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 21. Juni 2007 - 4 K 1268/06 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen eine Entscheidung des Beklagten, mit der ihr auf Antrag der Beigeladenen die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts aberkannt wurden.

Die Beigeladene versteht sich als Rechtsnachfolgerin der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden (siehe Art. 2 Buchst. a der Satzung des Oberrats der Israeliten Badens, in der am 07.01.1958 in Kraft getretenen Fassung), der 1809 die Körperschaftsrechte verliehen worden waren (siehe Art. 1 der Großherzoglichen Verordnung vom 13.01.1809, Reg.-Bl. S. 29). Nach dem Entzug der Körperschaftsrechte durch das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der jüdischen Kultusvereinigungen vom 28.03.1938 (RGBl. I S. 338) und der nachfolgenden Auslöschung der jüdischen Gemeinden durch die nationalsozialistische Vernichtungspolitik war die Religionsgemeinschaft in der Nachkriegszeit aufgrund besatzungshoheitlicher Vorgaben zunächst organisatorisch in Nord- und Südbaden geteilt; dort wurden ihnen die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verliehen (siehe für das Land Baden: Bekanntmachung über den Neuaufbau der Israelitischen Religionsgemeinschaft vom 19.01.1949, GVBl. S. 51). Im Jahre 1953 schlossen sich die beiden Organisationen wieder zusammen. Mit Verfügung vom 20.07.1953 bestätigte das Kultusministerium Baden-Württemberg, dass der neu geschaffene Gesamtverband eine Körperschaft des öffentlichen Rechts sei; mit Verfügung vom 26.05.2004 wurde diese Feststellung wiederholt. § 3 Nr. 2 der Satzung der Beigeladenen (i.d.F. vom 20.07.2003) bestimmt: "Die bestehenden jüdischen/israelitischen Gemeinden in Baden sind Untergliederungen der Religionsgemeinschaft; sie haben den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (KdöR) (§ 24 Abs. 1 KiStG Bad.-Württ.)". Nachdem die in Konstanz und Umgebung wohnhaften Juden zunächst der Israelitischen Gemeinde Freiburg angehört hatten, verselbstständigte sich die Konstanzer Gemeinde in der Folgezeit; im Jahr 1965 organisierte sie sich in der Rechtsform des eingetragenen Vereins. Schließlich wurde die Klägerin auf Antrag der Beigeladenen mit Erlass des Ministeriums für Kultus und Sport Baden-Württemberg vom 26.08.1988, bekanntgemacht am selben Tag, als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt (K.u.U. 1988, 755). Die Satzung der Klägerin vom 17.07.1988 regelt u.a. in § 13 Nr. 2 die Wahl ihrer Vertreter im Oberrat der Beigeladenen. In den folgenden Jahren kam es zu tiefgreifenden rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen der Klägerin und der Beigeladenen, die neben Prozessen vor den staatlichen Gerichten zu einer Vielzahl von Verfahren vor dem Schieds- und Verwaltungsgericht beim Zentralrat der Juden in Deutschland führten und immer noch führen. Vor diesem Hintergrund beschloss der Oberrat (Delegiertenversammlung) der Beigeladenen als oberstes Organ der Beigeladenen (§ 5 Nr. 1, § 6 Nr. 1 der Satzung der Beigeladenen) in der Sitzung vom 29.01.2006, in der die von der Klägerin entsandten Vertreter nicht als Delegierte anerkannt worden waren, die Klägerin aus der Beigeladenen auszuschließen. Mit Schreiben vom 03.02.2006 gab der Bevollmächtigte der Beigeladenen dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport von dieser Entscheidung Kenntnis; er vertrat darin die Auffassung, dass damit bei der Klägerin die Voraussetzungen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht mehr gegeben seien, und bat, falls nötig, um Durchführung der erforderlichen Maßnahmen. Mit Schreiben vom 13.02.2006 teilte das Ministerium der Beigeladenen mit, dass ein Ausschluss der Klägerin aus der Beigeladenen nichts an der Existenz der Klägerin als eigenständige Religionsgemeinschaft und an deren Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts ändere. Daraufhin stellte der Bevollmächtigte der Beigeladenen mit Schreiben vom 04.04.2006 den Antrag, der Klägerin die Rechtsstellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Wirkung zum 29.01.2006 abzuerkennen. Die Klägerin habe nämlich diese Rechtsstellung nur als Untergliederung der und wegen ihrer Zugehörigkeit zur Beigeladenen auf deren Antrag erhalten; diese Voraussetzungen seien aufgrund des Ausschlusses entfallen. Diesem Antrag gab das Ministerium mit Bescheid vom 24.05.2006 statt. Dabei ging das Ministerium davon aus, dass der Antrag in Übereinstimmung mit dem innerreligionsgemeinschaftlichen Recht der Beigeladenen erfolgt sei. Der Beigeladenen wurde mitgeteilt, dass das Ministerium folgenden Erlass veröffentlichen werde: "Das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport hat auf Antrag der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden der Israelitischen Kultusgemeinde Konstanz mit Wirkung zum 29. Januar 2006 die Eigenschaft als Gemeinde der Israelitischen Religionsgemeinschaft aberkannt. Damit verliert die Israelitische Kultusgemeinde Konstanz ebenfalls mit Wirkung vom 29. Januar 2006 die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts." Dieser Erlass wurde am 17.07.2006 im Amtsblatt bekanntgemacht (K.u.U. 2006, 246); er war der Klägerin schon zuvor mit Schreiben vom 01.06.2006 von der Beigeladenen übermittelt worden, die damit einer Aufforderung des Kultusministeriums nachgekommen war.

Am 19.06.2006 hat die Klägerin gegen den Erlass des Ministeriums vom 24.05.2006 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben, das den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Freiburg verwiesen hat.

Während des erstinstanzlichen Verfahrens hat das Schieds- und Verwaltungsgericht beim Zentralrat der Juden in Deutschland auf Antrag der Klägerin mit Urteil vom 13.03.2007 (Az.: 003-2006) festgestellt, dass der Beschluss des Oberrats der Beigeladenen vom 29.01.2006 über den Ausschluss der Klägerin unwirksam ist.

Mit Urteil vom 21.06.2007 hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Erlass aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin sei jedenfalls deswegen beteiligungsfähig, weil in dem Rechtsstreit über den Verlust ihrer Rechtsstellung gestritten werde. Der Ausspruch in Satz 2 erzeuge ungeachtet der Bezugnahme auf Satz 1, der nach dem Urteil des Schieds- und Verwaltungsgerichts ins Leere gehe, einen belastenden Rechtsschein; ein Rechtsschutzbedürfnis sei deswegen gegeben. Schließlich sei die Klägerin auch klagebefugt, da sie in erster Linie von der angefochtenen Entscheidung betroffen sei. Die Klage sei auch begründet. Die Klägerin sei aktivlegitimiert, denn sie sei vom Beklagten mit der Entscheidung vom 26.08.1988 als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit eigenen Rechten und Pflichten geschaffen worden; diese Rechtsstellung beruhe jedenfalls auf § 24 Abs. 1 Satz 1 KiStG. Für den Ausspruch in Satz 1 des Erlasses, in dem es um die innere Organisation einer Religionsgemeinschaft gehe, fehle einer staatlichen Behörde die Kompetenz. Satz 2 des Erlasses könne sich ebenso wenig auf eine Rechtsgrundlage stützen. Bei verfassungskonformer einschränkender Auslegung von § 49 LVwVfG komme ein Entzug des Körperschaftsstatus etwa dann in Betracht, wenn die Gemeinde aufgelöst worden sei. Der Beschluss des Oberrats der Beigeladenen vom 29.01.2006 sei allerdings kein tauglicher Widerrufsgrund, weil er durch das Schieds- und Verwaltungsgericht mit unanfechtbarem Urteil vom 13.03.2007 aufgehoben worden sei. Dieses Urteil sei von staatlichen Behörden und Gerichten zu beachten. Eine Bindungswirkung entfalle nicht ausnahmsweise, denn für einen Verstoß gegen das Willkürverbot oder fundamentale Rechtsprinzipien der deutschen Verfassungs- und Rechtsordnung sei nichts ersichtlich. Der Beschluss über den Ausschluss sei der allein maßgebliche Grund für den angefochtenen Erlass gewesen. Ohne diesen Beschluss hätte die Beigeladene ihren Antrag nicht gestellt; so ergebe sich aus der Satzung der Beigeladenen, dass nur ein Verlust der Gemeindeeigenschaft den Verlust des Körperschaftsstatus zur Folge haben solle. Auch das Ministerium habe die Aberkennung der Körperschaftsrechte bei der Klägerin nur als Folge des Verlusts der Gemeindeeigenschaft verstanden; dies folge aus dem Wortlaut des Erlasses. Satz 2 lese sich als Klarstellung der automatischen gesetzlichen Folge des Ausspruchs in Satz 1. Damit sei der angefochtenen Entscheidung der Boden entzogen. Ein anderer rechtlich zulässiger Grund für die Aberkennung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts sei nicht ersichtlich. Die Ansicht, allein im Antrag der insoweit allein entscheidungs- und dispositionsbefugten Beklagten sei ein solcher Grund zu sehen, verkenne den eigenständigen Rechtsstatus, den die Klägerin durch die Anerkennung erlangt habe, sowie die Anforderungen des Gesetzesvorbehalts. Die Auffassung, nur Religionsgemeinschaften, nicht aber Gemeinden als Untergliederung von Religionsgemeinschaften könnten Träger von Rechten und Adressat staatlicher Maßnahmen sein, sei unzutreffend, wenn dieser Gemeinde kraft staatlichen Hoheitsakts die Rechtsstellung verliehen worden sei. Die Anerkennung sei kein innerreligionsgemeinschaftlicher Vorgang. Anderenfalls wäre die Klägerin der Willkür der Beigeladenen preisgegeben. Darüber hinaus sei die Entscheidung des Beklagten nicht von einem Antrag der Beigeladenen gedeckt. Der Antrag, der Klägerin die Körperschaftsrechte anzuerkennen, sei untrennbar mit der Ausschlussentscheidung verknüpft gewesen. Dem Antrag sei durch das Urteil des Schieds- und Verwaltungsgerichts der Boden entzogen worden; einen hiervon separaten Antrag habe es nicht gegeben.

Zur Begründung der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung trägt der Beklagte vor: Die Klagebefugnis der Klägerin sei zweifelhaft. Denn weder verliere sie mit der verfügten Aberkennung der Körperschaftsrechte ihre Rechtssubjektivität, noch seien damit elementare Nachteile im Rechtsverkehr verbunden; die Klägerin habe lediglich nicht mehr an den mit dem Körperschaftsstatus verbundenen Privilegien teil. Die Klage sei aber jedenfalls nicht begründet. Im Unterschied zur Verleihung von Körperschaftsrechten an eine Religionsgemeinschaft nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV gehe es bei der An- und Aberkennung nach § 24 KiStG um einen körperschaftlichen Status, den die Einzelgemeinden allein von der Religionsgemeinschaft ableiteten. Die Entscheidung über An- und Aberkennung der Körperschaftsrechte beruhe ausschließlich auf der Initiative der beigeladenen Religionsgemeinschaft. Die staatliche Mitwirkung sei erforderlich, um den Willen der Religionsgemeinschaft im staatlichen Rechtskreis wirksam werden zu lassen. Es handele sich um den staatlichen Vollzug einer religionsgemeinschaftlichen Organisationsentscheidung. Damit entziehe der Staat nicht den verfassungsrechtlich ausgestalteten Grundstatus, sondern achte das Recht der Religionsgemeinschaft, Untergliederungen zu bilden. Bei der Aberkennung gehe es nicht um den Widerruf der Anerkennung, sondern vielmehr um eine eigene, selbstbestimmungsrechtlich autonom verantwortete Entscheidung der Religionsgemeinschaft. Es komme nur auf deren Antrag an, der allerdings nicht förmlich gestellt werden müsse. Ein solcher Antrag sei von der Beigeladenen über den damals im Amt befindlichen Vorstand, der sie nach der Satzung nach außen vertrete, klar formuliert worden. Deswegen habe der Ausspruch über die Aberkennung des Körperschaftsstatus nicht lediglich referierenden Charakter; er sei nicht auf den Ausschluss aus der Religionsgemeinschaft gestützt und mit ihm kausal verknüpft. Im Übrigen bedürfte es bei einem wirksamen Ausschluss keiner Aberkennung der Körperschaftsrechte; insoweit wäre ein feststellender Verwaltungsakt ausreichend.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 21. Juni 2007 - 4 K 1268/06 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Die angefochtene Verfügung sei bereits deswegen rechtswidrig, weil sie vor deren Erlass vom Ministerium nicht angehört worden sei. In der Sache sei ungeachtet ihrer Zugehörigkeit zur Beigeladenen der Grundsatz der Gemeindeautonomie zu beachten. Der Körperschaftsstatus stehe ihr allein aus ihrer autonomen Existenz mit rund 500 eingeschriebenen Mitgliedern zu. Bei der Antragstellung sei die Beigeladene nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen. Die Wahl des Vorstands am 05.12.2004 sei vom Schieds- und Verwaltungsgericht mit Urteil vom 23.05.2005 für unwirksam erklärt worden. Schließlich sei ihr Ausschluss aus der Beigeladenen gleichfalls für unwirksam erklärt worden. Die Beigeladene sei auch im Berufungsverfahren nicht ordnungsgemäß vertreten, weil die Vollmachtgeber nicht ordnungsgemäß gewählt worden seien.

Die Beigeladene folgt im Wesentlichen den Ausführungen des Beklagten. Sie betont, dass der angefochtene Bescheid seine Rechtsgrundlage in § 24 Abs. 1 KiStG finde; dort werde die staatliche Mitwirkung an Maßnahmen der inneren Organisationsgewalt der Religionsgemeinschaft geregelt. Ihre - der Beigeladenen - Entscheidung, eine von ihr geschaffene Untergliederung aufzulösen, sei vom Staat nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV zu respektieren. Es gehe hier nicht um einen Widerruf der Anerkennung, sondern um eine selbstständige neue Entscheidung über die Aberkennung der Körperschaftsrechte. Auf die Wirksamkeit des Beschlusses vom 29.01.2006 komme es nicht an. Die Klägerin sei auch nicht ihrer Willkür preisgegeben; vielmehr handele es sich bei den aus dem Körperschaftsstatus folgenden Rechten um abgeleitete Rechte, die kraft Verfassung ihrer Organisationsgewalt untergeordnet seien. Schließlich sei eine Antragstellung, wenn sie erforderlich gewesen sein sollte, als nach außen gerichtete Verfahrenshandlung ungeachtet etwaiger interner Willensmängel wirksam. Die Klägerin sei auch keine sogenannte altkorporierte Körperschaft im Sinne von Art. 137 Abs. 5 Satz 1 WRV. Denn sie sei im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Weimarer Reichsverfassung nicht als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt gewesen; ein solcher Status wäre jedenfalls später auf sonstige Weise erloschen.

Die Beigeladene beantragt.

das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 21. Juni 2007 - 4 K 1268/06 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze im Zulassungs- und Berufungsverfahren Bezug genommen. Dem Senat liegen die Behörden- und Gerichtsakten aus dem Klageverfahren vor. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die aufgrund der Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaften Berufungen sind auch im Übrigen zulässig; es bestehen insbesondere keine Bedenken gegen die ordnungsgemäße Vertretung der Beigeladenen (siehe dazu im Einzelnen unter II. 3. a)). Die Berufungen sind auch begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der Klage nicht stattgeben dürfen. Die Klägerin kann jedenfalls die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nicht verlangen.

I. Die Klage ist zulässig.

1. Sie ist als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO statthaft. Mit der Verfügung vom 24.05.2006 hat das Kultusministerium der Klägerin die Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts aberkannt. Wie die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat im Interesse der Verdeutlichung des allerdings nicht sonderlich geglückt formulierten Erlasses klargestellt hat, sind beide Sätze in ihrem wesentlichen Aussagehalt zusammenzuführen; denn der Klägerin sollen gerade und nur als Gemeinde der Beigeladenen die Körperschaftsrechte zukommen. Die angefochtene Entscheidung ist demnach als Verwaltungsakt auf die Setzung von Rechtsfolgen gerichtet; sie erzeugt nicht lediglich einen entsprechenden Rechtsschein.

2. Die Klägerin ist beteiligtenfähig (§ 61 VwGO). Dies gilt unabhängig von der Frage, welche Organisationsform der Klägerin nach Entzug der Körperschaftsrechte zukommt und ob insoweit die Beteiligtenfähigkeit jedenfalls nach § 61 Nr. 2 VwGO als Ausfluss der religiösen Vereinigungsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 2 WRV zu bejahen wäre (siehe BVerfG, Beschluss vom 05.02.1991 - 2 BvR 263/86 -, BVerfGE 83, 341 <355>). Die Klägerin hat zwar mit der Wirksamkeit der angefochtenen Verfügung (§ 41 Abs. 1, Abs. 3, § 43 Abs. 1 LVwVfG) ihre Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts verloren. Der hiergegen erhobenen Klage kommt aber aufschiebende Wirkung zu (§ 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Deswegen dürfen an diese Rechtsänderung noch keine der Klägerin nachteiligen Folgen geknüpft werden (vgl. etwa Urteil des erk. Senats vom 14.05.2007 - 1 S 1422/06 -, VBlBW 2007, 351 m.N.). Insbesondere ist im Rechtsstreit um die Beteiligtenfähigkeit derjenige, dessen Beteiligungsfähigkeit fraglich ist, als beteiligtenfähig anzusehen (vgl. schon BVerwG, Urteil vom 14.12.1954 - I C 194.53 -, BVerwGE 1, 266 <267 f.>).

3. Die Klägerin ist auch klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Sie ist durch den Entzug der Körperschaftsrechte in ihrer Rechtsstellung betroffen. Es ist nicht nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass sie dadurch auch in ihren Rechten verletzt ist. Mehr ist für die Bejahung der Klagebefugnis nicht zu verlangen.

II. Die Klage ist nicht begründet.

Dabei kann hier dahinstehen, ob die angefochtene Entscheidung wegen der unterbliebenen Anhörung der Klägerin verfahrensfehlerhaft ergangen ist. Denn auch wenn dieser Mangel im gerichtlichen Verfahren nicht gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 LVwVfG geheilt worden ist, ist er jedenfalls nach § 46 LVwVfG unbeachtlich. Die Aberkennung der Körperschaftsrechte ist nämlich als gebundene Entscheidung in der Sache nicht zu beanstanden.

Die Klägerin zählt nicht zu den sogenannten altkorporierten Körperschaften nach Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 5 Satz 1 WRV, denen die Körperschaftsrechte von Verfassung wegen und grundsätzlich unentziehbar zukommen (1.). Die Rechtsstellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ist ihr auch nicht eigenständig aufgrund einer Prüfung der Voraussetzungen des Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV verliehen worden; sie kommt ihr vielmehr als Folge einer organisatorischen Entscheidung der Beigeladenen zu (2.). Die rechtlichen Voraussetzungen für die Mitwirkung des Staates an der entgegengesetzten Organisationsentscheidung liegen vor (3.).

1. Nach Art. 137 Abs. 5 Satz 1 WRV bleiben die Religionsgesellschaften Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit sie es bisher waren.

a) Im maßgeblichen Zeitpunkt des Inkrafttretens der Weimarer Reichsverfassung kam der (damaligen) Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden auf der Grundlage des Edikts von 1809 und den weiteren einschlägigen Bestimmungen des badischen Staatskirchenrechts ein öffentlich-rechtlicher Rechtsstatus zu (siehe Walz, Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden, 1909, S. 487: juristische Person des öffentlichen Rechts; Wielandt, Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden, 1895, S. 334: Rechtscharakter einer öffentlichen Korporation). Als Körperschaft des öffentlichen Rechts im Sinne der genannten Bestimmung war sie in der Staatspraxis des Freistaates Baden anerkannt (siehe hierzu Glockner, Badisches Verfassungsrecht, 2. Aufl. 1930, § 18 Anm. 3, S. 96). Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat die Beigeladene auch heute noch als altkorporierte Religionsgemeinschaft zu gelten. Sie hat ihre überkommenen Körperschaftsrechte nicht etwa durch die nationalsozialistische Gesetzgebung verloren. Im Gegensatz zur juristischen Diskussion in früheren Jahrzehnten und zur - auch von wiedergutmachungsrechtlichen Erwägungen geprägten - Staatspraxis in der Nachkriegszeit und den Anfängen der Bundesrepublik, die verbreitet eine Wiederverleihung der Körperschaftsrechte für nötig erachtet hat (vgl. Mennicken, DVBl 1966, 15 m.w.N.; so auch noch Friesenhahn, HdbStKirchR, Bd. 1, 1. Aufl. 1974, § 11, S. 557 in Fußn. 33), ist mittlerweile anerkannt, dass das Gesetz vom 28.03.1938 als Willkürmaßnahme nichtig und folglich für die jetzige Beurteilung ohne Bedeutung ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.10.1997 - 7 C 21.96 -, BVerwGE 105, 255 <263>; Kunig/Uerpmann, DVBl 1997, 248 <249>). Auch die auf das Gesetz von 1938 folgende Vertreibung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung hatten keinen Einfluss auf den aus heutiger Sicht zu beurteilenden rechtlichen Fortbestand der Körperschaftsrechte. Schließlich kann von einer langen Unterbrechung des jüdischen Lebens nach dem Zweiten Weltkrieg, die zum Erlöschen der Körperschaftsrechte hätte führen können, nicht die Rede sein (vgl. Hammer, Rechtsfragen der Kirchensteuer, 2002, S. 255 f. m.N.).

b) Auf diese Grundsätze kann sich die Klägerin - auch bei unterstellter Identität mit der dort vor dem Zweiten Weltkrieg bestehenden jüdischen Gemeinde - indessen nicht berufen. Die jüdische Gemeinde in Konstanz - vor dem Ersten Weltkrieg war sie von der Mitgliederzahl die siebtgrößte in Baden - war zwar wie alle jüdischen Gemeinden in Baden ebenfalls eine juristische Person des öffentlichen Rechts (vgl. hierzu Walz, a.a.O.; Wielandt, a.a.O.; Wolff, Das Recht der israelitischen Religionsgemeinschaft des Großherzogtums Baden, 1913, S. 122). Sie war jedoch nicht als Religionsgesellschaft i.S.v. Art. 137 Abs. 5 WRV anzusehen. Bereits im badischen Kirchensteuerrecht wurde ausdrücklich zwischen Religionsgemeinschaften, denen als Gesamtheit das Recht der öffentlichen Korporation verliehen ist, und - gleichfalls mit Körperschaftsrechten ausgestatteten - Gemeinden oder anderen Teilverbänden von solchen Religionsgemeinschaften unterschieden (siehe Art. 1 des Gesetzes, die Besteuerung für örtliche kirchliche Bedürfnisse betreffend, vom 26.07.1888 <GVBl. S. 383>; Art. 32 des Gesetzes, die Besteuerung für allgemeine kirchliche Bedürfnisse betreffend, vom 18.06.1892 <GVBl. S. 279>, siehe auch Wolff, a.a.O., S. 34 f.). Die hieran anschließende Auffassung, jeweils nur den Oberverband als Religionsgesellschaft i.S.v. Art. 137 Abs. 5 WRV einzuordnen, lag auch - in Einklang mit der wohl ganz herrschenden Auffassung in der Staatsrechtslehre der Weimarer Republik (siehe etwa Heckel, AöR n.F. 12 <1927> 420 <430>; Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reiches, 4. Bearb. 14. Aufl. 1933, Art. 137 Anm. 2, S. 633; Ebers, Staat und Kirche im neuen Deutschland, 1930, S. 168; vgl. dazu Obermaier in: BK, Art. 140 Rn. 37 m.N.) - der Staatspraxis des Freistaates Baden zugrunde. So waren in der Regierungsbegründung zum Kirchenvermögensgesetz vom 07.04.1927 insgesamt 11 korporierte Religionsgesellschaften aufgeführt (siehe Glockner, a.a.O.), und zwar neben der römisch-katholischen und der vereinigten evangelisch-protestantischen Kirche u.a. auch die israelitische Religionsgemeinschaft Badens, jeweils aber ohne die einzelnen Kirchen- bzw. Religionsgemeinden. Soweit die israelitische Religionsgesellschaft in Karlsruhe als einzelne Gemeinde aufgeführt war, folgte dies daraus, dass diese Vereinigung sich vom jüdischen Dachverband getrennt hatte.

Insoweit wich die staatskirchenrechtliche Lage in Baden von der in den (alt- und rhein-)preußischen Gebieten ab, wo die einzelnen jüdischen Gemeinden als altkorporierte Körperschaften des öffentlichen Rechts eingestuft wurden (siehe etwa RG, Urteil vom 07.07.1931 - III 414/30 -, RGZ 133, 192; im Anschluss daran ebenso Anschütz, a.a.O., Art. 137 Anm. 8, S. 646; anders noch Poetzsch-Heffter, Handkommentar der Reichsverfassung, 3. Aufl. 1928, Art. 137 Anm. 7a, in Übereinstimmung mit der Rechtslehre vor 1918, s. etwa v. Rönne, Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie, 2. Band, 4. Aufl. 1882, S. 161: privatrechtliche Rechtsfähigkeit). Denn in Preußen wurden durch das Gesetz vom 23.07.1847 über die Verhältnisse der Juden die jeweiligen Synagogengemeinden mit Korporationsrechten ausgestattet, während es einen korporierten jüdischen Landesverband nicht gab (vgl. hierzu Stengel, Staatsrecht des Königreichs Preußen, 1894, S. 567).

2. Mit der Verfügung des Kultusministeriums vom 26.08.1988 ist der Klägerin ebenso wenig nach Maßgabe des Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV der Rechtsstatus einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zuerkannt worden, der ihr nur unter engen Voraussetzungen wieder entzogen werden dürfte (siehe hierzu zuletzt Lindner, VerwArch 95 <2004> 88 ff. m.N.).

a) (1) Der Körperschaftsstatus kann einer Religionsgesellschaft - dieser Be-griff entspricht in der Terminologie der grundgesetzlichen Bestimmungen dem der Religionsgemeinschaft (siehe BVerfG, Urteil vom 19.12.2000 - 2 BvR 1500/97 -, BVerfGE 102, 370; BVerwG, Urteil vom 23.02.2005 - 6 C 2.04 -, BVerwGE 123, 49 <54>) - unter den Voraussetzungen des Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV verliehen werden; dieser steht ein subjektiver und unbedingter, verfassungsunmittelbarer Anspruch auf Verleihung zu. Die Religionsgemeinschaft als ein Verband, der die Angehörigen ein und desselben Glaubensbekenntnisses oder mehrerer verwandter Glaubensbekenntnisse zu allseitiger Erfüllung der durch das gemeinsame Bekenntnis gestellten Aufgaben zusammenfasst (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.02.2005 - 6 C 2.04 -, BVerwGE 123, 49 <54>), muss danach durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Dabei ist auf den tatsächlichen Gesamtzustand abzustellen, der etwa durch eine ausreichende Finanzausstattung, eine Mindestbestandszeit und die Intensität des religiösen Lebens bestimmt wird. Zu den ungeschriebenen Voraussetzungen zählt die Rechtstreue, gerade in Bezug auf verfassungsrechtliche Grundprinzipien und Rechtsgüter (vgl. BVerfG, Urteil vom 19.12.2000 - 2 BvR 1500/97 -, BVerfGE 102, 370 <384 ff.>).

(2) Die Verleihung des Körperschaftsstatus auf dieser Rechtsgrundlage ist zu unterscheiden vom Erwerb der Körperschaftsrechte aufgrund der Entscheidung einer korporierten Religionsgemeinschaft, im Rahmen der ihr nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 und 5 WRV garantierten Organisationsgewalt einen ihr zugeordneten Teilverband durch eine besondere rechtliche Gestaltung abzusichern. Denn auf dieser Grundlage kommt den Religionsgemeinschaften die Kompetenz zur Bildung, Errichtung, Einrichtung, Änderung und Aufhebung von Gliedern und Organen zu (vgl. Kirchhof, HdbStKirchR, Bd. 1, 2. Aufl. 1994, § 22, S. 670; Mainusch, ZevKR 49 <2004> 285 <286 f.>, m.w.N.). Sie können so insgesamt eine institutionelle Infrastruktur schaffen, die es ihnen ermöglicht, ihre Aufgaben zu erfüllen. Die Organisationsakte der Religionsgemeinschaften bedürfen indessen der Anerkennung seitens des Staates, um im Bereich der staatlichen Rechtsordnung Wirksamkeit zu entfalten (Friesenhahn, a.a.O., S. 570 f.; Hollerbach, HStR VI, 2. Aufl. 2001, § 139 Rn. 14 ff.; Mainusch, a.a.O., S. 298 ff.).

Die erforderliche staatliche Mitwirkung bei der Errichtung einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung, die sich allerdings nicht auf mitgliedschaftlich strukturierte Untergliederungen beschränkt, kann auf unterschiedliche Weise rechtlich ausgestaltet werden. Die Organisationsgewalt der Religionsgemeinschaft kann in einem staatskirchenrechtlichen Vertrag abgesichert werden; ihr kann auch auf gesetzlicher Grundlage durch behördliche Entscheidung für die staatliche Rechtsordnung Geltung verschafft werden.

Letzteres ist hier der Fall. Die Regelung über die Anerkennung von Kirchengemeinden als Körperschaft des öffentlichen Rechts in § 24 Abs. 1 Satz 1 KiStG, auf die die Satzung der Beigeladenen ausdrücklich Bezug nimmt, ermöglicht der Religionsgemeinschaft die Bestimmung der Steuergläubiger bei der Wahrnehmung des ihr nach Art. 137 Abs. 6 WRV zustehenden Besteuerungsrechts (siehe im Übrigen zur Anerkennung von Kirchengemeinden nun auch Art. 17 Abs. 1 Satz 2 des Evangelischen Kirchenvertrags Baden-Württemberg vom 17.10.2007, GBl. 2008 S. 2, in Kraft seit 10.04.2008 gem. Bekanntmachung vom 10.04.2008, GBl. S. 144). Dabei lässt die hierfür vorausgesetzte Änderung der Rechtsstellung der Gemeinde, an die weitere Rechtsfolgen (sog. "Privilegienbündel") anknüpfen, deren staatsrechtlichen Status unberührt (vgl. Kirchhof, a.a.O., S. 672 in Fußn. 99). Die Anerkennung als ein in die Zuständigkeit des Kultusministeriums fallender staatlicher Rechtsakt, der die Organisationsgewalt der Religionsgemeinschaft umsetzt, der staatlichen Behörde aber keinerlei sachliche Einflussnahme auf deren Ausnützung eröffnet, wird auch verfahrensmäßig von der Verleihung originärer Körperschaftsrechte unterschieden; denn hierfür ist ein Beschluss der Landesregierung erforderlich (vgl. zuletzt Beschlüsse der Landesregierung vom 03.02.2004, Bekanntmachung vom 27.02.2004, K.u.U. 2004 S. 115 <GBl. S. 157>, und vom 25.09.2007, Bekanntmachung vom 01.10.2007, K.u.U. 2007 S. 163; Held, a.a.O., S. 128 f.; Kirchhof, a.a.O., S. 686 f.).

b) Der Erlass des Kultusministeriums vom 26.08.1988 setzt hiernach allein einen Organisationsakt der Beigeladenen um. Das folgt aus dem eindeutigen Wortlaut, der ausdrücklich auf § 24 Abs. 1 Satz 1 KiStG Bezug nimmt, der vorangegangenen Korrespondenz der Beteiligten und dem von der Beigeladenen unter dem 18.08.1988 gestellten Antrag.

c) Die Voraussetzungen einer Verleihung originärer Körperschaftsrechte sind demgegenüber nicht geprüft worden. Das hat sich für das Kultusministerium nicht nur mangels Zuständigkeit, sondern auch aufgrund seiner im Schreiben vom 28.07.1988 an den damaligen Vorsitzenden der Klägerin bekundeten Rechtsauffassung erübrigt. Das dort vertretene enge Verständnis einer originär mit Körperschaftsrechten versehenen ("eigenen") Religionsgemeinschaft spiegelt sich wider im "Verzeichnis der Kirchen, Religionsgemeinschaften und religiös-weltanschaulichen Gemeinschaften, die in Baden-Württemberg den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Sinne des Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 der Weimarer Verfassung besitzen", das der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums über das Kirchenaustrittsverfahren (vom 08.12.2003, GABl. S. 963) als Anlage 1 beigefügt ist. Dort sind jeweils nur die obersten Verbände der betreffenden Gemeinschaften angeführt. Soweit sich dort auch einzelne Gemeinden finden, sind diese keinem Oberverband angeschlossen.

Diese Rechtsansicht, wonach der Begriff der Religionsgemeinschaft i.S.v. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV jeweils nur den obersten Verband eines Bekenntnisses in einem Land umfasst, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Es besteht kein Anlass, von dieser bereits unter der Geltung der WRV vertretenen Rechtsansicht abzuweichen (vgl. etwa Mikat in: Bettermann/Nipperdey/ Scheuner, Die Grundrechte, Bd. IV/1, 1960, S. 111 ff. <148>; siehe Held, Die kleinen öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften im Staatskirchenrecht der Bundesrepublik, 1974, S. 113, m.w.N.; a.A. wohl Bohl, Der öffentlich-rechtliche Körperschaftsstatus der Religionsgemeinschaften, 2001, S. 36 f.). Die Weimarer Kirchenartikel sind zwar als Teil des Grundgesetzes auszulegen. Daraus folgt insbesondere, dass der Körperschaftsstatus der Verstärkung der Religionsfreiheit dienen soll (vgl. BVerfG, Urteil vom 19.12.2000 - 2 BvR 1500/97 -, BVerfGE 102, 370 <387>). Das gebietet aber angesichts der von der Organisationsgewalt der korporierten Religionsgemeinschaften eröffneten Möglichkeiten keine weite Auslegung des Begriffs der Religionsgemeinschaft insoweit, als dass damit auch Untergliederungen gemeint sein sollen; von einer entsprechenden begrifflichen Unterscheidung geht auch § 1 Abs. 1 Satz 1 KiStG aus.

Die rechtlichen Entfaltungsmöglichkeiten der Teilverbände werden damit nicht in unzulässiger Weise eingeschränkt. Denn es ist ihnen jeweils unbenommen, sich nach eigener Entscheidung organisatorisch zu verselbstständigen. Eine solche Aufspaltung und "(Re-)Konfessionalisierung" einer bislang einheitlichen Religionsgemeinschaft (siehe hierzu Weber, LKV 2006, 9 <10 f.>) hat der Staat zur Kenntnis zu nehmen; sie bedarf ihm gegenüber keiner Rechtfertigung (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.02.2005 - 6 C 2.04 -, BVerwGE 123, 49 <56 f.>). Lehnt der Teilverband das jedoch ab und sieht er sich - wie hier die Klägerin - weiterhin einem übergreifenden Dachverband zugehörig, muss er die organisationsrechtlichen Konsequenzen im staatlichen Rechtsbereich hinnehmen. Im Übrigen ist er auf die innerreligionsgemeinschaftlichen Rechtsschutzmöglichkeiten zu verweisen.

3. Die Organisationsgewalt ermöglicht es der Religionsgemeinschaft auch, als actus contrarius einer bestimmten organisatorischen Untergliederung die - abgeleiteten - Körperschaftsrechte wieder zu entziehen (vgl. Mainusch, a.a.O., S. 289). Diese Entscheidung muss wiederum durch die behördliche Aberkennung der Körperschaftsrechte in die staatliche Rechtsordnung umgesetzt werden.

In gleicher Weise wie die Anerkennung setzt auch die Aberkennung des Körperschaftsstatus einen entsprechenden Antrag der Religionsgemeinschaft voraus; damit wird sichergestellt, dass beide Maßnahmen jeweils auf die Organisationsgewalt der Religionsgemeinschaft zurückgeführt werden können. Mangels gesetzlicher Vorschriften bedarf der Antrag allerdings keiner bestimmten Form; eine eindeutige Willensbekundung reicht aus. Einen Antrag in diesem Sinn hat die Beigeladene mit Schreiben vom 04.04.2006 in wirksamer Weise gestellt.

a) Die Beigeladene war damals ordnungsgemäß vertreten.

Nach § 7 Nr. 3 der Satzung der Beigeladenen vertritt der Vorsitzende des Vorstands des Oberrats und seine beiden Stellvertreter die Beigeladene im Rechtsverkehr nach außen jeweils zu zweit. Die Vorstandswahlen finden nach § 7 Nr. 1 Satz 3 der Satzung alle zwei Jahre im Dezember statt. Die rechtsgeschäftliche Vertretungsbefugnis ragt zwar in den staatlichen Rechtskreis hinein; daraus erwächst gleichwohl keine Überprüfungsbefugnis der staatlichen Gerichte bezüglich der innergemeinschaftlichen Vorgänge, auf der die Vertretungsbefugnis beruht. Diese sind von den staatlichen Gerichten als solche hinzunehmen und nicht auf ihre Übereinstimmung mit den Vorschriften des innergemeinschaftlichen Rechts zu überprüfen. Liegt eine abschließende Entscheidung eines innergemeinschaftlichen Gerichts über diese Frage vor, ist diese grundsätzlich zu respektieren (vgl. BGH, Urteil vom 11.02.2000 - V ZR 271/99 -, NJW 2000, 1555; OVG LSA, Beschluss vom 24.02.1997 - B 2 S 30/96 -, NJW 1998, 3070, m.w.N.).

Aufgrund des Urteils des Schieds- und Verwaltungsgerichts vom 23.05.2005 (Az.: 006-2005) steht zwar fest, dass die Vorstandswahlen in der Sitzung des Oberrats vom 05.12.2004 - wie die übrigen damals gefassten Beschlüsse - unwirksam waren; in entsprechender Weise ist dies in den Urteilen vom 13.11.2007 für die Vorstandswahlen vom 03.12.2006 (Az.: 001-2007) und vom 28.05.2007 (Az.: 007-2007) entschieden worden. Allein daraus folgt jedoch nicht, dass hier die allgemeinen Grundsätze des Vereinsrechts anzuwenden sind, wonach der Vorstand etwa als bloß faktischer Vorstand als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt habe (siehe hierzu etwa Reichert, Handbuch Vereins- und Verbandsrecht, 10. Aufl. 2005, Rn. 3129 m.N.). Auch die Rechtswirkungen einer fehlerhaften Wahl eines Vertretungsorgans gehören nämlich zu den eigenen Angelegenheiten der Religionsgemeinschaft, die von ihr autonom zu regeln sind. Das Schieds- und Verwaltungsgericht hat indessen weder im Urteil vom 23.05.2005 noch in den nachfolgenden Entscheidungen irgendwelche Anordnungen für die Vertretung der Beigeladenen getroffen. Im Urteil vom 23.11.2007 (Az.: 007-2007) ist vielmehr ein Antrag der Vorstandsmitglieder der Klägerin auf Einsetzung einer kommissarischen Geschäftsführung abgewiesen und im weiteren Urteil vom 23.11.2007 (Az.: 001-2007) entschieden worden, dass der amtierende Vorstand kommissarisch im Amt bleibt. Des Weiteren hat das Schieds- und Verwaltungsgericht etwa im Urteil vom 21.03.2006 (Az.: 012-2005) Zweifel an einer ordnungsgemäßen Vertretung der dort klagenden Beigeladenen nicht geäußert. Vor diesem Hintergrund hat der Senat von einer wirksamen Außenvertretung der Beigeladenen bei der Antragstellung auszugehen.

b) Ob dieser Antrag der internen Willensbildung der Beigeladenen entsprochen hat und inwieweit diese der Nachprüfung durch die staatlichen Gerichte unterliegt, ist hier unerheblich. Denn allein maßgeblich ist eine ordnungsgemäße Außenvertretung der Beigeladenen bei der Antragstellung. Im Recht der öffentlich-rechtlichen Körperschaften ist nämlich ebenso wie im Gesellschafts-, Genossenschafts- und Vereinsrecht zwischen der Zuständigkeit eines Organs zur Außenvertretung (Vertretungsmacht) und der internen Willensbildung (Geschäftsführung) zu unterscheiden (vgl. hierzu etwa BGH, Urteil vom 07.11.1977 - II ZR 236/75 -, MDR 1978, 388 <juris Rz. 17 f.> m.N.; siehe auch Schmidt-Aßmann/Röhl in: Schmidt-Aßmann <Hg.>, Besonderes Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2005, 1. Kap. Rn. 78). Zwar kann die Satzung einer Körperschaft die Wirksamkeit von Erklärungen, die das zur Außenvertretung berufene Organ im Rahmen seiner Zuständigkeit abgibt, grundsätzlich von der Mitwirkung eines anderen Organs abhängig machen oder sonst wie beschränken. Eine solche im Außenverhältnis wirksame Bindung des Vertretungsorgans an eine interne Beschlussfassung, die in der Satzung klar zum Ausdruck kommen muss, ist hier aber nicht gegeben.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Beschluss vom 20. Juni 2008

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 2 GKG).

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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