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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 10.09.2003
Aktenzeichen: 1 S 2007/03
Rechtsgebiete: GG, GemO
Vorschriften:
GG Art. 3 Abs. 1 | |
GemO § 10 Abs. 2 Satz 2 |
1 S 2007/03
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
wegen
Benutzung einer öffentlichen Einrichtung hier: Antrag nach § 123 VwGO
hat der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Dr. Weingärtner, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Schmenger und den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Roth
am 10. September 2003
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 28. August 2003 - 2 K 2440/03 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auf 4.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist nicht begründet. Aus den mit der Beschwerdeschrift dargelegten Gründen, auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm den städtischen Festplatz "Messplatz" für den Zeitraum vom 15.9.2003 bis zum 30.9.2003 zur Durchführung von Zirkusveranstaltungen zu überlassen, zu Unrecht abgelehnt hätte.
Mit seinem Antrag verfolgt der Antragsteller im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dasselbe Ziel, das er günstigstenfalls im Hauptsacheverfahren erstreiten könnte. Der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO würde daher zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führen. Dies aber widerspräche dem Wesen und Zweck eines auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gerichteten Verfahrens, in dem grundsätzlich nur Regelungen getroffen werden dürfen, die nicht schon das zuerkennen, was im Hauptsacheverfahren zu erreichen ist.
Das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache gilt nur dann nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) schlechterdings notwendig ist. Das setzt aber voraus, dass die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar wären und zudem ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache besteht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.12.1989, Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 15; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.9.1994, DVBl 1995, 160, 161; Senatsbeschluss v. 9.11.1992 - 1 S 2651/92 -; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 123 RdNr. 14 m.w.N.).
Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand hat das Begehren des Antragstellers in der Hauptsache jedoch schon keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Nach Aktenlage dürfte es sich beim "Messplatz" der Antragsgegnerin um eine öffentliche Einrichtung handeln, die u.a. auch zur Durchführung von Zirkusveranstaltungen konkludent gewidmet worden ist (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 13.11.1995 - 1 S 3067/95 - und vom 11.05.1995 - 1 S 1283/95 -, DVBl. 1995, 927). Der Antragsteller kann zwar keinen Zulassungsanspruch nach § 10 Abs. 2 Satz 2 bzw. Abs. 4 GemO geltend machen, da er nicht Einwohner oder eine diesem gleichgestellte juristische Person oder nicht rechtsfähige Personenvereinigung mit Sitz im Gemeindegebiet ist. Die Antragsgegnerin hat jedoch über die Zulassung des Antragstellers zur Nutzung des Messplatzes im Rahmen der Widmung nach Ermessen zu entscheiden. Danach hat der Antragsteller, wenn sich sein Zulassungsbegehren im Rahmen der - durch die Vergabepraxis der Antragsgegnerin konkretisierten - Widmung der öffentlichen Einrichtung hält und Vergaberegelungen oder Vergabegrundsätze nicht entgegenstehen, einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, die den Grundsätzen der Gleichbehandlung der Zulassungsbewerber (Art. 3 Abs. 1 GG) genügen muss.
Ausgehend hiervon lässt sich nach gegenwärtigem Erkenntnisstand ein Anspruch des Antragstellers auf Überlassung des Messplatzes zur Durchführung eines Gastspiels in der zweiten Septemberhälfte nicht feststellen.
Der Antragsteller stützt seinen Anspruch darauf, dass sich das Auswahlermessen des Antragsgegnerin dadurch auf Null reduziert habe, dass das ursprünglich für den fraglichen Zeitraum vorgesehene Zirkusunternehmen abgesagt habe und der Antragsteller alleiniger Bewerber sei. Diese Argumentation verfängt nicht.
Nach Aktenlage vergibt die Antragsgegnerin - ohne dass dies schriftlich fixiert wäre - den Messplatz pro Halbjahr höchstens einmal an ein Zirkusunternehmen für ein Gastspiel, wobei die Vergabe in der Regel zwei Jahre im Voraus erfolgt. Zuständig für die Entscheidung über Zulassungsanträge für Zirkusgastspiele ist nach § 3 Abs. 1 Nr. 7 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin deren Ausschuss für öffentliche Einrichtungen und Umweltschutz (zur Organkompetenz für solche Zulassungsentscheidungen vgl. BayVGH, Urteil v. 31.3.2003, BayVBl. 2003, 501 ff.). Dabei werden alle Bewerbungen einbezogen, die vor der Sitzung des Ausschusses eingegangen sind. Auswahlkriterien sind insbesondere die finanzielle Leistungsfähigkeit des Bewerbers, die Attraktivität des Zirkusunternehmens und des von ihm aktuell präsentierten Programms sowie ein ausreichender zeitlicher Abstand zum letzten Gastspiel.
Unter Zugrundelegung dieser - vom Antragsteller nicht in Frage gestellten - Vergabepraxis dürfte die Vorgehensweise der Antragsgegnerin nicht zu beanstanden sein. Unstreitig hat der für die 2. Hälfte des Jahres 2003 von dem zuständigen Ausschuss im Juni 2001 zunächst zugelassene "Chinesische Staatscirkus" sein Gastspiel abgesagt. Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers mit Schreiben vom 11.8.2003 die Überlassung des "Messplatzes" für die 2. Septemberhälfte beantragt hatte, bestand Anlass für eine erneute Vergabeentscheidung des zuständigen Ausschusses bezogen auf das 2. Halbjahr 2003. Dass die Antragsgegnerin diese nicht ohne weiteres zugunsten des Antragstellers getroffen hat, sondern auch die anderen nicht zum Zuge gekommenen und noch an einem Gastspiel in der zweiten Jahreshälfte 2003 interessierten Bewerber in ein erneutes Auswahlverfahren einbezogen hat, ist keineswegs rechtsmissbräuchlich, sondern erscheint zur Wahrung der Chancengleichheit mutmaßlicher Bewerber und zur Umsetzung der Vergabekriterien sachlich gerechtfertigt. Ebenso wie das Verwaltungsgericht hat auch der Senat mit Blick auf die von der Antragsgegnerin vorgelegte, auf einer telefonischen Befragung beruhende Bewerberliste (S. 55 der VG-Akte) keine durchgreifenden Zweifel daran, dass sich für die 2. Jahreshälfte 2003 tatsächlich auch andere Zirkusse erneut beworben haben. Dies gilt um so mehr, als jedenfalls seitens des Circus R. (Fax an die Antragsgegnerin v. 13.8.2003, S. 29 der VG-Akte) und des Circus U. R. (Fax an die Antragsgegnerin v. 1.9.2003, S. 61 der VGH-Akte) auch schriftliche Bewerbungen vorliegen. Vor diesem Hintergrund ist für den Senat nicht erkennbar, dass der Ausschuss für öffentliche Einrichtungen und Umweltschutz der Antragsgegnerin verpflichtet wäre, gerade den Antragsteller für eine Zirkusveranstaltung im zweiten Halbjahr 2003 zuzulassen. Erst recht scheidet der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 20 Abs. 3, 14 Abs. 1, 13 Abs. 1 Satz 2 GKG. Da die einstweilige Anordnung auf die Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist, ist vom Regelstreitwert auszugehen und für das Eilverfahren kein Abzug vorzunehmen.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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