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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 27.11.2002
Aktenzeichen: 1 S 2080/02
Rechtsgebiete: BDG, VwGO


Vorschriften:

BDG § 3
BDG § 47 Abs. 3
VwGO § 24 Abs. 3
Der Verwaltungsgerichtshof ist zur Entscheidung über die Entbindung eines gemäß Bundesdisziplinargesetz berufenen Beamtenbeisitzers in entsprechender Anwendung des § 24 Abs. 3 VwGO zuständig.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

1 S 2080/02

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Entbindung als Beamtenbeisitzer

hat der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Dr. Weingärtner und die Richterinnen am Verwaltungsgerichtshof Schmenger und Dr. Kirchhof

am 27. November 2002

beschlossen:

Tenor:

Herr xxxxxxx xxxxxxxxxxxxx, xxxxxxxxxxxxxx, xxxxx xxxxxx, wird von seinem Amt als Beamtenbeisitzer beim Verwaltungsgericht Stuttgart entbunden.

Gründe:

I.

Der für das Verwaltungsgericht Stuttgart bestellte Ausschuss für die Wahl der Beamtenbeisitzer der Disziplinarkammer Bund hat in seiner Sitzung vom 20.06.2002 Herrn xxxxxxx xxxxxxx aus der vom Justizministerium Baden-Württemberg aufgestellten Vorschlagsliste zum Beamtenbeisitzer gewählt. Herr xxxxxxx hatte jedoch seinen dienstlichen Wohnsitz bereits seit dem 01.01.2002 in Ulm, also außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Verwaltungsgerichts Stuttgart.

Der Präsident des Verwaltungsgerichts Stuttgart sowie Herr xxxxxxx beantragen, ihn vom Amt des Beamtenbeisitzers beim Verwaltungsgericht Stuttgart zu entbinden.

II.

Herr xxxxxxx xxxxxxx war antragsgemäß vom Amt des Beamtenbeisitzers zu entbinden, da er gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 des Bundesdisziplinargesetzes vom 09.07.2001 (BGBl. I S. 1510) in der Fassung des letzten Änderungsgesetzes vom 20.12.2001 (BGBl. I S. 3926) - BDG - in dieses Amt nicht gewählt werden konnte. Denn Herr xxxxxxx hatte seinen dienstlichen Wohnsitz im Zeitpunkt der Wahl nicht im Zuständigkeitsbereich des Verwaltungsgerichts Stuttgart.

Der Verwaltungsgerichtshof ist zur Entscheidung über die Entbindung eines für die gerichtlichen Disziplinarverfahren von Bundesbeamten gemäß BDG berufenen Beamtenbeisitzers zuständig. Dies ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung der für ehrenamtliche Richter der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit geltenden Regelung in § 24 Abs. 3 VwGO. Das Bundesdisziplinargesetz trifft in § 44 Abs. 1 sowie in § 50 zwar Regelungen über die Wählbarkeit zum Beamtenbeisitzer sowie über die Entbindung von diesem Amt, sieht aber keine eigenen Vorschriften über das hierbei durchzuführende Verfahren vor. Es verweist in § 3 zur Ergänzung des Gesetzes auf eine entsprechende Anwendung der Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung, versieht dies aber sogleich mit dem Vorbehalt: "soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist."

Ein solcher Vorbehalt könnte in § 47 Abs. 2 BDG zu sehen sein, der regelt, dass die §§ 20 bis 24, 27, 28, 30 Abs. 1 Satz 2 und 34 der Verwaltungsgerichtsordnung auf die Beamtenbeisitzer nicht angewandt werden. Mit Ausnahme der Vorschrift des § 24 Abs. 3 VwGO werden hierbei ausnahmslos Regelungen der VwGO zitiert, die eine Entsprechung in abweichenden Regelungen des BDG finden. So trifft das BDG eigene Regelungen über die Wählbarkeit in das Amt des Beamtenbeisitzers, über seinen Ausschluss von diesem Amt (§§ 47, 48 und 50 BDG; siehe §§ 20 bis 24 Abs. 1 VwGO) sowie über das Wahlverfahren (§ 47 Abs. 3 BDG i.V.m. dem bad.-württ. Ausführungsgesetz zum BDG, GBl. 2002, 178; siehe §§ 27, 28 VwGO). Gleiches gilt für die der Kammer zuzuweisenden Beamtenbeisitzer (Ausführungsgesetz zum BDG, § 30 Abs. 1 S. 2 VwGO) und die Besetzung des Disziplinarsenats (§ 51 Abs. 1 BDG, § 34 VwGO). Da § 3 BDG schon den Vorrang der Sonderregelungen des BDG gegenüber den entsprechenden Vorschriften der VwGO normiert ("soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist"), wäre die Vorschrift des § 47 Abs. 2 BDG insoweit nicht erforderlich gewesen. Ihr Sinn und Zweck bestehen offensichtlich nur darin, im Zusammenhang klarstellend aufzuführen, welche Vorschriften der VwGO auf die Beamtenbeisitzer nicht anwendbar sind. Nur im Hinblick auf § 24 Abs. 3 VwGO, nämlich im Hinblick auf die Zuständigkeit für das Entbindungsverfahren hätte § 47 Abs. 2 BDG konstitutive Wirkung, weil das Bundesdisziplinargesetz das Entbindungsverfahren selbst nicht regelt. Aus dem sonstigen Zusammenhang dieser Vorschrift ergibt sich jedoch der lediglich deklaratorische Regelungszweck, der verallgemeinernd dahin beschrieben werden kann, dass die Anwendung der in § 47 Abs. 2 BDG genannten Vorschriften der VwGO nur ausgeschlossen sein soll, wenn das Bundesdisziplinargesetz für den jeweiligen Sachverhalt eigens Sonderregelungen trifft, nicht aber dann, wenn es sich einer Regelung hierzu ganz enthält. Eine solche einschränkende Auslegung wird des weiteren auch durch verfassungsrechtliche Erwägungen (Art. 97 Abs. 1 GG) unterstützt. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 14, 56, 70 f.; 27, 312, 322; s. auch Schulze-Fielitz in: Dreier, Komm. z. GG, Art. 97 RdNr. 56) sollen ehrenamtliche Richter gegen ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung nach Maßgabe der Gesetze abberufen werden können. Beamtenbeisitzer sind, wie in § 46 Abs. 1 BDG explizit erwähnt wird, ebenfalls ehrenamtliche Richter (vgl. §§ 44 ff. DRiG; vgl. Schmidt-Ränsch, DRiG, 5. Aufl., § 44 RdNr. 3). Diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben gerecht wird daher eine Auslegung des § 47 Abs. 2 BDG, die eine Anwendung des § 24 Abs. 3 VwGO, also eine Entbindung kraft richterlicher Entscheidung zulässt (so im Ergebnis auch Gansen, Disziplinarrecht im Bund und Ländern, § 50 RdNr. 3).

Ende der Entscheidung

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