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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 17.10.2002
Aktenzeichen: 1 S 2114/99
Rechtsgebiete: VwGO
Vorschriften:
VwGO § 47 Abs. 2 Satz 1 |
2. Auch wenn davon ausgegangen wird, dass die Frage des nachträglichen Rechtswidrigwerdens einer untergesetzlichen Rechtsvorschrift auch nach Einführung der zweijährigen Antragsfrist durch das 6. VwGOÄndG Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens nach § 47 VwGO sein kann, muss es nach der klaren gesetzlichen Regelung dabei bleiben, dass der Antrag innerhalb der bereits mit der Bekanntmachung der Norm bzw. dem Inkrafttreten des 6. VwGOÄndG (vgl. Art. 10 Abs. 4 dieses Gesetzes) beginnenden Zweijahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu stellen ist.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil
In der Normenkontrollsache
wegen Gültigkeit der Hauptsatzung der Stadt Müllheim, § 1 Abs. 3
hat der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Dr. Weingärtner, die Richterinnen am Verwaltungsgerichtshof Schmenger und Dr. Kirchhof, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Roth und den Richter am Verwaltungsgericht Klein auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 17. Oktober 2002
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Antrag wird als unzulässig verworfen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Antragstellerin wohnt in der Kernstadt der Antragsgegnerin und ist Mitglied ihres Gemeinderats. Sie wendet sich gegen die Verteilung der Gemeinderatssitze auf die Stadtteile, wie sie in § 1 Abs. 3 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin i.d.F. der Neubekanntmachung vom 18.03.1999 geregelt ist. Die Bestimmung lautet:
§ 1 Abs. 3
In den Stadtteilen Britzingen, Feldberg, Hügelheim, Niederweiler und Zunzingen wird mit der nächsten Gemeinderatswahl die unechte Teilortswahl (§ 27 GemO) eingeführt. Für die Zahl der Gemeinderäte ist die nächsthöhere Gemeindegrößengruppe maßgebend (§ 25 Abs. 2 letzter Satz GemO).
Es entfallen auf die Stadtteile
a) Britzingen und Niederweiler je drei Gemeinderatsmandate,
b) Feldberg und Hügelheim je zwei Gemeinderatsmandate,
c) Zunzingen ein Gemeinderatsmandat.
Die Vorschrift war auf Grund von Eingliederungsvereinbarungen der Antragsgegnerin mit den fünf ehemals selbständigen Gemeinden Britzingen, Niederweiler, Feldberg, Hügelheim und Zunzingen mit der am 19.04.1972 beschlossenen Hauptsatzung eingeführt und zuletzt durch Satzung zur Änderung der Hauptsatzung vom 05.02.1975 geändert worden. Seither gilt sie unverändert.
In der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats der Antragsgegnerin am 03.03.1999 übergab die Antragstellerin ein Schreiben vom 01.03.1999, in dem sie mit Blick auf die veränderten Einwohnerzahlen eine Anpassung der Zahl der auf die einzelnen Ortsteile entfallenden Sitze vor der nächsten Gemeinderatswahl am 24.10.1999 forderte. Das Schreiben enthielt insoweit folgende "Anträge":
1. Der zuständige Verwaltungs- und Kulturausschuss stellt in einer Vorberatung die Sachlage fest und unterbreitet dem Gemeinderat Lösungsvorschläge.
2. Der Gemeinderat passt die Sitzverteilung per Beschluss den geänderten Verhältnissen an.
In der Sitzungsniederschrift heißt es, der Vorsitzende habe geäußert, dass das Gremium die Anträge zur Kenntnis genommen habe und sich damit befassen werde. Die Antragstellerin werde eine Antwort erhalten.
Ausweislich der Niederschrift beschloss der Gemeinderat unter dem Tagesordnungspunkt "Beratung und Beschlussfassung über die Änderung der Hauptsatzung" die "in der o.g. Vorlage enthaltenen Änderungen und Ergänzungen der Hauptsatzung". Die in der angesprochenen Vorlage des Hauptamtes vom 12.11.1998 enthaltenen Änderungen und Ergänzungen beziehen sich lediglich auf die §§ 6 Abs. 3, 12 Abs. 2, 13 Abs. 3 und 16 Abs. 2 Nr. 4 der Hauptsatzung, nicht aber auf § 1 Abs. 3. Mit dem Beschluss wurde ferner die Verwaltung beauftragt, die Hauptsatzung als Neufassung bekannt zu machen. In der Vorlage heißt es insoweit u.a., die Hauptsatzung sei auf ihre aktuelle Richtigkeit und redaktionell überprüft worden. Es empfehle sich, eine neue Fassung zu erstellen und bekannt zu machen.
In dem Ausfertigungsvermerk des Bürgermeisters der Antragsgegnerin vom 18.03.1999 heißt es, die Hauptsatzung sei "gemäß § 4 Abs. 2 mit der Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder des Gemeinderats beschlossen" worden. § 18 der Hauptsatzung lautet in der am 18.03.1999 im Stadtkurier bekannt gemachten Neufassung:
Abs. 1
Diese Satzung tritt am Tage nach ihrer Bekanntmachung in Kraft.
Abs. 2
Gleichzeitig tritt die Hauptsatzung vom 12.05.1972 mit allen späteren Änderungen außer Kraft.
Mit den o.g. Anträgen der Antragstellerin befassten sich in der Folgezeit der Verwaltungs-, Kultur- und Sportausschuss sowie der Gemeinderat der Antragsgegnerin in mehreren Sitzungen. In der Sitzung vom 07.07.1999 beschloss der Gemeinderat dem Beschlussvorschlag der Verwaltung entsprechend u.a., dass er sich die in der Gemeinderatsvorlage und in der Beschlussempfehlung vorgetragenen Argumente in Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens zu eigen mache; er stelle fest, dass die für die Zuteilung der Gemeinderatssitze auf die einzelnen Stadtteile maßgeblichen Gesichtspunkte auch heute noch gälten.
Am 31.08.1999 hat die Antragstellerin das Normenkontrollverfahren eingeleitet. Sie beantragt,
§ 1 Abs. 3 Satz 3 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin i.d.F. der Neubekanntmachung vom 18.03.1999 für nichtig zu erklären.
Zur Begründung führt sie u.a. aus: Der Antrag sei nicht verfristet. Sie könne und wolle sich nicht gegen die Hauptsatzungen aus den Jahren 1973 oder 1975 wenden, da diese gemäß § 18 Abs. 2 der Hauptsatzung in der Neufassung vom 18.03.1999 außer Kraft getreten seien. Der Auffassung, der Gemeinderat habe keine Neufassung der Satzung beschlossen, insbesondere auch keinen Beschluss über den bekannt gemachten Inhalt des neuen § 18 Abs. 2 gefasst, könne nicht beigetreten werden. Der Ausfertigungsvermerk des Bürgermeisters der Antragsgegnerin vom 18.03.1999 könne nur dahingehend verstanden werden, dass die Satzung neu und folglich mit konstitutiver Wirkung vom Gemeinderat beschlossen worden sei. Vor Beschlussfassung und nach intensiver Diskussion vor allem über die Regelung des § 1 Abs. 3 habe der Hauptamtsleiter der Antragsgegnerin erklärt, dass aufgrund der Vielzahl von Änderungen, Streichungen und Neuaufnahmen in der Satzung eine Änderungssatzung nicht mehr ausreiche. Der Gemeinderat sei deshalb aufgefordert worden, der Veröffentlichung einer Neufassung der Hauptsatzung zuzustimmen. Dem entsprechend gebe das Protokoll der Gemeinderatssitzung den dort gefassten Beschluss auch dahingehend wieder, dass die Verwaltung beauftragt werde, die Hauptsatzung als Neufassung bekannt zu geben. Auch wenn § 18 Abs. 2 der neuen Hauptsatzung im Gemeinderatsprotokoll nicht enthalten sei, sei aufgrund der Hinweise der Verantwortlichen der Antragsgegnerin allen Gemeinderäten klar und bewusst gewesen, dass keine Änderungssatzung, sondern eine Neufassung der Hauptsatzung beschlossen werde. Insoweit sei auch ausdrücklich der Inhalt von § 18 Abs. 2 der Hauptsatzung von der Mehrheit der Gemeinderäte in der bekannt gemachten Form beschlossen worden. Das Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 03.03.1999 sei somit nicht vollständig. Im Übrigen wäre wohl auch die Heilungsvorschrift des § 4 Abs. 4 S. 1 GemO einschlägig. Ein Bekanntmachungsfehler im Sinne des § 4 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 GemO liege nicht vor, weil die eigentliche Bekanntmachung ordnungsgemäß erfolgt sei.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Normenkontrollantrag abzulehnen.
Der Antrag sei bereits unzulässig. Insbesondere sei die Frist gem. § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO nicht eingehalten worden. Entgegen ihrem Vortrag wende sich die Antragstellerin nicht gegen die Hauptsatzung 1999, da § 1 Abs. 3 der Hauptsatzung im Zusammenhang mit der Neubekanntmachung der Hauptsatzung weder geändert noch erneut beschlossen worden sei. Damit richte sich der Normenkontrollantrag gegen die Hauptsatzung 1975, wenn nicht gar gegen die Hauptsatzung 1973. Sie, die Antragsgegnerin, habe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das Protokoll unrichtig sei. Ausweislich des Protokolls sei in der Sitzung am 03.03.1999 über die schriftliche Vorlage des Hauptamtes Beschluss gefasst worden. Damit sei die schriftliche Vorlage Inhalt des Beschlusses und damit der Satzung geworden. Der Beschluss über schriftliche Vorlagen sei üblich und praktikabel und der Regelfall gerade bei Satzungsbeschlüssen. Die Antragstellerin mache auch nicht geltend, dass die Vorlage des Hauptamtes in der Sitzung des Gemeinderates schriftlich ergänzt worden sei. Die Auffassung der Antragstellerin, dass der protokollierte Auftrag an die Verwaltung, die Satzung neu bekannt zu machen, für die Einführung der Bestimmung des § 18 Abs. 2 genüge, sei unzutreffend.
Mit Beschluss vom 27.09.1999 hat der Senat einen Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 47 Abs. 6 VwGO abgelehnt (- 1 S 2122/99 -).
Bei den Gemeinderatswahlen am 24.10.1999 hat die Antragstellerin erneut ein Gemeinderatsmandat errungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie die dem Senat vorliegenden Akten der Antragsgegnerin Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Normenkontrollantrag ist unzulässig. Zwar handelt es sich bei der angegriffenen Bestimmung der Hauptsatzung der Antragsgegnerin um eine der Überprüfung im Normenkontrollverfahren zugängliche Rechtsvorschrift (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO). Der Antrag ist jedoch nicht innerhalb der Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt worden.
Die Antragstellerin wendet sich im Normenkontrollverfahren ausweislich des Wortlauts des Antrags und der Begründung nicht gegen die Anordnung der unechten Teilortswahl als solche, sondern lediglich gegen die Verteilung der Gemeinderatsmandate auf die Stadtteile nach § 1 Abs. 3 Satz 3 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin. Dabei bezieht sie ihren Antrag auf die am 18.03.1999 bekannt gemachte "Neufassung" des § 1 Abs. 3 Satz 3 der Hauptsatzung - Neufassung -. Diese Regelung ist mit der am 19.04.1972 beschlossenen Hauptsatzung eingeführt und zuletzt durch Satzung zur Änderung der Hauptsatzung vom 05.02.1975 geändert worden - Altfassung 1975 -. Seither gilt sie unverändert.
Wird der Normenkontrollantrag dahingehend ausgelegt, dass er sich gegen die - mit der Neufassung identische - Altfassung 1975 des § 1 Abs. 3 Satz 3 der Hauptsatzung richtet, ist er verfristet. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in der hier anwendbaren Fassung vom 01.01.1997 (BGBl. I S. 1626) sind Normenkontrollanträge innerhalb von zwei Jahren nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift zu stellen. Bei der Bestimmung des § 1 Abs. 3 Satz 3 in der Altfassung 1975 handelt es sich um eine Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 VwGO, die vor dem 01. Januar 1997 bekannt gemacht worden ist. Mithin hat die Zweijahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 nach der Übergangsregelung des Art. 10 Abs. 4 des 6. VwGOÄndG vom 01.11.1996 (BGBl. I S. 1626) mit Inkrafttreten dieses Gesetzes am 01. Januar 1997 zu laufen begonnen (vgl. Art. 11 des 6. VwGOÄndG). Ein Hinweis auf diese Frist ist im Gesetz nicht vorgeschrieben und daher auch nicht erforderlich (BVerwG, Beschluss vom 28.12.2000, Buchholz § 47 VwGO Nr. 145; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2001, NVwZ-RR 2002, 610 f.). Die Frist endete im vorliegenden Fall somit am 31.12.1998. Der Normenkontrollantrag ist erst am 31.08.1999 und damit verspätet beim Verwaltungsgerichtshof gestellt worden. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 VwGO wegen der Fristversäumung scheidet aus. Dabei kann offen bleiben, ob die Zwei-Jahres-Frist als gesetzliche Frist im Sinne des § 60 VwGO anzusehen ist oder als - der Wiedereinsetzung nicht zugängliche - Ausschlussfrist (zum Meinungsstand VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2001, a.a.O., m.w.N.). Unabhängig davon, dass die Antragstellerin einen Wiedereinsetzungsantrag nicht gestellt hat, ist nicht erkennbar, dass sie ohne Verschulden gehindert gewesen wäre, die Zwei-Jahres-Frist einzuhalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.11.2001 - 4 BN 53/01 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2001, a.a.O.). An der Unzulässigkeit des Antrags ändert sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin aber auch nichts, wenn die Neufassung des § 1 Abs. 3 Satz 3 als Kontrollgegenstand betrachtet wird. Denn die Bekanntmachung der Neufassung der Hauptsatzung vom 18.03.1999 ist nicht geeignet gewesen, die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hinsichtlich des § 1 Abs. 3 Satz 3 erneut in Lauf zu setzen.
Dem Wortlaut des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO entsprechend muss sich die Bekanntmachung auf die konkret angegriffene Einzelnorm (hier § 1 Abs. 3 Satz 3 der Hauptsatzung) beziehen. Dabei vermag die durch die Änderung einzelner Bestimmungen veranlasste Bekanntmachung der Neufassung einer Satzung die Antragsfrist hinsichtlich einer inhaltlich unverändert gebliebenen Vorschrift grundsätzlich nicht erneut in Gang zu setzen (vgl. Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 47 RdNr. 251c; st. Rspr. des Bundesverfassungsgerichts zur Frist des § 93 Abs. 3 BVerfGG für die Erhebung der Verfassungsbeschwerde gegen Gesetze, vgl. zuletzt den Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 03.01.2002 - 2 BvR 1827/01 -, DVBl. 2002, 548 m.w.N.; vgl. auch Majer, in: Umbach/Clemens, BVerfGG, § 93 RdNr. 32 m.w.N.). Das ergibt sich aus Folgendem:
Die Bekanntgabe der Neufassung ist kein konstitutiver Akt der Rechtsetzung und vermag die Rechtslage nicht zu verändern (vgl. Hans Schneider, Gesetzgebung, 3. Aufl., § 19 RdNr. 684). Demgemäß sieht das Bundesverfassungsgericht in der bekannt gegebenen Gesamtfassung eines Gesetzes nur eine "im Interesse der Rechtssicherheit gebotene deklaratorische Klarstellung des Gesetzestextes", "welche den rechtlich erheblichen Inhalt des Gesetzes und mit ihm seine Identität nicht berührt" (vgl. BVerfGE 14, 245, 250; 18, 389, 391; vgl. auch Brenner, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 4. Aufl., Art. 82 RdNr. 34). Bei einem Widerspruch zwischen der normativen Regelung und der Neufassung bleibt die erstere authentisch und maßgeblich (Maurer, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 82 RdNr. 114). Diesem Unterschied zwischen konstitutiver Rechtsetzung und deklaratorischer Neufassung ist auch bei einer namentlich am Gesetzeszweck orientierten Auslegung des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO Rechnung zu tragen. Nach der amtlichen Begründung soll die Antragsfrist dazu dienen, Beeinträchtigungen der Rechtssicherheit entgegenzuwirken, die sich durch Normenkontrollanträge gegen Normen ergeben, die bereits seit langem praktiziert worden sind und auf deren Rechtsgültigkeit sowohl die zuständigen Behörden als auch die berührten Bürger vertraut haben (vgl. BTDrucks 13/3993, S. 10). Der danach vom Gesetzgeber mit der zeitlichen Beschränkung des Antragsrechtes verfolgte Zweck, die Norm alsbald vor allgemein verbindlicher Verwerfung zu schützen und ihr damit "erhöhten Bestandsschutz" zu verschaffen (vgl. Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 47 RdNr. 35), würde konterkariert, wenn jede Neufassung einer Norm auch die Antragsfrist hinsichtlich inhaltlich von der Neufassung unberührt gebliebener Vorschriften in Lauf setzen würde. Deshalb kommt die Neufassung einer Norm als Anknüpfungspunkt für die Zwei-Jahres-Frist grundsätzlich nur in Betracht, wenn die angegriffene Einzelbestimmung selbst inhaltlich geändert wurde. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn die Neufassung der gesamten Rechtsnorm durch den Normgeber selbst erfolgt, indem dieser die Norm - sowohl die unverändert gebliebenen Teile als auch die Änderungen und Ergänzungen - ausdrücklich erneut beschließt und verkündet und damit (abermals) mit konstitutiver Wirkung in Geltung setzt (vgl. Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Ulsamer, BVerfGG, § 90 RdNr. 91; Maurer, a.a.O., Art. 82 RdNr. 111).
Ausgehend von diesen Grundsätzen lässt sich nicht feststellen, dass die Bekanntmachung der Neufassung der Hauptsatzung vom 18.03.1999 die Zwei-Jahres-Frist hinsichtlich der angegriffenen Vorschrift (erneut) in Lauf gesetzt hat. § 1 Abs. 3 Satz 3 ist zuletzt durch die am 05.12.1975 beschlossene Satzung zur Änderung der Hauptsatzung geändert worden. Von den in der Sitzung vom 03.03.1999 beschlossenen inhaltlichen Änderungen wird die Bestimmung nicht erfasst. Zwar heißt es in dem der Bekanntmachung der Hauptsatzung im Stadtkurier vom 18.03.1999 vorangestellten Eingangssatz, der Gemeinderat habe die Hauptsatzung der Stadt Müllheim geändert und "deren Neufassung wie folgt beschlossen". Einen ähnlichen Inhalt weist der Ausfertigungsvermerk des Bürgermeisters vom 18.03.1999 auf. Daraus könnte insbesondere mit Blick auf § 18 Abs. 2 der Neufassung, wonach - gleichzeitig mit ihrem Inkrafttreten - die Hauptsatzung vom 12.05.1972 mit allen späterem Änderungen außer Kraft tritt, geschlossen werden, der Gemeinderat der Antragsgegnerin habe mit dem Beschluss der Neufassung der Hauptsatzung nicht nur eine deklaratorische Veröffentlichung des nun gültigen Wortlauts veranlassen, sondern selbst sämtliche Vorschriften der Hauptsatzung - mit überwiegend gleichlautendem Text - und damit auch § 1 Abs. 3 erneut mit konstitutiver Wirkung in Geltung setzen wollen. Bei Zugrundelegung des Vorbringens der Antragstellerin wäre dabei Raum für die Annahme, der Gemeinderat habe im Zusammenhang mit der Änderung/Neufassung der Hauptsatzung die Frage, ob an der Sitzverteilung des § 1 Abs. 3 Satz 3 auch in Ansehung der mittlerweile eingetretenen Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse festzuhalten sei, inhaltlich geprüft und ausdrücklich bejaht.
Indes verbietet sich eine solche Schlussfolgerung bei genauerer Betrachtung auf der Grundlage der von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen zur Neufassung der Hauptsatzung. Aus diesen ergibt sich, dass die bekannt gemachte Neufassung der Hauptsatzung in maßgeblichen Punkten von dem vom Gemeinderat beschlossenen Text des Satzungsbeschlusses vom 03.03.1999 abweicht und deshalb den gesetzlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße öffentliche Bekanntmachung gemäß § 4 Abs. 3 GemO i.V.m. § 1 DVOGemO nicht genügt. Mithin kann von einer erneuten konstitutiven Inkraftsetzung der Regelung des § 1 Abs. 3 nicht ausgegangen werden. Damit scheidet auch die Möglichkeit einer erneuten Ingangsetzung der Zwei-Jahres-Frist aus.
Ausweislich des Protokolls der Sitzung vom 03.03.1999 (S. 2) hat der Gemeinderat der Antragsgegnerin lediglich die in der Vorlage des Hauptamtes vom 12.11.1998 enthaltenen, sich auf §§ 6 Abs. 3, 12 Abs. 2, 13 Abs. 3 und 16 Abs. 2 Nr. 4 der Hauptsatzung beziehenden Änderungen und Ergänzungen der Hauptsatzung beschlossen. Weiter enthält der Beschluss lediglich die Beauftragung der Verwaltung, "die Hauptsatzung als Neufassung bekannt zu machen". Folglich ergibt sich - im Widerspruch zu dem Wortlaut der öffentlichen Bekanntmachung - aus dem Protokoll gerade nicht, dass der Gemeinderat selbst eine Neufassung der Hauptsatzung und insbesondere das Außerkrafttreten der Hauptsatzung vom 12.05.1972 mit allen späteren Änderungen (§ 18 Abs. 2) beschlossen hat.
Die von der Antragstellerin gegen die Richtigkeit bzw. Vollständigkeit des Protokolls vorgebrachten Einwendungen verfangen nicht.
Die über die Verhandlungen des Gemeinderates nach § 38 GemO vorschriftsmäßig gefertigte Niederschrift ist eine öffentliche Urkunde im Sinne der §§ 415 Abs. 1, 418 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 98 VwGO, die vollen Beweis der darin beurkundeten Vorgänge und bezeugten Tatsachen erbringt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 09.10.1989, EKBW GemO § 38 E 5, vom 18.05.1988 - 8 S 2404/87 - und vom 14.12.1987, NVwZ-RR 1989, 153; vgl. auch Kunze/Bronner/Katz/v. Rotberg, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 38 RdNr. 1). Diese Beweiskraft erstreckt sich dabei nur auf den durch Rechtssatz vorgeschriebenen oder zugelassenen Inhalt (vgl. hierzu § 38 Abs. 1 Satz 1 GemO; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.10.1989, a.a.O.; Gern, Kommunalrecht, 8. Aufl., RdNr. 285; Seeger, Handbuch für die Gemeinderatssitzung, S. 165). Demgemäß richtet sich ein Gemeinderatsbeschluss in seinem Inhalt nach der Niederschrift, solange nicht der Gemeinderat gegen die Niederschrift vorgebrachten Einwendungen stattgegeben hat (§ 38 Abs. 2 Satz 3 GemO) oder der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen geführt ist (§§ 415 Abs. 2, 418 Abs. 2 ZPO; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.12.1987, a.a.O.; Gern, a.a.O.).
Dass die Niederschrift über die Gemeinderatssitzung vom 03.03.1999 in formeller Hinsicht nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 38 Abs. 1 und 2 GemO entsprechend gefertigt worden wäre, wird von der Antragstellerin nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich. Auch ist weder vorgetragen worden noch sonst erkennbar, dass Einwendungen gegen die Niederschrift im Sinne des § 38 Abs. 2 Satz 3 GemO erhoben worden wären, geschweige denn, dass ihnen stattgegeben worden wäre.
Die Antragstellerin hat aber auch den Beweis der Unrichtigkeit der Niederschrift nicht geführt.
Mit der Behauptung, dass der Gemeinderat in der Sitzung einen konstitutiven Beschluss über die Neufassung der Hauptsatzung gefasst habe, macht die Antragstellerin - entgegen ihrer Auffassung - nicht lediglich die Unvollständigkeit, sondern die Unrichtigkeit des Protokolls geltend. Denn ausweislich des Protokolls hat der Gemeinderat Iediglich die Änderung und Ergänzung einzelner Vorschriften der Hauptsatzung beschlossen und im Übrigen die Verwaltung beauftragt, eine Neufassung bekannt zu geben. Dabei bezieht sich dieser Auftrag an die Verwaltung ersichtlich (nur) auf eine entsprechend dem Beschluss des Gemeinderats geänderte Satzung. Mithin schließt der von der erhöhten Beweiskraft der Niederschrift erfasste Inhalt des Beschlusses die - von der Antragstellerin geltend gemachte - Möglichkeit aus, der Gemeinderat selbst habe eine Neufassung der gesamten Hauptsatzung mit konstitutiver Wirkung beschlossen. Mit dem protokollierten Inhalt des Beschlusses unvereinbar ist aber auch die weitere Behauptung der Antragstellerin, der Gemeinderat habe in der Sitzung auch das Außerkrafttreten der Hauptsatzung vom 12.05.1972 mit allen späteren Änderungen (§ 18 Abs. 2) beschlossen. Abgesehen davon, dass sich der Niederschrift kein Anhaltspunkt für diese Behauptung entnehmen lässt, macht eine derartige Regelung nur Sinn, wenn der Gemeinderat (ausnahmsweise) selbst die Neufassung einer Satzung beschließt und dadurch das gesamte Regelungswerk mit konstitutiver Wirkung neu in Geltung setzt. Demgegenüber würde im Falle einer Beschlussfassung über eine bloße Änderungssatzung die umfassende, gleichzeitige Außerkraftsetzung aller früheren Fassungen einer Satzung zu deren Unvollständigkeit führen.
Das Vorbringen der Antragstellerin ist jedoch nicht geeignet, die gesetzliche Beweiswirkung der Niederschrift zu entkräften. Der hierfür erforderliche Gegenbeweis verlangt den vollen Nachweis eines anderen Geschehensablaufs; die Beweiswirkung des Protokolls ist nicht widerlegt, solange die Möglichkeit besteht, dass die Urkunde inhaltlich richtig ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16.05.1986, NJW 1986, 2127, 2128, und vom 25.03.1982, Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 20). Gemessen daran wird durch den Hinweis auf den Ausfertigungsvermerk des - unstreitig in der maßgeblichen Sitzung wegen Krankheit nicht anwesenden - Bürgermeisters der Antragsgegnerin vom 18.03.1999 und durch die Bezugnahme auf den der Bekanntmachung der Hauptsatzung im Stadtkurier vom 18.03.1999 vorangestellten Eingangssatz ein abweichender Geschehensablauf nicht einmal im Ansatz aufgezeigt.
Entsprechendes gilt, soweit geltend gemacht wird, der Gemeinderat habe in der Sitzung vom 03.03.1999 eine Neufassung der Hauptsatzung beschlossen einschließlich der Regelung des bekannt gemachten § 18 Abs. 2. Der Senat hat keinen Anlass gesehen, auf den hierzu gestellten Hilfsbeweisantrag die seinerzeitigen Mitglieder des Gemeinderates der Antragsgegnerin als Zeugen zu vernehmen. Dies ergibt sich aus Folgendem:
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die der Senat für überzeugend hält, gelten für die zum Zwecke des Gegenbeweises angebotenen Beweise besondere Anforderungen. Insbesondere muss der diesbezügliche Beweisantritt substantiiert in dem Sinne sein, dass nach dem Vorbringen des Beteiligten eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Unrichtigkeit der bezeugten Tatsache dargelegt wird (Beschlüsse vom 16.05.1986, a.a.O., und vom 13.11.1984, NJW 1985, 1179, 1180). Diesen Anforderungen wird das Vorbringen der Antragstellerin nicht gerecht.
Umstände, die eine unrichtige Protokollierung zu belegen geeignet sind, sind weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die wörtliche Wiedergabe der in der Sitzung gefassten Beschlüsse gesetzlich ausdrücklich (§ 38 Abs. 1 Satz 1 GemO) vorgeschrieben ist. Die Antragsgegnerin hat unwidersprochen und für den Senat nachvollziehbar vorgetragen, dass der Beschluss über schriftliche Vorlagen üblich und praktikabel sei und den Regelfall gerade bei Satzungsbeschlüssen darstelle. Dass die Vorlage des Hauptamtes der Antragsgegnerin vom 12.11.1998, auf die in dem protokollierten Beschluss Bezug genommen wird, in der Sitzung vom 03.03.1999 vor der Beschlussfassung ergänzt oder abgeändert worden wäre, behauptet die in der Sitzung anwesende Antragstellerin nicht. In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat sie zwar ausgeführt, der damalige Hauptamtsleiter habe bezogen auf die Hauptsatzung in der Sitzung mitgeteilt, dass aufgrund der Vielzahl der notwendig gewordenen Änderungen eine Neufassung der Hauptsatzung beschlossen werden müsse. Sie hat jedoch gleichzeitig erklärt, dass insoweit förmliche Anträge nicht gestellt worden seien. Dies spricht aber nicht dagegen, sondern vielmehr dafür, dass - ungeachtet des genauen Wortlauts etwaiger mündlicher Ausführungen des Hauptamtsleiters und dadurch etwa hervorgerufener Vorstellungen bei den Gemeinderäten - letztlich und abschließend allein über die den Gemeinderäten schriftlich vorliegende Beschlussvorlage des Hauptamtes abgestimmt worden ist.
Unterstrichen wird diese Einschätzung dadurch, dass eine Durchsicht sämtlicher zu dem Tagesordnungspunkt "Beratung und Beschlussfassung über die Änderung der Hauptsatzung" vorliegenden schriftlichen Unterlagen der Antragsgegnerin keinen Anhaltspunkt dafür erbracht hat, dass der Gemeinderat selbst in der Sitzung die Neufassung der Hauptsatzung unter Einschluss des bekannt gemachten § 18 Abs. 2 beschlossen hat. Dies gilt insbesondere auch für die weiteren Angaben in der Niederschrift zu dem maßgeblichen Tagesordnungspunkt. Denn danach hat der Hauptamtsleiter der Antragsgegnerin eingangs die Vorlage des Hauptamtes vom 12.11.1998 erläutert und auch auf den Aktenvermerk des Hauptamtes vom 02.03.1999 verwiesen. Wie dort ausgeführt, hätten die Ortschaftsräte Britzingen und Hügelheim den vorgeschlagenen Änderungen der Hauptsatzung voll inhaltlich zugestimmt, von den Ortschaftsräten Feldberg und Niederweiler seien hierzu Vorschläge gemacht worden. Die in der Niederschrift wiedergegebenen Äußerungen der Sitzungsteilnehmer beziehen sich ausschließlich auf die in der Vorlage vom 12.11.1998 enthaltenen Gegenstände. An keiner Stelle findet sich ein Anhalt dafür, dass in der Sitzung die Möglichkeit einer konstitutiven Beschlussfassung des Gemeinderates über eine Neufassung der Hauptsatzung bzw. des Außerkrafttretens aller vorangegangenen Fassungen der Hauptsatzung thematisiert worden wäre. Die Antragstellerin hat zwar schriftsätzlich (S. 237 der VGH-Akte) und zunächst auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat versucht, ihrer Behauptung mit dem Hinweis darauf Plausibilität zu verleihen, dass mit Blick auf die von ihr gestellten Anträge zur Änderung der Sitzverteilung auch unter dem Tagesordnungspunkt "Beratung und Beschlussfassung über die Änderung der Hauptsatzung" im Gemeinderat eine "intensive" inhaltliche Diskussion der - von den in der Gemeinderatsvorlage vorgesehen Änderungen nicht erfassten - Regelung des § 1 Abs. 3 stattgefunden habe. An dieser Behauptung hat sie jedoch im weiteren Verlaufe der mündlichen Verhandlung nicht mehr festgehalten, sondern erklärt, in der Gemeinderatssitzung vom 03.03.1999 im Zusammenhang mit ihren Anträgen auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet worden zu sein. Der Sache nach entspricht dies den im Tatbestand wiedergegebenen Feststellungen im Protokoll. Eine sofortige inhaltliche Diskussion der Anträge in der Sitzung stünde im Übrigen im Widerspruch zu der von der Antragstellerin vorgenommenen "Stufung" ihrer in dem Schreiben vom 01.03.1999 enthaltenen Anträge, die zunächst (unter 1.) darauf gerichtet waren, dass der Verwaltungs- und Kulturausschuss "in einer Vorberatung die Sachlage" feststellt und "dem Gemeinderat Lösungsvorschläge" unterbreitet. Begründet das Vorbringen der Antragstellerin nach alledem keine Zweifel an der Richtigkeit der Niederschrift, so hat der Senat auch keinen Anlass gesehen, eine Beweisaufnahme durchzuführen. Der Beweisantrag ist nach seiner Formulierung darauf gerichtet zu beweisen, dass "die Gemeinderäte eine Neufassung der Satzung wie bekannt gemacht, also incl. der Regelung in § 18 Abs. 2, beschließen wollten und beschlossen haben". Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen handelt es sich dabei schon um einen unzulässigen Ausforschungsbeweisantrag (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.08.1996 - 2 BvR 1968/94 -, juris). Dessen ungeachtet fehlt dem diesbezüglichen Beweisvorbringen auch die - für die Beurteilung der Erheblichkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen und der Tauglichkeit des Beweismittels - nötige Substanz, da die näheren Umstände der behaupteten Beschlussfassung nicht hinreichend aufgezeigt werden. So wird - abgesehen von der oben wiedergegebenen angeblichen Äußerung des Hauptamtsleiters -nicht ansatzweise dargetan, welche Sitzungsteilnehmer welche Erklärungen im Zusammenhang mit der Beschlussfassung abgegeben haben. Auch mangelt es an der Darlegung konkreter Einzelheiten zum zeitlichen Ablauf und zum Abstimmungsvorgang insbesondere auch mit Blick darauf, dass dem Gemeinderat zu diesem Tagesordnungspunkt eine anderslautende schriftliche Gemeinderatsvorlage vorlag und weitere schriftliche Unterlagen als Grundlage der Beschlussfassung fehlen. Mithin ist davon auszugehen, dass der bekannt gemachte Text der Neufassung - insbesondere in § 18 Abs. 2 - von dem authentischen Text des Satzungsbeschlusses vom 03.03.1999 abweicht. Zwischen dem Wortlaut des Satzungsbeschlusses und dem des Bekanntmachungstextes darf jedoch keine Diskrepanz bestehen. Dies ergibt sich aus dem Rechtstaatsprinzip (vgl. Art. 23 Abs. 1, 25 Abs. 2 LVerf; Art. 20 Abs. 3, 28 Abs. 1 GG) und dem hieraus abzuleitenden Gebot der Rechtssicherheit. Letzterem genügt eine öffentliche Bekanntmachung nur dann, wenn sie über den Erlass der Norm informiert, den authentischen Text allgemein zugänglich macht und gleichzeitig eine einwandfreie Dokumentation des Norminhalts gewährleistet. Über den Erlass einer Norm ist der Bürger nur dann ausreichend informiert, wenn er anhand der öffentlichen Bekanntmachung zweifelsfrei entnehmen kann, was nunmehr rechtens sein soll (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.02.1993 - 2 S 2763/91 -). Eine Abweichung zwischen dem bekannt gemachten Text und dem Text des Satzungsbeschlusses kann allenfalls dann auf die Gültigkeit der Satzung ohne Einfluss sein, wenn die Abweichung unwesentlich und nicht geeignet ist, eine inhaltliche Diskrepanz zu erzeugen (VGH Bad.-Württ., a.a.O.). Entsprechendes muss wohl gelten, wenn die Abweichung auf einem offensichtlichen, aus dem Werdegang der Norm zu erklärenden Redaktionsversehen beruht, wenn also zwingende Gründe für die Annahme vorliegen, versehentlich sei an die Stelle der vom Normgeber beabsichtigten Wortfassung eine andere Wortfassung getreten (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.08.1966, Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 75; BSG, Urteil vom 20.06.1985, BSGE 58, 180, 182).
Hier deutet angesichts des vom Gemeinderat beschlossenen Normtextes alles darauf hin, dass mit der Neufassung lediglich die erwähnten Änderungen und Ergänzungen von Einzelvorschriften der Hauptsatzung mit konstitutiver Wirkung in Geltung gesetzt worden sind, die Neufassung im Übrigen aber auf einem lediglich klarstellenden Akt der Gemeindeverwaltung beruht und insbesondere die früheren Fassungen der Hauptsatzung unberührt gelassen hat. Da der bekannt gemachte Text demgegenüber eindeutig - aber ohne dass sich dafür ein Anhalt in dem Satzungsbeschluss fände - bestimmt, dass der Gemeinderat die Neufassung der Hauptsatzung beschlossen hat und die früheren Fassungen mit dem Inkrafttreten der Neufassung außer Kraft treten (§ 18 Abs. 2), führt diese Abweichung zu einer nachhaltigen Unsicherheit darüber, inwieweit die Neufassung auf einem rein deklaratorischen Akt der Gemeindeverwaltung oder einem konstitutiven Rechtsetzungsakt des Gemeinderats beruht. Bei dieser Sach- und Rechtslage vermag der Senat nicht festzustellen, das es sich insoweit lediglich um eine unwesentliche Abweichung oder ein offensichtlich durch Auslegung korrigierbares Redaktionsversehen handelt. Der Mangel ist auch nicht unbeachtlich. Von der Regelung über die Unbeachtlichkeit bestimmter Fehler beim Erlass von Satzungen ist die Verletzung der Vorschriften über die Bekanntmachung ausgenommen (§ 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 GemO).
Vor diesem Hintergrund bedarf keiner abschließenden Klärung, in welchem Umfang die aufgezeigte Diskrepanz als wesentlicher Bekanntmachungsfehler zu einer Ungültigkeit der Neufassung der Hauptsatzung führt. Denn jedenfalls ist davon auszugehen, dass die Regelung des § 18 Abs. 2 über das Außerkrafttreten der vorangehenden Fassungen der Hauptsatzung ungültig ist und die Aufnahme des § 1 Abs. 3 Satz 3 in die Neufassung lediglich auf einem klarstellenden Akt der Verwaltung beruht. Mithin ist die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO durch die Neufassung der Hauptsatzung bezüglich ihres § 1 Abs. 3 Satz 3 nicht erneut in Lauf gesetzt worden.
Zu keinem anderen Ergebnis führt der Umstand, dass die Antragstellerin mit ihrem Antrag der Sache nach geltend macht, die Sitzverteilung nach § 1 Abs. 3 Satz 3 der Hauptsatzung sei nicht "von Anfang an" (seit Einführung der unechten Teilortswahl) rechtswidrig gewesen, sondern wegen veränderter tatsächlicher Verhältnisse nachträglich rechtswidrig geworden.
Die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen eine Norm nachträglich rechtswidrig werden kann, wird nicht einheitlich beurteilt (zum Ganzen grundlegend Baumeister, Das Rechtswidrigwerden von Normen, 1996, insbesondere S. 91 ff., 181 ff., 187 ff. - auch mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts; Gerhardt, a.a.O., § 47 RdNr. 111; vgl. auch StGHBW, Urteil vom 14.07.1979, BWVPr 1979, 182, 184, zur nachträglichen Verfassungswidrigkeit der Bestimmungen über die unechte Teilortswahl ohne Verhältnisausgleich). Auch wenn man von dieser Möglichkeit ausgeht und außerdem annimmt, die Frage des nachträglichen Rechtswidrigwerdens könne - wie etwa die Frage der Funktionslosigkeit von Bebauungsplänen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 31.03.1999, VBlBW 1999, 423, 424; für die Prozessrechtslage nach dem 6. VwGOÄndG offen gelassen in BVerwG, Urteil vom 03.12.1998, BVerwGE 108, 71, 75) - auch nach Einführung der zweijährigen Antragsfrist durch das 6. VwGOÄndG weiterhin Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens nach § 47 VwGO sein, ändert dies an der Unzulässigkeit des Antrags nichts. Denn auch in diesem Fall muss es nach der klaren gesetzlichen Regelung dabei bleiben, dass der Antrag innerhalb der bereits mit der Bekanntmachung der Norm bzw. dem Inkrafttreten des 6. VwGOÄndG beginnenden Zweijahresfrist zu stellen ist (ebenso Redeker/v. Oertzen, VwGO, 13. Aufl., § 47 RdNr. 26; in diesem Sinne wohl auch Gerhardt, a.a.O., § 47 RdNr. 111; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.07.1999, BRS 62 Nr. 80, zur Normenkontrolle bei funktionslosem Bebauungsplan).
Ein Verzicht auf das Fristerfordernis, wie es im Schrifttum teilweise für diese Fälle gefordert wird (Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., § 47 RdNr. 85), kommt nicht in Betracht. Dem stehen sowohl der eindeutige Wortlaut der Fristbestimmung des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO wie auch der mit ihr verfolgte Zweck entgegen. Denn hier würde das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel, untergesetzlichen Rechtsnormen nach einem gewissen Zeitraum "erhöhten Bestandsschutz" zu verschaffen (vgl. bereits oben S. 8 f.), deutlich verfehlt, zumal die Gefahr der Umgehung infolge bloßer Behauptung einer nachträglichen Rechtswidrigkeit nicht fern liegt. Das Argument, dass es im Falle erst nach Ablauf der Antragsfrist rechtswidrig gewordener Normen bei Anwendung des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nie möglich wäre, mittels einer Normenkontrolle die Nichtigkeit der Norm feststellen zu lassen, rechtfertigt die Annahme einer (richterrechtlichen) Ausnahme von der gesetzlichen Fristbestimmung nicht. Insbesondere lassen verfassungsrechtliche Gründe, namentlich Art. 19 Abs. 4 GG, einen Verzicht auf das Fristerfordernis nicht als geboten erscheinen. Denn eine gerichtliche Überprüfung der Wirksamkeit einer Rechtsvorschrift bleibt auch dann möglich, wenn sie nicht mehr innerhalb des Normenkontrollverfahrens vorgenommen werden kann. Der Ablauf der Antragsfrist schmälert nicht die Möglichkeit des durch die Norm nachteilig Betroffenen, deren Anwendung einer gerichtlichen Überprüfung zuzuführen, in deren Rahmen auch die Gültigkeit der zugrunde liegenden Rechtsnorm inzident geprüft wird (vgl. BTDrucks 13/3993, S. 10; BVerwG, Beschluss vom 28.12.2000, Buchholz 310 § 47 Nr. 145; Beschluss vom 10.04.1996, LKV 1996, 336, 337; VGH Baden-Württemberg, NVwZ-RR 1999, 626; Meissner, VBlBW 1997, 81, 87; Gerhardt, a.a.O., § 47 RdNr. 35; Schenke, NJW 1997, 81, 83; Ziekow, a.a.O., § 47 RdNr. 251a). Auch durch die inzidente gerichtliche Kontrolle wird in Bezug auf die anzuwendende Rechtsnorm ein den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG genügender Rechtsschutz gewährleistet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.04.1996, a.a.O.; OVG Brandenburg, Urteil vom 07.12.1995, LKV 1996, 208, 209; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 RdNr. 95; Ziekow, a.a.O., § 47 RdNr. 251b; Eyermann/J. Schmidt, VwGO, 11. Aufl., § 47 RdNr. 2; Gerhardt, a.a.O., § 47 RdNr. 35; teilweise a.A. Kopp/Schenke, § 47 RdNr. 84).
Die Möglichkeit der inzidenten gerichtlichen Kontrolle der angegriffenen Rechtsvorschrift war und ist auch der Antragstellerin eingeräumt. Ihr Begehren richtet sich der Sache nach auf eine Änderung der durch § 1 Abs. 3 Satz 3 der Hauptsatzung angeordneten Sitzverteilung wegen veränderter tatsächlicher Umstände. Insoweit macht sie einen Anspruch auf Erlass bzw. Änderung einer untergesetzlichen Rechtsnorm geltend. Besteht ein solcher Anspruch, muss dieser auch gerichtlich durchgesetzt werden können. Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet Rechtsschutz nicht nur gegen höherrangiges Recht verletzende Rechtssetzungsakte, sondern auch gegen ein mit höherrangigem Recht unvereinbares Unterlassen des Normgebers; § 47 VwGO schließt die Zulässigkeit solcher Klagen nicht aus (zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 04.07.2002 - BVerwG 2 C 13.01 - m.w.N., juris).
Die Antragstellerin hat als Bürgerin der Antragsgegnerin und Bewohnerin eines von der Sitzverteilung betroffenen Wohnbezirks sowie ggf. als Bewerberin um ein Gemeinderatsmandat ein Recht bzw. ein rechtlich beachtliches Interesse auf die dem Gesetz entsprechende Repräsentation ihres Wohnbezirks im Gemeinderat (vgl. VGH Bad.-Württ., Normenkontrollbeschlüsse vom 14.09.1989, EKBW GemO § 27 E 15, vom 15.08.1984, ESVGH 35, 38, vom 25.05.81 - 1 S 277/81 -, vom 09.06.1980 - 1 S 952/80 - und vom 27.03.1980, ESVGH 30, 137; vgl. auch von Rotberg, VBlBW 1984, 297, 303). Mithin kommt für sie die Möglichkeit in Betracht, ihr Begehren etwa mittels einer beim Verwaltungsgericht anzubringenden Feststellungsklage (§ 43 VwGO) gerichtlich durchzusetzen. Unabhängig davon ist der Einwand, die Verteilung der Gemeinderatssitze auf die Wohnbezirke in § 1 Abs. 3 Satz 3 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin sei gesetzes- bzw. verfassungswidrig, nach der Rechtsprechung des Senats geeignet, den gesetzlichen Wahlanfechtungsgrund zu begründen, dass wesentliche Vorschriften über die Ermittlung des Wahlergebnisses unbeachtet geblieben sind (§ 32 Abs. 1 Nr. 2 KomWG; vgl. das Senatsurteil vom 26.02.1996 - 1 S 2570/95 - sowie den Senatsbeschluss vom 13.01.1987 - 1 S 1246/86 -, VBlBW 1987, 420). Demgemäß hatte die Antragstellerin die Möglichkeit, diesen Wahlanfechtungsgrund im Rahmen des von ihr gegen die Gültigkeit der Gemeinderatswahl vom 24.10.1999 betriebenen Wahlanfechtungsverfahrens nach § 31 KomWG geltend zu machen. Auch im Hinblick auf die nächste Gemeinderatswahl kann sie unter Berufung auf die Nichtigkeit des § 1 Abs. 3 Satz 3 der Hauptsatzung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 KomWG Einspruch und ggf. gegen die Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde über den Einspruch (Einspruchsbescheid) nach § 31 Abs. 3 KomWG unmittelbar Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage erheben (vgl. nur das Senatsurteil vom 26.02.1996, a.a.O.).
Gegen den Wegfall des Fristerfordernisses spricht schließlich ein weiterer Gesichtspunkt. Die Zulässigkeit eines Normenkontrollantrags müsste in solchen Fällen - auch zur Vermeidung einer Umgehung der Fristbestimmung -zumindest davon abhängen, dass gewichtige Anhaltspunkte für ein nachträgliches Rechtswidrigwerden der angegriffenen Norm oder substantiierte Darlegungen des Antragstellers hierzu vorliegen. Da die Frage, ob eine Norm nachträglich rechtswidrig geworden ist, meist nicht einfach zu beantworten sein wird, würde dies zwangsläufig zu einer Überfrachtung der Zulässigkeitsprüfung mit Fragen der Begründetheit des Normenkontrollantrags führen (vgl. zu diesem Aspekt BVerwG, Beschluss vom 02.01.2001, Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 146).
Aus diesem Grund scheidet nach Auffassung des Senats in diesen Fällen auch die Möglichkeit aus, in Abweichung von der gesetzlichen Regelung die Antragsfrist erst von dem Zeitpunkt des Rechtswidrigwerdens der Norm an laufen zu lassen (erwogen von Schenke, NJW 1997, 81, 84 mit Fußnote 28; ähnlich zum Beginn der Antragsfrist bei funktionslos gewordenen Bebauungsplänen auch Eyermann/J. Schmidt, a.a.O., § 47 RdNr. 74; Kuhla/Hüttenbrink, Der Verwaltungsprozess, 3. Aufl., RdNr. 349). Denn dann müsste bereits bei der Bestimmung des Fristbeginns in erheblichem Umfang die materielle Prüfung der Begründetheit des Normenkontrollantrags vorweggenommen werden. Außerdem begegnet eine solche Lösung Bedenken unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit. Denn in den meisten Fällen wird es nicht möglich sein, insoweit einen exakten Zeitpunkt zu bestimmen, zumal umstritten ist, ob das Rechtswidrig- bzw. Nichtigwerden ohne den Ablauf einer - in ihrem Ausmaß kaum bestimmbaren - Nachbesserungsfrist eintritt (zutreffend insoweit Kopp/Schenke, a.a.O., § 47 RdNr. 85). Eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung, wonach der Fristbeginn an die Bekanntmachung der Norm bzw. in den Übergangsfällen an das Inkrafttreten des 6. VwGOÄndG anknüpft, wäre allenfalls in (seltenen) Ausnahmefällen denkbar, in denen das nachträgliche Rechtswidrigwerden offensichtlich ist und außerdem zeitlich fixiert werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich der hier angegriffenen Bestimmung ersichtlich nicht vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. Die für die Beurteilung des Streitfalles erhebliche Rechtsfrage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen die Antragsfrist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO auch in Fällen des nachträglichen Rechtswidrigwerdens von Rechtsvorschriften Anwendung findet, ist - soweit ersichtlich - höchstrichterlich nicht geklärt. Der Klärung dieser Rechtsfrage kommt aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtseinheitlichkeit allgemeine, über den zu entscheidenden Fall hinausgehende Bedeutung zu.
Streitwertbeschluss
vom 17. Oktober 2002
Der Streitwert wird auf 4.000,-- EUR festgesetzt (§§ 25 Abs. 2 Satz 1 und 13 Abs. 1 Satz 2 GKG in der seit 01.01.2002 gültigen Fassung; vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.01.2002 - 13 S 2155/01 -, VBlBW 2002, 81).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).
Ende der Entscheidung
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