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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 15.12.2008
Aktenzeichen: 1 S 2256/07
Rechtsgebiete: EGStGB, ProstG, GG


Vorschriften:

EGStGB Art. 297
ProstG
GG Art. 80 Abs. 1 Satz 2
GG Art. 80 Abs. 1 Satz 3
GG Art. 103 Abs. 2
1. Art. 297 EGStGB ist weiterhin eine taugliche Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Sperrgebietsverordnung.

2. Bei der Prüfung, ob ein Gebiet sich als Toleranzzone eignet, kann der Verordnungsgeber im Einzelfall verpflichtet sein, baurechtliche Maßnahmen zu berücksichtigen, mit denen einer Gefährdung der Schutzgüter des Art. 279 Abs. 1 EGStGB begegnet werden kann.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

1 S 2256/07

Verkündet am 15.12.2008

In der Normenkontrollsache

wegen Gültigkeit der Verordnung des Regierungspräsidiums Karlsruhe über das Verbot der Prostitution auf dem Gebiet der Stadt Weinheim vom 5. März 2007

hat der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Verordnung des Regierungspräsidiums Karlsruhe über das Verbot der Prostitution auf dem Gebiet der Stadt Weinheim vom 5. März 2007 (GBl. S. 202) wird für unwirksam erklärt, soweit sie sich auf das Grundstück Mühlweg 12, 69469 Weinheim, Flst.-Nr. 859 bezieht.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich gegen die Verordnung des Regierungspräsidiums Karlsruhe über das Verbot der Prostitution auf dem Gebiet der Stadt Weinheim vom 5. März 2007 (GBl. S. 202).

Sie sind Eigentümer des Grundstücks Mühlweg 12, 69469 Weinheim, Flurstück Nr. 859, der ehemaligen "Hildebrand'schen Mühle". Sie beabsichtigen, dort ein Bordell ("Freizeiteinrichtung mit der Möglichkeit, den Besuchern zu gestatten, untereinander Verträge über sexuelle Dienstleistungen abzuschließen") zu errichten.

Das Grundstück der Antragsteller liegt südlich der Weschnitz am Ortsrand am Ende des Mühlwegs in beginnender Hanglage. Östlich und südlich schließt sich unmittelbar der Außenbereich an. Westlich grenzt die Firma Metallbau xxxx an. Der Mühlweg ist nur über die Gundelbachstraße zu erreichen, an deren Anfang die Peterskirche liegt. Die anschließende Bebauung erstreckt sich zwischen dem Mühlweg und dem Dietersklingenweg. Südlich des Dietersklingenwegs befindet sich der "Alte Friedhof", der nur aus historischen Gründen besucht wird.

Die Nutzung der ehemaligen Hildebrand`schen Mühle als Getreidemühle, Mehlmühle und zuletzt Getreidespeicher wurde bereits vor mehr als 20 Jahren aufgegeben. Die Gebäude befinden sich größtenteils in einem sehr schlechten Zustand, einzelne Gebäudeteile sind bereits eingestürzt, die noch vorhandenen einsturzgefährdet. Der das Grundstück überragende Siloturm und die frühere Fabrikantenvilla sind denkmalgeschützt und sollen nach den Plänen der Antragsteller gesichert bzw. saniert werden; der übrige Gebäudebestand soll größtenteils abgerissen und neue Gebäude sollen dort errichtet werden. Auf dem Gelände sollen insgesamt 80 Parkplätze zur Verfügung stehen. Da die bisherige wegemäßige Erschließung über den Mühlweg ein größeres Verkehrsaufkommen nicht aufnehmen kann, soll das Grundstück - wie bereits in der Vergangenheit - über die auf der anderen Seite der Weschnitz verlaufende Birkenauer Talstraße (L 3408) und eine neu zu errichtende Brücke an das Straßennetz angebunden werden. Von der Nachbarschaft soll das Vorhaben durch eine individuelle Zufahrt über die Brücke, eine Abmauerung zum Mühlweg hin und dichte Bepflanzung abgegrenzt werden. Durch Eingangskontrollen im Brückenbereich und eine neutrale Gestaltung des Objekts samt Sichtschutz soll eine auf den Betriebsgegenstand hindeutende Außenwirkung verhindert und ein zufälliger Kontakt mit dem Betriebsgegenstand vermieden werden.

Am 11.04.2005 erteilte die Stadt Weinheim den Antragstellern einen Bauvorbescheid über die Nutzungsänderung der "Hildebrand'schen Mühle" in eine "Freizeit-, Sport- und Saunaeinrichtung mit der Möglichkeit, gegen Vergütung Verträge über sexuelle Dienstleistungen abzuschließen". Darin wird u.a. festgestellt, dass die geplante Umnutzung des Anwesens bauplanungsrechtlich zulässig ist. Eine hiergegen gerichtete Nachbarklage wurde vom Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 26.04.2007 (5 K 2087/06) abgewiesen; das Verfahren über den Antrag auf Zulassung der Berufung (3 S 1632/07) war zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch nicht abgeschlossen.

Auf einen ersten Antrag auf Erlass einer Sperrgebietsverordnung teilte das Regierungspräsidium der Stadt mit Schreiben vom 13.05.2005 mit, dass nach der derzeitigen Erkenntnislage zum Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands der Erlass einer Sperrgebietsverordnung in Weinheim nicht geboten sei, da von dem stadträumlich abgeschotteten Vorhaben der Antragsteller keine unmittelbare Ausstrahlung in die Öffentlichkeit zu erwarten sei.

Mit Schreiben vom 30.11.2006 beantragte die Stadt Weinheim, vertreten durch das Amt für Baurecht und Denkmalschutz, wiederum den Erlass einer Sperrgebietsverordnung. Zur Begründung verwies die Stadt auf eine gestiegene Anzahl von Anfragen über eine Nutzung von Gebäuden als Bordell. Die Stadt sei aufgrund ihrer Lage an den Landesgrenzen zu Hessen und Rheinland-Pfalz, wo strengere Sperrbezirksverordnungen gälten, der Nähe zum Frankfurter Flughafen und der verkehrsgünstigen Anbindung in der Metropolregion Rhein-Neckar überaus attraktiv für die Ansiedlung des "Milieus". Es bestehe die Sorge, dass die Anfragen aus rechtlichen Gründen nicht abgelehnt werden könnten. Wenn es nicht gelinge, die Flut der Anträge zu reduzieren und die zu genehmigenden Einrichtungen in dafür geeignete Zonen zu lenken, werde sich das Gepräge der Stadt grundlegend verändern. Die ausgewiesenen und die faktischen Gewerbegebiete der Stadt seien auf ihre Eignung als Toleranzzonen untersucht worden. Zum Anwesen der Antragsteller wurde ausgeführt, dass die Verwaltung weiterhin an den Inhalt des Bauvorbescheids gebunden sei und einen entsprechenden Bauantrag genehmigen müsse. Ein mögliches Bordell genieße dann Bestandsschutz und könne auch innerhalb des Sperrgebiets betrieben werden. Aufgrund des angrenzenden allgemeinen Wohngebiets, der benachbarten Peterskirche und des Alten Friedhofs gefährde ein Bordell in diesem Gebiet jedoch den öffentlichen Anstand. Auch führe der Schulweg der Kinder und Jugendlichen aus den benachbarten hessischen Gemeinden direkt an diesem Gebiet vorbei. Eine Gefährdung des Jugendschutzes könnte dadurch hervorgerufen werden.

In einer Stellungnahme vom 12.12.2006 unterstützte die Polizeidirektion Heidelberg das Anliegen der Stadt. Derzeit arbeiteten ca. 20 Prostituierte in den Weinheimer Einrichtungen. Sollten die geplanten Vorhaben verwirklicht werden, würde sich deren Zahl verdoppeln oder gar verdreifachen; damit würde eine Dimension erreicht, die mit der Lage in Großstädten vergleichbar wäre.

Das Regierungspräsidium Karlsruhe schloss sich der Einschätzung der Stadt an, wonach die Gefahr einer deutlichen "Überfrachtung" der Stadt mit Prostitutionsbetrieben bestehe, die in ihrer Gesamtheit - auch ohne Straßenprostitution - in die Öffentlichkeit ausstrahlten und das Erscheinungsbild einer Stadt in der Größenordnung von Weinheim prägten. Bei einer solchen Situation sei der Jugendschutz und der öffentliche Anstand gefährdet.

Am 5. März 2007 erließ das Regierungspräsidium Karlsruhe die Verordnung über das Verbot der Prostitution auf dem Gebiet der Stadt Weinheim. Diese Verordnung lautet wie folgt:

Auf Grund von Artikel 297 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469) in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Erleichterung der Verwaltungsreform in den Ländern vom 3. Mai 2000 (BGBl. I S. 632) und § 2 der Verordnung der Landesregierung über das Verbot der Prostitution vom 3. März 1976 (GBl. S. 290) wird zum Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands verordnet:

§ 1

Jede Art der Prostitution ist im gesamten Gebiet der Stadt Weinheim verboten. Ausnahmen von diesem Verbot sind abschließend in § 2 dieser Verordnung geregelt.

§ 2

(1) Die nachfolgend in Absatz 2 bezeichneten Gebiete ("Toleranzzonen") sind vom Verbot in § 1 dieser Verordnung ausgenommen. Jedoch bleibt die Prostitution auch in diesen Gebieten auf öffentlichen Straßen, Wegen, Plätzen und Anlagen und sonstigen Orten, die von dort eingesehen werden können, verboten.

(2) Die Toleranzzonen umfassen in den einzelnen Gebieten die jeweils aufgeführten Flurstücke:

- Gewerbegebiet "Weinheimer Kleeblatt"

Bereich Daimlerstraße/Draisstraße:

12550, 12551, 10769/5, 10796/6, 12553, 12554, 12554/1, 12555/2, 12555, 12555/1, 12555/3, 12557, 12558, 12560, 12560/1, 12575, 12574, 13772, 12573, 12572, 12571, 12568, 12569, 12567, 12566, 12563, 12565

Bereich Tullastraße/Herzstraße

12024, 12024/1, 12021/7, 12021/1, 12021/2, 10792/39

- Bereich zwischen Boschstraße und Autobahn A5:

12531, 12533, 12534, 12535/1, 12538, 12539, 12541, 12543, 12544

- Gewerbegebiet "Speck"

Bereich zwischen Berliner Straße, Junkerstraße und Kreisstraße K 4134

13715, 13716, 13718, 13718/1, 13718/2, 13718/3, 13720/2, 13720/4, 13720/5, 13720/6, 13720/7, 13720/11, 13720/8, 13720/9, 13720/10

- Gewerbegebiete "Viernheimer Straße-West" und "Viernheimer Straße/Westtangente" sowie der Bereich bis zur Händelstraße

Das Gebiet umfasst alle Flurstücke nördlich der Viernheimer Straße und wird eingegrenzt von der Westtangente im Westen, der Alten Weschnitz im Norden und der Händelstraße im Osten des Gebietes.

- Bereich Höhnerweg

Bereich 1:

Dieser Bereich umfasst alle Flurstücke zwischen der Alten Weschnitz und der Neuen Weschnitz. Das Gebiet endet mit dem Flurstück 6870 im Westen und dem Flurstück 6964/0 (links der Bahngleise) im Osten.

Bereich 2:

Dieser Bereich umfasst die Flurstücke 4853, 4863, 4958, 5029, 5045/0, 5045/1, 5322/0 nördlich der Neuen Weschnitz und wird eingegrenzt von den Bahngleisen im Osten und Ackerland im Norden des Gebietes.

(3) Die genaue Abgrenzung der Toleranzzonen (rot markierte Flächen) ergibt sich aus dem Auszug des Stadtplans der Stadt Weinheim vom 28.11.2006, Maßstab 1:17.500, der Bestandteil dieser Verordnung ist.

§ 3

Ausgenommen vom Verbot des § 1 bleiben aus Bestandsschutzgründen die bei Inkrafttreten dieser Verordnung baurechtlich genehmigte(n) Wohnungsprostitution, bordellartigen Betriebe und Bordelle.

§ 4

(1) Der Stadtplanauszug mit Darstellung der Toleranzzonen wird beginnend ab dem Tag nach Verkündigung der Verordnung im Gesetzblatt auf die Dauer von 3 Wochen zur kostenlosen Einsicht durch jedermann während der Sprechzeiten beim Bürgermeisteramt Weinheim, Amt für Baurecht und Denkmalschutz, Obertorstraße 9, 69469 Weinheim und beim Regierungspräsidium Karlsruhe, Durlacher Allee 31-33, 76131 Karlsruhe, zur kostenlosen Einsicht durch jedermann ausgelegt.

(2) Die Verordnung nebst Stadtplanauszug wird nach Ablauf der Auslegungsfrist bei den in Absatz 1 genannten Stellen zur kostenlosen Einsicht durch jedermann während der Sprechzeiten ausgelegt.

§ 5

(1) Wer dem Verbot des § 1 zuwider handelt, handelt nach § 120 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ordnungswidrig.

(2) Wer dem Verbot des § 1 beharrlich zuwider handelt, wird nach § 184d des Strafgesetzbuches mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis 180 Tagessätzen bestraft.

§ 6

Diese Verordnung tritt am Tage nach Ablauf der Auslegungsfrist (§ 4 Abs. 1) in Kraft.

Der Stadtplanauszug wurde zusammen mit dem Verordnungstext in der Zeit vom 26.03. bis 20.04.2007 gem. § 4 der Verordnung öffentlich ausgelegt.

Am 22.08.2007 beantragten die Antragsteller über die Fa. xxxxxx Grundstücksgesellschaft mbH die Erteilung einer Baugenehmigung für die geplante bordellartige Einrichtung. Dieser Antrag wurde von der Stadt Weinheim mit Bescheid vom 08.05.2008 unter Hinweis auf die Sperrbezirksverordnung abgelehnt. Über den hiergegen erhobenen Widerspruch ist noch nicht entschieden.

Am 20.09.2007 haben die Antragsteller einen Normenkontrollantrag gestellt, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen vortragen:

Sie seien durch die Sperrgebietsverordnung in ihrem Recht auf Nutzung des Grundstücks als Bordell beschränkt. Die daraus folgende Antragsbefugnis entfalle nicht wegen des Bauvorbescheids, da dieser lediglich bauplanungsrechtliche Gesichtspunkte abhandele.

Die Sperrgebietsverordnung sei aus formellen Gründen nichtig.

Sie sei fehlerhaft verkündet worden, denn die rote Markierung der Toleranzzonen in dem von der Verordnung in Bezug genommenen Stadtplan sei drucktechnisch nicht reproduzierbar; sie sei von Hand aufgebracht worden, so dass bei Mehrfertigungen die Gefahr von Abweichungen bestehe.

Die Ermächtigungsgrundlage des Art. 297 Abs. 1 EGStGB sei verfassungswidrig. Sie stehe nicht im Einklang mit dem Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten und verstoße deswegen gegen das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung. Denn mit diesem Gesetz habe der Gesetzgeber den Unsittlichkeitsvorwurf gegenüber der Prostitution für die gesamte Rechtsordnung, d.h. auch im öffentlichen Recht, beseitigt. Darüber hinaus verstoße Art. 297 EGStGB gegen das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 103 Abs. 2 GG), an dem sich diese Vorschrift wegen der Strafbestimmung des § 184d StGB (nunmehr § 184e StGB i.d.F. von Art. 1 Nr. 13 des Gesetzes vom 31.10.2008, BGBl. I S. 2149) messen lassen müsse. Der Begriff des "öffentlichen Anstands" sei als wertungsbedürftige Generalklausel nicht durch den Gesetzgeber hinreichend bestimmt.

Auch die Sperrgebietsverordnung verstoße gegen das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot, da die Toleranzzonen durch die Benennung der Flurstücke ohne Bezugnahme auf eine Flurkarte im üblichen Maßstab nicht eindeutig ausgewiesen seien. Eine Orientierung an den in der Verordnung genannten Straßenzügen sei ebenfalls nicht verlässlich möglich.

Das Regierungspräsidium sei nicht befugt gewesen, über den Antrag des Amtes für Baurecht und Denkmalschutz der Stadt Weinheim zu entscheiden, da dieses weder funktionell noch sachlich zuständig für eine Antragstellung auf Erlass einer Sperrgebietsverordnung gewesen sei. Hierzu sei ausschließlich der Gemeinderat zuständig.

Das Regierungspräsidium habe zudem das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG nicht beachtet, da es in der Rechtsverordnung als Rechtsgrundlage Art. 297 EGStGB zitiere, ohne den genauen Absatz mit der entsprechenden Alternative zu benennen.

Die Rechtsverordnung sei auch materiell rechtswidrig: Sie halte sich nicht im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage des Art. 297 EGStGB.

Das Regierungspräsidium habe keine eigenen Ermittlungen und Einschätzungen zu den Auswirkungen der Prostitution angestellt, sondern habe den von der Stadt Weinheim vorgelegten Verordnungsentwurf ohne eigene Abwägung zum Schutzcharakter der Sperrgebietsverordnung wortgleich übernommen. Es sei hier verkannt worden, dass eine Sperrgebietsverordnung über den normierten Schutzzweck hinaus nicht als Instrument zur Durchsetzung anderer gemeindlicher Interessen benutzt werden dürfe. Das Interesse der Stadt, die Anfragen nach Unternehmen des Prostitutionsgewerbes in Toleranzzonen zu lenken, sei unbeachtlich. Des Weiteren habe die Stadt lediglich dargelegt, dass in den Toleranzzonen keine Gefahr für die Jugend und den öffentlichen Anstand bestehe. Die konkrete Gefährdung der Schutzgüter des Art. 297 EGStGB innerhalb der Sperrgebiete werde demgegenüber nicht dargetan. Denn nach der Begründung gefährdeten die bestehenden Prostitutionsbetriebe mangels Außenwirkung trotz ihrer Lage in unmittelbarer Nähe von Spielplätzen, Sporteinrichtungen sowie von Kindern und Jugendlichen besuchten Orten nicht die Jugend oder den öffentlichen Anstand. Es sei nicht zu erwarten, dass es sich bei der Nutzung der Hildebrand'schen Mühle anders verhalten werde. Es gebe auch keine konkreten Gründe dafür, dass durch eine weitere Ansiedlung von Prostitutionsbetrieben der Jugendschutz oder der öffentliche Anstand in Gefahr gerieten. Der öffentliche Anstand könne sich nur auf sozialrelevantes Verhalten beziehen und betreffe somit nur öffentlichkeitswirksame Verhaltensweisen. Maßgeblich sei nicht die Bewertung entgeltlicher sexueller Handlungen als solcher, sondern deren Öffentlichkeitsbezug. Im Übrigen sei auf die gefahrabwehrrechtlichen Handlungsmöglichkeiten zu verweisen. Schließlich könne auch das Bauplanungsrecht eingesetzt werden, um im konkreten räumlichen Bezug Nutzungskonflikte zu vermeiden. Demgegenüber sei Art. 297 EGStGB kein Mittel zur Sicherung der Bauleitplanung. Die Sperrgebietsverordnung sei auch ungeeignet zum Schutz der Jugend. Die Prostitution stelle nach neueren Erkenntnissen keine Gefahr für die Jugend dar. Das Sexualverhalten Jugendlicher habe sich grundlegend geändert. Sexuelle Reizüberflutung finde bereits durch die Medien statt und werde für zulässig erachtet. Sperrgebietsverordnungen seien zum Schutz der Jugend nicht erforderlich, da insoweit andere rechtliche Schutzmöglichkeiten bestünden. Schließlich könne es aufgrund der Gestaltung des Vorhabens der Antragsteller ebenso wenig wie bei den bestehenden Einrichtungen zu einer Gefährdung kommen.

Die Betrachtung der örtlichen Verhältnisse mache deutlich, dass der Verordnungsgeber überhaupt keine Erwägungen zu den Auswirkungen der vorhandenen Prostitutionsbetriebe auf die Schutzgüter des Art. 297 Abs. 1 EGStGB angestellt habe. Die meisten der Bordellbetriebe lägen in Wohn- und Mischgebieten und fügten sich in ihrer Außenwirkung unauffällig in ihre Umgebung ein; es sei zu keinen Beeinträchtigungen der Öffentlichkeit und der in der Nachbarschaft wohnenden Familien gekommen. Demgegenüber sei davon auszugehen, dass es im Falle der Ansiedlung von Prostitutionsbetrieben innerhalb der ausgewiesenen Toleranzzonen erstmalig zu Beeinträchtigungen des Jugendschutzes und des öffentlichen Anstands in nicht entsprechend vorbelasteten Gemeindeteilen kommen könne. So müsse das als Toleranzzone ausgewiesene Gewerbegebiet "Speck", das ohne trennende topographische oder bauliche Gegebenheiten an ein reines Wohngebiet grenze, zwangsläufig von Passanten genutzt werden, um zu Sport-, Freizeit- und Vergnügungseinrichtungen zu gelangen. Der Ausschluss des Gewerbegebiets "Lützelsachsen Gewerbestraße" als Toleranzzone werde mit dem Erreichen der Grenzen der Gebietsverträglichkeit begründet; eine solche Motivation sei von der Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt. Die Bereiche "Carl-Benz-Straße/Naturin" und "Bergstraße/Dreiglocken" seien unter Hinweis auf eine hohe Anzahl von Wohnraum und Einrichtungen, die von Kindern und Jugendlichen besucht würden, zum Sperrgebiet erklärt worden. Zwei dort bereits bestehende Prostitutionsbetriebe könnten indessen bestehen bleiben. Die Stadt habe mit dem Antrag auf Erlass der Sperrgebietsverordnung nicht die Eindämmung der Bordellprostitution im Stadtgebiet verfolgt, sondern das Vorhaben der Antragsteller aus nicht von Art. 297 EGStGB erfassten Gründen verhindern wollen. Bei Beachtung der von der Stadt angelegten Kriterien für die Auswahl von Toleranzzonen habe der Verordnungsgeber bei Ausübung des ihm übertragenen Ermessens das Mühlenareal wegen seiner besonderen und im Verhältnis zu den übrigen Bereichen wesentlich besseren Geeignetheit aus dem Sperrgebiet ausnehmen müssen. Die Stadt verlege sich auf eine rechtlich unbeachtliche vage Möglichkeit der Jugendgefährdung aufgrund des angrenzenden allgemeinen Wohngebiets, der benachbarten Peterskirche und des Alten Friedhofs sowie eines am Objekt vorbeiführenden Schulwegs für Schüler aus den benachbarten hessischen Gemeinden. Eine Gefährdung der Jugend sei aber aufgrund der örtlichen Verhältnisse und der geplanten baulichen Maßnahmen, die auf die Vermeidung jeglicher Außenwirkungen gerichtete seien, ausgeschlossen.

Die Verordnung sei auch deswegen nichtig, weil sie den in der Ermächtigungsgrundlage enthaltenen Anforderungen an die räumliche Ausdehnung des Sperrgebiets nicht genüge und damit gegen das Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB verstoße. Das Regierungspräsidium habe keine eigenen Ermittlungen hinsichtlich der zur Ansiedlung von Bordellen geeigneten Toleranzzonen angestellt, die prinzipielle Gebietsverträglichkeit nicht überprüft und von den Begleiterscheinungen der Prostitution bisher nicht in Mitleidenschaft gezogene Gemeindeteile erstmals belastet. Durch die Gewährung von Bestandsschutz für die eingerichteten und ausgeübten Bordellbetriebe führe die Sperrgebietsverordnung zur überwiegenden Zulassung der Prostitution im ausgewiesenen Sperrbezirk und zu einem faktischen Verbot der Prostitution in den vorgesehenen Toleranzzonen. Diese seien aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht einmal zur Aufnahme der vorhandenen Bordellprostitution in der Lage. Bei der Toleranzzone "Viernheimer Straße" handele es sich um ein verdecktes Sperrgebiet. Denn das Gebiet werde - mit Ausnahme von landwirtschaftlich genutzten Grundstücken im Nordwesten ohne straßenmäßige Anbindung und Erschließung an Versorgungseinrichtungen - durch ein großes Industrieunternehmen genutzt. Für die Ansiedlung von Prostitutionsbetrieben gebe es damit keine Flächen. Das Gewerbegebiet "Weinheimer Kleeblatt" werde von dort ansässigen Gewerbebetrieben genutzt; dort stünden Bordellbetrieben kaum freie Flächen zur Verfügung, so dass Teile dieser Toleranzzone so zu behandeln seien, als wenn sie aus baurechtlichen Gründen nicht für die Prostitution nutzbar wären. Dies berge insgesamt die Gefahr eines Ausweichens der Prostitution in die Illegalität. Schließlich würden sie durch die Verordnung in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG verletzt.

Die Antragsteller beantragen,

die Verordnung des Regierungspräsidiums Karlsruhe über das Verbot der Prostitution auf dem Gebiet der Stadt Weinheim vom 5. März 2007 (GBl. S. 202) für unwirksam zu erklären, soweit sie sich auf das Gründstück Mühlweg 12, 69469 Weinheim, Flst.-Nr. 859 bezieht.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er trägt vor:

Die Antragsbefugnis der Antragsteller sei zweifelhaft, da ihnen ein Bauvorbescheid über die bordellartige Nutzung ihres Anwesens erteilt worden sei. Darin sei die Zulässigkeit des Bauvorhabens auch unter dem Gesichtspunkt der öffentlich-rechtlichen Gefahrenabwehr geprüft worden. Die Antragsteller könnten sich deshalb auf den Bestandsschutz nach § 3 der Verordnung berufen.

Die Verordnung sei ordnungsgemäß verkündet worden, da die im Stadtplan enthaltenen Toleranzzonen mittels eines Computerprogramms bereits auf dem Ausdruck rot unterlegt seien. Für den Normadressaten sei unmissverständlich erkennbar, wo sich die Toleranzzonen befänden.

Die der Sperrgebietsverordnung zugrunde liegende Ermächtigungsgrundlage des Art. 297 EGStGB sei verfassungsgemäß. Auch wenn aufgrund des Prostitutionsgesetzes und geänderter Moralvorstellungen in der Bevölkerung die Prostitution an sich nicht mehr als sittenwidrig anzusehen sein sollte, ändere dies nichts daran, dass sie in bestimmten Gebieten bzw. unter bestimmten Umständen im Hinblick auf den öffentlichen Anstand und insbesondere den Jugendschutz weiterhin eine Störung der öffentlichen Sicherheit darstellen und deswegen aus Gründen der Gefahrenabwehr kanalisiert werden könne. Auch im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG sei Art. 297 EGStGB nicht verfassungswidrig. Art. 297 EGStGB sei keine Strafvorschrift; deshalb sei die Verwendung ausfüllungsbedürftiger unbestimmter Rechtsbegriffe nicht zu beanstanden. Die Strafbarkeit sei allein an § 184d StGB (nunmehr: § 184e StGB) und der Rechtsverordnung zu messen; diese seien hinreichend bestimmt.

Es sei nicht erforderlich, auf dem Stadtplan, der auch die Bebauung erkennen lasse, einzelne Flurstücke einzutragen; die Toleranzzonen seien trennscharf rot eingefärbt.

Eine förmliche Antragstellung auf Erlass einer Sperrgebietsverordnung sei nicht notwendig, so dass unerheblich sei, ob sich der Gemeinderat mit der Thematik befasst habe oder nicht.

Art. 297 Abs. 1 Nr. 1 - 3 EGStGB enthalte eine einheitliche Ermächtigung zum Erlass eines Prostitutionsverbots, so dass das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG nicht verletzt sei, wenn die einschlägige Alternative nicht genannt werde.

Die Sperrgebietsverordnung sei auch durch die Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Es sei grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der Erlass der Sperrgebietsverordnung auf eine Anregung der betroffenen Kommune zurückgehe, mit der die örtlichen Verhältnisse in Bezug auf mögliche Gefährdungen des Jugendschutzes oder des öffentlichen Anstands nachvollziehbar dargestellt würden, und der Verordnungsgeber diese Darlegungen als eigene Erwägungen übernehme. Entgegen der Behauptung der Antragsteller habe der Verordnungsgeber die von der Stadt dargelegten Gründe nicht ungeprüft übernommen. Vielmehr sei die Verordnung aufgrund veränderter Verhältnisse ergangen, nachdem sich die Erwartung einer "Marktsättigung" nicht erfüllt habe. Es habe die Gefahr bestanden, dass die Stadt sich zu einem überregionalen Anziehungspunkt für Prostituierte und ihre Kunden vergleichbar mit einem großstädtischen "Vergnügungszentrum" entwickeln und dabei auch ein Publikum angezogen werde, das auf Diskretion keinen Wert lege. Die Sperrgebietsverordnung verfolge nicht den Zweck, die bestehenden Prostitutionsbetriebe, von denen auch nach Einschätzung des Verordnungsgebers eine hinreichende Gefährdung der Schutzgüter des Art. 297 EGStGB nicht zu erwarten sei, zur Aufgabe ihres Betriebs bzw. zur Abwanderung in die Toleranzzonen zu zwingen. Vielmehr solle einer Gefährdung der Schutzgüter des Art. 297 EGStGB durch die konkret zu erwartende Ansiedlung weiterer Prostitutionsbetriebe und die damit einhergehende Überfrachtung und Veränderung des Gepräges der Stadt verhindert werden. Die sexuelle und sittliche Entwicklung von Jugendlichen könne durchaus gefährdet sein, wenn Sexualität vorrangig als entgeltliche Dienstleistung und somit als vermarktbare "Ware" erlebt werde. Bei der Ausweisung der Sperrgebiete bzw. Toleranzzonen habe sich der Verordnungsgeber die Einschätzungen der Stadt zu Eigen gemacht. Die Ausweisung der Toleranzzonen erfolge nur dort, wo nicht wegen der kleinstädtischen Struktur der Stadt eine Gefährdung der Schutzgüter des Art. 297 EGStGB durch Überfrachtung mit Prostitutionsbetrieben, die in die Öffentlichkeit ausstrahlen, angenommen werden könne. Hier seien nur Gewerbegebiete in Betracht gekommen. Die Ausweisung des Gebiets der Hildebrand`schen Mühle als Sperrgebiet sei nicht abwägungsfehlerhaft, da den Antragstellern bereits ein Bauvorbescheid über die Zulässigkeit der Nutzung des Grundstücks für einen bordellartigen Betrieb erteilt worden sei. Dieser genieße Bestandsschutz nach § 3 der Verordnung. In Anbetracht der räumlichen Lage des Areals (angrenzendes Wohngebiet, Schulweg von Kindern und Jugendlichen) erscheine es jedoch nicht generell als Toleranzzone geeignet. Nicht zutreffend sei daher, dass es dem Verordnungsgeber darum gegangen sei, das Vorhaben der Antragsteller in der vom Bauvorbescheid gedeckten Form zu verhindern.

Die Sperrgebietsverordnung verstoße nicht gegen das Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB. Angesichts der Größe der ausgewiesenen Toleranzzonen, die sich an der Größe der Stadt ausrichte, könne von einer Beschränkung der Prostitutionsausübung auf bestimmte Straßen oder Häuserblocks nicht die Rede sein. Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass aus tatsächlichen Gründen mit einer Konzentration der Prostitution auf nur wenige Straßenzüge oder Häuser zu rechnen sei. Da die Sperrgebietsverordnung gerade nicht verlange, dass bereits genehmigte Betriebe in die Toleranzzone auswichen, müsse diese lediglich - auch unter Berücksichtigung der bestehenden Bebauung - geeignet sein, neu hinzukommende Prostitutionsbetriebe aufzunehmen. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass bislang nicht betroffene Gebiete in Mitleidenschaft gezogen würden. Beim Gewerbegebiet "Speck" sei eine Beeinträchtigung der Nutzer der Sportplätze oder der Bewohner des benachbarten Wohngebiets wegen der Insellage und der das gesamte Gebiet optisch deutlich umschließenden Berliner Straße nicht zu befürchten. Auf die Eigentumsverhältnisse in einer Toleranzzone, z.B. die Eigentumsverhältnisse der Firma xxxxxxxxxxx im Bereich Höhnerweg, habe der Verordnungsgeber nur in gewissen Grenzen Rücksicht zu nehmen. Schließlich verstoße Art. 297 EGStGB nicht gegen Art. 12 GG bzw. Art. 2 Abs. 1 GG und sei eine verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, die zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstands als legitimer Gemeinwohlzweck erforderlich sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen. Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Regierungspräsidiums Karlsruhe vor. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Antragsteller haben den ursprünglich weiter gefassten Antrag in der mündlichen Verhandlung auf den sie räumlich beschwerenden Teil der Verordnung beschränkt. Darin liegt keine teilweise Antragsrücknahme, sondern eine bloße Präzisierung des Rechtsschutzbegehrens, das sich bei sachdienlichem Verständnis aus ihrem Vorbringen ergibt und nicht zuletzt unter dem Aspekt des Rechtsschutzbedürfnisses naheliegt (siehe hierzu bei abtrennbaren Regelungen BVerwG, Urteil vom 18.07.1989 - 4 N 3.87 -, BVerwGE 82, 225 <332>; vom 09.04.2008 - 4 CN 1.07 -, NVwZ 2008, 899 <900>; HessVGH, Beschluss vom 03.07.1995 - 11 N 1432/94 -, NVwZ-RR 1996, 84 <86>; OVG RP, Urteil vom 10.10.2005 - 12 C 11236/05 -, GewArch 2006, 262 <263>). Auch wenn den Antragstellern der Sache nach damit gedient wäre, dass ihr Grundstück zur Toleranzzone erklärt wird, kommt hier eine "Normergänzungsklage" in analoger Anwendung des § 47 VwGO, gerichtet auf Verurteilung des Normgebers auf Ergänzung einer rechtswidrig unvollständigen Norm (vgl. etwa BayVGH, Urteil vom 23.01.2002 - 21 N 97.1835 -, BayVBl 2003, 433), nicht in Betracht. Ungeachtet grundsätzlicher Bedenken (siehe etwa Grünebaum, BayVBl 2005, 11) scheitert dies hier jedenfalls daran, dass hier nicht eine begünstigende Norm in Rede steht, bei der ein wesentlicher Punkt eines regelungsbedürftigen Lebensbereichs ungeregelt geblieben ist. Vielmehr wird bereits mit der durch den Normenkontrollantrag begehrten (Teil-)Unwirksamerklärung der Norm die Belastung für die Antragsteller beseitigt.

2. Der demnach beschränkte Normenkontrollantrag ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch sonst zulässig.

a) Die Antragsteller sind insbesondere gem. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Denn sie können geltend machen, durch die Sperrgebietsverordnung insoweit in ihren Rechten verletzt zu sein, als diese auch das Gebiet als Sperrbezirk ausweist, in dem das im Eigentum der Antragsteller stehende Grundstück liegt. Hierdurch werden sie rechtlich gehindert, dieses Grundstück bzw. Räumlichkeiten, die sie auf diesem Grundstück schaffen, an Personen zu vermieten, die der Prostitution nachgehen (vgl. Beschluss des erk. Senats vom 03.11.1988 - 1 S 274/87 -, NVwZ-RR 1989, 443 <444>).

b) Entgegen der vom Antragsgegner - und anfangs der Sache nach auch von der Stadt Weinheim - vertretenen Auffassung entfällt die Antragsbefugnis nicht wegen des Bauvorbescheids, der den Antragstellern am 11.04.2005 erteilt worden ist. Das folgt derzeit schon daraus, dass der Bauvorbescheid aufgrund des noch nicht abgeschlossenen Nachbarrechtsstreits nicht bestandskräftig ist. Nichts anderes ergäbe sich allerdings auch dann, wenn der Bauvorbescheid infolge einer Ablehnung des Zulassungsantrags bereits in Bestandskraft erwachsen wäre. Denn es kann hier nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit festgestellt werden, dass sich die Antragsteller in dieser Situation auf die Bestimmung des § 3 der Verordnung berufen können. Danach bleiben aus Bestandsschutzgründen ausgenommen vom Verbot des § 1 die bei Inkrafttreten dieser Verordnung baurechtlich genehmigte(n) Wohnungsprostitution, bordellartigen Betriebe und Bordelle. Der ausdrückliche Verweis darauf, dass die baurechtlich genehmigten Prostitutionsbetriebe "aus Bestandsschutzgründen" von der Verordnung unberührt bleiben, könnte auf die Grundsätze des von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG vermittelten Bestandsschutzes Bezug nehmen. Dieser setzt aber immer voraus, dass eine Genehmigung schon "ins Werk gesetzt" worden ist. Der bloße Bestand einer Genehmigung, der noch nicht mit einem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verbunden ist, reicht nicht aus (siehe hierzu etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.10.2002 - 4 S 220/02 -, DÖV 2003, 338 <juris Rz. 22 ff.>; Papier in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rn. 100). Sollten demgegenüber die Worte "aus Bestandsschutzgründen" eine lediglich deklaratorische Bedeutung haben, kommt es auf die Auslegung der Formulierung "baurechtlich genehmigt" an. Über eine Baugenehmigung nach § 58 LBO als die die Bauausführung gestattende bauaufsichtliche Genehmigung verfügen die Antragsteller nicht. Sie könnte ihnen allein aufgrund eines (bestandskräftigen) Bauvorbescheids auch nicht erteilt werden. Denn der Regelungsgehalt dieses vorweggenommenen Teils der Baugenehmigung bezieht sich lediglich auf die bauplanungsrechtliche Situation, nicht aber auf andere entgegenstehende öffentlich-rechtliche Vorschriften, die der Gefahrenabwehr dienen. Eine baurechtliche Genehmigung im Sinne von § 3 der Verordnung könnte allerdings, in gleicher Weise wie in § 14 Abs. 3 BauGB, auch der Bauvorbescheid sein (siehe hierzu etwa Lemmel in: Berliner Kommentar zum BauGB, Lfg. Juli 2005, § 14 Rn. 23 f.). Diese schwierigen Auslegungsfragen können im Rahmen des Normenkontrollverfahrens indessen nicht abschließend geklärt werden. Vor diesem Hintergrund kann den Antragstellern die Antragsbefugnis - ungeachtet einer "authentischen Interpretation" des Verordnungsgebers - nicht abgesprochen werden.

II. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die grundsätzlichen Einwendungen der Antragsteller sowohl gegen die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage als auch die Verordnung als solche gehen zwar fehl; die räumliche Abgrenzung des Sperrgebiets genügt den rechtlichen Vorgaben jedoch nicht.

1. Nach Art. 297 EGStGB kann durch Rechtsverordnung zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstandes die Ausübung der Prostitution für das Gebiet von Gemeinden, gestaffelt nach Einwohnerzahl, ganz oder für Teile des Gebiets verboten werden. Diese Bestimmung ist entgegen der Ansicht der Antragsteller (unter Bezugnahme insbes. auf Gurlit/Oster; GewArch 2006, 361; Gurlit, VerwArch 97 <2006>, 409 <415 f.>; so auch von Galen, Rechtsfragen der Prostitution, 2004, Rn. 382 ff.) weiterhin eine taugliche Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Sperrgebietsverordnung. Es bestehen keine durchgreifenden Zweifel daran, dass diese Vorschrift ungeachtet des gesellschaftlichen Wandels in der Bewertung der Prostitution und des am 01.01.2002 in Kraft getretenen Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten (Prostitutionsgesetz - ProstG) vom 20.12.2001 (BGBl. I S. 3983) mit verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar ist (so schon knapp BVerwG, Urteil vom 20.11.2003 - 4 C 6.02 -, NVwZ 2004, 743; siehe - aus der Rspr. des erk. Gerichtshofs - im Anschluss daran Senatsbeschluss vom 22.02.2008 - 1 S 2813/07 - und Beschluss vom 19.12.2006 - 3 S 632/06 -; bereits zuvor Beschluss vom 02.05.2002 - 14 S 845/02 -).

a) Im Zuge der Verabschiedung des Prostitutionsgesetzes hat sich der Gesetzgeber bewusst für die Beibehaltung des Art. 297 EGStGB entschieden. Dem Vorschlag, diese Vorschrift ersatzlos zu streichen (BT-Drs. 14/4456 S. 3), wurde nicht gefolgt. Es wurde lediglich - gemeinsam mit der Beschlussfassung über den ursprünglichen, später im Vermittlungsausschuss modifizierten Gesetzentwurf (BT-Drs. 14/5958) - eine Entschließung verabschiedet, wonach über die Auswirkungen der neuen Rechtslage nach Ablauf von drei Jahren zu berichten sei und die bußgeldrechtlichen Vorschriften der §§ 119, 120 OWiG einer Überprüfung unterzogen werden sollten (vgl. Beschlussfassung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, BT-Drs. 14/7174; BT-Plenarprot. 14. Wahlperiode, 196. Sitzung, 19.10.2001, Seite 19202). Auch im Anschluss an den vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend herausgegebenen Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes vom Januar 2007 (auch als BT-Drs. 16/4146) hat der Gesetzgeber insoweit keinen Handlungsbedarf gesehen. Der Bericht (S. 74) empfiehlt ungeachtet abweichender Vorschläge, die ordnungsrechtlichen Regelungsinstrumente weiter beizubehalten.

b) Diese gesetzgeberische Entscheidung, den Rechtsrahmen für die Ausübung der Prostitution nicht allein dem Gewerberecht und dem Baurecht zu überlassen (für letzteres aber etwa Gurlit, GewArch 2008, 426; Renzikowski, Reglementierung von Prostitution: Ziele und Probleme - eine kritische Betrachtung des Prostitutionsgesetzes -, Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2007, Rz. 143; ders., GewArch 2008, 432; ablehnend dazu Bund-Länder-Ausschuss "Gewerberecht" in der 101. Sitzung, siehe Schönleiter/Stenger, GewArch 2007, 320 <321 f.>), ist von Verfassung wegen nicht zu beanstanden. Inwieweit das Gebot der Einheit der Rechtsordnung den Gesetzgeber bindet, bedarf hier keiner Prüfung. Denn es kann jedenfalls nicht festgestellt werden, dass mit der Verabschiedung des Prostitutionsgesetzes das Regelungsziel des Art. 297 EGStGB hinfällig geworden ist.

Das Prostitutionsgesetz hat im Interesse der Verbesserung der Rechtsstellung der Prostituierten die zivilrechtliche Bewertung der eigenverantwortlich ausgeübten Prostitution als solcher - sofern nicht besondere Umstände hinzutreten - aus dem Regelungsbereich des § 138 BGB herausgenommen und sie damit dem generellen Sittenwidrigkeitsurteil entzogen. Dies folgt jedenfalls aus dem im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers und ist mittlerweile auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt (Urteil vom 13.07.2006 - I ZR 241/03 -, JZ 2007, 477 <478>; vom 08.11.2007 - III ZR 102/07 -, NJW 2008, 140; siehe auch Armbrüster in: Münchner Kommentar zum BGB, Band I, 1. Halbbd., 5. Aufl. 2006, § 1 ProstG Rn. 19 m.w.N., auch zur Gegenansicht; krit. zuletzt Majer, NJW 2008, 1926 <1927>). Diese Entscheidung hat nach dem Regelungswillen des Gesetzgebers auch über das unmittelbare Anwendungsgebiet des Prostitutionsgesetzes hinaus Auswirkungen (vgl. BT-Drs. 14/5958 S. 6; Bericht der BReg, a.a.O., S. 13; Gurlit, VerwArch 97 <2006>, 409 <413 f.>). Die Prostitution kann demnach auch im öffentlichen Recht nicht mehr automatisch als gemeinschaftsschädlich bzw. unsittlich bewertet werden (siehe zum Gaststättenrecht, BVerwG, Urteil vom 06.11.2002 - 6 C 16.02 -, GewArch 2003, 122 <123>). Daraus folgt indessen nicht, dass die Prostitution - auch wenn sie und ihre Begleittätigkeiten von grundrechtlichen Schutzbereichen erfasst sind - als Tätigkeit wie jede andere zu behandeln wäre. Vielmehr kann sie weiterhin insbesondere aufgrund ihrer Begleitumstände einen besonderen Regelungsbedarf hervorrufen.

(1) Das gilt ohne Weiteres in Bezug auf den in Art. 297 EGStGB genannten Schutz der Jugend. Ungeachtet des von den Antragstellern angeführten Wandels der Sexualerziehung und des Sexualverhaltens Jugendlicher ist es dem Gesetzgeber angesichts der ihm zustehenden Einschätzungsprärogative beim Jugendschutz (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 27.11.1990 - 1 BvR 402/87 -, BVerfGE 83, 130 <141>) in gleicher Weise wie im Strafrecht (siehe § 184f StGB i.d.F. des Gesetzes vom 31.10.2008, BGBl. I S. 2149) unbenommen, im Interesse einer ungestörten insbesondere psychosexuellen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen die Kommerzialisierung sexueller Handlungen von ihnen fernzuhalten (vgl. auch Finger, KJ 2007, 73 <79 f.>).

(2) Daneben ist auch der Schutz des öffentlichen Anstandes immer noch ein legitimes Regelungsziel. Damit wird nicht etwa die Wahrung der allgemeinen Sittlichkeit bezweckt, so dass dieses Schutzgut infolge des Prostitutionsgesetzes ins Leere ginge. Vielmehr hat der Gesetzgeber bereits im Rahmen des 4. Strafrechtsänderungsgesetzes klargestellt, dass mit der Reglementierung der Prostitution schutzwürdige Rechtsgüter des Einzelnen und der Allgemeinheit verteidigt werden sollen. Als eine Norm der Gefahrenabwehr dient Art. 297 EGStGB dem Ziel, das Zusammenleben der Menschen zu ordnen, soweit ihr Verhalten sozialrelevant ist, nach außen in Erscheinung tritt und das Allgemeinwohl beeinträchtigen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.09.1975 - 1 C 27.74 -, BVerwGE 49, 160 <163>; Beschluss des erk. Senats vom 30.11.1976 - I 1853/76 -, BWVPr 1977, 40 <41>). Handlungen und Zustände, die eine enge Beziehung zum Geschlechtsleben haben, können Belange des Allgemeinwohls insbesondere dann beeinträchtigen, wenn durch einen Öffentlichkeitsbezug andere Personen, die hiervon unbehelligt bleiben wollen, erheblich belästigt werden; dies gilt insbesondere für die Begleitumstände der Prostitution, die Dritte in schutzwürdigen Interessen berühren. Eine solche Auslegung des Schutzguts des öffentlichen Anstandes kann die Wertungen des Prostitutionsgesetzes aufnehmen und damit die Einheit der Rechtsordnung wahren (vgl. auch Zimmermann, Die öffentlich-rechtliche Behandlung der Prostitution, 2002, S. 230 f.; krit. Finger, KJ 2007, 73 <80>). Dabei kann das Prostitutionsgesetz - wie bereits bei § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG (siehe BGH, Urteil vom 13.07.2006 - I ZR 241/03 -, JZ 2007, 477) - auch hier zu einem restriktiveren Verständnis dieses Begriffs führen.

c) Entgegen der Auffassung der Antragsteller verstößt Art. 297 EGStGB nicht gegen das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 103 Abs. 2 GG), an dem sich die Vorschrift aufgrund der Bezugnahme in § 184e StGB (i.d.F. des Gesetzes vom 31.10.2008, BGBl. I S. 2149) messen lassen muss. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssen die Voraussetzungen der Strafbarkeit und die Art der Strafe für den Bürger schon aufgrund des Gesetzes, nicht erst aufgrund der hierauf gestützten Verordnung voraussehbar sein (vgl. BVerfG, Beschuss vom 06.05.1987 - 2 BvL 11/85 -, BVerfGE 75, 329 <342 f.>; vom 22.06.1988 - 2 BvR 234/87 u.a. -, BVerfGE 78, 374 <382>). Wird der Straftatbestand eines Blankettgesetzes durch ein anderes förmliches Gesetz ergänzt, kann bei der Normierung des Blankettgesetzes auf die ausfüllende Norm verwiesen werden. Erfolgt die Ergänzung eines Blankettstrafgesetzes jedoch durch eine Rechtsverordnung, so genügt eine derartige Verweisung nicht, vielmehr müssen zugleich die Voraussetzungen der Strafbarkeit sowie Art und Maß der Strafe entweder im Blankettgesetz selbst oder in einer anderen gesetzlichen Vorschrift, auf die das Blankettstrafgesetz Bezug nimmt, hinreichend deutlich umschrieben werden. Dem Verordnungsgeber dürfen lediglich gewisse Spezifizierungen des Straftatbestandes überlassen werden. Das Gebot der Bestimmtheit des Gesetzes darf allerdings nicht übersteigert werden, damit die Gesetze der Vielgestaltigkeit des Lebens, dem Wandel der Verhältnisse oder der Besonderheit des Einzelfalls gerecht werden können. Auch im Strafrecht sind deshalb Generalklauseln oder unbestimmte, wertausfüllungsbedürftige Begriffe nicht von vorneherein verfassungsrechtlich zu beanstanden. Gegen die Verwendung derartiger Klauseln oder Rechtsbegriffe bestehen jedenfalls dann keine Bedenken, wenn sich mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden, insbesondere durch Heranziehung anderer Vorschriften desselben Gesetzes, durch Berücksichtigung des Normzusammenhangs oder aufgrund einer gefestigten Rechtsprechung eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung der Norm gewinnen lässt, so dass der Einzelne die Möglichkeit hat, den durch die Strafnorm geschützten Wert sowie das Verbot bestimmter Verhaltensweisen zu erkennen und die staatliche Reaktion vorauszusehen (BVerfG, Beschluss vom 21.06.1977 - 2 BvR 308/77 -, BVerfGE 45, 363 <371 f.>). Diesen Anforderungen ist hier Genüge getan, denn Art. 297 EGStGB erlaubt es den Normadressaten, sich über die Voraussetzungen Gewissheit zu verschaffen, unter denen der Erlass einer Sperrgebietsverordnung überhaupt in Betracht kommt (siehe BVerfG, Kammerbeschluss vom 07.10.2008 - 2 BvR 1101/08 -, <juris Rz. 9>).

d) Als hinreichend bestimmte Norm, die auf vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls beruht, füllt Art. 297 EGStGB den Regelungsvorbehalt nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG aus. Die Vorschrift konkretisiert des Weiteren die Sozialbindung des Eigentums, die mit Art. 14 Abs. 1 GG in Einklang steht (vgl. nur Nds. OVG, Urteil vom 24.10.2002 - 11 KN 4073/01 -, NordÖR 2003, 26 <juris Rz. 37 m.w.N.>). 2. Die angefochtene Sperrgebietsverordnung ist formell ordnungsgemäß zustande gekommen.

a) Das Regierungspräsidium ist gemäß § 2 der Verordnung der Landesregierung über das Verbot der Prostitution vom 3. März 1976 (GBl. S. 290) für den Erlass einer Sperrgebietsverordnung zuständig.

b) Unbeachtlich ist, über welches Amt die Stadt Weinheim den Verordnungsgeber um den Erlass einer Sperrgebietsverordnung ersucht hat. Der Erlass einer Verordnung nach Art. 297 Abs. 1 EGStGB bedarf nämlich nicht des Antrags der betroffenen Gemeinde. Es kommt folglich nicht darauf an, welche Stelle dem Verordnungsgeber die für den Erlass der Verordnung relevanten Informationen übermittelt. Ein gemeindliches Einvernehmen ist für den Erlass einer Sperrbezirksverordnung ebenfalls nicht notwendig; daher kann dahinstehen, ob der Gemeinderat als das Hauptorgan der Gemeinde (§ 24 GemO) den Erlass der Sperrgebietsverordnung ausdrücklich befürwortet hat oder nicht.

c) Der Antragsgegner hat das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG beachtet. Danach ist in der Rechtsverordnung die Rechtsgrundlage anzugeben. Diesem Erfordernis ist hier Genüge getan, da in der Präambel der Sperrgebietsverordnung nicht lediglich das ermächtigende Gesetz als solches, sondern mit der Benennung von Art. 297 EGStGB die ermächtigende Einzelvorschrift des Gesetzes genannt wird (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 06.07.1999 - 2 BvR 3/90 -, BVerfGE 101, 1 <41>). Unschädlich ist, dass hier ein präzisierender Hinweis auf Absatz, Satz und Nummer fehlt (a.A. etwa Bauer in: Dreier <Hg.>, GG, Bd. 2, 2. Aufl. 2006, Art. 80 Rn. 44 m.w.N.). Denn der Wortlaut des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG fordert keine bestimmte Zitierdichte in dem Sinne, dass es jeweils der Angabe des kleinsten textlich noch abgrenzbaren Teils der Ermächtigungsnorm bedürfte. Im Interesse der Rechtsschutzfunktion des Zitiergebots ist nur zu fordern, dass die Ermächtigungsgrundlage so genau bezeichnet wird, dass keine Zweifel darüber bestehen, welche Vorschrift gemeint ist (vgl. Schwarz, DÖV 2002, 852 <853>). Das Zitiergebot soll nämlich dem Adressaten einer Verordnung die Kontrolle ermöglichen, ob die Verordnung mit dem ermächtigenden Gesetz übereinstimmt. Dem ist durch die Angabe in der Verordnung in ausreichendem Maß Genüge getan (so auch HessVGH, Beschluss vom 19.02.1990 - 11 N 2596/87 -, NVwZ-RR 1990, 472 <juris Rz. 67>; Urteil vom 31.10.2003 - 11 N 2952/00 -, ESVGH 54, 103 <105>, juris Rz. 1, 32). Auch wenn dem Adressaten die Einwohnerzahl der Stadt Weinheim nicht geläufig ist, so kann er, da es sich hier nur um ein Verbot in Teilen des Stadtgebiets handelt, gleichwohl eindeutig erkennen, dass der Verordnungsgeber sich auf Art. 297 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 EGStGB stützt.

d) Schließlich ist die Sperrbezirksverordnung ordnungsgemäß nach § 3 VerkG verkündet worden. Die Toleranzzonen sind auf dem Originalstadtplan, wie in § 2 Abs. 3 der Verordnung vorgesehen, rot markiert. Bei der den Antragstellern zugesandten Kopie handelt es sich um eine Schwarz-Weiß-Kopie. Darin sind offensichtlich zur schnelleren visuellen Erfassung die grau wiedergegebenen Toleranzzonen mit einem roten Stift umrandet worden. Dies ändert nichts an der Reproduzierbarkeit des mit der Verordnung verkündeten Stadtplans. Bei der Verkündung sind ausschließlich Abzüge des Stadtplans in Farbe benutzt worden.

3. Die Sperrgebietsverordnung ist dem Grunde nach nicht zu beanstanden; im angefochtenen Bereich ist sie indessen von der Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt.

a) Der Verordnung fehlt es nicht an der gebotenen Bestimmtheit hinsichtlich ihres Geltungsbereichs. Die Ausweisung der Toleranzzonen verstößt nicht gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 103 Abs. 2 GG. Denn ihre räumliche Ausdehnung lässt sich bereits anhand des Stadtplans in Verbindung mit der zusätzlichen Beschreibung in § 2 Abs. 2 der Verordnung klar ersehen. Der Bezeichnung der einzelnen Flurstücke auf der Karte bedarf es nicht.

b) Bei Erlass der Sperrgebietsverordnung hat der Verordnungsgeber zunächst zu prüfen, ob sie hinsichtlich der in Rede stehenden Gebiete dem Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstands dient. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die zu schützenden Rechtsgüter konkret gefährdet oder gestört sind. Es genügt vielmehr eine abstrakte Gefährdung; die Verordnung muss sich folglich gegen Gefahren richten, die aus Verhaltensweisen oder Zuständen nach den Erfahrungen des täglichen Lebens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit fortdauernd entstehen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.07.2002 - 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 <350 f.>; Urteil des erk. Senats vom 16.08.1978 - I 2536/77 -, ESVGH 28, 241 <248>). Die Verordnung ist rechtmäßig, wenn ein Bezug auf die gesetzliche Zweckbestimmung erkennbar vorliegt und die Norm geeignet erscheint, dem mit der Ermächtigung verfolgten Zweck zu dienen. Bei der Überprüfung, ob der Verordnungsgeber diese Voraussetzungen eingehalten hat, darf das Gericht nicht dessen Überlegungen durch seine eigenen ersetzen. Die gerichtliche Kontrolle ist vielmehr auf die Nachprüfung beschränkt, ob die Abwägungen und Wertungen des Verordnungsgebers sachlich vertretbar sind und mit verfassungsrechtlichen Vorgaben in Einklang stehen (vgl. zur zurückgenommenen Prüfungsdichte zuletzt HessVGH, Urteil vom 31.10.2003 - 11 N 2952/00 -, ESVGH 54, 103 <106>; Nds. OVG, Urteil vom 24.10.2002 - 11 KN 4073/01 -, NordÖR 2003, 26 <juris Rz. 43 f.>, jeweils m.w.N.). Hiernach hält die Sperrgebietsverordnung einer rechtlichen Überprüfung dem Grunde nach stand.

Das Regierungspräsidium hat mit der Sperrgebietsverordnung die Ausübung der Prostitution in Weinheim erstmals einer ordnungsrechtlichen Beschränkung unterworfen. Zuvor war die Prostitution nach Maßgabe der baurechtlichen Vorschriften überall im Stadtgebiet erlaubt. Wenngleich das Vorhaben der Antragsteller im weiteren Sinne Anlass für den Erlass der Verordnung war, kann nicht festgestellt werden, dass der Verordnungsgeber mit der Verordnung zu Unrecht bauplanerische Absichten verfolgt hat. Der erforderliche Bezug auf die gesetzliche Zweckbestimmung ist vielmehr gegeben. Das Regierungspräsidium hat sich maßgeblich von der Erwägung leiten lassen, dass sich die vorherige Prognose, das Interesse an der Errichtung von Prostitutionsbetrieben werde nach einer Marktsättigung nachlassen, nicht erfüllt habe. Vielmehr sei weiterhin ein anhaltend reges Interesse an der Errichtung weiterer Prostitutionsbetriebe zu verzeichnen gewesen. Es hat die Gefahr einer "Überfrachtung" der Stadt mit solchen Betrieben gesehen, die aufgrund ihrer Massierung insbesondere im Hinblick auf die Größe der Stadt durchaus in die Öffentlichkeit ausstrahlen würden. Nach Ansicht des Regierungspräsidiums hat sich die Entwicklung der Stadt zu einem überregionalen "Vergnügungszentrum" abgezeichnet, das ein Publikum anziehe, welches gerade keinen gesteigerten Wert auf besondere Diskretion lege. Da Weinheim eine vergleichsweise kleine Stadt sei, ist es davon ausgegangen, dass die Prostitution das Stadtgebiet prägen werde und folglich Unbeteiligte und insbesondere Kinder und Jugendliche auch ungewollt damit konfrontiert würden. Damit bezieht sich das Regierungspräsidium auf Erfahrungssätze, wonach insbesondere die Bordellprostitution mit negativen Begleiterscheinungen - auch einer "milieubedingten Unruhe" - verbunden ist. Hierzu zählen insbesondere das mehr oder minder aufdringliche Werben von Freiern und damit einhergehend anstößiges Verhalten gegenüber Passantinnen und Anwohnerinnen, die Kontaktaufnahme, die sich auch in dieser Situation oft vor den Gebäuden auf den Straßen abspielt, sowie das Anfahren und Abfahren der Freier (vgl. hierzu Urteil des erk. Senats vom 16.08.1978 - I 2536/77 -, ESVGH 28, 241 <246>; HessVGH, Urteil vom 19.02.1990 - 11 N 2596/87 -, NVwZ-RR 1990, 472 <juris Rz. 72>; zur "milieubedingten Unruhe" siehe Bericht der BReg, a.a.O., S. 70 f., sowie BVerwG, Urteil vom 25.11.1983 - 4 C 21.83 -, BVerwGE 68, 213 <216>; zu den Begleiterscheinungen eines hartnäckigen unerlaubten Straßenstrichs von drogenabhängigen Prostituierten, die ein Einschreiten gegen die Freier nach sich gezogen haben, vgl. Urteil des erk. Senats vom 11.10.2000 - 1 S 2964/99 -, ESVGH 51, 41).

Das Regierungspräsidium hat dabei nicht verkannt, dass sich die so umschriebene abstrakte Gefahr nicht auf jegliche Erscheinungsform der Prostitution bezieht, sondern nur auf eine solche, die keinen Wert auf Zurückhaltung legt. Dementsprechend hat es gerade nicht ganz allgemein die Existenz bzw. Neuansiedlung von Bordellen im Visier. Es bezweckt vielmehr, mit der Sperrgebietsverordnung einer starken Vermehrung solcher Einrichtungen und einer damit einhergehenden Entwicklung zu begegnen; denn dies würde seiner Einschätzung nach zu einer Prostitution führen, die nach außen in Erscheinung tritt und deswegen die befürchteten negativen Auswirkungen für die Schutzgüter des Art. 297 EGStGB nach sich zieht. Dass gerade diese prognostische Einschätzung dem Erlass der Sperrgebietsverordnung zugrunde lag, wird dadurch belegt, dass dem zuerst 2005 gestellten Antrag nicht entsprochen worden war. Die Tatsache, dass sich der Verordnungsgeber die Einschätzungen der Stadt zu Eigen gemacht hat, ist dabei unschädlich. Für eine solche Entwicklung in Weinheim gab es konkrete Anhaltspunkte, da bei der Stadt eine deutliche Zunahme der Anfragen nach der Genehmigung von Bordellen zu verzeichnen war. Dies haben die Vertreter des Regierungspräsidiums und der Stadt in der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigt. Dass es sich dabei neben konkreten Bauvoranfragen in erster Linie um zunächst telefonische Anfragen aus dem "Milieu" handelte, liegt in der Natur der Sache. Aus der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Übersicht über die Anzahl der Prostituierten in baden-württembergischen Städten geht hervor, dass in Weinheim eine deutliche Tendenz zu einer - bezogen auf die Einwohnerzahl - überdurchschnittlich hohen Anzahl von Prostituierten zu verzeichnen ist. Damit wird die Annahme des Regierungspräsidiums bestätigt, dass die Stadt Weinheim insofern auf einen weiten Einzugsbereich ausgerichtet ist. Das Regierungspräsidium hat sich bei seiner Entscheidung von der nachvollziehbaren Erwägung leiten lassen, dass es in kleineren Städten wegen der dort vorhandenen überschaubareren Sozialstrukturen eher als in einer Großstadt zu einer erhöhten sozialen Wahrnehmbarkeit der Prostitution und damit auch zu der befürchteten Entwicklung kommen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.11.2003 - 4 C 6.02 -, NVwZ 2004, 743; OVG RP, Urteil vom 10.10.2005 - 12 C 11236/05 -, GewArch 2006, 262 <263>). Demgegenüber ist die Erwähnung von Weinheim in der Presse im Zusammenhang mit Bordellbetrieben, wie die Antragsteller richtig feststellen, noch kein Argument für den Erlass einer Sperrgebietsverordnung; davon ging das Regierungspräsidium aber auch nicht aus.

c) Die Sperrgebietsverordnung ist grundsätzlich auch geeignet, dem mit der Ermächtigung verfolgten Zweck zu dienen. Dagegen spricht nicht, dass bereits bestehenden Betrieben Bestandschutz gewährt wurde. Denn diese stehen aufgrund ihrer konkreten Ausgestaltung, die mit einer Ausnahme nicht mit deutlichen Hinweisen auf den Betriebszweck verbunden sind, dem Verordnungszweck nicht entgegen. Die Verordnung zielte nämlich - wie bereits aufgezeigt - nicht auf die völlige Verdrängung der Prostitution aus Weinheim, sondern auf die Verhinderung der Gefahr einer Veränderung der Auswirkungen der Prostitution. Ein Bestandsschutz ist dann aber aus Gründen der Verhältnismäßigkeit zum Schutz des Eigentums und der Berufsfreiheit der Betroffenen geboten.

Es ist auch nicht zu befürchten, dass der Erlass der Sperrgebietsverordnung in Umkehrung des Normzwecks zu relevanten Beeinträchtigungen von Belangen des Jugendschutzes und des öffentlichen Anstandes bei Teilen der Wohnbevölkerung führt, die bisher von solchen Belästigungen nicht berührt waren (vgl. HessVGH, Urteil vom 31.10.2003 - 11 N 2952/00 -, ESVGH 54, 103 <108 f.>). Dies gilt auch für die Ausweisung des Gewerbegebiets "Speck" als Toleranzzone. Wegen der das Gebiet umschließenden Berliner Straße und der so gebildeten "Insellage" ist es, wenn auch nicht vollkommen, so doch weitgehend nach außen abgeschirmt mit der Folge, dass eine Gefährdung der Jugend oder des öffentlichen Anstands nahezu ausgeschlossen werden kann.

d) Ein Verstoß gegen das Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB liegt nicht vor. Nach der Ermächtigungsgrundlage soll der Verordnungsgeber in der Lage sein, die für erforderlich erachtete Sperrgebietsverordnung den örtlichen Gegebenheiten und der Struktur des jeweiligen Gemeindegebietes anzupassen. Sofern der Normzweck nicht anders erreicht werden kann, darf auch der weitaus überwiegende Teil des Gemeindegebietes zum Sperrgebiet erklärt werden. Ein bestimmter prozentualer Mindestanteil am gesamten Gemeindegebiet oder eine bestimmte Mindestgröße des Gebietes, in der Prostitution zugelassen werden muss, lässt sich der Ermächtigungsnorm nicht entnehmen. Ein Verstoß gegen das Kasernierungsverbot kann nur dann festgestellt werden, wenn entweder die Ausweisung der Toleranzzonen in einer Weise erfolgt, dass die Ausübung der Prostitution auf wenige Straßenzüge oder Häuserblocks beschränkt wird, oder wenn zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung ausreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass aus tatsächlichen Gründen mit einer Konzentration auf nur wenige Straßenzüge oder Häuser zu rechnen ist (Nds. OVG, Urteil vom 24.10.2002 - 11 KN 4073/01 -, NordÖR 2003, 26 <juris Rz. 50 f.> m.w.N.). Auf die Eigentumsverhältnisse innerhalb einer Toleranzzone muss der Verordnungsgeber dabei allerdings nur in gewissen Grenzen Rücksicht nehmen. Die als Toleranzflächen ausgewiesenen Gebiete müssen jedenfalls überwiegend und prinzipiell auch tatsächlich für die Ausübung der Prostitution zur Verfügung stehen. Eine Garantenstellung kommt dem Verordnungsgeber gegenüber möglichen Betreibern nicht zu (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 03.11.2004 - 6 BN 2.04 -, NVwZ 2004, 597). Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist danach die Ausweisung der Toleranzzonen "Weinheimer Kleeblatt" und Höhnerweg nicht fehlerhaft. Denn auch hier stehen grundsätzlich geeignete Grundstücke zur Verfügung. So beschränkt sich nach den unwidersprochenen Ausführungen eines Vertreters der Stadt in der mündlichen Verhandlung die letztgenannte Toleranzzone nicht auf das Betriebsgelände der Firma xxxxxxxxxxx, sondern erfasst auch weitere bereits erschlossene und noch zur Bebauung anstehende Grundstücke eines Gewerbegebiets. Deswegen kommt es auf eine Bereitschaft dieses Unternehmens, Teile des Firmengeländes aus der vorhandenen Umzäunung herauszunehmen und an Bordellbetreiber zu vermieten, nicht an. Beschränkt sich das Gesamtgebiet der Toleranzzonen demnach nicht auf wenige Straßenzüge oder Häuserblocks, ist das Kasernierungsverbot nicht verletzt. Da die vorhandenen Bordellbetriebe wegen des Bestandschutzes nicht umgesiedelt werden müssen, erscheint die flächenmäßige Ausdehnung der Gebiete, in welchen die Prostitution erlaubt ist, bezogen auf die Größe der Stadt Weinheim auch als ausreichend bemessen.

f) Die gebietsbezogene Umsetzung dieser beanstandungsfreien Zielrichtung ist indessen nicht vollständig gelungen.

Dabei ist zum einen zu beachten, dass der Normzweck des Art. 297 EGStGB dann nicht gewahrt ist, wenn der Verordnungsgeber einen Bereich als Sperrgebiet ausweist, in dem der Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstandes aus tatsächlichen Gründen obsolet ist (Nds. OVG, Urteil vom 24.10.2002 - 11 KN 4073/01 -, NordÖR 2003, 26 <juris Rz. 47>). Hieran gemessen ist die Ausweisung des Gewerbegebiets "Lützelsachsen Gewerbestraße" als Sperrgebiet nicht zu beanstanden. Denn dieses Gebiet wird durch die vorhandene Bordellprostitution nicht in einer Weise geprägt, dass für einen weiteren Schutz des jugendlichen Publikums, das die dort gelegene Freizeiteinrichtung "Schabernack" und die Diskothek "Downtown" besucht, kein Raum mehr wäre.

Der durch Art. 297 EGStGB bezweckte Schutz geht auch dann ins Leere, wenn der Verordnungsgeber Bereiche zum Sperrgebiet erklärt, in denen eine Gefährdung der Schutzgüter angesichts der örtlichen Verhältnisse nicht zu besorgen ist. Insoweit ist immer eine konkret gebietsbezogene Betrachtung geboten. Zwar dringt der Einwand, aufgrund besonderer "Betriebseigentümlichkeiten" sei eine konkrete Gefährdung der Schutzgüter ausgeschlossen, gegenüber der an eine abstrakte Gefahr anknüpfenden Verordnung nicht durch (vgl. etwa Urteil des erk. Senats vom 16.08.1978 - I 2536/77 -, ESVGH 28, 241 <248>). Entsprechendes gilt dann, wenn einer das gesamte Gemeindegebiet erfassenden Sperrgebietsverordnung die Besonderheiten einer Örtlichkeit entgegengehalten wird (vgl. OVG RP, Beschluss vom 13.03.2006 - 8 A 11599/05 -, NVwZ-RR 2006, 611 <612 f.>). Sieht aber die Regelung gem. Art. 297 Abs. 1 Nr. 2 EGStGB Toleranzzonen vor, so hat der Verordnungsgeber die nach seiner Konzeption hierfür in Betracht kommenden Gebiete insbesondere nach der dort jeweils gegebenen tatsächlichen und baurechtlichen Situation auf ihre Eignung zu überprüfen. Bei der Einschätzung der negativen Auswirkungen von Prostitution in einem Gebiet darf der Verordnungsgeber in der Regel auf die im Zeitpunkt seiner Entscheidung gegebenen tatsächlichen Verhältnisse abstellen. Unter besonderen Voraussetzungen ist er jedoch gehalten, auch die Möglichkeiten zu berücksichtigen, die im Baurecht zur Vermeidung des Störungspotentials einer prostitutiven Nutzung - auch der "milieubedingten Unruhe" - zur Verfügung stehen. Eine vorsorgliche baurechtliche Prüfung hypothetischer Vorhaben ist dabei nicht geboten. Das Baurecht ist jedoch in den Blick zu nehmen, wenn sich baurechtliche Handlungsmöglichkeiten aufdrängen oder ein Vorhaben bereits baurechtlich geprüft worden ist.

Die Ausweisung des Grundstücks der "Hildebrand'schen Mühle" als Sperrgebiet ist hiernach rechtsfehlerhaft. Dem Verordnungsgeber war die konkret beabsichtigte Nutzung dieses Gebiets hinreichend bekannt. Seine Einschätzung, das Vorhaben der Antragsteller genieße als eine dem Verordnungszweck nicht widersprechende Einrichtung Bestandsschutz, ist zum einen, wie oben bereits dargelegt, zumindest zweifelhaft; zum anderen kann dies noch keinen Grund darstellen, ein als Toleranzzone geeignetes Gebiet nicht auch als solches auszuweisen. Wegen seiner Randlage kann das Areal der "Hildebrand'schen Mühle" ohne Gefährdung der Schutzgüter des Art. 297 EGStGB zum Zwecke der Prostitution genutzt werden. Denn eine belästigende Außenwirkung, die mit der Verordnung abgewehrt werden soll, ist dort jedenfalls dann nicht zu befürchten, wenn dieser - wie allerdings geboten - im Rahmen des Genehmigungsverfahrens durch bauliche Maßnahmen - und somit auf objektive, nicht vom jeweiligen "Betriebskonzept" abhängige Weise - wirksam begegnet wird. So kann mit der Wiederherstellung der früheren wegemäßigen Erschließung des Mühlenareals durch den Neubau einer Brücke eine weitgehende Abschottung des Gebiets erreicht werden. Zu diesem Schluss ist im Übrigen auch der Petitionsausschuss des Landtags gelangt, der sich aufgrund der Petition einer Bürgerinitiative gegen die Errichtung eines Bordells mit der Örtlichkeit vertraut gemacht und festgestellt hat, dass eine Beeinträchtigung der Bewohner durch das Vorhaben der Antragsteller nahezu ausgeschlossen sei (LT-Drs. 13/5035 S. 9 <12>). Zudem lässt sich ein tragfähiger Unterschied zum dem als Toleranzzone ausgewiesenem Gewerbegebiet "Speck" nicht erkennen. Dieses Gebiet ist durch die Straßenführung ebenfalls abgeschieden. Soweit dort durch die benachbarte Bebauung ein gewisser Kontakt zu dem durch die Verordnung geschützten Personenkreis besteht, ist dieser dem der "Hildebrand'schen Mühle" vergleichbar. Das Gewerbegebiet "Speck" liegt in der Nähe eines Sportplatzes, während nicht weit von der "Hildebrand'schen Mühle" sich Wohnnutzung befindet. Schließlich dringt der Hinweis auf den Schutz der Jugend nicht durch. Es ist nicht ersichtlich, dass Kinder und Jugendliche, die die Birkenauer Talstraße als Schulweg benutzen, durch ein auf dem anderen Ufer der Weschnitz gelegenes Bordell in einer für den Schutzzweck des Art. 297 EGStGB relevanten Weise mit der Prostitution konfrontiert werden können. Allein das Wissen um eine entsprechende Nutzung eines als solchen nicht zu unübersehenden Gebäudekomplexes reicht nicht aus.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Ende der Entscheidung

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