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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 06.03.2006
Aktenzeichen: 1 S 2490/05
Rechtsgebiete: LandKrO, GemO, GWB


Vorschriften:

LandKrO § 48
GemO § 102 Abs. 1
GWB § 19 Abs. 1
GWB § 20 Abs. 1
GWB § 33
1. § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO i.d.F. des Gesetzes vom 01.12.2005 (Gbl. S. 705) hat drittschützende Wirkung für private Anbieter.

2. Der Begriff des Unternehmens in § 102 Abs. 1 GemO ist nicht funktional, sondern institutionell zu verstehen, und setzt einen "Betrieb" mit einer gewissen organisatorischen Verfestigung voraus.

3. Zur kartellrechtlichen Bewertung der Vermietung eines im Kreishaus in räumlicher Nähe zur Kfz-Zulassungsstelle gelegenen Raumes an einen Schilderpräger.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

1 S 2490/05

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Benutzung des Kreishauses in Waiblingen

hier: vorläufiger Rechtsschutz

hat der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Dr. Weingärtner und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Brandt und Dr. Hartung

am 6. März 2006

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. November 2005 - 7 K 3732/05 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Vorbringen in der Beschwerdebegründung, auf dessen Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO), gibt dem Senat keine Veranlassung, über den Antrag der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abweichend vom Verwaltungsgericht zu entscheiden.

Das Verwaltungsgericht hat den Erlass der von der Antragstellerin begehrten einstweiligen Anordnung, mit dem sie die vom Antragsgegner beabsichtigte Vermietung von Räumen im Kreishaus an einen Schilderpräger - jedenfalls zu den derzeit vorgesehenen Konditionen - vorläufig verhindern will, abgelehnt. Das Verwaltungsgericht hat einen Anordnungsgrund wegen der Unwägbarkeiten, die im Falle eines Obsiegens der Antragstellerin in einem Hauptsachverfahren mit der Rückabwicklung eines mit einem konkurrierenden Unternehmen abgeschlossenen Mietvertrages verbunden wären, bejaht, einen Anordnungsanspruch indessen verneint. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin ohne Erfolg.

I. Aus den Vorschriften des kommunalen Wirtschaftsrechts erwächst der Antragstellerin kein Unterlassungsanspruch.

1. Dies folgt nach der ab dem 01.01.2006 geltenden und im Beschwerdeverfahren zu beachtenden Neufassung des § 102 GemO i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Gemeindewirtschaftsrechts vom 1. Dezember 2005 (GBl. S. 705) i.V.m. § 48 Abs. 1 LKrO allerdings nicht schon daraus, dass sich Dritte grundsätzlich nicht auf die Verletzung der darin geregelten Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Betätigung der kommunalen Gebietskörperschaften berufen könnten.

a) In der bis zum 31.12.2005 geltenden Fassung des § 102 GemO (vgl. Gesetz vom 19. Juli 1999, GBl. S. 292) hatte der Gesetzgeber die rechtlichen Grenzen für die Gemeindewirtschaft in Übereinstimmung mit der auf § 67 Abs. 1 DGO zurückgehenden so genannten Schrankentrias (vgl. zuletzt Uechtritz/Otting in: Hoppe/Uechtritz <Hg.> Handbuch Kommunale Unternehmen, 2004, § 6 Rz. 2 f.) so ausgestaltet, dass neben die Rechtfertigung durch einen öffentlichen Zweck und die Beachtung der Leistungsfähigkeit der Gemeinde eine so genannte einfache Subsidiaritätsklausel trat. Danach durfte die Gemeinde außerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge nur dann tätig werden, wenn der öffentliche Zweck nicht besser und wirtschaftlicher durch einen anderen erfüllt wird oder erfüllt werden kann. Eine drittschützende Wirkung für einen privaten Konkurrenten ergab sich daraus nach ganz überwiegender Ansicht nicht. Soweit dieser Funktionssperre überhaupt ein eigenständiger Gehalt neben dem Erfordernis des öffentlichen Zwecks zuerkannt wurde (siehe hierzu Uechtritz/Otting, a.a.O., § 6 Rz. 56), wurde darin nur eine allgemeine wirtschaftspolitische Vorgabe gesehen, die - auch wegen des Fehlens eindeutiger Willensbekundungen des Gesetzgebers - einen als Mitbewerber betroffenen Dritten nur reflexhaft zu begünstigen geeignet war, ihm jedoch keine eigenständige wehrfähige Rechtsposition einräumte (vgl. aus der Rspr. OLG Karlsruhe, Urteil vom 16.11.2000 - 4 U 171/99 -, NVwZ 2001, 712 <713 f.> und hierzu Stehlin, NVwZ 2001, 645 sowie Werner, VBlBW 2001, 206 <211 f.>; Urteil vom 14.11.2001 - 6 U 43/01 -, OLGR Karlsruhe 2002, 131; Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 9. Auflage 2005, Randnr. 390 m.w.N.; siehe auch Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 102 Randnr. 11, 41, 60).

b) Durch das Gesetz vom 01.12.2005 hat der Gesetzgeber - nach Evaluierung der mit der bisherigen Rechtslage gemachten Erfahrungen - die Bestimmung des § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO insoweit verschärft, als er sie in eine echte Subsidiaritätsklausel umgewandelt hat, wonach der Vorrang - nunmehr ausdrücklich erwähnter - privater Dritter bereits bei Leistungsparität von gemeindlicher und privater Wirtschaftstätigkeit zu beachten ist; zugleich hat er als verfahrensrechtliche Absicherung in § 102 Abs. 2 GemO die Entscheidungszuständigkeit des Gemeinderats und die vorherige Anhörung der örtlichen Selbstverwaltungsorganisationen von Handwerk, Industrie und Handel - den so genannten Branchendialog - nominiert (siehe Uechtritz/Otting, a.a.O., § 6 Rz. 52 ff.). Nach dem im Gesetzgebungsverfahren eindeutig zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers soll den betroffenen Konkurrenten - entsprechend der Intention der Neuregelung, die einer übermäßigen Ausweitung der gewerbswirtschaftlicher Betätigung der Gemeinden entgegenwirken und die Privatwirtschaft auf grundsätzlich ihr vorbehaltenen Geschäftsfeldern vor kommunaler Konkurrenzbetätigung schützen soll - das Recht zur gerichtlichen Überprüfung der Einhaltung dieser objektiv-rechtlichen Vorgabe eingeräumt werden (vgl. LT-Drs. 13/4767 S. 8, 9; LT-Plenarprotokoll 13/103 vom 30.11.2005, S. 7413 f., 7418, 7420). Mit der Ausgestaltung der grundlegenden, den Marktzutritt regelnden Vorschrift des Kommunalwirtschaftsrechts als Schutznorm für Konkurrenten steht die Neufassung der baden-württembergischen Gemeindeordnung in einer Linie mit der Rechtsentwicklung in anderen Bundesländern (vgl. etwa zu § 85 Abs. 1 RPGO RhPfVerfGH, Urteil vom 28.03.2000 - VGH N 12/98 -, NVwZ 2000, 801 <804>; zu § 97 Abs. 1 SächsGO Sollondz, LKV 2003, 297 <301 f.>; zu § 121 Abs. 1 HessGO Pegatzky/Sattler, NVwZ 2005, 1376 f.; siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 13.08.2003 - 15 B 1137/03 -, NVwZ 2003, 1520 <1521> zur anderslautenden Vorschrift des § 107 Abs. 1 NWGO).

2. Die Antragstellerin kann von ihr befürchtete Konkurrenz auf den Schilderprägermarkt indessen deswegen nicht unter Berufung auf die Vorschriften des Kommunalwirtschaftsrechts abwehren, weil auch nach der Neufassung des Gesetzes die vom Antragsgegner beabsichtigte Vermietung eines Raumes im Kreishaus vom Tatbestand des § 102 Abs. 1 GemO nicht erfasst wird.

Im Unterschied zu kommunalrechtlichen Regelungen, die ganz allgemein und umfassend die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden einschränkenden Bestimmungen unterwerfen (so z. B. § 121 Abs. 1 HessGO und § 100 Abs. 1 GemO Brandenburg), beschränkt sich die Vorschrift des § 102 Abs. 1 GemO auf die Errichtung, Übernahme und wesentliche Erweiterung eines wirtschaftlichen Unternehmens und die Beteiligung daran. Sie steht insoweit in der Tradition des § 67 DGO. Nach der dort geläufigen Umschreibung, auf die sich der baden-württembergische Landesgesetzgeber von Anfang an bezogen hat, fallen hierunter "Einrichtungen (und Anlagen), die auch von einem Privatunternehmer mit der Absicht der Gewinnerzielung betrieben werden können" (vgl. Runderlass zu § 85 GemO a.F., abgedruckt bei Kunze/Schmid, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, 1956, S. 520 und Erl. II.1. zu § 85, sowie BVerwG, Urteil vom 22.02.1972 - I C 24.69 -, BVerwGE, 39, 329 <333>). Hiernach greift das Vorbringen der Antragsstellerin zu kurz, wenn sie - insoweit zutreffend - darauf verweist, dass die Vermietung von Gewerbeimmobilien auch ein lukratives Betätigungsfeld von Privaten sein kann. Denn damit wird lediglich das Begriffselement der "Wirtschaft" abgedeckt, das auf die materielle Tätigkeit und die Arbeitsmethode abstellt (siehe in einem vergleichbaren Fall zur Vermietung als wirtschaftliche Betätigung i.S.v. § 107 Abs. 1 NWGO, OVG NRW, Beschluss vom 21.09.2004 - 15 B 1709/04 -, NVwZ-RR 2005, 198). Daneben steht zusätzlich das Erfordernis, dass die wirtschaftliche Tätigkeit im Rahmen einer "Einrichtung" ausgeübt wird, womit auf einen formellen Status abgehoben wird. Der Unternehmensbegriff im kommunalen Wirtschaftsrecht ist demnach - im Unterschied zum Kartellrecht - kein funktionaler, sondern ein institutioneller, und setzt einen "Betrieb" voraus (vgl. Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, 2. Aufl. 1985, S. 24, 33). Da der Gemeinde bei ihrer wirtschaftlichen Betätigung neben den Organisationsformen des Privatrechts (§103 GemO) nicht allein die öffentlich-rechtliche Anstalt und der Eigenbetrieb, sondern auch der in die allgemeine Verwaltung eingebundene, haushaltsmäßig nicht getrennte Regiebetrieb zu Gebote steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.02.1972 - I C 24.69 -, BVerwGE, 39, 329 <333>; Hellermann in: Hoppe/Uechtritz, a.a.O., § 7 Rz. 22 f.; Gern, a.a.O., Randnr. 402), sind an die erforderliche betrieblich-organisatorische Verfestigung keine besonderen Anforderungen zu stellen; auf ein Mindestmaß kann indessen nicht verzichtet werden. Von einem Unternehmen im Sinne des § 102 Abs. 1 GemO kann demnach nur dann gesprochen werden, wenn persönliche und sächliche Mittel mit einer gewissen organisatorischen Festigkeit, Dauer und Selbstständigkeit in der Hand eines Rechtsträgers vereint sind (vgl. Schmidt-Jortzig in: Püttner <Hg.>, Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, Bd. 5, 2. Aufl. 1984, § 93 B. S. 53 f.; Knemeyer/Kempen in: Achterberg/Püttner/Würtenberger, Besonderes Verwaltungsrecht, Band II, 2. Aufl. 2000, § 17 Randnr. 36; Kunze/Bronner/Katz, a.a.O., § 102 Randnr. 21; Gern, a.a.O., Randnr. 391). An einem solchen organisatorischen Substrat fehlt es hier. Zwar ist die gemeindliche Liegenschaftsverwaltung nicht von vornherein vom Anwendungsbereich des § 102 Abs. 2 GemO ausgenommen (so aber Kunze/Bronner/Katz, a.a.O., § 102 Randnr. 24). Die hier in Rede stehende Vermietung erschöpft sich aber in punktuellen Aktivitäten, ohne auch nur ansatzweise auf einen dauerhaften Arbeitsapparat angewiesen zu sein.

Diese Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 102 Abs. 1 GemO steht, worauf der Antragsgegner zutreffend hinweist, mit dessen Regelungszweck in Einklang. Zum einen bedarf es eines Schutzes der Gemeinde vor wirtschaftlicher Überforderung nicht bei der Nutzung des kommunalen Immobilienbestandes in dieser Fallgestaltung einer lediglich kapazitätsauslastenden Randnutzung (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.04.1989 - 7 C 48/88 -, BVerwGE 82, 29 <34>; Ehlers, DVBl 1998, 497 <500 f:>; Britz, NVwZ 2001, 380 <384>); bedeutende finanzielle Risiken sind mit einer solchen Betätigung nicht verbunden. Zum anderen wird damit die Erfüllung der Kernaufgaben der kommunalen Selbstverwaltung nicht gefährdet (siehe Kunze/Bronner/Katz, a.a.O., § 102 Randnr.11).

II. Im Ergebnis zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch einen - gem. § 17 Abs. 2 GVG von den Verwaltungsgerichten zu prüfenden - kartellrechtlichen Unterlassungsanspruch der Antragstellerin nach § 33 Abs. 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 GWB verneint.

1. Der Antragsgegner ist Adressat des Behinderungs- und Diskriminierungsverbotes nach § 20 Abs. 1 GWB, das nach § 130 Abs. 1 Satz 1 GWB auch für die privatrechtliche Tätigkeit der öffentlichen Hand gilt (vgl. zum Folgenden BGH, Urteil vom 14.07.1998 - KZR 1/97 -, NJW 1998, 3778). Er ist Unternehmen im Sinne des hier geltenden funktionalen Unternehmensbegriffs, der allein auf die nicht lediglich dem privaten Verbrauch dienende Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr abstellt (vgl. Zimmer in: Immenga/Mestmäcker <Hg.>, GWB, 3. Aufl. 2001, § 1 Randnr. 24 f., 30 ff.; Emmerich, ebd., § 130 Randnr. 31 f., 36 f., jeweils m.w.N.) und verfügt auf dem relevanten Markt über eine marktbeherrschende Stellung i.S. von § 19 Abs. 1 GWB. Nach dem so genannten Bedarfsmarktkonzept umfasst dieser Markt in sachlicher und räumlicher Hinsicht das Angebot von Gewerbeflächen, die sich für einen Schilderpräger, der den bei Besuchern der im Kreishaus untergebrachten Zulassungsstelle anfallenden Bedarf an Kfz-Schildern decken möchte, zur Anmietung eignen. Hierzu zählen zwar neben auf dem selben Grundstück wie die Zulassungsstelle gelegenen Flächen auch solche in deren - durch einen Radius von etwa 100 m bestimmten - unmittelbarer Nähe (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 12.12.1995 - 2 W (Kart) 62/95 -, NJW-RR 1996, 1003), wie sie auch die Antragstellerin derzeit angemietet hat. Letzteres ändert aber nichts an der Feststellung, dass der Antragsgegner insbesondere wegen des Vorteils, den der Standort im Kreishaus aufgrund der geringen Preis- und insbesondere Entfernungselastizität des Marktes vermittelt, jedenfalls als marktstarkes Unternehmens i.S.v. § 19 Abs. 1 Nr. 2 GWB einzustufen ist. Ein Geschäftsverkehr, der Schilderprägern üblicherweise zugänglich ist, ist eröffnet worden.

Eine Behinderung i.S.v. § 20 Abs. 1 GWB liegt vor, da dieser Begriff weit zu verstehen ist und - wertneutral - jedes Marktverhalten erfasst, das objektiv nachteilige Auswirkungen hat. Eine Behinderung in diesem Sinn droht bereits dadurch, dass der Antragsgegner die Gewerbeflächen nicht an die Antragstellerin, sondern an einen Dritten vermieten könnte; darin liegt zugleich eine Ungleichbehandlung.

2. Bei der gebotenen Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes kann aber nicht festgestellt werden, dass eine Behinderung als unbillig angesehen werden kann oder für eine Ungleichbehandlung ein sachlich gerechtfertigter Grund nicht besteht.

a) Nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte fällt zugunsten des Antragsgegners zunächst ins Gewicht, dass auch einem marktbeherrschenden Unternehmen die Möglichkeit zur wirtschaftlichen Tätigkeit erhalten bleiben muss. Insbesondere ist bei der kartellrechtlichen Beurteilung das Interesse der kommunalen Gebietskörperschaft an einer Gewinn bringenden Nutzung ihrer Gebäude schützenswert. Dabei darf die öffentliche Hand wie andere Unternehmen im Wettbewerb grundsätzlich Standortvorteile wahrnehmen; dies ist ihr allerdings dann verwehrt, wenn sie ihre öffentlich-rechtliche Aufgabe mit ihrer erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit verquickt (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 21.07.2005 - I ZR 170/02 -, NJW-RR 2005, 1562 <1565> m.w.N.; Lux in: Hoppe/Uechtritz, a.a.O., § 10 Rz. 50 f.). Im vorliegenden Fall wird die gebündelte Nachfrage nach Kfz-Schildern zwar allein durch die im Kreishaus betriebene Zulassungsstelle hervorgerufen. Die Grenze zur unzulässigen Ausnutzung der beherrschenden Stellung im hierdurch eröffneten Markt wäre wohl dann überschritten, wenn der Antragsgegner die von seiner hoheitlichen Tätigkeit hervorgerufene Nachfrage selbst bediente, was hier aber allein durch die Vermietung der Räumlichkeiten nicht der Fall ist. Eine Verpflichtung des Hoheitsträgers, in dieser Situation auf eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit vollständig zu verzichten, ist in der Rechtsprechung indessen noch nicht bejaht worden (vgl. BGH, Urteil vom 24.09.2002 - KZR 4/01 -, NJW 2003, 752 <754>; siehe auch Lux, a.a.O., § 10 Rz. 62). Ob ein bei der Abwägung auf Seiten des Antragsgegners anerkennenswertes Interesse auch darin zu sehen ist, dass mit der Ansiedlung eines Schilderprägers auf dem Gelände des Landratsamts der Zulassungsvorgang für die Bürger erleichtert wird (so z. B. BGH, Urteil vom 14.07.1998 - KZR 1/97 -, NJW 1998, 3778 <3779 f.>), scheint fraglich. Denn die Versorgung mit Kfz-Kennzeichen ist in Waiblingen derzeit durch die Antragstellerin gewährleistet, ohne dass die Entfernung zwischen der Zulassungsstelle und den Geschäftsräumen der Antragstellerin zu Unzuträglichkeiten führen würde. Der Antragsgegner kann sich indessen auf das öffentliche Interesse berufen, auf dem dem Vermietungsmarkt nachgelagerten Schilderprägermarkt, der bislang durch ein Quasi-Monopol der Antragstellerin bestimmt wird, wettbewerbliche Strukturen zu ermöglichen (vgl. zu diesem im Rahmen des Gemeindewirtschaftsrechts anerkannten öffentlichen Zweck Uechtritz/Otting, a.a.O., § 6 Rz. 50; Pieroth/Hartmann DVBl 2002, 421 <427 f.> m.N.).

b) Diese Interessen werden nicht von den zu erwartenden Nachteilen für die Antragstellerin überwogen, die ihre Chancen im Wettbewerb gefährdet sieht. Zwar erlangt ein Schilderpräger auf dem Gelände des Landratsamts aufgrund der Nachbarschaft zur Zulassungsstelle regelmäßig einen beachtlichen Marktanteil. Dieser Vorteil entspringt aber der spezifischen Marktsituation, die jeweils den nächstgelegenen Anbieter begünstigt und gegenwärtig der Antragstellerin zugute kommt. Der Wettbewerb bleibt aber erhalten. Die Antragstellerin kann nämlich eigene Marktvorteile gelten machen kann. Ihre Geschäftsräume liegen nur wenig weiter entfernt als die zur Vermietung anstehenden, die ebenfalls - entgegen der Darstellung der Antragstellerin - nur über eine längere Wegstrecke durchs Freie zu erreichen sind und jedenfalls durch den separaten Außeneingang nicht den Eindruck vermitteln, hier gehe es um einen "amtlichen" Vorgang. Die Antragstellerin ist zudem nicht mit den sehr hohen Mietzahlungen belastet, mit denen sich ein Mitbewerber konfrontiert sieht. Auf ihr Angebot kann sie schließlich nach der Zusicherung des Antragsgegners in den Räumen der Zulassungsstelle hinweisen. Entgegen ihren Befürchtungen bedeutet gerade ein solcher Hinweis, der dann aus Gründen der Gleichbehandlung auch den Konkurrenten benennt, nicht das wirtschaftliche "Aus". Denn ggf. kann eine Skizze den nur geringfügigen Entfernungsunterschied zwischen den Anbietern deutlich machen, wobei - falls, wie wohl zu erwarten, Preise nicht verzeichnet werden - der potenzielle Kunde auch Rückschlüsse auf das Preisniveau ziehen kann. Soweit die Antragstellerin hierbei auf die Marktmacht und die Preispolitik von Anbietern verweist, die eine Vielzahl von Filialen betreiben, muss sie sich dem - nach Maßgabe der wettbewerbsrechtlichen Rahmenbedingungen - stellen.

c) Schließlich hat der Antragsgegner zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Verbot unbilliger Behinderung den Abschluss eines Mietvertrages ausgeschrieben. Diese Ausschreibung, die hier nach einer Vertragslaufzeit von - ursprünglich vorgesehen - fünf Jahren zur Ermöglichung des Marktzutritts für Wettbewerber des Mieters wiederholt werden soll, hat unter angemessenen und fairen Bedingungen zu erfolgen (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 08.04.2003 - KZR 39/99 -, NJW 2003, 2684 <2685>). Zu Unrecht meint die Antragstellerin, dass die in § 1 Nr. 2 Satz 3 des Mietvertrags enthaltene Verpflichtung, wonach der Mieter während der Dauer des Mietverhältnisses in Waiblingen keine weitere Kfz-Kennzeichenprägestelle betreiben dürfe, diesen Vorgaben nicht entspreche. Entgegen ihrer Ansicht ist sie nicht bereits faktisch gehindert, sich an der Ausschreibung zu beteiligen; denn die Abgabe eines Angebots setzt die Aufgabe ihres jetzigen Betriebs noch nicht voraus. Als derzeit einziges Unternehmen, das in Waiblingen eine Prägestelle unterhält, wird sie durch diese Klausel auch nicht in unzulässiger Weise einer verdeckten Diskriminierung unterworfen. Im Bieterverfahren hat der Antragsgegner den im Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG wurzelnden Grundsatz der Chancengleichheit der Bieter zu beachten (vgl. hierzu Eggers/Malmedier, NJW 2003, 780 <782, 784 > m.N.). Gegen diesen Grundsatz verstößt die von der Antragstellerin gerügte Gebietsklausel nicht; denn sie dient gerade der kartellrechtlichen Verwirklichung der Marktzutrittsfreiheit, indem sie die Perpetuierung der derzeitigen Monopolstellung der Antragstellerin verhindern will. Soweit die Antragstellerin eine Benachteiligung im Bieterwettbewerb beklagt, weil sie in ihren derzeitigen Geschäftsräumen langfristig vertraglich gebunden sei, ist dies unbeachtlich. Denn dieser Umstand wurzelt allein in ihrem Verantwortungsbereich; solch unterschiedliche Ausgangsbedingungen, die auf betriebswirtschaftlich motivierten Entscheidungen beruhen, sind im Bieterwettbewerb hinzunehmen.

III. Grundrechtlich fundierte Abwehransprüche der Antragstellerin hat das Verwaltungsgericht ebenfalls zu Recht verneint. Die Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG schützen grundsätzlich weder vor Konkurrenz unmittelbar durch die öffentliche Hand noch vor einer Beeinträchtigung der Wettbewerbschancen durch Begünstigung eines privaten Konkurrenten. Eine Verletzung von Grundrechten durch die privatwirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand liegt nach der gefestigten Rechtsprechung nur dann vor, wenn die Wettbewerbsfreiheit in unerträglichem Maße eingeschränkt wird, eine Auszehrungskonkurrenz vorliegt oder eine Monopolstellung besteht (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 15.08.1994 - 1 S 1613/93 -, NJW 1995, 274; sowie nachfolgend BVerwG, Beschluss vom 21.03.1995 - 1 B 211.94 -, NJW 1995, 2938 <2939>.; OVG NRW, Beschluss vom 13.08.2003 - 15 B 1137/03 -, NVwZ 2003, 1520 <1523 f.>; Uechtritz/Otting, a.a.O., § 6 Rz. 116 ff., jeweils m.w.N.). Diese Maßstäbe werden durch die einfachgesetzlichen Regelungen konkretisiert; auf die vorstehenden Ausführungen kann folglich verwiesen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und § 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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