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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 21.11.2008
Aktenzeichen: 1 S 656/08
Rechtsgebiete: FwG, VVG


Vorschriften:

FwG § 2 Abs. 1
FwG § 2 Abs. 2
FwG § 36 Abs. 1
FwG § 36 Abs. 2
VVG § 82
VVG § 83
Die Ausräumung eines durch Fermentation erhitzten Heustocks, in dem sich noch keine Glutnester gebildet haben, zählt nicht zu den grundsätzlich unentgeltlichen Pflichtaufgaben der Feuerwehr nach § 2 Abs. 1 FwG.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

1 S 656/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Feuerwehrkostenersatz

hat der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Schmenger als Vorsitzende, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Brandt und die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Dürig ohne weitere mündliche Verhandlung

am 21. November 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 16. November 2006 - 4 K 1044/05 - geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 05.10.2004 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Ravensburg vom 08.06.2005 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu den Kosten für die Ausräumung eines überhitzten Heustocks.

Am Morgen des 28.08.2004 nahm der Kläger bei der Kontrolle seines Heustocks einen auffälligen Geruch wahr; Messungen mit einer Sonde ergaben, dass in Teilen des Heustocks Temperaturen von ca. 93?C herrschten. Das Einschalten der Heulüftungsanlage verbesserte die Lage nicht. Gegen 09:36 Uhr teilte der Kläger aufgrund der ihm bei diesen Verhältnissen bekannten Brandgefahr der Integrierten Rettungsstelle Ravensburg telefonisch mit, dass sein Heustock überhitzt sei. Die Rettungsleitstelle alarmierte daraufhin unter dem Stichwort "Brand Ökonomiegebäude, Linders" die Freiwillige Feuerwehr der Beklagten, die mit 9 Fahrzeugen und insgesamt 29 Feuerwehrleuten ausrückte.

Von der Feuerwehr wurden in einem Teil des Heustocks Temperaturen von bis zu 96?C gemessen. In den Notizen zum Einsatzprotokoll der Leitstelle ist des Weiteren vermerkt: "9:49 Uhr: stark überhitzter Heustock (qualmt) - im Moment noch kein offenes Feuer - Wasserversorgung wird aufgebaut; 10:41 Uhr: Heustock muss abgetragen werden - Rohrsonde im Einsatz - unterer Teil von Heustock total verbrannt". Der Feuerwehrkommandant, nach dessen Einschätzung keine akute Brandgefahr, aber dringender Handlungsbedarf bestand, ordnete in Absprache mit dem Kläger die Ausräumung des betroffenen Teils des Heustocks an, um der Entwicklung eines Brandes vorzubeugen. Zur Sicherung der Ausräumarbeiten wurden C-Rohre in Stellung gebracht und die Wasserversorgung zum Löschfahrzeug aufrechterhalten. Die Ausräumung war gegen 13:11 Uhr beendet, der gesamte Einsatz um 14:00 Uhr.

Mit Bescheid vom 05.10.2004 zog die Beklagte den Kläger zu Kosten in Höhe von 2.332 EUR (Geräte und Material - 9 Fahrzeuge zu je 1 h -: 882 EUR; Personen - 29 Feuerwehrleute je 5 h zu je 10 EUR -: 1454 EUR) für den Feuerwehreinsatz heran.

Den Widerspruch des Klägers, den er am 19.10.2004 auf Anraten seiner Feuerversicherung erhoben hatte, wies das Landratsamt Ravensburg mit Widerspruchsbescheid vom 08.06.2005 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Feuerwehr mit der Heustockausräumung keine grundsätzlich kostenfreie Pflichtaufgabe i.S.v. § 2 Abs. 1 FwG wahrgenommen habe, da mangels Brand- oder Schwelspuren kein Schadenfeuer und auch kein öffentlicher Notstand vorgelegen habe. Vielmehr habe die Feuerwehr eine Maßnahme der Brandverhütung i.S.v. § 2 Abs. 2 FwG wahrgenommen, die nach § 36 Abs. 2 FwG kostenpflichtig sei.

Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen erhobene Klage nach Anhörung des Klägers und Vernehmung von Zeugen mit Urteil vom 16.11.2006 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kostenbescheid beruhe auf § 36 Abs. 2 Nr. 2 FwG. Die Feuerwehr habe nicht bei einem Schadenfeuer (Brand) i.S.v. § 2 Abs. 1 FwG Hilfe geleistet. Dabei komme es für die gebotene ex-ante-Beurteilung auf die objektive Einschätzung des am Einsatzort anwesenden Feuerwehrkommandanten an, dem nach § 8 Abs. 1 Satz 1 FwG allein die Einsatzleitung obliege. Nach dessen Feststellungen, die dem unzulänglichen Einsatzprotokoll vorgingen, sei der für überhitzte Heustöcke typische Fermentierungsgeruch, nicht aber Brandgeruch, wahrnehmbar gewesen. Eine akute Brandgefahr habe nicht vorgelegen, denn das sei erst bei einer Temperatur von ca. 120?C der Fall; deswegen sei auch auf die Räumung von Stall und Wohnhaus verzichtet worden. Der Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 FwG sei auch nicht dahingehend zu erweitern, dass eine Hilfe bei vorgelagerten Brandverhinderungsmaßnahmen zu den unentgeltlichen Leistungen der Feuerwehr zähle, wenn der Brand unmittelbar bevorstehe. Solche Maßnahmen im Vorfeld gehörten zur Risikosphäre des betroffenen Eigentümers. Die Heustocküberhitzung habe auch keinen öffentlichen Notstand i.S.v. § 2 Abs. 1 FwG hervorgerufen. Die Allgemeinheit im Sinne einer unbestimmten und nicht bestimmbaren Zahl von Personen sei nicht unmittelbar betroffen gewesen.

Zur Begründung der vom Senat mit Beschluss vom 03.03.2008 - 1 S 491/07 - zugelassenen Berufung trägt der Kläger vor: Die Feuerwehr habe sehr wohl eine Pflichtaufgabe nach § 2 Abs. 1 FwG erfüllt. Es habe nämlich bei qualmendem Heustock ein Schwelbrand vorgelegen; ohne Glutbildung sei eine Verkohlung, wie bei der Abtragung des Heustocks festgestellt, nicht vorstellbar. Auch bei der ex-ante-Betrachtung komme es auf den objektiven Betrachter, nicht jedoch allein auf den Feuerwehrkommandanten an. Es habe eine akute Brandgefahr vorgelegen. Hiervon gehe die Fachliteratur schon bei Temperaturen ab 70?C aus. Auch nach Angaben des Feuerwehrkommandanten befinde sich der Heustock bereits ab 100?C in einem "kritischen Zustand". Der Aufbau einer ausreichenden Löschwasserversorgung samt dreier C-Rohre sei nur bei akuter Brandgefahr erklärbar. In einer solchen Situation sei eine Parallele zu § 82 Abs. 1 VVG heranzuziehen und eine entsprechende Hilfeleistung unter § 2 Abs. 1 FwG zu subsumieren. Schließlich hätten ein öffentlicher Notstand sowie eine Notlage i.S. v. § 2 Abs. 2 FwG vorgelegen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 16. Novem-ber 2006 - 4 K 1044/05 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 05.10.2004 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Ravensburg vom 08.06.2005 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und führt ergänzend aus: Für einen Brand gebe es insbesondere nach den Feststellungen des nach § 28 Abs. 1 FwG für die technische Leitung des Einsatzes zuständigen Feuerwehrkommandanten keine Anhaltspunkte. Entgegen der Auffassung des Klägers sei die Abwehr eines unmittelbar bevorstehenden Schadenfeuers keine Pflichtaufgabe nach § 2 Abs. 1 FwG; vielmehr sei die Brandverhütung den Aufgaben nach § 2 Abs. 2 FwG zugewiesen. Der Verweis auf § 82 Abs. 1 VVG führe insoweit nicht weiter; denn hierbei gehe es lediglich um die allgemeine Schadensabwendungs- und -minderungspflicht als Nebenpflicht aus dem Versicherungsvertrag. Auch wenn nach allgemeinen Grundsätzen des Rechts der Gefahrenabwehr für die Zuordnung einer Feuerwehrmaßnahme zu den Pflichtaufgaben nach § 2 Abs. 1 FwG auf den zum Zeitpunkt ihrer Durchführung maßgeblichen Sach- und Kenntnisstand abgestellt würde, seien Erkundungs- und Prüfmaßnahmen nicht stets den Pflichtaufgaben zuzuordnen. Denn die Feuerwehr handele insoweit ergebnisoffen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch die Vernehmung von 2 Zeugen; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift verwiesen. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze im Zulassungs- und Berufungsverfahren Bezug genommen. Dem Senat liegen die Behörden- und die Gerichtsakten aus dem Klageverfahren vor. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann aufgrund des von den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 16.10.2008 erklärten Einverständnisses ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der Klage stattgeben müssen. Der angefochtene Kostenbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts findet der geltend gemachte Kostenersatzanspruch in § 36 Abs. 2 Nr. 2 FwG keine Rechtsgrundlage.

Der Feuerwehreinsatz zur Heustockausräumung beim Kläger ist vielmehr rechtlich nicht einheitlich einzuordnen, sondern in zwei Abschnitte zu unterteilen. Soweit zunächst der für die in § 2 Abs. 1 FwG geregelten Pflichtaufgaben der Feuerwehr einschlägige § 36 Abs. 1 FwG Anwendung findet, liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Klägers nach § 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 FwG nicht vor (I.). Soweit im weiteren Verlauf der auf andere Leistungen der Feuerwehr i.S.v. § 2 Abs. 2 FwG bezogene Anwendungsbereich des § 36 Abs. 2 FwG eröffnet ist, fehlt es an der gebotenen Ermessensentscheidung (II.).

I. Nur der Anfang des Einsatzes - das Ausrücken bis zu den eigenen Feststellungen der Feuerwehr an Ort und Stelle - ist als Pflichtaufgabe der Feuerwehr einzustufen, die grundsätzlich unentgeltlich erbracht wird (§ 36 Abs. 1 Satz 1 FwG). Dem steht nicht entgegen, dass ein Schadenfeuer nicht gegeben war.

1. Nach § 2 Abs. 1 FwG hat die Feuerwehr u.a. bei Schadenfeuer (Brand) Hilfe zu leisten und den einzelnen und das Gemeinwesen vor hierbei drohenden Gefahren zu schützen.

a) Ein Schadenfeuer ist ein Feuer, das einen Sach- oder Personenschaden verursacht. Der Begriff des Feuers setzt dabei - in gleicher Weise wie im Sachversicherungsrecht - die Veränderung von Sachen durch eine Verbrennung als chemischen Vorgang voraus. Eine offene Flamme ist dabei nicht erforderlich, doch bedarf es jedenfalls einer Lichterscheinung wie Glühen oder Glimmen, die bei Schwel- oder Glimmbränden auftritt. Demgegenüber sind chemische Veränderungen durch Wärme oder Hitze ohne Lichterscheinung kein Feuer; hierzu zählen die Verkohlung als thermische Zersetzung fester Stoffe oder die Fermentation als Gärungsvorgang (vgl. hierzu Martin, Sachversicherungsrecht, 3. Aufl. 1992, C I 4 ff., 23 ff.; Kollhosser in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl. 2004, § 82 Rn. 3, 6 f.; Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl. 2003, § 82 Rn. 2; Boldt, Die Feuerversicherung, 6. Aufl. 1993, S. 41, 70).

Die Beweisaufnahme vor dem Senat hat die Feststellung des Verwaltungsgerichts bestätigt, wonach die Erhitzung des Heustocks noch nicht zur Bildung von Glutnestern geführt hatte. Der Feuerwehrkommandant, der Zeuge xxxx, hat zur Überzeugung des Senats nochmals ausgeführt, dass lediglich stark fermentiertes Heu im Innern vorhanden war; es hat sich auch nach dem Kontakt mit dem Luftsauerstoff nicht entzündet, was bei Glutresten zu erwarten gewesen wäre. Belegt wird diese Wahrnehmung durch das im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Foto, das das mittels Sonde aus dem Heustock herausgeholte Material zeigt. Sowohl aufgrund von dessen Farbe als auch wegen der erkennbaren Konsistenz verbietet sich die Annahme, dass es sich dabei um Reste von verbranntem Heu handeln könnte. Dieser Feststellung steht die im Einsatzprotokoll der Leitstelle wiedergegebene Mitteilung des Zeugen xxxx nicht entgegen, dass der untere Teil des Heustocks total verbrannt sei. Denn der Zeuge hat nachvollziehbar erläutert, dass er sich damals ungenau ausgedrückt habe, während vielmehr - in Einklang mit dem von ihm beim Eintreffen auf dem Anwesen des Klägers wahrgenommenen Geruch - eine Vergärung vorgelegen habe.

b) Aufgrund der Hitzeentwicklung bei der Fermentation bestand zwar - auch durch die Luftzufuhr im Zuge des Abtragens - eine Brandgefahr. Wie diese einzustufen ist - ob unmittelbar bevorstehend oder akut - kann aber dahinstehen. Denn allein die Bekämpfung einer Brandgefahr zählt nicht zu den Aufgaben nach § 2 Abs. 1 FwG.

Der Wortlaut des § 2 Abs. 1 FwG beschränkt den dort erwähnten abwehrenden Brandschutz auf die Hilfeleistung bei - bereits ausgebrochenen - Bränden; Gefahren finden nur insoweit Erwähnung, als sie von den Bränden selbst ausgehen können. Der Entstehungsgeschichte des Gesetzes lässt sich nicht entnehmen, dass die Hilfeleistung bei Bränden über den Wortsinn hinausgehend auch Teile der - ansonsten dem § 2 Abs. 2 FwG zugewiesenen - Brandverhütung umfassen sollte (siehe LT 1. WP, Beil. 1055 Begr. zu § 2).

Für eine erweiternde Auslegung ist demnach kein Raum (a.A. ohne Begründung Gerne, Feuerwehrgesetz für Baden-Württemberg, 3. Aufl. 1973, § 2 Rn. 13). Der Verweis des Klägers auf die Bestimmung der § 82 Abs. 1, § 83 VVG (i.d.F. des Gesetzes vom 23.11.2007 <BGBl. I S. 2631>; zuvor § 62 Abs. 1, § 63 VVG a.F.) über die Erstattungsfähigkeit von Rettungskosten, die nach der Rechtsprechung im Sinne einer Vorerstreckung auch schon dann anzunehmen ist, wenn der Eintritt des Versicherungsfalls unmittelbar droht (vgl. dazu BGH, Urteil vom 20.02.1991 - IV ZR 202/90 -, BGHZ 113, 359; Voit/Knappmann in: Prölss/Martin, a.a.O., § 62 Rn. 3 ff.; siehe auch Martin, a.a.O., W II 39), ist als solcher aufgrund des anderen Regelungszusammenhangs unbehelflich. Der versicherungsrechtlichen Regelung mag der Rechtsgedanke zu entnehmen sein, dass ein finanzielles Risiko bereits vor dem eigentlichen Schadensfall vom Eigentümer auf einen Dritten übergehen soll. Ob eine solche Überwälzung der Kostenlast auch im Feuerwehrrecht etwa im Interesse einer Verbesserung der Brandverhütung sinnvoll sein könnte, kann hier dahinstehen. Denn darüber hat allein der Gesetzgeber zu befinden, der sich auch insoweit zwischen verschiedenen Regelungsmodellen entscheiden kann (siehe hierzu etwa die entsprechenden Regelungen in Bayern: Erstreckung des abwehrenden Brandschutzes auf drohende Brandgefahren und die kostenmäßige Gleichbehandlung in Art. 1 Abs. 1, Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG; in Hessen: Zusammenfassung des vorbeugenden und abwehrenden Brandschutzes, aber kostenmäßige Trennung in § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 61 Abs. 1 Satz 1 HBKG; in Nordrhein-Westfalen: getrennte Aufzählung von Brandabwehr und Verhütung bei kostenmäßige Gleichbehandlung in § 1 Abs. 1 und Abs. 2, § 41 Abs. 1 FSHG; in Rheinland-Pfalz: einheitliche "Brandgefahren" sowie Kostenregelung in § 1 Abs. 1, § 36 Abs. 1 LBKG). Die vom Landesgesetzgeber gewählte strikte Trennung von abwehrendem Brandschutz und sonstigen Aufgaben der Feuerwehr vermeidet jedenfalls in der Rechtsanwendung Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen einfacher und unmittelbar bevorstehender Brandgefahr. Im Übrigen erscheint es auch nicht unbillig, Brandgefahren, die wie die Heustockerhitzung zur typischen Betriebsgefahr zählen, aber gleichwohl grundsätzlich beherrschbar sind, kostenmäßig dem Eigentümer zuzuweisen.

c) Auch wenn bei objektiver Betrachtung weder ein Brand noch - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - ein öffentlicher Notstand i.S.v. § 2 Abs. 1 FwG vorlag, ist die Feuerwehr in der beachtlichen personellen Stärke und sachlichen Umfang gleichwohl in Erfüllung einer Pflichtaufgabe nach § 2 Abs. 1 FwG ausgerückt. Denn die Frage, ob ein bestimmtes Vorgehen der Feuerwehr gerechtfertigt war und wie es - auch mit Folgewirkungen auf den Kostenersatz - rechtlich einzuordnen ist, beurteilt sich nach der im Gefahrenabwehrrecht allgemein gebotenen ex-ante Sicht. Folglich ist auf den Sach- und Kenntnisstand im Zeitpunkt des behördlichen Handelns abzustellen. Mit Blick auf einen effektiven Brandschutz genügt es, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte aus der Sicht eines fähigen, besonnenen und sachkundigen Amtswalters von einem Schadenfeuer auszugehen war (vgl. Urteil des erk. Senats vom 22.01.2004 - 1 S 2263/02 -, ESVGH 54, 153 <154> m.w.N.; siehe zuletzt etwa HessVGH, Urteil vom 22.08.2007 - 5 UE 1734/06 -, ESVGH 58, 77 <79>; sowie Schnell, SächsVBl 2008, 229 <233 f.> m.w.N.).

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann dabei nicht erst auf die Einschätzung des Feuerwehrkommandanten am Ort der Gefahr abgestellt werden. Denn bereits zuvor sind kostenträchtige Maßnahmen in die Wege geleitet worden. Im demnach zunächst maßgeblichen Zeitpunkt der Alarmierung der Feuerwehr und bei der nachfolgenden Entscheidung des Feuerwehrkommandanten, in welcher Stärke die Feuerwehr ausrückte, war der begründete Verdacht eines Schadenfeuers gegeben. Denn der Kläger hatte der Integrierten Rettungsleitstelle Ravensburg, auf deren Erkenntnismöglichkeiten es insoweit ankommt (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 FwG), eine Überhitzung des Heustocks, Brandgeruch und Rauchbildung gemeldet. In dieser Situation war Eile geboten, um einer zu befürchtenden plötzlichen und unkontrollierten Brandentwicklung zu begegnen, die Leib und Leben von Menschen sowie Tieren erheblich gefährdet hätte. Es ist unschädlich, dass der Mitarbeiter der Leitstelle den Sachverhalt nicht näher aufgeklärt hat, indem er etwa die Möglichkeit der Entwicklung von - lediglich - Dampf durch die vorherige Einleitung von Wasser in den Heustock ausgeschlossen hat. Denn im Rahmen der Gefahrenabwehr dürfen die Anforderungen an die Aufklärung des Sachverhalts nicht in einer Weise überspitzt werden, dass eine zügige Bekämpfung eines tatsächlichen Schadenfeuers nicht mehr gewährleistet wäre. Vorliegend war ein rasches Handeln angezeigt. Die Meldung an die Feuerwehr "Brand Ökonomiegebäude, Linders", die nach der Alarmierung aller Feuerwehrleute die am Ausmaß der gemeldeten Gefahrenlage ausgerichtete Ausrückentscheidung des Feuerwehrkommandanten zur Folge hatte, erweist sich als angemessene Reaktion.

Dies wird durch die Wahrnehmungen der Feuerwehr an Ort und Stelle bestätigt. Denn bei deren Eintreffen bestand nach Aussagen des Einsatzleiters eine "unklare Lage", in der ein Schwelbrand im Innern des Heustocks zunächst nicht auszuschließen war.

2. Die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise die Pflichtaufgabe von der Feuerwehr nicht kostenfrei erbracht wird, liegen nicht vor.

Nach § 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 FwG soll der Träger der Gemeindefeuerwehr Ersatz der Kosten von dem Verursacher verlangen, wenn dieser die Gefahr oder den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat. Die Kostenerstattungspflicht besteht auch dann, wenn allein der Anschein eines Schadenfeuers kostenträchtige Maßnahmen nach sich gezogen hat (vgl. Urteil des erk. Senats vom 22.01.2004 - 1 S 2263/02 -, ESVGH 54, 153 <155>).

a) Der Kläger hat den begründeten Verdacht eines Schadenfeuers nicht durch die Meldung grob fahrlässig i.S.v. § 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 FwG verursacht. Der Kläger war vielmehr gemäß § 31 Abs. 1 FwG meldepflichtig, da er aus seiner Sicht von einem Brand ausgehen durfte. Im Einzelfall kann es nämlich für einen Nichtfachmann schwer erkennbar sein, ob eine Situation vorliegt, die den Einsatz der Feuerwehr überhaupt bzw. gerade zur Brandbekämpfung rechtfertigt; dies gilt auch bei der vom Feuerwehrkommandanten betonten Schwierigkeit, einen auffälligen Geruch zutreffend einem Brand oder einer Fermentation zuzuordnen. Im Interesse einer möglichst raschen Bekämpfung eines (möglicherweise gegebenen) Schadenfeuers ist es daher dem Meldenden nicht vorzuwerfen, wenn er die Feuerwehr alarmiert und sich später herausstellt, dass ein Einsatz nach § 2 Abs. 1 FwG nicht notwendig war (vgl. Schäfer/Hildinger, Feuerwehrgesetz Baden-Württemberg, 2. Aufl. 1997, § 31 Rn. 3; § 36 Rn. 18).

b) Schließlich gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger etwa durch eine nicht sachgerechte Einbringung und Lagerung des Heus sowie eine nachlässige Überwachung des Heustocks die Heustockerhitzung und folglich den Anschein eines Schadenfeuers grob fahrlässig verursacht hat.

Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird, indem schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden und nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Den Handelnden muss dabei subjektiv ein schwerer Schuldvorwurf treffen (vgl. etwa Urteil des erk. Senats vom 24.04.2008 - 1 S 2913/07 -, VBlBW 2008, 443 <444> m.w.N.).

Dem Kläger mag zwar vorzuhalten sein, dass er zuviel Heu in einen schlecht belüfteten Teil des Heubodens eingebracht und die Heubelüftungsanlage nicht rechtzeitig angeschaltet hatte. Über eine solche mögliche Schadensursache hat der Vater des Klägers wohl nach den Ereignissen spekuliert. Verlässliche Feststellungen sind hierzu aber nicht mehr zu treffen. Im Übrigen ließe sich hieraus schwerlich schließen, dass eine andere Behandlung des Heus sich schon jedem anderen Landwirt hätte aufdrängen müssen. Den Kläger trifft demnach, wenn überhaupt, der Vorwurf der einfachen Sorgfaltswidrigkeit, nicht hingegen der groben Fahrlässigkeit.

II. 1. Die an Ort und Stelle vom Feuerwehrkommandanten als dem technischen Leiter des Einsatzes (§ 28 Abs. 1 Satz 1 FwG) angeordneten Maßnahmen sind demgegenüber nicht als Pflichtaufgabe nach § 2 Abs. 1 FwG einzustufen; denn der Anschein eines Schadenfeuers lag nicht mehr vor. Die Feuerwehr der Beklagten hat damit vielmehr eine sonstige Aufgabe i.S.v. § 2 Abs. 2 FwG, nämlich eine des vorbeugenden Brandschutzes, wahrgenommen. Solche Aufgaben sind ihr in § 2 Abs. 1 der nach § 4 Abs. 1 GemO erlassenen Satzung der Beklagten über Kostenersätze für den Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr vom 12.12.1990, zuletzt geändert durch Änderungssatzung vom 18.12.2003, in Anlehnung an den Wortlaut der genannten Bestimmung des Feuerwehrgesetzes in allgemeiner Weise übertragen worden (siehe hierzu Schäfer/Hildinger, a.a.O., § 2 Rn. 24; Surwald, Feuerwehrgesetz für Baden-Württemberg, 7. Aufl. 1997, § 2 Rn. 17).

Die hierbei entstandenen Kosten hat der Kläger grundsätzlich jedenfalls nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 FwG und § 3 Abs. 2 Nr. 2 der Satzung als Eigentümer des Heustocks zu ersetzen. Dies gilt auch für die von der Feuerwehr durchgeführten Temperaturmessungen. Denn damit sollte die zweifelsfrei gegebene Gefahrenlage verlässlich eingeschätzt werden. Da allein Maßnahmen zur Abwehr einer Brandgefahr noch nicht zu den Pflichtaufgaben i.S.v. § 2 Abs. 1 FwG zählen, sind auch diese Gefahrerforschungsmaßnahmen nicht nach § 36 Abs. 1 Satz 1 FwG grundsätzlich kostenfrei.

2. Die Beklagte hat indessen das ihr in § 36 Abs. 2 FwG eingeräumte Ermessen nicht ordnungsgemäß betätigt.

a) Im Gegensatz zu § 36 Abs. 1 FwG ("sollen") steht der Kostenersatz nach § 36 Abs. 2 im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinde ("können"), wobei auch hier der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist. Ihr steht dabei Ermessen insoweit zu, ob sie überhaupt Kostenersatz verlangt (Entschließungsermessen), von wem sie Kostenersatz fordert (Auswahlermessen) und schließlich in welcher Höhe der Kostenpflichtige zum Kostenersatz herangezogen wird (vgl. Urteil des erk. Senats vom 09.08.2001 - 1 S 523/01 -, VBlBW 2002, 73). Dabei kann das Entschließungs- und Auswahlermessen in jedem Einzelfall betätigt und die Kosten können jeweils in tatsächlicher Höhe berechnet werden. Zur Gewährleistung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und der Transparenz des Verwaltungshandelns kann aber auch durch Satzung oder durch vom Gemeinderat beschlossene Richtlinien eine bestimmte Ermessensausübung festgeschrieben werden. Auch bestehen grundsätzlich keine rechtlichen Bedenken, wenn Durchschnittssätze für einzelne Kostenpositionen durch Satzung festgelegt werden. Eine auf die Umstände des Einzelfalls bezogene und seinen Besonderheiten Rechnung tragende Entscheidung darf durch eine solche Konkretisierung des Ermessensspielraums allerdings nicht ausgeschlossen werden (vgl. Urteil des erk. Senats vom 20.03.2003 - 1 S 397/01 - <juris Rz. 29 f.>). So kann eine angemessene Reduzierung des Kostenersatzes insbesondere dann angezeigt erscheinen, wenn der Umfang des Feuerwehreinsatzes nach einer Ausrückordnung bestimmt wurde und sich nach den konkreten Gegebenheiten am Einsatzort als offensichtlich überdimensioniert erweist.

b) Diesen rechtlichen Vorgaben wird der angefochtene Bescheid der Beklagten nicht gerecht.

Die Beklagte hat die Kostenersatzpflicht für die in § 2 Abs. 2 FwG bzw. § 2 Abs. 2 ihrer Satzung genannten Leistungen der Feuerwehr in § 3 Abs. 2 der Satzung geregelt. Sie hat damit das ihr nach § 36 Abs. 2 FwG eingeräumte Ermessen dahingehend gebunden, dass die dort genannten Leistungen im Regelfall dem Kostenersatz unterliegen. Insoweit bestand kein Anlass, von der Inanspruchnahme des Klägers abzusehen.

Die Berechnung der Kostenansätze ist in § 4 der Satzung geregelt. Nach deren Nr. 1 Buchst. a wird für den Personaleinsatz bei Einsätzen mit einer Dauer von bis zu zwei aufeinander folgenden Tagen 23 EUR je Stunde und eingesetzten Feuerwehrangehörigen festgesetzt und erhoben. Nach Nr. 2 werden die Fahrzeugkosten je nach Fahrzeugart mit 18 bis 312 EUR je Stunde angesetzt; darin sind die An- und Abfahrt und der Betrieb sämtlicher maschineller Einrichtungen sowie die auf dem Fahrzeug befindlichen Geräte enthalten.

Die Beklagte hat sich bei der Bemessung der Höhe des geltend gemachten Kostenersatzes hieran orientiert, dabei aber nicht beachtet, dass die Feuerwehr zunächst in Wahrnehmung einer unentgeltlichen Pflichtaufgabe in einem technischen und personellen Umfang ausgerückt ist, der sich für die am Einsatzort dann tatsächlich auszuführende sonstige Aufgabe i.S.v. § 2 Abs. 2 FwG als überdimensioniert erwiesen hat. Wie der Feuerwehrkommandant, der Zeuge xxxx, in der mündlichen Verhandlung in seiner Eigenschaft als amtliche Auskunftsperson erläutert hat, wäre die Feuerwehr bei rückblickender Betrachtung, die eine situationsbedingte Tageseinschätzung nachzuholen bemüht ist, wohl nur mit vier bis fünf Fahrzeugen (darunter zwei wasserführende Fahrzeuge <TLF 16 - 25 und LF 16> sowie VGW und MTW) und etwa 15 bis 20 Feuerwehrleuten ausgerückt, wenn die Leitstelle entsprechend den tatsächlichen Verhältnissen den Einsatz B 016 "Heustock dringend" gemeldet hätte. Die Beklagte hat insoweit auf einer unzutreffenden Tatsachengrundlage entschieden und infolgedessen ihr auf die Höhe des geltend gemachten Kostenersatzes bezogenes Ermessen nicht betätigt. Schon dieser Ermessensausfall macht den angefochtenen Bescheid zum Nachteil des Klägers rechtswidrig. Es kommt nicht darauf an, ob der festgesetzte Betrag bei einer saldierenden Betrachtungsweise etwa deswegen im Ergebnis nicht unangemessen erscheint, weil die Beklagte bei den Personalkosten - wohl irrtümlich - nur den intern von der Feuerwehr in Ansatz gebrachten Betrag von 10 EUR je Stunde und Feuerwehrmann, nicht aber den in der Satzung festgelegten Satz von 23 EUR je Stunde eingestellt hat.

Eine ordnungsgemäße Ermessensausübung kann die Beklagte im Rahmen einer neuen Inanspruchnahme des Klägers nachholen. Dabei steht dem erneuten Erlass eines Kostenbescheids der Einwand der Verjährung wohl nicht entgegen; denn durch den angefochtenen Bescheid dürfte die Verjährung nach § 53 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG gehemmt worden sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Beschluss vom 21. November 2008

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.332 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3, § 63 Abs. 2 GKG).

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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