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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 02.11.2007
Aktenzeichen: 1 S 976/07
Rechtsgebiete: FwG


Vorschriften:

FwG § 17 Abs. 2 Satz 1
§ 17 Abs. 2 Satz 1 FwG regelt die Ausgleichsansprüche zwischen dem Arbeitgeber eines wegen einsatzbedingter Folgen arbeitsunfähigen Feuerwehrmannes und der Gemeinde als Träger der freiwilligen Feuerwehr abschließend. Der Arbeitgeber kann nur die Erstattung der Entgeltfortzahlungsleistungen, nicht jedoch den Ersatz entgangenen Gewinns verlangen.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

1 S 976/07

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Forderung

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg

am 2. November 2007

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 6. März 2007 - 4 K 266/06 - wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 4.452,19 EUR festgesetzt.

Gründe:

Der auf die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 - Nr. 3 VwGO gestützte Antrag hat keinen Erfolg.

In erster Linie wirft die Klägerin als rechtsgrundsätzlich bedeutsam sinngemäß die Frage auf, ob die Gemeinde als Träger der Feuerwehr dem Arbeitgeber über die Lohnfortzahlungskosten hinaus auch sonstige Vermögensschäden ersetzen muss, die auf einer durch einen Feuerwehreinsatz verursachten Arbeitsunfähigkeit eines bei ihm beschäftigten Mitglieds der freiwilligen Feuerwehr beruhen. Sie verweist insbesondere darauf, dass "juristisches Neuland" betreten werde, da zur Frage einer erweiternden Gesetzesauslegung noch keine obergerichtliche Rechtsprechung vorliege. Allein dieser Umstand eröffnet die Grundsatzberufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO indessen nicht. Denn die insofern maßgebliche Rechtslage lässt sich - wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - bei Auslegung der hier einschlägigen Rechtsvorschriften anhand der anerkannten Auslegungskriterien ohne weiteres im verneinenden Sinn beantworten, so dass es an der Klärungsbedürftigkeit fehlt (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 27.06.2006 - 3 B 188/05 -, ZOV 2006, 306). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen demnach nicht; ebenso wenig weist die Rechtssache besondere rechtliche Schwierigkeiten (§ 24 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) auf.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin den Ersatz entgangenen Gewinns nicht beanspruchen kann. Einen solchen Anspruch billigt das Gesetz dem Arbeitgeber eines wegen einsatzbedingter Folgen arbeitsunfähigen Feuerwehrmannes nicht zu. Die Erstattungspflicht ist in § 17 Abs. 2 Satz 1 FwG auf Lohnfortzahlungsleistungen beschränkt, die der Arbeitgeber auf Grund gesetzlicher Verpflichtungen erbracht hat. Diese Vorschrift versteht sich als abschließende Regelung der zwischen dem Arbeitgeber und der Gemeinde bestehenden Ausgleichsansprüche. Dies folgt mit hinreichender Deutlichkeit aus der Entstehungsgeschichte dieser Regelung.

Mit der Einführung von § 17 Abs. 2 FwG durch das Gesetz vom 10.02.1987 (GBl. S. 105) hat der Gesetzgeber den Arbeitgeber erstmals von finanziellen Belastungen entlastet, die als Ausfluss seiner Fürsorgepflicht gegenüber dem Arbeitnehmer er bislang endgültig zu tragen verpflichtet war; die arbeitsrechtlichen Vorschriften über die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall unterscheiden nämlich - vorbehaltlich des Anspruchsausschlusses bei Verschulden des Arbeitnehmers (siehe nun § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG) - grundsätzlich nicht nach der Ursache der Arbeitsunfähigkeit (vgl. etwa MünchArbR/Boecken, 2. Aufl. 2000, § 83 Rn. 27, 110 ff., 113). Dieser auf Leistungen nach dem damals geltenden Lohnfortzahlungsgesetz bezogene Erstattungsanspruch war nicht etwa nur beispielhaft für weitere erstattungsfähige Vermögenseinbußen des Arbeitgebers infolge der Arbeitsunfähigkeit des bei ihm beschäftigten Feuerwehrmannes normiert. Eine solche Annahme verbietet sich zum einen angesichts der Erläuterungen in der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 9/2543, S. 39), die bereits das Verwaltungsgericht zutreffend gewürdigt hat. Der Gesetzgeber hat nämlich nicht verkannt, dass den Arbeitgeber über die Verpflichtung zur Lohnfortzahlung hinaus weitere Belastungen treffen können; dass sich diese ggfs. auch kostenmäßig niederschlagen, liegt dabei nicht fern. Diese Kosten sollte der Arbeitgeber aber auf sich behalten. Zum anderen zeigt sich die vom Gesetzgeber gewollte Beschränkung von Erstattungsleistungen auf den jeweils ausdrücklich normierten Tatbestand auch darin, dass erst aufgrund des Änderungsgesetzes vom 08.05.1989 (GBl. S. 142) die Erstattungsfähigkeit von Lohnfortzahlungsleistungen über den Personenkreis von Arbeitern hinaus auf alle Arbeitnehmer ausgedehnt worden ist, wobei die ursprüngliche eng gefasste Regelung keinen rechtlichen Bedenken begegnete (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.05.1990 - 10 S 343/90 -, EKBW, Sonstige Vorschriften 6 E 13; sowie Urteil vom 12.05.1997 - 1 S 793/95 -, VBlBW 1997, 465). Eine planwidrige Gesetzeslücke, die von der Rechtsprechung im Wege der Analogie oder der Heranziehung allgemeiner Rechtsgrundsätze zu Gunsten der Klägerin gefüllt werden könnte, liegt deswegen nicht vor.

Die Argumente, die nach Ansicht der Klägerin nicht zuletzt im Interesse der beruflichen Chancen der Feuerwehrleute für eine Erweiterung der Erstattungsansprüche des Arbeitgebers und die Korrektur als unbillig empfundener Ergebnisse sprechen, hat letztlich der Gesetzgeber im Rahmen seines Gestaltungsspielraum zu gewichten. Dass dieser Spielraum im Sinne der von der Klägerin für geboten erachteten Regelung verengt wäre, kann nicht angenommen werden. Denn auch das Deliktsrecht gewährt dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb keinen umfassenden Vermögensschutz. So fehlt es bei der Verletzung einer zum Betrieb gehörenden Person an einem unmittelbaren, betriebsbezogenen Eingriff als Voraussetzung einer Schadensersatzpflicht (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 10.12.2002 - VI ZR 171/02 -, NJW 2003, 1040 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 und § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

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