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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 22.05.2001
Aktenzeichen: 10 S 1405/99
Rechtsgebiete: KrW-/AbfG, LAbfG, SAbfVO, EG-AbfVerbrVO


Vorschriften:

KrW-/AbfG § 13 Abs. 4
KrW-/AbfG § 29
LAbfG § 9
LAbfG § 28a
SAbfVO § 4
SAbfVO § 5
SAbfVO § 6
EG-AbfVerbrVO Art. 13
1. Die Ermächtigung in §§ 9, 28a LAbfG zur Einführung von Andienungspflichten hinsichtlich besonders überwachungsbedürftiger Abfälle zur Beseitigung und der Befugnis der Sonderabfallagentur, diese Abfälle den zentralen Einrichtungen des Landes Baden-Württemberg zuzuweisen, ist mit Bundesrecht, das die Organisation der Sonderabfallentsorgung nicht abschließend regelt, vereinbar.

2. Die aufgrund dieser Ermächtigung erlassene Sonderabfallverordnung hält den Ermächtigungsrahmen ein und steht mit Bundesrecht sowie dem Kohärenzgebot des Art. 13 EG-AbfVerbrVO in Einklang.

3. Zu den Voraussetzungen einer Befreiung von der Andienungspflicht nach § 5 Abs. 2 SAbfVO.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

10 S 1405/99

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Zuweisung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen zur Beseitigung

hat der 10. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schlüter, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Hofherr und und den Richter im Nebenamt Prof. Dr. Schoch auf die mündliche Verhandlung vom 22. Mai 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 30.03.1998 - 14 K 1220/97 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin betreibt in Betzweiler-Wälde ein Zwischenlager nebst Anlagen zur vorbereitenden Behandlung von Abfällen. Unter anderem erzeugt sie dort vorgemischte Abfälle zur Beseitigung zum Zwecke der Verbrennung. Die Klägerin begehrt eine Zulassung der Entsorgung dieser Abfälle durch Verbrennung in der Sonderabfallverbrennungsanlage der AGR RZR Herten.

Unter dem 15.08.1996 beantragte die Klägerin bei der (damals zuständigen) SBW Sonderabfallentsorgung Baden-Württemberg GmbH - Geschäftsbereich Andienung - (im Folgenden: SBW) die Zuweisung von jährlich etwa 1.000 Tonnen besonders überwachungsbedürftigen Abfalls (Abfallschlüssel 59603) zur Entsorgung durch Verbrennung in der Sonderabfallverbrennungsanlage AGR RZR Herten (Nordrhein-Westfalen) bis zum 30.06.2001. Dazu legte die Klägerin einen von der Bezirksregierung Münster bis zum 30.06.2001 befristeten Entsorgungsnachweis vor, der die Zulässigkeit der Entsorgung bestätigt.

Mit Zuweisungsbescheid vom 31.10.1996 gemäß § 4 Sonderabfallverordnung Baden-Württemberg - SAbfVO - vom 12.09.1996 (GBl. S. 586) gestattete die SBW die Nutzung des beantragten Entsorgungswegs bis zum 31.03.1997. In dem Zuweisungsbescheid wurde die Klägerin zugleich darauf verpflichtet, den Abfall im Zeitraum vom 01.04.1997 bis zum 30.06.2001 in der Sonderverbrennungsanlage der Abfall-Verwertungsgesellschaft mbH in Hamburg zu entsorgen; zur Begründung verwies die SBW auf die "Vorrangregelung in § 4 Abs. 1 Sonderabfallverordnung".

Gegen den bei der Klägerin am 05.11.1996 eingegangenen Zuweisungsbescheid erhob diese mit Schreiben vom 22.11.1996 Widerspruch, den sie im Wesentlichen damit begründete, dass die einschlägigen Bestimmungen der Sonderabfallverordnung ungültig seien. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.03.1997 wies die SAA Sonderabfallagentur Baden-Württemberg GmbH - Geschäftsbereich Andienung - (im Folgenden: SAA) den vorgemischten Abfall zum Zweck der Verbrennung (Abfallschlüssel 59603) für die Zeit vom 01.04.1997 bis 31.12.1998 der SBW zur Entsorgung in der Sonderabfallverbrennungsanlage der Abfall-Verwertungsgesellschaft mbH in Hamburg zu und ordnete die sofortige Vollziehbarkeit dieser Zuweisungsentscheidung an. Für die Zeit bis zum 01.04.1997 wurde die Beseitigung des Abfalls in der Anlage der AGR RZR Herten zugelassen. Zur Begründung ist ausgeführt, nach § 4 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 SAbfVO (1996) weise die SAA, die zum 01.11.1996 die Aufgaben des Geschäftsbereichs Andienung der SBW übernommen habe, die ihr angedienten Sonderabfälle vorrangig der SBW zur Entsorgung in den von dieser im Auftrag des Landes vorgehaltenen Entsorgungseinrichtungen zu. Hierzu zähle gemäß § 1 Abs. 2 SAbfVO (1996) die Sonderabfallverbrennungsanlage der AVG in Hamburg im Rahmen der vom 01.04.1997 an bestehenden Lieferverpflichtungen. Entsorgungspreise und Lieferbedingungen dieser Anlage unterschieden sich nicht wesentlich von den anderen öffentlich zugänglichen Sonderabfallverbrennungsanlagen in Deutschland, so dass die getroffene Zuweisungsentscheidung auch in wirtschaftlicher bzw. finanzieller Hinsicht zumutbar sei. Wegen § 2 der Verordnung zur Einführung des Europäischen Abfallkatalogs und § 3 der Verordnung zur Bestimmung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen werde die Gültigkeitsdauer der Zuweisung derzeit längstens bis zum 31.12.1998 festgelegt.

Gegen die am 10.03.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheids übermittelte Zuweisungsentscheidung hat die Klägerin am 09.04.1997 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben. Sie hat die Aufhebung der Zuweisungsentscheidung beantragt, soweit darin Abfälle an die SBW zur Entsorgung in der Sonderabfallverbrennungsanlage der Abfall-Verwertungsgesellschaft mbH in Hamburg zugewiesen worden sind, sowie die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sei, ihre besonders überwachungsbedürftigen Abfälle der SAA anzudienen und dass diese nicht berechtigt sei, die genannten Abfälle einer Anlage zur Entsorgung zuzuweisen. Hilfsweise hat die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten beantragt, die im Zuweisungsantrag vom 15.08.1996 bezeichneten Abfälle bis zum 31.12.1998 der AGR RZR Herten zur Entsorgung zuzuweisen. Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen, dass die einschlägigen Vorschriften des Landesabfallgesetzes und der auf dessen Grundlage ergangenen Sonderabfallverordnung wegen Verstoßes gegen Art. 72 Abs. 1 GG - Sperrwirkung für den Landesgesetzgeber wegen Ausschöpfung der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz durch den Bund nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 GG - ungültig seien. Doch selbst im Falle der Gültigkeit des Landesrechts stehe der Klägerin ein Anspruch auf Zuweisung der fraglichen Abfälle an die für sie erheblich kostengünstigere AGR RZR Herten zu, weil sie dort Vertragskontingente vereinbart habe. § 4 Abs. 1 Satz 2 SAbfVO (1996) sei im Lichte der Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 Satz 1 GG verfassungskonform dahin auszulegen, dass ein Vorrang der Zuweisung an die SBW zur Entsorgung in den zentralen Einrichtungen gemäß § 1 Abs. 2 SAbfVO (1996) nicht bestehe, wenn der Abfallerzeuger oder -besitzer einen Vorschlag zur Entsorgung mache und die vorgeschlagene Anlage rechtlich und technisch zur Entsorgung der Abfälle geeignet sei sowie für den Entsorgungsweg ein bestandskräftig bestehender Entsorgungsnachweis vorliege.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und im Wesentlichen ausgeführt: Die Sonderabfallverordnung vom 12.09.1996 sei gültig. Ferner seien die mit der Andienungspflicht verbundenen Grundrechtsbeeinträchtigungen gerechtfertigt. Die erfolgte Zuweisung sei von den einschlägigen Vorschriften gedeckt.

Mit Urteil vom 30.03.1998 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig. Insbesondere stehe dem Feststellungsbegehren § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht entgegen. Eine Gestaltungs- oder Leistungsklage würde nicht die gleiche Rechtsschutzeffektivität erreichen. Der Klägerin gehe es, abgesehen von der Anfechtung der Zuweisungsentscheidung, um das generelle Nichtbestehen einer Andienungspflicht für ihre besonders überwachungsbedürftigen Abfälle und um die generell fehlende Berechtigung der Beklagten, diese Abfälle zur Entsorgung zuzuweisen. Da die Klägerin die beabsichtigte Entsorgung gerade als zuweisungsfrei ansehe, sei es auch nicht zu beanstanden, dass eine Verpflichtung der Beklagten auf Zuweisung der Abfälle an die AGR RZR Herten nur hilfsweise beantragt worden sei. Die Klage sei aber unbegründet. Zur Vereinbarkeit der Sonderabfallverordnung vom 12.09.1996 mit höherrangigem Recht sei auf den Normenkontrollbeschluss des erkennenden Senats vom 24.11.1997 - 10 S 3287/96 - zu verweisen. In Bezug auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG handele es sich bei der Sonderabfallverordnung um eine verhältnismäßige Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentumsrechts (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Die getroffene Zuweisungsentscheidung sei formell rechtmäßig, nachdem der Beklagten zum 01.11.1996 die Zuständigkeit für die Zuweisung der in Streit befindlichen Abfälle der Klägerin zugewachsen sei. Materiellrechtlich unterlägen die - unstreitig besonders überwachungsbedürftigen - Abfälle nach § 3 Abs. 1 SAbfVO (1996) der Andienungspflicht. Eine Befreiung nach § 3 Abs. 2 SAbfVO (1996) komme mangels atypischer Fallkonstellation nicht in Betracht; der erhöhte Kostenaufwand der Klägerin für die Entsorgung in der Sonderabfallverbrennungsanlage in Hamburg reiche dafür nicht. Die Zuweisung an die SBW zur Entsorgung in der Anlage in Hamburg entspreche dem in § 4 Abs. 1 Satz 2 SAbfVO (1996) normierten Vorrang; eine einschränkende Auslegung mit Blick auf Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 Satz 1 GG komme infolge der Verfassungsmäßigkeit der Sonderabfallverordnung nicht in Betracht.

Das Urteil ist der Klägerin am 11.05.1998 zugestellt worden. Am 10.06.1998 hat sie beantragt, die Berufung zuzulassen. Mit Beschluss vom 08.06.1999 hat der Senat die Berufung der Klägerin nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen. Der Beschluss ist der Klägerin am 21.06.1999 zugestellt worden. Mit einem - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 15.08.1999 - am 13.08.1999 eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin wegen des Fristablaufs der Zuweisungsentscheidung zum 31.12.1998 den Rechtsstreit in Bezug auf den Hilfsantrag für erledigt erklärt; hinsichtlich des Anfechtungsbegehrens hat die Klägerin mit Ablauf des 31.12.1998 wegen Erledigung der Zuweisungsentscheidung ihr Begehren auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellt. Den allgemeinen Feststellungsantrag verfolgt die Klägerin unverändert weiter. Ihre Berufung hat sie im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Andienungsbestimmungen des Landesrechts seien unwirksam. Sie seien zunächst mit EG-Recht unvereinbar. Sie verstießen insbesondere gegen Art. 34 Abs. 1 EGV sowie gegen die EG-Abfallverbringungs-verordnung (EG-AbfVerbrVO). Durch zwingende Gründe des Umweltschutzes seien die landesrechtlichen Andienungspflichten nicht gerechtfertigt. Auf die Entsorgungsnähe könne die Zuweisung nicht gestützt werden; denn die von der Klägerin beabsichtigte Entsorgung im RZR Herten in Nordrhein-Westfalen sei erheblich näher am Ursprungsort der zu entsorgenden Abfälle als die zugewiesene Anlage der AVG in Hamburg. Zur Rechtfertigung könne die Entsorgungsautarkie nicht angeführt werden; sie genieße keinen Vorrang gegenüber dem Grundsatz der Entsorgungsnähe. Nach der EG-Abfallrahmenrichtlinie (EG-AbfRRL) bestehe eher ein Vorrang des Näheprinzips gegenüber dem Autarkiegrundsatz. Selbst wenn die Andienungsverordnung des Landes nicht zu beanstanden sei, müsse bei ihrer Anwendung das Näheprinzip berücksichtigt werden. Der danach gebotenen europarechtskonformen Auslegung könne in der Praxis durch Erteilung von Ausnahmen Rechnung getragen werden. Auch die Beachtung des Kohärenzprinzips nach Art. 13 Abs. 2 EG-AbfVerbrVO verlange, dass nicht ausschließlich Autarkievorstellungen zur Geltung gebracht würden, sondern auch das Näheprinzip berücksichtigt werde.

Die landesrechtlichen Andienungsregelungen seien zudem mit Bundesrecht unvereinbar. Denn die ausschließliche thermische Behandlung der in Baden-Württemberg anfallenden besonders überwachungsbedürftigen Abfälle zur Beseitigung in Hamburg sei keine Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung im Sinne der §§ 13 Abs. 4 Satz 1, 10 Abs. 4 KrW-/AbfG. Angesichts der großen Entfernung führe die Abfallbeförderung nach Hamburg zu schädlichen Umwelteinwirkungen, die bei einer Entsorgung in näher gelegenen Anlagen vermieden werden könnten.

Selbst bei einer Vereinbarkeit der landesrechtlichen Andienungsregelungen mit höherrangigem Recht sei die Zuweisung der Abfälle der Klägerin zur AVG in Hamburg rechtswidrig. § 3 Abs. 2 SAbfVO (1996) lasse Ausnahmen von der Andienungspflicht im Einzelfall zu. Bei europarechtskonformer und grundrechtskonformer Auslegung habe davon im Falle der Klägerin Gebrauch gemacht werden müssen. Denn zugunsten der Klägerin sei zu berücksichtigen, dass die Anlage in Herten näher am Entstehungsort der Abfälle liege als die Anlage in Hamburg und die Kosten der Entsorgung in Herten erheblich geringer seien als in Hamburg.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 30.03.1998 - 14 K 1220/97 - zu ändern und festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, ihre vorgemischten besonders überwachungsbedürftigen Abfälle zur Verbrennung aus ihrem Entsorgungswerk in B. der Beklagten anzudienen, und dass diese nicht berechtigt ist, die genannten Abfälle einer Anlage zur Entsorgung zuzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor: Unzulässig sei das Feststellungsbegehren, soweit es einen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme nach § 3 Abs. 2 SAbfVO i.d.F. vom 26.01.1998 (GBl. S. 73) enthalte, schon deshalb, weil die Klägerin zunächst im Verwaltungsverfahren bei der Beklagten eine Ausnahme beantragen müsse; das sei bislang nicht erfolgt, so dass das Feststellungsinteresse fehle. Ferner stehe im Streit um eine Ausnahmeerteilung auch 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO der Feststellungsklage entgegen, da insoweit die Verpflichtungsklage zulässig sei. Im Übrigen sei der Antrag deshalb unzulässig, weil es sich um einen verkappten Normenkontrollantrag handele; die Feststellungsklage könne nur Erfolg haben, wenn die Sonderabfallverordnung ungültig sei.

Sollte die Klage zulässig sein, sei sie jedenfalls unbegründet. Die Sonderabfallverordnung des Landes sei gültig. Dies habe das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 29.07.1999 (2 CN 2/98) bestätigt; die Vorlagefragen an den EuGH beträfen die grenzüberschreitende Abfallverbringung, die nicht Gegenstand dieses Verfahrens sei. Das Kohärenzgebot nach Art. 13 Abs. 2 EG-AbfVerbrVO für nationale Regelungen der innerstaatlichen Abfallverbringung betreffe das bundesrechtliche Nachweisverfahren, nicht aber die landesrechtlichen Andienungsverordnungen. Unabhängig davon habe das BVerwG die Kohärenz der Sonderabfallverordnung mit der EG-AbfVerbrVO bejaht. Für die Abfallbeseitigung gelte gemeinschaftsrechtlich (und bundesrechtlich) als Grundpflicht die Inlandsbeseitigung. Die gemeinschaftsrechtlich anzustrebende Entsorgungsautarkie werde durch die Sonderabfallverordnung gewährleistet.

Auch die konkret erfolgenden Zuweisungsentscheidungen der Beklagten zur AVG Hamburg seien rechtmäßig. Die Voraussetzungen zur Erteilung von Ausnahmen von der Andienungspflicht seien mangels atypischer Fallkonstellation nicht erfüllt. Die von der Klägerin vorgetragenen Gründe zur Rechtfertigung von Ausnahmen könnten nämlich fast alle andienungspflichtigen Abfallerzeuger geltend machen oder beliebig konstruieren. Für eine Ermessensreduzierung auf Null in Bezug auf die Erteilung von Ausnahmen sei nichts ersichtlich.

In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihren Vortrag ergänzt und vertieft. Die Klägerin hat insbesondere darauf hingewiesen, dass auf Grund der Marktentwicklung die Preise bei der AGR RZR Herten nochmals gesunken seien. So betrage der Grundpreis, der regelmäßig der Marktentwicklung angepasst werde, aktuell nur noch 380,- DM/t. Aus wirtschaftlichen Gründen wolle die Klägerin nur zahlen, was der Markt verlange. Die AVG Hamburg, die - außerhalb der Vertragsbeziehungen mit Baden-Württemberg und Niedersachsen mehr als 50 % der Abfälle am Markt handele, setze infolge der Vereinbarungen mit Baden-Württemberg und Niedersachsen für den aus diesen Ländern stammenden Sonderabfall Höchstpreise fest. Die Schere zwischen den Marktpreisen und den auf Grund der Andienungspflicht zu zahlenden Preisen sei seit 1996 immer größer geworden und betrage mittlerweile über 200,- DM. Die aktuell geltende Sonderabfallverordnung sei - anders als noch die SoAbfVO 1996 - nicht (mehr) hinreichend flexibel, um vor diesem wirtschaftlichen Hintergrund der Einzelfallgerechtigkeit Rechnung tragen zu können; daher sei die Verordnung nichtig.

Die Beklagte bestreitet, dass es sich bei dem zur Verbrennung bestimmten besonders überwachungsbedürftigen Abfall um eine "marktgängige Leistung" handele; es gehe vielmehr um die Organisation einer öffentlichen Vorhaltewirtschaft. Im Übrigen habe auch die AVG Hamburg ihre Preise gesenkt und für vorgemischte Abfälle der hier in Rede stehenden Art folgende mengenabhängigen Staffelpreise für den jeweiligen Kunden eingeführt: 595,- DM bis 2.000 t, 540,- DM bis 4.000 t, 480,- DM über 4.000 t. Diese Preise entsprächen auch denjenigen bei Anlagen in Bayern und Hessen. Preisunterschiede seien vor allem auf freie Kapazitäten von Entsorgungsanlagen im Hausmüllsektor sowie auf Probleme beim Aquirieren von Abfall zurückzuführen. Außerdem schaffe in der Praxis die Zunahme des Anteils von Abfall zur Verwertung Probleme bei der Planung und Auslastung von Einrichtungen für Beseitigungsabfall. Was speziell die Lieferung besonders überwachungsbedürftigen Abfalls zur Beseitigung aus Baden-Württemberg zur AVG nach Hamburg betreffe, sei die Entwicklung wie folgt verlaufen: 1997 = 9.500 t, 1998 = 19.000 t, 1999 = 15.000 t, 2000 = 12.000 t. Wegen Unterschreitung der Lieferverpflichtung entsprechender Abfallmengen nach Hamburg (20.000 t jährlich) habe das Land Baden-Württemberg 1999 etwa 2 Mio DM und 2000 etwa 4,1 Mio DM zahlen müssen. Die Beklagte sei nach wir vor bestrebt, das Ziel einer Lieferung der mit Hamburg vereinbarten 20.000 t zu erreichen; ein Mittel hierfür sei die intensivere Prüfung der Zuordnung von Abfall zur Verwertung oder zur Beseitigung. Die Ausnahme- oder Befreiungstatbestände der Sonderabfallverordnung (in ihrer jeweils geltenden Fassung) hätten in der Praxis nie eine Rolle gespielt. In seltenen Extremfällen, in denen die AVG Hamburg z. B. 30 l-Gebinde nicht angenommen habe, sei eine Zuweisung an andere Betriebe erfolgt, die die Entsorgung vorgenommen hätten. Durch derartige Entscheidungen versuche man, atypischen Fällen gerecht zu werden. Im vorliegenden Rechtsstreit gehe es jedoch um vorgemischte, feste, besonders überwachungsbedürftige Abfälle, die sehr gefährlich seien; dies sei der klassische Fall für die Notwendigkeit einer Abfallverbringung zur AVG nach Hamburg.

Nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, sie wolle weder den durch Zeitablauf erledigten ursprünglichen Hilfsantrag noch den Fortsetzungsfeststellungsantrag weiter verfolgen, hat der Senat durch Beschluss vom 22. Mai 2001 das Verfahren insoweit abgetrennt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Akten des Verwaltungsgerichts, die das Zuweisungsverfahren betreffenden Akten der SAA und auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Senat zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen.

A. Die allgemeine Feststellungsklage, über die nach Abtrennung der mittlerweile durch Zeitablauf erledigten ursprünglichen Rechtsschutzanträge allein noch zu entscheiden ist, ist nach § 43 VwGO zulässig.

I. Das Feststellungsbegehren hat eine doppelte Zielrichtung. Es negiert zunächst die landesrechtliche Andienungspflicht der Klägerin für die bei ihr anfallenden besonders überwachungsbedürftigen Abfälle. Insoweit kann sich das Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO daraus ergeben, dass die - im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. OVG RP, Urt. v. 18.11.1998, NVwZ 1999, 676, 677) gemäß § 4 SAbfVO v. 20.12.1999 (GBl. S. 683) i.d.F. der ÄnderungsVO v. 23.05.2000 (GBl. S. 459) angeordnete - Andienungspflicht unwirksam ist oder eine Ausnahme von der Andienungspflicht nach § 5 SAbfVO besteht. Auch in der erstgenannten Variante zielt das Klagebegehren auf die Feststellung des Nichtbestehens einer bestimmten Pflicht und nicht auf die Feststellung der Ungültigkeit einer Rechtsnorm. Denn ungeachtet der Begründung, die auf die Nichtigkeit der zu Grunde liegenden Rechtsnorm gestützt ist, ist die Klage auf das Nichtbestehen der in Frage stehenden Pflicht gerichtet (vgl. allg. dazu Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 43 RdNr. 25). Folglich liegt ein anderer Streitgegenstand als bei der Normenkontrolle nach § 47 VwGO vor.

Sodann bestreitet das Feststellungsbegehren die Befugnis der Beklagten zur Zuweisung der angedienten Abfälle an die Sonderabfallverbrennungsanlage der AVG in Hamburg. Das Nichtbestehen dieses Rechtsverhältnisses zwischen den Beteiligten kann sich aus der Unwirksamkeit der Befugnisnormen gemäß § 6 Abs. 1, 2 SAbfVO oder aus der Anwendung des § 6 Abs. 3 SAbfVO auf die Klägerin ergeben. Soweit es um die erstgenannte Variante geht, ist auch hier die Klage nicht auf die Feststellung der Ungültigkeit der Rechtsnorm gerichtet, sondern auf die Feststellung des Nichtbestehens der erwähnten Befugnis. Bei Anwendung des § 6 Abs. 3 SAbfVO kann dahinstehen, inwieweit die - jeweilige - Ausnahmeerteilung nur auf Antrag erfolgen darf (vgl. § 5 Abs. 2 SAbfVO, § 6 Abs. 3 AbfVO) oder auch von Amts wegen vorgenommen werden kann (vgl. § 5 Abs. 1 SAbfVO). Denn bei verständiger Würdigung des Zuweisungsantrags der Klägerin vom 15.08.1996 sowie ihrer Widerspruchsbegründung vom 28.01.1997 ist nicht zweifelhaft, dass sie von Anfang an jedenfalls eine Ausnahme von der Zuweisung an die - damals noch zuständige -SBW (mit)beantragt hat. In dem Zuweisungsantrag vom 15.08.1996 hat die Klägerin unter Nr. 3.1 ausdrücklich erklärt, den fraglichen Abfall in der Anlage der AGR RZR Herten entsorgen zu wollen. Sinnvollerweise kann dies nur als das Begehren einer Ausnahme von der seinerzeit sonst üblichen Zuweisung seitens der SBW gedeutet werden. Auch in der Widerspruchsbegründung vom 28.01.1997 (S. 6) hat die Klägerin ausdrücklich geltend gemacht, die SBW habe im Rahmen ihrer Ermessenserwägungen berücksichtigen müssen, dass sie als damalige Widerspruchsführerin über einen von der Bezirksregierung Münster ausgestellten Entsorgungsnachweis zur Anlage der AGR RZR Herten bis zum 30.06.2001 verfügt habe. Auch die Geltendmachung einer Ausnahme von der Andienungspflicht ergibt sich im übrigen unzweideutig aus der Widerspruchsbegründung.

Nachdem der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 06.03.1997 unmissverständlich an der verordnungsrechtlichen Andienungspflicht festgehalten hat, spricht nichts für die Auffassung, die Klägerin habe vor Klageerhebung nochmals bei der Beklagten einen Antrag stellen müssen. Der zum 01.11.1996 vom Land vollzogene Zuständigkeitswechsel von der SBW zur Beklagten (§ 2 i.V.m. § 7 SAbfVO v. 12.09.1996, GBl. S. 586) kann jedenfalls nicht zu Lasten des Rechtsschutzbegehrens der Klägerin wirken.

Durch das ursprüngliche Antragsverfahren und das (von der Beklagten nach der Zuständigkeitsbegründung zum 01.11.1996 durchgeführte) Widerspruchsverfahren ist zwischen den Beteiligten auch ein konkretes und streitiges, mithin feststellungsfähiges Rechtsverhältnis entstanden. Das Verwaltungsgericht hat unter Hinweis auf die Rechtsschutzeffektivität zutreffend erkannt, der Klägerin gehe es, abgesehen von der damaligen Anfechtung der Zuweisungsentscheidung, um das generelle Nichtbestehen einer Andienungspflicht für ihre besonders überwachungsbedürftigen Abfälle und um die generell fehlende Berechtigung der Beklagten, diese Abfälle der AVG in Hamburg zuzuweisen. Grundlage dieses Streits zwischen den Beteiligten ist eine konkrete Zuweisungsentscheidung der Beklagten. Durch die Feststellungsklage sollen künftige Streitigkeiten über weitere jeweils konkrete Zuweisungsentscheidungen vermieden werden.

II. Der Grundsatz der Subsidiarität (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO) steht der Statthaftigkeit der von der Klägerin erhobenen Feststellungsklage nicht entgegen. Entsprechend ihrem Zweck ist die Vorschrift des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO einschränkend auszulegen und anzuwenden. Droht keine Umgehung der für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen geltenden Bestimmungen über Fristen und Vorverfahren, steht diese Regelung der Feststellungsklage nicht entgegen (Pietzcker, a.a.O., § 43 RdNr. 51 i.V.m. RdNr. 42 f.); dasselbe gilt in Fällen, in denen die Feststellungsklage den effektiveren Rechtsschutz bietet (BVerwG, Urt. v. 05.12.2000, NVwZ 2001, 564, 565). Die Umgehungsgefahr besteht schon deshalb nicht, weil die Klägerin ursprünglich zulässigerweise Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erhoben hatte, so dass die Bestimmungen über Fristen und Vorverfahren eingehalten worden waren. Zur Klärung ihrer generellen Andienungspflicht und der generellen Zuweisungsbefugnis der Beklagten sowie der davon jeweils bestehenden Ausnahmen steht der Klägerin eine sachnähere und wirksamere Klageart nicht zur Verfügung.

III. Das berechtigte Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung besteht in der Vermeidung wirtschaftlicher Nachteile. Dies reicht zur Begründung des Feststellungsinteresses gemäß § 43 Abs. 1 VwGO aus (BVerwG, a.a.O.; Pietzcker, a.a.O., § 43 RdNr. 33). Im Hinblick auf ihre künftige unternehmerische Betätigung möchte die Klägerin legitimerweise gerichtlich geklärt wissen, ob ihre besonders überwachungsbedürftigen Abfälle zur Beseitigung der Andienungspflicht unterliegen und ob diese Abfälle von der Beklagten einer Entsorgungsanlage nach Wahl der Klägerin zugewiesen werden müssen. Die Weigerung der Beklagten, den Vorschlägen und Wünschen der Klägerin nachzukommen, begründet das berechtigte Interesse der Klägerin an der gerichtlichen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens des konkreten und streitigen Rechtsverhältnisses zwischen den Beteiligten.

B. Die zulässige Feststellungsklage ist unbegründet. In dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. wiederum OVG RP, Urt. v. 18.11.1998, a.a.O.) ist die Klägerin auf Grund rechtswirksamen Landesrechts verpflichtet, ihre besonders überwachungsbedürftigen Abfälle zur Beseitigung der Beklagten anzudienen; diese ist überdies befugt, die angedienten Abfälle zur Entsorgung den zentralen Einrichtungen des Landes Baden-Württemberg zuzuweisen. Die Klägerin kann für sich weder eine Ausnahme von der Andienungspflicht reklamieren, noch hat sie einen Anspruch auf eine bestimmte Zuweisungsentscheidung in ihrem Sinne.

I. Vorab weist der Senat darauf hin, dass er sich durch das beim EuGH anhängige, vom Bundesverwaltungsgericht durch Beschluss vom 29.07.1999 (VBlBW 1999, 455 = NVwZ 1999, 1228) eingeleitete Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 234 EGV im vorliegenden Fall nicht an einer Sachentscheidung gehindert sieht. Die Antragstellerin des Normenkontrollverfahrens 10 S 3287/96 beim erkennenden Senat (DVBl. 1998, 343 = NVwZ-RR 1998, 744 = VBlBW 1998, 263) wandte sich dagegen, dass ihr die Beseitigung von betrieblichen Abfällen im Ausland untersagt wird. Infolgedessen beziehen sich die vier Vorlagefragen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Beschluss vom 29.07.1999 ausschließlich auf Fragen eines nationalen Ausfuhrverbots und demzufolge auf die grenzüberschreitende Verbringung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen zur Beseitigung. Im vorliegenden Verfahren geht es hingegen nicht um die grenzüberschreitende Abfallverbringung, sondern um einen Fall der Inlandsentsorgung. Der Senat braucht daher nicht die Beantwortung der Vorlagefragen des Bundesverwaltungsgerichts durch den Europäischen Gerichtshof abzuwarten, um eine Sachentscheidung im vorliegenden Verfahren treffen zu können.

II. Rechtsgrundlagen für die Andienungspflicht des Abfallbesitzers und für die Zuweisungsbefugnis der Beklagten sind §§ 4, 5 bzw. 6 der Verordnung der Landesregierung und des Ministeriums für Umwelt und Verkehr über die Aufgaben der Sonderabfallagentur und die Entsorgung besonders überwachungsbedürftiger Abfälle (Sonderabfallverordnung - SAbfVO) vom 20.12.1999, geändert durch Verordnung vom 23.05.2000. Die verordnungsrechtlichen Bestimmungen finden in §§ 9, 28a LAbfG eine wirksame Ermächtigungsgrundlage.

1. Die landesgesetzliche Ermächtigung zur Einführung von Andienungspflichten und der hoheitlichen Zuweisungsbefugnis in Bezug auf die angedienten Abfälle ist mit Bundesrecht vereinbar.

Die Organisation der Sonderabfallentsorgung hat entgegen der Auffassung der Klägerin durch den Bundesgesetzgeber keine abschließende Regelung in § 29 KrW-/AbfG erfahren. Für besonders überwachungsbedürftige Abfälle zur Beseitigung, um die es hier unstreitig geht, ist durch § 13 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass eine abschließende bundesgesetzliche Regelung gerade nicht besteht, sondern durch Landesrecht Andienungspflichten normiert werden können. Dies haben der Senat in seinem Normenkontrollbeschluss vom 24.11.1997 (10 S 3287/96, DVBl. 1998, 343 = NVwZ-RR 1998, 744) und das Bundesverwaltungsgericht in seinem Vorlagebeschluss an den Europäischen Gerichtshof vom 29.07.1999 (a.a.O.; so auch BVerwG, Urt. v. 13.4.2000, DVBl. 2000, 1347 = NVwZ 2000, 1175) festgestellt. An dieser Rechtsauffassung ist festzuhalten. Die Klägerin hat keine substantiell neuen rechtlichen Gesichtspunkte vorgetragen, die zu einer abweichenden Beurteilung führen könnten.

Unzutreffend ist insbesondere die These, das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz statuiere den Grundsatz der "Verbringungsfreiheit", der nur nach Maßgabe der von den Ländern zu erstellenden Abfallwirtschaftsplanung (§ 29 KrW-/AbfG) beschränkt werde (so P. M. Huber, ThürVBl. 1999, 97, 98, der jedoch § 13 Abs. 4 KrW-/AbfG übersieht). Auf dem Gebiet der "Abfallbeseitigung" (Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 GG) bleibt den Ländern gemäß Art. 72 Abs. 1 GG Raum für eigene Regelungen, soweit das einschlägige Bundesrecht nicht abschließend ist. Maßgeblich ist, ob der Sachbereich "Abfallbeseitigung" tatsächlich umfassend und lückenlos geregelt ist bzw. nach dem aus der Gesetzgebungsgeschichte und den Materialien ablesbaren objektivierten Willen des Gesetzgebers abschließend geregelt werden sollte (BVerfG, Beschl. v. 29.03.2000, NVwZ 2000, 1160 = NWVBl. 2000, 330, 333). Nach diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben besteht für die Länder gemäß Art. 72 Abs. 1 GG keine Sperrwirkung zur Regelung der sogenannten Sonderabfallentsorgung (BVerfG, 1. Kammer des 2. Senats, Beschl. v. 13.12.2000, NVwZ 2001, 551, 552; BVerwG, Urt. v. 29.07.1999, BVerwGE 109, 236, 240; Unruh, ZUR 2000, 83, 87). Infolgedessen sind § 9 und § 28a LAbfG kompetenzgemäß und fungieren als wirksame Rechtsgrundlage für die SAbfVO 1999/2000.

Die Entstehungsgeschichte des § 13 Abs. 4 KrW-/AbfG bestätigt diesen Befund. Schon in seiner ersten Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum heutigen Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz hat der Bundesrat einen bundesgesetzlichen Vorbehalt zugunsten landesrechtlicher Andienungs- und Überlassungspflichten bei überwachungsbedürftigen Abfällen als "zwingend notwendig" bezeichnet, "um bestehende und bewährte Systeme der Länder zur Entsorgung von Sonderabfällen nicht zu gefährden" (BT-Drucks. 12/5672, S. 68). Für Abfälle zur Beseitigung hat die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung diesem Petitum unter Hinweis auf Art. 5 EG-AbfRRL ("möglichst weitgehende Entsorgungsautarkie") sogleich zugestimmt (BT-Drucks. 12/5672, S. 127). Der Umweltausschuss des Deutschen Bundestages hat in seiner Beschlussempfehlung - weitergehend als die Bundesregierung - die Kompetenz der Länder zur Bestimmung von Andienungs- und Überlassungspflichten für besonders überwachungsbedürftige Abfälle (zwecks Sicherstellung der Entsorgung) ausdrücklich vorgesehen (BT-Drucks. 12/7240, S. 10; erläuternd hierzu der Bericht des Ausschusses, BT-Drucks. 12/7284, S. 17). Auf dieser Grundlage hat dann der Vermittlungsausschuss die heute noch gültige Fassung des § 13 Abs. 4 KrW-/AbfG entwickelt (vgl. BT-Drucks. 12/8084, S. 7 f.).

Der objektive Normgehalt des § 13 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG sowie die in ungewöhnlich hohem Maße aussagekräftige Entstehungsgeschichte der Vorschrift lassen keinen Zweifel daran aufkommen, dass die Länder - mangels abschließender bundesgesetzlicher Regelung in diesem Bereich - Andienungspflichten für besonders überwachungsbedürftige Abfälle zur Beseitigung normieren dürfen. Hiergegen lässt sich rechtserheblich nicht einwenden, § 13 Abs. 4 KrW-/AbfG stelle einen "Fremdkörper" in dem auf Privatisierung angelegten System der Abfallentsorgung dar. Eine derartige Beobachtung ist allenfalls von rechtspolitischem Gewicht; rechtlich fassbare Schlussfolgerungen ergeben sich daraus de lege lata nicht (Kunig, in: ders./Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, 1998, § 13 RdNr. 48). Die Gesetzgebungsgeschichte weist aus, dass eine Einigung über eine bestimmte Organisation der Sonderabfallentsorgung gerade nicht stattgefunden hat (so ausdrücklich auch BVerfG, Beschl. v. 13.12.2000, a.a.O.).

Gegenteiliges ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 07.05.1998 zum baden-württembergischen Landesabfallabgabengesetz und zur kommunalen Verpackungssteuer. In diesen Entscheidungen hat sich das Bundesverfassungsgericht allein mit Fragen der Kompetenzbegrenzung des (Landes-)Abgabengesetzgebers befasst, wenn dieser lenkend in den vom Bundesgesetzgeber geregelten Sachbereich des Abfallwirtschaftsrechts eingreift (vgl. BVerfGE 98, 83, 97 ff. und E 98, 106, 117 ff.). Um Fragen einer derartigen Kompetenzausübung geht es hier nicht. Vielmehr steht die - in § 13 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG eindeutig positiv beantwortete - Frage der Kompetenzzuweisung an die Länder in Rede. Diese Zuordnung hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss zum Lizenzentgelt nach dem Abfallgesetz NW bestätigt und erklärt, die landesrechtliche Zuständigkeit zur Regelung der Organisation der Entsorgung ausgeschlossener Abfälle finde ihre Grenze an bundesrechtlich normierten Sachbereichen und Handlungsinstrumenten (BVerfG, Beschl. v. 29.03.2000, NVwZ 2000, 1160, 1161 = NWVBl. 2000, 330, 335). Diese Grenze ist hier nicht nur nicht überschritten, sondern die Organisation von Andienungs- und Überlassungspflichten für besonders überwachungsbedürftige Abfälle zur Beseitigung obliegt nach § 13 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG in Übereinstimmung mit der bundesverfassungsrechtlichen Kompetenzordnung (Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 i.V.m. Art. 72 Abs. 1 GG) den Ländern.

Ohne Erfolg bleibt der Einwand, §§ 9, 28a LAbfG und die verordnungsrechtlichen Andienungspflichten überschritten den bundesrechtlichen Rahmen, weil sie nicht der Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung im Sinne des § 13 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG dienten und wegen zahlreicher inländischer Entsorgungsalternativen auf der Basis bundesweit geltender hoher Umweltstandards nach der 17. BImSchV zur Zielerreichung nicht geeignet, insbesondere nicht erforderlich und auch unverhältnismäßig seien (Breuer, Die Zulässigkeit landesrechtlicher Andienungs- und Überlassungspflichten gemäß § 13 Abs. 4 KrW-/AbfG, 1999, S. 80 ff.). Diese Argumentation verkennt Wortlaut, Systematik und Funktion des § 13 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG. Die bundesgesetzliche Ermächtigung für die Länder ist zweifach begrenzt. Zum einen ist die Befugnis der Länder zur Einführung von Andienungspflichten auf die besonders überwachungsbedürftigen Abfälle im Sinne von § 41 Abs. 1 KrW-/AbfG beschränkt. Das bedeutet, dass Andienungspflichten nicht (mehr) an den Tatbestand des Ausschlusses von der öffentlichrechtlichen Entsorgung (§ 3 Abs. 3 AbfG, nunmehr § 15 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG) anknüpfen dürfen (BVerwG, Urt. v. 29.7.1999, BVerwGE 109, 236, 240). Diese bundesgesetzliche Vorgabe wurde und wird von §§ 9, 28a LAbfG (§ 4 Abs. 1 SAbfVO 1999/2000) eingehalten. Zum andern muss die landesrechtliche Andienungspflicht "zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung" bestimmt sein. § 13 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG stellt mit diesen Worten keine tatbestandliche Voraussetzung in dem Sinn auf, dass eine Andienungspflicht von den Ländern nur bestimmt werden darf, wenn eine umweltverträgliche Beseitigung sonst nicht gewährleistet wäre (BVerwG, Urt. v. 13.04.2000, DVBl. 2000, 1347, 1348 = NVwZ 2000, 1175, 1176). Dies macht schon der Wortlaut der bundesgesetzlichen Ermächtigung deutlich, der an den Gesetzeszweck des § 1 KrW-/AbfG anknüpft und im Sinne eines Finalprogramms ("zur" Sicherstellung ...) formuliert ist. Danach kommt dem Landesgesetz- und -verordnungsgeber eine Einschätzungsprärogative zu (Jarass, Organisation und Überwachung der Sonderabfallentsorgung durch die Länder, 1997, S. 56; Hösel/von Lersner, Recht der Abfallbeseitigung, K 0113 RdNr. 29; von der Lühe/Werner, NVwZ 2000, 1126, 1129). Auch aus der Gesetzessystematik ergibt sich eindeutig, dass die landesrechtliche Andienungspflicht für besonders überwachungsbedürftige Abfälle zur Beseitigung nicht nur dann bestimmt werden darf, wenn eine umweltverträgliche Beseitigung ansonsten nicht gewährleistet wäre. Dies zeigt der Vergleich mit Satz 2 des § 13 Abs. 4 KrW-/AbfG. Diese Vorschrift macht die Andienungspflicht für Abfälle zur Verwertung - im Unterschied zu § 13 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG - zusätzlich davon abhängig, dass "eine ordnungsgemäße Verwertung nicht anderweitig gewährleistet werden kann". Rechtsdogmatisch stellt diese Einschränkung ein echtes "Erforderlichkeits"kriterium für die Einführung von Andienungspflichten dar (Unruh, ZUR 2000, 83, 89). Demgegenüber hat § 13 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG mit dem zweiten Element zur Begrenzung der landesrechtlichen Rechtsetzungsbefugnis "allein zur Voraussetzung, dass die landesgesetzliche Regelung die Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung bezweckt und nicht auf andere Ziele ausgerichtet ist; sie muss ferner zur Gewährleistung dieses Zwecks geeignet sein" (BVerwG, Urt. v. 13.04.2000, a.a.O.) Dagegen kommt es auf die konkrete Erforderlichkeit der Andienungspflicht im Rahmen des § 13 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG nicht an (Unruh, Die Zulässigkeit landesrechtlicher Andienungspflichten für Sonderabfälle, 1997, S. 87f.). Dieses gesetzessystematisch zwingende Auslegungsergebnis kann nicht unter Hinweis auf die generelle Privatisierungstendenz des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes in Frage gestellt werden (so aber Breuer, a.a.O., S. 50 ff., 83 ff.). Denn § 13 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG stellt, wie die Entstehungsgeschichte lehrt, eine ausdrücklich gewollte Ausnahme von dieser Tendenz dar (Unruh, ZUR 2000, 83, 89).

Vor diesem Hintergrund dient die landesgesetzliche Ermächtigung zur Einführung der Andienungspflicht der Sicherstellung der umweltverträglichen Abfallbeseitigung im Sinne des § 13 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG. Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu in seinem Vorlagebeschluss vom 29.07.1999 das Notwendige gesagt und zu den auch vorhandenen wirtschaftlichen Erwägungen in Bezug auf die Kooperation mit der Anlage der AVG in Hamburg ausgeführt: "Es liegt auf der Hand, dass eine dauerhafte, von unvorhersehbaren Schwankungen der Abfallmengen unabhängige Sicherstellung der Entsorgung nur gewährleistet werden kann, wenn die dafür vorgesehenen Abfallbeseitigungsanlagen auch entsprechend langfristig zur Verfügung stehen. Dies wiederum ist angesichts der hohen Investitionskosten für die Errichtung und den Betrieb moderner Verbrennungsanlagen regelmäßig nur unter der Voraussetzung zu erreichen, dass dem Betreiber als Gegenleistung für die Reservierung von Kapazitäten eine entsprechende Auslastung seiner Anlage garantiert wird" (BVerwG, Beschl. v. 29.07.1999, NVwZ 1999, 1228, 1230 = VBlBW 1999, 455, 457). Der Senat vermag deshalb auch nach erneuter Prüfung nicht zu erkennen, dass §§ 9, 28a LAbfG mit der bundesrechtlichen Vorschrift des § 13 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG nicht vereinbar sind.

2. Die auf der rechtswirksamen Ermächtigungsgrundlage der §§ 9, 28a LAbfG erlassene Sonderabfallverordnung ist in ihrer geltenden Fassung mit höherrangigem Recht - noch - vereinbar. Sie hält den Ermächtigungsrahmen ein (a), steht auch mit vorrangigem Bundesrecht - noch - in Einklang (b) und beachtet die Anforderungen des im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen EG-Rechts (c).

a) Die Sonderabfallverordnung hält die Grenzen der gesetzlichen Ermächtigung ein. Die Verordnung wahrt nicht nur die formellen Rechtmäßigkeitsanforderungen (vgl. Art. 61 LV), sondern sie beachtet auch den materiellen Ermächtigungsrahmen.

aa) In Übereinstimmung mit § 9 Abs. 2 Satz 2 LAbfG werden lediglich die Erzeuger und Besitzer besonders überwachungsbedürftiger Abfälle zur Beseitigung der Andienungspflicht unterworfen (§ 4 SAbfVO). Die Ermächtigung zur Regelung der Zuweisungsbefugnis der Beklagten (§ 6 SAbfVO) ergibt sich aus § 9 Abs. 2 Satz 3 LAbfG. Dort ist - mit Rücksicht auf die notwendige Planungssicherheit und damit in Übereinstimmung mit § 13 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG (vgl. B. II. 1. c) - auch vorgesehen, dass die hoheitliche Zuweisungsentscheidung von Lieferverpflichtungen abhängig gemacht werden darf; von daher hält sich speziell § 6 Abs. 1 Satz 1 SAbfVO innerhalb des gesetzlichen Rahmens.

Von der Verordnungsermächtigung gedeckt sind auch die Ausnahmen und Befreiungen, die die Sonderabfallverordnung vorsieht. § 9 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 LAbfG zwingen nicht zu einer durchgängigen Pflichtigkeit. Im Gegenteil, die gesetzliche Ermächtigung zur Verordnungsgebung verleiht dem Verordnungsgeber zugleich die Befugnis zur Normierung von Ausnahme- und Befreiungstatbeständen. Hiervon Gebrauch zu machen, kann der Verordnungsgeber aus Gründen des Übermaßverbots und des Grundrechtsschutzes sogar verpflichtet sein (vgl. dazu sogleich b).

bb) Im Rahmen der gesetzlichen Verordnungsermächtigung hält sich auch die Betrauung der Beklagten mit Hoheitsgewalt. Seit dem 01.11.1996 war die SBW nur noch mit der tatsächlichen Durchführung der Abfallentsorgung befasst; seit dem 01.07.2000 wird diese Aufgabe von der SAD Sonderabfall-Deponiegesellschaft Baden-Württemberg mbH erfüllt (§ 2 Abs. 2 SAbfVO 1999 i.d.F. der ÄnderungsVO 2000 gemäß deren Art. 1 Nr. 1 lit. a, GBl. S. 459). Die hoheitlichen Tätigkeiten, um die es hier geht, werden seit dem 01.11. 1996 (vgl. § 7 SAbfVO 1996) von der Beklagten wahrgenommen. Bei ihr handelt es sich um eine gemäß § 28a LAbfG i.V.m. §§ 2 ff. SAbfVO 1996 bzw. §§ 1 und 3 ff. SAbfVO 1999/2000 ordnungsgemäß Beliehene.

Gegen den Beleihungstatbestand können weder aus Art. 61 Abs. 1 LV formellrechtliche noch aus Art. 33 Abs. 4 GG, Art. 77 Abs. 1 LV (sog. Funktionsvorbehalt zugunsten des öffentlichen Dienstes) materiellrechtliche Einwände abgeleitet werden (vgl. i. e. BVerwG, Urt. v. 13.04.2000, DVBl. 2000, 1347, 1351 = NVwZ 2000, 1175, 1178, mit Hinweis auch auf die Bindung des Beliehenen an § 30 VwVfG; ferner Unruh, Zulässigkeit landesrechtlicher Andienungspflichten, a.a.O., S. 117 ff.; ders., ZUR 2000, 83,91). Im Übrigen ist die Bindung der Beklagten an das Öffentliche Recht trotz ihrer privatrechtlichen Organisationsform durch § 29 LAbfG ausdrücklich sichergestellt.

b) Genügen die verordnungsrechtlichen Andienungspflichten und Zuweisungsbefugnisse somit dem Vorbehalt des Gesetzes, so ist ferner auch der Vorrang des Gesetzes gewahrt. Die einschlägigen landesrechtlichen Regelungen verstoßen nicht gegen Grundrechte (aa) und das Übermaßverbot (bb); sie sind auch mit sonstigem Bundesrecht vereinbar (cc).

aa) Angesichts der zu § 13 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG angestellten Erwägungen, die auf die Sicherstellung der umweltgerechten Abfallbeseitigung zielen, verstößt die landesrechtliche Andienungspflicht für besonders überwachungsbedürftige Abfälle nicht gegen Grundrechte (ebenso Unruh, Zulässigkeit landesrechtlicher Andienungspflichten, a.a.O., S. 106 ff., 112 ff.; ders., ZUR 2000, 83, 88; vgl. auch Scherer-Leydecker, DVBl. 1999, 1251, 1253). In Bezug auf Art. 12 Abs. 1 GG hat dies der Senat bereits in seinem Normenkontrollbeschluss vom 24.11.1997 - 10 S 3287/96 - festgestellt (DVBl. 1998, 343, 344 f. = NVwZ-RR 1998, 744, 745 = VBlBW 1998, 263, 265). Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Rechtsauffassung zuletzt in seinem Urteil vom 13.04.2000 ausdrücklich bestätigt (DVBl. 2000, 1347, 1349 f. = NVwZ 2000, 1175, 1177). Nach dieser Entscheidung stellen die Andienungspflichten auch keinen (unzulässigen) Eingriff in das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) des Abfallbesitzers dar. Jedenfalls handelt es sich bei Andienungspflichten hinsichtlich besonders überwachungsbedürftiger Abfälle zur Beseitigung um eine verfassungsmäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (Unruh, ZUR 2000, 83, 88). Auch das Bundesverfassungsgericht hat unlängst noch einmal bestätigt, dass die Beschränkungen wirtschaftlicher Betätigungsfreiheit von Abfallerzeugern und -besitzern auf gesetzlicher Grundlage durch Benutzungs-, Andienungs- und Überlassungspflichten vorgenommen werden dürfen (BVerfG, Beschl. v. 13.12.2000, a.a.O.).

bb) Die Pflichtenregelungen der Sonderabfallverordnung dürfen allerdings nicht gegen das Übermaßverbot verstoßen. Sie müssen insbesondere das Gebot der Verhältnismäßigkeit beachten, um atypischen Fallkonstellationen Rechnung tragen zu können. Dies hat der Senat bereits in seinem Normenkontrollbeschluss vom 24.11.1997 betont und zu § 3 Abs. 2 SAbfVO auf die Möglichkeit zur Erteilung von Ausnahmen hingewiesen (Beschl. v. 24.11.1997, DVBl. 1998, 343, 346 = NVwZ-RR 1998, 744, 746 = VBlBW 1998, 263, 266). Allerdings konnte nach § 3 Abs. 2 SAbfVO 1996 eine Ausnahme von der Andienungspflicht bereits zugelassen werden, "wenn überwiegende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen und eine geordnete Entsorgung der Abfälle auf andere Weise sichergestellt ist". Nunmehr ist für begründete Einzelfälle nur noch ein mit behördlichem Ermessen gekoppelter Befreiungstatbestand vorgesehen, "wenn Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern" oder die Einhaltung der Andienungspflicht "zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung mit öffentlichen Belangen vereinbar ist" (§ 5 Abs. 2 SAbfVO 1999). Die Verschärfung der vormaligen fakultativen behördlichen Ausnahme zur fakultativen behördlichen Befreiung wird allerdings dadurch abgemildert, dass § 5 Abs. 1 SAbfVO 1999 eine Reihe von Legalausnahmen von der Andienungspflicht vorsieht. Dadurch wird insgesamt ein Regelungssystem geschaffen, das einerseits dem überragenden öffentlichen Interesse an der langfristig gesicherten ordnungsgemäßen Entsorgung der hier in Rede stehenden Abfälle Rechnung trägt und andererseits Rücksicht nimmt auf Grundrechtsbetroffene und deren legitime wirtschaftlichen Interessen. Für die Bejahung der Angemessenheit der in §§ 4, 5 SAbfVO 1999 getroffenen Gesamtregelung fällt ins Gewicht, dass die Andienungspflicht auf besonders überwachungsbedürftige Abfälle, also auf Abfälle mit einem hohen Gefahrenpotential, bezogen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.04.2000, DVBl. 2000, 1347, 1350 = NVwZ 2000, 1175, 1177) und sich in Baden-Württemberg - im Unterschied zu anderen Bundesländern - auf derartige Abfälle zur Beseitigung beschränkt.

Die in § 5 SAbfVO getroffenen normativen Vorkehrungen haben auch die notwendige Flexibilität, damit im Einzelfall der erforderliche Ausgleich zwischen den konfligierenden öffentlichen und privaten Interessen hergestellt werden kann. Dieser Ausgleich kann insbesondere dann gefordert sein, wenn die Entsorgungspreise bei der AVG Hamburg und der von einem Andienungspflichtigen bevorzugten ebenso umweltgerechten Anlage eine Divergenz aufweisen, die die Grenze der Zumutbarkeit im Sinne einer wirtschaftlichen Vertretbarkeit überschreiten. In einer solchen Situation verfügt die Beklagte über zwei Handlungsmöglichkeiten: Sie kann dem Antragsteller wegen "unbilliger Härte" nach § 5 Abs. 2 SAbfVO - ein Merkmal, das nicht zu eng interpretiert werden darf - Befreiung erteilen, oder sie kann auf die AVG Hamburg zur Festsetzung marktgerechter(er) Entsorgungspreise einwirken. § 6 Nr. 3 der - am 05.05.1994 noch von der SBW getroffenen - Vereinbarung mit der AVG Hamburg sah zum 01.01.2002 ausdrücklich das Instrument der Preisanpassung vor. Die Loyalitätsklausel nach § 8 dieser Vereinbarung ermöglichte Vertragsanpassungen "nach Vernunft und Billigkeit". In der Fassung der 1. Nachtragsvereinbarung vom 05.12.1996 enthält § 6 des Vertrages eine Meistbegünstigungsklausel, die nur einzelne Spot-Geschäfte ausnimmt, die pro Kalenderjahr eine Menge von insgesamt 3.000 t nicht überschreiten dürfen. Die Überleitungsvereinbarung zwischen der SBW und der SAA vom 08.02.2000, der die AVG Hamburg am 17.01.2000 zugestimmt hat, sichert der Beklagten alle vertraglichen Kooperationsmöglichkeiten mit der AVG, um zu einer wirtschaftlich vertretbaren Preisgestaltung zu gelangen.

Im Übrigen weist der Senat - ohne die Angemessenheit der Gesamtregelung in Frage zu stellen - darauf hin, dass in dem zweistufigen System von Andienung und Zuweisung der Einzelfallgerechtigkeit wohl besser Rechung getragen werden könnte, wenn Belange des Andienungspflichtigen auch bei der Zuweisungsentscheidung berücksichtigt werden könnten. Dies ist, wie die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht haben, nach § 6 Abs. 3 SAbfVO 1999 nicht vorgesehen. Anderseits belegt die Praxis der Beklagten - wie in der mündlichen Verhandlung ebenfalls deutlich geworden ist - das praktische Bedürfnis nach einer flexiblen Entscheidungsmöglichkeit auch in Zusammenhang mit der Zuweisungsentscheidung nach § 6 SAbfVO. Ein derartiges Modell enthält z. B. § 8 Abs. 5 AbfWAG RP.

cc) Die landesrechtliche Andienungspflicht steht mit Bundesrecht schließlich auch insoweit in Einklang, als die in §§ 40 ff. KrW-/AbfG getroffenen Bestimmungen nicht tangiert werden. Bezweckten landesrechtliche Andienungspflichten ausschließlich die Abfallüberwachung, könnte darin möglicherweise die kompetenzwidrige Normierung einer bereits bundesrechtlich umfassend und abschließend geregelten Materie gesehen werden (Scherer-Leydecker, DVBl. 1999, 1251, 1253). Andienungspflichten sind jedoch anerkanntermaßen primär ein Instrument zur Lenkung bestimmter Abfallströme (BVerwGE 109, 236, 240; von Wilmowsky, NVwZ 1999, 597; Unruh, ZUR 2000, 83, 84). In seinem Urteil vom 13.04.2000 hat das Bundesverwaltungsgericht diese Auffassung bekräftigt und betont, mit dem Ziel einer Optimierung der Sonderabfallentsorgung nach Maßgabe des jeweils aktuellen Standes der Technik gehe die Andienungspflicht über die Vorschriften der §§ 40 ff. KrW-/AbfG sowie der Nachweisverordnung hinaus, die sich lediglich mit der Zulässigkeit der vorgesehenen Entsorgung befassten (BVerwG, DVBl. 2000, 1345, 1349 f. = NVwZ 2000, 1175, 1177). Die Überwachungsvorschriften im Siebten Teil des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes stellen demgemäß im Vergleich mit den landesrechtlichen Andienungsregelungen ein aliud dar, so dass auch von daher gegen die Bestimmungen der SAbfVO 1999/2000 keine bundesrechtlichen Bedenken bestehen.

c) Die SAbfVO 1999/2000 verstößt in dem hier allein maßgeblichen Zusammenhang auch nicht gegen EG-Recht.

aa) Die Vorschriften des primären Gemeinschaftsrechts zur Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 ff. EGV) scheiden als Maßstab aus. Diese Vorschriften erfassen von ihrem Anwendungsbereich her lediglich grenzüberschreitende Vorgänge ("zwischen den Mitgliedstaaten"), sind also auf Sachverhalte der inländischen Abfallentsorgung nicht anwendbar (Jarass, a.a.O., S. 17 f.). Unanwendbar sind im vorliegenden Zusammenhang auch die Bestimmungen in Titel II der Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft - EG-AbfVerbVO - (ABlEG 1993 Nr. L 30/1, zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 2408/98 vom 06.11.1998, ABlEG Nr. L 298/19). Denn auch Art. 3 ff. EG-AbfVerbrVO erfassen tatbestandlich nur die Abfallverbringung zwischen Mitgliedstaaten der EG, um die es hier jedoch nicht geht. Art. 13 Abs. 1 EG-AbfVerbrVO stellt ausdrücklich klar, dass jene Vorschriften für die Verbringung von Abfällen innerhalb eines Mitgliedstaats der EG nicht gelten. Gemeinschaftsrechtlich ist für die Inlandsentsorgung und die damit zusammenhängende Verbringung von Abfällen lediglich Art. 13 Abs. 2 EG-AbfVerbrVO maßstabsbildend. Im Übrigen ist es den EG-Mitgliedstaaten durch Art. 13 Abs. 4 EG-AbfVerbrVO ausdrücklich frei gestellt, die gemeinschaftsrechtlichen Verordnungsregelungen zur Abfallverbringung zwischen den Mitgliedstaaten analog in das innerstaatliche Recht zu übernehmen; eine Verpflichtung hierzu besteht nicht (BVerwG, Urt. v. 13.04.2000, DVBl. 2000, 1347, 1350 = NVwZ 2000, 1175, 1178).

bb) Nach dem Kohärenzgebot des Art. 13 EG-AbfVerbrVO "sollte" die nationale Regelung für die Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen im innerstaatlichen Bereich der erforderlichen Kohärenz zu der in der Verordnung normierten gemeinschaftsrechtlichen Verbringung von Abfällen Rechnung tragen. Hierzu kann für den vorliegenden Rechtsstreit dahinstehen, ob sich Art. 13 Abs. 2 EG-AbfVerbrVO nur auf die Überwachungsvorschriften im Nachweisverfahren bezieht, wie die Beklagte meint, oder doch auch für landesrechtliche Andienungspflichten gilt, wie die Klägerin annimmt. Denn ausweislich des fünften Erwägungsgrundes der Verordnung 259/93 verpflichtet das Kohärenzgebot nur zur Wahrung bestimmter Mindestkriterien, wie dies etwa beim Abfallbegriff der Fall ist (EuGH, Urt. v. 25.06.1997, Rs. C-304/94 u. a., Slg. I 1997, 3561 = ZUR 1997, 267 = NuR 1999, 36 - Tz. 45 f.). Eine vollständige Harmonisierung mit der Gemeinschaftsregelung wird nicht angestrebt (so auch EuGH, Urt. v. 22.06.2000, Rs. C-318/98, EuZW 2000, 605 = NVwZ 2001, 313 - Tz. 46 zur Entsorgung "gefährlicher Abfälle" im Sinne der Richtlinie 91/689/EWG). Das Kohärenzgebot des Art. 13 Abs. 2 EG-AbfVerbrVO verlangt in erster Linie, dass auch bei der innerstaatlichen Abfallverbringung der Unterschied zwischen Abfällen zur Beseitigung und Abfällen zur Verwertung beachtet wird (so die EG-Kommission in ihrem Schreiben an den Bundesaußenminister vom 30.04.1999 - SG (99) D/3014 - S. 5).

Den Anforderungen gemäß Art. 13 Abs. 2 EG-AbfVerbrVO ist durch die einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen Rechnung getragen. § 9 LAbfG erfasst ohnehin nur die Entsorgung besonders überwachungsbedürftiger Abfälle zur Beseitigung. Konsequenterweise wird die Andienungspflicht lediglich auf diese Abfälle erstreckt (§ 4 Abs. 1 SAbfVO 1999/2000). In Übereinstimmung mit dem EG-Abfallrecht ist folglich beachtet, dass bei der Abfallbeseitigung der Schutz der menschlichen Gesundheit sowie der Umwelt im Vordergrund steht (EuGH, Urt. v. 10.05.1995, Rs. C-422/92, Slg. I 1995, 1097 = DVBl. 1995, 1003 = NVwZ 1995, 885 = EuZW 1995, 614 - Tz. 39 und 41; EuGH, Urt. v. 15.06.2000, Rs. C-418/97 u. a., NVwZ 2000, 1156 = EuZW 2000, 600 - Tz. 38; EuGH, Urt. v. 22.06.2000, Rs. C-318/98, EuZW 2000, 605 = NVwZ 2001, 313 - Tz. 38), während bei Abfällen zur Verwertung innerstaatliches Recht die Grundsätze der Entsorgungsautarkie und der Nähe nicht statuieren darf (vgl. EuGH, Urt. v. 25.06.1998, Rs. 203/96, Slg. I 1998, 4075 = DVBl. 1999, 228 = NVwZ 1998, 1169 - Tz. 29 ff.). Normiert das Landesrecht lediglich bei - zumal: besonders überwachungsbedürftigen - Abfällen zur Beseitigung Bestimmungen zur Konkretisierung des Grundsatzes der Entsorgungsautarkie, ist dem Kohärenzgebot des Art. 13 Abs. 2 EG-AbfVerbrVO Rechnung getragen (BVerwG, Urt. v. 13.04.2000, DVBl. 2000, 1347, 1350 = NVwZ 2000, 1175, 1177). Genau dies trifft auf die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften zur Andienungspflicht zu.

III. Bestehen demnach gemäß § 4 Abs. 1 SAbfVO 1999/2000 rechtsnormativ verbindliche Andienungspflichten, so gelten diese auch gerade für die Klägerin. Sie ist verpflichtet, ihre in B. anfallenden besonders überwachungsbedürftigen Abfälle zur Beseitigung der Beklagten anzudienen. Diese ist berechtigt, diese Abfälle den zentralen Einrichtungen des Landes zur Entsorgung zuzuweisen.

1. Die Klägerin unterliegt hinsichtlich ihrer besonders überwachungsbedürftigen Abfälle zur Beseitigung der Andienungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 SAbfVO 1999/2000.

a) Unstreitig ist die Klägerin Erzeuger und Besitzer von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen zur Beseitigung im Sinne des § 4 Abs. 1 SAbfVO. Infolgedessen hat sie diese Abfälle der Beklagten gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 LAbfG anzudienen.

b) Eine Ausnahme oder Befreiungsmöglichkeit von der Andienungspflicht besteht im Falle der Klägerin - jedenfalls derzeit - nicht. Eine Legalausnahme gemäß § 5 Abs. 1 SAbfVO 1999 kommt ersichtlich nicht in Betracht. Eine behördliche Befreiung nach § 5 Abs. 2 SAbfVO 1999 dürfte von der Beklagten nur in begründeten Einzelfällen gewährt werden, wenn Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern oder die Einhaltung des § 4 Abs. 1 SAbfVO 1999 zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung mit öffentlichen Belangen vereinbar wäre. Seitens der Klägerin ist nichts vorgetragen, was mit der notwendigen Gewissheit auf die Erfüllung des Befreiungstatbestandes gemäß § 5 Abs. 2 SAbfVO 1999 schließen lassen könnte.

Das gilt zunächst in Bezug auf den Preisvorteil, den die Klägerin mit Blick auf die von ihr favorisierte Entsorgung in Herten gegenüber der verordnungsrechtlich vorgeschriebenen Entsorgung in Hamburg reklamiert. Den durchaus nachvollziehbaren ökonomischen Interessen der Klägerin stehen die durch § 13 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG bewusst initiierte, durch Art. 13 Abs. 2 EG-AbfVerbrVO gemeinschaftsrechtlich anerkannte und durch die Sonderabfallverordnung konkretisierte Entsorgungsautarkie des Landes sowie seine Befugnis zur Lenkung der Abfallströme gegenüber. Dass die zur Sicherung der Inlandsbeseitigung erforderlichen Abfallbeseitigungsanlagen (vgl. § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KrW-/AbfG) nicht stets im eigenen Bundesland angesiedelt sein müssen, sondern auch auf Grund einer Kooperation mit einem anderen Bundesland vorgehalten werden können (vgl. § 29 Abs. 6 KrW-/AbfG), hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich bestätigt (BVerwG, Beschl. v. 29.07.1999, VBlBW 1999, 455, 457 = NVwZ 1999, 1228, 1229 f.). Die Klägerin müsste, um eine "offenbar nicht beabsichtigte Härte" im Sinne des § 5 Abs. 2 SAbfVO reklamieren zu können, dartun, dass die Preisgestaltung in der Sonderabfallverbrennungsanlage der AVG in Hamburg so außergewöhnlich hoch ist und aus dem üblichen Rahmen fällt, dass ihre ökonomischen Interessen in unzumutbarer, wirtschaftlich völlig unvertretbarer Weise beeinträchtigt werden. Davon kann bei einem Grundpreis von 380,- DM/t, zu dem bei bestimmten Schadstoffgehalten ein Preisaufschlag hinzutritt, nach Auffassung des Senats - noch - nicht gesprochen werden, nachdem die AVG ihre Preise gesenkt und Staffelpreise von 595,- DM über 540,- DM zu 480,- DM eingeführt hat. Die Klägerin wird seitens der Beklagten wie alle anderen Andienungspflichtigen behandelt. Die Klägerin hat vor diesem Hintergrund nicht dargelegt, worin - abgesehen von dem legitimen ökonomischen Interesse - in ihrem Fall das Besondere liegen soll, das die Annahme einer atypischen Situation rechtfertigen könnte. Die Preisdivergenz allein reicht nach Auffassung des Senats - noch - nicht aus, um eine unbeabsichtigte Härte im Sinne des § 5 Abs. 2 SAbfVO bejahen zu können. Ausschlaggebend hierfür ist die auch vom Bundesverwaltungsgericht vertretene Einschätzung, dass die langfristige Entsorgungssicherheit durch die rechtsverbindliche Einräumung von Verbrennungskapazität in der erforderlichen Größenordnung ihren ökonomischen Preis hat (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.07.1999, VBlBW 1999, 455, 457 = NVwZ 1999, 1228, 1230). Entgegen der Behauptung der Klägerin kann nicht davon gesprochen werden, dass die Sonderabfallverordnung nurmehr eine "Kostenzurechnungsregelung" wegen der Lieferverpflichtung von 20.000 t von Baden-Württemberg nach Hamburg sei. Nach wie vor gründet die Sonderabfallverordnung auf den Prinzipien der Entsorgungssicherheit und Entsorgungsautarkie für das Land Baden-Württemberg. Richtig ist allerdings, dass sich die Situation am Entsorgungsmarkt in den letzten Jahren geändert hat und möglicherweise weiter verändern wird. Daher ist nicht ausgeschlossen, dass allein auf Grund einer zu großen Preisdivergenz zwischen der AVG in Hamburg und einer von der Klägerin bevorzugten Sonderabfallverbrennungsanlage ein Härtefall im Sinne des § 5 Abs. 2 SAbfVO eintreten könnte.

Dieser Punkt ist auch deshalb noch nicht erreicht, weil die AVG - wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen vorgetragen hat - ähnliche Preise wie vergleichbare Anlagen in Bayern und Hessen für die Entsorgung verlangt. Auf der anderen Seite steht die Klägerin nicht in der Gefahr, gegenüber der AGR vertragsbrüchig zu werden. Der Vertrag zwischen der AGR und SNW, einem Zusammenschluss großer Abfallentsorger in Nordrhein-Westfalen, an dem die Klägerin als Gesellschafter beteiligt ist, sieht in § 7 ausdrücklich ein Ruhen von Verpflichtungen vor, wenn ein Vertragspartner z. B. an der Anlieferung von Sonderabfällen auf Grund behördlicher Anordnung zeitweilig gehindert ist. Bei dieser Sach- und Rechtslage kommt es - noch - nicht darauf an, ob die AVG gegenüber der Beklagten von der erwähnten Meistbegünstigungsklausel auch wirklich Gebrauch macht.

Eine Befreiung nach § 5 Abs. 2 SAbfVO kommt auch nicht unter Rückgriff auf das sogenannte Näheprinzip des Gemeinschaftsrechts in Betracht. Art. 13 Abs. 2 EG-AbfVerbrVO verlangt gerade nicht, dass das sogenannte Näheprinzip in einer spezifisch gemeinschaftsrechtlichen Ausprägung bei der Inlandentsorgung von Abfällen zur Beseitigung zur Geltung gebracht wird. Im Übrigen dürfte der Grundsatz der Entsorgungsnähe nicht einmal gemeinschaftsrechtlich auf die geographische Komponente der Entfernung reduziert werden, sondern müsste nach Art. 5 Abs. 2 EG-AbfRRL die Qualität der Beseitigungsanlage mit berücksichtigen. Demnach dürfen die EG-Mitgliedstaaten bei Abfällen zur Beseitigung selbst unter der Geltung des EG-Abfallrechts die Verbringung von Abfällen in die für sie ökologisch optimale Beseitigungsanlage lenken (von Wilmowsky, NVwZ 1999, 597, 598). Für die Inlandentsorgung gilt erst recht nichts anderes.

2. Unterliegt die Klägerin demnach der Andienungspflicht nach § 4 SAbfVO, so ist die Beklagte berechtigt, die in Baden-Württemberg bei der Klägerin anfallenden besonders überwachungsbedürftigen Abfälle zur Beseitigung den Trägern der zentralen Einrichtungen zur Abfallbeseitigung zuzuweisen. Dies ergibt sich aus § 6 Abs. 1 SAbfVO i.d.F. der ÄnderungsVO vom 23.05.2000. Danach weist die Sonderabfallagentur die angedienten Abfälle den Trägern der zentralen Einrichtungen zur Beseitigung in den zentralen Einrichtungen zu, und zwar im Fall der Sonderabfallverbrennungsanlage der Abfall-Verwertungsgesellschaft mbH in Hamburg (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 SAbfVO 1999/2000) soweit die Lieferverpflichtung in Höhe von jährlich 20.000 Tonnen zu erfüllen ist. Die Erzeuger oder Besitzer haben die Abfälle der zugewiesenen Anlage zuzuführen (§ 6 Abs. 5 SAbfVO 1999). Abfälle, die nicht nach § 6 Abs. 1 SAbfVO 1999/2000 zugewiesen werden, weist die Beklagte der vom Erzeuger oder Besitzer vorgeschlagenen Anlage zu, soweit die Abfälle dort unter Wahrung des Wohls der Allgemeinheit entsorgt werden (§ 6 Abs. 3 SAbfVO 1999).

Mit diesem Regelungsgefüge ist verordnungsrechtlich eine klare Prioritätensetzung erfolgt. Die Vorrangigkeit der Verbringung von jährlich 20.000 t angedienter Abfälle zur AVG in Hamburg ist vom Bundesverwaltungsgericht unter dem Aspekt der Entsorgungssicherheit ausdrücklich bestätigt worden (BVerwG, Beschl. v. 29.07.1999, VBlBW 1999, 455, 457 = NVwZ 1999, 1228, 1230). Ist die Lieferverpflichtung des Landes gegenüber der AVG in Hamburg i.H.v. jährlich 20.000 Tonnen erfüllt, besteht die strikte Rechtsbindung der Beklagten bei der Zuweisungsentscheidung nicht mehr. Dann kann das in § 6 Abs. 3 SAbfVO 1999 vorgesehene Vorschlagsrecht des Abfallerzeugers oder -besitzers zum Zuge kommen. Bis dahin ist die Beklagte jedoch berechtigt und verpflichtet, ihre Zuweisungsentscheidung nach den Vorgaben des § 6 Abs. 1 SAbfVO n. F. zu treffen. Die mündliche Verhandlung hat zweifelsfrei ergeben, dass die Beklagte weder im Jahr 2001 noch in absehbarer Zeit danach in der Lage sein wird, die Lieferverpflichtung von jährlich 20.000 t gegenüber der AVG in Hamburg zu erfüllen. 1999 konnten nur ca. 15.000 t des fraglichen Abfalls nach Hamburg geliefert werden, 2000 waren es lediglich 12.000 t. Der Abfallwirtschaftsplan für Baden-Württemberg - Teilplan Sonderabfälle - vom 15.10.1997 (Staatsanzeiger für Baden-Württemberg, Beilage zu Nr. 16 vom 27.04.1998) geht davon aus, dass beim Sonderabfall zwischen 2000 und 2007 keine signifikanten Mengenänderungen zu erwarten sind. Bei dieser Sachlage kommt - jedenfalls gegenwärtig - nach den verordnungsrechtlichen Bestimmungen eine Zuweisung besonders überwachungsbedürftiger Abfälle zur Beseitigung nach Wahl der Klägerin nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss vom 22. Mai 2001

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 25 Abs. 2, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG auf 100.000 ,-- DM festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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