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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 25.10.2006
Aktenzeichen: 10 S 1538/05
Rechtsgebiete: EGV, GG, VwGO, VerpackV


Vorschriften:

EGV Art. 10
GG Art. 19 Abs. 4
VwGO § 43
VwGO § 65 Abs. 4 Satz 3
VerpackV § 8
VerpackV § 9
1. Die Bekanntgabe der Unterschreitung der Mehrwegquote gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 VerpackV a. F. durch die Bundesregierung stellt einen feststellenden Verwaltungsakt dar, gegen den die Anfechtungsklage statthaft ist (wie BVerwGE 117, 322, 325); eine Feststellungsklage ist unzulässig (§ 43 Abs. 2 VwGO). Das gilt auch für ausländische Unternehmen.

2. Wird Rechtsschutz mittelbar gegen eine Rechtsverordnung des Bundes mit der Behauptung begehrt, der unmittelbar wirkende verordnungsrechtliche Normbefehl bestehe deshalb nicht, weil die betreffenden Verordnungsbestimmungen wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht ungültig oder unanwendbar seien, besteht ein Rechtsverhältnis zum Bund als Normgeber, nicht jedoch zu den "Vollzugsbehörden" des Landes. Die umstrittene Pflichtenstellung kann mit einer gegen den Bund gerichteten Feststellungsklage geklärt werden.

3. Werden die bundesweit geltenden Pfandpflichten und Rücknahmepflichten nach der Verpackungsverordnung bestritten, weil diese Pflichten mit Europäischem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar seien, fehlt für eine Feststellungsklage gegen das Land auch das Feststellungsinteresse. Die gegen den Bund als Normgeber zu richtende Feststellungsklage stellt den schnelleren, einfacheren und wirkungsvolleren Rechtsschutz zur Klärung der Pflichtenstellung dar.

4. Die Unzulässigkeit der gegen das Land erhobenen Feststellungsklage zur Klärung der Pflichtenstellung nach einer ohne Vollzugsakt unmittelbar wirkenden Rechtsverordnung des Bundes ist mit Europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Den Klägerinnen steht nach dem innerstaatlichen Prozessrecht ein wirksamer Rechtsschutz zur Verfügung.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

10 S 1538/05

Verkündet am 25.10.2006

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Verpflichtung zur Pfanderhebung auf Einwegverpackungen

hat der 10. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19. Oktober 2006

am 25. Oktober 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Mai 2005 - 9 K 4986/04 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerinnen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerinnen, Getränkehersteller mit Sitz in Österreich, wenden sich gegen die Pfand- und Rücknahmepflichten für Einwegverpackungen nach Maßgabe der Verpackungsverordnung. Sie machen geltend, dass die einschlägigen Verordnungsbestimmungen mit EG-Recht unvereinbar seien und deshalb außer Anwendung bleiben müssten. Die Klägerinnen exportieren Erfrischungsgetränke mit Kohlensäure, Fruchtsäfte und andere Getränke ohne Kohlensäure sowie Tafelwasser in verwertbaren Einwegverpackungen nach Deutschland. Gegenüber dem beklagten Land begehren die Klägerinnen die gerichtliche Feststellung, dass sie bei einer Beteiligung am Dualen System Deutschland nicht verpflichtet sind, auf ihre in Deutschland in Baden-Württemberg in Verkehr gebrachten Einweggetränkeverpackungen ein Pflichtpfand zu erheben und diese Verpackungen zurückzunehmen.

Die Klägerinnen hatten sich mit ihren Einwegverpackungen der Organisation "Duales System Deutschland" ("Grüner Punkt") angeschlossen. Diese Organisation stellt nach der Feststellung des Umweltministeriums Baden-Württem-berg mit Bescheid vom 22.12.1992 in Baden-Württemberg ein flächendeckendes System im Sinne des § 6 Abs. 3 der Verordnung über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen - VerpackV - vom 21.08.1998 (BGBl I S. 2379) dar. Die Freistellung der Hersteller und Vertreiber von den verordnungsrechtlichen Pfanderhebungs- und Rücknahmepflichten bei Einweggetränkeverpackungen steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass der Gesamtanteil der in Mehrwegverpackungen abgefüllten, verordnungsrechtlich relevanten Getränke (Bier, Mineralwasser, Erfrischungsgetränke mit Kohlensäure etc.) im Kalenderjahr bundesweit die Quote von 72 % nicht wiederholt unterschreitet (§ 9 Abs. 2 Satz 1 VerpackV a. F.). Dies war nach Feststellung der Bundesregierung, die das Ergebnis der Erhebungen jährlich bekannt zu geben hatte (§ 9 Abs. 3 VerpackV a. F.), der Fall. Am 28.01.1999 gab das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit bekannt (BAnz S. 1081), dass die Mehrwegquote für den maßgeblichen Getränkebereich mit 71,35 % im Jahr 1997 erstmals unterschritten worden sei. Im Jahr 1998 belief sich die Mehrwegquote nach Feststellung des Ministeriums auf 70,13 % (BAnz S. 6009). Für den Nacherhebungszeitraum Februar 1999 bis Januar 2000 betrug die Mehrwegquote 68,29 % (BAnz 2002 S. 14689, 14690); bei Mineralwasser und Bier lagen die Mehrweganteile erheblich unter denen des Referenzjahres 1991. Im Nacherhebungszeitraum Mai 2000 bis April 2001 wurde eine Mehrwegquote von 63,81 % festgestellt; der Mehrweganteil des Referenzjahres 1991 wurde bei Mineralwasser, Bier und kohlesäurehaltigen Erfrischungsgetränken unterschritten. Die Bekanntmachungen der Nacherhebungsergebnisse wurden für sofort vollziehbar erklärt und mit der Rechtsbehelfsbelehrung versehen, dass Klage beim Verwaltungsgericht Berlin erhoben werden könne.

Nach der Änderung der Verpackungsverordnung durch die 3. Änderungsverordnung vom 24.05.2005 (BGBl I S. 1407) ist die Pfanderhebungs- und Rücknahmepflicht für Einweggetränkeverpackungen in § 8 Abs. 1 VerpackV geregelt. Erfasst sind nicht ökologisch vorteilhafte Verpackungen im Sinne des § 3 Abs. 4 VerpackV, die die in § 8 Abs. 2 VerpackV genannten Getränke (Bier-, Mineral-, Quelle-, Tafel- und Heilwässer; bestimmte Erfrischungsgetränke und alkoholhaltige Mischgetränke) enthalten, und zwar bei einem Füllvolumen von 0,1 Liter bis 3 Liter. Das Pfand beträgt mindestens 0,25 Euro und ist jeweils bei Rücknahme der Verpackungen zu erstatten. Im Übrigen bleibt es bei den Regelungen gemäß § 6 Abs. 3 und Abs. 4 VerpackV. Abweichend von der früheren Rechtslage bedarf es nun nicht mehr der Bekanntgabe der Mehrwegquote im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 2 VerpackV a. F. durch die Bundesregierung.

Die in der Verpackungsverordnung vorgesehene Pfand- und Rücknahmepflicht trat am 01.01.2003 in Kraft. Zum Aufbau eines bundeseinheitlichen und flächendeckenden Pfandrücknahme- und Clearingsystems wurde den Herstellern und Vertreibern von Getränken in Einwegverpackungen durch Absprache zwischen dem Bundesumweltministerium, den zuständigen Landesbehörden und Verbänden der betroffenen Wirtschaftskreise jedoch eine Übergangsfrist bis zum 01.10.2003 eingeräumt. Bereits am 23.05.2002 haben die Klägerinnen beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage mit dem Ziel der gerichtlichen Feststellung erhoben, dass sie - auch nach der Bekanntgabe gemäß § 9 Abs. 2 VerpackV a. F. zur Unterschreitung der Mehrwegquote - nicht verpflichtet sind, auf ihre in Einwegverpackungen vertriebenen Getränke ein Pfand zu erheben und die Verpackungen zurückzunehmen. Denn diese Pflichten verstießen gegen Art. 28 EGV und die Richtlinie 94/62/EG. Für die im Ausland produzierten Getränke seien die Transportwege bei einem Vertrieb in Deutschland in der Regel länger als bei vergleichbaren deutschen Produkten; bei einem Vertrieb der Getränke in Mehrwegverpackungen seien ihre Produkte wegen der dann eintretenden starken Verteuerung nicht wettbewerbsfähig. Nur bei einem Vertrieb der Getränke in Einwegverpackungen sowie der Teilnahme am Dualen System Deutschland bezüglich des Einsammelns und Verwertens der gebrauchten Verpackungen sei eine Wettbewerbsfähigkeit am deutschen Markt gegeben.

Mit Beschluss vom 21.08.2002 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart unter Aussetzung des Verfahrens dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach Art. 234 EGV die Frage der Vereinbarkeit der Quoten- und Pfandregelungen der Verpackungsverordnung mit EG-Recht vorgelegt. Mit Urteil vom 14.12.2004 (Rs. C-309/02, Slg. 2004, I-11763 = DVBl 2005, 171 = EuZW 2005, 81) hat der EuGH entschieden, EG-Recht verwehre es den Mitgliedstaaten nicht, Maßnahmen wie z. B. ein Pfand- und Rücknahmesystem von Leerverpackungen einzuführen, mit denen die Wiederverwendung von Verpackungen gefördert werden solle. Die betroffenen Hersteller und Vertreiber hätten keinen Anspruch darauf, weiterhin an einem bestimmten System der Bewirtschaftung von Verpackungsabfall teilzunehmen. EG-Recht stehe §§ 8 Abs. 1 und 9 Abs. 2 VerpackV a. F. nur dann entgegen, wenn diese Vorschriften die Ersetzung eines flächendeckenden Systems der Sammlung von Verpackungsabfällen durch ein Pfand- und Rücknahmesystem vorsähen, ohne dass die betroffenen Hersteller und Vertreiber über eine angemessene Übergangsfrist verfügten, um sich darauf einzustellen, und ohne dass sichergestellt sei, dass sie sich im Zeitpunkt der Umstellung des Systems der Bewirtschaftung von Verpackungen tatsächlich an einem arbeitsfähigen System beteiligen könnten (EuGH, aaO. Tz. 81). Ob diese Voraussetzungen vorlägen, habe das nationale Gericht zu entscheiden (EuGH, aaO., Tz. 82).

Auf der Grundlage dieser Entscheidung haben die Klägerinnen geltend gemacht, im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Pfand- und Rücknahmepflichten am 01.01.2003 habe ein System, das den Anforderungen des EuGH genüge, in Deutschland offensichtlich nicht zur Verfügung gestanden. Daher sei die Klage begründet. Als Feststellungsbegehren sei die Klage auch zulässig; da nicht die Rechtswidrigkeit der Regelungen der Verpackungsverordnung geltend gemacht werde, sondern der gemeinschaftsrechtliche Anwendungsvorrang, sei für eine denkbare Anfechtungsklage gegen die Bekanntgabe der Nacherhebungsergebnisse kein Raum.

Der Beklagte und die Beigeladene haben Klageabweisung beantragt. Die Klage sei schon unzulässig, weil die Klägerinnen ihr Klagebegehren durch eine Anfechtungsklage gegen die Bekanntgabe der Nacherhebungsergebnisse im Juli 2002 hätten verfolgen können. Zudem bestehe ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis nicht zum Land, sondern nur zum Bund. Die Klage sei aber auch unbegründet, da im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ausreichend Systeme zur Abwicklung der Pfand- und Rücknahmepflichten zur Verfügung gestanden hätten, so dass die vom EuGH aufgestellten Anforderungen für die Systemumstellung erfüllt gewesen seien.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 23.05.2005 abgewiesen. Die Klage sei zwar zulässig, aber unbegründet. § 43 Abs. 2 VwGO stehe der Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen. Denn die Klägerinnen stützten ihr Begehren ausschließlich auf den Anwendungsvorrang des EG-Rechts; die Gültigkeit der Verpackungsverordnung werde nicht angegriffen, so dass diese bei einer Anfechtungsklage gegen die Bekanntgabe des Bundes nach § 9 Abs. 2 VerpackV (a. F.) nicht zu prüfen sei. Zwischen den Klägerinnen und dem Beklagten bestehe auch ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Denn schon im Zeitpunkt der Klageerhebung sei hinreichend konkret absehbar gewesen, dass das Land als für die Durchführung der Verpackungsverordnung zuständige Körperschaft gegen die Klägerinnen einschreiten müsse und einschreiten werde, wenn diese ihre Getränke im Land ohne Pfanderhebung in den Verkehr brächten. Die Klage sei jedoch unbegründet. Denn zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Pfand- und Rücknahmepflichten nach der Verpackungsverordnung seien die vom EuGH geforderten Anforderungen für das Pfand- und Rücknahmesystem erfüllt gewesen; es hätten arbeitsfähige Systeme bestanden, an denen sich die Klägerinnen bruchlos und unter Wahrung einer angemessenen Übergangsfrist hätten beteiligen können. Maßgeblich sei insoweit die Situation am 01.10.2003, da in der Zeit vom 01.01.2003 bis zum 30.09.2003 ein Moratorium für die Getränkehersteller insoweit bestanden habe, als sie in dieser Übergangszeit noch kein Pfand auf ihre Einwegverpackungen hätten erheben müssen. Am 01.10.2003 hätten arbeitsfähige "offene Systeme" (z. B. das P-System und die Systeme VfW und Wertpfand) zur Verfügung gestanden. Entsprechendes gelte für die "Insellösungen" (z. B. Aldi und Lidl), bei denen der freie Zugang für alle Marktteilnehmer prinzipiell bestanden habe. Soweit es anlässlich der Systemumstellung zu Auslistungen von Getränken in Einwegverpackungen durch den Einzelhandel gekommen sei, sei dies mit dem EG-Recht vereinbar. Der EuGH habe die Reduzierung von Einwegverpackungen zu Gunsten der Mehrwegverpackungen aus Gründen des Umweltschutzes akzeptiert. Die den Klägerinnen zur Bewältigung der Systemumstellung gewährte Übergangsfrist sei ausreichend gewesen.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hat das Verwaltungsgericht Berufung und Sprungrevision zugelassen. Gegen das am 22.06.2005 zugestellte Urteil haben die Klägerinnen am 19.07.2005 Berufung eingelegt und diese am 18.08.2005 begründet. Die Klägerinnen wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Insbesondere betonen sie, dass zum 01.01.2003 kein arbeitsfähiges Zwangspfand-/Rücknahmesystem in Deutschland bestanden habe, das den vom EuGH formulierten Vorgaben entsprochen habe. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei der 01.01.2003 und nicht der 01.10.2003 der entscheidende Stichtag für die Beurteilung der gemeinschaftsrechtskonformen Systemumstellung bei den Getränkeeinwegverpackungen. Auch die Übergangsfrist für den Systemwechsel sei zu kurz gewesen. Generell sei die deutsche Pfandpflicht mit dem EG-Recht unvereinbar, weil sie nur bestimmte, miteinander in Wettbewerb stehende Getränkebereiche betreffe und damit zu massiven Wettbewerbsverzerrungen und Handelshemmnissen führe. Sollte nach der Novellierung der deutschen Verpackungsverordnung zum 01.05.2006 ein funktionsfähiges Einweg-Pfand-system zur Verfügung stehen, komme dies zu spät. Ein solches System habe nach der Rechtsprechung des EuGH im Zeitpunkt der Systemumstellung, d. h. Einführung der Zwangspfandpflicht, vorhanden sein müssen. Zur Unterstützung ihrer Position berufen sich die Klägerinnen auf Stellungnahmen der EU-Kommission und des Europäischen Bürgerbeauftragten. Ferner begehren die Klägerinnen die Aufhebung der Beiladung der Beigeladenen.

Die Klägerinnen beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Mai 2005 - 9 K 4986/04 - zu ändern und festzustellen, dass die von ihnen hergestellten und in Baden-Württemberg in PET-Einwegverpackungen in den Verkehr gebrachten Erfrischungsgetränke mit Kohlensäure und Wässer bei Beteiligung an einem gemäß § 6 Abs. 3 Satz 11 VerpackV festgestellten Dualen System in Baden-Württemberg nicht mit einem Zwangspfand vertrieben werden müssen und die gebrauchten Verpackungen nicht gegen Erstattung des Zwangspfands zurückgenommen und nicht gegen Nachweis verwertet werden müssen.

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tragen im Wesentlichen vor: Die Feststellungsklagen seien bereits unzulässig. Denn zum beklagten Land bestehe kein Rechtsverhältnis, und zum Zeitpunkt der Klageerhebung seien die Feststellungsklagen subsidiär gewesen, weil die Klägerinnen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit der Anfechtungsklage gegen die Bekanntgabe des Bundes zu den Mehrwegquoten hätten vorgehen können und müssen. Die Unzulässigkeit der Klagen bestehe auch nach der 3. Verordnung zur Änderung der Verpackungs-verordnung. Zwar könnten die Klägerinnen nach der neuen Rechtslage wegen Wegfalls des Bekanntgabe-Verwaltungsakts nicht mehr auf die Anfechtungsklage verwiesen werden, jedoch fehle es nach wie vor an einem Rechtsverhältnis zum Land. In der Sache habe das Verwaltungsgericht richtig entschieden. Zum 01.10.2003, dem hier maßgeblichen Zeitpunkt, hätten sich entsprechend den Vorgaben des EuGH alle betroffenen Hersteller und Vertreiber der fraglichen Getränkeeinwegverpackungen tatsächlich an einem arbeitsfähigen System beteiligen können. Im Übrigen komme eine Aufhebung der Beiladung nicht in Betracht.

In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen angeregt, das Verfahren der Klägerin zu 2 abzutrennen und auszusetzen oder ruhen zu lassen; der Beklagte hat dem widersprochen. In der Sache haben die Klägerinnen betont, mit ihrer Klage gehe es ihnen um die Klärung der Frage, "ob die zuständigen Behörden des Landes Baden-Württemberg die Pfandpflicht vollziehen dürfen oder nicht"; einzuräumen sei, dass als Vorfrage die Rechtswirksamkeit der hier maßgeblichen verordnungsrechtlichen Bestim-mungen beantwortet werden müsse. Der Beklagte habe sich im 2. Halbjahr 2003 geweigert, die gewünschte Erklärung abzugeben, dass die Klägerinnen und deren Abnehmer nicht verpflichtet seien, auf ihre in Deutschland in Einwegverpackungen in Verkehr gebrachten CO2-haltigen Getränke ein Pfand zu erheben und die gebrauchten Verpackungen zurückzunehmen und zu verwerten, soweit eine Beteiligung am Dualen System bestehe. Übereinstimmend haben die Beteiligten erklärt, dass der Beklagte gegen die Klägerinnen keine Vollzugsmaßnahmen vorgenommen oder Bußgeldbescheide erlassen habe; erläuternd hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen erklärt, dass hierfür auch kein Anlass bestanden habe, da die Klägerinnen das "Zwangspfand" beachtet hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten verwiesen, insbesondere auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und die dazu vorgelegten Anlagen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte auf der Basis der mündlichen Verhandlung vom 19.10.2006 entscheiden. Die nachgereichten Schriftsätze der Klägerinnen vom 22. und 23.10.2006 sowie des Beklagten vom 23.10.2006 gaben dem Senat keinen Anlass, die mündliche Verhandlung gemäß § 125 Abs. 1 i. V. m. § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO wieder zu eröffnen. In den nachgereichten Schriftsätzen finden sich im Wesentlichen Wiederholungen der bereits in der mündlichen Verhandlung oder schon vorher schriftlich ausgetauschten Argumente sowie eine Bekräftigung der in der mündlichen Verhandlung durch den Vertreter der Klägerin zu 2 gegebenen Anregung zu einer Aussetzung des von ihr betriebenen Verfahrens.

Der Senat folgt dieser Anregung nicht. Die Voraussetzungen für eine Aussetzung (ggf. nach Abtrennung des Verfahrens hinsichtlich der Klägerin zu 2) liegen bereits nicht vor, weil weder das Verfahren der Klägerin zu 1 noch dasjenige in der Parallelsache 10 S 1557/06 noch ein eventuelles Revisionsverfahren gegen das Urteil des OVG Hamburg in einer vergleichbaren Sache im Sinne von § 94 VwGO vorgreiflich sind; in den genannten Verfahren geht es vielmehr nur um dieselben Rechtsfragen (vgl. Rudisile, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 94 Rn. 21, 29, 43 m. w. N.). Selbst wenn man aber in solchen Situationen die Möglichkeit einer analogen Anwendung des § 94 VwGO in Betracht ziehen wollte (in diesem Sinn wohl Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 94 Rn. 4a), sähe der Senat jedenfalls keinen ausreichenden Grund für eine Aussetzung, nachdem die Klägerinnen zu 1 und 2 das gemeinsam begonnene Verfahren bislang in vollem Umfang auch gemeinsam betrieben haben. Ein Ruhen des Verfahrens (§ 173 VwGO i. V. m. § 251 ZPO) hinsichtlich der Klägerin zu 2 kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Beklagte in der Sache mit dem Ruhen nicht einverstanden ist und deshalb auch keinen Ruhensantrag stellt.

Vorab weist der Senat weiter darauf hin, dass eine - von den Klägerinnen gewünschte - Aufhebung der in erster Instanz erfolgten Beiladung im Berufungsverfahren wegen § 65 Abs. 4 Satz 3 VwGO regelmäßig nicht in Betracht kommt (vgl. Bier, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, aaO, § 65 Rn. 32). Das folgt aus der Systematik von § 173 VwGO i. V. m. § 512 ZPO, mit der sich die vom Vertreter der Klägerinnen für seine Auffassung zitierten Kommentarstellen (Kopp/Schenke, aaO, § 65 Rn. 40; Eyermann/J. Schmidt, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 65 Rn. 30 f.) nicht auseinandersetzen. Es liegt auch kein Fall vor, der hierzu ausnahmsweise berechtigen würde (vgl. dazu Bier, aaO). Denn die Beiladung der Bundesrepublik Deutschland durch das Verwaltungsgericht war - und ist - jedenfalls nicht "greifbar gesetzwidrig". Sie war zumindest im Hinblick auf § 65 Abs. 1 VwGO nicht zu beanstanden.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Denn die Feststellungsklagen sind unzulässig. Das gilt sowohl für die frühere als auch für die jetzige Rechtslage nach der Verpackungsverordnung (I.). Die Behandlung der Klage als unzulässig steht in Einklang mit dem EG-Recht (II.).

I. Die Unzulässigkeit der Feststellungsklage ergibt sich aus mehreren Gründen. Es fehlt zwischen den Klägerinnen und dem Beklagten schon an einem "Rechtsverhältnis" im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. In Bezug auf die frühere Rechtslage nach der Verpackungsverordnung ergibt sich die Unzulässigkeit der Feststellungsklage aber vor allem aus § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Schließlich ist auch das erforderliche Feststellungsinteresse zu verneinen.

1. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung konnten die Klägerinnen ihr Rechtsschutzziel im Wege einer Gestaltungsklage verfolgen. Schon deshalb ist die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO unzulässig.

a) Nach der bis zur 3. Änderungsverordnung der Verpackungsverordnung geltenden Rechtslage bestand für die Klägerinnen die Möglichkeit einer Anfechtungsklage, die gegenüber der Feststellungsklage vorrangig war. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 16.01.2003 (Az.: 7 C 31/02) rechtsgrundsätzlich festgestellt. Nach dieser Entscheidung handelt es sich bei der Bekanntgabe der wiederholten Unterschreitung der Mehrwegquote im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 2 VerpackV a. F. durch die Bundesregierung um einen feststellenden Verwaltungsakt, der für das Wirksamwerden der Rücknahme- und Pfandpflichten konstitutiv wirkte. Da es den Klägerinnen um die Klärung der Frage geht, ob sie den nach der Verpackungsverordnung bestehenden Pflichten zur Pfanderhebung und zur Rücknahme von Einweggetränkeverpackungen unterliegen, mussten die Klägerinnen ihre Rechte durch Anfechtungsklage gegen den Rechtsakt der Bekanntgabe verfolgen (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO). In einer solchen Konstellation ist, wie das Bundesverwaltungsgericht besonders hervorhebt, die Feststellungsklage unzulässig (BVerwGE 117, 322, 325).

Die Klägerinnen hatten diese vorrangige Möglichkeit gehabt, die Bekanntgabe der Unterschreitung der Mehrwegquote durch die Bundesregierung, die die Pfand- und Rücknahmemöglichkeiten auslöste, anzufechten. Jene mehrfach vorgenommenen Bekanntmachungen waren - was nur einem Verwaltungsakt eigen ist - für sofort vollziehbar erklärt worden (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Den Klägerinnen stand demnach die Möglichkeit der Anfechtungsklage auch tatsächlich offen.

b) Mit der Anfechtungsklage konnten die Klägerinnen ihr Rechtsschutzziel vollständig erreichen. Denn die Entscheidung über den angefochtenen Bekanntgabeakt hätte auch zur Klärung der Frage geführt, ob die Klägerinnen durch die von ihnen beanstandeten verordnungsrechtlichen Pflichtenregelungen in ihren Rechten verletzt sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 16.01.2003 betont, dass die Rechtmäßigkeit des Bekanntgabeaktes die Gültigkeit der durch ihn ausgelösten Rücknahme- und Pfandpflichten voraussetze; diese seien darum im Regelfall Gegenstand der rechtlichen Prüfung (BVerwGE 117, 322, 329). Das Bundesverfassungsgericht hat diese Entscheidung unter dem Aspekt wirksamen Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) bestätigt (BVerfG-K, Beschl. v. 10.11.2004 - 1 BvR 179/03 - NVwZ 2005, 204, 205).

Diese Grundsätze sind hier einschlägig. In der Sache geht es den Klägerinnen letztlich darum, den Pfand- und Rücknahmepflichten der Verpackungsverordnung nicht unterworfen zu sein, soweit sie sich an dem Dualen System Deutschland beteiligen. Die verordnungsrechtliche Pflichtigkeit wäre im Fall der Anfechtungsklage im Wege der inzidenten gerichtlichen Kontrolle zu klären gewesen. Die Gültigkeit untergesetzlicher Rechtsnormen ist von den Verwaltungsgerichten selbst zu beantworten; dies hat das Bundesverfassungsgericht in Bezug auf die Verpackungsverordnung ausdrücklich betont (BVerfG-K, Beschl. v. 22.03.2000 - 1 BvR 1500/93 - NVwZ-RR 2000, 473, sowie Beschl. v. 03.07.2001 - 1 BvR 1472/99 - NVwZ-RR 2002, 1, 2).

c) An diesem Ergebnis ändert sich entgegen der Auffassung der Klägerinnen und des Verwaltungsgerichts nicht dadurch etwas, dass die Klägerinnen ausdrücklich nicht die Ungültigkeit der Pflichtenregelungen nach der Verpackungsverordnung geltend machen, sondern nur deren Unanwendbarkeit wegen des Anwendungsvorrangs des EG-Rechts. Für die vorliegende Fallkonstellation macht es im Rahmen des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO im Ergebnis keinen Unterschied, ob die Gültigkeit der Pflichtenregelungen oder deren Nichtanwendbarkeit behauptet wird (ebenso HessVGH, Urt. v. 09.03.2006 - 6 UE 3281/01 - NVwZ 2006, 1195, 1197). In beiden Fallgestaltungen wäre im Falle der Anfechtung des Bekanntgabeakts die verordnungsrechtliche Pflichtigkeit der Klägerinnen inzident zu prüfen gewesen. Hätte diese Pflichtigkeit verneint werden müssen, wäre der angefochtene Verwaltungsakt jedenfalls in Bezug auf die Klägerinnen aufzuheben gewesen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Nähme man Unteilbarkeit des Verwaltungsakts an, hätten andere von der vollständigen Aufhebung des Verwaltungsakts faktisch profitiert. In jedem Fall hätten die Klägerinnen aber ihr Rechtsschutzziel erreicht.

Die Feststellungsklage ist deshalb nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO unzulässig.

Im Übrigen gelten für die Unzulässigkeit der Feststellungsklage im Zeitpunkt der Klageerhebung zudem die nachfolgenden (2.) Gründe für die Unzulässigkeit nach Maßgabe der geltenden Verpackungsverordnung.

2. Unzulässig ist die Feststellungsklage auch auf der Grundlage der jetzt in Kraft befindlichen Fassung der Verpackungsverordnung. Zwar gelten die Pfand- und Rücknahmepflichten nunmehr unmittelbar kraft der getroffenen Verordnungsregelung (§ 8 VerpackV), so dass hierfür nicht mehr die Feststellung des Unterschreitens einer Mehrwegquote durch - anfechtbaren - Verwaltungsakt der Bundesregierung Voraussetzung ist. Jedoch fehlt es zwischen den Klägerinnen und dem Beklagten an dem nach § 43 Abs. 1 VwGO notwendigen Rechtsverhältnis.

a) Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer öffentlichrechtlichen Norm für das Verhältnis von natürlichen oder juristischen Personen ergeben, kraft deren eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht (BVerwG, Urt. v. 26.01.1996 - 8 C 19/94 - BVerwGE 100, 262, 264). Zu einem Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO haben sich rechtliche Beziehungen nur dann verdichtet, wenn die Anwendung einer bestimmten Norm des Öffentlichen Rechts auf einen bereits überschaubaren Sachverhalt streitig ist (BVerwG, aaO S. 265; ferner BVerwG, Urt. v. 23.01.1992 - 3 C 50/89 - BVerwGE 89, 327, 329). Dabei geht es um rechtliche Beziehungen nach Maßgabe der materiellrechtlichen Verhaltensordnung (Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 43 RdNr. 5). § 43 Abs. 1 VwGO setzt infolgedessen rechtliche Beziehungen voraus, die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlichrechtlichen Norm ergeben (BVerwG, aaO S. 329). Diese Sachnorm kann hier nur § 8 VerpackV sein.

In diesem Sinne bestehen zwischen den Klägerinnen und dem Beklagten keine rechtlichen Beziehungen. Es fehlt an einem Streit mit einer bestimmten Behörde des Beklagten über das Vorliegen eines konkreten Pflichtenverstoßes oder eines sonstigen rechtlich relevanten Verhaltens nach der Verpackungsverordnung (ebenso in einem ähnlich gelagerten Fall HessVGH, NVwZ 2006, 1195, 1199). Keine Behörde des beklagten Landes ist jemals an die Klägerinnen herangetreten, um ihnen gegenüber Pfand- oder Rücknahmepflichten durchzusetzen.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Beklagte weder verwaltungsrechtliche Vollzugsmaßnahmen vorgenommen noch ordnungswidrigkeitenrechtliche Bußgeldmaßnahmen durchgeführt hat. Da die Klägerinnen die Vorgaben der Verpackungsverordnung befolgten, bedurfte es derartiger Maßnahmen auch gar nicht. Auf die von Klägerseite gewünschte "Freistellungserklärung" von der Verpackungsverordnung hat der Beklagte im Schreiben vom 07.10.2003 und vom 25.11.2003 sogar mit Hinweis darauf reagiert, dass er "nicht der richtige Adressat" für das Begehren sei; ergänzend heißt es im Schreiben vom 07.10.2003, da von Klägerseite ein Vorstoß einzelner Regelungen der Verpackungsverordnung mit EG-Recht geltend gemacht werde, sei "der richtige Adressat die Bundesregierung". Dass sich der Beklagte im vorliegenden Verfahren gegen die Klage rechtlich zur Wehr setzt, begründet zwar ein Prozessrechtsverhältnis, aber kein Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO nach der Verpackungsverordnung. Das Bundesverwaltungsgericht hat festgestellt, nicht einmal eine Verfolgung von Verstößen gegen die Rücknahme- und Pfandpflichten der Verpackungsverordnung als Ordnungswidrigkeit sei geeignet, zwischen Verpackungsherstellern und Einzelhandelsunternehmen einerseits sowie einem Land andererseits ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zu begründen, das sich mit der Gültigkeit der Pflichtenregelung verbinde; die Pflichten der Unternehmen ergäben sich vielmehr unmittelbar aus der Verpackungsverordnung (BVerwG, Beschl. v. 19.12.2002 - 7 VR 1/02 - NWVBl 2003, 139, 141). Das gilt ebenso für den Fall der - wie hier behaupteten - Unanwendbarkeit der Pflichtenregelungen nach der Verpackungsverordnung aus Gründen des EG-Rechts. In beiden Fällen bestreiten Hersteller bzw. Vertreiber von bestimmten Getränkeeinwegverpackungen, dem Normbefehl der Pfand- und Rücknahmepflichten nach der Verpackungsverordnung unterworfen zu sein.

Geht es aber darum, dass letztlich die Rechtswirksamkeit verordnungsrechtlicher Pflichten - hier aus § 8 Abs. 1 VerpackV, für deren "Vollzug" der Beklagte übrigens mangels einer Ermessensvorschrift keinen Spielraum hätte - wegen behaupteten Verstoßes gegen höherrangiges Recht in Frage gestellt wird, "besteht das entsprechende Rechtsverhältnis", so das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich zur Verpackungsverordnung, "ausschließlich zu der Beigeladenen als dem Normgeber" (BVerwG, NWVBl 2003, 139, 141). Auch wenn die Klage auf die Feststellung des Nichtbestehens bestimmter verordnungsrechtlicher Pflichten (und nicht auf die Feststellung der Ungültigkeit der Norm selbst) gerichtet ist, ist sie in der Sache bei strikten Rechtsfolgeanordnungen, wie dies bei § 8 Abs.1 VerpackV der Fall ist, notwendigerweise auf die behauptete Unwirksamkeit der zu Grunde liegenden Norm gestützt; nur die Negierung des Normbefehls kann in einer solchen Konstellation zum Nichtbestehen der verordnungsrechtlich statuierten Pflichten führen.

Ob die - behauptete - Nichtgeltung der verordnungsrechtlichen Pfand- und Rücknahmepflichten auf der - tatsächlichen oder vermeintlichen - Ungültigkeit oder Unanwendbarkeit der Verordnungsbestimmungen beruht, ist eine Frage der rechtstechnischen Begründung der Negation des Normbefehls, ändert aber nichts an dem für die Zulässigkeit der Klage maßgeblichen Rechtsschutzziel: Den Klägerinnen geht es um die rechtskräftige gerichtliche Feststellung, dass sie den Pfand- und Rücknahmepflichten der Verpackungsverordnung des Bundes nicht unterliegen. Ein Rechtsverhältnis zwischen den Klägerinnen und dem Beklagten ist bei diesem Sachverhalt nicht erkennbar.

b) Die Zulässigkeit der Feststellungsklage gegen den Normgeber bei untergesetzlichen Normen steht in Einklang mit Art. 19 Abs. 4 GG (Peters, NVwZ 1999, 506, 507) und ist vom Bundesverfassungsgericht am Beispiel gerade der Verpackungsverordnung ausdrücklich bestätigt worden. Das Gericht hat darauf hingewiesen, eine verwaltungsgerichtliche Klage könne etwa die Feststellung zum Ziel haben, dass Rechtsschutzsuchende nicht den Rücknahmeverpflichtungen nach der Verpackungsverordnung unterlägen (BVerfG-K, aaO., NVwZ-RR 2000, 473). Da es in einem solchen Fall jedoch ausschließlich um die gerichtliche Feststellung des Nichtbestehens unmittelbar wirkender verordnungsrechtlicher Pflichten in Bezug auf die Klägerinnen geht, besteht das Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO ausschließlich im Verhältnis zum Bund als Normgeber und nicht zum Land, das die verordnungsrechtlichen Pflichten gar nicht statuiert hat. In seinem Beschluss vom 17.01.2006 hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich festgestellt, dass eine Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO gegen die Bundesrepublik Deutschland als Verordnungsgeber keine Umgehung des § 47 VwGO darstellt (BVerfG-K, Beschl. v. 17.01.2006 - 1 BvR 541/02 u. a. - NVwZ 2006, 922, 924).

c) Erwägungen der Prozessökonomie bestätigen, dass die Klägerinnen, ausgehend von ihrem Rechtsschutzziel - trotz der formalen Begrenzung auf das Land Baden-Württemberg -, in Wahrheit Rechtsschutz im Verhältnis zum Bund und nicht zum Land suchen. Da sie behaupten, den Pfand- und Rücknahmepflichten des § 8 VerpackV nicht unterworfen zu sein, streiten sie in der Sache letztlich nicht mit einzelnen Ländern, sondern begehren mit ihrem Rechtsschutzanliegen eine Klärung ihrer Pflichten gegenüber dem Normgeber. Das macht erkennbar Sinn, weil an Stelle einer Vielzahl von gegen die Länder gerichteten Klagen mit einer einzigen Feststellungsklage gegen den Bund die Klärung der umstrittenen Pflichtenstellung herbeigeführt werden kann (OVG Berlin-Brandenburg, aaO., UA S. 24).

3. Angesichts ihres Rechtsschutzziels fehlt den Klägerinnen auch das nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der beantragten gerichtlichen Feststellung, in Baden-Württemberg mit ihren PET-Einwegver-packungen weder der Pfandpflicht noch der Rücknahmepflicht (gegen Erstattung des Pfands) nach der Verpackungsverordnung unterworfen zu sein. Zwar schließt das Feststellungsinteresse nach § 43 Abs.1 VwGO jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art ein; jedoch begründet das (materielle) Begehren einer Bestätigung, der Bundesverordnungsgeber habe die Pfand- und Rücknahmepflichten nicht einführen dürfen, kein Feststellungsinteresse im Verhältnis zum Beklagten.

a) Ein rechtliches Interesse an der beantragten Feststellung besteht schon deshalb nicht, weil der Beklagte in keiner Weise gegenüber den Klägerinnen versucht hat, die bundesrechtlichen Pfand- und Rücknahmepflichten durchzusetzen. Das machte auch keinen Sinn, da die Klägerinnen als Herstellerinnen der Produkte diese von Dritten vertreiben lassen. Es wurde und wird seitens des Beklagten nicht verlangt, dass die Klägerinnen selbst von den Verbrauchern ihrer Produkte Pfand erheben bzw. die PET-Flaschen nach Gebrauch zurücknehmen.

b) Ein wirtschaftliches Interesse an der begehrten Feststellung besteht aus den vom OVG Hamburg in seinem Urteil vom 01.09.2006 genannten Gründen nicht (OVG Hamburg, Urt. v. 01.09.2006 - 1 Bf 171/05 - UA S. 17 ff.). Die Klägerinnen setzen ihre pfandpflichtigen PET-Flaschen über länderübergreifende Handelsketten bundesweit ab und wenden sich konsequenterweise gegen die bundesweit geltenden Pfand- und Rücknahmepflichten der Verpackungsverordnung. Ein nur auf Baden-Württemberg bezogenes Urteil würde den wirtschaftlichen Interessen der Klägerinnen nur sehr begrenzt nutzen. Der schnellere, einfachere und vor allem wirkungsvollere Weg besteht in einer gegen die Bundesrepublik Deutschland zu richtenden Feststellungsklage. Darauf hat unlängst das Bundesverfassungsgericht in einer im Rechtsschutzziel vergleichbaren Konstellation hingewiesen (BVerfG-K, Beschl. v. 17.01.2006 - 1 BvR 541/02 u. a. - NVwZ 2006, 922, 924). Hinzu kommt die durch § 52 Nr. 5 VwGO bewirkte Bündelung der gerichtlichen Zuständigkeit beim Streit um die Anwendbarkeit einer Rechtsverordnung des Bundes. Es liegt auf der Hand, dass eine gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtete Feststellungsklage wegen der Klärung der Pfand- und Rücknahmepflichten nach der Verpackungsverordnung den effektiveren Rechtsschutzweg im Vergleich zu Feststellungsklagen gegen die Länder darstellt.

Eine weitere Überlegung, die vom Bundesverwaltungsgericht im Rahmen des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO angestellt worden ist, bestätigt dieses Ergebnis. Die Feststellungsklage erweise sich im Verhältnis zur Anfechtungsklage als die effektivere Rechtsschutzform, wenn durch sie eine Vielzahl von Anfechtungsprozessen vermieden werden könne; das treffe vor allem dann zu, wenn die den Einzelfallentscheidungen zu Grunde liegenden normativen Vorgaben in Zweifel gezogen würden (BVerwG, Urt. v. 24.06.2004 - 4 C 11/03 - E 121, 152, 156). Überträgt man diesen Rechtsgedanken auf die vorliegende Konstellation, lässt sich durch die Feststellungsklage gegen den Normgeber, dessen Normbefehl die Klägerinnen sich widersetzen, eine Vielzahl von Feststellungsklagen gegen die Länder vermeiden. Ein Feststellungsinteresse ist folglich auch unter diesem Gesichtspunkt zu verneinen.

II. Die Unzulässigkeit der gegen das Land erhobenen Feststellungsklage steht nicht in Widerspruch zum EG-Recht; insbesondere die Anforderungen des Art. 10 EGV werden beachtet (ebenso HessVGH, NVwZ 2006, 1195, 1199). Die Wahrung des EG-Rechts obliegt auch den Gerichten der Mitgliedstaaten. Außerhalb der Zuständigkeit des EuGH bleibt die Ausgestaltung des Verfahrens grundsätzlich dem nationalen Recht überlassen. Aus dem Postulat der Effektivität des Vollzugs des EG-Rechts folgt nicht, dass das innerstaatliche Recht Klägern einen bestimmten, von ihnen bevorzugten Weg des gerichtlichen Rechtsschutzes zur Verfügung stellen muss. Erweist sich ein bestimmter, vom Kläger eingeschlagener Weg nach nationalem Prozessrecht als nicht statthaft, ist dies gemeinschaftsrechtlich unbedenklich, wenn dem Kläger andere effektive Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dies ist nach dem Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 20.10.2005, das als "Musterverfahren" zur Pfandpflicht nach der Verpackungsverordnung bezeichnet werden kann, offensichtlich der Fall, zumal das Gericht gegen seine Entscheidung die Revision zugelassen hat (OVG Berlin-Brandenburg, aaO., UA S. 75) und damit eine der umstrittenen, zentralen Rechtsfragen zu § 8 VerpackV durch das Bundesverwaltungsgericht geklärt werden kann. Dass Kläger in der Sache erfolglos bleiben, ändert nichts daran, dass ihnen innerstaatlich gemeinschaftsrechtskonform wirksamer Rechtsschutz zur Verfügung steht.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nach § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären. Da die Beigeladene auch im Berufungsverfahren einen Sachantrag gestellt hat und damit ein eigenes Kostenrisiko eingegangen ist (§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht die Erstattungsfähigkeit jener Kosten der Billigkeit.

IV. Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Zu klären ist die Rechtsfrage, ob bei einer Verordnungsbestimmung in einer Rechtsverordnung des Bundes, die "self executing" wirkt, eine Feststellungsklage unmittelbar gegen den Normgeber zulässig ist und im Falle der Zulässigkeit dieser Klage Feststellungsklagen gegen die zuständigen Vollzugsbehörden des Landes unzulässig sind.

Beschluss

vom 19. Oktober 2006

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 200.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

Der Streitwert wird gemäß §§ 72 Nr. 1 2. Halbsatz, 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 und 39 Abs. 1 GKG nach der sich aus dem Antrag der Klägerinnen für sie ergebenden Bedeutung der Sache in Anlehnung an eine in vergleichbaren Fällen vom Bundesverwaltungsgericht (NVwZ-RR 2003, 904) vorgenommene Typisierung derart festgesetzt, dass das Interesse jeder Klägerin jeweils mit 100.000,- EUR bemessen wird (wie Vorinstanz).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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