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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 25.10.2006
Aktenzeichen: 10 S 1557/05
Rechtsgebiete: EGV, GG, VwGO, VerpackV


Vorschriften:

EGV Art. 10
GG Art. 19 Abs. 4
VwGO § 43
VwGO § 65 Abs. 4 Satz 3
VerpackV § 8
VerpackV § 9
1. Die Bekanntgabe der Unterschreitung der Mehrwegquote gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 VerpackV a. F. durch die Bundesregierung stellt einen feststellenden Verwaltungsakt dar, gegen den die Anfechtungsklage statthaft ist (wie BVerwGE 117, 322, 325); eine Feststellungsklage ist unzulässig (§ 43 Abs. 2 VwGO). Das gilt auch für ausländische Unternehmen.

2. Wird Rechtsschutz mittelbar gegen eine Rechtsverordnung des Bundes mit der Behauptung begehrt, der unmittelbar wirkende verordnungsrechtliche Normbefehl bestehe deshalb nicht, weil die betreffenden Verordnungsbestimmungen wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht ungültig oder unanwendbar seien, besteht ein Rechtsverhältnis zum Bund als Normgeber, nicht jedoch zu den "Vollzugsbehörden" des Landes. Die umstrittene Pflichtenstellung kann mit einer gegen den Bund gerichteten Feststellungsklage geklärt werden.

3. Werden die bundesweit geltenden Pfand- und Rücknahmepflichten nach der Verpackungsverordnung bestritten, weil diese Pflichten mit Europäischem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar seien, fehlt für eine Feststellungsklage gegen das Land auch das Feststellungsinteresse. Die gegen den Bund als Normgeber zu richtende Feststellungsklage stellt den schnelleren, einfacheren und wirkungsvolleren Rechtsschutz zur Klärung der Pflichtenstellung dar.

4. Die Unzulässigkeit der gegen das Land erhobenen Feststellungsklage zur Klärung der Pflichtenstellung nach einer ohne Vollzugsakt unmittelbar wirkenden Rechtsverordnung des Bundes ist mit Europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Der Klägerin steht nach dem innerstaatlichen Prozessrecht ein wirksamer Rechtsschutz zur Verfügung.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

10 S 1557/05

Verkündet am 25.10.2006

In der Verwaltungsrechtssache

hat der 10. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19. Oktober 2006

am 25. Oktober 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Mai 2005 - 19 K 3650/03 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin, eine Brauerei mit Sitz in Frankreich, stellt unter anderem das mit Tequila aromatisierte Biergetränk "xxxxxxxxxx" her. Dieses Getränk wird in Einwegverpackungen gefüllt, die mit dem "Grünen Punkt" versehen sind; das Getränk wird in Deutschland vertrieben. Gegenüber dem beklagten Land begehrt die Klägerin die gerichtliche Feststellung, dass sie bei einer Beteiligung am Dualen System Deutschland, speziell in Baden-Württemberg nicht verpflichtet ist, auf ihre in Deutschland in Verkehr gebrachten Einweggetränkeverpackungen ein Pflichtpfand zu erheben und diese Verpackungen zurückzunehmen.

Die Klägerin hatte sich mit ihren Einwegverpackungen der Organisation "Duales System Deutschland" ("Grüner Punkt") angeschlossen. Diese Organisation stellt nach der Feststellung des Umweltministeriums Baden-Württemberg mit Bescheid vom 22.12.1992 in Baden-Württemberg ein flächendeckendes System im Sinne des § 6 Abs. 3 der Verordnung über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen - VerpackV - vom 21.08.1998 (BGBl I S. 2379) dar. Die Freistellung der Hersteller und Vertreiber von den verordnungsrechtlichen Pfanderhebungs- und Rücknahmepflichten bei Einweggetränkeverpackungen steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass der Gesamtanteil der in Mehrwegverpackungen abgefüllten, verordnungsrechtlich relevanten Getränke (Bier, Mineralwasser, Erfrischungsgetränke mit Kohlensäure etc.) im Kalenderjahr bundesweit die Quote von 72 % nicht wiederholt unterschreitet (§ 9 Abs. 2 Satz 1 VerpackV a. F.). Dies war nach Feststellung der Bundesregierung, die das Ergebnis der Erhebungen jährlich bekannt zu geben hatte (§ 9 Abs. 3 VerpackV a. F.), der Fall. Am 28.01.1999 gab das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit bekannt (BAnz S. 1081), dass die Mehrwegquote für den maßgeblichen Getränkebereich mit 71,35 % im Jahr 1997 erstmals unterschritten worden sei. Im Jahr 1998 belief sich die Mehrwegquote nach Feststellung des Ministeriums auf 70,13 % (BAnz S. 6009). Für den Nacherhebungszeitraum Februar 1999 bis Januar 2000 betrug die Mehrwegquote 68,29 % (BAnz 2002 S. 14689, 14690); bei Mineralwasser und Bier lagen die Mehrweganteile erheblich unter denen des Referenzjahres 1991. Im Nacherhebungszeitraum Mai 2000 bis April 2001 wurde eine Mehrwegquote von 63,81 % festgestellt; der Mehrweganteil des Referenzjahres 1991 wurde bei Mineralwasser, Bier und kohlesäurehaltigen Erfrischungsgetränken unterschritten. Die Bekanntmachungen der Nacherhebungsergebnisse wurden für sofort vollziehbar erklärt und mit der Rechtsbehelfsbelehrung versehen, dass Klage beim Verwaltungsgericht Berlin erhoben werden könne. Nach der Änderung der Verpackungsverordnung durch die 3. Änderungsverordnung vom 24.05.2005 (BGBl I S. 1407) ist die Pfanderhebungs- und Rücknahmepflicht für Einweggetränkeverpackungen in § 8 Abs. 1 VerpackV (n. F.) geregelt. Erfasst sind nicht ökologisch vorteilhafte Verpackungen im Sinne des § 3 Abs. 4 VerpackV, die die in § 8 Abs. 2 VerpackV genannten Getränke (Bier-, Mineral-, Quelle-, Tafel- und Heilwässer; bestimmte Erfrischungsgetränke und alkoholhaltige Mischgetränke) enthalten, und zwar bei einem Füllvolumen von 0,1 Liter bis 3 Liter. Das Pfand beträgt mindestens 0,25 Euro und ist jeweils bei Rücknahme der Verpackungen zu erstatten. Im Übrigen bleibt es bei den Regelungen gemäß § 6 Abs. 3 und Abs. 4 VerpackV. Abweichend von der früheren Rechtslage bedarf es nun nicht mehr der Bekanntgabe der Mehrwegquote im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 2 VerpackV a. F. durch die Bundesregierung, die als feststellender Verwaltungsakt für das Wirksamwerden der Rücknahme- und Pfandpflichten konstitutiv war.

Die in der Verpackungsverordnung vorgesehene Pfand- und Rücknahmepflicht trat am 01.01.2003 in Kraft. Zum Aufbau eines bundeseinheitlichen und flächendeckenden Pfandrücknahme- und Clearingsystems wurde den Herstellern und Vertreibern von Getränken in Einwegverpackungen durch Absprache zwischen dem Bundesumweltministerium, den zuständigen Landesbehörden und Verbänden der betroffenen Wirtschaftskreise jedoch eine Übergangsfrist bis zum 01.10.2003 eingeräumt. Bereits am 05.09.2003 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage mit dem Ziel der gerichtlichen Feststellung erhoben, dass sie - auch nach der Bekanntgabe gemäß § 9 Abs. 2 VerpackV a. F. zur Unterschreitung der Mehrwegquote - nicht verpflichtet ist, auf ihre in Einwegverpackungen vertriebenen Getränke ein Pfand zu erheben und die Verpackungen zurückzunehmen. Denn diese Pflichten verstießen gegen Art. 28 EGV und die Richtlinie 94/62/EG. Für die im Ausland produzierten Getränke seien die Transportwege bei einem Vertrieb in Deutschland in der Regel länger als bei vergleichbaren deutschen Produkten; bei einem Vertrieb der Getränke in Mehrwegverpackungen seien ihre Produkte wegen der dann eintretenden starken Verteuerung nicht wettbewerbsfähig. Nur bei einem Vertrieb der Getränke in Einwegverpackungen sowie der Teilnahme am Dualen System Deutschland bezüglich des Einsammelns und Verwertens der gebrauchten Verpackungen sei eine Wettbewerbsfähigkeit am deutschen Markt gegeben. In besonderem Maße gelte dies für das Getränk "xxxxxxxxxx", da dieses mit verschiedenen "Szene-Getränken" in unmittelbarer Konkurrenz stehe, die kein Bier enthielten und bei einem Vertrieb in Einwegverpackungen keiner Pfandpflicht unterlägen.

Mit Beschluss vom 21.08.2002 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart in einem Parallelverfahren unter Aussetzung jenes Verfahrens dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach Art. 234 EGV die Frage der Vereinbarkeit der Quoten- und Pfandregelungen der Verpackungsverordnung mit EG-Recht vorgelegt. Mit Urteil vom 14.12.2004 (Rs. C-309/02, Slg. 2004, I-11763 = DVBl 2005, 171 = EuZW 2005, 81) hat der EuGH entschieden, EG-Recht verwehre es den Mitgliedstaaten nicht, Maßnahmen wie z. B. ein Pfand- und Rücknahmesystem von Leerverpackungen einzuführen, mit denen die Wiederverwendung von Verpackungen gefördert werden solle. Die betroffenen Hersteller und Vertreiber hätten keinen Anspruch darauf, weiterhin an einem bestimmten System der Bewirtschaftung von Verpackungsabfall teilzunehmen. EG-Recht stehe §§ 8 Abs. 1 und 9 Abs. 2 VerpackV a. F. nur dann entgegen, wenn diese Vorschriften die Ersetzung eines flächendeckenden Systems der Sammlung von Verpackungsabfällen durch ein Pfand- und Rücknahmesystem vorsähen, ohne dass die betroffenen Hersteller und Vertreiber über eine angemessene Übergangsfrist verfügten, um sich darauf einzustellen, und ohne dass sichergestellt sei, dass sie sich im Zeitpunkt der Umstellung des Systems der Bewirtschaftung von Verpackungen tatsächlich an einem arbeitsfähigen System beteiligen könnten (EuGH, aaO. Tz. 81). Ob diese Voraussetzungen vorlägen, habe das nationale Gericht zu entscheiden (EuGH, aaO., Tz. 82).

Auf der Grundlage dieser Entscheidung hat die Klägerin geltend gemacht, im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Pfand- und Rücknahmepflichten am 01.01.2003 habe ein System, das den Anforderungen des EuGH genüge, in Deutschland offensichtlich nicht zur Verfügung gestanden. Daher sei die Klage begründet. Als Feststellungsbegehren sei die Klage auch zulässig; da nicht die Rechtswidrigkeit der Regelungen der Verpackungsverordnung geltend gemacht werde, sondern der gemeinschaftsrechtliche Anwendungsvorrang, sei für eine denkbare Anfechtungsklage gegen die Bekanntgabe der Nacherhebungsergebnisse kein Raum.

Der Beklagte und die Beigeladene haben Klageabweisung beantragt. Die Klage sei schon unzulässig, weil die Klägerin ihr Klagebegehren durch eine Anfechtungsklage gegen die Bekanntgabe der Nacherhebungsergebnisse im Juli 2002 hätte verfolgen können. Zudem bestehe ein feststellungsfähiges Rechts-verhältnis nicht zum Land, sondern nur zum Bund. Die Klage sei aber auch unbegründet, da im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ausreichend Systeme zur Abwicklung der Pfand- und Rücknahmepflichten zur Verfügung gestanden hätten, so dass die vom EuGH aufgestellten Anforderungen für die Systemumstellung erfüllt gewesen seien.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 23.05.2005 abgewiesen. Die Klage sei zwar zulässig, aber unbegründet. § 43 Abs. 2 VwGO stehe der Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen. Denn die Klägerin stütze ihr Begehren ausschließlich auf den Anwendungsvorrang des EG-Rechts; die Gültigkeit der Verpackungsverordnung werde nicht angegriffen, so dass diese bei einer Anfechtungsklage gegen die Bekanntgabe des Bundes nach § 9 Abs. 2 VerpackV (a. F.) nicht zu prüfen sei. Zwischen der Klägerin und dem Beklagten bestehe auch ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Denn schon im Zeitpunkt der Klageerhebung sei hinreichend konkret absehbar gewesen, dass das Land als für die Durchführung der Verpackungsverordnung zuständige Körperschaft gegen die Klägerin einschreiten müsse und einschreiten werde, wenn diese ihre Getränke im Land ohne Pfanderhebung in den Verkehr brächte. Die Klage sei jedoch unbegründet. Denn zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Pfand- und Rücknahmepflichten nach der Verpackungsverordnung seien die vom EuGH geforderten Anforderungen für das Pfand- und Rücknahmesystem gegeben gewesen; es hätten arbeitsfähige Systeme bestanden, an denen sich die Klägerin bruchlos und unter Wahrung einer angemessenen Übergangsfrist hätte beteiligen können. Maßgeblich sei insoweit die Situation am 01.10.2003, da in der Zeit vom 01.01.2003 bis zum 30.09.2003 ein Moratorium für die Getränkehersteller insoweit bestanden habe, als sie in dieser Übergangszeit noch kein Pfand auf ihre Einwegverpackungen hätten erheben müssen. Am 01.10.2003 hätten arbeitsfähige "offene Systeme" (z. B. das P-System und die Systeme VfW und Wertpfand) zur Verfügung gestanden. Entsprechendes gelte für die "Insellösungen" (z. B. Aldi und Lidl), bei denen der freie Zugang für alle Marktteilnehmer prinzipiell bestanden habe. Soweit es anlässlich der Systemumstellung zu Auslistungen von Getränken in Einwegverpackungen durch den Einzelhandel gekommen sei, sei dies mit dem EG-Recht vereinbar. Der EuGH habe die Reduzierung von Einwegverpackungen zu Gunsten der Mehrwegverpackungen aus Gründen des Umweltschutzes akzeptiert. Die der Klägerin zur Bewältigung der Systemumstellung gewährte Übergangsfrist sei ausreichend gewesen.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hat das Verwaltungsgericht Berufung und Sprungrevision zugelassen. Gegen das am 22.06.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19.07.2005 Berufung eingelegt und diese am 19.08.2005 begründet. Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Insbesondere betont sie, dass zum 01.01.2003 kein arbeitsfähiges Zwangspfand-/Rücknahmesystem in Deutschland bestanden habe, das den vom EuGH formulierten Vorgaben entsprochen habe. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei der 01.01.2003 und nicht der 01.10.2003 der entscheidende Stichtag für die Beurteilung der gemeinschaftsrechtskonformen Systemumstellung bei den Getränkeeinwegverpackungen. Auch die Übergangsfrist für den Systemwechsel sei zu kurz gewesen. Generell sei die deutsche Zwangspflicht mit dem EG-Recht unvereinbar, weil sie nur bestimmte, miteinander in Wettbewerb stehende Getränkebereiche betreffe und damit zu massiven Wettbewerbsverzerrungen und Handelshemmnissen führe. Sollte nach der Novellierung der deutschen Verpackungsverordnung zum 01.05.2006 ein funktionsfähiges Einweg-Pfandsystem zur Verfügung stehen, komme dies zu spät. Ein solches System habe nach der Rechtsprechung des EuGH im Zeitpunkt der Systemumstellung, d. h. Einführung der Zwangspfandpflicht, vorhanden sein müssen. Zur Unterstützung ihrer Position beruft sich die Klägerin auf Stellungnahmen der EU-Kommission und des Europäischen Bürgerbeauftragten. Ferner begehrt die Klägerin die Aufhebung der Beiladung der Beigeladenen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Mai 2005 (Az.: 19 K 3650/03) zu ändern und festzustellen, dass das von ihr hergestellte und in Baden-Württemberg in Einwegverpackungen in den Verkehr gebrachte Biergetränk "Xxxxxxxxxxxx" bei Beteiligung an einem gemäß § 6 Abs. 3 Satz 11 VerpackV festgestellten Dualen System in Baden-Württemberg nicht mit einem Zwangspfand vertrieben werden muss und die gebrauchten Verpackungen nicht gegen Erstattung des Zwangspfands zurückgenommen und nicht gegen Nachweis verwertet werden müssen.

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tragen im Wesentlichen vor: Die Feststellungsklage sei bereits unzulässig. Denn zum beklagten Land bestehe kein Rechtsverhältnis, und zum Zeitpunkt der Klageerhebung sei die Feststellungsklage subsidiär gewesen, weil die Klägerin nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit der Anfechtungsklage gegen die Bekanntgabe des Bundes zu den Mehrwegquoten hätte vorgehen können und müssen. Die Unzulässigkeit der Klage bestehe auch nach der 3. Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung. Zwar könnte die Klägerin nach der neuen Rechtslage wegen Wegfalls des Bekanntgabe-Verwaltungsakts nicht mehr auf die Anfechtungsklage verwiesen werden, jedoch fehle es nach wie vor an einem Rechtsverhältnis zum Land. In der Sache habe das Verwaltungsgericht richtig entschieden. Zum 01.10.2003, dem hier maßgeblichen Zeitpunkt, hätten sich entsprechend den Vorgaben des EuGH alle betroffenen Hersteller und Vertreiber der fraglichen Getränkeeinwegverpackungen tatsächlich an einem arbeitsfähigen System beteiligen können. Im Übrigen komme eine Aufhebung der Beiladung nicht in Betracht.

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin betont, mit ihrer Klage gehe es ihr um die Klärung der Frage, ob die zuständigen Behörden des Landes Baden-Württemberg "die Pfandpflicht vollziehen dürfen oder nicht"; einzuräumen sie, dass als Vorfrage die Rechtswirksamkeit der hier maßgeblichen verordnungsrechtlichen Bestimmungen beantwortet werden müsse. Übereinstim-mend haben die Beteiligten erklärt, dass der Beklagte gegen die Klägerin keine Vollzugsmaßnahmen vorgenommen oder Bußgeldbescheide erlassen habe; erläuternd hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärt, dass hierfür auch kein Anlass bestanden habe, da die Klägerin das "Zwangspfand" beachtet habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verfahrensakten verwiesen, insbesondere auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schrift-sätze der Beteiligten und die dazu vorgelegten Anlagen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte auf der Basis der mündlichen Verhandlung vom 19.10.2006 entscheiden. Die nachgereichten Schriftsätze der Klägerin vom 22. und 23.10.2006 sowie des Beklagten vom 23.10.2006 gaben dem Senat keinen Anlass, die mündliche Verhandlung gemäß § 125 Abs. 1 i. V. m. § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO wieder zu eröffnen. In den nachgereichten Schriftsätzen finden sich im Wesentlichen Wiederholungen der bereits in der mündlichen Verhandlung oder schon vorher schriftlich ausgetauschten Argumente. Vorab weist der Senat darauf hin, dass eine - von der Klägerin gewünschte - Aufhebung der in erster Instanz erfolgten Beiladung im Berufungsverfahren wegen § 65 Abs. 4 Satz 3 VwGO regelmäßig nicht in Betracht kommt (vgl. Bier, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 65 Rn. 32). Das folgt aus der Systematik von § 173 VwGO i. V. m. § 512 ZPO, mit der sich die vom Vertreter der Klägerin für seine Auffassung zitierten Kommentarstellen (Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 65 Rn. 40; Eyermann/J. Schmidt, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 65 Rn. 30 f.) nicht auseinandersetzen. Es liegt auch kein Fall vor, der hierzu ausnahmsweise berechtigen würde (vgl. dazu Bier, aaO). Denn die Beiladung der Bundesrepublik Deutschland durch das Verwaltungsgericht war - und ist - jedenfalls nicht "greifbar gesetzwidrig". Sie war zumindest im Hinblick auf § 65 Abs. 1 VwGO nicht zu beanstanden.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Denn die Feststellungsklage ist unzulässig. Das gilt sowohl für die frühere als auch für die jetzige Rechtslage nach der Verpackungsverordnung (I.). Die Behandlung der Klage als unzulässig steht in Einklang mit dem EG-Recht (II.).

I. Die Unzulässigkeit der Feststellungsklage ergibt sich aus mehreren Gründen. Es fehlt zwischen der Klägerin und dem Beklagten schon an einem "Rechtsverhältnis" im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. In Bezug auf die frühere Rechtslage nach der Verpackungsverordnung ergibt sich die Unzulässigkeit der Feststellungsklage aber vor allem aus § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Schließlich ist auch das erforderliche Feststellungsinteresse zu verneinen.

1. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung konnte die Klägerin ihr Rechtsschutzziel im Wege einer Gestaltungsklage verfolgen. Schon deshalb ist die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO unzulässig.

a) Nach der bis zur 3. Änderungsverordnung der Verpackungsverordnung geltenden Rechtslage bestand für die Klägerin die Möglichkeit einer Anfechtungsklage, die gegenüber der Feststellungsklage vorrangig war. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 16.01.2003 (Az.: 7 C 31/02) rechtsgrundsätzlich festgestellt. Nach dieser Entscheidung handelt es sich bei der Bekanntgabe der wiederholten Unterschreitung der Mehrwegquote im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 2 VerpackV a. F. durch die Bundesregierung um einen feststellenden Verwaltungsakt, der für das Wirksamwerden der Rücknahme- und Pfandpflichten konstitutiv wirkte. Da es der Klägerin um die Klärung der Frage geht, ob sie den nach der Verpackungsverordnung bestehenden Pflichten zur Pfanderhebung und zur Rücknahme von Einweggetränkeverpackungen unterliegt, musste die Klägerin ihre Rechte durch Anfechtungsklage gegen den Rechtsakt der Bekanntgabe verfolgen (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO). In einer solchen Konstellation ist, wie das Bundesverwaltungsgericht besonders hervorhebt, die Feststellungsklage unzulässig (BVerwGE 117, 322, 325).

Die Klägerin hatte diese vorrangige Möglichkeit gehabt, die Bekanntgabe der Unterschreitung der Mehrwegquote durch die Bundesregierung, die die Pfand- und Rücknahmemöglichkeiten auslöste, anzufechten. Jene mehrfach vorgenommenen Bekanntmachungen waren - was nur einem Verwaltungsakt eigen ist - für sofort vollziehbar erklärt worden (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Der Klägerin stand demnach die Möglichkeit der Anfechtungsklage auch tatsächlich offen.

b) Mit der Anfechtungsklage konnte die Klägerin ihr Rechtsschutzziel vollständig erreichen. Denn die Entscheidung über den angefochtenen Bekanntgabeakt hätte auch zur Klärung der Frage geführt, ob die Klägerin durch die von ihr beanstandeten verordnungsrechtlichen Pflichtenregelungen in ihren Rechten verletzt ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 16.01.2003 betont, dass die Rechtmäßigkeit des Bekanntgabeaktes die Gültigkeit der durch ihn ausgelösten Rücknahme- und Pfandpflichten voraussetze; diese seien darum im Regelfall Gegenstand der rechtlichen Prüfung (BVerwGE 117, 322, 329). Das Bundesverfassungsgericht hat diese Entscheidung unter dem Aspekt wirksamen Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) bestätigt (BVerfG-K, Beschl. v. 10.11.2004 - 1 BvR 179/03 - NVwZ 2005, 204, 205).

Diese Grundsätze sind hier einschlägig. In der Sache geht es der Klägerin letztlich darum, den Pfand- und Rücknahmepflichten der Verpackungsverordnung nicht unterworfen zu sein, soweit sie sich an dem Dualen System Deutschland beteiligt. Die verordnungsrechtliche Pflichtigkeit wäre im Fall der Anfechtungsklage im Wege der inzidenten gerichtlichen Kontrolle zu klären gewesen. Die Gültigkeit untergesetzlicher Rechtsnormen ist von den Verwaltungsgerichten selbst zu beantworten; dies hat das Bundesverfassungsgericht in Bezug auf die Verpackungsverordnung ausdrücklich betont (BVerfG-K, Beschl. v. 22.03.2000 - 1 BvR 1500/93 - NVwZ-RR 2000, 473, sowie Beschl. v. 03.07.2001 - 1 BvR 1472/99 - NVwZ-RR 2002, 1, 2).

c) An diesem Ergebnis ändert sich entgegen der Auffassung der Klägerin und des Verwaltungsgerichts nicht dadurch etwas, dass die Klägerin ausdrücklich nicht die Ungültigkeit der Pflichtenregelungen nach der Verpackungsverordnung geltend macht, sondern nur deren Unanwendbarkeit wegen des Anwendungsvorrangs des EG-Rechts. Für die vorliegende Fallkonstellation macht es im Rahmen des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO im Ergebnis keinen Unterschied, ob die Gültigkeit der Pflichtenregelungen oder deren Nichtanwendbarkeit behauptet wird (ebenso HessVGH, Urt. v. 09.03.2006 - 6 UE 3281/01 - NVwZ 2006, 1195, 1197). In beiden Fallgestaltungen wäre im Falle der Anfechtung des Bekanntgabeakts die verordnungsrechtliche Pflichtigkeit der Klägerin inzident zu prüfen gewesen. Hätte diese Pflichtigkeit verneint werden müssen, wäre der angefochtene Verwaltungsakt jedenfalls in Bezug auf die Klägerin aufzuheben gewesen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Nähme man Unteilbarkeit des Verwaltungsakts an, hätten andere von der vollständigen Aufhebung des Verwaltungsakts faktisch profitiert. In jedem Fall hätte die Klägerin aber ihr Rechtsschutzziel erreicht.

Die Feststellungsklage ist deshalb nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO unzulässig.

Im Übrigen gelten für die Unzulässigkeit der Feststellungsklage im Zeitpunkt der Klageerhebung zudem die nachfolgenden (2.) Gründe für die Unzulässigkeit nach Maßgabe der geltenden Verpackungsverordnung.

2. Unzulässig ist die Feststellungsklage auch auf der Grundlage der jetzt in Kraft befindlichen Fassung der Verpackungsverordnung. Zwar gelten die Pfand- und Rücknahmepflichten nunmehr unmittelbar kraft der getroffenen Verordnungsregelung (§ 8 VerpackV), so dass hierfür nicht mehr die Feststellung des Unterschreitens einer Mehrwegquote durch - anfechtbaren - Verwaltungsakt der Bundesregierung Voraussetzung ist. Jedoch fehlt es zwischen der Klägerin und dem Beklagten an dem nach § 43 Abs. 1 VwGO notwendigen Rechtsverhältnis.

a) Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer öffentlichrechtlichen Norm für das Verhältnis von natürlichen oder juristischen Personen ergeben, kraft deren eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht (BVerwG, Urt. v. 26.01.1996 - 8 C 19/94 - BVerwGE 100, 262, 264). Zu einem Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO haben sich rechtliche Beziehungen nur dann verdichtet, wenn die Anwendung einer bestimmten Norm des Öffentlichen Rechts auf einen bereits überschaubaren Sachverhalt streitig ist (BVerwG, aaO S. 265; ferner BVerwG, Urt. v. 23.01.1992 - 3 C 50/89 - BVerwGE 89, 327, 329). Dabei geht es um rechtliche Beziehungen nach Maßgabe der materiellrechtlichen Verhaltensordnung (Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 43 RdNr. 5). § 43 Abs. 1 VwGO setzt infolgedessen rechtliche Beziehungen voraus, die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlichrechtlichen Norm ergeben (BVerwG, aaO S. 329). Diese Sachnorm kann hier nur § 8 VerpackV sein.

In diesem Sinne bestehen zwischen der Klägerin und dem Beklagten keine rechtlichen Beziehungen. Es fehlt an einem Streit mit einer bestimmten Behörde des Beklagten über das Vorliegen eines konkreten Pflichtenverstoßes oder eines sonstigen rechtlich relevanten Verhaltens nach der Verpackungsverordnung (ebenso in einem ähnlich gelagerten Fall HessVGH, NVwZ 2006, 1195, 1199). Keine Behörde des beklagten Landes ist jemals an die Klägerin herangetreten, um ihnen gegenüber Pfand- oder Rücknahmepflichten durchzusetzen.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Beklagte weder verwaltungsrechtliche Vollzugsmaßnahmen vorgenommen noch ordnungswidrigkeitenrechtliche Bußgeldmaßnahmen durchgeführt hat. Da die Klägerin die Vorgaben der Verpackungsverordnung befolgte, bedurfte es derartiger Maßnahmen auch gar nicht. Auf die von Klägerseite gewünschte "Freistellungserklärung" von der Verpackungsverordnung hat der Beklagte im Schreiben vom 07.10.2003 und vom 25.11.2003 sogar mit Hinweis darauf reagiert, dass er "nicht der richtige Adressat" für das Begehren sei; ergänzend heißt es im Schreiben vom 07.10.2003, da von Klägerseite ein Vorstoß einzelner Regelungen der Verpackungsverordnung mit EG-Recht geltend gemacht werde, sei "der richtige Adressat die Bundesregierung". Dass sich der Beklagte im vorliegenden Verfahren gegen die Klage rechtlich zur Wehr setzt, begründet zwar ein Prozessrechtsverhältnis, aber kein Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO nach der Verpackungsverordnung. Das Bundesverwaltungsgericht hat festgestellt, nicht einmal eine Verfolgung von Verstößen gegen die Rücknahme- und Pfandpflichten der Verpackungsverordnung als Ordnungswidrigkeit sei geeignet, zwischen Verpackungsherstellern und Einzelhandelsunternehmen einerseits sowie einem Land andererseits ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zu begründen, das sich mit der Gültigkeit der Pflichtenregelung verbinde; die Pflichten der Unternehmen ergäben sich vielmehr unmittelbar aus der Verpackungsverordnung (BVerwG, Beschl. v. 19.12.2002 - 7 VR 1/02 - NWVBl 2003, 139, 141). Das gilt ebenso für den Fall der - wie hier behaupteten - Unanwendbarkeit der Pflichtenregelungen nach der Verpackungsverordnung aus Gründen des EG-Rechts. In beiden Fällen bestreiten Hersteller bzw. Vertreiber von bestimmten Getränkeeinwegverpackungen, dem Normbefehl der Pfand- und Rücknahmepflichten nach der Verpackungsverordnung unterworfen zu sein.

Geht es aber darum, dass letztlich die Rechtswirksamkeit verordnungsrechtlicher Pflichten - hier aus § 8 Abs. 1 VerpackV, für deren "Vollzug" der Beklagte übrigens mangels einer Ermessensvorschrift keinen Spielraum hätte - wegen behaupteten Verstoßes gegen höherrangiges Recht in Frage gestellt wird, "besteht das entsprechende Rechtsverhältnis", so das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich zur Verpackungsverordnung, "ausschließlich zu der Beigeladenen als dem Normgeber" (BVerwG, NWVBl 2003, 139, 141). Auch wenn die Klage auf die Feststellung des Nichtbestehens bestimmter verordnungsrechtlicher Pflichten (und nicht auf die Feststellung der Ungültigkeit der Norm selbst) gerichtet ist, ist sie in der Sache bei strikten Rechtsfolgeanordnungen, wie dies bei § 8 Abs.1 VerpackV der Fall ist, notwendigerweise auf die behauptete Unwirksamkeit der zu Grunde liegenden Norm gestützt; nur die Negierung des Normbefehls kann in einer solchen Konstellation zum Nichtbestehen der verordnungsrechtlich statuierten Pflichten führen.

Ob die - behauptete - Nichtgeltung der verordnungsrechtlichen Pfand- und Rücknahmepflichten auf der - tatsächlichen oder vermeintlichen - Ungültigkeit oder Unanwendbarkeit der Verordnungsbestimmungen beruht, ist eine Frage der rechtstechnischen Begründung der Negation des Normbefehls, ändert aber nichts an dem für die Zulässigkeit der Klage maßgeblichen Rechtsschutzziel: Der Klägerin geht es um die rechtskräftige gerichtliche Feststellung, dass sie den Pfand- und Rücknahmepflichten der Verpackungsverordnung des Bundes nicht unterliegen. Ein Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten ist bei diesem Sachverhalt nicht erkennbar.

b) Die Zulässigkeit der Feststellungsklage gegen den Normgeber bei untergesetzlichen Normen steht in Einklang mit Art. 19 Abs. 4 GG (Peters, NVwZ 1999, 506, 507) und ist vom Bundesverfassungsgericht am Beispiel gerade der Verpackungsverordnung ausdrücklich bestätigt worden. Das Gericht hat darauf hingewiesen, eine verwaltungsgerichtliche Klage könne etwa die Feststellung zum Ziel haben, dass Rechtsschutzsuchende nicht den Rücknahmeverpflichtungen nach der Verpackungsverordnung unterlägen (BVerfG-K, aaO., NVwZ-RR 2000, 473). Da es in einem solchen Fall jedoch ausschließlich um die gerichtliche Feststellung des Nichtbestehens unmittelbar wirkender verordnungsrechtlicher Pflichten in Bezug auf die Klägerin geht, besteht das Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO ausschließlich im Verhältnis zum Bund als Normgeber und nicht zum Land, das die verordnungsrechtlichen Pflichten gar nicht statuiert hat. In seinem Beschluss vom 17.01.2006 hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich festgestellt, dass eine Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO gegen die Bundesrepublik Deutschland als Verordnungsgeber keine Umgehung des § 47 VwGO darstellt (BVerfG-K, Beschl. v. 17.01.2006 - 1 BvR 541/02 u. a. - NVwZ 2006, 922, 924).

c) Erwägungen der Prozessökonomie bestätigen, dass die Klägerin, ausgehend von ihrem Rechtsschutzziel - trotz der formalen Begrenzung auf das Land Baden-Württemberg -, in Wahrheit Rechtsschutz im Verhältnis zum Bund und nicht zum Land sucht. Da sie behauptet, den Pfand- und Rücknahmepflichten des § 8 VerpackV nicht unterworfen zu sein, streitet sie in der Sache letztlich nicht mit einzelnen Ländern, sondern begehrt mit ihrem Rechtsschutzanliegen eine Klärung ihrer Pflichten gegenüber dem Normgeber. Das macht erkennbar Sinn, weil an Stelle einer Vielzahl von gegen die Länder gerichteten Klagen mit einer einzigen Feststellungsklage gegen den Bund die Klärung der umstrittenen Pflichtenstellung herbeigeführt werden kann (OVG Berlin-Brandenburg, aaO., UA S. 24).

3. Angesichts ihres Rechtsschutzziels fehlt der Klägerin auch das nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der beantragten gerichtlichen Feststellung, in Baden-Württemberg mit ihren PET-Einwegver-packungen weder der Pfandpflicht noch der Rücknahmepflicht (gegen Erstattung des Pfands) nach der Verpackungsverordnung unterworfen zu sein. Zwar schließt das Feststellungsinteresse nach § 43 Abs.1 VwGO jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art ein; jedoch begründet das (materielle) Begehren einer Bestätigung, der Bundesverordnungsgeber habe die Pfand- und Rücknahmepflichten nicht einführen dürfen, kein Feststellungsinteresse im Verhältnis zum Beklagten.

a) Ein rechtliches Interesse an der beantragten Feststellung besteht schon deshalb nicht, weil der Beklagte in keiner Weise gegenüber der Klägerin versucht hat, die bundesrechtlichen Pfand- und Rücknahmepflichten durchzusetzen. Das machte auch keinen Sinn, da die Klägerin als Herstellerin der Produkte diese von Dritten vertreiben lässt. Es wurde und wird seitens des Beklagten nicht verlangt, dass die Klägerin selbst von den Verbrauchern ihrer Produkte Pfand erhebt bzw. die PET-Flaschen nach Gebrauch zurücknimmt.

b) Ein wirtschaftliches Interesse an der begehrten Feststellung besteht aus den vom OVG Hamburg in seinem Urteil vom 01.09.2006 genannten Gründen nicht (OVG Hamburg, Urt. v. 01.09.2006 - 1 Bf 171/05 - UA S. 17 ff.). Die Klägerin setzt ihre pfandpflichtigen PET-Flaschen über länderübergreifende Handelsketten bundesweit ab und wendet sich konsequenterweise gegen die bundesweit geltenden Pfand- und Rücknahmepflichten der Verpackungsverordnung. Ein nur auf Baden-Württemberg bezogenes Urteil würde den wirtschaftlichen Interessen der Klägerin nur sehr begrenzt nutzen. Der schnellere, einfachere und vor allem wirkungsvollere Weg besteht in einer gegen die Bundesrepublik Deutschland zu richtenden Feststellungsklage. Darauf hat unlängst das Bundesverfassungsgericht in einer im Rechtsschutzziel vergleichbaren Konstellation hingewiesen (BVerfG-K, Beschl. v. 17.01.2006 - 1 BvR 541/02 u. a. - NVwZ 2006, 922, 924). Hinzu kommt die durch § 52 Nr. 5 VwGO bewirkte Bündelung der gerichtlichen Zuständigkeit beim Streit um die Anwendbarkeit einer Rechtsverordnung des Bundes. Es liegt auf der Hand, dass eine gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtete Feststellungsklage wegen der Klärung der Pfand- und Rücknahmepflichten nach der Verpackungsverordnung den effektiveren Rechtsschutzweg im Vergleich zu Feststellungsklagen gegen die Länder darstellt.

Eine weitere Überlegung, die vom Bundesverwaltungsgericht im Rahmen des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO angestellt worden ist, bestätigt dieses Ergebnis. Die Feststellungsklage erweise sich im Verhältnis zur Anfechtungsklage als die effektivere Rechtsschutzform, wenn durch sie eine Vielzahl von Anfechtungsprozessen vermieden werden könne; das treffe vor allem dann zu, wenn die den Einzelfallentscheidungen zu Grunde liegenden normativen Vorgaben in Zweifel gezogen würden (BVerwG, Urt. v. 24.06.2004 - 4 C 11/03 - E 121, 152, 156). Überträgt man diesen Rechtsgedanken auf die vorliegende Konstellation, lässt sich durch die Feststellungsklage gegen den Normgeber, dessen Normbefehl die Klägerin sich widersetzt, eine Vielzahl von Feststellungsklagen gegen die Länder vermeiden. Ein Feststellungsinteresse ist folglich auch unter diesem Gesichtspunkt zu verneinen.

II. Die Unzulässigkeit der gegen das Land erhobenen Feststellungsklage steht nicht in Widerspruch zum EG-Recht; insbesondere die Anforderungen des Art. 10 EGV werden beachtet (ebenso HessVGH, NVwZ 2006, 1195, 1199). Die Wahrung des EG-Rechts obliegt auch den Gerichten der Mitgliedstaaten. Außerhalb der Zuständigkeit des EuGH bleibt die Ausgestaltung des Verfahrens grundsätzlich dem nationalen Recht überlassen. Aus dem Postulat der Effektivität des Vollzugs des EG-Rechts folgt nicht, dass das innerstaatliche Recht Klägern einen bestimmten, von ihnen bevorzugten Weg des gerichtlichen Rechtsschutzes zur Verfügung stellen muss. Erweist sich ein bestimmter, vom Kläger eingeschlagener Weg nach nationalem Prozessrecht als nicht statthaft, ist dies gemeinschaftsrechtlich unbedenklich, wenn dem Kläger andere effektive Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dies ist nach dem Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 20.10.2005, das als "Musterverfahren" zur Pfandpflicht nach der Verpackungsverordnung bezeichnet werden kann, offensichtlich der Fall, zumal das Gericht gegen seine Entscheidung die Revision zugelassen hat (OVG Berlin-Brandenburg, aaO., UA S. 75) und damit eine der umstrittenen, zentralen Rechtsfragen zu § 8 VerpackV durch das Bundesverwaltungsgericht geklärt werden kann. Dass Kläger in der Sache er-folglos bleiben, ändert nichts daran, dass ihnen innerstaatlich gemeinschaftsrechtskonform wirksamer Rechtsschutz zur Verfügung steht.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 VwGO.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nach § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären. Da die Beigeladene auch im Berufungsverfahren einen Sachantrag gestellt hat und damit ein eigenes Kostenrisiko eingegangen ist (§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht die Erstattungsfähigkeit jener Kosten der Billigkeit.

IV. Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Zu klären ist die Rechtsfrage, ob bei einer Verordnungsbestimmung in einer Rechtsverordnung des Bundes, die "self executing" wirkt, eine Feststellungsklage unmittelbar gegen den Normgeber zulässig ist und im Falle der Zulässigkeit dieser Klage eine Feststellungsklage gegen die zuständigen Vollzugsbehörden des Landes unzulässig ist.

Beschluss

vom 19. Oktober 2006

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 100.000,- EUR festgesetzt.

Gründe:

Der Streitwert wird gemäß §§ 72 Nr. 1 2. Halbsatz, 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 47 GKG nach der sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache in Anlehnung an eine in vergleichbaren Fällen vom Bundesverwaltungsgericht (NVwZ-RR 2003, 904) vorgenommene Typisierung derart festgesetzt, dass das Interesse der Klägerin mit 100.000,- EUR bemessen wird (wie Vorinstanz).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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