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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 30.06.2005
Aktenzeichen: 10 S 385/05
Rechtsgebiete: EGV, EWGVO Nr. 3887/92, EGVO Nr. 2419/2001, EGVO Nr. 2988/1995, EGVO Nr. 1251/1999


Vorschriften:

EGV Art. 234 Abs. 2
EWGVO Nr. 3887/92 Art. 9 Abs. 2
EWGVO Nr. 3887/92 Art. 9 Abs. 4
EWGVO Nr. 3887/82 Art. 14 Abs. 1
EGVO Nr. 2419/2001 Art. 31 Abs. 3
EGVO Nr. 2988/1995 Art. 2 Abs. 2 Satz 2
EGVO Nr. 2988/1995 Art. 4
EGVO Nr. 2988/1995 Art. 5 Abs. 1
EGVO Nr. 1251/1999 Art. 6 Abs. 7
Es wird eine Entscheidung des EuGH zu der Frage eingeholt, ob Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 auch dann anwendbar ist, wenn im Hinblick auf eine Unregelmäßigkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 dieser Verordnung lediglich die Rückerstattung einer zu Unrecht bewilligten Beihilfe (Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995) verlangt wird und die zu Unrecht gewährte Beihilfe aufgrund einer später in Kraft getretenen gemeinschaftsrechtlichen Bestimmung in einem geringeren Umfang zurückzuerstatten wäre als nach denjenigen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften, die zum Zeitpunkt der Begehung der Unregelmäßigkeit galten.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

10 S 385/05

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Kulturpflanzenregelung 2000

hat der 10. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schlüter und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Rudisile und Dr. Hartung am 30. Juni 2005

beschlossen:

Tenor:

Das Verfahren wird ausgesetzt.

Es wird eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zu folgenden Fragen eingeholt:

1. Ist Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 auch dann anwendbar, wenn im Hinblick auf eine Unregelmäßigkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 dieser Verordnung lediglich die Rückerstattung einer zu Unrecht bewilligten Beihilfe (Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995) verlangt wird und die zu Unrecht gewährte Beihilfe aufgrund einer später in Kraft getretenen gemeinschaftsrechtlichen Bestimmung in einem geringeren Umfang zurückzuerstatten wäre als nach denjenigen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften, die zum Zeitpunkt der Begehung der Unregelmäßigkeit galten ?

Falls Frage 1 bejaht wird:

2. Findet Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 auch im Hinblick auf die für die Zahlung von Zinsen maßgeblichen Regelungen Anwendung, wenn gegenüber dem betroffenen Betriebsinhaber keine verwaltungsrechtliche Sanktion im Sinne von Art. 5 Abs. 1 dieser Verordnung ausgesprochen, sondern von diesem lediglich die Rückzahlung einer zu Unrecht erhaltenen Beihilfe im Sinne von Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung verlangt wird ?

Gründe:

I.

Der Kläger, ein Haupterwerbslandwirt, wendet sich gegen die Aufhebung eines Bescheids über die Bewilligung von Flächenzahlungen und die Verpflichtung zur Rückzahlung des erhaltenen Geldbetrages.

Am 22.03.2000 beantragte der Kläger Flächenzahlungen für bestimmte landwirtschaftliche Kulturpflanzen nach der Flächenzahlungsverordnung für den Anbau von 0,99 ha Raps und 25,45 ha Getreide. Der Kläger gab dabei an, dass 3,04 ha seiner landwirtschaftlichen Nutzflächen stillgelegt seien und auf diesen Flächen nachwachsende Rohstoffe (NawaRO) angebaut werden sollen. Mit Bescheid vom 18.12.2000 bewilligte das Amt für Landwirtschaft, Landschafts- und Bodenkultur (ALLB) Tuttlingen dem Kläger für Ausgleichsleistungen nach der Kulturpflanzenregelung der Europäischen Union eine Flächenzahlung in Höhe von insgesamt 17.772,57 DM (9.086,97 Euro). Die Flächenzahlung gliederte sich in 916,63 DM (468.66 €) für Raps, 15.010,60 DM (7.674,79 €) für Getreide und 1.854,34 DM (948,10 €) für stillgelegte Flächen. In dem Bescheid wurde darauf hingewiesen, dass die mit der Antragstellung eingegangenen Verpflichtungen dem Kläger zu Auflagen gemacht werden.

Mit Schreiben vom 13.12.2000 forderte das ALLB Tuttlingen den Kläger im Rahmen einer allgemeinen Plausibilitätsprüfung auf, die Wiege- bzw. Annahmescheine der Konsumrapslieferung zuzusenden. Am 21.12.2000 teilte der Kläger dem ALLB Tuttlingen mit, seinem Sohn sei bei der Ablieferung des Rapses ein Fehler unterlaufen. Dieser habe einen Teil des Rapses, den er als nachwachsenden Rohstoff habe abliefern sollen, versehentlich als Konsumraps abgegeben. Er selbst habe in der Ernte nicht die notwendige Zeit, die Wiegescheine anschließend zu kontrollieren, und er habe den Fehler erst bemerkt, als er aufgefordert worden sei, die Wiegescheine für Konsumraps abzugeben.

Mit Bescheid vom 16.02.2001 hob das ALLB Tuttlingen seinen Bescheid vom 18.12.2000 über eine Flächenzahlung in Höhe von insgesamt 17.772,57 DM (9.086,97 €) auf und forderte diesen Betrag zurück. Zusätzlich forderte das Amt eine Zinszahlung in Höhe von 354,83 DM (181,42 €). Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass der Kläger die mit der Antragstellung eingegangenen Verpflichtungen nicht eingehalten habe. Die nach dem Antrag für eine Flächenzahlung maßgebenden Flächen mit Kulturpflanzen wichen um mehr als 20 % von der ermittelten Kulturfläche ab. Nach Art. 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 würden für die jeweilige Kulturart innerhalb einer Region keine Flächenzahlungen gewährt, wenn die Differenz über 20 % der ermittelten Flächen betrage. Nach Art. 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 i.V.m. Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts sei der Erzeuger bei ungerechtfertigten Zahlungen aufgrund von Angaben, die er selbst zu vertreten habe, zur Zahlung von Zinsen vom Zeitpunkt des Empfangs der Ausgleichszahlung an verpflichtet. Der Rückforderungsbetrag sei nach § 14 MOG bis zu seiner Rückzahlung mit 3 % über dem jeweiligen Diskont/Basiszinssatz zu verzinsen.

Zur Begründung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 16.02.2001 trug der Kläger vor, er könne den Rückforderungsbetrag nicht akzeptieren, weil dieser in keiner Relation zu seinem Versehen stehe. Nach Art. 31 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 werde bei Nichtanerkennung von Stilllegungsflächen eine Kürzung der Gesamtprämie lediglich bis zu einem Niveau vorgenommen, das der Kleinerzeugungsregelung entspreche. Diese Regelung sei nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 auch im vorliegenden Verfahren anzuwenden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.12.2002 wies das Regierungspräsidium Freiburg den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus: Mit dem gemeinsamen Antrag vom 22.03.2000 habe der Kläger die Gewährung von Flächenzahlungen für landwirtschaftliche Kulturpflanzen beantragt. Bestandteil des Antrags sei auch das Datenblatt für den Anbau nachwachsender Rohstoffe (NawaRo) auf stillgelegten Flächen gewesen. Mit seiner Unterschrift habe der Kläger das Merkblatt zum Anbau nachwachsender Rohstoffe zur Kenntnis genommen und sich verpflichtet, die geltenden Bestimmungen einzuhalten. Ferner habe er sich verpflichtet, alle auf den Stilllegungsflächen geernteten nachwachsenden Rohstoffe dem Erstverarbeiter/Aufkäufer vollständig abzuliefern. Diese vollständige Ablieferung des Erntegutes als nachwachsende Rohstoffware sei die Hauptpflicht des jeweiligen Antragstellers. Komme er dieser Verpflichtung nicht vollständig nach, verliere er seinen Anspruch auf Stilllegungsausgleich und die damit verbundenen Flächenzahlungen. Vorliegend kämen weder die Günstigkeitsregelung nach Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 noch Art. 31 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 zur Anwendung. Dem Kläger sei der Fehler aufgefallen, als er aufgefordert worden sei, die Unterlagen zum Konsumraps zur Plausibilitätsprüfung vorzulegen. Nach Art. 4 Abs. 2 a der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 in der seinerzeit gültigen Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1678/98 seien Änderungen vor Bekanntgabe einer Verwaltungskontrolle schriftlich anzukündigen. Das Verhalten des Klägers verstoße eindeutig gegen die im Antrag eingegangenen Verpflichtungen.

Am 03.01.2003 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung ergänzend vorgetragen worden ist: Er akzeptiere, dass seine Stilllegungsflächen vom Beklagten nicht anerkannt werden. Ihm hätte jedoch nach Art. 31 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 eine Flächenzahlung nach der Kleinerzeugerregel in Höhe von 10.257,39 DM gewährt werden müssen. Der Beklagte verkenne die Wirkung des Günstigkeitsprinzips. In der Entscheidung des EuGH vom 01.07.2004 werde die Anwendung des Günstigkeitsprinzips bestätigt. Ferner werde darin die Auffassung vertreten, dass die Art. 53 und 54 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 dahin auszulegen seien, dass sie der Anwendung der Günstigkeitsregelung nicht entgegenstehen. Folglich sei das Günstigkeitsprinzip grundsätzlich auch im Bereich dieser Verordnung anwendbar. Nach Art. 6 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 könne derjenige die sog. Kleinerzeugerregelung in Anspruch nehmen, der eine Flächenzahlung für eine Fläche beantrage, die bei Zugrundelegung der für seine Region festgesetzten Getreidedurchschnittserträge höchstens der für die Erzeugung von 92 Tonnen Getreide benötigten Fläche entspreche. Bei Inanspruchnahme der Kleinerzeugungsregelung ergebe sich ein Beihilfebetrag in Höhe von 5.244,52 €. Hinsichtlich der Zinsen sei Art. 49 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2419/2001 anzuwenden. Dies ergebe sich aus Art. 54 Abs. 1 dieser Verordnung. Es gehe im vorliegenden Fall nicht um einen Beihilfeantrag für das Jahr 2000, streitig sei vielmehr ein Rückforderungsbescheid.

Zur Begründung seines Antrags auf Klageabweisung hat der Beklagte vor dem Verwaltungsgericht vorgetragen, nach der Entscheidung des EuGH vom 01.07.2004 sei die Günstigkeitsregelung wohl auch auf flächenprämienrechtliche Verfahren anzuwenden. Die Regelung komme aber nur dann in Betracht, wenn es um Sanktionen und nicht um materielle Anspruchsvoraussetzungen gehe. Art. 31 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EG) 2419/2001 betreffe jedoch lediglich die Flächenberechnung.

Mit Urteil vom 23.11.2004 hat das Verwaltungsgericht Freiburg die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Dem Kläger seien mit Bescheid vom 18.12.2000 Flächenzahlungen nach der Kulturpflanzenregelung der Europäischen Union gewährt worden. Der Kläger habe jedoch nicht sämtliche auf den stillgelegten Flächen geernteten Ausgangserzeugnisse vollständig als nachwachsende Rohstoffe, sondern teilweise als Konsumraps abgeliefert. Hieraus ergebe sich, dass die im Bewilligungsbescheid zugrunde gelegten stillgelegten Flächen, nach denen sich die Flächenzahlungen richten, den tatsächlich stillgelegten Flächen nicht entsprochen hätten. Die nachträglich ermittelten stillgelegten Flächen hätten die zugrunde gelegten um mehr als 20 % unterschritten. Dies sei zwischen den Beteiligten ebenso wenig umstritten wie der Umstand, dass der Kläger die fehlerhafte Ablieferung nicht rechtzeitig mitgeteilt habe, so dass Sanktionen nicht außer Betracht zu bleiben hätten (Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 i.V.m. Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1678/1998). Nach Art. 9 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 werde in diesem Fall keinerlei Beihilfe gewährt. Entgegen der Ansicht des Klägers komme die erst zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft getretene Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 nicht zur Anwendung. Zwar sei nach dem Urteil des EuGH vom 01.07.2004 davon auszugehen, dass die in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2988/1995 getroffene Günstigkeitsregelung auch hinsichtlich der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 anwendbar sei. Die in Art. 31 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 getroffene Regelung, auf die sich der Kläger berufe, enthalte aber keine günstige Regelung. Es handele sich bei dieser Vorschrift nicht um eine verwaltungsrechtliche Sanktion, sondern um eine bloße Berechnungsgrundlage. Dies ergebe sich bereits aus der Überschrift dieses Artikels. In Art. 31 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 werde jedoch bestimmt, dass die Beihilfe unbeschadet der Kürzungen und Ausschlüsse gemäß den Art. 32 bis 35 auf der Grundlage der für diese Kulturgruppe ermittelten Flächen berechnet werde. Diese Bestimmungen seien durch die in Art. 31 geregelte Berechnungsgrundlage nicht ausgeschlossen. Art. 32 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 enthalte für eine Sachlage der vorliegenden Art eine fast gleich lautende, inhaltlich jedoch nicht unterschiedliche Sanktion. Danach werde, wenn die festgestellte Differenz über 20 % der ermittelten Fläche liege, für die betreffende Kulturgruppe, hier für Stilllegungsflächen, keine flächenbezogene Beihilfe gewährt. Auch die Zinsen seien fehlerfrei ermittelt worden. Maßgeblich sei § 14 Abs. 1 MOG in der bis zum 11.04.2002 geltenden Fassung. Art. 49 Abs. 1 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 sei nicht anzuwenden. Denn umstritten sei die Zahlung für das Wirtschaftsjahr 2000.

Zur Begründung der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung hat der Kläger vorgetragen: Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei die in Art. 31 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2419/3001 getroffene Regelung für die Aufhebung des Bewilligungsbescheids vom 18.12.2000 von Bedeutung. Denn tatsächlich handele es sich nicht lediglich um eine Berechnungsgrundlage. Mit Art. 9 Abs. 4 UAbs. 2 der Verordnung (EWG) 3887/92 habe der gemeinschaftsrechtliche Verordnungsgeber eine übermäßige Kürzung der mit Kulturpflanzen bestellten Flächen vermeiden wollen. Anknüpfungspunkt für die Pro-Rata-Kürzung habe nach dem Willen des Verordnungsgebers die tatsächlich ermittelte Fläche sein sollen. Wenn somit mit der Bestimmung des Art. 31 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 die Begrenzung des Sanktionstatbestands "ermittelte Fläche" dahingehend erweitert werde, dass dem Landwirt zumindest eine Beihilfe auf der Grundlage der sog. Kleinerzeugerregelung verbleiben solle, bedeute dies im Ergebnis, dass der Sanktionstatbestand hierdurch weiter eingeschränkt werde. Diese Einschränkung des Sanktionstatbestands führe dazu, dass er durch die neue Regelung des Art. 31 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EG) 2419/2001 günstiger gestellt sei als nach der bisherigen Regelung. Eine Trennung in Vorschriften zur Berechnungsgrundlage und in Bestimmungen zur verwaltungsrechtlichen Sanktionierung erscheine im vorliegenden Fall künstlich und wirklichkeitsfremd. Auch die Ansicht des Verwaltungsgerichts vermöge nicht zu überzeugen, aus dem Umstand, dass Art. 31 Abs. 2 und Art. 32 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) 2419/2001 eine inhaltlich sich deckende Sanktion enthielten, folge, dass die ermittelte Fläche unter Berücksichtigung der sog. Kleinerzeugerregelung keinen Bezug zu der verwaltungsrechtlichen Sanktion des Art. 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 aufweise. Aus dem vom Verwaltungsgericht angeführten Umstand könne allein gefolgert werden, dass nach Art. 31 Abs. 2 der Verordnung (EG) 2419/2001 die tatsächlich ermittelte Fläche zu berücksichtigen sei und hieran anschließend nach Art. 32 Abs. 1 der Verordnung (EG) 2419/2001 eine weitere Kürzung erfolge. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei Art. 49 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 für die Berechnung der Zinsen maßgeblich. Die aufgehobene Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 finde lediglich für Beihilfeanträge Anwendung, die sich auf vor dem 01.01.2002 beginnende Wirtschaftsjahre oder Prämienzeiträume beziehen. Hinsichtlich der Zinsberechnung erfolge jedoch keine Entscheidung über die vom Kläger gestellten Beihilfeanträge. Selbst wenn nach europäischem Recht mit der Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs zuzüglich der Zinsen eine erneute Entscheidung über den ursprünglichen Antrag getroffen worden sei, beinhalte die Regelung des Art. 53 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) 2419/2001 nicht den vom Verwaltungsgericht angenommenen Verweis auf Art. 14 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92. Sinn und Zweck jener Regelung und auch der Wille des Verordnungsgebers sprächen gegen die Anwendung der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92. Bei der Auslegung der Bestimmung des Art. 53 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EWG) 2419/2001 sei zwischen materiell-rechtlichen Vorschriften und verfahrensrechtlichen Bestimmungen zu unterscheiden. Mit Art. 53 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 habe der Verordnungsgeber allein das für die Entscheidung über den Beihilfeantrag maßgebliche materielle Prämienrecht gemeint. Es sei wirklichkeitsfremd anzunehmen, dass der Verordnungsgeber auch das Kontrollverfahren und die sich aufgrund dieser Kontrollen möglicherweise ergebenden Rückforderungen der Beihilfen dem Anwendungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 habe zuordnen wollen. Zudem habe die Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 aus Gründen der Klarheit und Übersichtlichkeit die alte Verordnung Nr. 3887/92 ersetzen sollen. Es trage jedoch nicht zur gewünschten Klarheit und Übersichtlichkeit bei, wenn verschiedene Rückforderungs- und Zinsregelungen aufgrund mehrfacher Änderung der Verordnung jeweils nur für einen begrenzten zeitlichen Abschnitt eines gegebenenfalls längeren Rückforderungszeitraums zum Tragen kämen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 23.11.2004 zu ändern und den Bescheid des Amts für Landwirtschaft, Landschafts- und Bodenkultur Tuttlingen vom 16.02.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 13.12.2002 insoweit aufzuheben, als der Bewilligungsbescheid vom 18.12.2000 im Hinblick auf einen Betrag in Höhe von 5.244,45 € aufgehoben und von ihm ein Betrag von mehr als 5.244,45 € zurückgefordert wird und von ihm die Zahlung von Zinsen für einen Zeitraum vor dem 19.02.2001 verlangt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Günstigkeitsregelung des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 beziehe sich allein auf sanktionsrechtliche Bestimmungen. Art. 31 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 enthalte jedoch keine sanktionsrechtliche Regelung, sondern eine den Landwirt begünstigende Regelung, die im Zusammenhang mit Art. 6 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 zu sehen sei. Der Begriff der Sanktion sei in Art. 5 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 definiert. Die Kleinerzeugerregelung des Art. 31 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 lasse sich unter keinen der dort aufgeführten Tatbestände subsumieren. Auch erfordere der Begriff der Sanktion eine negative Folge für den Betroffenen. Dies sei bei der Bestimmung des Art. 31 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 gerade nicht der Fall. Die durch Art. 31 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 bewirkte Änderung der materiellen Anspruchsvoraussetzungen der Flächenbeihilfe stelle keine Sanktionsvorschrift dar. Gegen die Annahme, diese Bestimmung stelle eine Sanktionsregelung dar, sprächen auch die Überschrift und die systematische Stellung. Denn während Art. 31 die "Berechnungsgrundlage" der zu gewährenden Beihilfe regele, bestimme Art. 32 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 im Gegensatz hierzu "Kürzungen und Ausschlüsse in Fällen von Übererklärungen". Auch der Verweis in Art. 31 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 auf die Sanktionsvorschriften der Art. 32 bis 35 dieser Verordnung belege, dass Art. 31 selbst keine Sanktionsvorschrift sei und auch vom Verordnungsgeber nicht als solche verstanden worden sei. Dementsprechend sei die Günstigkeitsregelung des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 in Bezug auf Art. 31 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 nicht einschlägig. Da die Anwendung der sanktionsrechtlichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 (insbesondere Art. 32) gegenüber Art. 9 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 nicht zu einer günstigeren Rechtsfolge für den Kläger führe, seien weiterhin die Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 anwendbar. Dementsprechend sei die gesamte Beihilfe zurückzufordern. Auch die geltend gemachte Zinsforderung bestehe. Die Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 gelte weiter für Anträge, die sich auch vor dem 01.01.2002 auslaufende Wirtschaftsjahre oder Prämienzeiträume beziehen. Aus den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 (Art. 53 und 54) ergebe sich, dass die Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 hier Anwendung finde. Der angefochtene Rückforderungsbescheid betreffe einen Beihilfeantrag, der sich auf das Wirtschaftsjahr 2000 beziehe. Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 seien Zinsen auch für den Zeitraum zwischen der Auszahlung der Beihilfe und der Rückzahlung durch den Begünstigten zu entrichten.

II.

Der beschließende Senat setzt das Verfahren aus und legt dem EuGH gemäß Art. 234 Abs. 2 EGV die im Tenor des Beschlusses genannten Fragen zur Vorabentscheidung vor. Die Entscheidung über die vom Kläger erhobene Klage hängt von der Beantwortung von Zweifelsfragen ab, die sich bei der Auslegung von Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 4 Abs. 1 und 4 sowie Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 sowie von Art. 31 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 ergeben.

1. Zwar ist die Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 durch Art. 53 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 aufgehoben worden. Die Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 ist aber dennoch auf den vorliegenden Fall grundsätzlich anwendbar, weil sich der Beihilfeantrag des Klägers auf das Wirtschaftsjahr 2000 bezog. Art. 53 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 bestimmt, dass die Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 weiter für Beihilfeanträge gilt, die sich auf vor dem 01. Januar 2002 auslaufende Wirtschaftsjahre oder Prämienzeiträume beziehen. Die Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 gilt nach ihrem Art. 54 Abs. 2 für Beihilfeanträge, die sich auf ab dem 01. Januar 2002 beginnende Wirtschaftsjahre oder Prämienzeiträume beziehen.

2. Mit Bescheid vom 18.12.2000 war dem Kläger für Ausgleichsleistungen nach der Kulturpflanzenregelung der EU eine Flächenzahlung in Höhe von 17.772,57 DM (9.086,97 €) bewilligt worden, darin enthalten war eine Zahlung für stillgelegte Flächen mit nachwachsenden Rohstoffen in Höhe von 1.845,34 DM (943,50 €). Im Wirtschaftsjahr 2000 sind vom jeweiligen Betriebsinhaber gemäß Art. 6 Abs. 1 UAbs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 10 % der mit landwirtschaftlichen Kulturpflanzen bebauten Flächen stillzulegen. Die Pflichten des Antragstellers bei der Beantragung einer Flächenzahlung für nachwachsende Rohstoffe ergeben sich u.a. aus Art. 3 Abs. 3 UAbs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2461/1999. Diese Bestimmung lautet:

"Der Antragsteller muss sämtliche geernteten Ausgangserzeugnisse abliefern, und der Aufkäufer oder Erstverarbeiter muss sie annehmen und garantieren, dass eine gleichgroße Menge dieser Ausgangserzeugnisse in der Gemeinschaft zur Herstellung eines oder mehrerer der in Anhang III genannten Enderzeugnisse verwendet wird."

Dieser Verpflichtung ist der Kläger nicht nachgekommen. Denn der Kläger hat nicht sämtliche auf den stillgelegten Flächen geernteten Ausgangserzeugnisse als nachwachsende Rohstoffe abgeliefert.

Zur ersten Frage

3. Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 Art. 9 Abs. 2 UAbs. 5 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 lautet:

"Stillgelegte Flächen, die der Erzeugung von Rohstoffen für die Herstellung von Erzeugnissen für Nicht-Nahrungsmittelzwecke dienen und für welche der Betriebsinhaber nicht alle vorgeschriebenen Verpflichtungen erfüllt hat, gelten für die Anwendung dieses Artikels als bei der Kontrolle nicht vorgefundene Flächen."

Da der Kläger der Verpflichtung zur Ablieferung sämtlicher auf den stillgelegten Flächen geernteten Ausgangserzeugnisse aus Art. 3 Abs. 3 UAbs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2461/1999 nicht nachgekommen ist, ist die vom Kläger im Jahr 2000 stillgelegte Fläche gemäß Art. 9 Abs. 2 UAbs. 5 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 mit Null anzusetzen.

4. Ist die stillgelegte Fläche mit Null anzusetzen, so hat dies auch Auswirkungen auf die sonstigen Flächenzahlungen zu Gunsten dieses Erzeugers von Ackerkulturen. Art. 9 Abs. 4 UAbs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 in der Fassung von Art. 1 Nr. 11 Buchstabe f der Verordnung (EG) Nr. 2801/1999 hat folgenden Wortlaut:

"Die Berechnung der Höchstfläche, die für Flächenzahlungen zugunsten der Erzeuger von Ackerkulturen in Betracht kommt, erfolgt auf der Grundlage der tatsächlich ermittelten Stilllegungsfläche und entsprechend dem Anteil der einzelnen Kulturen."

Die maximal ausgleichsberechtigte Fläche (Höchstfläche), die für die Flächenzahlungen an den Kläger für die Kulturgruppen Getreide und Raps maßgeblich ist, ist gemäß Art. 9 Abs. 4 UAbs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 in der Fassung von Art. 1 Nr. 11 Buchstabe f der Verordnung (EG) Nr. 2801/1999 mit Null anzusetzen, weil die hierfür maßgebliche Stilllegungsfläche nach Art. 9 Abs. 2 UAbs. 5 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 mit Null anzusetzen ist.

5. Hieraus ergibt sich, dass der Kläger nach Maßgabe der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 keinen Anspruch auf Ausgleichsleistungen nach der Kulturpflanzenregelung der EU hat. Art. 14 Abs. 1 UAbs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 bestimmt, dass bei zu Unrecht gezahlten Beträgen der betreffende Betriebsinhaber zur Rückzahlung dieser Beträge verpflichtet ist, zuzüglich der Zinsen, die für den Zeitraum zwischen der Zahlung und der Rückzahlung durch den Begünstigten anfallen. Ergänzend bestimmt § 10 Abs. 2 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisation (MOG), dass rechtmäßige begünstigende Bescheide in den Fällen der §§ 6 und 8, auch nachdem sie unanfechtbar geworden sind, zu widerrufen sind, soweit eine Voraussetzung für den Erlass des Bescheids nachträglich entfallen oder nicht eingehalten worden ist, und bereits erbrachte Leistungen zu erstatten sind. Sofern allein auf die Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 abgestellt wird, ist der Bewilligungsbescheid vom 18.12.2000 aufzuheben und der Kläger verpflichtet, den erhaltenen Betrag von 17.772,57 DM (9.086,97 €) zurückzuerstatten.

6. Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 Art. 31 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 (Berechnungsgrundlage) lautet:

"Die Berechnung der Höchstfläche, die für die Flächenzahlungen an die Erzeuger von Kulturpflanzen in Betracht kommt, erfolgt auf der Grundlage der ermittelten Stilllegungsfläche und entsprechend dem Anteil der einzelnen Kulturen. Zahlungen an Erzeuger von Kulturpflanzen werden jedoch gemäß Artikel 6 Absatz 7 der Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 im Hinblick auf die ermittelte Stilllegungsfläche nur bis zu einem Niveau gekürzt, das der Fläche entspricht, die für die Erzeugung von 92 Tonnen Getreide erforderlich ist."

7. Art. 31 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 entspricht inhaltlich Art. 9 Abs. 4 UAbs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 in der Fassung von Art. 1 Nr. 11 Buchstabe f der Verordnung (EG) Nr. 2801/1999. Danach wären die ermittelte Stilllegungsfläche und in Abhängigkeit hiervon auch die Flächen für die anderen Kulturarten wie Raps und Getreide jeweils mit Null anzusetzen. Der Kläger hätte keinen Anspruch auf Ausgleichsleistungen nach der Kulturpflanzenregelung und müsste die zu Unrecht erhaltene Beihilfe in voller Höhe zurückzahlen.

8. Zweck der Regelung in Art. 31 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 ist, auszuschließen, dass Betriebsinhaber, die zur Flächenstilllegung verpflichtet sind, bei Verstößen gegen diese Verpflichtung schlechter gestellt werden als Betriebsinhaber auf Kleinerzeugerniveau, die keine Flächen stillzulegen haben. Zahlungen an Erzeuger von Kulturpflanzen werden gemäß Art. 6 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 im Hinblick auf die ermittelte Stilllegungsfläche nur bis zu einem Niveau gekürzt, das der Fläche entspricht, die für die Erzeugung von 92 Tonnen Getreide erforderlich ist. Der Durchschnittsertrag für Getreide (ohne Mais) beträgt in Baden-Württemberg 5,14 t/ha und für Ölsaaten (hier Raps) 2,97 t/ha. Hieraus ergäben sich Flächen für Getreide von 17,51 ha und für Raps von 0,68 ha, zusammen 18,19 ha. Bei Anwendung der Regelung des Art. 31 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 errechneten sich für den Kläger Beihilfebeträge für Getreide in Höhe von 5.280,31 € (17,51 ha x 301,56 €) bzw. für Raps in Höhe von 321,90 € (0,68 ha x 473,39 €), insgesamt 5.602,22 €. Bei Anwendung von Art. 31 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 stünde der Kläger danach besser, weil nicht der gesamte Beihilfebetrag von 9.086,97 € zurückzuzahlen wäre, sondern lediglich 3.484,75 €.

9. Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 Art. 1 Abs. 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995:

"Der Tatbestand der Unregelmäßigkeit ist bei jedem Verstoß gegen eine Gemeinschaftsbestimmung als Folge einer Handlung oder Unterlassung eines Wirtschaftsteilnehmers gegeben, die einen Schaden für den Gesamthaushaltsplan der Gemeinschaften oder die Haushalte, die von den Gemeinschaften verwaltet werden, bewirkt hat bzw. haben würde, sei es durch die Verminderung oder den Ausfall von Eigenmitteleinnahmen, die direkt für Rechnung der Gemeinschaften erhoben werden, sei es durch eine ungerechtfertigte Ausgabe."

Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995:

"Eine verwaltungsrechtliche Sanktion kann nur verhängt werden, wenn sie in einem Rechtsakt der Gemeinschaften vor dem Zeitpunkt der Unregelmäßigkeit vorgesehen wurde. Bei späterer Änderung der in einer Gemeinschaftsregelung enthaltenen Bestimmungen über verwaltungsrechtliche Sanktionen gelten die weniger strengen Bestimmungen rückwirkend."

Art. 4 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995:

"(1) Jede Unregelmäßigkeit bewirkt in der Regel den Entzug des rechtswidrig erlangten Vorteils

- durch Verpflichtung zur Zahlung des geschuldeten oder Rückerstattung des rechtswidrig erhaltenen Geldbetrags;

- durch vollständigen oder teilweisen Verlust der Sicherheit, die für einen Antrag auf Gewährung eines Vorteils oder bei Zahlung eines Vorschusses geleistet wurde.

(2) Die Anwendung der Maßnahmen nach Absatz 1 beschränkt sich auf den Entzug des erlangten Vorteils, zuzüglich - falls dies vorgesehen ist - der Zinsen, die pauschal festgelegt werden können.

(3) ...

(4) Die in diesem Artikel vorgesehenen Maßnahmen stellen keine Sanktionen dar."

Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995:

"Unregelmäßigkeiten, die vorsätzlich begangen oder durch Fahrlässigkeit verursacht werden, können zu folgenden verwaltungsrechtlichen Sanktionen führen:

a) Zahlung einer Geldbuße;

b) Zahlung eines Betrages, der den rechtswidrig erhaltenen oder hinterzogenen Betrag, gegebenenfalls zuzüglich der Zinsen, übersteigt; dieser zusätzliche Betrag, der nach einem in den Einzelregelungen festzulegenden Prozentsatz zu bestimmen ist, darf die zur Abschreckung unbedingt erforderliche Höhe nicht übersteigen;

c) vollständiger oder teilweiser Entzug eines nach Gemeinschaftsrecht gewährten Vorteils auch dann, wenn der Wirtschaftsteilnehmer nur einen Teil dieses Vorteils rechtswidrig erlangt hat;

d) Ausschluss von einem Vorteil oder Entzug eines Vorteils für einen Zeitraum, der nach den Zeitraum der Unregelmäßigkeit liegt;

e) vorübergehender Entzug einer Genehmigung oder einer Anerkennung, die für die Teilnahme an einem gemeinschaftlichen Beihilfesystem erforderlich ist;

f) Verlust einer Sicherheit oder einer Garantie, die zur Gewährleistung der Erfüllung der Bedingungen einer Regelung geleistet wurde, oder Rückzahlung des Betrags einer ungerechtfertigterweise freigegebenen Sicherheit;

g) weitere ausschließlich wirtschaftliche Sanktionen gleichwertiger Art und Tragweite, wie sie in den vom Rat nach Maßgabe der sektorrelevanten Erfordernisse erlassenen sektorbezogenen Regelungen vorgesehen sind, unter Einhaltung der der Kommission vom Rat übertragenen Durchführungsbefugnisse."

10. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat in seinem Urteil vom 01.07.2004 (C-295/02, Gisela Gerken/ Amt für Agrarstruktur Verden, Rn. 53 ff.) entschieden, dass Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 auf das Verhältnis der beiden Verordnungen (EWG) Nr. 3887/92 und (EG) Nr. 2419/2001 ungeachtet des Umstandes anzuwenden ist, dass die Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 nach ihren Art. 53 Abs. 1 Satz 2 und Art. 54 Abs. 2 nicht für Beihilfeanträge maßgeblich ist, die sich auf vor dem 1. Januar 2002 auslaufende Wirtschaftsjahre oder Prämienzeiträume beziehen. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat im Bereich der Kontrollen und Sanktionen der auf dem Gebiet des Gemeinschaftsrechts begangenen Unregelmäßigkeiten mit dem Erlass der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 eine Reihe allgemeiner Grundsätze aufgestellt, die grundsätzlich von allen sektorbezogenen Verordnungen zu beachten sind.

11. Nach Ansicht des vorlegenden Senats müssen bei der Frage der Anwendbarkeit der Günstigkeitsregelung des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 auf Art. 31 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 Wortlaut und Systematik der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 beachtet werden. Diese Verordnung (z.B. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 4 und Art. 5) trennt zwischen verwaltungsrechtlichen Maßnahmen und verwaltungsrechtlichen Sanktionen und beschränkt die Regelung des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 auf den Bereich der verwaltungsrechtlichen Sanktionen im Sinne von Art. 5 dieser Verordnung. Die Frage, in welchem Umfang eine dem Betriebsinhaber gewährte Beihilfe zu Unrecht bewilligt worden ist und - hiervon ausgehend - in welchem Umfang der Empfänger den Geldbetrag zurückzuzahlen hat, ist dem Bereich der bloßen verwaltungsrechtlichen Maßnahme und nicht dem der verwaltungsrechtlichen Sanktion im Sinne von Art. 5 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 zuzurechnen. Die Einbeziehung der bloßen Verpflichtung zur Rückerstattung einer zu Unrecht erlangten Beihilfe in den Begriff der verwaltungsrechtlichen Sanktion im Sinne von Art. 5 Abs. 1 und damit auch Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 scheidet danach aus.

Die Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 trennt wie auch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 zwischen der Rückforderung des rechtswidrig erlangten Vorteils als verwaltungsrechtliche Maßnahme und einer weiteren Kürzung der Beihilfe über diesen Betrag hinaus als verwaltungsrechtliche Sanktion. Übersteigen die Flächenangaben im Antrag die tatsächlich festgestellten Verhältnisse, so richtet sich die Berechnung der dem Antragsteller zustehende Beihilfe nach den tatsächlichen Feststellungen (Art. 31 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001, "Berechnungsgrundlage"). Die Beihilfe wird auf den Betrag reduziert, der sich unter Zugrundelegung der tatsächlich ermittelten Flächen errechnet. Die zu Unrecht bewilligte Beihilfe ist in Höhe des rechtswidrig erlangten Vorteils zurückzuerstatten. Als bloße verwaltungsrechtliche Maßnahme handelt es sich hierbei aber nicht um eine Sanktion. Die mit "Kürzungen und Ausschlüsse" überschriebenen Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 (Art. 32 und 38) sind dagegen dem Bereich des Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 zuzurechnen. Denn hier wird über den rechtswidrig erlangten Vorteil hinaus eine (weitere) Kürzung der Beihilfe vorgenommen, die vom Ausmaß der Abweichung der angemeldeten von den tatsächlich festgestellten Flächen abhängig ist. Nur bei dieser Kürzung handelt es sich um eine Sanktion im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995, auf die die Regelung des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 Anwendung findet.

Der Kläger hat eine Unregelmäßigkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 begangen, weil er nicht sämtliche auf den stillgelegten Flächen geerntete Ausgangserzeugnisse als Rohstoffe für die Herstellung von Erzeugnissen für Nicht-Nahrungsmittelzwecke, sondern teilweise als Konsumraps abgeliefert hat. Art. 9 Abs. 4 UAbs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 in der Fassung von Art. 1 Nr. 11 Buchstabe f der Verordnung (EG) Nr. 2801/1999, der die Berechnung der Höchstfläche für Flächenzahlungen zugunsten der Erzeuger von Ackerkulturen regelt, führt dazu, dass dem Kläger wegen der nicht vorhandenen Stilllegungsflächen tatsächlich keine Beihilfen auch für die Kulturarten Raps und Getreide zustehen. Danach sind die mit Bescheid vom 18.12.2000 bewilligten Ausgleichsleistungen in voller Höhe zu Unrecht gewährt worden. Gemäß Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 ist der Kläger zur Rückzahlung der zu Unrecht gezahlten Beträge verpflichtet. Bei der Verpflichtung zur Rückerstattung des rechtswidrig erhaltenen Geldbetrags handelt es sich nach der ausdrücklichen Bestimmung des Art. 4 Abs. 4 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 lediglich um eine verwaltungsrechtliche Maßnahme und gerade nicht um eine verwaltungsrechtliche Sanktion im Sinne dieser Verordnung. Die Anwendung der Günstigkeitsregelung des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 ist aber nach Wortlaut und Systematik dieser Verordnung auf verwaltungsrechtliche Sanktionen im Sinne von Art. 5 beschränkt.

12. Der Kläger hat demgegenüber im Verwaltungsverfahren wie im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht, der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften sei in seinen bisherigen Urteilen von einem sehr weiten Begriff der verwaltungsrechtlichen Sanktion im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 ausgegangen. Danach habe auch Art. 31 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 den Charakter einer Sanktionsnorm. Die Regelung des Art. 31 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 werde durch Satz 2 eingeschränkt. Die durch Art. 31 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 bewirkte Beschränkung der nachteiligen Folgen einer Unregelmäßigkeit sei gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 auch auf seinen Fall anwendbar und führe dazu, dass ihm eine Beihilfe entsprechend der Kleinerzeugerregelung des Art. 31 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 verbleibe.

13. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat in seinem Urteil vom 01.07.2004 (C-295/02, Rn. 50) festgestellt, dass die Kürzung oder gar Aufhebung einer Beihilfe "Tiere" eine verwaltungsrechtliche Sanktion im Sinne von Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 darstellt. Dieses Urteil betrifft aber, anders als der hier vorliegende Fall, nicht die bloße Rückzahlung einer zu Unrecht bewilligten Beihilfe, sondern eine darüber hinausgehende weitere Kürzung der Beihilfe um den doppelten Prozentsatz der festgestellten Differenz. Dies erfüllt aber die Voraussetzungen einer verwaltungsrechtlichen Sanktion im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Buchstabe c der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995, so dass Art. 2 Abs. 2 Satz 2 dieser Verordnung anzuwenden ist. Gegenstand des in Randnummer 50 des Urteils vom 01.07.2004 erwähnten Urteils des Gerichtshofs vom 17.07.1997 (C-345/95, National Farmers Union u.a., Slg. I-4559) ist ebenfalls nicht lediglich die Rückforderung einer zu Unrecht bewilligten Beihilfe. In diesem Fall ist zum einen deshalb keine Flächenbeihilfe bewilligt worden, weil die Differenz zwischen angegebener und tatsächlicher Fläche größer als 20 % war, und zum anderen ist eine Prämie für Rinder versagt worden, weil die Differenz zwischen angegebener und tatsächlicher Futterfläche größer als 20 % war. Gegenstand des Urteils vom 16.05.2002 (C-63/00, Schilling und Nehring) war im Fall Schilling die Kürzung einer EG-Sonderprämie für männliche Rinder um 40 % aufgrund von Art. 10 Abs. 2 Buchstabe b der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 und im Fall Nehring die vollständige Versagung einer Sonderprämie für vier Ochsen, weil drei Tiere nicht erst zwei Wochen nach Abgabe der Beteiligungserklärungen geschlachtet worden waren und das vierte Tier nicht das Mindestschlachtgewicht erreicht hatte.

Aus den vorstehend genannten Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zur Günstigkeitsregelung des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 ist dementsprechend nach Ansicht des beschließenden Senats nicht zu folgern, dass die Aufhebung einer Beihilfe und die bloße Verpflichtung zur Rückzahlung einer zu Unrecht bewilligten Geldzahlung entgegen Art. 4 Abs. 4 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 eine verwaltungsrechtliche Sanktion im Sinne von Art. 5 Abs. 1 dieser Verordnung darstellt und die Anwendung von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 dieser Verordnung rechtfertigt.

Zur zweiten Frage

Die zweite Vorlagefrage betrifft die Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen und entfällt, sofern die erste Frage verneint wird.

14. Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 Art. 14 Abs. 1 UAbs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 lautet:

"Bei zu Unrecht gezahlten Beträgen ist der betreffende Betriebsinhaber zur Rückzahlung dieser Beträge verpflichtet, zuzüglich der Zinsen, die für den Zeitraum zwischen der Zahlung und der Rückzahlung durch den Begünstigten anfallen."

Wird Art. 14 Abs. 1 UAbs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 zugrunde gelegt, so hat der Kläger auch für den Zeitraum zwischen dem Empfang der Zahlung und der Übermittlung des Rückforderungsbescheids vom 16.02.2001 Zinsen zu zahlen.

15. Verordnung (EG) Nr. 2419/2001

Art. 49 Abs. 3 UAbs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 schreibt vor:

"Die Zinsen werden für den Zeitraum zwischen der Übermittlung des Rückforderungsbescheids an den Betriebsinhaber und der tatsächlichen Rückzahlung bzw. dem Abzug berechnet."

Nach Maßgabe von Art. 49 Abs. 3 UAbs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 hätte der Kläger Zinsen lediglich für den Zeitraum ab der Übermittlung des Rückforderungsbescheids vom 16.02.2001 zu zahlen. Damit stünde der Kläger nach dieser Vorschrift günstiger, weil er für den Zeitraum vom Erhalt der Zahlung bis zur Übermittlung des Rückforderungsbescheids keine Zinsen zu zahlen hätte.

16. Nach Ansicht des beschließenden Senats richtet sich die Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen nach den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen, die für das Wirtschaftsjahr gelten, auf das sich der Beihilfeantrag bezieht. Danach ist grundsätzlich von der Anwendbarkeit von Art. 14 Abs. 1 UAbs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 auszugehen, weil sich der Antrag des Klägers auf das Wirtschaftsjahr 2000 bezog. Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 kommt nicht zur Anwendung, weil auch die Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen für den zurückzuerstattenden Geldbetrag nach Art. 4 Abs. 2 und 4 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 keine verwaltungsrechtliche Sanktion im Sinne dieser Verordnung darstellt. Sollte aber Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 (Frage 1) auch für die Bestimmung maßgeblich sein, inwieweit der Empfänger einer Beihilfe diese zu Unrecht erhalten bzw. er den Geldbetrag im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 zurückzuerstatten hat, so könnte in Betracht kommen, Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/1995 auch auf die Verpflichtung zur Zinszahlung anzuwenden.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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