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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 06.12.2007
Aktenzeichen: 11 S 2402/07
Rechtsgebiete: RVG, GKG


Vorschriften:

RVG § 23 Abs. 1
RVG § 32 Abs. 1
RVG § 33 Abs. 1
RVG § 33 Abs. 9
GKG § 45 Abs. 1 Satz 2
GKG § 1 Satz 1
GKG § 1 Satz 2
Für einen von den Beteiligten übereinstimmend für erledigt erklärten Hilfsantrag kann nach § 33 Abs. 1 Satz 1 RVG ein gesonderter Gegenstandswert festgesetzt werden, wenn die gerichtliche Streitwertfestsetzung den Wert des Hilfsantrags nach § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG nicht berücksichtigt; § 32 Abs. 1 RVG steht dem nicht entgegen.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

11 S 2402/07

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Befristung der Ausweisung

hier: Gegenstandswert

hat der 11. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg

am 06. Dezember 2007

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 01. Oktober 2007 - 11 K 529/07 - geändert.

Für den in dem Verfahren 11 K 529/07 hilfsweise gestellten Antrag, den Beklagten zu verpflichten, die Wirkungen der Ausweisung zu befristen, wird ein Gegenstandswert in Höhe von 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht durch den Senat, da das Verwaltungsgericht über den Antrag auf Festsetzung eines Gegenstandswerts für den in erster Instanz übereinstimmend für erledigt erklärten Hilfsantrag durch die Kammer entschieden hat (vgl. § 33 Abs. 8 Satz 1 und 2 RVG).

Die gemäß § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG fristgerecht erhobene und auch sonst zulässige Beschwerde ist begründet.

a) Der Beschwerdeführer hat gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 RVG einen Anspruch auf Festsetzung eines Gegenstandswertes für den im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe hilfsweise gestellten Antrag auf Verpflichtung des Beklagten zur Befristung der Wirkungen der Ausweisung seines Mandanten. Denn er bedarf einer solchen Festsetzung, um die ihm in Bezug auf diesen Streitgegenstand nach Nr. 1002 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht möglicherweise entstandene Erledigungsgebühr abrechnen zu können (vgl. § 2 Abs. 1 RVG).

Zwar hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe für das bei ihm anhängig gemachte Verfahren nach § 63 Abs. 2 i,V.m. § 52 Abs. 2 GKG bereits einen Streitwert festgesetzt, der gemäß § 32 Abs. 1 RVG auch für die Festsetzung der Gebühren des Beschwerdeführers im gerichtlichen Verfahren grundsätzlich maßgebend ist. Allerdings tritt diese Bindungswirkung nicht ein, wenn der Gegenstand der gebührenrelevanten anwaltlichen Tätigkeit nicht dem Streitgegenstand entspricht, auf den die gerichtliche Streitwertfestsetzung bezogen ist (vgl. Madert in: Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG Kommentar, 17. Aufl. 2006, § 32 Rn. 4; Fraunholz in: Riedel/Sußbauer, RVG Kommentar, 9. Aufl. 2005, § 32 Rn. 4 und 16; E. Schneider in: Gebauer/Schneider, Anwaltskommentar RVG, 2. Aufl. 2004, § 33 Rn. 8; Kroiß in: Mayer/Kroiß, RVG Kommentar, 2. Aufl. 2006, § 33 Rn. 6; Römermann in: Hartung/Römermann/Schons, Praxiskommentar RVG, 2. Aufl. 2006, § 32 Rn. 10; Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, RVG § 33 Rn. 5).

Eine solche Konstellation ist hier im Hinblick auf die durch die Erledigung des Hilfsantrags möglicherweise entstandene Erledigungsgebühr gegeben. Denn die Festsetzung des gerichtlichen Streitwerts erfolgte ausschließlich unter Berücksichtigung des mit dem Hauptantrag geltend gemachten Begehrens auf Verpflichtung des Beklagten zur Rücknahme der Ausweisung, während der Wert des hilfsweise gestellten Antrags auf Verpflichtung zur Befristung der Wirkungen der Ausweisung nach § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG deshalb unberücksichtigt blieb, weil das Gericht über diesen Antrag aufgrund der in der mündlichen Verhandlung herbeigeführten Erledigung nicht mehr entschieden hatte (zur Streitwertfestsetzung vgl. den Senatsbeschluss vom 17.08.2007 - 11 S 1718/07 -). Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass das auf den Hilfsantrag bezogene Befristungsbegehren im verwaltungsgerichtlichen Verfahren rechtshängig geworden und bei der Streitwertfestsetzung aufgrund einer Regelung unberücksichtigt geblieben ist, die über § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG auch für die Wertberechnung der anwaltlichen Gebühren im gerichtlichen Verfahren maßgebend ist (so allerdings LAG Düsseldorf, Beschluss vom 05.12.2006 - 6 Ta 583/06 -, juris; im Ergebnis ebenso OLG Hamm, Beschluss vom 02.01.2007 - 19 U 48/06 -, MDR 2007, 618 = JurBüro 2007, 204; Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 14.08.2006 - 13 W 31/06 -, juris; Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, RVG § 33 Rn. 5). Ein solcher Ansatz hätte zur Folge, dass der Beschwerdeführer die für die Herbeiführung der Erledigung des Hilfsantrags möglicherweise entstandene Erledigungsgebühr aus einem Streitwert errechnen müsste, der aufgrund des auf einen anderen Streitgegenstand bezogenen Hauptantrags festgesetzt wurde, oder dass er - in Ermangelung eines Gegenstandswerts - die Erledigungsgebühr letztlich gar nicht geltend machen könnte. Ein solches Ergebnis stünde mit dem Sinn und Zweck des § 32 Abs. 1 RVG nicht in Einklang. Denn mit der dort festgelegten Bindung der Gebühren eines Rechtsanwalts an eine gerichtliche Streitwertfestsetzung soll allein dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich der für anwaltliche Gebühren im gerichtlichen Verfahren maßgebliche Gegenstandswert gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften bestimmt, so dass eine gesonderte Festlegung eines Gegenstandswertes entbehrlich ist, wenn beide Werte übereinstimmen (vgl. etwa Madert, a.a.O., § 32 Rn. 1; Fraunholz, a.a.O., § 32 Rn. 3). Eine solche Übereinstimmung ist hier jedoch aufgrund der fehlenden Berücksichtigung des durch die anwaltliche Tätigkeit im Verfahren erledigten und nur hilfsweise beantragten Befristungsbegehrens gerade nicht gegeben (vgl. LAG Köln, Beschluss vom 14.09.2001 - 13 Ta 214/01 -, NZA-RR 2002, 437). Dabei lässt sich die Übereinstimmung des Gegenstandswerts für dieses Hilfsbegehren mit dem gerichtlich allein aufgrund des Hauptantrags festgesetzten Streitwerts auch nicht daraus ableiten, dass die Regelung des § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG über § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG auch für die Berechnung des Werts einer anwaltlichen Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren Anwendung findet. Denn damit soll nur ausgeschlossen werden, dass eine gebührenrelevante anwaltliche Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren, die auf den Streitgegenstand sowohl des Hauptantrags als auch eines - letztlich vom Gericht nicht entschiedenen - Hilfsantrags bezogen war, unter Zugrundelegung eines aus beiden Streitgegenständen addierten Gegenstandswerts abgerechnet werden kann (vgl. Kroiß, a.a.O., § 33 Rn. 6; E.Schneider, a.a.O., § 33 Rn. 8; Fraunholz, a.a.O., § 32 Rn. 5; OLG Hamburg, Beschluss vom 20.05.1966 - 16 S 155/65 -, MDR 1966, 853.; a.A. Müller-Rabe in: Gerold/ Schmidt/ v.Eicken/Madert/Müller-Rabe, a.a.O., VV 3200 Rn. 129; Rohn in: Mayer/Kroiß, a.a.O., Anh. II, Streitwerte im gerichtlichen Verfahren, Rn. 24; LAG Hamm, Beschluss vom 26.05.1989 - 8 Ta 65/89 -, MDR 1989, 852); die Festsetzung eines Gegenstandswerts nur für den Streitgegenstand eines - infolge Erledigung unentschieden gebliebenen - Hilfsantrags ist hingegen nicht ausgeschlossen.

b) Der Gegenstandswert für den Antrag auf Verpflichtung des Beklagten, die Wirkungen der in dem Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 04.01.2002 verfügten Ausweisung des Klägers zu befristen, ist - entsprechend dem Antrag des Beschwerdeführers - der Höhe nach mit dem Auffangstreitwert festzusetzen (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG; § 52 Abs. 2 GKG).

c) Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich, da der Beschwerdeführer nach § 33 Abs. 9 Satz 2 RVG die Erstattung seiner Kosten nicht fordern kann und eine Gebühr für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben wird. Zwar ist das Beschwerdeverfahren - anders als das Antragsverfahren - nicht nach 33 Abs. 9 Satz 1 RVG gebührenfrei. Vielmehr sieht das Gerichtskostengesetz in der seit dem 01.01.2007 geltenden Fassung des 2. Justizmodernisierungsgesetzes (BGBl I 2006, S. 3416, Art. 16 Nr. 2) in § 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 ausdrücklich die Kostenerhebung auch in Beschwerdeverfahren vor, die mit Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Zusammenhang stehen. Allerdings wird in solchen Beschwerdeverfahren, zu denen auch die Beschwerde nach § 33 RVG gehört (vgl. Schneider, NJW 2007, 325, 328), nach § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1812 des Kostenverzeichnisses eine Gebühr nur dann erhoben, wenn die Beschwerde ganz oder teilweise verworfen oder zurückgewiesen wird.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 33 Abs. 6 RVG).

Ende der Entscheidung

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