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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 10.07.2003
Aktenzeichen: 11 S 2622/02
Rechtsgebiete: GG, AuslG, AsylVfG, VwGO


Vorschriften:

GG Art. 2 Abs. 2 Satz 1
AuslG § 55 Abs. 2
AsylVfG § 42 Satz 1
VwGO § 123
Zu den Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses (hier: Reiseunfähigkeit im engeren und im weiteren Sinn) als Duldungsgrund durch ärztliche Atteste (im Anschluss an die Beschlüsse des Senats vom 2.5.2000 - 11 S 1936/99 - und vom 7.5.2001 - 11 S 389/01 -).
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

11 S 2622/02

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Duldung,

hier: vorläufiger Rechtsschutz

hat der 11. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schaeffer, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Jakober und die Richterin am Verwaltungsgericht Fabian

am 10. Juli 2003

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25. Oktober 2002 - 9 K 1475/02 - geändert.

Die Anträge werden abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 8.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25.10.2002 ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Anträge der Antragsteller auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ablehnen müssen.

Das Verwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss auf die Anträge der Antragsteller - einer am 4.6.1977 geborenen türkischen Staatsangehörigen, sowie ihrer am 23.2.1996 (Antragstellerin zu 2), am 10.7.1997 (Antragsteller zu 3) und am 5.2.2002 (Antragstellerin zu 4) geborenen Kinder, die ebenfalls türkische Staatsangehörige sind - den Antragsgegner "im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Antragsteller bis zum Vorliegen eines die Reisefähigkeit der Antragstellerin Ziff. 1 bestätigenden amtsärztlichen Gutachtens vorläufig zu dulden." Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, die Antragsteller hätten einen Anordnungsanspruch in dem aus dem Tenor des Beschlusses ersichtlichen Umfang glaubhaft gemacht. Nach den vorgelegten ärztlichen Attesten eines Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie leide die Antragstellerin zu 1 an einer schweren depressiven Störung mit latenter Suicidalität, Ängsten und Panikattacken. Nach den Stellungnahmen dieses behandelnden Arztes sei bei einer Abschiebung mit einer erheblichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands zu rechnen. Damit sei nach derzeitiger Erkenntnislage mit der im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO erforderlichen Wahrscheinlichkeit dargetan, dass eine Abschiebungsmaßnahme vor dem Hintergrund der umfassenden Schutzpflicht des Staates für das Leben und die körperliche Unversehrtheit nach § 55 Abs. 2 AuslG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zur Zeit zumindest nicht ohne weitere Absicherung und Untersuchung der Antragstellerin zu 1 erfolgen könne. Eine solche Abklärung sei vom Antragsgegner sinnvollerweise durch Einholung eines Gutachtens des Staatlichen Gesundheitsamts mit Klärung der Frage der Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 1 durchzuführen. Für die Antragsteller zu 2 bis 4 ergebe sich der Anordnungsanspruch auf vorläufige Aussetzung der Abschiebung aufgrund des Bleiberechts der Antragstellerin zu 1 aus Art. 6 GG.

Der Antragsgegner hat gegen diesen Beschluss rechtzeitig Beschwerde eingelegt (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO eine Begründung der Beschwerde vorgelegt. Der Antragsgegner hat zwar auch dem Erfordernis eines bestimmten Antrags (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO) entsprochen, jedoch ist der gestellte Antrag nicht sachdienlich, da er ausdrücklich nur darauf gerichtet ist, "den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25.10.2002 aufzuheben". Der Senat legt diesen Antrag - an dessen Fassung er nicht gebunden ist (vgl. §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO) - sachdienlich dahingehend aus, dass der Antrag des Antragsgegners im Beschwerdeverfahren darauf gerichtet ist, den angefochtenen Beschluss zu ändern und die Anträge der Antragsteller auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzulehnen. Dieses Beschwerdebegehren ergibt sich eindeutig aus der Begründung der Beschwerde.

Das Vorbringen des Antragsgegners zur Begründung der Beschwerde, das allein zur Grundlage der Überprüfung des angefochtenen Beschlusses gemacht werden kann (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), setzt sich mit den Gründen dieses Beschlusses im Wesentlichen dahingehend auseinander, dass geltend gemacht wird, die vorgelegten ärztlichen Atteste erfüllten "nicht die erforderlichen Standards an die Qualität einer psychologisch-psychiatrischen Begutachtung" und gäben "deshalb keinen Anlass, den Aufenthalt weiter zu dulden". "Nicht jede pauschal formulierte Ansicht eines Arztes" könne "zu einem Stopp der Abschiebung führen"; dies gelte umso mehr, wenn die Ansicht auf einem Lebenssachverhalt basiere, der im Asylverfahren nicht bestätigt werden konnte.

Die Beschwerde des Antragsgegners hat Erfolg, da die Antragsteller keinen Grund für eine erstrebte Aussetzung ihrer Abschiebung (Duldung, § 55 Abs. 1 AuslG) bis zum Vorliegen eines amtsärztlichen Gutachtens, das die Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 1 bestätigt, hinreichend glaubhaft gemacht haben. Entgegen der Ansicht der Antragsteller und des Verwaltungsgerichts ist es nicht hinreichend wahrscheinlich, dass der Antragstellerin zu 1 wegen ihrer gesundheitlichen Situation ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 55 Abs. 2 AuslG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zusteht (s. dazu unter I.) und demnach auch ihre Kinder, die Antragsteller zu 2 bis 4, Anspruch auf einen entsprechenden Schutz vor einer Abschiebung haben (s. dazu unter II.). Denn unter Beachtung der rechtlichen Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines sogenannten inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses (s. dazu unter I.1.) aus gesundheitlichen Gründen, das im Fall der Antragstellerin zu 1 - als abgelehnter Asylbewerberin - Grundlage eines - im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 123 VwGO) zu sichernden -Anspruchs auf Aussetzung der Abschiebung (§ 55 Abs. 2 AuslG) sein könnte, hat die Antragstellerin zu 1 weder glaubhaft gemacht, dass bei ihr gesundheitliche Beeinträchtigungen in Bezug auf ihre eigentliche Reisefähigkeit vorliegen, die eine Aussetzung ihrer Abschiebung - wie das Verwaltungsgericht entschieden hat - bis zu einer amtsärztlichen Bestätigung ihrer Reisefähigkeit im Sinne einer Transportfähigkeit rechtfertigen (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn; s. dazu unter I.2.), noch dass etwa wegen der Gefahr, dass unmittelbar durch die Abschiebung ein Gesundheitsschaden eintreten oder verfestigt würde, ein vorläufiger Rechtsschutz in dem vom Verwaltungsgericht gewährten Umfang gerechtfertigt ist (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn; s. dazu unter I.3.).

I. Der Antragsgegner macht mit seinem Beschwerdevorbringen zu Recht sinngemäß geltend, nach der gegebenen Sach- und Rechtslage bestehe nicht die - für ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erforderliche - hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der Antragstellerin zu 1 wegen ihres Gesundheitszustands eine Duldung bis zur amtsärztlichen Bestätigung ihrer Reisefähigkeit zu erteilen sei, wie dies vom Verwaltungsgericht angeordnet wurde.

1. Im Fall der Antragstellerin zu 1 ist davon auszugehen, dass für sie ausschließlich sogenannte inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, die der Durchführung einer Abschiebung entgegenstehen, jedoch nicht sogenannte zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, die sich auf drohende Gefahren im Zielstaat der Abschiebung (hier: Türkei) beziehen, erheblich sein können. Denn die Antragstellerin zu 1 hat erfolglos ein Asylverfahren durchgeführt. Ihr Asylbegehren wurde - zugleich mit den Asylanträgen ihres (früheren) Ehemanns und eines Sohnes - durch den Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) vom 5.7.1995 abgelehnt; zugleich wurde in diesem Bescheid festgestellt, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Dieser Bescheid wurde unanfechtbar, nachdem die dagegen erhobenen Klagen - soweit hier erheblich - durch (rechtskräftiges) Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 30.7.2001 in Bezug auf die Feststellung von Abschiebungshindernissen als unbegründet abgewiesen wurden. Damit gilt für die Antragstellerin zu 1 die auf Dauer angelegte Feststellung des Bundesamts über das Nichtvorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG fort; eine Änderung dieser Entscheidung, für die ausschließlich das Bundesamt zuständig wäre, hat die Antragstellerin zu 1 offensichtlich nicht herbeigeführt. Diese Entscheidung des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge entfaltet gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG strikte Bindungswirkung für die (Landes-) Ausländerbehörden (vgl. dazu BVerwG, Urteile vom 7.9.1999 - 1 C 6.99 -, NVwZ 2000, 204 = InfAuslR 2000, 16 = AuAS 2000, 38, vom 21.9.1999 - 9 C 8.99 -, NVwZ 2000, 206 = AuAS 2000, 14, vom 15.10.1999 - 9 C 7.99 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 24, und vom 21.3.2000 - 9 C 41.99 -, BVerwGE 111, 77 = NVwZ 2000, 940 = AuAS 2000, 154; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 2.5.2000 - 11 S 1963/99 -, VBlBW 2000, 447 = InfAuslR 2000, 435 = NVwZ-Beil. I 2001, 6 = Die Justiz 2000, 407 = EZAR 043 Nr. 44). Entsprechendes gilt im Übrigen in Bezug auf die Antragstellerin zu 4, deren Asylantrag vom Bundesamt mit - unanfechtbarem - Bescheid vom 20.3.2002 als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde; zugleich wurde in diesem Bescheid festgestellt, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen.

2. Nach den von den Antragstellern vorgelegten ärztlichen Attesten ist es nicht hinreichend wahrscheinlich, dass bei der Antragstellerin zu 1 die Voraussetzungen für ein solches inlandsbezogenes Abschiebungshindernis wegen einer krankheitsbedingten Reiseunfähigkeit gegeben sind, die eine Aussetzung ihrer Abschiebung bis zum Vorliegen einer amtsärztlichen Bestätigung ihrer Reisefähigkeit rechtfertigen. Denn diese ärztlichen Atteste enthalten keine unmittelbaren Aussagen darüber, dass etwa - aus der Sicht des Arztes - die Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 1 aus gesundheitlichen Gründen nicht vorliege oder so erheblich eingeschränkt sei, dass aus Anlass der Durchführung der Abschiebung gravierende Folgen für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit der Antragstellerin zu 1 zu erwarten wären. Vielmehr äußern sich diese ärztlichen Atteste zwar dazu, dass die Antragstellerin zu 1 an einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung leidet, die durch verschiedene Ursachen ausgelöst worden ist (s. dazu im Folgenden unter a). Diese ärztlichen Stellungnahmen enthalten jedoch keine Aussagen darüber, dass bei der Antragstellerin zu 1 deshalb etwa keine Reisefähigkeit vorliegt, die in ihrer Bedeutung für eine Abschiebung einer Transportfähigkeit entspricht (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn; s. dazu im Folgenden unter b).

a) In dem ärztlichen Attest vom 14.2.2002 hat der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. G. bestätigt, dass die Antragstellerin zu 1 von ihm seit 1996 hausärztlich betreut werde; im Vordergrund der Behandlung hätten "immer depressive Zustände mit Angstattacken" gestanden; "im Zusammenhang mit der Entbindung" ihres am 5.2.2002 geborenen Kindes (der Antragstellerin zu 4), vor dessen Geburt ihr Ehemann sie verlassen habe, bestehe "jetzt eine ausgeprägte depressive Verstimmung, die über das Ausmaß einer postpatalen Depression" hinausgehe; die Antragstellerin zu 1 äußere "suizidale Gedanken" und habe "Angst, mit ihren 4 Kindern überleben zu können"; eine "Rückführung der Patientin mit ihren Kindern in ihr Heimatland Türkei würde die suizidale Gefahr für die Familie um ein Vielfaches erhöhen".

Die - bis zu der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vorgelegten - ärztlichen Bescheinigungen des Arztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. vom 27.2.2002, vom 29.4.2002, vom 27.5.2002 und vom 6.8.2002 sowie das - erst im vorliegenden Beschwerdeverfahren vorgelegte - ärztliche Attest vom 23.6.2003 geben als Diagnose "eine schwere depressive Störung mit latenter Suicidalität und Ängsten und Panikattacken" an, die ständiger ärztlicher und medikamentöser Behandlung bedürfe. In der ärztlichen Bescheinigung vom 27.2.2002 wird angegeben, "zusammenfassend" müsse "man bei der Schwere der depressiven Störung, der massiven Angststörung und den vorangegangenen Lebensereignissen auch davon ausgehen, dass es sich um eine posttraumatische Belastungsstörung handelt." Als Ursachen dafür wurden die von der Antragstellerin zu 1 dem Arzt geschilderten Erlebnisse in der Türkei ("Sie hätten flüchten müssen, weil man ihnen auch angedroht habe, dass sie sonst sterben würden") sowie ihre in Deutschland erlebte Situation (ihr Ehemann habe sie verlassen, sie lebe allein mit ihren Kindern, "komme mit ihrem Leben nicht klar und brauche Hilfe" und "könne nicht in die Türkei zurück, da sie dort mit Sicherheit umgebracht werde") angeführt. "Bei Ausweisung" müsse "mit einer psychischen Dekompensation und Suicidalität gerechnet werden". In der ärztlichen Bescheinigung vom 29.4.2002 bescheinigte Dr. M. (u.a.), die Antragstellerin zu 1 sei "unter dem Druck der Ausweisungsdrohung eher am Rande der Dekom[p]ensation"; sie sei durch die "Ausweisungsdrohung ... schwerst irritiert"; "zum derzeitigen Zeitpunkt" sei eine "abnormale Reaktion, suicidale Handlung nicht auszuschliessen"; es bestehe "eine hohe existentielle Gefährdung, die meines Erachtens nach nur dadurch aufgehoben werden kann, wenn ihr das Bleiberecht zugesichert wird." In der ärztlichen Bescheinigung vom 27.5.2002 bestätigte Dr. M., dass sich "die Symptomatik verstärkt" habe; die Antragstellerin zu 1 bringe "dies selbst in Zusammenhang damit, dass sie ihren ältesten Sohn ŽverlorenŽ habe", da sein Vater ihn "einfach abgeholt und mitgenommen" habe; sie sei "deutlich depressiv verstimmt" gewesen, "voller Trauer und Schmerz und ihr Leiden nachvollziehbar"; "eine Abschiebung würde eine existentielle Bedrohung bedeuten und eine Verschlimmerung des Leidens". Auch in der ärztlichen Bescheinigung vom 6.8.2002 des Dr. M. wird mitgeteilt, "die Symptomatik und das Beschwerdebild" habe sich "mit Ankündigung der Abschiebung deutlich verschlechtert", so dass sie den Arzt "wesentlich häufiger" aufsuche, "ganz massive Ängste" habe und befürchte, "dass ihr in der Türkei etwas zustossen könne"; sie sei "völlig verzweifelt, hoffnungslos und hilflos"; "unbehandelt" sei "mit einer weiteren Verschlechterung des Leidens, möglicherweise auch mit einer abnormen Reaktion und einem hohen Mass an suicidaler Gefährdung zu rechnen". Auch in dem ärztlichen Attest des Dr. M. vom 23.6.2003, das erst im Beschwerdeverfahren vorgelegt wurde, wird bescheinigt, dass sich - seit der Arzt die Antragstellerin zu 1 kenne (wobei es sich bei der Angabe, die Antragstellerin zu 1 befinde sich "seit Februar 2000" in seiner regelmäßigen nervenärztlichen Behandlung, offensichtlich um ein Versehen handelt, da der Arzt in seiner Bescheinigung vom 29.4.2002 bestätigt hat, die Antragstellerin zu 1 habe sich "erstmals am 22.02.02" in seiner Praxis vorgestellt) - "unter Androhung der Abschiebung das Krankheitsbild verschlechtert" habe; "immer wieder" habe "eine latente Suicidalität" bestanden, "die nur durch intensive Betreuung abgefangen werden konnte"; für die Antragstellerin zu 1 bedeute "die Rückführung in die Türkei entweder das Todesurteil oder Verlust der Kinder"; beides sei für sie "gleichermassen eine Bedrohung ihrer Existenz"; ein ihr zur Last gelegter Diebstahl sei "aus ihrer Beschreibung heraus, und meines Erachtens nach, nicht als Diebstahl zu werten"; insgesamt habe sich im Verlauf der Zeit "eher eine Befundverschlechterung als eine Befundverbesserung ergeben"; "eine Abschiebung würde zu einer weiteren Verschlechterung und Verfestigung der Erkrankung führen und zur drohenden Dekompensation mit suicidaler Handlung"; "selbst wenn sie in der Türkei weiter behandelt werden könnte", müsse "mit einer Verschlechterung des Leidens gerechnet werden, da sie die ihr innewohnende Angst vor der Staatsmacht und vor Repressalien und Verlust des eigenen Lebens und Verlust der Kinder nicht kompensieren könnte".

b) Aus diesen ärztlichen Bescheinigungen ergibt sich - unter Berücksichtigung der Anforderungen an die Qualität solcher Bescheinigungen (s. dazu im Folgenden unter aa) - insgesamt, dass nach der Einschätzung der Ärzte bei der Antragstellerin zu 1 zwar ein erhebliches Krankheitsbild vorliegt, das einer ärztlichen Behandlung bedarf (s. dazu im Folgenden unter bb). Durch diese fachkundigen ärztlichen Atteste wird jedoch nicht glaubhaft gemacht, dass die Frage der Reisefähigkeit (Transportfähigkeit) der Antragstellerin zu 1 davon in einer Weise betroffen wäre, die eine Aussetzung der Abschiebung der Antragstellerin zu 1 rechtfertigen könnte (s. dazu im Folgenden unter cc).

aa) Es bedarf zwar im vorliegenden Verfahren keiner grundsätzlichen und abschließenden Klärung der Frage, welche Anforderungen an die Qualität ärztlicher Atteste und Bescheinigungen zu stellen sind. Insoweit weist der Senat jedoch darauf hin, dass zwischen einer Begutachtung, die auf einem ausdrücklichen Gutachtenauftrag eines Gerichts oder einer Behörde beruht, und einem ärztlichen Attest, das auf die Bitte des Patienten erstellt wird, Unterschiede in Bezug auf die Darlegung der gewonnenen Erkenntnisse - sowohl in der Exploration als auch in der Diagnose - und damit auch auf die Bedeutsamkeit für die daraus zu ziehenden Folgerungen bestehen. Ein ärztliches Gutachten, das auf Grund eines Beweisbeschlusses eines Gerichts oder eines entsprechenden Auftrags einer Behörde erstellt wird, muss in jedem Fall - wie der Antragsgegner zutreffend vorbringt - die medizinischen Untersuchungsmethoden nach dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand darlegen und eine nachvollziehbare, logisch begründete Antwort auf die gestellte (Beweis-) Frage enthalten. Bei ärztlichen Bescheinigungen (Attesten), die auf die Bitte des Patienten erstellt werden (auch sog. "Privatgutachten"), sind derart strenge Anforderungen grundsätzlich nicht zu stellen. Solche ärztlichen Atteste müssen aber jedenfalls die Mindestvoraussetzungen an eine fachliche Beurteilung erfüllen. Sie müssen zumindest nachvollziehbar die tatsächlichen Umstände angeben, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist (Befundtatsachen), und gegebenenfalls müssen sie die Methode der Tatsachenerhebung benennen. Ferner ist die fachliche medizinische Beurteilung des Krankheitsbilds (Diagnose) nachvollziehbar ebenso darzulegen wie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben (prognostische Diagnose). Der Umfang und die Genauigkeit der erforderlichen Darlegungen richten sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls (insbesondere: Komplexität des Krankheitsbildes, Gewichtigkeit und Konsequenzen der Diagnose) und entziehen sich einer generellen Beurteilung. So sind etwa Angaben über die Einhaltung und die Berücksichtigung internationaler Qualitätsstandards (in Gestalt der Krankheitsklassifikationen nach der ICD-10 [International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems, tenth revision - siehe: www.dimdi.de -] der Weltgesundheitsorganisation [WHO] für eine posttraumatische Belastungsstörung, vgl. dazu u.a. Marx, InfAuslR 2000, 357, und InfAuslR 2003, 21; auch VG Gera, Beschluss vom 4.10.2002 - 1E 1055/02 GE - m.w.N.) dann zu verlangen, wenn eine entsprechend gewichtige und komplexe Diagnose mit weitreichenden Folgen bescheinigt wird. Andererseits kann beispielsweise auch eine nur kurze ärztliche Bescheinigung (z.B. über eine akute und eindeutig diagnostizierbare Erkrankung oder einen Unfall) zur hinreichenden Glaubhaftmachung einer Reiseunfähigkeit ausreichen. Insgesamt ist dabei zu beachten, dass jedes (Fach-) Gutachten und auch jedes ärztliche Attest nur als sachverständige Hilfe bei der selbständigen rechtlichen Beurteilung der streitigen Folgen durch das Gericht oder die Behörde dienen kann. Daher ist es einem Gutachter und auch dem Arzt, der ein (privates) Attest ausstellt, untersagt, etwa rechtliche Folgen seiner fachlich begründeten Feststellungen und Folgerungen darzulegen oder sich mit Rechtsfrage auseinander zu setzen.

bb) Unter Beachtung dieser grundsätzlichen Anforderungen sind die vorgelegten ärztlichen Atteste in ihren Aussagen nicht in vollem Umfang aussagekräftig. So mindern z.B. die unzutreffenden Stellungnahmen insbesondere des Arztes Dr. M. zu einer nicht verfügten "Ausweisung" und zu einem "Bleiberecht" der Antragstellerin zu 1 sowie die eigene rechtliche Würdigung des Arztes, der von der Antragstellerin zu 1 begangene Diebstahl sei "nicht als Diebstahl zu werten", bei einer Gesamtwürdigung seiner Stellungnahmen ebenso den Wert seiner Beurteilungen wie seine - offensichtlich hinsichtlich des Wahrheitsgehalts unkritische - Übernahme der Angaben der Antragstellerin zu 1 zu ihrem angeblichen Verfolgungsschicksal als Auslöser ihrer Erkrankung. Den ärztlichen Attesten ist lediglich zu entnehmen, dass bei der Antragstellerin zu 1 derzeit - objektiv - ein Krankheitsbild vorliegt, das - entsprechend der ärztlichen Diagnose einer schweren depressiven Störung mit latenter Suicidalität, Ängsten und Panikattacken - eine ärztliche Behandlung erfordert.

cc) Damit besteht aber nicht die - für eine Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu verlangende - hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass es einer Klärung der Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 1 im engeren Sinn (Transportfähigkeit) vor einer Abschiebung wegen dabei zu erwartender gesundheitlicher Risiken durch ein amtsärztliches Gutachten bedarf. Für die Begründung von hinreichenden Zweifeln an der Reisefähigkeit bei - wie im Fall der Antragstellerin zu 1 - bestehender vollziehbarer Ausreisepflicht wäre erforderlich, dass konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die Antragstellerin zu 1 aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage wäre, selbst oder mit fremder Hilfe aus dem Bundesgebiet auszureisen. Dafür ist nichts ersichtlich. Noch in dem ärztlichen Attest vom 23.6.2003 geht Dr. M. davon aus, "selbst wenn" die Antragstellerin zu 1 "in der Türkei weiter behandelt werden könnte", müsse mit einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustands gerechnet werden; daraus folgt nicht, dass die Antragstellerin zu 1 nicht transport- oder reisefähig wäre.

3. Der Antragstellerin zu 1 kann auch nicht wegen der Gefahr des Eintritts oder der weiteren Verfestigung eines Gesundheitsschadens unmittelbar durch die Abschiebung (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn; s. dazu im Folgenden unter a) ein vorläufiger Rechtsschutz im Wege einer einstweiligen Anordnung (§ 123 VwGO) bis zur Klärung ihrer Reisefähigkeit durch ein amtsärztliches Gutachten gewährt werden (s. dazu im Folgenden unter b).

a) Nach dem vom Verwaltungsgericht maßgeblich zur Begründung seiner Entscheidung herangezogenen Beschluss des Senats vom 7.5.2001 (- 11 S 389/01 - VBlBW 2002, 32 = NVwZ-Beil. I 2001, 107 = AuAS 2001, 174 = Die Justiz 2002, 17) können inlandsbezogene Abschiebungshindernisse unter dem Gesichtspunkt der rechtlichen Unmöglichkeit der Abschiebung einen Duldungsgrund nach § 55 Abs. 2 AuslG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in Gestalt eines inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisses darstellen und damit einer Abschiebung entgegenstehen, wenn bereits die Durchführung der Abschiebung als solche bei dem von der Zwangsmaßnahme betroffenen Ausländer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu einem Gesundheitsschaden führt oder einen vorhandenen Gesundheitsschaden weiter verfestigt. Dabei müssen die zu erwartenden Auswirkungen in jedem Fall von erheblichem Gewicht sein. Aus dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, wonach jeder das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit hat, folgt eine umfassende Schutzpflicht des Staates, die in Bezug auf eine beabsichtigte Abschiebung zu beachten ist. Zwar muss einerseits die Ausreisepflicht des Ausländers durchgesetzt werden, doch ist andererseits gesundheitlicher Schaden von dem Ausländer abzuwenden. Die für die Abschiebung zuständige Behörde - hier: das Regierungspräsidium Freiburg - hat daher die Pflicht, eine soweit wie möglich abgesicherte Prognose über eine behauptete Gesundheitsgefahr zu gewinnen, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann. Eine Abschiebung, die als solche eine erhebliche konkrete Gefahr für den Gesundheitszustand des Ausländers bedeutet, muss unterbleiben. Dies ist dann der Fall, wenn das ernsthafte Risiko besteht, dass unmittelbar durch die Abschiebung - sei es während des Abschiebeverfahrens, sei es nach dessen Vollzug - der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich (oder gar lebensbedrohlich) verschlechtert wird, dass also die Abschiebung den Ausländer in diesem Sinn krank oder kränker macht. Da bei einer derartigen Sachlage, die als Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn zu umschreiben ist, die befürchteten negativen Auswirkungen bereits durch die Abschiebung als solche und nicht erst wegen der spezifischen Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung eintreten, handelt es sich insoweit gegebenenfalls um ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis, nämlich um einen Duldungsgrund nach § 55 AuslG, nicht um ein - zielstaatsbezogenes und bei (auch abgelehnten) Asylbewerbern allein vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zu prüfendes - Abschiebungshindernis nach § 53 AuslG (vgl. dazu VGH Bad.Württ., Beschluss vom 7.5.2001, a.a.O.).

b) Ein solches Abschiebungshindernis, das Bedenken gegen die - hier allein entscheidungserhebliche - Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 1 begründen und demnach die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgericht tragen könnte, ist im Fall der Antragstellerin zu 1 jedoch nicht glaubhaft gemacht worden. Es ist nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die Antragstellerin zu 1 durch eine Abschiebung eine so erhebliche Verschlechterung ihres Gesundheitszustands zu erwarten hat, dass es die umfassende staatliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gebietet, ihre Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Durchführung dieser Zwangsmaßnahme bis zur Klärung ihrer Reisefähigkeit zeitweise auszusetzen (vgl. § 55 Abs. 1 und 2 AuslG). Dies gilt besonders in Bezug auf das Krankheitsbild, das der Antragstellerin zu 1 in den vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen bescheinigt wird.

Den vorgelegten ärztlichen Attesten lassen sich weder unmittelbar noch mittelbar Aussagen dazu entnehmen, ob sich etwa allein durch die Abschiebung der Antragstellerin zu 1 oder als unmittelbare Folge der Abschiebung erhebliche krankheitsbedingte Gefahren ergeben könnten, die mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu einem Gesundheitsschaden führen oder einen vorhandenen Gesundheitsschaden weiter verfestigen würden. Bei dieser Würdigung sind insbesondere die - auch nur vermuteten - Gefahren und Auswirkungen eines künftigen Aufenthalts der Antragstellerin zu 1 in der Türkei außer Betracht zu lassen, da - wie ausgeführt - durch die Entscheidung des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in ihrem Fall verbindlich feststeht, dass wegen der insoweit zu erwartenden Schwierigkeiten kein - zielstaatsbezogenes - Abschiebungshindernis (nach § 53 AuslG) besteht. Insoweit weist der Senat darauf hin, dass sich eine krankheitsbedingte zielstaatsbezogene Gefahr im Sinne von § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG im Einzelfall auch daraus ergeben kann, dass der erkrankte Ausländer eine medizinische Behandlung, die im Zielstaat an sich verfügbar ist, tatsächlich nicht erlangen kann (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 29.10.2002 - 1 C 1.02 -, DVBl. 2003, 463). Für ein - hier ausschließlich maßgebliches - inlandsbezogenes Abschiebungshindernis kommt es darauf aber nicht an.

Die ärztlichen Atteste enthalten jedenfalls zu einem inlandsbezogenen Abschiebungshindernis keine hinreichenden Feststellungen und Bewertungen.

Anhand der Erlebnisse und gesundheitlichen Beschwerden, die die Antragstellerin zu 1 den sie behandelnden Ärzten geschildert hat, ist zwar das Vorliegen einer schweren depressiven Störung mit Ängsten und Panikattacken im Blick auf eine anstehende Abschiebung bei ihr nachvollziehbar dargelegt. Diese Situation reicht jedoch nicht aus, um ein Abschiebungshindernis in dem dargelegten Sinne zu begründen und insbesondere ihre Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne zu belegen. Dabei geht der Senat davon aus, dass im Hinblick auf eine ungesicherte Zukunft im Heimatland für Ausländer, denen die Abschiebung droht, häufig entsprechende Angstsituationen gegeben sind. Dementsprechend bedarf es hier keiner weiteren Erörterung, ob gegebenenfalls gesundheitliche Schwierigkeiten, die durch eine Abschiebung zu erwarten sind, zumutbar durch eine freiwillige Ausreise vermieden werden könnten, die der bestehenden vollziehbaren Ausreisepflicht Rechnung tragen würde.

Auch eine - der Antragstellerin zu 1 attestierte - latente Suizidalität rechtfertigt im vorliegenden Fall nicht eine zeitweise Aussetzung der Abschiebung wegen Zweifeln an der Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 1. Mit der wiederholt gestellten ärztlichen Diagnose, bei der Antragstellerin zu 1 bestehe eine nicht offenkundige, kaum oder nicht in Erscheinung tretende ("latente") Neigung, Selbstmord zu begehen ("Suizidalität"), wird eine so beträchtliche Suizidgefahr, dass ernstlich befürchtet werden muss, diese werde sich - ohne hinreichende Vorkehrungen - im Zuge der Abschiebung verwirklichen, nicht glaubhaft gemacht. Daran ändert nichts, dass das Offenbarwerden dieser latenten Neigung zum Selbstmord durch den Wegfall einer Ausgleichsfunktion ("Dekompensation") befürchtet wird. Die Annahme eines entsprechenden Suizidrisikos ist jedenfalls nicht schon allein dann gerechtfertigt, wenn der Ausländer äußert, er werde sich im Falle einer Abschiebung töten. Wegen einer solchen Äußerung, deren Ernstlichkeit nicht durch weitere Umstände belegt wird, muss[!Duden1] die Ausländerbehörde auch nicht etwa vor einer Abschiebung eine amtsärztliche Untersuchung veranlassen (vgl. dazu sowie zum Folgenden VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 2.5.2000 - 11 S 1963/99 -, VBlBW 2000, 447 = InfAuslR 2000, 435 = EZAR 043 Nr. 44).

Eine beachtliche Suizidgefahr lässt[!Duden2] sich nicht immer schon dann annehmen, wenn ein Ausländer vor der Einreise in das Bundesgebiet traumatische Erlebnisse erlitten hat und deshalb an posttraumatischen Belastungsstörungen leidet, die bei der Ankündigung einer Abschiebung zu einer weiteren Verschlechterung des psychischen Zustands (Retraumatisierung) führen können. Dem Senat liegen keine sachverständigen Äußerungen vor, die besagen, dass in solchen oder in vergleichbaren anderen existenziellen persönlichen Krisen, die von der Furcht geprägt sind, ein erlittenes schlimmes Schicksal erneut zu erfahren, nach wissenschaftlicher Erkenntnis bei jedem Betroffenen ohne weiteres von einer konkreten Suizidgefährdung ausgegangen werden muss[!Duden3]. Im Fall der Antragstellerin zu 1 liegen bereits keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass bei ihr die Anforderungen an die Feststellung einer solchen posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) erfüllt sind; die eher beiläufige Erwähnung dieser schwerwiegenden Störung in der ärztlichen Bescheinigung des Dr. M. vom 27.2.2002 reicht dafür mangels hinreichender glaubhafter tatsächlicher Umstände jedenfalls nicht aus. Diese fachärztliche Stellungnahme beruht wesentlich auf den Angaben und Einschätzungen der Antragstellerin zu 1. Da sich diese im Asylverfahren als nicht zutreffend erwiesen haben, kann auch die Möglichkeit eines Suizids in einem anderem Licht erscheinen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.3.1995 - 2 BvR 492/95 u.a. -, InfAuslR 1995, 246, 251). Zudem wird in dem Attest auch nicht nachvollziehbar dargestellt, ob und gegebenenfalls in welcher Weise die in der ICD-10 klassifizierten Voraussetzungen einer PTBS (vgl. dort F 43.1 und F 62.0) bei der Antragstellerin zu 1 vorliegen sollen.

Im Übrigen hat der Antragsgegner ausdrücklich vorgetragen, dass bei Vorliegen einer Erkrankung alle Vorkehrungen getroffen werden müssten, um etwa einer denkbaren Verschlechterung des Gesundheitszustands entgegenzuwirken und eine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben im Rahmen der verfügbaren Möglichkeiten auszuschließen, wie dies durch die Bereitstellung von medizinischem Begleitpersonal und gegebenenfalls durch Unterrichtung der Heimatbehörden des Zielstaats über die Notwendigkeit einer medizinischen Behandlung geschehen könne; eine Abschiebung komme nicht in Betracht, wenn aus medizinischen Gründen keine Transportfähigkeit vorliege. Es ist nicht ersichtlich, dass bei Einhaltung dieser Vorkehrungen eine Gefährdung der Antragstellerin zu 1 durch eine Abschiebung zu befürchten ist.

II. Da eine Aussetzung der Abschiebung der Antragstellerin zu 1 bis zum Vorliegen eines ihre Reisefähigkeit bestätigenden amtsärztlichen Gutachtens rechtlich nicht geboten ist, besteht auch kein Anspruch auf eine entsprechende Aussetzung der Abschiebung ihrer Kinder, der Antragsteller zu 2 bis 4.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO in entsprechender Anwendung.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 13 Abs. 1, § 25 Abs. 2, § 20 Abs. 3 sowie § 14 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verbindung mit § 5 ZPO in entsprechender Anwendung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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