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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 16.03.2005
Aktenzeichen: 11 S 2885/04
Rechtsgebiete: GG, EMRK, VwGO, AuslG, AufenthG


Vorschriften:

GG Art. 6 Abs. 1
EMRK Art. 8 Abs. 1
EMRK Art. 8 Abs. 2
VwGO § 42 Abs. 2
AuslG § 47 Abs. 1 Nr. 2
AuslG § 48 Abs. 1 Satz 2
AuslG § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5
AuslG § 47 Abs. 3 Satz 1
AuslG § 55 Abs. 2
AufenthG § 53 Nr. 2
AufenthG § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5
AufenthG § 56 Abs. 1 Satz 2
AufenthG § 56 Abs. 1 Satz 4
AufenthG § 60a Abs. 2
1. Das durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Recht auf familiäres Zusammenleben verschafft Ehegatten/minderjährigen Kindern im Ausweisungsverfahren des Ehemannes/Vaters dann nicht die für die Erhebung der Anfechtungsklage erforderliche Klagebefugnis, wenn die Ausweisung aufgrund der fortbestehenden Asylberechtigung sämtlicher Familienangehöriger im Bundesgebiet weder eine dauerhafte noch eine zeitweilige Trennung der Familie zur Folge hat.

2. Eine Abweichung von der Regel des § 48 Abs. 1 Satz 2 AuslG (entspricht § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG) kommt nur dann in Betracht, wenn sowohl die spezialpräventiven Ausweisungszwecke als auch die - unabhängig davon bestehenden - generalpräventiven Ausweisungszwecke des § 47 Abs. 1 AuslG (entspricht § 53 AufenthG) nicht in dem erforderlichen Ausmaß zum Tragen kommen (wie VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.6.2001 - 13 S 2326/99 -, InfAuslR 2002, 72).

3. Auch bei Asylberechtigten, die auf unabsehbare Zeit nicht aus dem Bundesgebiet abgeschoben werden, können die spezial- und generalpräventiven Ausweisungszwecke des § 47 Abs. 1 AuslG im Hinblick auf die mit der Ausweisung einhergehenden aufenthaltsrechtlichen Folgen in dem erforderlichen Ausmaß zum Tragen kommen.

4. Bei Asylberechtigten, die aus dem Bundesgebiet ausgewiesen werden, ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK zu berücksichtigen, dass sie auf unabsehbare Zeit nicht aus dem Bundesgebiet abgeschoben werden (können) und sich der Eingriff in das Familienleben daher jedenfalls als geringfügig darstellt.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

11 S 2885/04

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Ausweisung

hat der 11. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schaeffer, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Vondung und den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Albrecht

am 16. März 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24.9.2003 - 7 K 202/02 - werden zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens zu je einem Viertel.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen die Ausweisung des Klägers zu 1. aus der Bundesrepublik Deutschland.

Der Kläger zu 1. ist am 16.11.1955 in Oran/Algerien geboren und algerischer Staatsangehöriger. Die am 1.2.1960 in Oran geborene Klägerin zu 2. - seine Ehefrau - sowie die am 6.11.1987 und am 6.8.1990 in Oran geborenen Kläger zu 3. und 4. - die gemeinsamen Kinder - waren im Zeitpunkt des Ergehens der Ausweisungsverfügung algerische Staatsangehörige, haben mittlerweile jedoch die deutsche Staatsangehörigkeit. Sämtliche Kläger reisten im Dezember 1992 in das Bundesgebiet ein und beantragten ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Aufgrund eines Verpflichtungsurteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15.11.1998 - A 14 K 13820/97 - anerkannte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Kläger mit Bescheid vom 28.12.1998 als Asylberechtigte und stellte zusätzlich fest, dass beim Antragsteller zu 1. die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Daraufhin erhielten die Kläger gemäß § 68 Abs. 1 AsylVfG unbefristete Aufenthaltserlaubnisse.

Der Kläger zu 1. wurde während seines Aufenthalts im Bundesgebiet wie folgt strafrechtlich verurteilt:

1. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Nagold vom 15.11.1996 wegen wiederholter Zuwiderhandlung gegen eine Aufenthaltsbeschränkung (Datum der letzten Tat: 13.4.1996) zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen.

2. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Nagold vom 19.10.1998 wegen Verstoßes gegen das Asylverfahrensgesetz (Datum der letzten Tat: 2.8.1998) zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen.

3. Mit Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 28.9.2001 wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Kläger zu 1. am 12.1.2001 mit seinem Pkw im Auftrag eines Mitangeklagten eine Haschischmenge minderer Qualität von 980 g (Wirkstoffanteil von 750,82 g, entspricht 5,9 % THC) als Bote an einen Abnehmer überbrachte und am 21.1.2001 1 kg Kokain, 50 g Heroin und 13 kg Haschisch minderer Qualität (Wert insgesamt 120.000,-- DM), die aus den Niederlanden eingeführt wurden, in seiner Wohnung in xxxxxx-xxxxxxxxxxx verwahrte.

Wegen dieser Sache befand sich der Kläger zu 1. in der Zeit vom 21.2.2001 bis 14.9.2002 in Haft.

Nach Anhörung wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Kläger zu 1. mit Verfügung vom 17.1.2002 aus der Bundesrepublik Deutschland aus. Die Ausweisungsverfügung ist auf den Ausweisungstatbestand des § 47 Abs. 1 Nr. 2 AuslG gestützt. Da der Kläger zu 1. nach § 48 Abs. 1 Nr. 5 AuslG erhöhten Ausweisungsschutz genieße, könne er nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden, die nach § 48 Abs. 1 Satz 2 AuslG aber in der Regel in den Fällen des § 47 Abs. 1 AuslG vorlägen. Ein Ausnahmefall liege nicht vor, weil keine atypischen Umstände zu erkennen seien. Gegen eine Atypik spreche, dass das Strafgericht vom Regelstrafrahmen ausgegangen sei und keinen minder schweren Fall angenommen habe; zudem sei der Kläger zu 1. auch nicht durch Verkettung unglücklicher Umstände in die Straffälligkeit verstrickt worden. Bei ihm liege eine individuelle Wiederholungsgefahr vor, wobei im Hinblick auf den besonderen Ausweisungsschutz gesteigerte Anforderungen an die Einschätzung der von ihm in Zukunft ausgehenden Gefahren zu stellen seien. Die Ausweisung sei aber auch aus generalpräventiven Gründen geboten, da die Drogenstraftat hier besonders schwer wiege und ein dringendes Bedürfnis dafür bestehe, andere Ausländer durch eine kontinuierliche Ausweisungspraxis davon abzuschrecken, sich am illegalen Rauschgifthandel zu beteiligen. Die Ausweisung entspreche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und verstoße angesichts des Gewichts der vom Kläger zu 1. begangenen Straftat nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK. Zwar lägen Duldungsgründe i.S.d. § 55 Abs. 2 AuslG vor, weil eine Abschiebung des Klägers zu 1. im Entscheidungszeitpunkt aus tatsächlichen/rechtlichen Gründen nicht möglich sei. Auch einem Ausländer, der vor Abschiebung in seinen Heimatstaat sicher sei, dürfe jedoch vor Augen geführt werden, dass Verstöße gegen die Rechtsordnung seinen Aufenthaltsstatus nicht unberührt ließen. Einem solchen Ausländer sei - nach erfolgter Ausweisung - zuzumuten, dass er zukünftig nur eine Duldung nach § 55 AuslG und damit einen geringerwertigen Aufenthaltsstatus erhalte als bisher. Im Hinblick darauf, dass die Ausreisepflicht derzeit nicht durchgesetzt werden könne, werde die Ausweisungsverfügung nicht mit einer Abschiebungsandrohung verbunden.

Am 30.1.2001 haben die Kläger Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, es bestünden rechtsstaatliche und gemeinschaftsrechtliche Bedenken dagegen, dass bei Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 47 AuslG die Gefahr für die öffentliche Sicherheit unwiderlegbar vermutet werde. Zudem sei der Ausweisungstatbestand des § 47 Abs. 1 Nr. 2 AuslG bei einer Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe nicht erfüllt. Spezialpräventive Gründe rechtfertigten die Ausweisung hier nicht, weil der Kläger zu 1. die Straftaten nicht aus eigenem Antrieb verwirklicht habe, sondern sich zur Beihilfe habe heranziehen lassen. Schon dies spreche dafür, dass die Bestrafung ihren Zweck erreicht habe und ihn davon abhalten werde, sich zukünftig in ähnliche Straftaten verwickeln zu lassen. Die Behauptung einer generalpräventiven Wirkung von Ausweisungen widerspreche der Praxis, in der solche Straftaten immer wieder vorkämen. Schließlich greife die Ausweisung in unzulässiger Weise in Art. 8 EMRK ein, da die Kläger zu 2. bis 4. dem Kläger zu 1. nicht ins Ausland nachfolgen könnten. Sie seien sozial integriert und erfüllten die Voraussetzungen für eine Einbürgerung. Zudem seien beide Kinder durch die inländischen Verhältnisse geprägt.

Mit Urteil vom 24.9.2003 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klagen abgewiesen. Sämtliche Klagen seien zulässig, aber unbegründet. Der Ausweisungstatbestand des § 47 Abs. 1 Nr. 2 AuslG sei auch bei einer Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe erfüllt. Erforderlich sei lediglich, dass die Strafe - wie hier - gerade wegen des Betäubungsmitteldelikts in dieser Höhe verhängt worden sei. Da der Kläger zu 1. nach § 48 Abs. 1 Nr. 5 AuslG besonderen Ausweisungsschutz besitze, dürfe er allerdings nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden. Solche Gründe lägen in den Fällen des § 47 Abs. 1 AuslG regelmäßig vor. Ein Ausnahmefall sei nicht gegeben. Das Landgericht Stuttgart sei bei der Verurteilung des Klägers zu 1. vom Regelstrafrahmen des § 29 a Abs. 1 Betäubungsmittelgesetz ausgegangen und habe einen minderschweren Fall verneint. Der Umstand, dass der Kläger lediglich wegen Beihilfe verurteilt worden sei, rechtfertige keine andere Beurteilung. Angesichts der Gefährlichkeit des Handels mit Betäubungsmitteln, der Schwierigkeit seiner Bekämpfung sowie der Art und Menge des hier gehandelten Rauschgifts könne das Vorliegen bloßer Unterstützungsleistungen nicht zur Bejahung eines atypischen Sachverhalts führen. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger zu 1. durch eine Verkettung unglücklicher Umstände in die Straffälligkeit verstrickt worden sei, seien nicht ersichtlich. Ebenso wenig sei der Kläger zur Straffälligkeit "gezwungen" oder in sonstiger Weise gedrängt worden. Die Tatsache, dass das Rauschgift in keinem der Fälle zum Verbraucher gelangt sei, rechtfertige die Annahme eines atypischen Falles ebenfalls nicht, da dieser Gesichtspunkt bereits vom Landgericht Stuttgart im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt worden sei. Aus welchen gesellschaftlichen, sozialen und familiären Bedingungen heraus der ausländische Straftäter in Kriminalität geraten sei, sei ordnungsrechtlich insoweit unerheblich. Beim Kläger zu 1. bestehe auch eine gesteigerten Anforderungen bei der Wahrscheinlichkeitsprognose Rechnung tragende Wiederholungsgefahr. Die von ihm begangenen Drogenstraftaten offenbarten ein hohes Maß an krimineller Energie. So habe das Landgericht Stuttgart in seinem Strafurteil die konspirative, professionelle und planvolle Vorgehensweise aller Angeklagten hervorgehoben. Schwer wiege, dass der Kläger zu 1. im Zeitpunkt der Begehung der Taten in geordneten finanziellen Verhältnissen gelebt und für ihn deshalb keinerlei Anlass bestanden habe, sich eine zusätzliche illegale Einnahmequelle zu verschaffen. Andererseits sei er bereit gewesen sei, für eine "schlechte" Entlohnung in Form einer Flasche Parfüm im Bereich der besonders gefährlichen Drogenkriminalität straffällig zu werden. Dies zeuge von einer niedrigen Hemmschwelle und lasse befürchten, dass er bei sich ihm entsprechend bietenden Gelegenheiten erneut Straftaten begehen werde. Gemäß § 47 Abs. 3 Satz 1 AuslG werde der Kläger wegen seines besonderen Ausweisungsschutzes nicht zwingend, sondern nur im Regelfall ausgewiesen. Anhaltspunkte dafür, dass hier eine Ausnahme von der Regelausweisung vorliegen könnte, seien nicht ersichtlich. Vielmehr sei das Regierungspräsidium im Rahmen der gebotenen Gesamtbeurteilung aller maßgeblichen öffentlichen und privaten Interessen unter Berücksichtigung des Schutzes von Ehe und Familie gemäß Art. 6 GG und Art. 8 EMRK rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für die Annahme eines Ausnahmefalles nicht vorlägen. Auch die im Zeitpunkt der Ausweisung bestehende Asylberechtigung des Klägers zu 1. sei kein besonderer Umstand. Dieser Gesichtspunkt sei bereits im Rahmen des besonderen Ausweisungsschutzes berücksichtigt worden; eine mehrfache Berücksichtigung dieses Umstandes erscheine mit dem Willen des Gesetzgebers nicht vereinbar. Die Tatsache, dass die Asylberechtigung - bezogen auf den Zeitpunkt des Ergehens der Verfügung - hier ein rechtliches Hindernis für die Abschiebung darstelle, gebiete ebenfalls kein Abweichen von der Regelrechtsfolge. Zwar seien die in § 55 Abs. 2 AuslG genannten Duldungsgründe bei der Prüfung, ob ein Ausnahmefall im Sinne des § 47 Abs. 2 AuslG vorliege, einzubeziehen. Sie führten aber nicht zwangsläufig dazu, dass nur das Absehen von der Ausweisung die einzig denkbare rechtmäßige Entscheidung sei, zumal Duldungsgründe gemäß § 50 Abs. 3 AuslG sogar dem Erlass der Abschiebungsandrohung nicht entgegenstünden. Schließlich bestünden auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine Ausweisung Asylberechtigter, da die Ausweisung in das Asylgrundrecht selbst nicht eingreife. Sie beende zwar eine geltende Aufenthaltsgenehmigung, hindere aber nicht grundsätzlich die erneute Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung in Form der Aufenthaltsbefugnis.

Auf Antrag der Kläger hat der Senat mit Beschluss vom 1.12.2004 (AZ: 11 S 2515/03) die Berufung gegen das Urteil zugelassen. Der Zulassungsbeschluss wurde den Klägern am 22.12.2004 zugestellt.

Zur Begründung ihrer Berufung tragen die Kläger vor, das Urteil verletze ihr Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Die Entscheidung sei ohne mündliche Verhandlung ergangen, obwohl sie weder auf mündliche Verhandlung verzichtet noch sonst eine Erklärung abgegeben hätten, die eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ermöglicht hätte. Sie hätten ihren Verfahrensbevollmächtigten auch nicht beauftragt, auf mündliche Verhandlung zu verzichten. Daher seien sie außer Stande gewesen, sich in der mündlichen Verhandlung zu artikulieren. Im Übrigen habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommen, dass beim Kläger zu 1. eine gesteigerte Gefahr erneuter Straffälligkeit bestehe. Der Kläger zu 1. habe sich in den gesamten 11 Jahren seines Aufenthalts mit Ausnahme der Drogenstraftat nichts zu schulden kommen lassen. Er sei nunmehr 49 Jahre alt und befinde sich damit in einem Lebensalter, in welchem nach sämtlichen kriminologischen Erfahrungen etwa früher vorhandene Neigungen zu rechtswidrigem Tun in der Regel absorbiert seien. Im Übrigen habe der Kläger zu 1. bei der Betäubungsmittelstraftat nur als Gehilfe und fast völlig uneigennützig mitgewirkt, weil er ohne eigenes - insbesondere wirtschaftliches - Tatinteresse jemandem einen Gefallen habe tun wollen. Der Schluss auf eine niedrige Hemmschwelle zur Begehung weiterer Straftaten sei daher verfehlt. Genau das Gegenteil sei richtig. Der Kläger zu 1. habe sich die von ihm wegen der Trennung von seiner Familie als sehr schmerzhaft erlebte Strafverbüßung zur Warnung gereichen lassen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kollidiere die angefochtene Ausweisungsverfügung auch mit dem Asylanspruch des Klägers zu 1.. Da dieser weder den Anspruch noch die Möglichkeit habe, in ein anderes Land auszureisen, könne er nur in das Land abgeschoben werden, in dem er nach rechtskräftiger Feststellung im Asylverfahren in seiner körperlichen Integrität bedroht sei. Daher hätte die Ausweisungsentscheidung nicht ergehen dürfen. Schließlich verkenne das angefochtene Urteil auch die Interessenlage der Kläger zu 2. bis 4.. Die Klägerin zu 2. verdiene netto lediglich 500,-- EUR im Monat, was den monatlichen Mietaufwendungen entspreche. Wenn der Kläger zu 1. aufgrund der Ausweisungsentscheidung ausreisen müsse, falle die Familie der Sozialhilfe anheim. Hinzu komme, dass die 13 und 16 Jahre alten Kinder ihren Vater benötigten und ein verfassungsmäßig garantiertes Recht auf eine ungestörte Entwicklung in familiärer Gemeinschaft hätten.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24.9.2003 - 7 K 202/02- abzuändern und die Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.1.2002 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung wiederholt er seine Ausführungen in der Ausweisungsverfügung und betont, dass der Kläger zu 1. an Rauschgiftgeschäften teilgenommen habe, obwohl der Lebensunterhalt der Familie durch ihn bzw. die Klägerin zu 2. gesichert gewesen sei. Außerdem seien nicht nur weiche Drogen, sondern auch die "harten" Drogen Kokain und Heroin gehandelt worden. Mit Blick hierauf und auf das hohe öffentliche Interesse an einer Bekämpfung der gesellschaftsschädigenden Drogenkriminalität rechtfertige auch die Anerkennung der Familie als Asylberechtigte nicht die Annahme eines Ausnahmefalls.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Ausländerakten und der Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist nach ihrer Zulassung durch den Senat statthaft und auch im übrigen zulässig. In ihrer innerhalb eines Monats (vgl. § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) eingegangenen Berufungsbegründung (vgl. § 124a Abs. 6 Satz 2 i.V.m. § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO), die einen bestimmten Antrag enthält, haben sich die Kläger in der erforderlichen Weise unter Sichtung und Durchdringung des Streitstoffes mit den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.9.1999 - 9 B 372/99 - NVwZ 2000, 67) auseinandergesetzt und zu erkennen gegeben, dass und inwiefern sie nach wie vor an der Durchführung des Berufungsverfahrens interessiert sind. Sämtliche Kläger sind durch die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts auch beschwert. Für die Kläger zu 2. bis 4. ergibt sich die - notwendige, aber auch ausreichende - formelle Beschwer daraus, dass das Verwaltungsgericht ihrem Aufhebungsantrag nicht gefolgt ist. Dagegen hängt die Zulässigkeit ihrer Berufungen nicht davon ab, dass weder die Ausweisungsverfügung noch das Urteil des Verwaltungsgerichts in die materielle Rechtsstellung der Kläger zu 2. bis 4. aus Art. 6 GG eingreifen (dazu unten), mit anderen Worten eine materielle Beschwer in ihrem Fall nicht vorliegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.7.1956 - III C 102.55 -, BVerwGE 4, 16; Urteil vom 25.8.2004 - 8 C 19.03 - ; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. Vorb. § 124 Rn 41). II. Die zulässigen Berufungen sind jedoch nicht begründet.

1. Es kann offen bleiben, ob das Verwaltungsgericht zu Recht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden hat und der von den Klägern geltend gemachte Verfahrensmangel vorliegt. Zwar haben der Beklagte und die Kläger (letztere mit Schriftsatz der Rechtsanwälte xxxxxx und xxxxxxxx vom 12.4.2002) auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Zweifelhaft ist jedoch, ob sich die Kläger zu 2. bis 4. diese Verzichtserklärung zurechnen lassen müssen. Die im erstinstanzlichen Verfahren zu den Akten gelangte (Prozess-)Vollmacht der Rechtsanwälte xxxxxx und xxxxxxxx ist jedenfalls nur vom Kläger zu 1. unterschrieben und bezieht sich ausdrücklich nur auf seine Vertretung. Der Senat muss dieser Frage jedoch nicht weiter nachgehen. Denn selbst wenn die Kläger zu 2. bis 4. nicht wirksam auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet hätten und der geltend gemachte Verfahrensmangel vorläge, würde er sich auf den Erfolg des Berufungsverfahrens nicht auswirken. Der Senat hätte nicht die Möglichkeit, die Sache wegen dieses Mangels - unterstellt, er läge vor - an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. Denn hierfür wäre zum einen Voraussetzung, dass "aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig" ist (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und zum anderen, dass ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt (§ 130 Abs. 2 a.E.). Beides ist hier nicht der Fall.

2. Die Berufungen der Kläger zu 2. bis 4. bleiben auch in der Sache ohne Erfolg. Diesen Klägern steht schon die für die Anfechtung der Ausweisungsverfügung erforderliche Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) nicht zur Seite, ihre Klagen sind daher bereits unzulässig..

Die Ausweisungsverfügung ist nur gegenüber dem Kläger zu 1. ergangen und verletzt die Kläger zu 2. bis 4. im vorliegenden Falle weder unmittelbar noch mittelbar in eigenen Rechten. Diese Kläger waren - bezogen auf den für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens der Ausweisungsverfügung (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats, vgl. BVerwG, Urteil vom 7.12.1999 - 1 C 13.99 -, BVerwGE 110, 140 und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.11.2002 - 11 S 1270/02 -, VBlBW 2003, 289) - selbst asylberechtigt und hatten nach § 68 Abs. 1 AsylVfG selbst einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. In diese Rechtsstellung wird durch die nur gegenüber dem Kläger zu 1. ergangene Ausweisungsverfügung nicht eingegriffen. Denn die mit seiner Ausweisung bewirkten aufenthaltsrechtlichen Konsequenzen (das Erlöschen seiner Aufenthaltsgenehmigung gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 AuslG bzw. 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG; die für eine Neuerteilung geltende Sperrwirkung des § 8 Abs. 2 Satz 2 AuslG bzw. § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG) gelten nur ihm gegenüber und wirken sich nur auf seinen Aufenthaltsstatus aus.

Die Kläger zu 2. bis 4. können hier auch nicht behaupten, dass die angefochtene Ausweisungsverfügung ihr verfassungsrechtlich geschütztes (Art. 6 Abs. 1 GG) Recht auf Zusammenleben mit dem Kläger zu 1. verletzt. Zwar ist allgemein anerkannt, dass die Ehefrau und die minderjährigen Kinder eines Ausländers eine solche Rechtsverletzung im Ausweisungsverfahren des Ehemannes bzw. Vaters selbst geltend machen können mit der Konsequenz, dass ihnen grundsätzlich aus Art. 6 Abs. 1 GG die gemäß § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis zusteht (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.2.1999 - 11 S 1854/98 -, InfAuslR 1999, 419ff [unter Aufgabe der entgegenstehenden früheren Rechtsprechung] und OVG Niedersachsen, Beschluss vom 20.2.2004 - 11 ME 399/03 -, NVwZ-RR 2004, 791; ebenso zum vergleichbaren Parallelproblem der Klagebefugnis gegen die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis BVerwG, Urteil vom 27.8.1996 - 1 C 8/94 -, BVerwGE 102, 12). In das den Klägern zu 2. bis 4. zustehende Recht auf familiäres Zusammenleben mit dem Kläger zu 1. greift die Ausweisungsverfügung hier aber offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise (zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 11.1.1994 - 1 A 72.89 -, BVerwGE 95, 25, 27 und Urteil vom 27.8.1996 - 1 C 8/94 -, BVerwGE 102, 12) nicht ein. Die Ausweisungsverfügung löst zwar die - hier infolge der Klageerhebung allerdings noch nicht vollziehbare - Ausreisepflicht des Klägers zu 1. aus (§§ 42 Abs. 1, 44 Abs. 1 Nr. 1, 42 Abs. 2 Satz 2 AuslG bzw. 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 Nr. 5, 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Im vorliegenden Falle besteht aber die Besonderheit, dass diese Ausreisepflicht auch dann, wenn sie vollziehbar sein wird, jedenfalls infolge der beim Kläger zu 1. unstreitig bestehenden Duldungsgründe auf unabsehbare Zeit nicht durchgesetzt werden wird: Denn der Kläger zu 1. ist ungeachtet seiner Ausweisung als Asylberechtigter anerkannt; auch besteht das bei ihm festgestellte Abschiebungshindernis nach § 51 AuslG fort. Anhaltspunkte dafür, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Widerruf der Asylberechtigung und des Flüchtlingsstatus' beabsichtigt, bestehen nicht. Eine Abschiebung des Klägers zu 1. in den Verfolgerstaat Algerien ist daher aus rechtlichen Gründen auf unabsehbare Zeit nicht möglich (Kernbereich des Asylgrundrechts, vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 7.101975 - 1 C 46.69 -, BVerwGE 49, 202 = NJW 1976, 490; siehe auch Art. 33 Abs. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention). Auch eine Abschiebung in einen anderen Staat, in den der Kläger zu 1. einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist (§§ 50 Abs. 2 AuslG bzw. 59 Abs. 2 AufenthG), scheidet nach Lage der Dinge aus. Aus diesem Grund hat der Beklagte die Ausweisung auch nicht mit dem Erlass einer Abschiebungsandrohung verbunden. Kennzeichnend für die vorliegende Fallkonstellation ist somit, dass die Ausweisungsverfügung hier weder eine dauerhafte noch eine auch nur zeitweilige Trennung der Familie zur Folge hat. Die durch eine Ausweisung im (hier nicht vorliegenden) Regelfall letztlich bewirkte Trennung des Familienverbandes ist aber der entscheidende Grund dafür, weshalb Ehegatten und minderjährigen Kindern eine Klagebefugnis (bereits) gegen die der Familientrennung kausal "vorgelagerte" Ausweisung eines Familienmitglieds zuerkannt wird (BVerfG, Beschluss vom 31.1.2002 - 2 BvR 231/00 -, NVwZ 2002, 849 rechte Spalte; BVerwG, Urteil vom 27. 8. 1996 - 1 C 8/94 -, BVerwGE 102, 12). Werden die Familienangehörigen aber - wie hier die Kläger zu 2. bis 4. - durch die Ausweisungsverfügung abweichend vom Regelfall in keiner Weise an der Fortsetzung der ehelichen bzw. familiären Gemeinschaft mit dem Kläger zu 1. im Bundesgebiet gehindert, so wird auch ihre verfassungsrechtlich abgesicherte Rechtsstellung aus Art. 6 Abs. 1 GG, d.h. der persönliche Schutzbereich dieses Grundrechts, nicht in einer eine Klagebefugnis verschaffenden Weise berührt (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 27.8.1996, a.a.O.). Art. 6 Abs. 1 GG verlangt im vorliegenden Zusammenhang insbesondere nicht, dass der - nicht schon durch die Ausweisungsverfügung beendete - tatsächliche Aufenthalt des Klägers zu 1. im Bundesgebiet eine über den Duldungsanspruch (dazu näher s.u.) hinausgehende rechtliche Qualität aufweist und beispielsweise durch einen bestimmten Aufenthaltstitel gesichert ist.

3. Auch die Berufung des Klägers zu 1. hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht seine zulässige Anfechtungsklage gegen die Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.1.2002 als unbegründet abgewiesen. Denn diese Verfügung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, § 114 VwGO).

a) Für die Beurteilung, ob die angefochtene Ausweisungsverfügung mit nationalem Recht in Einklang steht, ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung - hier im Januar 2002 - abzustellen. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats (BVerwG, Beschlüsse vom 17.11.1994 - 1 B 224.94 -, InfAuslR 1995, 150; vom 17.1.1996 - 1 B 3.96 -, InfAuslR 1996, 137; vom 27.6.1997 - 1 B 132.97 -; vom 23.5.2001 - 1 B 125.00 -, NVwZ 2001, 1288; vom 18.9.2001 - 1 C 17.00 -, NVwZ 2002, 339; Urteile vom 19.11.1996 - 1 C 25.94 -, InfAuslR 1997, 152; vom 28.1.1997 - 1 C 17.94 -, InfAuslR 1997, 296 und vom 7.12.1999 - 1 C 13.99 -, BVerwGE 110, 140; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 4.12.1996 - 11 S 2511/96 -; vom 28.7.1999 - 11 S 2387/98 -; vom 19.4.2000 - 11 S 1387/99 -, VBlBW 2001, 25; vom 28.11.2002 - 11 S 1270/02 -, VBlBW 2003, 289 und vom 21.7.2004 - 11 S 1303/04 -; ebenso der 13. Senat des VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.5.2003 - 13 S 1113/02 -).

Zwar dürfte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hinsichtlich der Frage, ob ein (schützenswertes) Familienleben im Sinne von Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vorliegt, auf den Zeitpunkt der letzten Entscheidung eines nationalen Gerichts abstellen (Urteile vom 30.11.1999, 34374/99 [Baghli], InfAuslR 2000, 53, vom 30.10.2002, 37295/97 [Yildiz], InfAuslR 2003, 126; vom 15.7.2003, 52206/99 [Mokrani], InfAuslR 2004, 183; ebenso VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.1.2004 - 10 S 1610/03 -, InfAuslR 2004, 189; OVG Bremen, Urteil vom 25.5.2004 - 1 A 303/03 -, InfAuslR 2004, 328). Diese Rechtsprechung betrifft indes nur den Teilausschnitt der Rechtsprüfung, der sich auf die Vereinbarkeit einer nationalen Maßnahme mit der EMRK (dazu hier unten unter 3)c)) bezieht. Sie nötigt jedoch nicht dazu, auch die Übereinstimmung dieser nationalen Maßnahme mit nationalem Recht bezogen auf den Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung zu prüfen. Gleiches gilt auch in Hinblick auf die neueste Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger bzw. türkischer Staatsangehöriger, die ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsratsbeschluss EWG/Türkei Nr. 1/80 besitzen, ebenfalls der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht maßgeblich ist (BVerwG, Urteile vom 3.8.2004 - 1 C 30.02 -, NVwZ 2005, 220 und - 1 C 29.02 -, NVwZ 2005, 224 ). Diese Rechtsprechung trägt - wie in den genannten Entscheidungen ausdrücklich ausgeführt wird - den Besonderheiten des europäischen Gemeinschaftsrechts Rechnung, deren integrierender Bestandteil auch der Assoziationsratsbeschluss 1/80 ist. Besonderheiten dieser Art liegen offensichtlich nicht vor, wenn es wie hier um die Beurteilung der Ausweisung eines algerischen Staatsangehörigen geht.

b) Bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens der (letzten) Behördenentscheidung im Januar 2002 ist die Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums nicht zu beanstanden. Im damaligen Zeitpunkt galt noch das erst zum 1.1.2005 außer Kraft getretene (vgl. Art. 15 Abs. 3 Nr. 1 des Zuwanderungsgesetzes vom 30.7.2004, BGBl. I S. 2010) Ausländergesetz. Die Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung ist daher anhand dieses Gesetzes zu prüfen. Die seit dem 1.1.2005 geltenden Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes vom 30.7.2004 (AufenthG, BGBl. I, S. 1950ff) finden insoweit keine Anwendung (vgl. auch § 102 Abs. 1 Satz 1 AufenthG, wonach vor dem 1.1.2005 getroffene Ausweisungen wirksam bleiben).

aa) Zu Recht hat das Regierungspräsidium seine Ausweisungsverfügung auf § 47 Abs. 1 Nr. 2 AuslG gestützt. Nach dieser Vorschrift wird ein Ausländer unter anderem dann ausgewiesen, wenn er wegen einer vorsätzlichen Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Beides ist aufgrund der Verurteilung des Klägers zu 1. zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge der Fall. § 47 Abs. 1 Nr. 2 AuslG setzt keine Verurteilung als Täter i.S. v. § 25 StGB voraus, denn auch die Verurteilung wegen Beihilfe ist eine vorsätzliche Straftat (§ 27 Abs. 1 StGB: "Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat"), wobei nur die Strafe zwingend zu mildern ist (§ 27 Abs. 2 Satz 2 StGB). Der Tatbestand des § 47 Abs. 1 Nr. 2 AuslG ist ferner auch dann erfüllt, wenn der Ausländer wegen mehrerer Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt wurde. Die Kläger hatten dies im verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch bestritten, halten ihren Vortrag insoweit im Berufungsverfahren aber nicht mehr aufrecht. Dass eine Verurteilung zu einer Gesamtstrafe jedenfalls dann ausreicht, wenn die Gesamtstrafe - wie hier - auf Einsatzstrafen für ein vorsätzliches Betäubungsmitteldelikt beruht, entspricht der Rechtsprechung des Senats und anderer Obergerichte (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.3.2003 - 11 S 525/03 -, NVwZ-RR 2003, 595; OVG Hamburg, Beschluss vom 12.9.2002 - 3 Bf 277/99 -, InfAuslR 2003, 420; BayVGH, Urteil vom 23.9.2002 - 24 B 02.153 -, InfAuslR 2003, 58). Diese Rechtsauffassung ist jüngst vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden (Urteil vom 31.8.2004 - 1 C 25.03 -, NVwZ 2005, 229).

bb) Es unterliegt keinem Zweifel - und ist unter den Beteiligten nicht im Streit -, dass dem Kläger zu 1. aufgrund seiner Asylberechtigung im maßgeblichen Zeitpunkt der besondere Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG zustand. Ob ihm mittlerweile - aufgrund seines Zusammenlebens mit zwischenzeitlich deutschen Familienangehörigen - auch der besondere Ausweisungsschutz des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG zugewachsen ist, kann deshalb offen bleiben, zumal die Kläger zu 2. bis 4. im maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht deutsche Staatsangehörige waren.

cc) Aufgrund des besonderen Ausweisungsschutzes konnte der Kläger zu 1. gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden, wobei zu seinen Lasten die Regelvermutung des § 48 Abs. 1 Satz 2 AuslG eingreift, dass solche schwerwiegenden Gründe in den Fällen des § 47 Abs. 1 AuslG regelmäßig vorliegen. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Ausnahme von dieser Regel anzuerkennen ist, ist das unterschiedliche Prüfprogramm für eine Ausnahmeprüfung bei § 47 Abs. 3 AuslG einerseits und bei § 48 Abs. 1 Satz 2 AuslG andererseits zu beachten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.6.2001 - 13 S 2326/99 -, InfAuslR 2002, 72 und Beschluss vom 30.8.2004 - 11 S 1617/04 -). Eine Abweichung von der Regel des § 48 Abs. 1 Satz 2 AuslG ist nur dann anzunehmen, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls die spezial- und generalpräventiven Ausweisungszwecke des § 47 Abs. 1 AuslG nicht in dem erforderlichen Ausmaß zum Tragen kommen. Ist dies zwar nicht in Bezug auf den spezialpräventiven, wohl aber im Hinblick auf den generalpräventiven Ausweisungszweck der Fall, so liegt kein Ausnahmefall vor. Alle sonstigen Besonderheiten des Falles, die das in den Fällen des § 47 Abs. 1 AuslG indizierte gesteigerte Präventionsinteresse nicht berühren, wie etwa besonders schutzwürdige familiäre Bindungen, sind (erst) bei der Prüfung, ob ein atypischer Fall i.S.d. § 47 Abs. 3 Satz 1 AuslG vorliegt, zu berücksichtigen (VGH Baden-Württemberg Urteil vom 28.6.2001, a.a.O.).

(1) Vorliegend hat das Verwaltungsgericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass beim Kläger zu 1. im Hinblick auf den spezialpräventiven Ausweisungszweck des § 47 Abs. 1 Nr. 2 AuslG ein Regelfall vorliegt. Der Umstand, dass der Kläger nicht als Haupttäter, sondern nur als Gehilfe einer Drogenstraftat verurteilt wurde, entspricht gerade dem Regelfall des § 47 Abs. 1 Nr. 2 AuslG und ist daher für sich genommen nicht geeignet, einen Ausnahmefall zu begründen. Der Gesetzgeber wollte mit der Schaffung des § 47 Abs. 1 Nr. 2 (damals wortgleich als § 47 Abs. 1 Nr. 3 AuslG) die Drogenkriminalität mit den Mitteln des Ausweisungsrechts wirksamer bekämpfen. In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 12/6353, S. 30) heißt es:

"Im Interesse einer konsequenten Bekämpfung der Drogenkriminalität muss der Grundsatz gelten, dass ausländische Drogentäter ihr Aufenthaltsrecht verwirken und aus dem Bundesgebiet ausgewiesen werden. Deshalb wird § 47 Abs. 1 unter Buchstabe a auch um eine Nr. 3 ergänzt, wonach künftig jede rechtskräftige Verurteilung zu (...) Freiheitsstrafe ohne Bewährung wegen einer vorsätzlichen Straftat nach dem BtmG zur Ist-Ausweisung führt"

Eine umfassende Bekämpfung der Drogenkriminalität ist jedoch ohne Einbeziehung des Rand- und Unterstützungsbereichs der (Haupt-)Täter nicht möglich. Das BVerwG (Beschluss vom 10.1.1995 - 1 B 153/94 -, InfAuslR 1995, 194) hat in Bezug auf den insoweit vergleichbaren Ausweisungstatbestand des § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG unter Hinweis auf die gesetzliche Überschrift ("besondere Gefährlichkeit") festgestellt, dass sich § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG aus der hohen Gefährlichkeit verstehe, die von dem illegalen Umgang mit Drogen ausgehe. Gleiches muss auch in Bezug auf § 47 Abs. 1 Nr. 2 AuslG gelten.

Im Hinblick auf die konkreten Tatumstände ist ebenfalls keine Ausnahme von der Wertung des § 47 Abs. 1 Nr. 2 AuslG zu erkennen. Der Kläger wurde wegen Beihilfe zum Rauschgifthandel in hoher Menge (1 kg Kokain, 50 g Heroin, 13 kg Haschisch) verurteilt, wobei seine Beteiligung an dem Handel mit Heroin besonders schwer wiegt. Bei Heroin handelt es sich um ein Rauschgift von besonderer Gefährlichkeit, die es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts rechtfertigt, bereits nach einer einmaligen Verurteilung wegen Handeltreibens mit diesem Rauschgift in nicht geringer Menge von einer Wiederholungsgefahr auszugehen (BVerfG, Beschluss vom 25.9.1986 - 2 BvR 744/86 -, NVwZ 1987, 403, Beschluss vom 12.9.1995 - 2 BvR 1179/95 -, InfAuslR 1995, 397; Beschluss vom 1.3.2000 - 2 BvR 2120/99 - NVwZ 2001, 67f). Hinzu kommt, dass der Kläger - wie es dem Regelfall eines Rauschgiftgeschäfts entspricht - nach den Feststellungen im Strafurteil vom 28.9.2001 zusammen mit den übrigen Tatbeteiligten konspirativ, professionell und planvoll vorgegangen ist, was nach Überzeugung der Strafkammer "von erheblicher krimineller Energie" zeugt. Andererseits ist nicht festzustellen, dass der Kläger zu 1. gutgläubiges oder intellektuell den Haupttätern unterlegenes, in die Tat gleichsam unverschuldet hineingeratenes oder zur Tat gedrängtes Werkzeug war. Vielmehr war er über die Tatumstände voll im Bild und wurde von den übrigen Tatbeteiligten immerhin als so vertrauenswürdig angesehen, dass sie ihm 120.000 DM zur Übergabe an die Anlieferer des Rauschgifts und 20.000 DM zur Verwahrung anvertrauten. Dass der Kläger zu 1. für seine Mitwirkung nur eine Flasche hochwertigen Parfums erhalten hat, erscheint für sich genommen wenig nachvollziehbar, wurde vom Strafgericht aber so festgestellt und ist daher auch der ausländerrechtlichen Würdigung der Drogenstraftaten zugrunde zu legen. Tut man dies, so hat der Kläger zu 1. zwar nicht in erster Linie aus einem Gewinnerzielungsinteresse heraus gehandelt. Andererseits war er dann aber aus Gründen der persönlichen Verbundenheit mit anderen Tatbeteiligten bereit, praktisch ohne Gegenleistung ein hohes persönliches Risiko einzugehen und Drogengeschäfte "ohne Not" aus relativ gesicherten finanziellen Verhältnissen heraus (sein damaliges monatliches Nettoeinkommen betrug 1.500 EUR, das der Klägerin zu 2. 1.250 EUR) zu begehen. Dies spricht für und nicht gegen die Annahme eines Regelfalles. Der weitere Umstand, dass der Kläger zu 1. ein Geständnis abgelegt hat, rechtfertigt einen Ausnahmefall ebenfalls nicht. Dieser Gesichtspunkt wurde bereits vom Landgericht bei der Strafhöhe berücksichtigt (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 9.11.2001 - 10 S 1900/01 -, InfAuslR 2002, 175 unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 28.1.1997 - 1 C 17/94 -, NVwZ 1997, 1119). Gleiches gilt im Hinblick darauf, dass das Drogengeschäft von der Polizei observiert wurde und das gehandelte Rauschgift letztlich nicht auf den "Markt" kam. Trotz dieser den Kläger zu 1. entlastenden Gesichtspunkte hat die Strafkammer auf eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten erkannt und insbesondere keinen minder schweren Fall nach § 29a Abs. 2 BtmG angenommen. Schließlich begründet auch der Gesichtspunkt, dass der Kläger zu 1. auf unabsehbare Zeit nicht aus dem Bundesgebiet abgeschoben werden kann (dazu bereits oben), keinen Ausnahmefall. Der spezialpräventive Zweck des § 47 Abs. 1 AuslG kann sich auch bei einem Verbleiben des Klägers zu 1. im Bundesgebiet entfalten. Wie sich bereits aus der gesetzlichen Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG ergibt, ist die Ausweisung eines Asylberechtigten nicht von vornherein "mangels Durchsetzbarkeit" ausgeschlossen (s. u.a. auch BVerwG, Urteil vom 5.5.1998 - 1 C 17/97 -, BVerwGE 106, 351 = InfAuslR 1998, 383 = NVwZ 1999, 425). Der Gesetzgeber hat diesen Fall so geregelt, dass für eine Ausweisung zwar schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorliegen müssen, dass die rechtlichen Wirkungen einer Ausweisung jedoch dann, wenn solche Gründe zu bejahen sind, in vollem Umfang eingreifen. Dies bedeutet insbesondere, dass die unbefristete Aufenthaltserlaubnis (§ 68 Abs. 1 AsylVfG) erlischt (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 AuslG), damit sein legaler Aufenthalt im Bundesgebiet endet (§ 8 Abs. 2 Satz 2 AuslG bzw. § 11 Abs. 2 Satz 2 AufenthG) und die Ausreisepflicht entsteht (§ 42 Abs. 1 AuslG bzw. § 50 Abs. 1 AufenthG). Der ausgewiesene asylberechtigte Ausländer hat lediglich einen Anspruch auf zeitweise Aussetzung der Abschiebung (Duldung; § 55 Abs. 2 AuslG bzw. § 60 a Abs. 2 AufenthG) mit der Konsequenz, dass sein Aufenthalt kraft Gesetzes auf das Gebiet des Bundeslandes beschränkt ist (§ 56 Abs. 3 Satz 1 AuslG bzw. § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) und nach Ermessen der Ausländerbehörde weiter beschränkt werden kann (§ 56 Abs. 3 Satz 2 AuslG bzw. § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Außerdem erlischt eine Duldung mit dem Verlassen des Bundesgebiets (§ 56 Abs. 4 AuslG bzw. 60a Abs. 5 Satz 1 AufenthG). Diese Rechtswirkungen führen auch einem aufgrund seiner Asylberechtigung nicht abschiebbaren Ausländer vor Augen, dass sein Verhalten nicht folgenlos bleibt. Auf diese Weise können sie - unter spezialpräventiven Gesichtspunkten - dazu beitragen, dass der Ausländer sich künftig ordnungsgemäß verhalten wird, auch wenn seine Abschiebung nicht möglich ist. Die Ausweisung läuft in solchen Fällen daher in spezialpräventiver Hinsicht nicht ins Leere (vgl. Bay.VGH, Urteil vom 23.9.2002 - 24 B 02.153 -, InfAuslR 2003, 58, ebenso - bestätigend - BVerwG, Urteil vom 31.8.2004 - 1 C 25.03 -, NVwZ 2005, 229 = InfAuslR 2005, 49, m.w.N.).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 11.6.1996 - 1 C 24.94 -, BVerwGE 101, 247 m.w.N., zuletzt Urteil vom 31.8.2004 -, a.a.O.) und des Senats (Urteil vom 10.9.2003 - 11 S 973/03 -, EZAR 037 Nr. 8 und vom 9.7.2003 - 11 S 420/03 -, ZAR 2003, 323 <LS>) müssen bei spezialpräventiv begründeten Ausweisungen von Ausländern mit besonderem Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 AuslG Anhaltspunkte dafür bestehen, dass in Zukunft eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung durch neue Verfehlungen des Ausländers ernsthaft droht und damit eine bedeutsame Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgeht. Dies ist hier der Fall. Auch in diesem Zusammenhang wiegt schwer, dass der Kläger zu 1. sich ohne Not aus gesicherten finanziellen Verhältnissen heraus an besonders gemeinschädlichen und daher schwerwiegenden Drogenstraftaten beteiligt hat, nur weil er - seiner eigenen Einlassung zufolge - "jemandem einen Gefallen tun wollte". "Völlig uneigennützig" - wie er vorträgt - war seine Handlungsweise allenfalls in finanzieller Hinsicht. Die Bereitschaft, Straftaten der vorliegenden Art ohne nennenswerte Gegenleistung zu begehen, zeugt dennoch von einer niedrigen Hemmschwelle. Die Tatsache, dass der Kläger zu 1. im Tatzeitpunkt in Haushaltsgemeinschaft mit seiner Familie lebte, hat ihn ebenfalls nicht davon abgehalten, die Familienwohnung für die Abwicklung der Geschäfte zur Verfügung zu stellen. Anhaltspunkte dafür, dass er in den Kreisen, denen er sich im Januar 2001 verbunden fühlte, nicht mehr verkehrt, fehlen. Schließlich führt auch sein Hinweis, dass er mittlerweile 49 Jahre alt sei und möglicherweise vorhandene kriminelle Neigungen nach "sämtlichen kriminologischen Erfahrungen" in diesem Alter in der Regel "absorbiert" seien, nicht weiter. Der Kläger zu 1. hat sich - abgesehen von 2 kleineren Verstößen gegen eine Aufenthaltsbeschränkung bzw. das AsylVfG, die hier nicht ins Gewicht fallen - erstmals im Alter von 46 Jahren wegen einer Drogenstraftat strafbar gemacht. Dies steht der Annahme einer altersbedingt fehlenden Wiederholungsgefahr entgegen.

(2) Unabhängig von verstehenden spezialpräventiven Überlegungen kommt hier zusätzlich und vor allem auch der generalpräventive Ausweisungszweck des § 47 Abs. 1 AuslG (dazu BVerwG, Urteil vom 11.6.1996 - 1 C 24.94 - Buchholz 402.240 § 48 AuslG 1990 Nr. 9) in dem für die Annahme eines Regelfalles erforderlichen Ausmaß zum Tragen. Eine Ausweisung aus Gründen der Generalprävention ist bei Ausländern, die einen besonderen Ausweisungsschutz genießen, allerdings nur ausnahmsweise dann zulässig, wenn eine Straftat besonders schwer wiegt und deshalb ein dringendes Bedürfnis dafür besteht, über eine etwaige strafrechtliche Sanktion hinaus durch Ausweisung andere Ausländer von Straftaten ähnlicher Art und Schwere abzuhalten (BVerwG, Urteil vom 11.6.1996 a.a.O., Urteil vom 31.8.2004 a.a.O). An einer effektiven Bekämpfung gerade des Drogen- insbesondere des Heroinhandels besteht indessen ein besonders starkes, verfassungsgerichtlich bestätigtes öffentliches Interesse (BVerfG, Beschluss vom 25.9.1986 - 2 BvR 744/86-, NVwZ 1987, 403; Beschluss vom 12.9.1995 - 2 BvR 1179/95 -, InfAuslR 1995, 397; Beschluss vom 1.3.2000 - 2 BvR 2120/99 -, NVwZ 2001, 67f). Aus diesem Grund werden Drogenstraftaten nach ständiger Rechtsprechung als so schwerwiegend angesehen, dass sie grundsätzlich auch unter generalpräventiven Gesichtspunkten den besonderen Ausweisungsschutz des § 48 Abs. 1 AuslG überspielen (BVerwG, Beschluss vom 10.1.1995 - 1 B 153/94 -, NVwZ 1995, 1129, Urteil vom 31.8.2004 -, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 10.9.2003 und vom 9.7.2003, a.a.O. sowie Beschluss v. 29.4.2004 - 11 S 1254/03 - S. 12; ebenso der 13. Senat im Urteil vom 31.3.2003 - 13 S 516/02 - , VBlBW 2004, 66f). Die generalpräventive Wertung kommt in solchen Konstellationen nur dann nicht mehr in der erforderlichen Weise zum Tragen, wenn sich (erstens) die Abschreckungswirkung einer kontinuierlichen Ausweisungspraxis ausnahmsweise nicht (voll) entfalten kann (Gesichtspunkt der "Zweckverfehlung", dazu schon Senatsurteil vom 19.10.1994 - 11 S 1884/94 -, InfAuslR 1995, 155ff) oder wenn (zweitens) die Abschreckungswirkung zwar (voll) erreicht werden könnte, sich eine generalpräventiv gestützte Ausweisungsverfügung aber unter Berücksichtigung der persönlichen Situation des Ausländers ausnahmsweise als unverhältnismäßig erweisen würde. Beides ist hier nicht der Fall:

Ein Fall der Zweckverfehlung liegt nicht vor. Es ist anerkannt, dass auch die generalpräventiv motivierte Ausweisung ihren Sinn noch erfüllen kann, wenn sie nicht zu einer Abschiebung des Ausländers, sondern nur zu einer Verschlechterung seiner aufenthaltsrechtlichen Position im Bundesgebiet führt (BVerwG, Urteil vom 31.8.2004, a.a.O.; Urteil vom 5.5.1998 - 1 C 17.97 -, BVerwGE 106, 351, 366; Beschluss vom 18.8.1995 - 1 B 55/95 -, InfAuslR 1995, 405; ebenso VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.6.2000 - 13 S 1378/98 -, VBlBW 2001, 23 und BayVGH, Urteil vom 23.9.2002 - 24 B 02.153 -, InfAuslR 2003, 58). Die unter (1) aufgezeigten, mit einer Ausweisung verbundenen Folgen führen anderen asylberechtigten Ausländern vor Augen, dass ihr strafbares Verhalten ungeachtet ihres Verbleibens im Bundesgebiet aufenthaltsrechtlich nicht ohne Konsequenzen bleibt. Eine konsequente Ausweisungspraxis in diesen Fällen kann nach der Lebenserfahrung auch auf andere Ausländer in vergleichbarer Lage abschreckend wirken.

Vorliegend ist auch weder vorgetragen noch erkennbar, dass sich die generalpräventiv gestützte Ausweisungsverfügung unter Berücksichtigung der persönlichen Situation des Klägers zu 1. und seiner Familie als unverhältnismäßig erweisen könnte. Zu beachten ist auch insoweit das hohe Gewicht des öffentlichen Interesses an einer umfassenden und effektiven Bekämpfung der Drogenkriminalität und die Schwere der vom Kläger zu 1. begangen Straftat. Andererseits ist die durch die Ausweisungsverfügung ausgelöste Belastung im Hinblick darauf, dass sie hier lediglich eine Statusverschlechterung beim Kläger zu 1., nicht jedoch eine tatsächliche Trennung der Familie zur Folge hat, im vorliegenden Falle deutlich herabgemindert.

dd) Der besondere Ausweisungsschutz des Klägers zu 1. hat gemäß § 47 Abs. 3 Satz 1 AuslG weiter zur Folge, dass er nicht zwingend, sondern nur in der Regel ausgewiesen wird. Zu prüfen ist auch insoweit, ob eine Ausnahme in Betracht kommt. Ein Regelausweisungsfall ist anzunehmen, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die ihn von der Menge gleichgelagerter Fälle unterscheiden. Ausnahmefälle sind dagegen durch einen atypischen Geschehensablauf gekennzeichnet, der so bedeutsam ist, dass er jedenfalls das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regel beseitigt. Ein Ausnahmefall liegt ferner vor, wenn der Ausweisung auch unter Berücksichtigung des besonderen Ausweisungsschutzes nach § 48 Abs. 1 AuslG höherrangiges Recht entgegen steht, diese insbesondere nicht mit verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen vereinbar ist (BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8/96 - NVwZ 1999, 303; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.10.2000 - 11 S 369/00 -, InfAuslR 2001, 121; Beschluss vom 11.10.2000 - 11 S 1206/00 -, VBlBW 2001, 196; Urteil vom 20.2.2001 - 11 S 2836/000 -, VBlBW 2001, 412 = InfAuslR 2001, 209). Bei der Entscheidung darüber, ob ein Ausnahmefall von der Regelausweisung des § 47 Abs. 3 Satz 1 AuslG vorliegt, sind nach der Rechtsprechung des Senats nicht mehr die bereits bei der Ausnahmeprüfung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 AuslG berücksichtigten, das Präventionsinteresse berührende Umstände zu prüfen (dazu oben), sondern alle sonstigen Besonderheiten des Einzelfalls i.S.v. § 45 Abs. 2 AuslG, insbesondere die schutzwürdigen persönlichen und familiären Bindungen. Ein Ausnahmefall ist aber erst anzunehmen, wenn den gegen die Annahme eines Regelfalls sprechenden Umständen größeres Gewicht zukommt als den für die Annahme eines Regelfalls sprechenden Gesichtspunkten (Beschluss vom 5.10.1994 - 11 S 1202/94 -; Beschluss vom 20.2.2001, a.a.O.; ebenso 13. Senat, Beschluss vom 31.7.1996 - 13 S 466/96 - und 10. Senat, Beschluss vom 9.11.2001 - 10 S 1900/01 -, InfAuslR 2002, 175ff).

(1) Solche persönlichen Umstände rechtfertigen die Anerkennung eines Ausnahmefalles hier nicht. Der langjährige Aufenthalt des Klägers zu 1. im Bundesgebiet begründet schon vor dem Hintergrund des Gewichts einer Verurteilung wegen Heroinhandels keine Ausnahmesituation (ebenso HessVGH, Urteil vom 14.8.1995 - 13 UE 860/94 -, InfAuslR 1996, 11f; OVG Bremen, Beschluss vom 20.11.1992 - 1 B 101/92 -, InfAuslR 1993, 85). Auch dem Umstand, dass sich die Kläger zu 2. bis 4. im Zeitpunkt des Ergehens der Ausweisungsverfügung (aller Voraussicht nach) dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten durften, kann angesichts der Schwere der vom Kläger zu 1. begangenen Drogenstraftaten und dem bei ihm anzunehmenden Präventionsinteresse keine durchschlagende Bedeutung beigemessen werden. Im Übrigen fällt auch in diesem Zusammenhang ins Gewicht, dass die Ausweisung, wie ausgeführt, auf unabsehbare Zeit nicht zu einer Trennung der Familie führt und die Belastungen für die Familie - insbesondere für die im Zeitpunkt der Ausweisungsverfügung bereits 14 und 11 Jahre alten gemeinsamen Kinder - daher geringfügig sind.

(2) Die Tatsache der Asylberechtigung des Klägers zu 1. als solche begründet keinen Ausnahmefall von der Regel des § 47 Abs. 3 Satz 1 AuslG. Zu beachten ist, dass diesem Umstand - nach dem gesetzgeberischen Konzept - bereits durch Begründung des besonderen Ausweisungsschutzes nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AuslG Rechnung getragen wird. Er kann deshalb bei der Ausnahmeprüfung nicht mehr gesondert in Ansatz gebracht werden (ebenso zur Ausnahmeprüfung bei § 47 Abs. 2 AuslG VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5.10.1994 - 11 S 1202/94 -, Urteil vom 31.3.2003 - 13 S 516/02 -, VBlBW 2004, 66f). Im Übrigen berührt die Regelausweisung - was die Annahme einer Atypik allenfalls rechtfertigen könnte - auch nicht den rechtlichen Kerngehalt der Asylberechtigung. Dem Asylstatus wird durch Zuerkennung eines zwingenden Abschiebungshindernisses (§ 51 Abs. 1 und 2 Nr. 1 AuslG bzw. 60 Abs. 1 AufenthG) bezüglich des Verfolgerstaates Rechnung getragen. Da die Ausweisung nur den weiteren legalen Aufenthalt des Ausländers im Inland verhindern soll und ihm auch nicht vorschreibt, wohin er auszureisen hat (BVerwG, Urteil vom 7.10.1975 - 1 C 46.69 -, BVerwGE 49, 202, 207f; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.6.2000 - 13 S 1378/98 -, VBlBW 2001, 23f) wird der Rechtsgehalt der Asylberechtigung erst verletzt, wenn die durch die Ausweisung begründete Ausreisepflicht durch eine Abschiebung in den Verfolgerstaat durchgesetzt werden soll. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

(3) Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 5.10.1994 - 11 S 1202/94 -, Beschluss vom 20.2.2001 - 11 S 2836/00 -, InfAuslR 2001, 209) ist auch der Umstand einer längerfristigen Duldung des Ausländers im Bundesgebiet, der in § 45 Abs. 2 Nr. 3 AuslG genannt ist, bei der Prüfung, ob eine Ausnahme von der Regel des § 47 Abs. 3 Satz 1 AuslG vorliegt, zu berücksichtigen. Eine solche längerfristige Duldung des Klägers zu 1. ist hier aufgrund seiner Asylberechtigung zwar zu erwarten. Dieser Duldungsgrund führt aber nicht dazu, dass die Regelausweisung des Klägers (weiter) zur Ermessensausweisung herabgestuft wird (vgl. auch Senatsbeschluss vom 5.10.1994 a.a.O.). Es ist zu beachten, dass der Gesetzgeber die zur Istausweisung führenden Straftaten bereits selbst als schwerwiegend gewichtet hat (§ 48 Abs. 1 Satz 2 AuslG). Insofern hat er die Würdigung dieser Straftaten anders als bei einer Ermessensausweisung nach § 45, 46 AuslG, auf die die Vorschrift des § 45 Abs. 2 Nr. 3 AuslG zugeschnitten ist, nicht der Ausländerbehörde überlassen. Im Rahmen der Ausnahmeprüfung nach § 47 Abs. 3 Satz 1 AuslG ist ein Duldungsgrund daher von vorneherein im Lichte dieser gesetzgeberischen Wertung zu betrachten. Dies hat zur Folge, dass ein Duldungsgrund bei einer unter § 47 Abs. 1 AuslG fallenden Straftat nicht schon für sich genommen, sondern allenfalls bei Zusammentreffen mit anderen, ebenfalls für eine Ausnahme sprechenden Umständen einen atypischen Fall zu begründen vermag. Solche Umstände liegen hier - wie ausgeführt - nicht vor. Es würde zu einem widersprüchlichen und unangemessenen Ergebnis führen, wenn ein Duldungsgrund der vorliegenden Art beim Kläger zu 1. nicht einmal einer - hier allerdings unterbliebenen - Abschiebungsandrohung entgegen gehalten werden könnte (§ 50 Abs. 3 Satz 1 AuslG, ebenso § 59 Abs. 3 AufenthG), andererseits aber trotz der hier in Rede stehenden schwerwiegenden Drogenstraftaten seiner Ausweisung entgegen stünde. Dem Kläger zu 1. entsteht bei dieser Betrachtungsweise kein unzumutbarer Nachteil. Er ist nicht aufgrund der Ausweisungswirkungen des § 8 Abs. 2 Satz 2 AuslG bzw. § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG gezwungen, auf unabsehbare Zeit (nur) mit einer Duldung im Bundesgebiet zu leben. Vielmehr konnte ihm nach § 30 Abs. 4 AuslG ungeachtet der Sperrwirkung der Ausweisung nach Ablauf von zwei Jahren, in denen er unanfechtbar ausreisepflichtig war, wieder eine Aufenthaltsbefugnis erteilt werden. Das AufenthG verbessert seine Rechtsstellung insoweit. Nach § 25 Abs. 5 Sätze 1 und 2 AufenthG "soll" ihm eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen abweichend von der Sperrwirkung der Ausweisung erteilt werden, wenn seine Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist.

c) Die Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe verstößt auch nicht gegen Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - vom 4.11.1950 (BGBl. 1952 II, S. 686, 953/1954 II, S. 14). Dass ein dieser Vorschrift zu entnehmender Ausweisungsschutz auch in Fällen der Regelausweisung zu beachten und gesondert zu prüfen ist, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats anerkannt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22.2.1993 - 1 B 7.93 -, InfAuslR 1993, 257 und vom 29.9.1998 - 1 C 8/96 -, InfAuslR, 1999, 54; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.9.2002 - 11 S 862/02 -, VBlBW 2003, 28; Beschluss vom 23.10.2002 - 11 S 1410/02 -, VBlBW 2003, 324).

Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung (unter anderem) seines Privat- und Familienlebens. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Sowohl unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) wie auch derjenigen des Senats ist die Ausweisung des Klägers zu 1. im Hinblick auf Art. 8 EMRK nicht zu beanstanden. Dabei kann offen bleiben, ob und inwieweit der Rechtsprechung des EGMR (vgl. die oben unter 3)a) genannten Nachweise) zu entnehmen ist, dass bei der Prüfung der Frage, ob ein (schützenswertes) Familienleben nach dieser Vorschrift vorliegt, maßgeblich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung abzustellen ist. Auch wenn man den Zeitraum ab Ergehen der Ausweisungsentscheidung bis zur Entscheidung des Senats in den Blick nimmt, ergibt sich jedoch keine Verletzung des Art. 8 EMRK.

Dem in Art. 8 Abs. 2 EMRK verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann es nach der Rechtsprechung des EGMR in Bezug auf die Folgen für den Ausländer selbst widersprechen, wenn durch behördliche Maßnahmen die Voraussetzungen für sein weiteres Zusammenleben mit seiner im Vertragsstaat ansässigen Familie beseitigt werden (vgl. insbes. EGMR, Urteil vom 26.3.1992 - 55/1990/246/317 - <Beldjoudi>, InfAuslR 1994, 86; Urteil vom 26.9.1997 - 85/1996/704/896 - <Mehemi>, NVwZ 1998, 164 = InfAuslR 1997, 430; Entscheidung vom 4.10.2001 - 43359/98 - <Adam>, NJW 2003, 2595; Urteil vom 31.10.2002 - 37295/97 - <Yildiz>, InfAuslR 2003, 126). Eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kommt danach etwa bei Ausländern in Betracht, die aufgrund ihrer gesamten Entwicklung faktisch zu Inländern geworden sind und denen wegen der Besonderheiten des Falles ein Leben im Staat ihrer Staatsangehörigkeit, zu dem sie keinen Bezug haben, nicht zuzumuten ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 = InfAuslR 1999, 54; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.5.2004 - 11 S 1080/04 -; Beschluss vom 28.5.2001 - 11 S 2940/99 -).

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger zu 1. faktischer Inländer in diesem Sinne geworden ist. Er gehört nicht zur zweiten Generation von Einwanderern, wurde in der Bundesrepublik Deutschland nicht geboren und hat hier auch nicht die prägenden ersten Jahre seines Lebens verbracht. Nach Deutschland ist er vielmehr erst im Alter von 37 Jahren eingereist. Andererseits sind seine Familienangehörigen mittlerweile deutsche Staatsangehörige und sind auch beim Kläger zu 1. - z.B. hinsichtlich seiner Eingliederung in den Arbeitsmarkt - durchaus Integrationsleistungen vorhanden. Art. 8 Abs. 2 EMRK würde einer Ausweisung des Klägers zu 1. nach Lage der Dinge aber selbst dann nicht entgegenstehen, wenn er zwischenzeitlich als faktischer Inländer zu betrachten wäre. Denn sowohl nach der Rechtsprechung des EGMR wie auch derjenigen des Senats bedeutet die Feststellung, dass ein Ausländer faktisch zum Inländer geworden ist, noch nicht zwingend, dass eine Ausweisung deswegen ausnahmslos nicht in Betracht kommt. Vielmehr hängt die Zulässigkeit der Ausweisung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nach Art. 8 Abs. 2 EMRK auch dann von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 13.5.2004, a.a.O.). Hinsichtlich des Verhältnisses des Art. 8 EMRK zu den Regelungen der §§ 45 ff. AuslG hat der Senat bereits im Beschluss vom 23.10.2002 (- 11 S 1410/02 -) ausgeführt, dass eine nach nationalem Recht nach Maßgabe der strengen grundrechtlichen Vorgaben (insbesondere Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 und 2, 6 und 20 Abs. 3 GG) verhältnismäßige Ausweisung grundsätzlich auch dem Maßstab des Art. 8 Abs. 2 EMRK entspricht (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 9.12.1997 - 1 C 19.96 -, BVerwGE 106, 13; Urteil vom 17.6.1998 - 1 C 27.96 -, BVerwGE 107, 158 = DVBl 1998, 1028). Korrekturen wegen Unverhältnismäßigkeit sind daher auch nach dem Maßstab des Art. 8 Abs. 2 EMRK nur in außergewöhnlichen Einzelfällen denkbar, die entweder hinsichtlich des (gesteigerten) Gewichts der Schutzgüter (Privat- und Familienleben) oder hinsichtlich der (geminderten) Bedeutung der öffentlichen Ausweisungsziele (insbesondere öffentliche Sicherheit, Aufrechterhaltung der Ordnung, Verhütung von Straftaten, Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) signifikante Besonderheiten aufweisen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Anwendungsbereich des Art. 8 EMRK, soweit er sich mit dem des Art. 6 GG deckt, keinen weitergehenden Schutz vermittelt als dieser (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.98 -, NVwZ 1999, 303 = InfAuslR 1999, 54; Urteil vom 17.6.1998, a.a.O.), so dass Einzelkorrekturen gegenüber einem (innerstaatlich nicht zu beanstandenden) Ausweisungsgebot ernstlich wohl nur im Hinblick auf das Schutzgut des "Privatlebens" in Art. 8 Abs. 1 EMRK in Betracht kommen dürften, zu dem die Gesamtheit der in Deutschland gewachsenen Bindungen gehört, wie sie in § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG umschrieben sind. Sind Ausweisungsgründe des § 47 Abs. 1 oder 2 AuslG gegeben, wird einer schutzwürdigen Verfestigung des Aufenthalts im Bundesgebiet in der Regel durch den besonderen Ausweisungsschutz des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG Rechnung getragen (vgl. Senatsurteil vom 28.11.2002 - 11 S 1270/02 -, VBlBW 2003, 289 = EZAR 034 Nr. 14; Senatsbeschluss v. 23.10.2002, a.a.O.). Auch nach der Rechtsprechung des EGMR ist die Zulässigkeit der Ausweisung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nach Art. 8 Abs. 2 EMRK von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängig. Als solche Umstände gelten insbesondere (vgl. im Einzelnen BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, InfAuslR 2004, 280): die Schwere der Straftaten, die in erster Linie durch die Höhe der verhängten Strafen gekennzeichnet wird (vgl. EGMR, Urteil vom 26.9.1997 <Mehemi>, aaO.; Urteil vom 21.10.1997 - 122/1996/741/940 - <Boujlifa>, InfAuslR 1998, 1; Entscheidung vom 4.10.2001 <Adam>, aaO.; Urteil vom 31.10.2002 <Yildiz>, aaO.); die Art der Straftat (vgl. Urteil vom 26.9.1997 - 123/1996/742/941 - <El Boujaidi>, zitiert in der Zusammenfassung durch Zander, InfAuslR 1997, 433; Urteil vom 26.9.1997 <Mehemi>, aaO.; Urteil vom 30.11.1999 - 34374/97 - <Baghli>, NVwZ 2000, 1401 = InfAuslR 2000, 53); das Alter des Betroffenen bei der Begehung der Straftat (vgl. Urteil vom 18.2.1991 - 31/1989/191/291 - <Moustaquim>, InfAuslR 1991, 149; Urteil vom 29.1.1997 - 112/1995/618/708 - <Bouchelkia>, zitiert in der Zusammenfassung durch Zander, InfAuslR 1997, 432; Entscheidung vom 4.10.2001 <Adam>, aaO.); die familiäre Situation (vgl. Urteil vom 31.10.2002 <Yildiz>, aaO.), insbesondere, ob der Ausländer - mit einer deutschen Staatsangehörigen - verheiratet ist oder ob er Kinder - mit deutscher Staatsangehörigkeit - hat (vgl. Urteil vom 26.3.1992 <Beldjoudi>, aaO.; Urteil vom 26.9.1997 <Mehemi>, aaO.; Urteil vom 30.11.1999 <Baghli>, aaO.; Entscheidung vom 4.10.2001 <Adam>, aaO.;), bzw. ob er auf die Unterstützung und Hilfe von im Inland lebenden Eltern und Geschwistern angewiesen ist (vgl. Urteil vom 13.7.1995 - 18/1994/465/564 - <Nasri>, InfAuslR 1996, 1; Urt. v. 17.4.2003 - 52853/99 - <Yilmaz>); der Bezug des Ausländers zu dem Staat seiner Staatsangehörigkeit, wobei den Sprachkenntnissen im Hinblick auf die Zumutbarkeit einer Integration in die dortigen Lebensverhältnisse eine gewisse, aber nicht in jedem Fall ausschlaggebende Bedeutung zukommt (vgl. Urteil vom 26.3.1992 <Beldjoudi>, aaO.; Urteil vom 30.11.1999 <Baghli>, aaO.; Entscheidung vom 4.10.2001 <Adam>, aaO.; insbesondere aber Urteil vom 21.10.1997 <Boujlifa>, aaO.); und schließlich, ob der Ausländer die Staatsangehörigkeit seines Herkunftslandes behalten und nicht die Staatsangehörigkeit des Aufenthaltslandes erwerben wollte (vgl. Urteil vom 26.3.1992, <Beldjoudi>, aaO.; Urteil vom 29.1.1997 <Bouchelkia>, aaO.; Urteil vom 26.9.1997 <El Boujaidi>, aaO.; Urteil vom 21.10.1997 <Boujlifa>, aaO.; Urteil vom 30.11.1999 <Baghli>, aaO.).

Die danach im Fall des Klägers zu 1. zu berücksichtigenden Umstände machen seine Ausweisung nicht unverhältnismäßig i.S.d. Art. 8 Abs. 2 EMRK. Den zu seinen Gunsten ins Feld zu führenden Umständen (insbesondere dem langjährigen Aufenthalt in Deutschland, der Asylberechtigung, der Entfremdung vom Heimatstaat Algerien und der deutschen Staatsangehörigkeit seiner Ehefrau und seiner minderjährigen Kinder) steht die Schwere der von ihm begangenen Straftaten gegenüber, die, wie ausgeführt, ein wesentliches und im Fall des Klägers auch ausschlaggebendes Element für die Bestimmung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellt (vgl. EGMR, Urt. v. 31.10.2002, <Yildiz>, a.a.O.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 -, a.a.O.). Die Schwere der Straftaten kommt bereits durch die vom Landgericht verhängte Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten zum Ausdruck, die der Kläger zu 1. teilweise verbüßt hat. Hinzu kommt die beim Kläger zu 1. bestehende erhebliche Wiederholungsgefahr und der Umstand, dass er seine Drogenstraftat nicht als Drogenabhängiger, sondern "ohne eigene Not" begangen hat. Auch der EGMR weist mehrfach darauf hin, dass er bei Betäubungsmitteldelikten Verständnis dafür hat, dass die Vertragsstaaten gegen Ausländer, die zur Verbreitung dieser "Plage" bzw. "Geißel der Menschheit" beitragen, entschlossen durchgreifen (Urteil vom 17.4.2003 - 52853/99 - <Yilmaz>; Urteil vom 7.8.1996, InfAuslR 1997, 185; Urteil vom 19.2.1998 <Dalia>, InfAuslR 1998, 201; Urteil vom 30.11.1999, <Baghli>, a.a.O.;). Andererseits ist gerade auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK zu berücksichtigen, dass die Ausweisung hier nicht die Trennung des Klägers zu 1. von seinen Familienangehörigen bewirkt. Deshalb ist schon fraglich, ob die Ausweisung überhaupt einen Eingriff in das Familienleben des Klägers zu 1. darstellt (zweifelnd auch BVerwG, Urteil vom 31.8.2004, a.a.O.). Jedenfalls ist die von ihr ausgehende Belastung für das Familienleben aber als geringfügig zu bewerten.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss vom 22. März 2005

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 14 Abs. 1 Satz 1, 25 Abs. 2 Satz 1 GKG a.F. auf 16.000,-- EUR festgesetzt. Nach § 72 Nr. 1 GKG in der Fassung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes - KostRMoG - vom 5.5.2004, BGBl. I, 718, 731 war das GKG hier in der vor dem 1.7.2004 geltenden Fassung anzuwenden, da die Kläger ihren Antrag auf Zulassung der (vorliegend nach § 124a Abs. 5 Satz 5 2. Halbsatz VwGO nicht mehr gesondert einlegungsbedürftigen) Berufung bereits am 5. 11. 2003 gestellt haben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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