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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 15.11.2004
Aktenzeichen: 12 S 2360/04
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 83
VwGO § 123
VwGO § 166
Der Verwaltungsgerichtshof wird durch ein isoliertes Prozesskostenhilfeverfahren nicht Gericht der Hauptsache im Sinne des § 123 Abs. 2 S. 1 VwGO.

Im isolierten Prozesskostenhilfeverfahren ist eine Verweisung wegen sachlicher und/oder örtlicher Unzuständigkeit nicht zulässig (im Anschluss an VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 04.04.1995 - 9 S 701/95 - und 24.02.2003 - 12 S 389/03 -).


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

12 S 2360/04

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Sozialhilfe

hier: Prozesskostenhilfe für noch zu stellenden Antrag nach § 123 VwGO

hat der 12. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Kuntze, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Utz und den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Weis

am 15. November 2004

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe:

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und auf Beiordnung eines Rechtsanwalts hat keinen Erfolg.

Der Antrag ist abzulehnen, weil der Verwaltungsgerichtshof für das Begehren des Antragstellers, ihm für einen beim Verwaltungsgerichtshof noch zu stellenden Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, nicht das hierfür sachlich zuständige Gericht der Hauptsache nach § 123 Abs. 2 S. 1 VwGO ist. Über das dazugehörende sachidentische, beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Verfahren des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen erst noch zu stellenden Antrag auf Zulassung der Berufung hat zwar der Verwaltungsgerichtshof zu entscheiden. Hierdurch wird der Verwaltungsgerichtshof aber nicht zum Gericht der Hauptsache i.S.d. § 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO (vgl. Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 2. Aufl., § 123 RdNr. 33; Eyermann, VwGO, 11. Aufl., § 123 RdNr. 28; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 166 RdNr. 31 a.A. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.07.1994 - 2 M 52.94 -, juris web). Gericht der Hauptsache wird der Verwaltungsgerichtshof erst nach Einlegung der Berufung bzw. Stellung des Antrags auf Zulassung der Berufung. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein beabsichtigtes Zulassungsverfahren führt nur zu einem Verfahren vor der Eingangsstufe eines Berufungsverfahrens (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 09.07.1999 - 25 ZE 99. 1581 -, DVBl 1999, 1664 ff.). Es ist noch offen, ob ein Antrag auf Zulassung der Berufung tatsächlich gestellt bzw. Berufung tatsächlich eingelegt wird. Die Anbringung eines isolierten Prozesskostenhilfegesuches führt nicht zur Anhängigkeit der Hauptsache (Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, a.a.O.; Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., GVG § 17 a RdNr. 5; Zöllner; ZPO, 23. Aufl., GVG Vor §§ 17 bis 17 b RdNr. 12; Kissel, GVG, 3. Aufl., § 17 RdNr. 6) und begründet deshalb eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs als Gericht der Hauptsache nicht. Dies hat zur Folge, dass der Verwaltungsgerichtshof für den noch zu stellenden Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sachlich nicht zuständig ist, weshalb für dieses Verfahren Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden kann.

Eine Verweisung des isolierten Prozesskostenhilfeantrags an das Verwaltungsgericht scheidet aus, denn die grundsätzliche nach § 83 VwGO geltenden §§ 17 bis 17 b GVG sind, wie im Fall der Unzulässigkeit des Rechtswegs, auch im Fall der sachlichen und örtlichen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht anwendbar (zur Rechtswegverweisung: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.04.1995 - 9 S 701/95 -, NJW 1995, 1915 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.04.1993 - 25 E 275.93 -, DÖV 1993, 831 f.; Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 23.11.1999 - 3Z AR 27.99 -, juris web; Sächsisches OVG, Beschluss vom 18.10.1993 - 1 S 198.93 -, NJW 1994, 1020; Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 2. Aufl., § 41 RdNr. 3; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 41 RdNr. 2b; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 41 Vorb § 17 GVG RdNr. 20, § 166 RdNr. 31; Sodan/Ziekow, VwGO, Stand Januar 2003, § 166 RdNr. 266; Kiesel, GVG, 3. Aufl., § 17 RdNr. 6; Zöller, ZPO, 23. Aufl., Vor §§ 17 bis 17 b GVG RdNr. 12; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 17 a GVG RdNr. 5 a.A. Sächsisches OVG, Beschluss vom 05.02.1998 - 1 S 730.97 -, VIZ 1998, 702; VG Aachen, Beschluss vom 18.11.2003 - 6 K 575.03 -, juris web; Eyermann, VwGO, 11. Aufl., § 41 RdNr. 4; zur sachlichen und örtlichen Zuständigkeit: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.02.2003 - 12 S 389/03 -; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 83 RdNr. 4; Sodan/Ziekow, VwGO, § 264, 266; Sennekamp, Die Verweisung summarischer Verfahren an das zuständige Gericht, NVwZ 1997, 692 ff; a.A. Eyermann, VwGO, 11. Aufl., § 83 RdNr. 4; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 83 RdNr. 27, § 41 Vorb § 17 bis 17 b GVG RdNr. 21; Redeker/von Oertzen, VwGO, 13. Aufl., § 166 RdNr. 5). In einem isolierten Prozesskostenhilfeverfahren fehlt es auch im Rahmen der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit an einem unabweisbaren Bedürfnis, dass das angerufene Gericht hierüber bindend entscheidet. Der nach § 83 S. 2 VwGO unanfechtbare Verweisungsbeschluss würde auf Grund der im isolierten Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung (§ 114 ZPO) ergehen und hätte zur Folge, dass ein Gericht auf Grund summarischer Prüfung ohne eine Möglichkeit der Überprüfung bindend die sachliche und örtliche Zuständigkeit entscheiden könnte. Dies lässt sich mit der Regelung des § 17 a GVG systematisch nicht vereinbaren. Ein unabweisbares Bedürfnis im isolierten Prozesskostenhilfeverfahren über gerichtliche Zuständigkeit eine bindende Entscheidung zu treffen besteht auch deshalb nicht, weil noch keine Rechtshängigkeit in der Sache vorliegt und eine erweiternde Bindung nicht eintritt, mit der Folge, dass im isolierten Prozesskostenhilfeverfahren und dem Verfahren in der Sache unterschiedliche Zuständigkeiten entstehen können. Weil ablehnende Prozesskostenhilfebescheide nicht in materieller Rechtskraft erwachsen, ist auch kein sachlicher Grund für eine Verweisung gegeben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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