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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 11.01.2007
Aktenzeichen: 12 S 2472/06
Rechtsgebiete: SGB VIII


Vorschriften:

SGB VIII § 4
SGB VIII § 9
SGB VIII § 69
SGB VIII § 74
SGB VIII § 79
1. Dem freien Träger der Jugendhilfe steht auch nach Maßgabe von § 74 Abs. 1 und 2 SGB VIII (1996) ein klagbarer Anspruch auf Förderung gegen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe zu (wie Senatsurteil vom 18.12.2006 - 12 S 2474/06 - für den Förderungszeitraum 2004).

2. An den Antrag des freien Trägers auf Förderung nach § 74 SGB VIII sind keine strengen Anforderungen zu stellen (wie BVerwG, Urteil vom 25.11.2004 - 5 C 66.03 - DVBl 2005, 772).

3. § 74 Abs. Satz 1 Nr. 1 SGB VIII verlangt nicht zwingend, dass der freie Träger die Förderungsentscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe abwarten muss, bevor er die "geplante Maßnahme" verwirklicht.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

12 S 2472/06

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Kindergartenzuschusses

hat der 12. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 11. Januar 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Soweit der Kläger die Berufung zurückgenommen hat, wird das Berufungsverfahren eingestellt.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 23. Mai 2001 - 5 K 1896/98 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist ein eingetragener Verein zur Förderung der Waldorfpädagogik, der einen Waldorfkindergarten in S. betreibt. Der Kläger begehrt vom Beklagten die Bewilligung eines Betriebskostenzuschusses für diesen Kindergarten für das Kalenderjahr 1998.

Der Kläger ist aus einer Elterninitiative entstanden, die sich im Oktober 1990 zusammenfand. Unter dem 18.12.1990 erfolgte die Anzeige der Betriebsaufnahme an den damaligen Landeswohlfahrtsverband Baden. Dieser erteilte unter dem 30.04.1991 die Betriebserlaubnis, die unter dem 31.07.1991 auf eine zweite Gruppe (insgesamt 56 Kinder) erweitert wurde. Der Kläger ist Mitglied des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes und der Internationalen Vereinigung der Waldorfkindergärten; er ist nach § 75 SGB VIII anerkannt.

Unter dem 12.05.1998 beantragte der Kläger beim Beklagten die Bewilligung eines Betriebskostenzuschusses für das Jahr 1998 als Abmangelfinanzierung. Aus der dem Antrag als Anlage 1 beigefügten Aufstellung ergibt sich ein Fehlbetrag von 152.276 DM bzw. 282 DM/Kind und Monat. Zur Begründung gab der Kläger an: Die Stadt S. zahle nur für die Kinder aus ihrem Bereich einen kleinen Zuschuss. Er verlange Gleichbehandlung mit den kirchlichen und gemeindlichen Kindergärten im Kreisgebiet. Durch die fehlende Förderung sei die Elternbelastung viel zu hoch.

Mit Schreiben vom 04.06.1998 lehnte der Beklagte diesen Antrag ab. Dem Schreiben war keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt. Der Beklagte war der Auffassung, dass eine Rechtspflicht zur Förderung des Klägers nicht bestehe. Einer Ermessensleistung stünden die nicht vorhandenen Haushaltsmittel entgegen.

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 07.07.1998 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 04.06.1998 Widerspruch ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.08.1998 hat der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Der Bedarf an Kindergartenplätzen sei bereits gedeckt; in S. bestehe sogar ein Überhang an Kindergartenplätzen. Die kommunalen und kirchlichen Kindergärten stünden für alle Kinder zur Verfügung. Im Übrigen stehe die Entscheidung über eine Förderung im Ermessen. Da keine Mittel für eine solche Förderung im Haushalt eingestellt seien, komme eine Zahlung nicht in Betracht.

Am 10.09.1998 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Freiburg erhoben, mit der er die Aufhebung der ablehnenden Bescheide sowie eine Neubescheidung seines Förderungsantrages für das Jahr 1998 begehrte.

Zur Begründung machte er geltend: Er sei anerkannter Träger der Jugendhilfe gemäß § 75 Abs. 1 SGB VIII. Der Waldorfkindergarten werde seit Jahren mit großem Erfolg betrieben. Die Voraussetzungen des § 74 SGB VIII seien unzweifelhaft erfüllt.

Mit Schriftsatz vom 18.07.2000 hat der Kläger die Klage sodann erweitert. Neben der Verpflichtung zur Neubescheidung wurde die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines Betrages von 75.198 DM begehrt. Insoweit machte der Kläger geltend, dass dieser Betrag die Mindestförderung darstelle, auf die er Anspruch habe. Das Ermessen des Beklagten sei insoweit auf Null reduziert. Die hierüber hinausgehende Förderung stehe hingegen im Ermessen des Beklagten.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 04.06.1998 und dessen Widerspruchsbescheid vom 05.08.1998 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger für den von ihm betriebenen Waldorfkindergarten für das Kalenderjahr 1998 einen Betrag von 75.155,00 DM als Zuschuss zu gewähren und den Kläger im Übrigen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Der Beklagte ist der Klage und der Klageerweiterung entgegengetreten. Er hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens des Beklagten wird auf den Schriftsatz vom 13.10.1998 Bezug genommen.

Mit Urteil vom 23.05.2001 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 04.06.1998 und den Widerspruchsbescheid vom 05.08.1998 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, über den Antrag des Klägers neu zu entscheiden. Hinsichtlich des geltend gemachten Zahlungsanspruchs hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.

In den Entscheidungsgründen heißt es u.a.: Der Anspruch des Klägers auf Förderung ergebe sich aus § 74 SGB VIII. Da der Kläger nach § 75 SGB VIII anerkannter freier Träger sei, komme auch eine Förderung auf Dauer in Betracht. Die Delegation der Aufgabenerfüllung auf die Gemeinden lasse die Gesamtverantwortung des Beklagten unberührt. Dieser müsse nach § 79 SGB VIII die Trägervielfalt gewährleisten, wenn die gemeindliche Förderung nicht ausreiche. Auf fehlenden Bedarf könne sich der Beklagte nicht berufen, weil der Kläger eine besondere pädagogische Ausrichtung aufweise. Insoweit sei der Bedarf nicht gedeckt. Bei der gebotenen überörtlichen Betrachtung übersteige der Bedarf auch zahlenmäßig das Angebot. Die Haushaltslage könne dem Förderungsanspruch dem Grunde nach nicht entgegen stehen, sondern allein bei der Rechtsfolgenseite Beachtung finden. Wie der Beklagte die Finanzierung sicherstelle, sei zudem nicht Sache des Klägers. Art und Höhe der Förderung stünden im Ermessen des Beklagten. Dieses sei nicht auf Null reduziert, weshalb der Zahlungsanspruch erfolglos bleibe. Allerdings müsse der Beklagte für Gleichbehandlung sorgen und sich insoweit die Förderungspraxis der kreisangehörigen Gemeinden zurechnen lassen. Abzustellen sei insoweit aber auf die durchschnittliche Förderung sämtlicher Kindergärten im Kreisgebiet. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Das Urteil vom 23.05.2001 wurde dem Kläger und dem Beklagten jeweils am 07.06.2001 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 04.07.2001 bzw. mit Schriftsatz vom 05.07.2001 haben der Kläger und der Beklagte die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 24.05.2002 hat der Verwaltungsgerichtshof den Zulassungsanträgen beider Beteiligter gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO entsprochen. Dieser Beschluss wurde den Beteiligten jeweils am 12.06.2002 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 03.07.2002 hat der Beklagte seine Berufung begründet. Ein Anspruch des Klägers ergebe sich nicht aus § 74 SGB VIII oder § 79 SGB VIII. Die Bereitstellung von Kindergartenplätzen gehöre traditionell zum Aufgabenbereich der Gemeinden. Der Beklagte habe mit den kreisangehörigen Gemeinden öffentlich-rechtliche Verträge geschlossen, um auch den Anspruch auf einen Kindergartenplatz durch die Gemeinden zu garantieren. Von daher gebe es auch keine Kindergartenplanung des Kreises. Mit der Aufgabenübertragung auf die Gemeinden werde einer lebensumfeldorientierten Bedarfsdeckung genügt. § 74 Abs. 1 SGB VIII setze zudem eine "geplante Maßnahme" voraus. Von daher komme eine Förderung nur dann in Betracht, wenn ein Kindergarten tatsächlich in die Bedarfsplanung aufgenommen worden sei, zumindest aber müsse die Maßnahme vom Betreiber mit dem Jugendhilfeträger abgestimmt worden sein. Eine Finanzierung eigenmächtig vorgenommener Gründungen durch den Jugendhilfeträger scheide aus. Der Kindergarten des Klägers sei mit kirchlichen Kindergärten auch nicht vergleichbar. Aufgrund der mit letzteren geschlossenen vertraglichen Regelungen würden diese Kindergärten alle Kinder ohne Ansehen der Nationalität, der Konfession oder der politischen Anschauung aufnehmen. Beim Kindergarten des Klägers müsse hingegen mindestens ein Elternteil Mitglied des Fördervereins sein. Der geltend gemachte Anspruch auf Gleichbehandlung gehe ins Leere. Eine Gleichbehandlung mit der Förderungspraxis der Gemeinden könne nicht verlangt werden; eigene Förderungsleistungen an andere Kindergärten erbringe der Beklagte nicht. Eine Verpflichtung zur Finanzierung in bestimmter Höhe folge auch nicht aus § 8 Abs. 3 KGaG. Eine andere Auslegung von § 74 SGB VIII würde gegen Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG verstoßen. Hierbei sei auch an die Finanzlasten für die Folgejahre zu denken, hinsichtlich derer ebenfalls Förderung beantragt worden sei. Aus der Berücksichtigung der Finanzkraft des freien Trägers folge kein Anspruch auf Defizitausgleich oder auf höhere Förderung. Ungeklärt sei auch, ob alle Kinder, für die Förderung begehrt werde, aus dem Zuständigkeitsbereich des Beklagten kämen. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Städte K. und S. eigenständige örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe seien. Diese dürften nicht durch die Erhöhung der Kreisumlage doppelt in Anspruch genommen werden. Hierdurch und durch die mit den Gemeinden geschlossenen öffentlich-rechtlichen Verträge entstehe eine Atypik, die die Situation des Beklagten von anderen Kreisen unterscheide. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 03.07.2002, 28.08.2002, 01.08.2005 und 09.10.2006 Bezug genommen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 23.05.2001 - 5 K 1896/98 - zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Mit Schriftsätzen vom 05.08.2002, 12.05.2005, 28.10.2005 und 08.11.2006 macht der Kläger im wesentlichen geltend: Für die Förderung von Kindergärten bestehe keine primäre Zuständigkeit der Gemeinden. Die insoweit relevanten Aufgaben seien durch die geschlossenen öffentlich-rechtlichen Verträge auch nicht in einer § 69 SGB VIII genügenden Weise auf die Gemeinden übertragen worden. Insoweit fehlten Regelungen über die Finanzierung und die Sicherstellung. Der Beklagte verkenne den Bedarfs-Begriff des SGB VIII; dieser könne nicht nur quantitativ bestimmt werden. Die freien Träger seien nicht Lückenfüller hinsichtlich des bestehenden Angebots der Gemeinden, sondern durch § 4 SGB VIII bevorzugt zur Bedarfsdeckung aufgerufen. Der Kläger habe auch nicht eigenmächtig gehandelt. Er habe den Betrieb des Kindergartens in Abstimmung mit dem Landeswohlfahrtsverband Baden, der Stadt S. und dem Beklagten aufgenommen. Von daher hätte er bei der Jugendhilfeplanung berücksichtigt werden müssen. Zudem habe der Beklagte überhaupt keine Kindergartenplanung. Auch sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Aufnahme in die Jugendhilfeplanung keine Anspruchsvoraussetzung. Sämtliche Kinder, die den Waldorfkindergarten besuchten, seien im maßgeblichen Zeitraum aus dem Kreisgebiet gekommen. Die für die Förderung erforderlichen Haushaltsmittel habe der Beklagte bereitzustellen. Wie ein etwa erforderlicher Ausgleich mit den Städten K. und S. vorzunehmen sei, falle allein in den Bereich des Beklagten und lasse den Anspruch des Klägers unberührt. Der Kindergarten des Klägers stehe allen Kindern offen; eine Pflicht zum Beitritt der Eltern in den Förderverein bestehe nicht. Die Gemeinden seien Erfüllungsgehilfen des Beklagten, weshalb sich dieser deren Handeln zurechnen lassen müsse. Wenn ein besonderer Bedarf bestehe, sei es Sache des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe, diesen Bedarf zu decken; finanzschwache freie Träger müssten ggf. besonders unterstützt werden. Im fraglichen Zeitraum hätten nur Kinder aus dem Kreisgebiet den Kindergarten des Klägers besucht; hierbei sei kein Kind aus den Städten K. oder S. gekommen.

Mit Schriftsatz vom 05.07.2002 hatte der Kläger zunächst seine Berufung begründet, mit Schriftsatz vom 28.10.2005 aber erklärt, dass er den Zahlungsanspruch im Berufungsverfahren nicht weiter verfolgen wolle.

Mit Beschluss vom 26.05.2003 war das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden. Mit Schriftsatz vom 12.05.2005 hat der Kläger das Verfahren wieder angerufen. Aus dem zwischenzeitlich ergangenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.11.2004 ergebe sich, dass der klägerische Anspruch begründet sei.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die in der Sache angefallenen Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Soweit der Kläger seine Berufung zurückgenommen hat, ist das Berufungsverfahren einzustellen.

Die verbliebene Berufung des Beklagten ist statthaft und auch ansonsten zulässig, insbesondere fristgerecht begründet worden. Die Berufung ist aber unbegründet.

Denn das Verwaltungsgericht hat der Klage hinsichtlich des Bescheidungsantrags zu Recht entsprochen. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§§ 113 Abs. 1 Satz 1, 114 Satz 1 VwGO). Dem Kläger steht ein Anspruch auf Förderung nach § 74 SGB VIII dem Grunde nach zu, der der Höhe nach noch nicht spruchreif ist; er hat deshalb einen Anspruch auf Neubescheidung seines Förderungsantrags hinsichtlich des Kalenderjahres 1998.

I.

Entgegen der Ansicht des Beklagten hat der Kläger dem Grunde nach einen Anspruch auf Gewährung eines Betriebskostenzusschusses für den von ihm betriebenen Kindergarten für das Kalenderjahr 1998.

Dieser Anspruch ergibt sich aus der für diesen Zeitraum maßgeblichen Fassung des § 74 SGB VIII (Fassung der Bekanntmachung vom 15.03.1996 <BGBl. I, S. 477>, geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 23.07.1996 <BGBl I, S. 1088>). Dieser Anspruch auf Förderung richtet sich gegen den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, also den Beklagten. Die Förderungsverpflichtung des Beklagten entfällt auch nicht wegen einer Zuständigkeitsübertragung bzw. vorrangiger Einstandspflichten der kreisangehörigen Gemeinden. Wegen der Begründung im einzelnen verweist der Senat zunächst auf sein Urteil vom 18.12.2006 - 12 S 2474/06 - , das den Beteiligten bekannt ist. Die maßgeblichen anspruchsbegründenden Normen des SGB VIII sind hinsichtlich des bereits entschiedenen Bewilligungszeitraums 2004 gegenüber dem hier maßgeblichen Zeitraum 1998 unverändert geblieben, weshalb der Anspruch des Klägers im vorliegenden Fall den gleichen rechtlichen Erwägungen unterliegt und in gleicher Weise begründet ist.

1. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen von § 74 Abs. 1 SGB VIII, weshalb der Beklagte als zuständiger Träger der öffentlichen Jugendhilfe die freiwillige Tätigkeit auf dem Gebiet der Jugendhilfe fördern soll. Wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 18.12.2006 - 12 S 2474/06 -), begründet § 74 Abs. 1 SGB VIII auch nicht nur eine objektivrechtliche Verpflichtung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe zur Förderung der freien Jugendhilfe, sondern regelt klagbare subjektive Leistungsansprüche der Träger der freien Jugendhilfe gegen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe.

a) Der Kläger erfüllt auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 74 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII. Er besitzt die fachlichen Voraussetzungen für die geplante Maßnahme (§ 74 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII), bietet die Gewähr für die zweckentsprechende und wirtschaftliche Mittelverwendung (Nr. 2), verfolgt gemeinnützige Zwecke (Nr. 3) und bietet auch die Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit (Nr. 5). Der Kläger erbringt auch eine angemessene Eigenleistung (§ 74 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VIII). Die vom Beklagten geltend gemachte Haushaltslage kann den Anspruch auf Förderung nie dem Grunde nach in Frage stellen, sondern erlangt allenfalls Bedeutung bei der Bemessung der Höhe der Förderung.

b) Entgegen der Auffassung des Beklagten handelt es sich bei der vom Kläger begehrten Förderung auch um die Förderung einer "geplanten Maßnahme" im Sinne von § 74 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII. Der Gesetzeswortlaut geht zwar davon aus, dass die Förderungsentscheidung vor Verwirklichung der Maßnahme getroffen werden soll. Dies soll den freien Träger aber begünstigen und bedeutet nicht zwingend, dass der freie Träger die Förderungsentscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe durchweg abwarten muss. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

aa) Zunächst hat das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 25.11.2004 - 5 C 66.03 - DVBl 2005, 772) ausdrücklich entschieden, dass der Antrag auf Förderung nach § 74 SGB VIII nicht innerhalb einer bestimmten Frist oder vor Aufstellung des Haushaltsplans des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe gestellt werden muss. Hieraus ist ohne weiteres zu folgern, dass bezüglich des Förderungsantrags keine strengen Anforderungen zu stellen sind.

bb) Der Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht erfolgreich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Leistungsrecht berufen. Dort gilt der Grundsatz, dass der Jugendhilfeträger für die Kosten der von Dritten durchgeführten Maßnahme nur aufkommen muss, wenn der Hilfebedarf rechtzeitig an ihn herangetragen worden ist (BVerwG, Urteil vom 11.08.2005 - 5 C 18.04 - NVwZ 2006, 697 m.w.N.). Durch die rechtzeitige Antragstellung soll der Jugendhilfeträger zur pflichtgemäßen Prüfung sowohl der Anspruchsvoraussetzungen als auch möglicher Hilfemaßnahmen in die Lage versetzt werden. Bei der Förderungsentscheidung nach § 74 SGB VIII liegen die Dinge aber völlig anders als bei Entscheidungen des Jugendhilfeträgers über die erforderliche Hilfe im Einzelfall. Denn bei der Förderung von freien Trägern gilt durchweg der Vorrang der freien Träger bei der Bereitstellung von Einrichtungen, Diensten und Veranstaltungen (§ 4 SGB VIII). Deren Maßnahmen sowie die Selbstständigkeit der freien Träger sind vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe grundsätzlich zu respektieren (§ 4 Abs. 1 SGB VIII). Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe soll sogar von eigenen Maßnahmen absehen, wenn von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe geeignete Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen schon betrieben werden oder rechtzeitig geschaffen werden können (§ 4 Abs. 2 SGB VIII). Die Selbstständigkeit der freien Träger hat auch Bedeutung für die Jugendhilfeplanung und die Förderungspraxis des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe (§ 74 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII). Von daher stellt sich bei der Entscheidung nach § 74 SGB VIII - anders als im Leistungsrecht - nicht die Frage, ob der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die erforderliche Leistung ggf. selbst erbringen will oder ob er alternative Leistungsträger aus Gründen einer sachgerechteren Aufgabenerfüllung oder aus Kostengründen bevorzugt heranziehen will.

cc) Die hier vertretene Gesetzesauslegung entspricht auch Sinn und Zweck von § 74 SGB VIII. Das SGB VIII verlangt, dass der Träger der öffentlichen Jugendhilfe sich rechtzeitig und zielgenau im Rahmen seiner Gesamt- und Planungsverantwortung (§§ 79, 80 SGB VIII) über den Bestand und den echten Bedarf an Leistungen schlüssig wird, Initiativen freier Träger nicht behindert, sondern ermutigt und unterstützt und möglichst von sich aus, ein wirksames, vielfältiges und aufeinander abgestimmtes Angebot von Jugendhilfeleistungen (§ 80 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII) vorhält und für die gehörige bedürfnisgerechte Abstimmung der Planungen (§ 80 Abs. 4 SGB VIII) sorgt. Hierbei soll sogar soweit Vorsorge getroffen werden, dass selbst ein unvorhersehbarer Bedarf befriedigt werden kann (§ 80 Abs. 1 Nr. 3 SGB VIII). Insoweit haben die Träger der öffentlichen Jugendhilfe die freien Träger auch möglichst frühzeitig zu beteiligen (§ 80 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII). Nach dieser ratio hätte der Beklagte seit langem auf den Kläger zugehen müssen, dessen Angebot bei seinen Planungen berücksichtigen und dieses notwendige bedarfsdeckende Angebot fördern müssen.

dd) Schließlich war dem Beklagten der Betrieb des Kindergartens des Klägers auch jahrelang bekannt. Von daher kann im vorliegenden Fall dahinstehen, wie sich der Träger der öffentlichen Jugendhilfe bei der erstmaligen Inbetriebnahme eines Kindergartens bzw. bei einem erstmaligen Förderungsantrag verhalten muss. Denn im streitgegenständlichen Kalenderjahr 1998 war der im Jahre 1990 gegründete Kindergarten schon acht Jahre erfolgreich in Betrieb. Bei zeitabschnittsbezogenen Angeboten des freien Trägers ist der beabsichtigte Weiterbetrieb der Einrichtung aber immer eine "künftige", also "geplante Maßnahme". Da sich der Kläger von Anfang an jahrelang ohne Erfolg bemüht hatte, eine positive Förderungsentscheidung des Beklagten zu erlangen, war der Weiterbetrieb des Waldorfkindergartens im Jahr 1998 eine dem Beklagten bereits bekannte "geplante Maßnahme", die durch den ausdrücklichen Antrag vom 12.05.1998 nur einer rechtsbehelfsfähigen Entscheidung zugeführt werden sollte. Mehr konnte vom Kläger in dieser Verfahrenssituation zulässigerweise auch nicht verlangt werden. Denn dem Beklagten ging es erklärtermaßen nicht darum, dass er die Förderungsvoraussetzungen prüfen wollte, sondern er war unter keinen Umständen bereit, die Förderungsleistungen zu erbringen. Dann aber kann der Träger der öffentlichen Jugendhilfe nicht erfolgreich geltend machen, ihm sei keine Gelegenheit zur rechtzeitigen Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen gegeben gewesen.

2. Der Kläger erfüllt auch die in § 74 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 SGB VIII genannten besonderen Voraussetzungen; insbesondere besteht für den vom Kläger betriebenen Kindergarten auch ein Bedarf.

a) Da der Kläger nach § 75 SGB VIII anerkannt ist, erfüllt er auch die Voraussetzungen des § 74 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII. Liegen die Voraussetzungen des § 74 Abs. 1 SGB VIII somit insgesamt vor, soll die Maßnahme des freien Trägers gefördert werden.

Soll-Vorschriften bedeuten in der Regel eine strikte Bindung der Behörde und erlauben Abweichungen nur in atypischen Fällen, in denen besondere, von der Behörde nicht zu vertretende überwiegende Gründe für ein Abweichen von der Norm sprechen. Eine solche atypische Konstellation, die den Träger der öffentlichen Jugendhilfe ausnahmsweise zur Ablehnung der Förderung berechtigen kann, besteht entgegen der Auffassung des Beklagte nicht. Der Beklagte hat zwar eine Atypik geltend gemacht und insoweit ausgeführt, der Beklagte sei der einzige Landkreis mit drei örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe; auch seien die Aufgaben zur Bereitstellung von Kindergartenplätzen durch öffentlich-rechtliche Verträge durchweg auf die kreisangehörigen Gemeinden delegiert worden (vgl. z.B. die Schriftsätze vom 28.08.2002 und vom 09.10.2006). Diesen geltend gemachten Zustand hat der Beklagte aber selbst aus freien Stücken herbeigeführt, weshalb er schon deshalb keine atypische Abweichung geltend machen kann. Die Einwendungen des Beklagten betreffen auch nur die Frage der Zuständigkeit des Beklagten. Eine berücksichtigungsfähige Atypik müsste sich demgegenüber auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 74 Abs. 1 SGB VIII beziehen; insoweit trägt der Beklagte nichts vor.

b) Der Kläger erfüllt auch die Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 SGB VIII, weil er bereit ist, seine Einrichtung nach Maßgabe der Jugendhilfeplanung und unter Beachtung der in § 9 SGB VIII genannten Grundsätze anzubieten. Ausweislich der Behördenakten hat der Kläger von Anfang an den Kontakt zum Beklagten und zur Stadt S. gesucht und um Berücksichtigung bei der Jugendhilfeplanung gebeten. Dies blieb ergebnislos; hinsichtlich des Beklagten auch deshalb, weil dieser keine eigene Kindergartenplanung betreibt. Von einer tatsächlich erfolgten Aufnahme in die Jugendhilfeplanung darf die Förderung nicht abhängig gemacht werden; die "Bereitschaft" genügt. Insoweit verweist der Senat vollinhaltlich auf die Erwägungen im Senatsurteil vom 18.12.2006 -12 S 2474/06 -.

c) Entgegen der Ansicht des Beklagten scheitert der Anspruch des Klägers auf Förderung dem Grunde nach auch nicht deshalb, weil es für die vom Kläger betriebene Einrichtung keinen Bedarf gibt. Insoweit verweist der Senat vollinhaltlich auf die Erwägungen im Senatsurteil vom 18.12.2006 -12 S 2474/06 -. Nach den dort entwickelten Maßstäben besteht für das Angebot des Klägers unzweifelhaft ein Bedarf. Von daher bedarf auch keiner Vertiefung, ob der Kläger Recht hat, wenn er vorträgt, in S. habe im maßgeblichen Zeitraum ein Unterangebot an Kindergartenplätzen vorgelegen oder ob der Bedarf - so der Beklagte - in S. und den Nachbargemeinden im streitgegenständlichen Zeitraum quantitativ gedeckt war. Maßgeblich ist nur die Bedarfsdeckung in quantitativer und qualitativer Hinsicht; eine solche anderweitige Bedarfsdeckung lag unstreitig nicht vor.

d) Der Senat teilt auch nicht die Auffassung des Beklagten, dass die hier vertretene Auslegung des § 74 SGB VIII gegen Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG verstoßen würde. Im Hinblick auf die wenigen Förderungsfälle, die in den letzten Jahren und auch aktuell auf die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe zugekommen sind und zukommen, erscheint eine solche Argumentation schon von den finanziellen Auswirkungen her als nicht überzeugend.

3. Der Anspruch des Klägers auf Förderung nach § 74 SGB VIII richtet sich gegen den Beklagten. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII richten sich Leistungsverpflichtungen, die durch das SGB VIII begründet werden, gegen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Soweit § 74 SGB VIII mithin Leistungsansprüche von freien Trägern der Jugendhilfe begründet, können sich diese nur gegen einen Träger der öffentlichen Jugendhilfe richten (BVerwG, Urteil vom 25.04.2002 - 5 C 18.01 - BVerwGE 116, 227 <228>; Hessischer VGH, Urteil vom 06.09.2005 - 10 UE 3025/04 - NVwZ-RR 2006, 475; OVG Lüneburg, Beschluss vom 16.06.1997 - 4 M 1219/97 - FEVS 48, 213).

a) Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind gemäß § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII die örtlichen und die überörtlichen Träger, wobei das Landesrecht gemäß § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII bestimmt, wer überörtlicher Träger der Jugendhilfe ist. Nach § 69 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII sind die Kreise und kreisfreien Städte örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Hierbei kann nach der Rechtsprechung des BVerwG (Urteil vom 25.11.2004 - 5 C 66.03 - DVBl 2005, 772) dahinstehen, ob diese Zuständigkeitsbestimmung durch Bundesrecht (im Hinblick auf das Urteil des BVerfG vom 18.07.1967 - BVerfGE 22, 180) verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, weil auch § 1 Abs. 1 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes für Baden-Württemberg (LKJHG) in der für den umstrittenen Bewilligungszeitraum maßgeblichen Fassung vom 19.04.1996 (GBl. S. 457), geändert durch Art. 6 des Haushaltsstrukturgesetzes 1997 vom 16.12.1996 (GBl. S. 776) und Art. 6 der 5. AnpassungsVO vom 17.06.1997 (GBl. S. 278) die Land- und Stadtkreise - vorbehaltlich einer Aufgabenübertragung nach § 5 LKJHG - als örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe bestimmt.

b) In sachlicher Hinsicht ist für die vom Kläger verlangte streitgegenständliche Förderung nach § 74 SGB VIII der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe zuständig. Dies ergibt sich zunächst aus § 85 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, der für die Gewährung von Leistungen und die Erfüllung anderer Aufgaben grundsätzlich die sachliche Zuständigkeit des örtlichen Trägers festlegt, soweit nicht ausdrücklich die Zuständigkeit des überörtlichen Trägers geregelt ist. Eine solche ausdrückliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers folgt vorliegend nicht aus § 85 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII, weil nicht die Förderung einer Einrichtung begehrt wird, die den örtlichen Bedarf - bezogen auf das Kreisgebiet - übersteigt. Der Beklagte ist für den streitgegenständlichen Förderungsanspruch auch örtlich zuständig. Denn der Kläger betreibt seinen Kindergarten in S., also im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten.

Soweit die im Kreis liegenden Städte S. und K. zu örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe bestimmt worden sind (§ 5 LKJHG), ist dies vorliegend belanglos, weil der Kläger ausdrücklich nur Förderung für Kinder aus dem sonstigen Kreisgebiet geltend macht. Es steht dem Beklagten frei, sich im weiteren Verwaltungsverfahren entsprechende Unterlagen vom Kläger vorlegen zu lassen.

c) Die Zuständigkeit des Beklagten zur Förderung freier Träger nach § 74 SGB VIII ist nicht auf kreisangehörige Gemeinden übergegangen; ebenso wenig wird diese Zuständigkeit durch landesrechtliche Regelungen verdrängt. Der Beklagte kann sich auch nicht erfolgreich auf die vorrangige Einstandspflicht der kreisangehörigen Gemeinden berufen. Insoweit verweist der Senat zunächst auf sein Urteil vom 18.12.2006 - 12 S 2474/06 -. Dort hat der Senat auch ausdrücklich entschieden, dass § 8 des Kindergartengesetzes in der für den dortigen Fall maßgeblichen Fassung vom 09.04.2003 (GBl. S.164) die Leistungspflicht des dortigen Beklagten nicht beseitigt hat. Der bundesrechtliche Förderungsanspruch nach § 74 SGB VIII kann selbst für den Fall einer ausdrücklichen dahin gehenden gesetzlichen Regelung (Neufassung von § 8 KGaG ab 01.01.2004) durch das Landesrecht nicht in Frage gestellt werden. Dies gilt erst recht für den vor dem 01.01.2004 bestehenden Zustand einer nur faktischen Aufgabenerfüllung durch die Kreisgemeinden aufgrund traditioneller Aufgabenverteilung. Eine ausschließliche - die Zuständigkeit des Beklagten verdrängende - Förderungszuständigkeit der Gemeinden scheidet von daher zwingend aus. Aus der für den maßgeblichen Zeitraum geltenden Fassung des KGaG (Bekanntmachung der Neufassung des Kindergartengesetzes für Baden-Württemberg vom 15.02.1996 <GBl. S. 237>) folgt nichts anderes. Auch nach § 3 KGaG (1996) bestand die Verpflichtung der Gemeinden zur Bereitstellung einer ausreichenden Anzahl von Kindergartenplätzen "unbeschadet der Verpflichtung des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe".

aa) Zudem waren auch im hier maßgeblichen Zeitraum nicht die Gemeinden, sondern ausschließlich der Träger der öffentlichen Jugendhilfe letzt- und gesamtverantwortlich für die Erbringung der Leistungen nach dem SGB VIII, wie sich aus den Regelungen des § 79 SGB VIII, bei der Heranziehung von Gemeinden im Einzelfall zudem aus § 69 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII ergibt. Nach § 79 Abs. 1 SGB VIII haben die Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Gesamtverantwortung einschließlich der Planungsverantwortung hinsichtlich sämtlicher nach dem SGB VIII zu erfüllenden Aufgaben. Diese Gesamtverantwortung umfasst auch die Aufgaben der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege (§§ 22 - 25 SGB VIII) sowie die finanzielle Förderung der insoweit tätigen freien Träger. § 79 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII bestimmt, dass die Träger der öffentlichen Jugendhilfe gewährleisten sollen, dass die zur Erfüllung der Aufgaben nach dem SGB VIII erforderlichen und geeigneten Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen den verschiedenen Grundrichtungen der Erziehung entsprechend rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen. Diese Gesamtverantwortung umfasst auch die Finanzverantwortung, weshalb hierfür finanzielle Mittel in dem Umfang bereitgestellt sein müssen, dass die Aufgaben nach dem SGB VIII erfüllt werden können (vgl. hierzu: Kunkel, § 79 SGB VIII - Leitnorm oder Norm light ?, NDV 2001, 412 <413>, m.w.N.). Die Gesamtverantwortung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe gilt sowohl hinsichtlich einer Aufgabenübertragung auf Gemeinden als auch bei einer Aufgabenwahrnehmung durch freie Träger der Jugendhilfe und trägt dem Grundsatz Rechnung, dass zwar Aufgaben delegiert werden können, nie aber gesetzlich zugewiesene Verantwortung.

bb) Es kann dahinstehen, ob die vom Beklagten mit den kreisangehörigen Gemeinden geschlossenen öffentlich-rechtlichen Verträge überhaupt den Anforderungen des § 6 LKJHG genügen, was der Kläger mit beachtlichen Gründen bestreitet. Denn selbst wenn dies so wäre und wenn die kreisangehörigen Gemeinden auch zur Förderung der freien Träger im Bereich des Kindergartenwesens (§ 74 SGB VIII) wirksam herangezogen worden wären, bliebe es bei der Letzt- und Gesamtverantwortung des Beklagten (§ 69 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII). Da der Kläger unstreitig von der Stadt S. keine auskömmliche Förderung erhält, könnte er den Beklagten hinsichtlich des verbleibenden Fehlbetrags in Anspruch nehmen. Im Übrigen spricht nichts dafür, dass die zwischen dem Beklagten und den kreisangehörigen Gemeinden geschlossenen Verträge auch die Förderung der freien Träger und hier insbesondere auch die Förderung der freien Träger von Kindergärten mit gemeindeübergreifendem Angebot erfassen sollten.

II.

Steht dem Kläger somit ein Anspruch auf Förderung seines Kindergartens dem Grunde nach zu, hat das Verwaltungsgericht den Beklagten zu Recht zur Neubescheidung des klägerischen Antrags hinsichtlich der Förderung für das Kalenderjahr 1998 verpflichtet.

1. Über Art und Höhe der Förderung ist im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (§ 74 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII). Das Gericht kann das der Behörde eingeräumte Ermessen nicht selbst ausüben. Die Sache ist hinsichtlich der Art und der Höhe der Förderung deshalb nicht spruchreif. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist der Beklagte bei dieser Neubescheidung nicht durch die Förderungspraxis der Gemeinden im Kreisgebiet gebunden. Auch besteht keine Ermessensbindung des Beklagten im Sinne einer Verpflichtung zur Gleichbehandlung, weil der Beklagte keine Kindergärten im Kreisgebiet fördert, weshalb der Kläger nicht auf eine entsprechende Verwaltungspraxis des Beklagten oder einschlägige Verwaltungsvorschriften rekurrieren und eine Gleichbehandlung verlangen kann (Senatsurteil vom 18.12.2006 - 12 S 2474/06 -).

2. Der Beklagte muss eigene Erwägungen anstellen, um im Rahmen des § 74 SGB VIII zu einer tragfähigen ermessensfehlerfreien Entscheidung zu gelangen. Auch insoweit verweist der Senat auf die Erwägungen, die im Senatsurteil vom 18.12.2006 - 12 S 2474/06 - angestellt worden sind. Diese Erwägungen hat der Beklagte auch im vorliegenden Fall zu beachten.

3. Der Argumentation des Beklagten, eine Gleichbehandlung des Klägers mit kirchlichen Kindergärten scheide aus, weil letztere alle Kinder ohne Ansehen der Konfession, Nationalität oder der politischen Anschauung aufnehmen würden, während der Kläger die Mitgliedschaft in seinem Förderverein verlange, kommt hierbei keine entscheidende Bedeutung zu. Zum einen hat der Kläger überzeugend geltend gemacht, dass er ebenfalls alle Kinder ohne Ansehen der Konfession, Nationalität oder der politischen Anschauung aufnehme und dass es auch keine Voraussetzung für eine Aufnahme in seinen Kindergarten sei, dass zumindest ein Elternteil Mitglied des Fördervereins werde. Zum anderen wäre eine solche Bedingung der Mitgliedschaft im Förderverein wohl auch unschädlich, weil der Kläger - insbesondere im Hinblick auf die fehlende Förderung durch den Beklagten - um die Existenz erhaltende Finanzierung seines Kindergartens besorgt sein darf.

4. Die Erwägungen, die der Beklagte hinsichtlich der Refinanzierung seiner Aufwendungen durch Erhöhung der Kreisumlage bzw. der Höhe der Kreisumlage und der Höhe der Jugendhilfekosten im Kreis vorgetragen hat, können den Anspruch des Klägers weder dem Grunde nach noch der Höhe nach in Zweifel ziehen. Auch wenn sich der finanzielle Ausgleich unter den Städten und Gemeinden im Kreisgebiet schwierig gestalten sollte, kann dies den Beklagten nicht von der gesetzlich vorgesehenen Leistungsverpflichtung entbinden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, 188 S. 2 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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