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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 31.07.2003
Aktenzeichen: 12 S 631/03
Rechtsgebiete: BSHG
Vorschriften:
BSHG § 72 Abs. 1 | |
BSHG § 93 Abs. 2 | |
BSHG § 93 Abs. 3 |
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Sozialhilfe
hat der 12. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Brockmann, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Utz und den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Demmler ohne mündliche Verhandlung
am 31. Juli 2003
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 11. Februar 2003 - 5 K 1935/02 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für seine persönliche Betreuung durch ein Betreuungsbüro.
Der am 15.03.1981 geborene Kläger, der seit seinem 4. Lebensjahr nach der Scheidung seiner Eltern in Jugendheimen aufwuchs, verfügt über den Hauptschulabschluss. Eine Malerlehre brach der Kläger ab. Er konsumierte Drogen und war zeitweise ohne festen Wohnsitz. Er lernte dann den Diplom-Sozialpädagogen W. L. kennen, der ihm im Sommer 1999 eine Unterkunft verschaffte. Dieser hat die persönliche Betreuung des Klägers übernommen und unterstützt ihn, sich beruflich einzugliedern.
Am 21.06.2001 stellte der Kläger bei der Beklagten den Antrag, die Kosten für seine persönliche Betreuung durch Herrn W. L. bzw. durch das von diesem betriebene Betreuungsbüro "Perspektive" gemäß § 72 Abs. 1 BSHG zu übernehmen. Die Betreuung habe das Ziel, seine Wohnung zu erhalten, ihm die Absolvierung einer Ausbildung zu ermöglichen und einen Platz im Arbeitsleben zu erreichen. Ziel der Maßnahme sei es auch, den Lebensunterhalt ohne Sozialhilfe bestreiten zu können. Beim Kläger bestehe weiterhin eine latente Drogenproblematik.
Mit Bescheid vom 28.11.2001 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Dieser habe nicht dargelegt, dass seine sicher gegebenen sozialen Schwierigkeiten im besonderen Maße entsprechend der Verordnung zur Durchführung des § 72 BSHG vorhanden seien und eine Rundumbetreuung durch ein Betreuungsbüro mit einer pauschalen Vergütung notwendig sei. Der Kläger erhalte seit August 2000 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt. Daneben komme nach Klärung des notwendigen Hilfebedarfs gegebenenfalls auch der Verweis an andere bereits vorhandene Hilfeangebote und Inanspruchnahme der sozialen Infrastruktur in Frage. Dem Schreiben des Klägers sei nicht zu entnehmen, was im Einzelnen und in welchem Umfang durch das Betreuungsbüro "Perspektive" notwendigerweise geboten werden solle. Der Kläger solle sich unbedingt mit einer Drogenberatungsstelle in Verbindung setzen.
Der Kläger erhob am 14.12.2001 Widerspruch gegen diesen Bescheid und trug ergänzend vor, er sei nicht in der Lage, von sich aus Hilfe aus der vorhandenen sozialen Infrastruktur abzurufen. Es bedürfe vielmehr eines ganzheitlichen Hilfeansatzes und Konzeptes mit einer Anleitung durch eine vollumfängliche Betreuung sowie strukturierender Maßnahmen und Rahmenbedingungen, damit er Hilfeangebote wahrnehme. Die sachliche Bearbeitung des Antrags scheitere auch nicht daran, dass zwischen Herrn W. L. als Leistungsträger und dem Landeswohlfahrtsverband Baden wohl noch keine Vereinbarung gemäß § 93 BSHG abgeschlossen worden sei. Die Hilfe sei nämlich nach den Besonderheiten des Einzelfalles geboten.
Der Landeswohlfahrtsverband Baden sandte die Verwaltungsakten im Februar 2002 mit der Begründung an die Beklagte zurück, über den Antrag des bei Antragstellung zwanzigjährigen Klägers sei zunächst nach Jugendhilferecht zu entscheiden. Mit Schreiben vom 07.03.2002 lehnte es das Jugendamt der Beklagten ab, sich mit dem Fall zu befassen, da kein Antrag nach § 41 SGB VIII vorliege.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.09.2002 wies der Landeswohlfahrtsverband Baden den Widerspruch nach Anhörung sozial erfahrener Personen zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt: Der Kläger müsse als junger Volljähriger mindestens bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres auf Leistungen der Jugendhilfe verwiesen werden, die den Leistungen nach dem BSHG vorgingen. Im Übrigen habe er keinen Anspruch darauf, eine persönliche Betreuung durch den Inhaber des Betreuungsbüros "Perspektive" zu erhalten, da mit diesem als Träger einer Einrichtung im Sinne des § 93 Abs. 2 BSHG keine Leistungs- und Vergütungsvereinbarung bestehe. Es lägen keine Besonderheiten des Einzelfalles vor, die eine Leistungsgewährung ohne Vereinbarung nach § 93 Abs. 3 BSHG rechtfertigen könnten. Die sozialen Schwierigkeiten des Kläger stellten keinen besonderen Einzelfall dar. Dass Herr W. L. besonders oder gar ausschließlich für die Durchführung der persönlichen Betreuung geeignet sei, sei nicht ersichtlich. Ein besonderes Vertrauensverhältnis des Klägers zu ihm reiche hierfür nicht aus. Außerdem sei ein § 93a Abs. 2 (richtig: Abs. 1) BSHG entsprechendes Leistungsangebot nicht vorgelegt worden.
Den Wunsch des Betreuungsbüros "Perspektive", mit ihm eine Vereinbarung gemäß § 93 BSHG für ambulante Hilfen nach § 72 BSHG abzuschließen, lehnte der Landeswohlfahrtsverband Baden mit Schreiben vom 11.07.2002 ab und wies darauf hin, dass nach seinen Richtlinien ausschließlich Verbände der Freien Wohlfahrtspflege im Sinn von § 10 BSHG sowie privat-gewerbliche Träger, die die Gewähr für eine qualifizierte Betreuungsarbeit böten, Träger der Leistungsangebote seien. Diese Voraussetzungen seien bei dem Betreuer nicht erfüllt, weil er als Einzelperson die fachliche Betreuung nicht sicherstellen könne, er ein nur punktuelles Angebot bereitstelle, das nicht in das örtliche Hilfesystem für Personen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten eingebunden sei, weshalb es den Anforderungen an Leistungen nach § 72 BSHG nicht entspreche, und er Personen nach eigenem Gutdünken in seine Betreuung aufnehme, ohne eine Entscheidung des Sozialhilfeträgers bezüglich der Aufnahme abzuwarten und einen Hilfe- bzw. Gesamtplan abzustimmen.
Der Kläger hat am 25.09.2002 beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage mit dem Antrag erhoben, den Bescheid der Beklagten vom 28.11.2001 und den Widerspruchsbescheid des Landeswohlfahrtsverbands Baden vom 10.09.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag vom 21.06.2001 auf Gewährung ambulanter Hilfen nach § 72 BSHG erneut zu entscheiden und dabei die Rechtsauffassung des Gerichts zu beachten. Zur Begründung hat er vorgetragen, er habe aufgrund seiner sozialen Schwierigkeiten Anspruch auf Hilfen gemäß § 72 Abs. 1 BSHG. Der bei ihm notwendige Hilfebedarf werde durch andere, bereits gewährte oder angebotene Leistungen nicht gedeckt. Er sei aufgrund seiner vielfältigen sozialen und psychischen Probleme, auch durch eine von ihm noch nicht bewältigte Suchtproblematik, nicht in der Lage, mögliche Hilfs- und Vermittlungsangebote von sich aus aktiv wahrzunehmen. Er bedürfe deshalb einer nachgehenden Hilfe mit engmaschiger Betreuung, die die vorhandenen anderen Angebote nicht ersetzen, sondern ergänzen müsse. Das Betreuungskonzept des Herrn W. L. vom April 1999 liege der Beklagten vor. Dazu gehöre ein betreutes Einzelwohnen in dezentral angemieteten Wohnungen, verbunden mit einer langfristigen Begleitung, welche auf einer persönlichen Vertrauensbeziehung aufbaue. Der Kläger nehme derzeit etwa einmal wöchentlich an einem Gespräch mit Herrn W. L. teil. Zusätzlich begleite ihn dieser zu Behörden- und Arztterminen. Die finanziellen Hilfen für den Kläger würden von Herrn W. L. verwaltet und ihm wöchentlich ausbezahlt. Darüber hinaus übe der Kläger in dessen Betreuungsbüro eine bezahlte Nebentätigkeit von derzeit vier Stunden wöchentlich aus mit dem Nebeneffekt eines Trainings zur Einhaltung von Zeiten und Regeln. Im Übrigen beziehe er Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe und Kindergeld. Derzeit sei er auch noch in regelmäßiger Beratung bei der Arbeitsgemeinschaft für Gefährdetenhilfe und Jugendschutz in der Erzdiözese Freiburg e.V. Ziel der Beratung dort sei es, die Suchtproblematik zu lösen, um danach eine Berufsausbildung beginnen und durchhalten zu können. Zwar sei richtig, dass zwischen Herrn W. L. und dem Landeswohlfahrtsverband keine Vereinbarung gemäß § 93 Abs. 2 BSHG bestehe. Es liege jedoch eine Ausnahme gemäß § 93 Abs. 3 BSHG vor. Die Besonderheit des Einzelfalles sei darin zu sehen, dass der Kläger aufgrund seiner individuellen Schwierigkeiten eine Bezugsperson benötige, die ihm verlässlich und dauerhaft zur Seite stehe und es ihm überhaupt erst ermögliche, weitere Hilfeangebote anzunehmen. Durch die gewachsene Vertrauensbeziehung zu Herrn W. L. lasse sich diese für ihn notwendige Bezugsperson auch nicht einfach auswechseln. Zwar sei mit dem Antrag noch keine Kostenaufstellung verbunden gewesen. Es sei jedoch Sache der Beklagten gewesen, den Leistungsumfang und die hierfür zu erbringende Vergütung mit Herrn W. L. abzusprechen und eine individuelle Vereinbarung zu treffen. Der Ermessensfehler der Beklagten liege in dieser nicht wahrgenommenen Entscheidung gemäß § 93 Abs. 3 BSHG. Die von der Beklagten vorgenommene Beschränkung notwendiger Leistungen auf Institutionen, die mit dem Landeswohlfahrtsverband entsprechende Vereinbarungen abgeschlossen hätten, sei nicht sachgerecht.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, es möge zutreffend sein, dass bei dem Kläger ein Hilfebedarf nach § 72 BSHG bestehe. Dieser begehre indes, dass die Hilfe ausschließlich von einem bestimmten Leistungserbringer erbracht werde. Eine Vergütung der Arbeit des Herrn W. L. durch die Beklagte könne aber schon deshalb nicht erfolgen, weil zwischen ihm und dem Landeswohlfahrtsverband Baden als dem zuständigen Leistungsträger keine Vereinbarung nach § 93 Abs. 2 BSHG bestehe. Besondere Umstände, die eine Ausnahme zuließen, lägen nicht vor. Insbesondere seien die Ursachen für seine sozialen Schwierigkeiten nicht außergewöhnlich, sondern (leider) eher typisch und keineswegs so geartet, dass sie nur von Herrn W. L. persönlich wirksam bekämpft werden könnten. Auch das besondere Vertrauensverhältnis stelle keine Einzelfallbesonderheit dar. Der Kläger hätte die benötigte Hilfe prinzipiell von jedem beliebigen Leistungserbringer nach § 72 BSHG erhalten können. Mit diesbezüglichen Leistungsangeboten sei der Raum Freiburg hinreichend versorgt. Im Übrigen habe Herr W. L. kein dem § 93a Abs. 1 BSHG entsprechendes Leistungsangebot vorgelegt. Es sei nicht Sache der Beklagten gewesen, auf den Abschluss einer Einzelvereinbarung hinzuwirken. Es sei nicht vorstellbar, dass Herr W. L. als vielfacher Erbringer von Betreuungsleistungen im Betreuten Wohnen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Vergütung seiner Arbeit nach dem BSHG nicht gekannt habe. Dennoch habe er kein Leistungsangebot gemacht, ja nicht einmal Kostenvorstellungen entwickelt oder auch nur konkrete Leistungen als Anhaltspunkte für eine kostenmäßige Einschätzung genannt.
Mit Urteil vom 11.02.2003 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die Klage sei unbegründet. Es könne offen bleiben, ob bei dem Kläger die Voraussetzungen für die Gewährung von Hilfen nach § 72 Abs. 1 BSHG erfüllt seien. Zweifelhaft sei insoweit allerdings, ob nicht für den fraglichen Bewilligungszeitraum von der Antragstellung bis zur Widerspruchsentscheidung der Subsidiaritätsgrundsatz des § 72 Abs. 1 S. 2 BSHG eingreife, wonach u.a. Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe der Hilfe nach § 72 Abs. 1 S. 1 BSHG vorgingen. Da der Kläger im Zeitpunkt der Antragstellung das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt habe, sei die Gewährung von Hilfe für junge Volljährige nach § 41 i.V.m. § 35a SGB VIII in Betracht gekommen, die im Einzelfall auch über die Vollendung des 21. Lebensjahres hinaus fortgesetzt werden könne. Jedenfalls stehe dem Begehren des Klägers § 93 Abs. 2 BSHG entgegen. Zutreffend gingen die Beteiligten davon aus, dass diese Vorschrift anwendbar sei, weil es sich bei dem Betreuungsbüro "Perspektive" um eine Einrichtung im Sinne dieser Vorschrift handele. Der Begriff sei nicht auf Anstalten, Heime und gleichartige, d.h. vollstationäre, Einrichtungen beschränkt. Wie der Wortlaut der Absätze 1 und 7 des § 93 BSHG verdeutliche, sei der Begriff wesentlich weiter. Nach § 93 Abs. 1 S. 1 BSHG zählten zu den Einrichtungen auch Dienste, und der Absatz 7 beziehe ambulante und teilstationäre Pflegeeinrichtungen mit ein, so dass zu den Einrichtungen auch teilstationäre Einrichtungen, Haus- und Familienpflegestationen, Krankenpflegestationen, Sozialstationen, Pflegedienste, Fahrdienste und sonstige Institutionen gehörten, die nicht unmittelbar durch den Träger der Sozialhilfe betrieben zu werden brauchten. Die Betätigung des Betreuungsbüros "Perspektive" erfülle danach die Voraussetzungen einer Einrichtung im Sinne des § 93 BSHG. Die Unternehmung sei darauf gerichtet, hilfebedürftigen jungen Menschen Wohnraum zu bieten und sie darüber hinaus bei der schulischen und beruflichen Ausbildung sowie im Umgang mit Behörden und Schulen zu unterstützten und zu beraten. Es sollten mithin wesentliche Lebensbereiche abdeckende Betreuungsleistungen unter dem Dach der Betreuungseinrichtung des Herrn W. L. erbracht werden. Folglich bestehe nach § 93 Abs. 2 BSHG eine Pflicht zur Übernahme der Vergütung durch den Leistungsträger nur, wenn es zum Abschluss einer Vereinbarung nach Maßgabe dieser Vorschrift mit dem Träger der Einrichtung gekommen sei. Daran fehle es hier unstreitig. Eine Hilfegewährung käme dementsprechend nach § 93 Abs. 3 S. 1 BSHG nur in Betracht, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten wäre. Dies scheide hier deswegen von vornherein aus, weil Herr W. L. als Träger seiner Betreuungseinrichtung der Beklagten kein Leistungsangebot, das die Voraussetzungen des § 93a Abs. 1 BSHG erfüllen würde, vorgelegt und sich auch nicht schriftlich verpflichtet habe, Leistungen entsprechend einem solchen Angebot zu erbringen. Die allgemein gehaltene Betreuungskonzeption der Einrichtung von Herrn W. L., die dem Übernahmeantrag beigefügt gewesen sei, erfülle die Anforderungen dieser Vorschrift offenkundig nicht. Auch die im weiteren Verfahren vorgelegten Unterlagen stellten ersichtlich kein Leistungsangebot dar, sondern erschöpften sich in einer Aufstellung bereits angefallener Kosten, ohne dass indes im Sinne von § 93a Abs. 1 BSHG die wesentlichen Leistungsmerkmale der Einrichtung festgelegt, die betriebsnotwendigen Anlagen der Einrichtung, der betreute Personenkreis, Art, Ziel und Qualität der Leistung, die Qualifikation des Personals sowie die erforderliche sächliche und personelle Ausstattung im Einzelnen dargestellt würde. Dass es an einem derartigen Leistungsangebot fehle, könne entgegen der Auffassung des Klägers nicht der Beklagten angelastet werden, sondern falle in den Verantwortungsbereich des Trägers der Einrichtung und damit nach der gesetzlichen Wertung des § 93 Abs. 3 BSHG letztendlich in die Risikosphäre des Klägers selbst. Bei dieser Sachlage könne offen bleiben, ob im Streitfall die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Leistungsgewährung nach § 93 Abs. 3 S. 1 BSHG erfüllt seien.
Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, da der entscheidungserhebliche Begriff der Einrichtung in § 93 Abs. 1 BSHG im Interesse der Rechtseinheit einer obergerichtlichen Klärung bedürfe. Gegen das ihm am 24.02.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.03.2003 Berufung eingelegt.
Mit Schriftsatz vom 22.04.2003, beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen am 24.04.2003, hat der Kläger die Berufung damit begründet, dass das angefochtene Urteil auf einer fehlerhaften rechtlichen Würdigung der §§ 72, 93 BSHG sowie der damit zusammenhängenden sozialhilferechtlichen Grundsätze beruhe. Das Urteil übersehe, dass § 72 Abs. 1 BSHG den Sozialhilfeträger verpflichte, beim Vorliegen des entsprechenden Bedarfs Hilfe zu gewähren. Im vorliegenden Fall beziehe sich diese Verpflichtung auch auf eine sachliche Prüfung von Leistungen gemäß § 41 SGB VIII. Eines gesonderten Antrags auf solche Leistungen habe es nicht bedurft. Der Antrag des Klägers vom 21.06.2001 sei entsprechend auszulegen gewesen. Unter der Voraussetzung eines tatsächlich vorhandenen Bedarfs sei die Beklagte verpflichtet gewesen, dem Kläger ihrerseits die notwendige Hilfe zu gewähren oder zu vermitteln. Der bloß allgemeine Hinweis auf die in Freiburg bestehenden Angebote freier Träger reiche hierzu nicht aus. Notwendiger Bestandteil einer der Beklagten obliegenden Beratung des Klägers hätte zumindest der Hinweis darauf sein müssen, dass das Betreuungsbüro "Perspektive" mangels einer entsprechenden Vereinbarung gemäß § 93 BSHG nicht als Träger der Hilfe in Frage kommen könne. Dieser Hinweis sei dann zwar im Widerspruchsbescheid nachgeholt worden. Der Kläger sei aber auch hierin noch nicht darauf hingewiesen worden, dass für eine Einzelfallentscheidung von der gewünschten Einrichtung ein Leistungsangebot gemäß § 93 Abs. 3 BSHG vorzulegen wäre. Für eine solche Hinweispflicht spreche auch der im BSHG geltende Amtsermittlungsgrundsatz. Damit seien zwar Mitwirkungspflichten des Hilfesuchenden nicht ausgeschlossen; diese müssten von Seiten des Sozialhilfeträgers jedoch so konkret benannt werden, dass der Hilfesuchende der erforderlichen Mitwirkung auch nachkommen könne und nicht erst in einer späteren Instanz darauf hingewiesen werden müsse, was er schon zum Zeitpunkt seines Antrags auf Gewährung der Hilfe hätte vortragen und klären müssen. Mit Schriftsatz vom 24.06.2003 hat der Kläger ergänzend vorgetragen, das Betreuungsbüro "Perspektive" habe sich erfolglos um den Abschluss eines Vertrages gemäß § 93 Abs. 2 BSHG bemüht. Die entsprechende Anfrage sei seitens des Landeswohlfahrtsverbands ohne Angabe von Gründen und ohne Hinweis auf etwa vorzulegende Nachweise abgelehnt worden. Entgegen der Auffassung der Beklagten habe von Seiten des Betreuungsbüros ein - wenn auch nicht gemäß §§ 93 Abs. 3, 93a Abs. 1 BSHG formgerechtes - Leistungsangebot vorgelegen. Das fehlende formgerechte Leistungsangebot möge zwar in den Verantwortungsbereich des Trägers der Einrichtung fallen, damit jedoch nicht gleichzeitig in die Risikosphäre des Klägers selbst. Durch die Regelung des § 93 BSHG würden die Rechtsbeziehungen zwischen Hilfeempfänger und Träger der Sozialhilfe nicht berührt. Insbesondere blieben die dem Träger der Sozialhilfe obliegenden Beratungs- und Hinweispflichten bestehen. Die im vorliegenden Verfahren aufgeworfenen Sach- und Rechtsfragen gehörten nicht in ein eventuell mögliches Amtshaftungsverfahren. Ein solches Verfahren sei subsidiär gegenüber dem vorrangigen Bemühen um eine Korrektur der als fehlerhaft angesehenen Verwaltungsentscheidungen. Angestrebt werde die Aufhebung der angefochtenen Bescheide mit der Verpflichtung einer neuen Verbescheidung unter Berücksichtigung eines dann vom Leistungsträger vorzulegenden formgerechten Leistungsangebotes.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 11.02.2003 - 5 K 1935/02 - den Bescheid der Beklagten vom 28.11.2001 und den Widerspruchsbescheid des Landeswohlfahrtsverbands Baden vom 10.09.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag des Klägers vom 21.06.2001 auf Gewährung ambulanter Hilfen nach § 72 BSHG erneut zu entscheiden und dabei die Rechtsauffassung des Gerichts zu beachten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, das Verwaltungsgericht sei richtigerweise davon ausgegangen, dass es sich bei dem Betreuungsbüro "Perspektive" um eine Einrichtung im Sinne des § 93 BSHG handele. Die Annahme eines "weiten Einrichtungsbegriffs" werde durch den Regelungszweck des § 93 BSHG untermauert. So diene § 93 Abs. 1 BSHG auch der Umsetzung des Subsidiaritätsgebots und stelle staatliches Handeln bewusst hinter privates Engagement zurück. Gleichzeitig habe der Gesetzgeber aber auch Qualitätsstandards der durch nichtöffentliche Träger erbrachten Sozialhilfeleistungen gewährleisten wollen und müssen. Dieser Intention entspreche § 93 Abs. 2 BSHG, der für eine Kostenerstattung u.a. das Vorliegen einer Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen voraussetze. Diese gesetzlich vorgeschriebene Qualitäts- und Standardsicherung würde unterlaufen, wenn man den Einrichtungsbegriff enger fassen und Unternehmungen wie die des Herrn W. L. hierunter nicht subsumieren würde. Die danach notwendige Vereinbarung nach § 93 Abs. 2 BSHG liege unstreitig nicht vor. Ebenso sei kein Leistungsangebot, das die Voraussetzungen des § 93a Abs. 1 BSHG erfülle, vorgelegt worden. Fehl gehe der Einwand des Klägers auf die Beratungspflicht der Beklagten. Es liege ohne weiteres im Verantwortungsbereich des Leistungsträgers, die ihm obliegenden Voraussetzungen für eine Übernahme der Vergütung durch den Sozialhilfeträger zu schaffen. Eine diesbezügliche Hinweispflicht gegenüber dem Hilfeempfänger selbst bestehe nicht. Selbst wenn man jedoch eine Verletzung der Hinweispflicht gegenüber dem Hilfeempfänger annehme, ändere dies nichts an der Tatsache, dass die Voraussetzungen hinsichtlich einer bestehenden Vereinbarung bzw. eines Leistungsangebotes nach wie vor nicht erfüllt seien, ein Kostenübernahmeanspruch also auch dann nicht bestünde. Die Verletzung einer Hinweispflicht könne allenfalls im Rahmen eines Amtshaftungsanspruchs, der nicht Gegenstand des Verfahrens sei, von Bedeutung sein.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten und die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 28.11.2001 und der Widerspruchsbescheid des Landeswohlfahrtsverbands Baden vom 10.09.2002 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat weder Anspruch auf Übernahme der Kosten für die von dem Betreuungsbüro "Perspektive" erbrachten Betreuungsleistungen als Gewährung einer Hilfe nach § 72 BSHG noch darauf, dass die Beklagte über dieses Begehren erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts entscheidet (§ 113 Abs. 5 S. 1 und 2 VwGO).
Streitgegenstand ist ausschließlich der Antrag des Klägers vom 21.06.2001 auf die Gewährung von Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach § 72 BSHG. Eine Auslegung als Antrag auf Gewährung einer Hilfe für junge Volljährige nach § 41 SGB VIII, wie sie vom Kläger in der Berufungsbegründung erwogen wurde, kommt demgegenüber nicht in Betracht. Dabei erscheint schon fraglich, ob der Antrag vom 21.06.2001 überhaupt in diesem Sinne auslegungsfähig war, da der Kläger ihn ausdrücklich auf die Vorschrift des § 72 Abs. 1 BSHG gestützt hat. Selbst wenn man aber von einer insoweit zunächst bestehenden Auslegungsmöglichkeit ausgeht, wird diese jedenfalls durch das seitherige Verhalten des Klägers ausgeschlossen. Denn dieser hat - nachdem er im Widerspruchsbescheid des Landeswohlfahrtsverbands Baden vom 10.09.2002 ausdrücklich über den Vorrang der Jugendhilfe belehrt worden war - auch noch im gerichtlichen Verfahren, als er bereits anwaltlich vertreten war, sein Begehren weiterhin ausschließlich auf § 72 BSHG gestützt. Dabei hat er sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch im vorliegenden Berufungsverfahren ausdrücklich beantragt, "über den Antrag vom 21.06.2001 auf Leistungen ambulanter Hilfe gemäß § 72 BSHG nach der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden". Durch dieses prozessuale Gebaren hat der Kläger eindeutig klargestellt, an einem Antrag nach § 72 BSHG festhalten zu wollen. Bei dieser Sachlage ist es dem Senat aber verwehrt, seinem Antrag durch nachträgliche Auslegung einen völlig veränderten Inhalt zu geben.
Die Passivlegitimation der Beklagten ist gegeben. Sachlich zuständig für Hilfen nach § 72 BSHG sind nach §§ 99, 100 Abs. 1 Nr. 5 BSHG i.V.m. § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 des baden-württembergischen Gesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes - AGBSHG - i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 06.12.1999 (GBl. S. 622) zunächst die Landeswohlfahrtsverbände als überörtliche Träger der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Landeswohlfahrtsverbände). § 5 Abs. 1 AGBSHG sieht indessen vor, dass die überörtlichen Träger der Sozialhilfe die Durchführung der ihnen obliegenden Aufgaben den örtlichen Trägern der Sozialhilfe durch Satzung ganz oder teilweise als Weisungsaufgaben übertragen können. Von dieser Möglichkeit hat der Landeswohlfahrtsverband Baden mit Satzung vom 03.12.1999, geändert am 06.07.2001, Gebrauch gemacht. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 der Satzung wird die Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach § 72 BSHG in und außerhalb einer Anstalt, eines Heimes oder einer gleichartigen Einrichtung sowie in einer Einrichtung zur teilstationären Betreuung an die örtlichen Träger der Sozialhilfe delegiert; zu ihnen gehört auch die Beklagte.
Nicht zu beanstanden ist es, dass das Verwaltungsgericht offen gelassen hat, ob ein Anspruch des Klägers nach § 72 Abs. 1 BSHG nicht schon im Hinblick auf die in Betracht kommende Hilfe für junge Volljährige nach § 41 SGB VIII ausgeschlossen ist, welche gemäß § 72 Abs. 1 S. 2 BSHG einer Hilfe nach S. 1 dieser Vorschrift vorginge. Denn wie das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden hat, steht jedenfalls § 93 Abs. 2 und 3 BSHG einer Hilfegewährung nach § 72 Abs. 1 S. 1 BSHG entgegen.
Zu Unrecht beruft sich der Kläger in diesem Zusammenhang darauf, dass § 72 Abs. 1 BSHG den Sozialhilfeträger beim Vorliegen des entsprechenden Bedarfs zur Hilfegewährung verpflichte. Zwar ist § 72 Abs. 1 S. 1 BSHG als gebundene Vorschrift ausgestaltet, die dem Hilfebedürftigen einen Anspruch auf die Gewährung der Hilfe verleiht. Dies gilt indes nur, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen der Hilfe gegeben sind, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass die sehr allgemein gehaltene Vorschrift insbesondere im Hinblick auf Art und Umfang der zu gewährenden Hilfe in jedem Einzelfall der weiteren Konkretisierung bedarf. Im Fall des Klägers, der die Übernahme der Kosten für das Hilfeangebot eines bestimmten Leistungserbringers begehrt, gehören zu diesen gesetzlichen Voraussetzungen aber auch die Bestimmungen des § 93 Abs. 2 und 3 BSHG. Entgegen der Auffassung des Klägers berührt diese Regelung auch unmittelbar die Rechtsbeziehungen zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Träger der Sozialhilfe, indem sie die Übernahme der Vergütung für die von einer Einrichtung erbrachte Leistung von bestimmten Voraussetzungen abhängig macht.
Nach § 93 Abs. 2 S. 1 BSHG ist der Träger der Sozialhilfe zur Übernahme der Vergütung für die von einer Einrichtung erbrachte Leistung nur verpflichtet, wenn mit dem Träger der Einrichtung oder seinem Verband eine Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Nr. 1), die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzt (Nr. 2), und die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Nr. 3) besteht. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist der Senat der Auffassung, dass diese Bestimmung im vorliegenden Fall anwendbar ist, weil es sich bei dem Betreuungsbüro "Perspektive" um eine Einrichtung im Sinne dieser Vorschrift handelt.
Der Begriff der Einrichtung ist im Sozialrecht nicht gesetzlich definiert. Bei einer engen Auslegung könnte man darunter Institutionen verstehen, die, wie etwa Heime oder Anstalten, voll- oder zumindest teilstationäre Leistungen erbringen. Eine derart einschränkende Interpretation ist nach dem Wortlaut aber nicht zwingend geboten. So ist der Begriff der Einrichtung in § 100 Abs. 1 BSHG etwa vom Bundesverwaltungsgericht funktional verstanden worden als ein für Hilfen nach dieser Vorschrift in einer besonderen Organisationsform unter verantwortlicher Leitung zusammengefasster Bestand an persönlichen und sächlichen Mitteln, der auf eine gewisse Dauer angelegt und für einen größeren, wechselnden Personenkreis bestimmt ist (BVerwG, Urteil vom 24.02.1994, BVerwGE 95, 149, 152). Ähnliche Umschreibungen finden sich im Schrifttum auch für den Einrichtungsbegriff des § 93 BSHG (vgl. Gottschick/Giese, BSHG, 9. Aufl. 1985, § 93 RdNr. 5; Gutachten des Deutschen Vereins vom 03.08.1992, NDV 1992, 333, 334; LPK-BSHG/Münder, 6. Aufl. 2003, § 93 RdNr. 11; für eine weite Auslegung auch Fichtner, BSHG, 1999, § 93 RdNr. 10; Schellhorn, BSHG, 16. Aufl. 2002, § 93 RdNr. 19; Schmitt/ Hillermeier, BSHG, Stand August 2002, § 93 RdNr. 10). Für ein umfassendes Verständnis des Einrichtungsbegriffs lassen sich auch systematische Gesichtspunkte anführen. So spricht das Gesetz in mehreren Fällen (§§ 3 Abs. 2 S. 2, 68 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2, 97 Abs. 2 S. 1, 100 Abs. 1 Nr. 1 und 5 BSHG), in denen ersichtlich eine stationäre Einrichtung gemeint ist, von der "Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung". Der Umstand, dass in § 93 Abs. 2 BSHG nur der allgemeine Ausdruck Einrichtung verwendet wird, lässt demgegenüber darauf schließen, dass hier ein umfassenderer Einrichtungsbegriff gemeint ist. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang auch auf die Absätze 1 und 7 des § 93 BSHG verwiesen. Die Erstreckung der Einrichtungen auf Dienste in § 93 Abs. 1 S. 1 BSHG und die Einbeziehung ambulanter und teilstationärer Pflegeeinrichtungen in § 93 Abs. 7 BSHG verdeutlichen den weiten Einrichtungsbegriff, der der Vorschrift zugrunde liegt. Sinn und Zweck der Regelung legen diesen ebenfalls nahe. Die in § 93 Abs. 2 BSHG angesprochene Vereinbarung ist als Ausdruck der Verantwortung des Sozialhilfeträgers für den Vollzug der Hilfe anzusehen, die auch dann fortbesteht, wenn die Hilfe von der Einrichtung eines anderen Trägers erbracht wird. Zugleich entfalten die in der Vereinbarung festzulegenden Leistungs- und Qualitätsstandards auch Schutzwirkung zugunsten des Hilfeempfängers, für den damit ein bestimmtes Niveau der Hilfe gewährleistet wird. Diese Belange der fortdauernden Verantwortlichkeit des Sozialhilfeträgers einerseits und der Qualitätssicherung für den Hilfeempfänger andererseits sind aber für stationäre wie für nichtstationäre Einrichtungen in gleicher Weise von Bedeutung. Von daher würde der Regelungszweck des § 93 Abs. 2 BSHG nur unzureichend erfüllt, wollte man den Einrichtungsbegriff auf stationäre Einrichtungen verengen. Nicht zuletzt kann sich diese Auslegung auch auf den Willen des Gesetzgebers stützen. So heißt es im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 27.09.1995 für das Gesetz zur Reform des Sozialhilferechts vom 23.07.1996 (BGBl. I S. 1088), durch das § 93 BSHG seine derzeit geltende Fassung erhielt, bei allen Leistungen in Einrichtungen müsse nach § 93 Abs. 2 BSHG ab Inkrafttreten der Neuregelung eine Vereinbarung abgeschlossen werden "unabhängig davon, ob die Leistung von der Einrichtung ambulant oder stationär erbracht wird" (BT-Drs. 13/2440, S. 28).
Nach alledem erfüllt die Betätigung des Betreuungsbüros "Perspektive", unter dessen Dach unterschiedliche Betreuungsleistungen für hilfebedürftige junge Menschen erbracht werden, die Voraussetzungen einer Einrichtung im Sinne des § 93 Abs. 2 BSHG. Dies wird im Übrigen von keinem der Beteiligten in Abrede gestellt.
Unstreitig ist auch, dass die in § 93 Abs. 2 BSHG zur Voraussetzung für die Hilfegewährung erhobene Vereinbarung hier nicht vorliegt. Die Bemühungen des Betreuungsbüros "Perspektive", mit dem Landeswohlfahrtsverband Baden als dem sachlich zuständigen überörtlichen Träger der Sozialhilfe - diese Zuständigkeit wird von der Delegation an die örtlichen Träger der Sozialhilfe nicht erfasst - zu einer entsprechenden Vereinbarung zu kommen, haben nicht zum Erfolg geführt. Die Darstellung des Klägers in der Berufungsbegründung, wonach eine entsprechende Anfrage seitens des Landeswohlfahrtsverbands ohne Angabe von Gründen abgelehnt worden sei, ist allerdings unzutreffend. Vielmehr hat der Landeswohlfahrtsverband in seinem Schreiben vom 11.07.2002, wie im Tatbestand erwähnt, eine ausführliche Begründung dafür gegeben, warum er eine Vereinbarung mit dem Träger des Betreuungsbüros "Perspektive" nicht abschließen wolle.
Bei fehlender Vereinbarung nach § 93 Abs. 2 BSHG kann der Sozialhilfeträger Hilfe durch die Einrichtung nur gewähren, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten ist (§ 93 Abs. 3 S. 1 BSHG). Ebenso wie das Verwaltungsgericht kann der Senat offen lassen, ob diese Voraussetzungen hier erfüllt wären. Denn eine Leistungsgewährung kommt jedenfalls im Hinblick auf § 93 Abs. 3 S. 2 BSHG nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift hat der Träger der Betreuungseinrichtung ein Leistungsangebot vorzulegen, das die Voraussetzung des § 93a Abs. 1 BSHG erfüllt, und sich schriftlich zu verpflichten, Leistungen entsprechend diesem Angebot zu erbringen. Das Verwaltungsgericht hat sich zu Recht auf den Standpunkt gestellt, dass diese Anforderungen im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind. Denn die vorgelegten Unterlagen stellten ersichtlich kein Leistungsangebot dar, bei dem im Sinne von § 93a Abs. 1 BSHG die wesentlichen Leistungsmerkmale, mindestens jedoch die betriebsnotwendigen Anlagen der Einrichtung, der von ihr zu betreuende Personenkreis, Art, Ziel und Qualität der Leistung, Qualifikation des Personals sowie die erforderliche sächliche und personelle Ausstattung festgelegt würden. Auch der Kläger hat nicht bestritten, dass ein derart qualifiziertes Leistungsangebot nicht gemacht worden ist. Damit kommt aber eine Hilfegewährung nach § 93 Abs. 3 S. 1 BSHG nicht in Betracht.
Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, nicht hinreichend auf das Erfordernis einer Vereinbarung nach § 93 Abs. 2 BSHG bzw. den erforderlichen Inhalt eines Leistungsangebots nach § 93 Abs. 3 BSHG hingewiesen worden zu sein. Selbst wenn man eine entsprechende Beratungspflicht der beteiligten Behörden annehmen wollte und weiter davon auszugehen sein sollte, dass dieser Verpflichtung auch mit den ausdrücklichen Hinweisen im Widerspruchsbescheid auf das Fehlen einer Vereinbarung bzw. eines entsprechenden Leistungsangebots nicht hinlänglich nachgekommen wurde, vermag dies nichts daran zu ändern, dass diese Anforderungen für eine Übernahme der Betreuungskosten weiterhin nicht erfüllt sind. Insbesondere wurde ein dem § 93a Abs. 1 BSHG entsprechendes Leistungsangebot, welches der Beklagten die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen des Einrichtungsträgers ermöglichen würde, nach wie vor nicht vorgelegt. Damit aber fehlt es an einer Voraussetzung für die Gewährung der Hilfe nach § 93 Abs. 3 BSHG, so dass die Berufung keinen Erfolg haben kann. Der vom Kläger zuletzt geäußerten Vorstellung, ein Leistungsangebot mit dem geforderten Inhalt könne der Leistungsträger auch noch nach einem dem Bescheidungsantrag des Klägers stattgebenden Urteil im anschließenden Verwaltungsverfahren vorlegen, kann nicht gefolgt werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nach § 188 S. 2 Halbs. 1 VwGO nicht erhoben.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
Ende der Entscheidung
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