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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 05.06.2003
Aktenzeichen: 13 S 1181/01
Rechtsgebiete: GG, RuStAG, StAngRegG


Vorschriften:

GG Art. 116 Abs. 1
RuStAG § 4 Abs. 1
RuStAG § 25 Abs. 1
StAngRegG § 7
StAngRegG § 7a
StAngRegG § 17 Abs. 2
StAngRegG § 27
1. Gemäß § 27 StAngRegG i.V.m. § 17 Abs. 2 StAngRegG i.d.F. des Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15.7.1999 (BGBl. I S. 1618) ist seit dem 1.1.2000 allein das Bundesverwaltungsamt für die Ausstellung von Staatsangehörigkeitsausweisen zuständig, wenn die Antragsteller ihren dauernden Aufenthalt im Ausland haben. In nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren ist, sofern zuvor eine andere Behörde zuständig war, mit dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung ein gesetzlicher Parteiwechsel eingetreten.

2. Der Nachweis der Einbürgerung eines Volksdeutschen im Jahr 1944 kann, wenn hierüber keine Urkunden vorliegen, auch durch Zeugenbeweis geführt werden.

3. Die Staatsangehörigkeitsbehörde trägt die materielle Beweislast dafür, ob die deutsche Staatsangehörigkeit und/oder die Rechtsstellung als Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG verloren gegangen ist.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

13 S 1181/01

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Staatsangehörigkeitsausweisen und Ausweisen über die Rechtsstellung als Deutscher

hat der 13. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Stumpe, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Ridder und den Richter am Verwaltungsgericht Epe ohne weitere mündliche Verhandlung am 5. Juni 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 1. September 1999 - 3 K 196/99 - teilweise geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung der Bescheide der Stadt Mannheim vom 13.7.1998 und vom 6.10.1998 sowie der Widerspruchsbescheide des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 15.1.1999 verpflichtet, den Klägern zu 1, 3 und 4 einen Ausweis zur deutschen Staatsangehörigkeit und der Klägerin zu 2 einen Ausweis zur Status-Eigenschaft nach Art. 116 Abs. 1 GG auszustellen.

Die Kläger und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht jeweils zur Hälfte. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren die Verpflichtung der Beklagten zur Ausstellung von Staatsangehörigkeitsausweisen (Kläger zu 1, 3 und 4) beziehungsweise zur Ausstellung eines Ausweises über die Rechtsstellung als Deutsche (Klägerin zu 2).

Der Kläger zu 1 wurde am 15.3.1955 in Dorogino/Krs. Novosibirsk/damalige UdSSR, als Sohn der Eheleute xxxxxx xxxxxx und xxxx xxxxxx, geb. xxxxxxx, geboren. Diese stammten aus Hoffnungstal/Gebiet Odessa/Ukraine, von wo sie im März 1944 in den Warthegau umgesiedelt und 1945 nach Sibirien verschleppt wurden. Frau xxxx xxxxxx wurde im Warthegau am 1.11.1944 eingebürgert. Ob der am 14.12.1995 verstorbene xxxxxx xxxxxx ebenfalls eingebürgert wurde, ist streitig.

Am 12.11.1975 hat der Kläger zu 1 die am 26.6.1955 in Kopesk/Krs. Chelyabinsk/ damalige UdSSR geborene Klägerin zu 2 - im Folgenden: Klägerin - geheiratet. Aus dieser Ehe sind der am 29.4.1976 in Novosibirsk geborene Kläger zu 3 und der am 19.11.1984 in Mannheim geborene Kläger zu 4 hervorgegangen.

Die Kläger zu 1, 2 und 3 reisten am 11.08.1978 aus Dorogino/Krs. Novosibirsk kommend in das Bundesgebiet ein. Sie waren dabei im Besitz von Reisepässen der UdSSR ohne Entlassung aus der sowjetischen Staatsbürgerschaft sowie von Übernahmesichtvermerken der Deutschen Botschaft in Moskau. Im Grenzdurchgangslager Friedland wurden sie am 16.8.1978 als Aussiedler registriert. Sie wurden als Vertriebene anerkannt und erhielten am 25.8.1978 Vertriebenenausweise A. Den Klägern zu 1 und 2 wurden des Weiteren deutsche Personalausweise und Reisepässe ausgestellt.

Durch Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 14.11.1984 wurden die Kläger zu 1, 2 und 3 aus der Staatsbürgerschaft der UdSSR entlassen.

Ohne sich an ihrem letzten Wohnsitz in Mannheim abzumelden, kehrten die Kläger im November 1985 in die Sowjetunion zurück. Sie sind seither in Moskau wohnhaft, wo der Kläger zu 1 eine neue Arbeitsstelle fand. Die Kläger zu 1 und 2 erhielten im Februar 1986 sowjetische Inlandspässe, der Kläger zu 3 erhielt im Januar 1993 einen russischen Pass.

Bei einer Vorsprache der Kläger in der deutschen Botschaft in Moskau am 10.4.1991 verweigerte diese die Verlängerung bzw. die Ausstellung neuer deutscher Ausweis-Dokumente mit der Begründung, die Kläger hätten die Rechtsstellung als Deutsche im Sinne des Grundgesetzes durch Wiederbegründung ihres ständigen Aufenthalts in der Sowjetunion verloren.

Am 11.5.1995 beantragten die Kläger bei der Stadt Mannheim die Erteilung von Staatsangehörigkeitsausweisen für die Kläger zu 1, 3 und 4 sowie eines Ausweises über die Rechtsstellung als Deutsche für die Klägerin. Sie machten geltend: Die berufsbedingte Verlegung des Wohnsitzes nach Moskau habe nicht zum Verlust ihrer Rechtsstellung als Deutsche geführt. Die Kläger zu 1, 3 und 4 seien Deutsche kraft Geburt. Dies ergebe sich daraus, dass der Vater des Klägers zu 1, der aus der Ukraine stammende deutsche Volkszugehörige xxxxxx xxxxxx, 1944 in den Warthegau umgesiedelt und dort eingebürgert worden sei. Die Klägerin sei Deutsche im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG kraft Aufnahme im Bundesgebiet. Die Kläger zu 1 und 2 versicherten an Eides statt, sich zu keiner Zeit durch einen Antrag oder eine ähnliche Rechtshandlung um die sowjetische Staatsbürgerschaft beworben zu haben.

Auf Veranlassung der Stadt Mannheim wurden die aus Hoffnungstal/Gebiet Odessa/Ukraine stammenden Zeugen xxxx xxxxxx, xxxxxxx xxxxxxx und xxxxx xxxxxxxxx richterlich vernommen. Die Zeugin xxxx xxxxxx erklärte unter Vorlage der am 1.11.1944 in Warta/Wartheland ausgestellten Einbürgerungsurkunde, sie selbst sei damals eingebürgert worden. Ihres Wissens seien alle Hoffnungstaler eingebürgert worden. Genaue Angaben über die Einbürgerung von xxxxxx xxxxxx könne sie nicht machen. Der Zeuge xxxxxxx xxxxxx gab an, er sei am 31.10.1944 eingebürgert worden. Seine Cousine, die spätere Ehefrau von xxxxx xxxxx, sei am 1.11.1944 eingebürgert worden. Seines Wissens hätten alle Umgesiedelten eingebürgert werden sollen. Nach der Verschleppung nach Sibirien habe er mit xxxxxx xxxxx öfters über eine Auswanderung nach Deutschland gesprochen. In diesem Zusammenhang habe dieser ihm auch von seiner Einbürgerung seinerzeit im Warthegau berichtet. Die Zeugin xxxxx xxxxxxxx erklärte, sie selbst sei ab Juni 1944 nur für etwa zwei Monate im Warthegau gewesen und später in Oberschlesien eingebürgert worden. Ihres Wissens seien alle im Warthegau verbliebenen Hoffnungstaler bis Anfang November 1944 eingebürgert worden. Ihre Familie sei damals mit der Familie xxxxxx in einem Zimmer untergebracht gewesen. Herr xxxxxx habe immer von der Einbürgerung erzählt.

Das Berlin Document Center stellte der Stadt Mannheim die dort vorhandenen Unterlagen über xxxxxx xxxxxx zur Verfügung. Die Karteikarte über eine amtsärztliche Untersuchung am 31.10.1944 - weitere Unterlagen sind nicht vorhanden - enthält keinen Eintrag über eine Einbürgerung und - anders als z.B. bei seinem Bruder - auch keine Angabe über die Zugehörigkeit zur Waffen-SS oder zu anderen Organisationen.

Mit Bescheiden vom 13.7.1998 (bzgl. der Kläger zu 1, 2 und 4) und vom 6.10.1998 (bzgl. des Klägers zu 3) lehnte die Stadt Mannheim die Anträge auf Ausstellung von deutschen Staatsangehörigkeitsausweisen bzw. Rechtsstellungsausweisen und die damit verbundene Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit bzw. Statuseigenschaft ab: Zwar hätten die Kläger mit ihrer Einreise und Aufnahme zumindest die Statuseigenschaft als Deutsche gemäß Art. 116 Abs. 1 GG erworben. Es sei auch aufgrund der durchgeführten Zeugenvernehmungen davon auszugehen, dass die Kläger zu 1, 3 und 4 von ihrem Vater bzw. Großvater die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt erworben hätten. Denn dieser habe entweder durch Sammeleinbürgerung aufgrund der Verordnung über die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit an die in die deutsche Volksliste der Ukraine eingetragenen Personen oder letztendlich durch Einzeleinbürgerung die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Die Kläger hätten jedoch die deutsche Staatsangehörigkeit bzw. die Rechtsstellung als Deutsche gemäß Art. 116 Abs. 1 GG nach § 25 Abs. 1 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes - RuStAG - wieder verloren, weil sie auf ihren Antrag hin durch Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR Nr. 3874/XI vom 25.12.1985 die Staatsangehörigkeit der Sowjetunion wieder erworben hätten. Dies gelte auch für die Klägerin, da § 25 RuStAG auf Statusdeutsche i.S.v. Art. 116 Abs. 1 GG analog anzuwenden sei. In der Person der Klägerin sei zudem der Verlusttatbestand des § 7 des Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit vom 22.2.1955 - StAngRegG - gegeben.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 15.1.1999 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe die fristgemäß eingelegten Widersprüche zurück. Zur Begründung führte es aus: Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises bzw. eines Rechtsstellungsausweises. Keiner der Kläger habe die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt gemäß § 4 RuStAG erworben. Entgegen der Auffassung der Stadt Mannheim sei die deutsche Staatsangehörigkeit des Vaters bzw. Großvaters xxxxxx xxxxxx weder nachgewiesen noch ausreichend glaubhaft gemacht. Hinweise auf eine deutsche Staatsangehörigkeit der Klägerin lägen nicht vor. Eine Einbürgerungsurkunde des xxxxxx xxxxxx sei nicht vorgelegt worden. Gegen seine Einbürgerung spreche der Umstand, dass das Berlin Document Center zwar Unterlagen über ihn aus der fraglichen Zeit besitze, diese aber keine Hinweise auf eine Einbürgerung enthielten. Auch die befragten Zeugen besäßen aufgrund eigener Erkenntnisse keinerlei Wissen über seine Einbürgerung. Eine Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit von xxxxxx xxxxxx sei nie erfolgt, eine solche ergebe sich auch nicht aus dem im Grenzdurchgangslager Friedland am 16.8.1978 ausgestellten Registrierschein. Soweit darin von einer deutschen Staatsangehörigkeit ausgegangen werde, hätten diese Eintragungen nur vorläufigen, unverbindlichen Charakter und beruhten zudem im Wesentlichen auf den Angaben des Betroffenen. Allein die Möglichkeit einer Einbürgerung und auch der Umstand, dass ein Großteil der aus Hoffnungstal stammenden Personen im Warthegau eingebürgert worden sei, lasse nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf eine Einbürgerung xxxxxx xxxxxxx zu. Nachdem ein Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch xxxxxx xxxxx nicht glaubhaft gemacht sei, könnten die Kläger zu 1, 3 und 4 die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt erworben haben. Anhaltspunkte für andere Erwerbstatbestände lägen nicht vor. Im Übrigen wäre selbst im Falle des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit durch die Kläger diese durch den nachfolgenden Erwerb der sowjetischen Staatsangehörigkeit verloren gegangen. Gemäß § 25 Abs. 1 RuStAG verliere ein Deutscher, der im Inland weder seinen Wohnsitz noch seinen dauernden Aufenthalt habe, seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag hin erfolge. Dies gelte auch für minderjährige Kinder, wenn der Vater oder die Mutter eine Einbürgerung für sich und kraft elterlicher Sorge auch für das Kind beantrage (§ 19 RuStAG). Vorliegend stehe zweifelsfrei fest, dass ein Wiedererwerb der Staatsbürgerschaft der UdSSR vorliege. Dies ergebe sich sowohl aus der Aussage der Stadt Moskau vom 12.1.1993 als auch aus den amtlichen, gegenüber der deutschen Botschaft am 5.6.1996 bzw. 10.9.1996 erteilten Auskünften des russischen Außenministeriums. Der Wiedererwerb der Staatsbürgerrechte der UdSSR ergebe sich des Weiteren aus der Tatsache, dass den Klägern sowjetische Pässe ausgestellt worden seien. Es sei international üblich, dass Heimatpässe ausschließlich an eigene Staatsangehörige ausgestellt würden. Die Behauptung der Kläger, dass nach den sowjetischen Passgesetzen ein Pass auch bei deutscher Staatsangehörigkeit ausgestellt werde, möge zutreffen; Voraussetzung sei jedoch auf jeden Fall, dass der Betreffende daneben die sowjetische Staatsangehörigkeit besitzt. Es sei nicht vorstellbar, dass die UdSSR Ausländern Heimatpässe ausgestellt habe. Vielmehr seien auch schon 1985 Ausländer als solche registriert worden und hätten eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung erhalten können. Die Wirksamkeit einer Einbürgerung sei nach dem Staatsangehörigkeitsrecht der UdSSR auch nicht an eine Veröffentlichung gebunden. Entgegen ihrer Darstellung hätten die Kläger die sowjetische Staatsangehörigkeit 1985 auch auf Antrag erworben. Ein solcher könne unterstellt werden, zumal gerade der Kläger zu 1 aus beruflichen Gründen ein erhebliches Interesse am Wiedererwerb der sowjetischen Staatsangehörigkeit gehabt habe. Zwar hätten die Kläger im Zusammenhang mit dem Erwerb der sowjetischen Staatsangehörigkeit die deutsche womöglich nicht verlieren wollen, doch sei dies im Hinblick auf die Rechtsfolge des § 25 Abs. 1 RuStAG unerheblich. Im Übrigen hätten die Kläger selbst eingeräumt, dass die sowjetische Staatsangehörigkeit keineswegs automatisch verliehen werde, sondern nur auf Antrag erworben werden könne. Gleiches gelte für den Wiedererwerb. Auch der mit der Aufnahme im Bundesgebiet am 11.8.1978 verbundene Erwerb der Rechtsstellung als Deutscher ohne deutsche Staatsangehörigkeit im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG sei durch den Erwerb der sowjetischen Staatsangehörigkeit am 25.12.1985 in analoger Anwendung von § 25 RuStAG verloren gegangen.

Am 1.2.1999 haben die Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und beantragt, die Stadt Mannheim unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 13.7.1998 und vom 6.10.1998 sowie der Widerspruchsbescheide des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 15.1.1999 zu verpflichten, ihnen Ausweise zur deutschen Staatsangehörigkeit, hilfsweise zur Statuseigenschaft nach Art. 116 Abs. 1 GG, auszustellen.

Mit Urteil vom 1.9.1999 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klagen unter Bezugnahme (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO) auf die angefochtenen Widerspruchsbescheide des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 15.1.1999 abgewiesen. Ergänzend hat es ausgeführt: Die Klägerin sei unstreitig nie im Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit gewesen. Auch die Kläger zu 1, 3 und 4 hätten einen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt gemäß § 4 RuStAG nicht nachgewiesen oder glaubhaft gemacht. Unabhängig davon wäre selbst eine durch Geburt vom Vater des Klägers zu 1 abgeleitete deutsche Staatsangehörigkeit durch die Begründung ihres dauernden Aufenthaltes in der UdSSR und die Wiederherstellung ihrer sowjetischen Staatsangehörigkeit gemäß § 25 Abs. 1 RuStAG verloren gegangen. Dies ergebe sich eindeutig aus der im Zeitpunkt der Rückkehr und der "Wiederherstellung" der Staatsbürgerschaft der UdSSR dort maßgeblichen Rechtslage, nämlich aus Art. 19 des Gesetzes über die Bürgerschaft der UdSSR vom 1.12.1978. Nach dieser Vorschrift könne einer Person, die die Bürgerschaft der UdSSR verloren habe, diese auf ihren Antrag hin durch Beschluss des Präsidiums des Obersten Sowjets wiederhergestellt werden. Dass die Kläger zu 1, 3 und 4 die Staatsbürgerschaft der UdSSR bzw. jetzt der Russischen Föderation tatsächlich wirksam erworben hätten, werde von ihnen selbst nicht substantiiert bestritten. Dies ergebe sich allein schon aus dem "Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR Nr. 3874/XI" vom 25.12.1985. Unstreitig seien die Kläger zu 1, 2 und 3 seit Februar 1986 auch im Besitz von sowjetischen Pässen. Wie das Regierungspräsidium bereits zutreffend ausgeführt habe, sei es undenkbar, dass die Behörden der UdSSR sowjetische Pässe ausgestellt hätten, ohne dass die Kläger wieder die Staatsbürgerschaft der UdSSR erworben hätten. Der Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit bewirke den Verlust der deutschen - wenn er auf den Antrag der betreffenden Person erfolgt sei -unabhängig davon, ob der Antragsteller den Willen habe, die deutsche Staatsangehörigkeit zu verlieren. Auf die weitere Behauptung der Kläger, dass es widersinnig gewesen wäre, auf die deutsche Staatsangehörigkeit zu verzichten, nachdem sie gerade erst die sowjetische Staatsangehörigkeit aufgegeben hätten, komme es daher nicht an. Die Kammer gehe vielmehr entsprechend dem offenkundigen Willen, wie er sich aus den Akten ergebe, davon aus, dass die Kläger wohl beide Staatsangehörigkeiten hätten besitzen wollen, die deutsche wegen der Möglichkeit, jederzeit nach Deutschland zurückzukehren und die sowjetische, weil sie notwendig gewesen sei, um in Moskau wohnen und vor allem arbeiten zu können. Schließlich werde von den Klägern auch nicht bestritten, dass sie zu diesem Zweck bei den sowjetischen Behörden in Moskau die Ausstellung sowjetischer Pässe beantragt hätten. Die Passbeantragung beinhalte jedoch automatisch auch den gegenüber dem sowjetischen Staat bekundeten Willen, wieder als Bürger der Sowjetunion behandelt zu werden. Den Klägern hätte bewusst sein müssen, dass die Sowjetunion wie jeder Staat einen Pass nur eigenen Bürgern ausstelle, Ausländer hingegen nur Aufenthalts- und ggf. Arbeitserlaubnisse erhalten könnten. Zutreffend habe daher auch das Regierungspräsidium darauf hingewiesen, dass die Erteilung von sowjetischen Inlandspässen an die Kläger beweise, dass diese von den sowjetischen Behörden wieder als sowjetische Staatsangehörige angesehen würden, dass sie also nach der Entlassung aus der sowjetischen Staatsbürgerschaft durch Erlass vom 14.11.1984 wieder förmlich eingebürgert worden sein müssten, was ja auch durch den Erlass vom 25.12.1985 nachgewiesen sei. Dies als einen bloßen "Automatismus" abzutun, widerspreche der eindeutigen Rechtslage in der damaligen Sowjetunion. Dementsprechend besagten auch die von der deutschen Botschaft in Moskau eingeholten Auskünfte der sowjetischen Behörden einschließlich der von den Klägern selbst vorgelegten Auskunft der Stadt Moskau eindeutig, dass hier ein förmliches Antragsverfahren, wie es das Gesetz vorschreibe, durchgeführt worden sei. Angesichts dieser eindeutigen Rechtslage einerseits sowie der Bestätigung durch die sowjetischen Behörden und die deutsche Botschaft andererseits, bedürfe es auch nicht der Einholung eines Gutachtens zu der Frage, ob - theoretisch - eine Wiederherstellung der Bürgerschaft der UdSSR ohne Antrag möglich sei. Denn selbst die rein theoretische Möglichkeit würde nicht ausreichen, nachdem aufgrund der genannten Auskünfte feststehe, dass die Kläger sich im Zusammenhang mit ihrer Rückkehr in die Sowjetunion im Jahre 1985 um die Wiederherstellung der sowjetischen Staatsbürgerschaft bemüht hätten. Dies gelte auch für den erst 1984 geborenen Kläger zu 4, auch wenn diesem, da er noch keine 16 Jahre alt gewesen sei, 1986 noch kein sowjetischer Inlandspass ausgestellt worden sei. Nachdem den Klägern zu 1, 2 und 3 sowjetische Inlandspässe ausgestellt worden seien, sei davon auszugehen, dass sich die Familie insgesamt wieder unter sowjetischen Schutz gestellt habe und dass die Anträge im Sinne des § 25 Abs. 1 RuStAG für die ganze Familie, also auch für den minderjährigen Kläger zu 4, gestellt worden seien. Schließlich hätten die Kläger auch keinen Anspruch auf Ausstellung von Rechtsstellungsausweisen. Zwar seien sie - die Klägerin unstreitig und offenkundig, die Kläger zu 1, 3 und 4 für den Fall, dass man den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt nach xxxxxx xxxxxx ablehne - durch Aufnahme als deutsche Volkszugehörige und Erteilung des Vertriebenenausweises nachweislich sog. Statusdeutsche geworden. Jedoch hätten sie diesen Status durch die Rückkehr in die Sowjetunion und den dortigen Wiedererwerb der Staatsbürgerschaft der Sowjetunion verloren. Für den Verlust der Statusdeutscheneigenschaft gelte nämlich § 25 Abs. 1 RuStAG entsprechend. Zudem sei der Verlust der Statusdeutscheneigenschaft auch aufgrund der §§ 7, 7a StAngRegG eingetreten: Nach diesen Vorschriften verliere ein Deutscher, der die deutsche Staatsangehörigkeit nicht besitze, das Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31.12.1937 freiwillig wieder verlasse und seinen dauernden Aufenthalt in dem fremden Staat nehme, aus dessen Gebiet er vertrieben worden sei, die Rechtsstellung eines Deutschen im Sinne des Grundgesetzes im Zeitpunkt der Aufenthaltsverlegung, sofern er dadurch nicht staatenlos werde. Mit der antragsgemäßen Wiederherstellung der sowjetischen Staatsbürgerschaft hätten die Kläger danach auch die Statusdeutscheneigenschaft verloren.

Mit Beschluss vom 28.5.2001 - 13 S 2452/99 -, den Klägern zugestellt am 15.6.2001, hat der Senat die Berufung der Kläger zugelassen, soweit die Kläger zu 1, 3 und 4 die Verpflichtung der Beklagten zur Ausstellung von Ausweisen zur deutschen Staatsangehörigkeit und die Aufhebung der insoweit entgegenstehenden Bescheide begehren. Bezüglich der Klägerin hat der Senat die Berufung zugelassen, soweit sie die Verpflichtung der Beklagten zur Ausstellung eines Ausweises zur Statuseigenschaft nach Art. 116 Abs. 1 GG unter Aufhebung des insoweit entgegenstehenden Bescheides begehrt. Soweit die Kläger zu 1, 3 und 4 die Verpflichtung der Beklagten zur Ausstellung von Ausweisen zur Statuseigenschaft nach Art. 116 Abs. 1 GG und die Klägerin die Verpflichtung zur Ausstellung eines Ausweises zur deutschen Staatsangehörigkeit - jeweils unter Aufhebung der dem entgegenstehenden Bescheide - begehrten, hat der Senat den Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt.

Durch Beschluss vom 28.1.2002 hat der Senat das Rubrum des Zulassungsbeschlusses dahingehend berichtigt, dass als Beklagte anstelle der Stadt Mannheim die Bundesrepublik Deutschland - vertreten durch das Bundesverwaltungsamt - tritt.

Mit am 22.6.2001 eingegangenem Schriftsatz haben die Kläger die Berufung begründet. Sie beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 1.9.1999 - 3 K 196/99 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide der Stadt Mannheim vom 13.7.1998 und vom 6.10.1998 sowie der Widerspruchsbescheide des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 15.1.1999 zu verpflichten, den Klägern zu 1, 3 und 4 einen Ausweis zur deutschen Staatsangehörigkeit und der Klägerin einen Ausweis zur Status-Eigenschaft nach Art. 116 Abs. 1 GG auszustellen.

Zur Begründung tragen sie vor: Die Kläger zu 1, 3 und 4 hätten die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt von ihrem Vater bzw. Großvater erhalten, der 1944 im Warthegau eingebürgert worden sei. Ein Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit sei durch die Übersiedlung der Familie nach Moskau im Jahr 1985 nicht eingetreten. Sie seien zunächst im November 1985 auf einer Besuchsreise in Moskau gewesen. Der Kläger zu 1, der Probleme mit seinem Mannheimer Arbeitgeber gehabt habe, habe in Moskau eine neue Arbeitsstelle gefunden. Im Dezember 1985 sei er allein nach Mannheim zurückgekehrt, während die Familie in Moskau geblieben sei. Er habe die Arbeitsstelle in Mannheim und im Januar oder Februar 1986 auch die dortige Wohnung gekündigt. Mitte Februar habe er seine neue Stelle bei der Fa. E., einem Staatsbetrieb, angetreten. Für den Bezug der Betriebswohnung hätten sie sowjetische Pässe benötigt. Diese Pässe hätten sie im Februar 1986 nicht unmittelbar von einer Behörde, sondern über einen Mann, den der Betrieb vermittelt habe, erhalten. Sie hätten diesem Vermittler Geburtsurkunden und Passbilder gegeben. Dass sie Deutsche seien, habe der Vermittler wohl nicht gewusst. Der Inlandspass sei für sie die Voraussetzung für die Arbeit, die Anmeldung und die Wohnung gewesen. Der Kläger zu 3, der 1993 auf entsprechenden Antrag unter Vorlage einer Geburtsurkunde und von zwei Passbildern einen russischen Pass bekommen habe, sei während des Studiums in Moskau zum Wehrdienst aufgefordert worden, was er im Hinblick auf seine deutsche Staatsangehörigkeit abgelehnt habe. Der Kläger zu 4 habe bis heute keine russischen Papiere. Von einer möglichen Wiederherstellung der sowjetischen Staatsangehörigkeit durch einen Ukas des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR hätten sie erst anlässlich ihrer Vorsprache bei der deutschen Botschaft zur Passverlängerung im Jahr 1991 erfahren. Dieser Ukas sei ihnen nie zugestellt oder sonst wie bekannt gegeben worden. Einen entsprechenden Antrag, der erst zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit hätte führen können, hätten sie nie gestellt. Vielmehr hätten sie von den sowjetischen Behörden lediglich Ausweispapiere begehrt, um dem Kläger zu 1 die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bei einem Staatsbetrieb und der ganzen Familie den Aufenthalt in Moskau zu ermöglichen. Einen Antrag auf Erwerb der sowjetischen Staatsangehörigkeit hätten sie nicht unterschreiben müssen; sie seien auch nicht entsprechend belehrt worden. Keinesfalls habe die Familie den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit in Kauf nehmen wollen. Gegen einen Wiedererwerb der sowjetischen Staatsangehörigkeit spreche auch, dass ein solcher im amtlichen Veröffentlichungsblatt ("Wedomost") hätte erscheinen müssen, was nicht geschehen sei. Die Klägerin habe ihre Status-Eigenschaft schon deshalb nicht durch die Wohnsitznahme in Moskau verloren, weil sie nicht freiwillig i.S.v. § 7 StAngRegG dorthin zurückgekehrt sei, sondern ihren Ehemann aus beruflichen Gründen habe begleiten müssen. Einem Verlust der Status-Eigenschaft mit Einreise in die UdSSR im Jahre 1985 stünde zudem die dann bei ihr eingetretene Staatenlosigkeit i.S.v. § 7a StAngRegG entgegen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt sie vor: Schon der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt seitens der Kläger zu 1, 3 und 4 sei fraglich, da eine Einbürgerungsurkunde des xxxxxx xxxxxx aus dem Jahr 1944 nicht vorgelegt worden sei. Dies könne aber dahinstehen, da jedenfalls durch die Wohnsitznahme in Moskau bezüglich aller Kläger ein Staatsangehörigkeits- bzw. Statusverlust eingetreten sei. Im Jahr 1985 habe nämlich für Ausländer auch die Möglichkeit einer Registrierung als Ausländer bestanden. Wenn nun tatsächlich eine Wiederherstellung der UdSSR-Bürgerschaft stattgefunden habe, müsse dies notwendigerweise auf einen Antrag der Kläger zurückzuführen sein. Sämtliche Erwerbstatbestände der UdSSR-Bürgerschaft knüpften nämlich an einen Antrag an. Unschädlich sei, dass die Kläger möglicherweise nicht explizit einen (Wieder-)Einbürgerungsantrag gestellt hätten. Als Antrag sei nämlich jede Willenserklärung anzusehen, die auf den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit gerichtet sei, wobei es genüge, dass sie für den Antragsteller im Ergebnis erkennbar den Erwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit nach sich ziehe. Die subjektiven Vorstellungen hinsichtlich des Verlusts der deutschen Staatsangehörigkeit spielten für den Eintritt der Rechtsfolge des § 25 Abs. 1 RuStAG keine Rolle. Schließlich sei im Falle der Kläger auch von einem dauernden Aufenthalt in Moskau auszugehen, da eine Rückkehr in das Bundesgebiet innerhalb absehbarer Zeit nicht erfolgt sei.

Am 20.3.2002 hat der Senat über die Berufung mündlich verhandelt. Hierzu wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 21.3.2002 hat der Senat zu verschiedenen, die mögliche Wiedereinbürgerung bzw. Einbürgerung der Kläger betreffenden Fragen Beweis erhoben durch Einholung einer amtlichen Auskunft der Kommission für Staatsangehörigkeitsangelegenheiten beim Präsidenten der Russischen Föderation. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Note des Russischen Außenministeriums vom 15.11.2002 und auf die Mitteilung der Deutschen Botschaft Moskau vom 30.12.2002 über eine Nachfrage bei der Kommission für Staatsangehörigkeitsangelegenheiten verwiesen.

Die Kläger haben dem Senat zwei von ihnen beim Staatsarchiv der Russischen Föderation eingeholte Auskünfte vom 29.3.2001 und vom 25.5.2001 vorgelegt. Ausweislich der Auskunft vom 29.3.2001 wurde die Staatsbürgerschaft der UdSSR bezüglich der Kläger zu 1, 2 und 3 durch Ukas des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR Nr. 3874-XI vom 25.12.1985 wiederhergestellt. Unter dem 25.5.2001 teilte das Staatsarchiv mit, dass keine vorbereitenden Materialien zu diesem Ukas vorhanden seien.

Die Beteiligen haben sich mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, die Behördenakten der Stadt Mannheim und die Akten des Regierungspräsidiums Karlsruhe, die dem Senat vorliegen, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 2 VwGO).

Die Berufung der Kläger ist nach ihrer Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Kläger haben die Berufung insbesondere innerhalb eines Monats nach der Zustellung des Beschlusses über ihre Zulassung ausreichend begründet und einen bestimmten Antrag gestellt (§ 124a Abs. 3 Sätze 1 und 4 VwGO a.F.). Gegenstand der Berufung ist das verwaltungsgerichtliche Urteil, soweit die Berufung zugelassen wurde. Soweit die Zulassung der Berufung abgelehnt wurde, ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe rechtskräftig geworden.

Die Berufung ist auch begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht die als Verpflichtungsklage statthafte (vgl. Senatsurteil vom 20.6.2001 - 13 S 2555/99 -, EZAR 280 Nr. 9) und auch im Übrigen zulässige Klage abgewiesen. Die Kläger zu 1, 3 und 4 haben einen Anspruch auf Ausstellung von Staatsangehörigkeitsausweisen gemäß § 39 StAG i.V.m. Nr. 1.4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht vom 13.12.2000 (GMBl. 2001 S. 122) - StAR-VwV -, weil sie gemäß § 4 Abs. 1 RuStAG durch Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben (1.) Sie haben diese auch nicht gemäß § 25 Abs. 1 RuStAG wieder verloren (2.) Der Klägerin ist gemäß §39 StAG i.V.m. Nr. 1.4 StAR-VwV ein Ausweis über die Rechtsstellung als Deutsche zu erteilen, weil sie als Ehefrau des Klägers zu 1 durch Aufnahme im Bundesgebiet die Rechtsstellung einer Deutschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG erlangt hat (3.) Diesen Status hat sie weder entsprechend § 25 Abs. 1 RuStAG noch gemäß § 7 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StAngRegG a.F. wieder verloren (4.). Die die Erteilung der bezeichneten Ausweise ablehnenden Bescheide der Stadt Mannheim vom 13.7.1998 und vom 6.10.1998 sowie die Widerspruchsbescheide des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 15.1.1999 sind daher rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Die geltend gemachten Ansprüche stehen den Klägern auch gegenüber der Beklagten zu, da diese zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats die erforderliche Passivlegitimation besitzt. Passivlegitimation bedeutet, dass der Beklagte nach materiellem Recht zu der vom Kläger begehrten Leistung bzw. Unterlassung verpflichtet ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., Vorb. § 40 RdNr. 28). Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15.7.1999 (BGBl. I S. 1618) am 1.1.2000 (vgl. Art. 5 Abs. 3 dieses Gesetzes) ist das Bundesverwaltungsamt für die Ausstellung von Ausweisen über die Staatsangehörigkeit zuständig, wenn die Antragsteller ihren dauernden Aufenthalt im Ausland haben (vgl. hierzu § 27 StAngRegG i.V.m. § 17 Abs. 2 StAngRegG i.d.F. des Art. 3 § 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts). Da die Kläger bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts ihren (bis heute fortdauernden) Hauptwohnsitz im Ausland genommen hatten, trat am 1.1.2000 ein gesetzlicher Parteiwechsel mit der Folge ein, das anstelle der ursprünglichen Beklagten (Stadt Mannheim) die Bundesrepublik Deutschland getreten ist (vgl. hierzu Eyermann/Rennert, VwGO, 11. Aufl., § 91 RdNr. 24).

1. Die Kläger zu 1, 3 und 4 haben die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt gemäß § 4 Abs. 1 RuStAG erworben.

Bezüglich des Klägers zu 1 kommt § 4 Abs. 1 RuStAG i.d.F. des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 22.7.1913 (RGBl. S. 583) zur Anwendung. Nach dieser Vorschrift erwarb das eheliche Kind eines Deutschen die Staatsangehörigkeit des Vaters, das uneheliche Kind einer Deutschen die Staatsangehörigkeit der Mutter. Der Kläger zu 1 hat als ehelicher Sohn des xxxxxx xxxxxx mit seiner Geburt am xx.x.1955 die deutsche Staatsangehörigkeit erworben.

Der Vater des Klägers zu 1, xxxxxx xxxxxx, ist zur Überzeugung des Senats 1944 im Warthegau in den deutschen Staatsverband eingebürgert worden. Zwar konnte der Staatsangehörigkeitserwerb nicht durch Urkunden nachgewiesen werden, doch verbleiben nach Würdigung der Aussagen der im Verwaltungsverfahren richterlich vernommenen Zeugen keine vernünftigen Zweifel an der Einbürgerung xxxxxx xxxxxx. Damit ist der Nachweis der Staatsangehörigkeit als erbracht anzusehen (vgl. Marx in GK-StAR, § 4 StAG RdNrn. 328 f.; siehe zur Beweiswürdigung ferner BVerwG, Urteil vom 10.1.1961 - I C 127.58 -, Buchholz 130 § 16 RuStAG Nr. 1). Zwar waren die Zeugen bei der Einbürgerung xxxxxx xxxxxxx nicht zugegen und haben auch seine Einbürgerungsurkunde nicht selbst gesehen. Sie haben jedoch übereinstimmend bekundet, dass alle deutschen Volkszugehörigen aus Hoffnungstal im Herbst 1944 im Warthegau eingebürgert worden seien. Besonderer Beweiswert kommt den Aussagen von xxxxxxx xxxxxxx und xxxxx xxxxxxxx zu. Der Zeuge xxxxxxx hat angegeben, dass er mit xxxxxx xxxxxx nach der Verschleppung nach Sibirien öfters über die Möglichkeit einer Auswanderung nach Deutschland gesprochen habe. In diesem Zusammenhang habe dieser von seiner Einbürgerung im Warthegau 1944 berichtet. Die Zeugin xxxxxxxx hat ausgesagt, dass ihre Familie und die Familie xxxxxx im Warthegau in einem Zimmer untergebracht gewesen seien. Ihre Eltern und xxxxxx xxxxxx selbst hätten immer von dessen Einbürgerung erzählt. Diese Zeugenaussage wird nicht dadurch entwertet, dass xxxx xxxxxxxx in Bezug auf ihre eigene Person angegeben hat, nicht im Warthegau, sondern zu einem späteren Zeitpunkt in Oberschlesien eingebürgert worden zu sein. Denn nach eigenem Bekunden hat sich die Zeugin xxxxxxx ab Juni 1944 nur für etwa zwei Monate im Warthegau aufgehalten, die Einbürgerungen erfolgten aber nach den übereinstimmenden Angaben aller Zeugen im Oktober/November 1944.

Indizielle Bedeutung kommt zudem dem unmittelbar nach der Einreise der Familie ins Bundesgebiet am 16.8.1978 ausgestellten Registrierschein zu, ausweislich dessen der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch xxxxxx xxxxxx im Wege der Einzeleinbürgerung glaubhaft gemacht und von der Deutschen Botschaft in Moskau bestätigt wurde.

Durchgreifende Bedenken an der Einbürgerung des xxxxxx xxxxxx ergeben sich auch nicht daraus, dass er - im Gegensatz zu seiner Frau xxxx - keine Einbürgerungsurkunde mehr vorweisen konnte. Denn die Vernichtung dieser Unterlagen war entsprechend den Zeugenaussagen nach der Verschleppung nach Sibirien nicht ungewöhnlich und angesichts der mit dem Besitz derartiger Dokumente teilweise verbundenen Repressalien ohne Weiteres nachvollziehbar. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Berlin Document Center in jedem Fall im Besitz einer Einbürgerungsurkunde sein müsste, wenn eine Einbürgerung stattgefunden hat. Denn die dortige Dokumentensammlung ist keineswegs vollständig. Einziges dort zur Person xxxxxx xxxxxx vorhandene Dokument ist eine Karteikarte über eine medizinische Untersuchung am 31.10.1944, auf der als Staatsangehörigkeit "UdSSR" vermerkt ist. Auch dies spricht nicht gegen eine Einbürgerung, weil zu diesem Zeitpunkt die Einbürgerungen der Hoffnungstaler Volksdeutschen im Warthegau noch nicht abgeschlossen waren. So erfolgte etwa die Einbürgerung seiner späteren Ehefrau xxxx xxxxxxx am 1.11.1944. Da nach den Zeugenaussagen die Einbürgerungen bis Mitte November 1944 andauerten, kann der Untersuchungskarte nur entnommen werden, dass xxxxxx xxxxxx bis zum 31.10.1944 noch nicht eingebürgert worden war. Zudem wurden die medizinischen Untersuchungen der in der Untersuchungskarte dokumentierten Art damals in der Regel im Vorfeld einer Einbürgerung durchgeführt und dienten auch der Feststellung bestimmter "rassischer Merkmale", die nach nationalsozialistischer Ideologie für die Entscheidung über die Einbürgerung von Bedeutung sein konnten. Es ist nach alledem kein plausibler Grund ersichtlich, warum xxxxxx xxxxxx, über den in der Untersuchungskarte keine Umstände vermerkt sind, die zum damaligen Zeitpunkt möglicherweise einer Einbürgerung hätten entgegenstehen können, im Gegensatz zu den übrigen Hoffnungstalern nicht im November 1944 noch eingebürgert worden sein sollte.

Auf den am 29.4.1976 geborenen Kläger zu 3 wie auch auf den am 19.11.1984 geborenen Kläger zu 4 ist § 4 Abs. 1 RuStAG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 20.12.1974 (BGBl. I S. 3714) anzuwenden. Danach erwarb das eheliche Kind durch Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil Deutscher ist, das nichteheliche Kind, wenn seine Mutter Deutsche ist. Als eheliche Kinder des Klägers zu 1 haben die Kläger zu 3 und 4 mit ihrer Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit erworben.

2. Die Kläger zu 1, 3 und 4 haben die deutsche Staatsangehörigkeit nicht gemäß § 25 Abs. 1 RuStAG in der maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Verminderung der Staatenlosigkeit vom 29.6.1977 (BGBl. I S. 1101) wieder verloren. Nach dieser Vorschrift verlor ein Deutscher, der im Inland weder seinen Wohnsitz noch seinen dauernden Aufenthalt hat, seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag oder den Antrag des gesetzlichen Vertreters erfolgte, der Vertretene jedoch nur, wenn die Voraussetzungen vorlagen, unter denen nach § 19 RuStAG die Entlassung hätte beantragt werden können. Zwar haben die Kläger ihren Wohnsitz und ihren dauernden Aufenthalt im Inland aufgegeben (a). Es lässt sich aber nicht feststellen, dass sie den (Wieder-)Erwerb der sowjetischen Staatsbürgerschaft beantragt hätten (b). Bei dieser Sachlage liegt die materielle Beweislast dafür, ob die deutsche Staatsangehörigkeit verloren gegangen ist, bei der Behörde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.1.1992 - 9 B 192.91 -, NVwZ-RR 1992, 439 <441>; Bay. VGH, Urteil vom 22.3.1999 - 11 B 96.2183 -, DVBl. 1999, 1218 <1219>; Hailbronner/Renner, Staatsangehörigkeitsrecht, 3.Aufl., § 25 StAG RdNr. 9 m.w.N.; Marx in GK-StAR, § 4 StAG RdNr. 334; Makarov/v. Mangoldt, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, § 17 RuStAG RdNr. 35).

a) Die Kläger haben ihren Wohnsitz und ihren dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet spätestens im Februar 1986 aufgegeben. Der Wohnsitzbegriff des § 25 RuStAG entsprach dem des § 7 BGB (BVerwG, Urteil vom 21.5.1985 - 1 C 52.82 -, BVerwGE 71, 309). Maßgebend war danach die ständige Niederlassung an einem Ort. In objektiver Hinsicht setzte dies eine Niederlassung in dem Sinne voraus, dass der Schwerpunkt der Lebensverhältnisse am Ort der Aufenthaltsnahme gebildet wurde. In subjektiver Hinsicht war der Wille erforderlich, den Schwerpunkt der Lebensverhältnisse dort dauernd beizubehalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.5.1985, a.a.O., S. 312; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9.10.1997 - 25 A 854/94 -, juris; Hailbronner/ Renner, a.a.O., RdNr. 26 m.w.N.). Daran gemessen haben die Kläger mit der Kündigung der Arbeitsstelle des Klägers zu 1 und der Wohnung in Mannheim sowie mit dem Eingehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses und dem Bezug einer Betriebswohnung in Moskau ihren Wohnsitz dorthin verlagert. Allein der Umstand, dass sie sich in Mannheim nicht polizeilich abgemeldet haben, reicht zum Erhalt des Wohnsitzes nicht aus (Hailbronner/Renner, a.a.O., RdNr. 29 m.w.N.). In subjektiver Hinsicht ist entscheidend, dass die Kläger sich auf einen Aufenthalt von unbestimmter Dauer in Moskau eingerichtet haben und keine konkreten Rückkehrabsichten hegten. Nichts anderes ergibt sich hinsichtlich der Begründung des dauernden Aufenthalts in Moskau. Der Begriff des dauernden Aufenthalts unterscheidet sich von dem des Wohnsitzes im Wesentlichen darin, dass er keinen rechtserheblichen Willen voraussetzt, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse abstellt (Hailbronner/Renner, a.a.O., RdNr. 30 m.w.N.).

b) Ein auf (Wieder-)Erwerb der sowjetischen Staatsangehörigkeit gerichteter Antrag der Kläger lässt sich nicht feststellen. Maßgeblich für den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit ist die auf den Erwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit gerichtete freie Willensentscheidung, die sich normalerweise im Antrag auf Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit niederschlägt (vgl. BVerwG, Urteile vom 21.5.1985 - 1 C 12.84 -, Buchholz 130 § 25 RuStAG Nr. 5 und vom 9.5.1986 - 1 C 40.84 -, Buchholz 130 § 25 RuStAG Nr. 6 sowie Beschluss vom 13.10.2000 - 1 B 53.00 -, Buchholz 130 § 25 StAG Nr. 11). Dem steht die Ausübung einer Staatsangehörigkeitsoption, eines Antrags auf Widerruf der Ausbürgerung, ein Antrag auf "Wiederherstellung" oder eine auf Wiedererwerb der Staatsangehörigkeit gerichtete Registrierung gleich (vgl. Hailbronner/Renner, a.a.O., RdNr. 10; Makarov/v. Mangoldt, a.a.O., § 25 RuStAG RdNrn. 29-31). Bei Minderjährigen genügt jede Willensbetätigung der Sorgeberechtigten, die erkennen lässt, dass sie mit ihrer eigenen Einbürgerung auch diejenige des Kindes herbeiführen wollen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.5.1985 - 1 C 12.84 -, a.a.O.; OVG Berlin, Urteil vom 9.11.2000 - 5 B 14.99 -, juris). Vorliegend haben die Kläger glaubhaft versichert, keinen derartigen Antrag gestellt zu haben. Antragsunterlagen liegen nach der bei der Kommission für Staatsangehörigkeitsangelegenheiten beim Präsidenten der Russischen Föderation als jetzt zuständiger Behörde eingeholten Auskunft auch nicht vor, so dass eine Antragstellung unmittelbar nicht nachweisbar ist. Die Kommission für Staatsangehörigkeitsangelegenheiten verfügt ausweislich der Note des Außenministeriums der Russischen Föderation vom 15.11.2002 über keine Dokumente des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR. Auch im Staatsarchiv der Russischen Föderation befinden sich ausweislich der dem Kläger zu 1 am 25.5.2001 erteilten Auskunft keine Materialien zu dem Ukas des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 25.12.1985, durch den die sowjetische Staatsbürgerschaft der Kläger zu 1, 2 und 3 wiederhergestellt und dem Kläger zu 4 verliehen worden sein soll. Der Antrag auf Ausstellung von Ausweispapieren ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kein Antrag im Sinne des § 25 Abs. 1 RuStAG und beinhaltet auch keinen solchen, denn er ist nicht auf die Erlangung der Staatsangehörigkeit gerichtet (vgl. zu diesem Erfordernis Makarov/v. Mangoldt, a.a.O., RdNr. 32 m.w.N.). Die Erteilung von sowjetischen Inlandspässen setzte vielmehr die sowjetische Staatsangehörigkeit voraus (vgl. I.1. der Verordnung über das Passsystem in der UdSSR, bestätigt durch Beschluss des Ministerrates der UdSSR vom 28.8.1974, Nr. 677, dt. Übersetzung abgedruckt in: osteuropa-archiv 1977, A 252 ff. sowie die Ausführungen weiter unten - S. 23/24 - zur Bedeutung der sowjetischen Inlandspässe der Kläger zu 1 und 2).

Auch die Rechtslage lässt keinen zwingenden Rückschluss darauf zu, dass die Kläger einen Antrag auf (Wieder-)Einbürgerung gestellt haben müssen. Zwar sieht das Gesetz über die Bürgerschaft der UdSSR vom 1.12.1978 (dt. Übersetzung abgedruckt in: Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, UdSSR) einen Bürgerschaftserwerb nur auf Antrag vor. Dies gilt gleichermaßen für den erstmaligen Erwerb durch ausländische Staatsangehörige (Art. 15 des Gesetzes) wie auch für den Wiedererwerb (sog. Wiederherstellung; Art. 19 des Gesetzes). Der Senat konnte jedoch nicht die Überzeugung gewinnen, dass tatsächlich entsprechend der damaligen Rechtslage verfahren worden ist. Ernsthafte Zweifel ergeben sich daraus, dass die zuständigen Behörden nicht ausschließen konnten, dass eine (Wieder-)Einbürgerung ohne Antrag erfolgt sein könnte. Das Außenministerium der Russischen Föderation übermittelte der deutschen Botschaft unter dem 10.9.1996 die Auskunft, dass sich nach Mitteilung der Kommission für Staatsangehörigkeitsfragen nicht feststellen lasse, ob die Kläger auf Antrag oder "automatisch", d.h. von Amts wegen, wieder eingebürgert worden seien. Die Hauptverwaltung des Inneren der Stadt Moskau verfügt ebenfalls über keine Erkenntnisse bezüglich des Grundes des Wiedererwerbs der sowjetischen Staatsbürgerschaft durch die Kläger, wie sie dem Kläger zu 1 am 12.1.1993 mitteilte. Die im Beweisbeschluss des Senats vom 21.3.2002 formulierte Frage, ob nach der damaligen Rechtspraxis der Wiedererwerb bzw. Erwerb der sowjetischen Staatsangehörigkeit auch ohne entsprechenden Antrag möglich gewesen sei, wurde zunächst nicht beantwortet. Auf Rückfrage der Botschaft in Moskau wurde sie von einer Mitarbeiterin der Kommission für Staatsangehörigkeitsangelegenheiten mit "theoretisch nicht" beantwortet. Stellt man in Rechnung, dass die UdSSR kein Rechtsstaat nach unserem Verständnis war, kann unter Würdigung der vorliegenden Auskünfte nicht ausgeschlossen werden, dass die Kläger tatsächlich - wie von ihnen vorgetragen - keinen Antrag auf Wiederherstellung der Staatsbürgerschaft gestellt haben. Gegen ihre Darstellung spricht im übrigen auch nicht entscheidend, dass sie erst 1991 wegen der Verlängerung ihrer bereits 1988 (Kläger zu 1) bzw. 1986 (Klägerin) ungültig gewordenen Reisepässe auf der Botschaft vorgesprochen haben. Denn sie haben glaubhaft dargelegt, in dieser Zeit nicht nach Deutschland gereist und daher auch keinen Bedarf an deutschen Ausweispapieren gehabt zu haben. Angesichts der Auskunftslage kommt entgegen der Auffassung der Beklagten auch kein prima-facie-Beweis dergestalt in Betracht, dass aus der erfolgten (Wieder-)Einbürgerung - deren Wirksamkeit in diesem Zusammenhang noch keiner Prüfung bedarf; zu den auch insoweit bestehenden, durchgreifenden Zweifeln vgl. unten 4. - entsprechend der Rechtslage auf einen ihr zugrunde liegenden Antrag geschlossen werden könnte. Eine weitere Sachaufklärung ist nicht möglich, da nicht ersichtlich ist, welche Stelle noch zur damaligen Rechtspraxis in der UdSSR in Staatsangehörigkeitssachen Auskunft geben könnte. Rechtsnachfolgerin der UdSSR ist - auf ihrem Territorium - die Russische Föderation. An die dort für Staatsangehörigkeitsangelegenheiten zuständige, beim Präsidenten eingerichtete Kommission hat der Senat sich gewandt und - wenn auch letztlich ergebnislos - auf der Beantwortung der gestellten Beweisfragen beharrt.

3. Die Klägerin ist durch Aufnahme im Bundesgebiet Deutsche im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG geworden. Deutscher im Sinne des Grundgesetzes ist nach dieser Vorschrift, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31.12.1937 Aufnahme gefunden hat. Die Klägerin hat danach als Ehefrau des Klägers zu 1, eines Vertriebenen deutscher Volkszugehörigkeit, die Status-Eigenschaft gemäß Art. 116 Abs. 1 GG erlangt. Sie ist als Ehefrau eines Vertriebenen gleichzeitig mit diesem im Bundesgebiet aufgenommen worden (vgl. zum Begriff der Aufnahme BVerwG, Urteil vom 12.5.1992 - 1 C 37.90 -, BVerwGE 90, 181 und das Senatsurteil vom 12.9.2002 - 13 S 2321/01 - jeweils m.w.N. sowie Hailbronner/Renner, a.a.O., Art. 116 GG RdNrn. 71 ff. <75>).

4. Diesen Status hat die Klägerin nicht durch Übersiedlung in die Sowjetunion wieder verloren, und zwar weder entsprechend § 25 Abs. 1 RuStAG (a), noch gemäß § 7 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StAngRegG a.F. (b).

a) Auf Statusdeutsche wird der Verlusttatbestand des § 25 RuStAG analog angewandt (vgl. dazu Hailbronner/Renner, a.a.O., § 25 StAG RdNr. 4 m.w.N.), da deutsche Volkszugehörige nicht weitergehende Rechte beanspruchen können als deutsche Staatsangehörige. Insoweit gelten die Ausführungen unter 2. auch für die Klägerin.

b) Nach der - mit Wirkung ab 1.8.1999 aufgehobenen (vgl. Hailbronner/Renner a.a.O., § 7 StAngRegG a.F., RdNr. 11) - Vorschrift des § 7 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StAngRegG a.F. verlor die Rechtsstellung eines Deutschen im Zeitpunkt der Aufenthaltsverlegung, wer seinen dauernden Aufenthalt freiwillig in den Vertreibungsstaat verlegte. Der Verlust der Rechtsstellung trat indessen gemäß § 7a StAngRegG a.F. nicht ein, wenn der Betroffene dadurch staatenlos wurde. Dies wäre bei der Klägerin der Fall, da ein wirksamer Erwerb der Staatsbürgerschaft der UdSSR nicht festgestellt werden kann (vgl. hierzu Makarov/v. Mangoldt, a.a.O., § 25 RuStAG RdNr. 26). Nach der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin (dies gilt im Übrigen für alle Kläger) wirksam (wieder-)eingebürgert wurde. Damit liegt der Verlusttatbestand, für den die Beklagte die materielle Beweislast trägt (vgl. Makarov/v. Mangoldt, a.a.O., Art. 116 GG RdNr. 66), nicht vor:

Der Erwerb der sowjetischen Staatsangehörigkeit richtet sich nach sowjetischem Recht. Für eine erfolgte Wiedereinbürgerung spricht lediglich der Ukas vom 25.12.1985, der aber nicht im Wortlaut vorliegt und zu dessen Inhalt widersprüchliche Auskünfte der russischen Stellen übermittelt wurden. Nach der Note des Außenministeriums der Russischen Föderation vom 15.11.2002 wurde durch den genannten Ukas den Klägern zu 1, 2 und 3 die Staatsbürgerschaft der UdSSR wiederverliehen, dem Kläger zu 4 wurde die Staatsbürgerschaft verliehen. Nach der dem Kläger zu 1 vom Staatsarchiv der Russischen Föderation am 29.3.2001 erteilten Auskunft wurde die Staatsbürgerschaft der Kläger zu 1, 2 und 3 wiederhergestellt. Eine Einbürgerung des Klägers zu 4 ist nach dieser Auskunft nicht erfolgt. Nachdem die russischen Stellen sich nicht in der Lage gesehen haben, den Ukas im Original oder in Abschrift vorzulegen, ist danach bereits äußerst ungewiss, ob der Kläger zu 4 von ihm umfasst wurde. Bezüglich aller Kläger ergeben sich schließlich erhebliche Wirksamkeitszweifel daraus, dass die (Wieder-)Herstellung der Staatsbürgerschaft - wie oben dargelegt - entgegen Art. 19 des Gesetzes über die Bürgerschaft möglicherweise ohne Antrag erfolgte und der Ukas den Klägern auch nicht bekannt gegeben wurde, sich jedenfalls ihre Einlassung, sie hätten erst 1991 davon erfahren und den Ukas selbst nie gesehen, nicht widerlegen lässt. Die Einbürgerung ohne erforderlichen Antrag, also die Oktroyierung einer Staatsangehörigkeit, ist ein besonders schwerer Fehler, der nach deutschem Recht zur Nichtigkeit der Einbürgerung führen würde (vgl. Makarov/v. Mangoldt, a.a.O., § 16 RuStAG RdNr. 29 m.w.N.). Ob dieser Mangel auch nach sowjetischem Recht zur Nichtigkeit einer Einbürgerung führte, kann letztlich dahinstehen. Denn nach der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass die Einbürgerung nach sowjetischem Recht zu ihrer Wirksamkeit der Veröffentlichung bedurft hätte. Die entsprechende Beweisfrage des Senats im Beschluss vom 21.3.2002 wurde von der Kommission für Staatsangehörigkeitsangelegenheiten beim Präsidenten der Russischen Föderation auf Nachfrage der deutschen Botschaft in diesem Sinne beantwortet. Auch nach der von der deutschen Botschaft mit Schreiben vom 18.3.2002 geäußerten Rechtsauffassung waren alle Einbürgerungen zu veröffentlichen. Für eine entsprechende Verwaltungspraxis spricht auch das von den Klägern vorgelegte Sachregister der "Wedomosti" für 1986, welches sowohl eine Aufnahme in die Bürgerschaft der UdSSR als auch eine Wiederherstellung der Bürgerschaft der UdSSR verzeichnet. Eine Veröffentlichung in den "Wedomosti" konnte im Falle der Kläger indessen nicht nachgewiesen werden.

Auch die Ausstellung von sowjetischen Inlandspässen an die Kläger zu 1 und 2 spricht nicht zwingend für deren wirksame Wiedereinbürgerung. Zwar wurden Inlandspässe nach der damals gültigen Pass-Verordnung vom 28.8.1974 nur an sowjetische Staatsbürger ausgegeben. Zur Antragstellung war jedoch lediglich die Vorlage der Geburtsurkunde und von zwei Passbildern erforderlich (II.10. der Verordnung). Da die Kläger über sowjetische Geburtsurkunden verfügten, gingen die zuständigen Behörden möglicherweise von ihrer sowjetischen Staatsbürgerschaft aus, ohne dies näher zu prüfen. Dies erscheint umso wahrscheinlicher, als die Kläger nach ihrem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung bei Antragstellung nicht auf ihre deutsche Staatsangehörigkeit hingewiesen haben. In gleicher Weise lässt sich die spätere Erteilung eines russischen Passes an den Kläger zu 3 erklären.

Zweifelhaft erscheint auch, ob die russischen Behörden selbst die Wiedereinbürgerung der Kläger durch den Ukas vom 25.12.1985 als wirksam betrachten. Dagegen spricht, dass der Kläger zu 3 sich durch bloßen Hinweis auf seine deutsche Staatsangehörigkeit der Einberufung zum Wehrdienst entziehen konnte.

Abschließend weist der Senat darauf hin, dass die Klägerin, die nach alledem über den Status als Deutsche i.S.d. Art. 116 Abs. 1 GG verfügt, gemäß § 40a Satz 1 StAG i.d.F. des Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15.7.1999 (BGBl. I S. 1618) am 1.8.1999 die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat. Trotz des gesetzlichen Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit kann die Beklagte allerdings in diesem Verfahren nicht zur Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises verpflichtet werden, da die Klägerin ihren Berufungsantrag entsprechend der nur eingeschränkt zugelassenen Berufung beschränkt hat (vgl. § 88 VwGO).

Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich der Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht aus §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO in entsprechender Anwendung, hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens waren hälftig zu teilen, da das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig geworden ist, soweit die Berufung nicht zugelassen wurde.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Beschluss vom 5. Juni 2003

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird nach §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 25 Abs. 2 Satz 1 GKG i.V.m. § 5 ZPO in entsprechender Anwendung auf 16.000,-- EUR festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 2 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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