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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 19.11.2008
Aktenzeichen: 13 S 2066/07
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 60 Abs. 1
VwGO § 60 Abs. 2 Satz 1
Ein Wiedereinsetzungsgrund nach § 60 Abs. 1 VwGO muss noch innerhalb der Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO so substantiiert und detailliert wie möglich vorgetragen werden (im Anschluss an BVerwG, Beschluss vom 6.12.2000 - 2 B 57/00 -, Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 236).

Zur Fristenüberprüfung und zum Vertrauen auf rechtzeitige Zusendung von Schriftsätzen mithilfe eines sog. Internet-Faxdienstleisters.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

13 S 2066/07

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Rücknahme von Aufenthaltsbefugnissen u.a.

hat der 13. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg

am 19. November 2008

beschlossen:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. November 2006 - 2 K 5016/04 - wird verworfen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin ist 1984 in Berlin geboren; ihre Eltern waren 1981 als Asylbewerber in das Bundesgebiet eingereist und hatten geltend gemacht, staatenlose Kurden aus dem Libanon zu sein. Nach Ablehnung der Asylanträge der Eltern wurde die Familie zunächst geduldet; der Vater erhielt erstmals 1993 eine Aufenthaltsbefugnis. Die Klägerin selbst erhielt am 30.3.1998 eine Aufenthaltsbefugnis, die antragsgemäß regelmäßig, zuletzt bis zum 26.3.2003, verlängert wurde. Grundlage der Verlängerung war ein Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 12.8.1991 betreffend staatenlose Kurden aus dem Libanon. Die Klägerin beantragte am 19.3.2003 die Erteilung einer weiteren Aufenthaltsbefugnis.

Mit Bescheid vom 1.10.2003 nahm die Beklagte die seit dem 30.3.1998 erteilten Aufenthaltsbefugnisse mit Wirkung auf den jeweiligen Erteilungszeitpunkt zurück und lehnte die Anträge auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis sowie einer Aufenthaltsbefugnis ab; die Klägerin wurde zur Ausreise aufgefordert, und ihr wurde die Abschiebung in die Türkei angedroht. Zur Begründung führte die Behörde aus, die Eltern der Klägerin seien, wie sich aufgrund polizeilicher Ermittlungen herausgestellt habe, türkische Staatsangehörige, so dass die bisherigen Aufenthaltsbefugnisse nach § 48 LVwVfG zurückzunehmen seien. Die Klägerin könne sich nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen, weil bei ihren Eltern davon auszugehen sei, dass der Verwaltungsakt jeweils durch arglistige Täuschung erwirkt worden sei. Dies sei ihr zuzurechnen.

Der Widerspruch der Klägerin wurde durch Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 18.11.2004 zurückgewiesen.

Im Klageverfahren hat das Verwaltungsgericht die Klage mit Urteil vom 22.11.2006 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Rücknahmeentscheidung lägen hinsichtlich sämtlicher in der Vergangenheit erteilten Aufenthaltsbefugnisse vor. Die Klägerin sei zweifelsfrei türkische Staatsangehörige, so dass ihr keine Aufenthaltsbefugnis nach den Erlassvorschriften des Innenministeriums zugestanden habe. Die Rücknahme sei auch innerhalb der Jahresfrist erfolgt und ermessensfehlerfrei ergangen. Der Klägerin habe jedenfalls im Rahmen einer sog. Parallelwertung in der Laiensphäre bekannt sein müssen, dass sie die Tochter türkischer Staatsangehöriger sei. Ihr sei trotz ihrer langen Aufenthaltsdauer und ihrer Bindungen im Bundesgebiet eine Rückkehr in die Türkei auch zumutbar. Einen Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis habe sie nicht.

Mit Beschluss vom 23.8.2007 - zugestellt am 7.9.2007 - hat der Senat die Berufung der Klägerin zugelassen.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 8.10.2007, in vollständiger Form eingegangen per Telefax beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg am 9.10.2007 um 6.38 Uhr, die Berufung unter Bezugnahme auf den Zulassungsantrag begründet. Die Begründung führt aus, die Klägerin habe keine eigene Kenntnis von der türkischen Staatsangehörigkeit ihres Vaters oder ihrer Mutter gehabt; selbst wenn eine Täuschungshandlung vorliege, sei diese ihr nicht zuzurechnen. Außerdem habe die Beklagte kein Ermessen ausgeübt, und der Klägerin stehe ein Aufenthaltsrecht aus §§ 23a, 25 und 26 AufenthG zu.

Am 9.10.2007 ist dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin per Telefax mitgeteilt worden, der Schriftsatz vom 8.10.2007 sei beim Verwaltungsgerichtshof als Fax am 9.10. um. 6.38 Uhr eingegangen; er wurde um Vorlage seines Fax-Sendeberichts gebeten. In einem am gleichen Tag als Fax eingegangenen Schriftsatz, der allerdings das Datum vom 8.10.2007 trägt, teilte der Prozessbevollmächtigte mit, eine Vorlage des Fax-Sendeberichts sei momentan nicht möglich, da in einem Abstand von jeweils 50 Fax-Zusendungen mit fortlaufender Nummer Sendejournale erstellt würden. Es müsse abgewartet werden, bis die 50 Fax-Zusendungen erreicht seien. Am 24.10.2007 reichte der Prozessbevollmächtigte ein Sendejournal vom 11.10.2007 nach, das hinsichtlich des zunächst nur zweiseitigen unvollständigen Berufungsbegründungsschriftsatzes ein Eingabedatum vom 8.10. und eine Eingabeuhrzeit von 22.15 Uhr aufweist und hinsichtlich des vollständigen unterschriebenen vierseitigen Berufungsbegründungsschriftsatzes ein Eingabedatum vom gleichen Tag und eine Eingabezeit von 23.36 Uhr und 23.46 Uhr aufweist. In der Spalte "Ergebnisse" befindet sich ein sog. OK-Vermerk.

Mit Verfügung vom 30.10.2007 hat der Senat im Zusammenhang mit der Prüfung einer Wiedereinsetzungsproblematik dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin anheimgestellt mitzuteilen, wann die am Nachmittag und Abend des 8.10.2007 als Fax gesendeten Schriftsätze (mit Ausnahme der hier interessierenden Schriftsätze) und die am 9.10.2007 nach 23.15 Uhr gesendeten Schriftsätze jeweils beim Empfänger eingegangen sind.

Die Klägerin hat mit einem am 9.11.2007 als Fax übersandten Schriftsatz vom gleichen Tag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung trägt der frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin vor, seine Kanzlei verwende, erkennbar an der Telefaxnummer, das Internet als Medium für Faxnachrichten, daher könne nur davon ausgegangen werden, dass es sich um Probleme beim Internetserver oder beim Server des Internetfaxdienstleisters oder bei seinem eigenen Dienstanbieter, der den Internetzugang bereitstelle, handeln könne, oder aber auch um allgemeine Probleme des Internets selbst. Dies habe nicht herausgefunden werden können, da es zu viele Möglichkeiten und unbekannte Parameter gebe, die eine Rolle gespielt haben könnten. Höchst vorsorglich werde vorgetragen, er habe nicht wissen können, dass die Berufungsbegründungen bzw. Telefaxnachrichten erst am nächsten Tag (9.10.2007) beim Verwaltungsgerichtshof eingingen, da er mit einer solchen Verzögerung nicht habe rechnen können.

Der Senat hat im August 2008 von dem für den früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin tätig gewordenen Internetdienstleister xxxxxx eine Auskunft zur Dauer der Faxübermittlung eingeholt; xxxxxxx hat am 13.8.2008 mitgeteilt, nach den unternehmensinternen Beobachtungen dauere der Versand im Regelfall fünf bis zehn Minuten. Durch Probleme auf Seiten des Empfängers könne diese Zeit um ein Vielfaches überstiegen werden. Es mache technisch keinen Unterschied, um welche Tageszeit ein Fax verschickt werde. Das "Online-Fax" von xxxxxx benachrichtige den Kunden grundsätzlich darüber, ob das Fax den Empfänger erreicht habe. Ausnahmen seien bisher nicht bekannt, könnten aber nicht ausgeschlossen werden. Diese Angabe stelle nur eine unverbindliche Beurteilung des Unternehmens xxxxxx dar.

Nach einem Wechsel des Prozessbevollmächtigten hat der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 15.10.2008 zur Glaubhaftmachung des Wiedereinsetzungsantrags vorgetragen, mit einer derartigen Verzögerung bei der Übersendung seiner Faxschreiben habe der frühere Prozessbevollmächtigte nicht rechnen können. Die Übertragung seiner Faxschreiben dauere üblicherweise nur wenige Minuten, da sich der Dienstleister xxxxxxxx für ihn bis dahin als äußerst zuverlässig erwiesen habe. Einer besonderen Vorsicht bei Versendung von Faxschreiben am Abend oder gar in der Nacht habe es daher nicht bedurft. Schließe ein Sendevorgang erfolgreich ab, so dürfe der Rechtsanwalt konkret auf die tatsächlich erfolgreiche Versendung innerhalb weniger Minuten vertrauen. Zur Glaubhaftmachung werde darauf hingewiesen, dass die von dem früheren Prozessbevollmächtigten am 8.10., 9.10. und 10.10.2007 versandten sonstigen Faxschreiben (an sonstige Empfänger) jeweils innerhalb nur weniger (eins bis neun) Minuten nach Versand beim Faxempfänger eingegangen seien. Entsprechende Empfangsbestätigungen der sonstigen Faxempfänger sind vorgelegt worden. Zusätzlich wird vorgetragen, die Klägerin selbst hätte erst im Rahmen der dem neuen Prozessbevollmächtigten gewährten Akteneinsicht von dem Problem erfahren.

Auf entsprechende Anforderung hat die Gerichtsangestellte K. beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg am 23.1.2007 eine dienstliche Äußerung vorgelegt, wonach es am Morgen des 9.10.2007 keine Auffälligkeit an dem Faxgerät des Gerichts gegeben habe. Es hätten etliche fehlerfrei übertragene Telefaxe vorgelegen, die zwischen Dienstende des Vortags und Dienstbeginn am 9.10. morgens eingegangen gewesen seien. Anzeichen dafür, dass es bei der Übertragung von Faxen Schwierigkeiten hätte geben können, seien nicht erkennbar. Das Faxgerät sei am Morgen des 9.10.2007 im Bereitschafts-Modus gewesen; Papier und Toner seien noch vorrätig gewesen. Der dienstlichen Erklärung ist ein Journalausdruck über die Eingänge am 8.10. und 9.10.2007 beigefügt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22.11.2006 - 2 K 5016/04 - abzuändern, den Bescheid der Beklagten vom 1.10.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 18.11.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zu verwerfen.

Sie ist der Auffassung, die Berufung sei nicht innerhalb der hierfür vorgesehnen Monatsfrist begründet worden und daher unzulässig. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lägen nicht vor. Der frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe schuldhaft die Begründungsfrist versäumt und überdies die Wiedereinsetzung nicht rechtzeitig beantragt. Jedenfalls sei die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurückzuweisen.

Der Senat hat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss nach § 125 Abs. 2 Satz 2 VwGO hingewiesen.

Dem Senat liegen die die Klägerin betreffenden Behördenakten und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts vor; auf ihren Inhalt wird verwiesen. Sie waren Gegenstand der Beratung.

II.

Der Senat kann durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Berufung unzulässig ist und die Beteiligten hierzu gehört worden sind (siehe § 125 Abs. 2 Satz 1 bis 3 VwGO).

Die Berufung ist unzulässig und war daher zu verwerfen (§ 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO); die Klägerin hat die von ihr zu beachtende Berufungsbegründungsfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) versäumt, und ihr ist auch die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 Abs. 1 VwGO) nicht zu gewähren.

Der Beschluss des Senats über die Zulassung der Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil ist der Klägerin ausweislich des Empfangsbekenntnisses ihres damaligen Prozessbevollmächtigten (§§ 56 Abs. 2 i.V.m. § 174 Abs. 1 ZPO) am 7.9.2007 zugestellt worden. Die Monatsfrist des § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO endete damit am 8.10.2007 um 24.00 Uhr; der 7.10.2007 war nämlich ein Sonntag (siehe § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 2 ZPO). Ausweislich des gerichtlichen Sendejournals ist jedoch die Berufungsbegründung durch Telefax ihres Prozessbevollmächtigten erst am 9.10.2007 um 6.38 Uhr vollständig eingegangen; dieser Zeitpunkt gilt als Eingangszeitpunkt, da die kurz zuvor (um 6.30 Uhr) eingegangenen zwei Seiten des Berufungsbegründungsschriftsatzes unvollständig waren.

Der fehlerfreie Empfang der Berufungsbegründungsschrift um 6.38 Uhr ergibt sich im vorliegenden Fall aus der dienstlichen Äußerung der Leiterin der gerichtlichen Posteingangsstelle vom 23.11.2007; danach gab es in der fraglichen Zeitspanne 8./9.10.2007 keine Auffälligkeiten am Faxgerät, und mehrere fehlerfrei übertragene Telefaxe lagen vor, die zwischen dem Dienstende des 8.10.2007 und dem Dienstbeginn am 9.10.2007 morgens eingegangen waren. Das Faxgerät des Verwaltungsgerichtshofs befand sich im Bereitschaftsmodus; Papier und Toner waren vorrätig (zu Fristproblemen bei Fehlern am Empfangsgerät vgl. Roth in NJW 2008, 785 m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).

Die danach vorliegende mehrstündige Überschreitung der für die Berufungsbegründung geltenden Monatsfrist des § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO ist auch nicht nach den Grundsätzen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 Abs. 1 VwGO) rechtlich unschädlich. Es fehlt sowohl an einem ausreichend substantiierten Wiedereinsetzungsantrag (1.), als auch an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass die Nichteinhaltung der Monatsfrist durch den damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin ohne dessen Verschulden erfolgt wäre (2.).

1. Nach § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Berufungsbegründungsfristen innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen (§ 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO), und innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen (§ 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an einem innerhalb der gesetzlichen Frist ausreichend substantiiert gestellten Wiedereinsetzungsantrag. Der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat zwar mit einem am 9.11.2007 beim Gericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und damit die Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO gewahrt, da er am 9.10.2007 durch den Senat von der Verspätung Kenntnis erhielt; der Antrag entspricht jedoch nicht den formellen Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Bundesgerichtshofs als auch des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat anschließt, müssen grundsätzlich innerhalb der Antragsfrist "sämtliche Umstände, die für die Frage von Bedeutung sind, auf welche Weise und durch wessen Verschulden es zur Fristversäumnis gekommen ist," dargelegt werden (siehe BVerwG, Beschluss vom 6.12.2000 - 2 B 57/00 -, Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 236 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Erforderlich ist eine rechtzeitige substantiierte und schlüssige Darstellung der für die Wiedereinsetzung wesentlichen Tatsachen (siehe dazu BVerwG, Beschlüsse vom 19.8.1997 - 7 B 261.97 -, Buchholz 310 § 133 n.F. VwGO Nr. 26 S. 14 und vom 29.1.1999 - 1 B 4.99 -, Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 221 S. 1), und weitere Wiedereinsetzungsgründe in tatsächlicher Hinsicht können nach Ablauf der Frist (abgesehen von bloßen Ergänzungen und Erläuterungen) nicht mehr vorgetragen werden (siehe BVerwG, Beschluss vom 6.12.2000, a.a.O. m.w.N.). Diesen Anforderungen entspricht der Wiedereinsetzungsantrag des früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin unter mehreren Gesichtspunkten nicht:

Dem früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist bereits am Tag des Eingangs des Berufungsbegründungsschriftsatzes per Telefax mitgeteilt worden, dass dieser Schriftsatz beim Verwaltungsgerichtshof verspätet eingegangen ist; gleichzeitig wurde er um Vorlage des Fax-Sendeberichts betreffend die Schriftsätze vom 8.10.2007 gebeten (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 26.4.2002 - 3 B 31/02 -, juris; VGH München, Beschluss vom 24.2.2005 - 1 Cs 04.3045 -, NJW 2006, 169; BVerfG, Beschluss vom 30.5.2007 - 1 BvR 756/07 -, NVwZ 2007, 1421 m.w.N.). Der frühere Prozessbevollmächtigte hat hierauf zur Frage der ihm obliegenden Ausgangskontrolle (siehe dazu OVG Koblenz, Urteil vom 27.8.2007 - 2 A 10492/07 -, juris) zunächst lediglich vorgetragen, die Vorlage eines Einzelfax-Sendeberichts sei ihm nicht möglich, da in seiner Kanzlei Sendejournale erstellt würden, die in einem Abstand von 50 Fax-Zusendungen unter fortlaufender Nr. angefertigt würden. Danach hat er am 24.10.2007 ein "Sammel-Sendejournal" vom 11.10.2007 vorgelegt, ohne weitere Ausführungen zu der Frage zu machen, auf welchen Gründen die Verspätung des Eingangs des Berufungsbegründungsschriftsatzes beruhen könnte und wie er jeweils den rechtzeitigen Zugang von Schriftsätzen kontrolliert. Anders als bei der Verwendung eines eigenen Faxgeräts mit entsprechender unmittelbarer Ausgangskontrolle und auch anders als beim sog. Computerfax ist im vorliegenden Fall für die Versendung ein Dritter eingeschaltet worden, was die Erfüllung der dem Absender obliegende Kontrollpflicht wesentlich erschwert. Als der Senat noch innerhalb der Antragsfrist zur Wiedereinsetzung (und ihrer Begründung) mit Verfügung vom 30.10.2007 dem früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin "anheimgestellt hat" mitzuteilen, wann die am Nachmittag und Abend des 8.10.2007 gesendeten Schriftsätze mit Ausnahme der im vorliegenden Fall interessierenden Schriftsätze und die am 9.10.2007 nach 23.15 Uhr gesendeten Schriftsätze jeweils beim Empfänger eingegangen sind, hat der frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin hierauf nicht reagiert; er hat stattdessen im Wiedereinsetzungsantrag vom 9.11.2007 (und zu dessen Begründung) pauschal ausgeführt, es könne "nur davon ausgegangen werden, dass es sich um Probleme beim Internetserver, oder Server des Internetfaxdienstleisters, oder unserem eigenen Dienstanbieter, welcher unseren Internetzugang bereitstellt, handeln (könne), oder aber auch allgemeine Probleme des Internet selbst". Dies habe nicht herausgefunden werden können, da es zu viele Möglichkeiten und unbekannte Parameter gebe, welche eine Rolle gespielt haben könnten. Jedenfalls habe weder er noch sonst jemand mit einer solchen Verzögerung rechnen können. Mit diesem Vortrag hat der frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin seinen Pflichten zur Darlegung der konkreten Umstände der Übersendung des Berufungsbegründungsschriftsatzes in keiner Weise genügt. Der bloße Hinweis darauf, es könne sich um Probleme beim Internetfaxdienstleister handeln, lässt die Frage offen, ob mit solchen Problemen gerechnet werden durfte oder nicht; auch wird die Frage der Zuverlässigkeit des Internetdienstleisters nicht angesprochen und erst recht nicht im Sinn der Klägerin positiv beantwortet. Die Details der Übersendung (Einscannen des Schriftsatzes, Übersendung per mail an den Internetdienstleister zur Faxübermittlung?, vgl. dazu die Verfügung des Vorsitzenden vom 6.8.2008) werden in keiner Weise dargelegt. Erst der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat zur Vorbereitung des Schriftsatzes vom 15.10.2008 veranlasst, dass sein Vorgänger durch Angabe (und Beleg) entsprechender Zugangsdaten die noch innerhalb der Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO ergangene gerichtliche Verfügung vom 30.10.2007 erfüllt; die Frist zum Vortrag der eine Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen nach § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO war allerdings fast ein Jahr früher, nämlich am 9.11.2007, abgelaufen. Damit hat der frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin die ihm obliegenden Pflichten als Prozessbevollmächtigter schuldhaft verletzt; es ist nicht Aufgabe des Gerichts, selbst von Amts wegen denkbare Kausalabläufe und entsprechende Wiedereinsetzungsgründe zu ermitteln, sondern der Prozessbevollmächtigte selbst muss - wie ausgeführt - rechtzeitig eine substantiierte und schlüssige Darstellung der für die Wiedereinsetzung wesentlichen Tatsachen vortragen (siehe BVerwG, Beschluss vom 6.12.2000 a.a.O. m.w.N.).

2. Hiervon abgesehen wäre auch aus inhaltlichen Gründen eine Wiedereinsetzung in die versäumte Pflicht zur Vorlage der Berufungsbegründung nicht zu gewähren gewesen; auch insofern liegt ein im Sinn des § 60 Abs. 1 VwGO schuldhaftes Verhalten des früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin vor.

Nach dem glaubhaft gemachten Vortrag des jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin (Schriftsatz vom 15.10.2008) ist zwar davon auszugehen, dass die von dem früheren Prozessbevollmächtigten an den Internetfaxdienstleister xxxxxxx geleiteten (sonstigen) Schriftsätze vom 8.9.2007 und vom 9.9.2007 die jeweiligen Empfänger innerhalb so kurzer Zeit erreicht haben, dass auch bei der hier zu beurteilenden Übermittlung des Berufungsbegründungsschriftsatzes vom 8.9.2007 (Absendung um 23.36 Uhr) noch von einem Zugang beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg vor 24.00 Uhr hätte ausgegangen werden können; eine entsprechende Verlässlichkeit der rechtzeitigen Faxübermittlung war jedoch im vorliegenden Fall nicht gegeben, wie dem früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin bekannt sein musste. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des hier beauftragten Internetfaxdienstleisters xxxxxx (siehe dort) gewährleistet dieser nicht, dass die registrierungspflichtigen Dienste jederzeit erreichbar, verfügbar, fehlerfrei und pünktlich sind. Aufgrund von technischen Schwierigkeiten, die außerhalb des Einflussbereichs liegen, kann es danach zu Zugriffs- und Übertragungsverzögerungen oder -ausfällen kommen. Eine Gewähr dafür, dass versandte Mitteilungen, Daten oder Inhalte den Empfänger überhaupt, zu einem bestimmten Zeitpunkt und vollständig erreichen, wird nicht übernommen, und xxxxxx gewährleistet auch nicht, dass die Dienste jederzeit erreichbar und fehlerfrei sind. Auf den Transport von Daten über das Internet oder das www hat xxxxxxx keinen Einfluss, und für Schäden durch kurzfristige Ausfälle der maßgeblichen Server oder Ausfälle, die auf Wartungsarbeiten beruhen, wird nicht gehaftet. Darin wird deutlich, dass der verwendete Internetfaxdienstleister gerade nicht dafür einstehen will, dass die ihm übertragenen Daten per Telefax den gewählten Empfänger ordnungsgemäß und fristgerecht erreichen. Eine entsprechende Zuverlässigkeit des Internetfaxdienstleisters wird damit nicht dargetan. Dem steht auch nicht die vom Senat eingeholte Auskunft von xxxxxx vom 13.8.2008 entgegen; sie bestätigt zwar, dass nach den unternehmensinternen Beobachtungen der Versand im Regelfall fünf bis zehn Minuten dauert; betont aber andererseits, dass diese Angaben nur unverbindliche Beurteilungen des Unternehmens selbst darstellten. Bereits aus den Sende- bzw. Empfangsdaten der im hier zu entscheidenden Verfahren von dem früheren Prozessbevollmächtigten mit Hilfe von xxxxxx sonst gefaxten Schriftsätze ergibt sich, dass der frühere Prozessbevollmächtigte nicht von einem schnellen Versand seiner Schriftsätze ausgehen konnte. So wurde beispielsweise der einseitige Schriftsatz vom 10.12.2007 ausweislich der hierauf befindlichen Sende- und Empfangsdaten um 19.05 Uhr von dem früheren Prozessbevollmächtigten gesendet, jedoch beim Verwaltungsgerichtshof erst um 19.53 Uhr empfangen, so dass sich eine Versendungsdauer von 48 Minuten ergibt. Das zweiseitige Fax vom 9.11.2007 wurde ausweislich des Sendeausdrucks um 19.02 Uhr versendet, beim Gericht jedoch erst um 19.54 Uhr empfangen. Auch hier ist eine erhebliche zeitliche Differenz (42 Minuten) zu verzeichnen. Zum Teil ist zwar nur ein kurzer Übertragungsvorgang im Abstand weniger Minuten festzustellen (etwa Schriftsätze vom 18.8. und Empfangsbekenntnis vom 7.9.2007, Schriftsätze vom 9. und 24.10.2007). Andererseits gibt es aber auch zeitliche Differenzen, die lediglich durch eine falsch eingestellte Uhrzeit beim Sende- oder Empfangsgerät erklärlich sind. So wurde das einseitige Telefax des früheren Prozessbevollmächtigten vom 26.11.2007 ausweislich des Datenaufdrucks um 17.12 Uhr gesendet, jedoch nach dem Empfangsausdruck um 17.09 Uhr, also drei Minuten vorher, empfangen; gleiches gilt für die Telefaxe vom 27.4.2007 und das Empfangsbekenntnis vom 18.8.2007, bei denen jeweils - objektiv unmöglich - die ausgedruckte Empfangszeit um 2 bzw. 4 Minuten der Sendezeit vorausging. Dass die Zeituhr beim Empfangsgerät des Verwaltungsgerichtshofs falsch eingestellt gewesen sein könnte, dafür spricht für den Senat nichts; es ist daher davon auszugehen, dass die Fehlerquelle hier in der Sphäre des früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin liegt.

Angesichts dieser Ungereimtheiten kann der Senat auch inhaltlich nicht davon ausgehen, dass der frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin bei einer Versendung des Schriftsatzes (Weiterleitung um 23.36 Uhr bzw. 23.46 Uhr) annehmen durfte, diese würden noch vor 24 Uhr den Verwaltungsgerichtshof als Empfänger erreichen. Der Absender darf nämlich nur darauf vertrauen, dass die Zusendung eines Schriftsatzes an das Gericht nicht wesentlich länger dauern wird als bei seinen sonstigen Schriftsätzen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 25.11.2004 - XII ZR 320/03 -, NJW 2005, 678). Es kommt hinzu, dass kurz vor Ablauf der prozessualen Fristen die Sorgfaltspflicht des Absenders hinsichtlich des rechtzeitigen Zugangs erhöht ist (siehe dazu LSG Sachsen, Beschluss vom 5.3.2007 - C 2 O 108/04 -; siehe BGH, a.a.O.; Sodan/Ziekow, VwGO, 2006, Rn 60 zu § 60 m.w.N.). Die Auswertung der jeweiligen Absende- und Empfangsdaten der einzelnen an den Senat gefaxten Schriftsätze des früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin ergibt jedenfalls, dass es sich hier bei der Weiter-Übermittlung durch xxxxxx gerade nicht um einen einmaligen und damit nicht vorhersehbaren "Ausreißer" gehandelt hat. Angesichts des in weniger als einer halben Stunde drohenden Fristablaufs war ein entsprechendes Vertrauen auf den noch rechtzeitigen Zugang des Berufungsbegründungsschriftsatzes damit nicht gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG). Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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