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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 22.11.2006
Aktenzeichen: 13 S 2157/06
Rechtsgebiete: AufenthG, BGB, GG


Vorschriften:

AufenthG § 25 Abs. 5
BGB § 1685 Abs. 2
GG Art. 6
Das einem sog. de-facto-Vater als Bezugsperson eines Kindes in § 1685 Abs. 2 BGB eingeräumte Umgangsrecht mit dem Kind ist kein Anspruch, der im Rahmen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG ein rechtliches Ausreisehindernis begründen kann.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

13 S 2157/06

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Aufenthaltserlaubnis

hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

hat der 13. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg

am 22. November 2006

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. August 2006 - 4 K 2631/06 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige, insbesondere rechtzeitig eingelegte (§ 147 Abs. 1 VwGO) und begründete (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerde kann sachlich keinen Erfolg haben; die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren rechtliche Überprüfung der Senat beschränkt ist (siehe § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) führen nicht dazu, dass der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts abzuändern und die aufschiebende Wirkung der von dem Antragsteller erhobenen Klage gegen die Ablehnung einer Aufenthaltserlaubnis bzw. Niederlassungserlaubnis und die damit verbundene Abschiebungsandrohung anzuordnen wäre.

Der Antragsteller, ein Staatsangehöriger von Serbien-Montenegro albanischer Volkszugehörigkeit, reiste als Bürgerkriegsflüchtling 1998 in das Bundesgebiet ein und schloss dort im Jahr 1999 als geduldeter Ausländer die Ehe mit einer serbischen Staatsangehörigen; diese Ehe wurde am 22.6.2005 rechtskräftig geschieden. Die von ihm nach negativem Abschluss seines Asylverfahrens beantragte Aufenthaltserlaubnis wurde wegen unerlaubter Einreise und fehlender Sicherung des Lebensunterhalts abgelehnt (Verfügung vom 22.11.2000). Aufgrund eines während des sich anschließenden Gerichtsverfahren geschlossenen Vergleichs (2.5.2001) reiste der Antragsteller vorübergehend aus dem Bundesgebiet aus. Nachdem er im Visumsverfahren wegen Familienzusammenführung Unterlagen über die Sicherung des Lebensunterhalts vorgelegt hatte, reiste er zwischen dem 17.9.2001 und dem 31.10.2001 wieder zu seiner damaligen Ehefrau ein. Auf entsprechenden Antrag erhielt er am 24.4.2002 eine Aufenthaltserlaubnis, die in der Folgezeit mehrfach verlängert wurde. In einem Verlängerungsverfahren hatten der Antragsteller und seine Ehefrau am 26.2.2004 der Ausländerbehörde gegenüber schriftlich erklärt, die eheliche Lebensgemeinschaft in Ostfildern bestehe fort, woraufhin die Verlängerung erfolgte. Im vorliegenden Verfahren geht es um eine weitere Verlängerung; diese war durch Bescheid der Behörde vom 28.2.2006 wegen Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft abgelehnt worden.

Mit der hiergegen beim Verwaltungsgericht anhängigen Klage und im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO hat der Antragsteller geltend gemacht, die eheliche Lebensgemeinschaft mit seiner (inzwischen geschiedenen) Ehefrau habe bis zum November 2003 und damit die erforderliche Zwei-Jahres-Dauer bestanden. Außerdem hat sich der Antragsteller darauf berufen, dass er inzwischen mit einer (inzwischen ebenfalls geschiedenen) deutschen Staatsangehörigen, mit der er schon während seiner Ehezeit eine Beziehung gehabt habe, zusammengezogen sei und deren Kind betreue; auch hieraus stehe ihm ein Aufenthaltsrecht zu.

In dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht Stuttgart ausgeführt, der Antragsteller habe nicht substantiiert geltend gemacht, dass die eheliche Lebensgemeinschaft mit seiner früheren Frau länger als bis zum März/April 2003 bestanden habe; damals sei seine frühere Ehefrau in eine eigene Wohnung nach Heilbronn gezogen und habe seither von ihm getrennt gelebt. Er habe selbst vorgetragen, dass die Ehe daran gescheitert sei, dass er nicht bereit gewesen sei, mit seiner früheren Ehefrau nach Heilbronn umzuziehen; er habe auch schon vorher (2002/2003) eine außereheliche Beziehung zu seiner jetzigen Lebensgefährtin aufgenommen. Das Trennungsdatum November 2003 sei im Scheidungsverfahren mit Bedacht angegeben worden, um dem Antragsteller die zweijährige Ehebestandszeit zu sichern. Wegen seiner falschen Erklärung über die Ehebestandszeit am 26.2.2004 gegenüber der Ausländerbehörde sei darüber hinaus ein Strafverfahren anhängig. Die tatsächlich bestehende Lebensgemeinschaft mit dem Sohn seiner Lebensgefährtin verschaffe dem Antragsteller keinen Aufenthaltserlaubnisanspruch, da kein nach Art. 6 GG geschütztes rechtliches Band zwischen ihm und seiner Lebensgefährtin bzw. ihrem Sohn bestehe. Eine Heirat oder Adoption sei bisher nicht in Aussicht genommen.

Die Beschwerdebegründung führt im Teil I ("Sachverhalt") aus, die frühere Ehefrau habe trotz des Bezugs einer eigenen Wohnung in Heilbronn im März/April 2003 noch die Hoffnung gehabt, dass der Antragsteller ihr nachziehen werde; dies sei dann endgültig im November 2003 nicht mehr in Betracht gekommen. Es habe sich hier um einen schleichenden Vorgang gehandelt. Seine jetzige Lebensgefährtin sei erst im Juli 2003 geschieden worden, und erst im Dezember 2005 sei er zu ihr nach Neuhausen gezogen. Im Teil II ("Rechtliche Würdigung") führt die Beschwerdebegründung aus, ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bestehe hier aus § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 6 GG. Zwischen dem Antragsteller und dem Kind seiner Lebensgefährtin habe sich eine echte "Vater-Kind-Beziehung" im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelt; es handle sich bei ihm um einen sog. de-facto-Vater, dessen Umgangsrecht aus § 1685 BGB geschützt sei. Sowohl er als auch das Kind hätten familienrechtlich einen Umgangsanspruch, und ausländerrechtlich dürfe dieses familienrechtliche Verhältnis nicht auseinander gerissen werden. Es sei offensichtlich, dass es allein dem Kindeswohl entspreche, wenn er hier im Bundesgebiet bleiben und sein Umgangsrecht mit dem Kind ausüben könne. Das Kind habe auch deswegen die Scheidung seiner Eltern einigermaßen gut verkraftet, weil er zu ihm eine väterliche Bindung aufgebaut habe. Auch der geschiedene Ehegatte seiner Lebensgefährtin sei der Auffassung, dass eine erneute Trennungssituation für das Kind nicht zu verkraften sei. Die tatsächlich bestehende Lebensgemeinschaft werde durch zahlreiche von ihm übernommene Aufgaben gegenüber dem Kind konkretisiert und sei ohne weiteres belegbar; auch emotional bestehe eine feste Bindung. Hilfsweise werde eine Sachverständigenstellungnahme des Jugendamtes oder die Einholung eines kinderpsychologischen Sachverständigengutachtens beantragt.

Der Antragsteller erstrebt mit der Beschwerde der Sache nach die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage und hilfsweise die Verpflichtung des Antragsgegners zu seiner vorläufigen Duldung bis zur Entscheidung über seine Klage.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Der Beschwerdevortrag des Antragstellers, auf dessen rechtliche Überprüfung - wie dargelegt - der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, führt nicht zu der von dem Antragsteller beantragten Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses; auch kommt die zusätzlich (nach Ablauf der Beschwerdefrist) hilfsweise beantragte Erteilung einer Duldung an den Antragsteller nicht in Betracht.

Was den Umfang der durch den Senat vorzunehmenden beschwerdegerichtlichen Überprüfung angeht, so ist bereits fraglich, ob die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft und insbesondere zu deren Ende im März/April 2003 in der Beschwerdebegründung überhaupt angegriffen werden, ob also insoweit "Gründe" geltend gemacht sind, die in diesem Punkt dem Senat die Überprüfung nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO eröffnen; der Antragsteller hat sich nämlich zur Frage der Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht im Zusammenhang mit rechtlichen Angriffen gegen den angefochtenen Beschluss (Teil II der Beschwerdebegründung) auseinandergesetzt. Dort legt der Antragsteller ausschließlich dar, ihm stehe ein Aufenthaltserlaubnisanspruch aus § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 6 GG zu, während das Vorliegen eines Anspruchs aus § 31 Abs. 1 AufenthG nicht (mehr) geltend gemacht wird. Lediglich die Sachverhaltsdarstellung in der Beschwerdebegründung (Teil I) enthält die Behauptung, die frühere Ehefrau des Antragstellers habe gehofft, er werde ihr nach Heilbronn nachziehen, "was dann endgültig im November 2003 nicht mehr in Betracht kam, obwohl ... erst im Lauf des Jahres 2004 endgültig klar wurde, dass die Ehe kein Zweck mehr hatte, da bestimmte ursprüngliche Pläne nicht verwirklicht werden konnten". Selbst wenn man dies als Geltendmachung rechtlicher Angriffsgründe gegen den angefochtenen Beschluss wertet, woran erhebliche Zweifel bestehen, würden die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum Ende der ehelichen Lebensgemeinschaft im März/April 2003 hierdurch nicht substantiiert in Frage gestellt. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass bereits seit 2002 eine außereheliche Beziehung des Antragstellers zu seiner jetzigen Lebensgefährtin bestand und dass er selbst vorgetragen hat, die Ehe sei daran gescheitert, dass er nicht mehr bereit gewesen sei, zu seiner früheren Ehefrau nach Heilbronn umzuziehen. Selbst wenn damals die frühere Ehefrau des Antragstellers die Hoffnung gehabt haben mag, die eheliche Lebensgemeinschaft werde trotz ihres Umzugs nach Heilbronn fortbestehen oder wenigstens wieder aufgenommen, liegt eine offensichtliche Unterbrechung dieser Lebensgemeinschaft bereits im März/April 2003 vor, die ausländerrechtlich beachtlich ist. Der Antragsteller macht im Beschwerdeverfahren auch nicht geltend, er sei z.B. nur durch äußere Umstände an einem Umzug nach Heilbronn gehindert gewesen oder es sei (gemeinsam) beabsichtigt gewesen, trotz der äußeren Trennung der Wohnsitze die eheliche Lebensgemeinschaft weiterzuführen. Insofern hätte Anlass zu besonderem Sachvortrag bestanden (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.3.1998 - 13 S 2792/96 -, VBlBW 1998, S. 352 und BVerwG, Urteil vom 9.12.1997 - 1 C 19.96 -, InfAuslR 1998, S. 272). Die gegenüber der Behörde bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis am 26.2.2004 abgegebene gemeinsame Erklärung über die in Ostfildern bestehende eheliche Lebensgemeinschaft war danach inhaltlich nicht zutreffend. Der Behörde gegenüber war behauptet worden, die frühere Ehefrau sei (lediglich) zur Zeit geschäftlich sehr eingebunden und habe daher bei der Behörde nicht erscheinen können (siehe Aktenvermerk AS 201). Auch die spätere Erklärung vom 23.6.2004 (gemeinsame, eheliche Wohnung in Ostfildern, zur Zeit räumliche Trennung, Absicht der Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft, "wenn sie wieder zurückkommt") entsprach nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers nicht der Realität. Insofern hat damit auch der Senat von dem in dem angefochtenen Beschluss angenommenen Trennungszeitpunkt und damit von einer zu kurzen Ehedauer auszugehen. Er hat wegen § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auch nicht zu prüfen, ob wegen der Folgen einer Ausreise des Antragstellers für das Kind seiner Lebensgefährtin eine Sondersituation nach § 31 Abs. 2 Satz 1 AufenthG vorliegt, die ein Absehen von der grundsätzlich erforderlichen Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft ermöglichen könnte (vgl. dazu auch Hailbronner, Ausländerrecht, Rdnr. 18 zu § 31 AufenthG).

Soweit die Beschwerdebegründung in ihren rechtlichen Angriffen gegen die angefochtene Entscheidung (allein) das Bestehen eines Aufenthaltserlaubnisanspruchs aus § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 6 GG behauptet, verhilft dies der Beschwerde gleichfalls nicht zum Erfolg; ein solcher Aufenthaltserlaubnisanspruch für den Antragsteller besteht nicht.

Nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer der - wie zur Zeit der Antragsteller (siehe § 81 Abs. 4 i.V.m. § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) -vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der grundgesetzlich gebotene Schutz der Familie aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG - auf ihn beruft sich der Antragsteller - ein solches (rechtliches) Ausreisehindernis begründen kann (siehe dazu zuletzt BVerwG, Urteil vom 27.6.2006 - 1 C 14.05 - m.w.N. zur Zumutbarkeitsprüfung; OVG Saarland, Urteil vom 15.9.2006 - 2 R 1/06 -juris; Hess.VGH, Urteil vom 7.7.2006 - 7 UE 509/06 - juris; OVG Münster, Beschluss vom 7.2.2006 - 18 E 1534/05 -, NVwZ-RR 2006, 576). Ein solches rechtliches Ausreisehindernis folgt insbesondere aus dem von dem Antragsteller geltend gemachten - und vom Senat auch unterstellten - "de-facto-Vater-Kind-Verhältnis" zum Sohn seiner Lebensgefährtin nicht. Das ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 6 Abs. 1 GG und nach ganz herrschender Auffassung in der Literatur ist der grundgesetzliche Schutz der "Familie", auf den es im vorliegenden Zusammenhang ankommt, nur für solche Familien gegeben, die bürgerlich rechtlich als "umfassende Gemeinschaft zwischen Eltern und Kindern" - seien sie ehelich oder nichtehelich - aufzufassen sind (siehe dazu die Nachweise bei Jarass-Pieroth, GG, 2004, Rn 4 zu Art. 6 und Leibholz-Rinck, GG, Rn 60 f. zu Art. 6 sowie Dreier, GG, 2004, Rdnr. 67 und 78 zu Art. 6). Wenn auch nicht nur die rechtliche Beziehung zwischen Eltern und Kindern, sondern auch die tatsächliche Lebens- und Erziehungsgemeinschaft geschützt wird (siehe dazu BVerfG, Beschluss vom 8.6.1977 - 1 BvR 265/75 -, E 45, 104, 123; Beschluss vom 30.11.1988 - 1 BvR 37/85 -, E 79, 203, 211 und Leibholz-Rinck a.a.O.), setzt dieser Schutz doch immer eine bestehende Eltern-Kind-Beziehung voraus. In der auch in der Beschwerdebegründung aufgegriffenen Entscheidung vom 9.4.2003 (- 1 BvR 1493/96 u.a. -, NJW 2003, 2151) hat das Bundesverfassungsgericht dieses Erfordernis mehrfach ausdrücklich betont; wenn es die biologische Vaterschaft als zulässigen Anknüpfungspunkt grundrechtlichen Schutzes aus Art. 6 Abs. 2 GG ansieht, sofern zwischen dem biologischen Vater und dem Kind eine besondere sozial-familiäre Beziehung besteht, knüpft es als Ausgangspunkt an eine (tatsächliche) Vaterschaft an (vgl. dazu auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 29.6.2004 - 13 S 990/04 -, InfAuslR 2004, 389 m.w.N.; vgl. auch Dreier a.a.O. Rdnr. 78, der bei gemeinsamen Kindern von der "nichtehelichen Familie" spricht). Auch die späteren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts - speziell diejenigen zur ausländerrechtlichen Bedeutung des Art. 6 Abs. 1 GG (siehe etwa Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852; vom 6.7.2004 - 2 BvR 1001/04 -, InfAuslR 2005, 48; vom 8.12.2005 - 2 BvR 1001/04 -, AuAS 2006, 26 und vom 23.1.2006 - 2 BvR 1935/05 -, NVwZ 2006, 682;) - betreffen ebenso wie schon frühere Entscheidungen (siehe etwa Beschluss vom 30.1.2002 - 2 BvR 23100 -, NVwZ 2002, 849) Fallkonstellationen, in denen entweder eine rechtliche oder aber eine biologische Vaterschaft vorlag. Das bedeutet nicht, dass der Grundgesetzgeber das Bestehen einer tatsächlichen sozial-familiären Beziehung zwischen einem "de-facto-Vater" und dem Kind seiner Lebensgefährtin in irgend einer Weise missbilligen würde; der spezielle für Ehe und Familie verfassungsrechtlich gebotene Schutz kommt einer solchen Familien-Konstellation aber nicht zu.

Daran ändert es nichts, dass der Gesetzgeber in § 1685 BGB aus Anlass der erwähnten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Umgangsrecht des biologischen Vaters vom 9.4.2003 eine spezielle Vorschrift für den Umgang des Kindes mit anderen Bezugspersonen als den eigentlichen Verwandten geschaffen hat; nach dieser Vorschrift haben ein Umgangsrecht mit dem Kind auch "enge Bezugspersonen des Kindes, wenn diese für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen oder getragen haben", und eine solche Übernahme tatsächlicher Verantwortung "ist in der Regel anzunehmen, wenn die Person mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat". Der Gesetzgeber ist mit dieser Regelung über das verfassungsrechtlich Gebotene hinausgegangen, auch wenn er die Absicht gehabt haben sollte, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum biologischen Vater lediglich familienrechtlich nachzuvollziehen (vgl. dazu Palandt, BGB, 64. Aufl. 2005, Rn 1 und 6 zu § 1685 und BGH, Beschluss vom 9.2.2005 - XII ZB 40/02 -, FamRZ 2005, 705). Art. 6 Abs. 1 GG steht einer solchen Erweiterung zwar nicht entgegen (siehe Jarass-Pieroth a.a.O. m.w.N.); ein solcher weitergehender privatrechtlicher Familienbegriff unterfällt jedoch nicht mehr dem Schutzbereich der Vorschrift (siehe BVerfG, Beschluss vom 10.11.1981 - 1 BvR 894/78 -, E 59, 63). Hieraus folgt, dass ein entsprechendes Umgangsrecht des Antragstellers gegenüber dem Kind seiner jetzigen Lebensgefährtin kein höherrangiges Recht darstellt, das nach der oben zitierten Rechtsprechung zur Bedeutung des Art. 6 GG im Rahmen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG für diese Vorschrift zu beachten wäre.

Auch als einfach-gesetzliche Vorschrift stellt das Umgangsrecht des Antragstellers zu dem Kind seiner jetzigen Lebensgefährtin kein rechtliches Abschiebungshindernis dar. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und ebenso die Literatur gehen davon aus, dass im Rahmen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG unter Gesichtspunkten des Familienschutzes lediglich höherrangige Vorschriften, insbesondere solche des Verfassungs- und des Völkervertragsrechts, ein rechtliches Abschiebungshindernis begründen, sofern nicht unmittelbar gleichrangige ausländerrechtliche Vorschriften wie etwa § 60 AufenthG eingreifen (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 27.6.2006 a.a.O.; Göbel-Zimmermann ZAR 2005, S. 278 und Marx ZAR 2006, 262). Es liegt für den Senat auf der Hand, dass nicht jedes Recht oder jeder Anspruch, den das einfach gesetzliche Recht einem Ausländer einräumt, im Rahmen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG zur Unzumutbarkeit der Ausreise führt. In zahlreichen Fällen wird die Durchsetzung bestehender Ansprüche - etwa zivilrechtlicher, versicherungsrechtlicher oder arbeitsrechtlicher Art - bei einer nach der Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis erforderlichen Ausreise erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht werden, ohne dass nach der Systematik des AufenthG die Ausreise rechtlich unmöglich wäre. Dies gilt besonders für die ausländerrechtliche Relevanz spezieller familienrechtlicher Konstellationen: Angesichts der Spezialvorschriften des Aufenthaltsgesetzes insbesondere zum Aufenthalt aus familiären Gründen, die ihrerseits spezielle Anforderungen wie etwa die Ausübung der Personensorge oder das Bestehen der familiären Gemeinschaft im Bundesgebiet enthalten (siehe etwa § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 oder Satz 2 AufenthG), kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber des Aufenthaltsgesetzes die bei dessen Inkrafttreten bereits neu geschaffene Vorschrift des § 1685 Abs. 2 BGB als Grundlage eines Rechtsanspruchs angesehen hat, der auf dem Umweg über § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG eine Umgehung der speziell geregelten familienbezogenen Zugangsmöglichkeiten ermöglichen würde. Dem entspricht es, dass die verfassungs- und verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung im Rahmen dieser Vorschrift bisher auch nur höherrangige Rechtsnormen als diejenigen des Aufenthaltsgesetzes hat ausreichen lassen, um die Unzumutbarkeit einer Ausreise zu belegen. Bei einer existenziellen Gefährdung eines Kindes durch die Ausreise einer Bezugsperson im Sinn des § 1685 Abs. 2 BGB mag sich eine solche im Rahmen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG beachtliche Schranke aus Art. 1 Abs. 1 oder Art. 2 Abs. 1 und 2 GG ergeben; eine solche extrem zugespitzte Situation ist aber mit dem Vortrag, das Kindeswohl verlange die weitere Anwesenheit des Antragstellers, noch nicht geltend gemacht. Zudem spricht viel dafür, dass der Antragsteller in einem solchen Fall nicht selbst klage- bzw. antragsbefugt wäre (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 27.8.1996 - 1 C 08.94 -, NVwZ 1997, 1116 und VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.2.1999 - 11 S 1854/98 -, VBlBW 1999, S. 342). Er hätte es mit seiner Lebensgefährtin ohnehin in der Hand, durch die Schaffung eines Stiefkindverhältnisses für die Beziehung zu dem Kind im Rahmen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG den Schutz des Art. 6 GG zu erlangen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.3.2001 - 13 S 2643/00 -, InfAuslR 2001, 283).

Soweit der Antragsteller mit dem hilfsweise gestellten Antrag die Verpflichtung des Antragsgegners zu seiner weiteren Duldung begehrt, kann der Antrag bereits aus prozessualen Gründen keinen Erfolg haben; insofern handelt es sich um eine im Beschwerdeverfahren unzulässige Erweiterung des Streitgegenstandes, da ein entsprechender Antrag in erster Instanz nicht gestellt worden ist. Unabhängig hiervon würde dem Antragsteller ein auf die angefochtene Entscheidung bezogener entsprechender Abänderungsanspruch auch deswegen nicht zustehen, weil für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes im vorliegenden Fall zu Recht nicht § 123, sondern § 80 Abs. 5 VwGO einschlägig ist (siehe § 123 Abs. 5 VwGO).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 2 i.V.m. § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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