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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 12.09.2002
Aktenzeichen: 13 S 2321/01
Rechtsgebiete: GG, StAG


Vorschriften:

GG Art. 116 Abs. 1
StAG § 40a Satz 1
Deutsche Volkszugehörige, die in das Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31.12.1937 geflüchtet waren und dieses vor Inkrafttreten des Grundgesetzes (24.5.1949) wieder verlassen hatten, haben - unabhängig davon, ob dies freiwillig oder auf Grund von Zwangsmaßnahmen erfolgte - nicht im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG "Aufnahme gefunden" und daher den Status als Deutsche ohne deutsche Staatsangehörigkeit nicht erworben.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

13 S 2321/01

Verkündet am 12.9.2002

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Staatsangehörigkeit

hat der 13. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Stumpe, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Jaeckel-Leight und die Richterin am Verwaltungsgericht Jann aufgrund der mündlichen Verhandlung am 11. September 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. April 2001 - 7 K 5292/00 - geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerinnen begehren die Feststellung, deutsche Staatsangehörige zu sein.

Die am 7.10.1967 in Fergana/Usbekistan geborene Klägerin zu 1 ist die Mutter der ebenfalls dort am 15.2.1995 beziehungsweise am 9.10.1996 geborenen Klägerinnen zu 2 und zu 3. Die Klägerin zu 1 reiste im August 1996 mit einem Besuchervisum ins Bundesgebiet ein, um ihren hier lebenden Vater zu besuchen; in der Folgezeit kehrte sie nach Usbekistan zurück. Am 10.8.1998 reiste sie erneut mit einem Besuchervisum ein und meldete sich am 12.8.1998 unter der Anschrift ihres Vaters in Ostfildern an. Im November 1998 verließ sie das Bundesgebiet erneut.

Der Vater der Klägerin zu 1, xxxxxxx xxxxxxxx, wurde am 7.2.1939 in Kassel, Odessa, Ukraine geboren. Er wurde mit seiner Familie 1944 ins "Wartheland" verbracht. Sein Vater, der Großvater der Klägerin zu 1, wurde am 5.12.1944 in Erlenhof, "Wartheland" eingebürgert. Von 1944 bis August 1945 lebte der Vater der Klägerin mit seiner Familie in Kemberg/Wittenberg/Sachsen-Anhalt. Von dort wurde er im August 1945 in die ehemalige UdSSR (Tjulkino-Puschkari/Udmurtia) verschleppt. Er reiste gemeinsam mit seiner Ehefrau und zwei jüngeren Schwestern der Klägerin zu 1 am 2.12.1989 ins Bundesgebiet ein, wo seine Mutter und sein Bruder xxxxxx bereits seit 1980 lebten. Dem Vater der Klägerin wurde am 9.4.1990 ein Vertriebenenausweis A erteilt. Am 6.6.1991 wurde er eingebürgert.

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 2.6.1998 an das Landratsamt Esslingen beantragten die Klägerinnen die Feststellung des Status als Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG und die Ausstellung entsprechender Ausweise sowie die Einbürgerung nach § 9 StAngRegG. Zur Begründung beriefen sie sich darauf, ihr Vater beziehungsweise Großvater, xxxxx-xxx xxxxxxx, sei in den Bereich des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 geflohen, wo er in Kemberg/Landkreis Wittenberg Aufnahme gefunden habe. Seine spätere Verschleppung in die UdSSR habe daran nichts geändert. Er sei somit Statusdeutscher i.S.d. Art. 116 Abs. 1 GG und die Klägerin zu 1 habe diesen Status als seine Tochter erworben. Jedenfalls seien die Klägerinnen Vertriebene und beantragten ihre Einbürgerung nach § 9 StAngRegG. In der Folgezeit legte er ein von der Klägerin zu 1 nicht unterzeichnetes Formular eines Antrags auf Einbürgerung und die Anmeldung der Klägerin zu 1 in Ostfildern vor und teilte mit, die Klägerin zu 1 habe sich als Vertriebene und Abkömmling eines Vertriebenen im Bundesgebiet niedergelassen. Ihre Ausreise im November 1998 sei nur im Hinblick auf die Verweigerung eines Aufenthaltstitels durch die Ausländerbehörde erfolgt und daher nur vorübergehend gewesen.

Mit Bescheid vom 11.5.1999 lehnte das Landratsamt Esslingen die Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises beziehungsweise eines Ausweises über die Eigenschaft als Statusdeutsche nach Art. 116 Abs. 1 GG ab. Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Klägerinnen seien keine deutschen Staatsangehörigen, insbesondere hätten die Klägerin zu 1, und damit auch deren Kinder, die Klägerinnen zu 2 und 3, die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt nach §§ 3 Nr. 1, 4 Abs. 1 Satz 1 RuStAG vom Vater der Klägerin zu 1 erworben, da dieser zur Zeit ihrer Geburt kein deutscher Staatsangehöriger gewesen sei. Denn eine Einzeleinbürgerung ihres Vaters könne nicht nachgewiesen werden. Die Klägerin zu 1 habe auch nicht die Eigenschaft als Statusdeutsche analog § 4 RuStAG erworben, da ihr Vater zur Zeit ihrer Geburt auch kein Statusdeutscher gewesen sei. Er habe diesen Status selbst erst 1989 erworben, da ein Erwerb die Aufnahme als Angehöriger des berechtigten Personenkreises nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes voraussetze. Sein Aufenthalt in Kempberg im Jahre 1944/45 sei nicht statusbegründend gewesen. Dabei sei es unmaßgeblich, dass der Vater der Klägerin zu 1 Deutschland 1945 nicht freiwillig verlassen habe. Für sie sei auch keine Übernahmegenehmigung im D1-Verfahren erteilt worden. Eine solche Übernahmegenehmigung könne nunmehr auch nicht mehr erworben werden, da dieses Verfahren durch das Aufnahmeverfahren abgelöst worden sei. Die Klägerin zu 1 habe somit nicht als Abkömmling eines Vertriebenen Aufnahme im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG gefunden, da sie weder eine Übernahmegenehmigung zum Zwecke der Familienzusammenführung noch eine entsprechende Aufenthaltsgenehmigung erhalten habe.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Klägerinnen am 27.5.1999 Widerspruch und beriefen sich auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24.2.1999 - 7 K 2545/98 - bezüglich eines vergleichbaren Falls, in dem ausgeführt wird, die Eigenschaft als Statusdeutscher sei mit der Aufnahme im Gebiet des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 im Januar 1945 begründet worden und sei durch die im September 1945 erfolgte Verbringung in die Sowjetunion nicht verloren gegangen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2000 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch zurück und schloss sich dabei im wesentlichen der Begründung im Bescheid des Landratsamtes Esslingen an.

Am 17.11.2000 haben die Klägerinnen Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben. Sie haben beantragt, den Bescheid des Landratsamtes Esslingen vom 11.5.1999 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 16.10.2000 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die beantragten Staatsangehörigkeitsausweise auszustellen. Zur Begründung haben sie geltend gemacht: Ihr Vater bzw. Großvater habe unstreitig im Gebiet des Deutschen Reiches von 1937 Aufnahme gefunden. Für den Status als Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG sei es nicht erforderlich, dass der Aufenthalt dort bis zum Inkrafttreten des Grundgesetzes angedauert habe. Dass die oben genannte Rechtsauffassung richtig sei, ergebe sich auch aus §§ 6, 7 StAngRegG, wonach der erworbene Status nur untergegangen sei, wenn das Deutsche Reich freiwillig ohne zureichenden Grund verlassen worden sei. Der Vater der Klägerin sei gegen seinen Willen aus diesem Gebiet verbracht worden. Auf jeden Fall habe die Klägerin zu 1 aber als Vertriebene Aufnahme im Bundesgebiet gefunden, da sie den Vertriebenenstatus durch Geburt erworben habe und im Wege des Aufnahmeverfahrens eingereist sei und auch unter Berücksichtigung der neuesten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts deutsche Staatsangehörige sei.

Mit Urteil vom 25.04.2001 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den Beklagten unter Aufhebung des entgegenstehenden Bescheids des Landratsamtes Esslingen vom 11.5.1999 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 16.10.2000 verpflichtet, den Klägerinnen die beantragten Staatsangehörigkeitsausweise auszustellen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Klägerinnen seien mit Inkrafttreten des § 40a Satz 1 StAG am 1.8.1999 deutsche Staatsangehörige geworden. Denn sie seien an diesem Tage Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG gewesen, ohne die deutsche Staatsangehörigkeit zu besitzen. Statusdeutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG sei, wer als Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31.12.1937 Aufnahme gefunden habe. Sinn und Zweck dieser Regelung seien humanitär und gingen dahin, das auf Grund der Folgen des zweiten Weltkriegs ungewisse staatsangehörigkeitsrechtliche Schicksal vertriebener Volksdeutscher einschließlich ihrer Familienangehörigen aufzufangen. Dies sei dadurch angestrebt worden, dass diesen Personen familieneinheitlich ein Status verliehen worden sei, der sie deutschen Staatsangehörigen weitgehend gleichstelle und sie zu einem Teil des deutschen Staatsvolks mache. Der Vater der Klägerin zu 1 habe mit der Begründung seines Aufenthalts in Kemberg, Landkreis Wittenberg im Jahre 1944 Aufnahme in dem Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31.12.1937 gefunden. Die Auffassung des Beklagten, die Aufnahme müsse nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes erfolgt sein, sei unzutreffend und mit dem humanitären Anliegen des Art. 116 Abs. 1 GG unvereinbar. Aus der Entstehungsgeschichte des Art. 116 Abs. 1 GG ergebe sich zudem, dass es bei der Aufnahme nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt ankomme. Der Vater der Klägerin zu 1, der unstreitig deutscher Volkszugehöriger sei, habe auch 1944 "als Vertriebener" Aufnahme gefunden, da er diesen Status mit dem Verlassen des Vertreibungsgebiets erworben habe. Den Vertriebenenstatus habe er auch durch seine spätere Verschleppung in die ehemalige Sowjetunion nicht verloren. Diese Verschleppung habe nicht zum Verlust seiner Rechtsstellung als Deutscher ohne deutsche Staatsangehörigkeit geführt. Denn dieser Status gehe unter den gleichen Voraussetzungen verloren wie die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Vater der Klägerin zu 1 habe jedoch bis zum Inkrafttreten des Grundgesetzes keinen Verlusttatbestand nach der damals geltenden Fassung des RuStAG verwirklicht. Ein solcher liege insbesondere nicht in der Verschleppung in die frühere UdSSR. Er habe seinen Status auch nicht mit dem Inkrafttreten des § 7 StAngRegG am 25.2.1955 verloren, da er das Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31.12.1937 nicht freiwillig verlassen habe. Somit sei er auch noch zur Zeit der Geburt der Klägerin zu 1 Deutscher i.S.d. Art. 116 Abs. 1 GG gewesen, so dass diese dieselbe Rechtsstellung in entsprechender Anwendung des § 4 Abs. 1 RuStAG mit ihrer Geburt erworben habe, was für die Klägerinnen zu 2 und 3 - ihren Töchtern - gleichermaßen gelte. Die Klägerinnen hätten diesen Status auch nicht durch die jeweilige Rückkehr der Klägerin zu 1 in die ehemalige UdSSR nach ihren Aufenthalten im Bundesgebiet 1996 und 1998 verloren. Denn die Rückkehr sei nicht freiwillig gewesen, da sie mit aufenthaltsbeendenden Maßnahmen hätten rechnen müssen. Im Übrigen sei § 7 StAngRegG zu dieser Zeit zwar noch nicht förmlich aufgehoben worden, jedoch wegen der völligen Veränderung der bei seinem Erlass bestehenden politischen Verhältnisse in den Staaten des ehemalige Ostblocks nicht mehr anwendbar gewesen.

Auf den Antrag des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 10.10.2001 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen. Der Beschluss wurde dem Beklagten am 29.10.2001 zugestellt.

Mit am 23.11.2001 eingegangenem Schriftsatz beantragt der Beklagte,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25.04.2001 - 7 K 5292/00 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor: Der Vater der Klägerin zu 1 und Großvater der übrigen Klägerinnen sei bei der Geburt der Klägerin zu 1 kein Deutscher ohne deutsche Staatsangehörigkeit gewesen, da er bereits 1945 in die ehemalige UdSSR verschleppt worden sei. Für den Erwerb des Status nach Art. 116 Abs. 1 GG komme es nur auf Umstände an, die bei Inkrafttreten des Grundgesetzes vorgelegen hätten oder danach eingetreten seien. Dabei sei es unmaßgeblich, ob jemand zuvor freiwillig oder unfreiwillig in das Vertreibungsgebiet zurückgekehrt sei. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Ein vorübergehender Inlandsaufenthalt in einer Zeit, in der die Rechtsvorschrift, die an ihn einen Statuserwerb knüpft, noch nicht bestanden habe, könne nicht statusbegründend sein. Anderenfalls würde dem Grundgesetz im Verwaltungsvollzug Rückwirkung beigemessen. Die Klägerinnen hätten somit nicht von ihrem Vater bzw. Großvater die Rechtsstellung als Deutsche ohne deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt erwerben können. Ein Erwerb aus eigenem Recht scheide ebenfalls aus, da sie weder die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 BVFG erfüllten noch selbst als Abkömmlinge eines volksdeutschen Vertriebenen nach Art. 116 Abs. 1 GG Aufnahme gefunden hätten. Sie seien damit auch nicht nach § 40a Satz 1 StAG deutsche Staatsangehörige geworden.

Die Klägerinnen beantragen,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass festzustellen ist, dass sie deutsche Staatsangehörige sind.

Zur Begründung machen sie geltend: § 9 StAngRegG (gemeint ist § 7 StAngRegG) zeige, dass auch ein vor Inkrafttreten des Grundgesetzes beendeter Aufenthalt im Gebiet des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 statusbegründend sei. Denn anderenfalls wäre es überflüssig, den Statusverlust an die Freiwilligkeit der Rückkehr in das Vertreibungsgebiet zu knüpfen. Die Auffassung des Beklagten verstoße zudem gegen Art. 3 GG, da bei Kriegsgefangenen, die nach Inkrafttreten des Grundgesetzes heimgeschafft worden seien, ohne weiteres die Rechtsstellung als Deutscher ohne deutsche Staatsangehörigkeit angenommen worden sei. Das vom Beklagten zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts betreffe den Fall eines Abkömmlings eines Vertriebenen, der zurückgekehrt sei, bevor seine Bezugsperson Aufnahme gefunden habe.

Dem Senat liegen die staatsangehörigkeitsrechtlichen Akten des Landratsamtes Esslingen bezüglich der Klägerinnen, die das Vertriebenen-, Einbürgerungs- und Übernahmeverfahren des Vaters der Klägerin zu 1 betreffenden Akten sowie die Widerspruchsakten des Regierungspräsidium Stuttgart und die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf diese Unterlagen sowie die gewechselten Schriftsätze verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht und formell ordnungsgemäß begründete (§ 124a Abs. 3 VwGO a.F.) Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die als Feststellungsklage zulässige Klage abweisen müssen. Denn die Klägerinnen sind keine deutschen Staatsangehörigen.

Dass die Klägerinnen von ihrem ursprünglich auf die Ausstellung von Staatsangehörigkeitsausweisen gerichteten Antrag auf einen Antrag auf Feststellung, dass sie deutsche Staatsangehörige sind, übergegangen sind, stellt keine Klageänderung dar (BVerwG, Urteil vom 21.5.1985, Buchholz 130 § 25 RuStAG Nr. 5).

Diese Feststellungsklage ist auch zulässig, denn die Staatsangehörigkeit ist ein Statusrecht und damit ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO. Die Klägerinnen haben ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 43 Abs. 1 2. Halbsatz VwGO an der begehrten gerichtlichen Feststellung, nachdem die Staatsangehörigkeitsbehörde beim Landratsamt Esslingen ihre deutsche Staatsangehörigkeit bestritten hat. Auch die Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 VwGO steht der Zulässigkeit des Feststellungsantrags nicht entgegen. So müssen sich die Klägerinnen nicht auf die Möglichkeit einer Klage auf Ausstellung von Staatsangehörigkeitsausweisen verweisen lassen, denn das Feststellungsbegehren hat einen weitergehenden Rechtsschutz zur Folge als die Klage auf Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises, bei der die inzidenten Feststellungen über die Staatsangehörigkeit als Vorfrage nicht in Rechtskraft erwachsen (BVerwG, Urteil vom 21.5.1985, a.a.O.; Senatsurteile vom 26.6.2001 - 13 S 2555/99 - EZAR 280, Nr. 9, vom 11.10.1995 - 13 S 1805/95 - und vom 27.1.1999, 13 S 2574/96 -, so auch Bay.VGH, Urteil vom 10.7.1998, EZAR 280 Nr. 3).

Für eine solche Feststellungsklage ist der Beklagte auch passiv legitimiert. Denn insoweit ist ausreichend, dass das Landratsamt Esslingen in Wahrnehmung seiner sachlichen Zuständigkeit die deutsche Staatsangehörigkeit der Klägerinnen überprüft und verneint hat; ob es seine örtliche Zuständigkeit als Staatsangehörigkeitsbehörde zu Recht in Anspruch genommen hat, ist nicht erheblich (BVerwG, Urteil vom 21.5.1985, a.a.O.). Ob der Beklagte für eine auf Erteilung von Staatsangehörigkeitsausweisen gerichtete Verpflichtungsklage überhaupt passiv legitimiert wäre, (dagegen könnte sprechen, dass nach den §§ 17 Abs. 2, 27 StAngRegG in der seit dem 1.1.2000 geltenden Fassung das Bundesverwaltungsamt in Fällen zuständig ist, in denen der Betroffene seinen dauernden Aufenthalt außerhalb des Bundesgebietes hat), kann dahingestellt bleiben.

Die zulässige Feststellungsklage ist jedoch unbegründet, da die Klägerinnen keine deutschen Staatsangehörigen sind. Hier kommt ausschließlich ein Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 40a Satz 1 StAG in Betracht. Denn der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 1 RuStAG durch Geburt scheitert bereits daran, dass der Vater der Klägerin zu 1 zum Zeitpunkt ihrer Geburt unstreitig kein deutscher Staatsangehöriger war; die beiden anderen Klägerinnen als ihre Töchter konnten somit ebenfalls nicht über ihre Mutter nach § 4 Abs. 1 RuStAG die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben. Die Klägerinnen haben jedoch auch nicht nach § 40a Satz 1 StAG am 1.8.1999 die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Denn sie waren an diesem Tage keine Deutschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit i.S.d. Art. 116 Abs. 1 GG.

Die Klägerinnen haben die Statusdeutscheneigenschaft weder mittelbar über den Vater der Klägerin zu 1 erworben (sog. derivativer Erwerb), noch erfüllten sie selbst am Stichtag (1.8.1999) die Voraussetzungen des Art. 116 Abs. 1 GG (sog. originärer Erwerb).

Ein derivativer Erwerb der Statusdeutscheneigenschaft im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG in entsprechender Anwendung des § 4 RuStAG ist möglich (BVerwG, Urteile vom 9.6.1959, BVerwGE 8,340 und vom 21.5.1985, BVerwGE 71, 301; Makarov/v. Mangoldt, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht Art. 116 RdNr. 56). Da auf § 4 RuStAG in der jeweils zum Zeitpunkt der Geburt des Betreffenden geltenden Fassung abzustellen ist, hätten die Klägerinnen zu 2 und 3 am 15.2.1995 bzw. am 9.10.1996 auch als eheliche Kinder über ihre Mutter die Statusdeutscheneigenschaft in entsprechender Anwendung des § 4 Abs. 1 RuStAG i.d.F. vom 30.6.1993 (BGBl I S. 1061) erwerben können. Die Klägerin zu 1 hat aber nicht in entsprechender Anwendung des § 4 Abs. 1 RuStAG i.d.F. vom 19.12.1963 (BGBl. I S. 982) den Status als Deutsche ohne deutsche Staatsangehörigkeit im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG erworben, weil ihr Vater zur Zeit ihrer Geburt am 7.10.1967 diesen Status nicht innehatte. Sie konnte daher diesen Status auch nicht an die Klägerinnen zu 2 und zu 3 weiter vermitteln.

Der Vater der Klägerin zu 1 ist zwar Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit. Er hat aber - vor der Geburt der Klägerin - keine Aufnahme i.S.d. Art. 116 Abs. 1 GG im Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31.12.1937 gefunden, da er sich bereits bei Inkrafttreten des Grundgesetzes am 24.5.1949 nicht mehr in diesem Gebiet aufhielt. Er hat zwar unzweifelhaft bei seiner Einreise im Jahre 1989 Aufnahme i.S.d. Art. 116 Abs. 1 GG gefunden; dieser Statuserwerb wirkte sich jedoch nicht zugunsten der Klägerinnen aus.

Für das "Aufnahme finden" im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG genügte jedenfalls vor Einführung des förmlichen Aufnahmeverfahrens nach Maßgabe der §§ 26 f. BVFG (zur Rechtslage nach Inkrafttreten des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes am 1.1.1993 vgl. Senatsurteil vom 20.6.2001 - 13 S 2555/99 -), grundsätzlich, dass der Betroffene mit dem Zuzug einen ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet erstrebte und aufgrund eines Tätigwerdens oder sonstigen Verhaltens der Behörden der Schluss berechtigt war, dass ihm die Aufnahme nicht verweigert werde (Senatsurteil vom 14.11.2001 - 13 S 1784/99 -; BVerwG, Urteil vom 12.5.1992 - 1 C 37.90 -, BVerwGE 90, 181 m.w.N.).

Diese Voraussetzungen waren im Falle des Vaters der Klägerin zu 1 erfüllt. Er floh 1944 (mit seiner Familie) nach Kemberg, wobei davon auszugehen ist, dass die damals zuständigen deutschen Stellen die Übersiedelung duldeten. Kemberg liegt im Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31.12.1937 (Landkreis Wittenberg/Sachsen-Anhalt). Es ist auch davon auszugehen, dass die Familie des Vaters der Klägerin zu 1 beabsichtigte, dort dauerhaft zu bleiben. Denn angesichts der damals (1944) herrschenden Situation wäre eine Rückkehr in das ursprüngliche Heimatgebiet der Familie (Ukraine) offensichtlich ausgeschlossen gewesen.

Die Tatsache, dass der Vater der Klägerin zu 1 bereits vor Inkrafttreten des Grundgesetzes in das Gebiet des Deutschen Reiches übersiedelte, steht für sich genommen dem Statuserwerb auch nicht entgegen (so auch Lübbe-Wolff in Dreier, GG, 2000, Art. 116 RdNrn. 2 und 36 m.w.N.; Menzel in Dolzer/Vogel/Graßhof, Bonner Kommentar-GG Art. 116 Anm. 6 c = Seite 30), wie sich aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte des Art. 116 Abs. 1 GG ergibt (vgl. JöR - neue Folge - 1 (1951), S. 824). In solchen Fällen trat ein Statuserwerb jedoch nur dann ein, wenn die deutschen Volkszugehörigen sich bei Inkrafttreten des Grundgesetzes noch in Deutschland aufhielten, denn nur dann bestanden noch die durch die Aufnahme begründeten oder gefestigten inneren und äußeren Beziehungen zu Deutschland (Bay.VGH, Urteil vom 26.2.1962, Entscheidungen des Bay.VGH Bd. 15, 18; Makarov/v. Mangoldt, Staatsangehörigkeitsrecht Art. 116 RdNr. 54; Renner in Hailbronner/Renner, Staatsangehörigkeitsrecht 3. Aufl. 2001, § 7 StAngRegG RdNr. 2; Marx, Staatsangehörigkeitsrecht Art. 116 GG RdNr. 59). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die vorherige Beendigung des Aufenthaltes freiwillig oder - wie hier - unfreiwillig erfolgte.

Diese Auslegung ergibt sich allerdings nicht bereits aus dem Wortlaut des Art. 116 Abs. 1 GG, der insoweit nicht eindeutig ist. Die Formulierung "Aufnahme gefunden hat" schließt nicht zwingend aus, dass auch solche Vertriebenen deutscher Volkszugehörigkeit erfasst werden sollten, deren Aufenthalt zur Zeit des Inkrafttretens des Grundgesetzes - wie im Falle des Vaters der Klägerin zu 1 - bereits wieder beendet war und die daher im strengen Wortsinn zum maßgeblichen Zeitpunkt des Inkrafttretens des Grundgesetzes lediglich "Aufnahme gefunden hatten".

Jedenfalls führt aber eine an Sinn und Zweck des Art. 116 Abs. 1 GG orientierte Auslegung zu dem Ergebnis, dass ein Statuserwerb in Fällen wie dem vorliegenden ausgeschlossen war. Der Zweck dieser Bestimmung besteht darin, das aufgrund der Folgen des 2. Weltkriegs ungewisse staatsangehörigkeitsrechtliche Schicksal vertriebener Volksdeutscher einschließlich ihrer Familienangehörigen aufzufangen, die im Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31.12.1937 Aufnahme gefunden haben, indem ihnen familieneinheitlich ein angemessener, ihre Eingliederung ermöglichender Status verschafft wird, der sie den deutschen Staatsangehörigen weitgehend gleichstellt und sie zu einem Teil des deutschen Staatsvolkes macht (BVerwG, Urteil vom 12.5.1992, a.a.O.). Auch wenn Art. 116 Abs. 1 GG somit unmittelbar der Klärung einer staatsangehörigkeitsrechtlich unsicheren Lage der Betroffenen diente, so war doch der hiermit verfolgte weitergehende Zweck der Bestimmung die Eingliederung der Flüchtlinge und Vertriebenen deutscher Volkszugehörigkeit, die sich zur Zeit des Inkrafttretens des Grundgesetzes bereits im Gebiet des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 aufhielten, wobei man von einer einheitlich fortbestehenden deutschen Republik in diesen Grenzen ausging, deren Bevölkerung nur im westlichen Teil die Möglichkeit gegeben worden war, sich zu organisieren (vgl. Jahrbuch des Öffentlichen Rechts - neue Folge - Band 1 (1951), Seite 131 <zur Entstehung von Art. 11 GG>). Darüber hinaus sollte Art. 116 Abs. 1 GG ein Angebot an alle deutschen Volkszugehörigen darstellen, die nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes ihre Siedlungsgebiete in Osteuropa und der (ehemaligen) UdSSR verlassen und in Deutschland als Flüchtlinge oder Vertriebene Schutz suchen würden. Auch diese Gruppe von Personen sollte integriert werden.

Nach der Zielsetzung des Art. 116 Abs. 1 GG sollte somit zunächst den Personen, die sich zur Zeit des Inkrafttretens des Grundgesetzes bereits im Gebiet des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 aufhielten und die übrigen Voraussetzungen der Vorschrift erfüllten, der Status von Deutschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit zuerkannt werden; des weiteren sollte denjenigen, die sich (noch oder wieder) außerhalb dieser Grenzen aufhielten, die Möglichkeit eröffnet werden, durch ihre Aufnahme diesen Status zu erwerben. Der Vater der Klägerin zu 1 gehörte zu der zweiten Gruppe von Personen, die erst durch ihre Aufnahme nach Inkrafttreten des Grundgesetzes den Status nach Art. 116 Abs. 1 GG erwerben konnten (was in seinem Fall aufgrund der Aufnahme im Jahre 1989 auch geschehen ist). Die Verleihung dieses Status an Personen, die bei Inkrafttreten des Grundgesetzes keinerlei äußeren Bezug zum Deutschen Reich mehr hatten, weil sie sich hier nicht mehr aufhielten, unabhängig davon, ob sie jemals wieder ihren Aufenthalt in Deutschland nehmen würden, widerspräche dem oben dargestellten, auch auf Integration der Betroffenen gerichteten Zweck des Art. 116 Abs. 1 GG.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts folgt aus dem humanitären Charakter des Art. 116 Abs. 1 GG und dem damit verbundenen Aspekt der Kompensation für die letztlich aufgrund der deutschen Kriegschuld erlittene Vertreibung nichts anderes. Gerade der vorliegende Fall veranschaulicht, dass der Vater bzw. Großvater der Klägerinnen, der als deutscher Volkszugehöriger ein Schicksal mit mehreren Vertreibungen bzw. Umsiedelungen erleiden musste, letztlich durch seine Aufnahme im Jahre 1989 den Status nach Art. 116 Abs. 1 GG - und später auch die deutsche Staatsangehörigkeit - erwerben konnte. Ein weitergehendes humanitäres Anliegen, nach dem Personen, die sich bei Inkrafttreten des Grundgesetzes nicht im Gebiet des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 aufhielten und die auch nicht beabsichtigen, nach Deutschland zu übersiedeln, der Status von Deutschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit zuerkannt wird, ist mit der oben umschriebenen Zielsetzung des Art. 116 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren.

Gegen eine Erstreckung des Status nach Art. 116 Abs. 1 GG auf Personen, die nach ihrer Flucht oder Vertreibung zunächst im Gebiet des Deutschen Reiches eine Zuflucht gefunden hatten, sich zur Zeit des Inkrafttretens des Grundgesetzes aber außerhalb dieses Gebietes befanden, spricht auch, dass dies zu einer unüberschaubaren Ausdehnung des Kreises der Begünstigten geführt hätte. Es kann angesichts der Situation bei Inkrafttreten des Grundgesetzes - insbesondere der Belastung durch die in Deutschland lebenden Flüchtlinge und Vertriebenen, deren Integration eine der vorrangigen Aufgaben jener Zeit war (vgl. zur historischen Ausgangssituation Masing in v. Mangoldt/Klein/Starck, Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., Art. 116 RdNr. 2 bis 4) - nicht angenommen werden, dass einem nicht bestimmbaren Kreis von Personen, die nicht mehr im Gebiet des Deutschen Reiches lebten, unmittelbar ein Rechtsstatus zuerkannt werden sollte, der dem der Staatsangehörigen weitgehend entspricht.

Auch den Beratungen des Parlamentarischen Rates zu Art. 138 b des Entwurfes, der Art. 116 Abs. 1 GG entsprach, (Verhandlungen des Hauptausschusses Bonn 1948/49; Seite 226 <20. Sitzung>; Der Parlamentarische Rat 1948-1949, Akten und Protokolle, Band 5/II, Ausschuss für Grundsatzfragen, 1993, S. 849 ff.) kann nicht entnommen werden, dass beabsichtigt war, auch Personen, die sich zur Zeit des Inkrafttretens des Grundgesetzes nicht mehr im Gebiet des Deutschen Reiches aufhielten, unmittelbar den Status als Deutsche ohne deutsche Staatsangehörigkeit zu verleihen. Vielmehr wurde betont, dass auch jeder deutsche Volkszugehörige, der in Zukunft als Vertriebener komme, diese "Staatsangehörigkeit" erwerbe (Parlamentarischer Rat, Verhandlungen des Hauptausschusses, a.a.O.). Auch in der Begründung des Allgemeinen Redaktionsausschusses zu Art. 138b des Entwurfs, dessen Wortlaut - abgesehen von der später hinzugefügten Formulierung "oder Vertriebener" - dem des geltenden Art. 116 Abs. 1 GG entspricht, wird ausgeführt, durch den Entwurf würden außer den deutschen Reichsangehörigen auch sämtliche Flüchtlinge, gleichgültig, in welcher Besatzungszone sie lebten, sowie die Angehörigen nichtdeutschen Volkstums, die mit volksdeutschen Flüchtlingen verheiratet seien oder von ihnen abstammten und wegen dieser Familienzugehörigkeit aus ihrem Heimatgebiet ausgewiesen worden seien, mit erfasst (vgl. Jahrbuch des Öffentlichen Rechts - neue Folge - Band 1 (1951), Seite 823).

Auf eine Differenzierung danach, ob der Aufenthalt in Deutschland vor Inkrafttreten des Grundgesetzes freiwillig aufgegeben oder durch Zwangsmaßnahmen beendet wurde, kommt es somit für die hier zu entscheidende Rechtsfrage nicht an. In beiden Fällen bedarf es nach der oben dargestellten Zielsetzung des Art. 116 Abs. 1 GG zum Erwerb der Rechtsstellung als Deutscher einer "Aufnahme" im Sinne dieser Vorschrift nach Inkrafttreten des Grundgesetzes.

Aus dem - zwischenzeitlich außer Kraft getretenen - § 7 Abs. 1 des 1. StAngRegG kann entgegen der Auffassung der Klägerinnen nichts anderes hergeleitet werden, da diese Bestimmung sich nicht auf den Fall der Abwanderung vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes am 24.5.1949, sondern auf eine zwischen dem 24.5.1949 und dem Inkrafttreten des 1. StAngRegG am 26.2.1955 erfolgte Abwanderung bezog (Bay.VGH, Urteil vom 26.2.1962, a.a.O.). § 7 StAngRegG knüpfte im übrigen an den wirksamen Erwerb der Statusdeutscheneigenschaft nach Art 116 Abs. 1 GG an und enthält selbst keine Aussage zur vorgreiflichen Frage, wann dieser Status erworben wird. Vom Gesetzesvorbehalt des Art. 116 Abs. 1 GG sollte bei der Schaffung des § 7 StAngRegG jedenfalls hinsichtlich der Voraussetzungen für den Statuserwerb kein Gebrauch gemacht werden. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass auch bei einem vor Inkrafttreten des Grundgesetzes beendeten Aufenthalt ein Erwerb des Status nach Art. 116 Abs. 1 GG möglich war, sind den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen (vgl. BT-Drs. 2/44, Anlage 1 S. 9).

Die Klägerinnen erfüllen auch nicht selbst die Voraussetzungen des Art. 116 Abs. 1 GG, so dass sie auch nicht originär die Statusdeutscheneigenschaft erworben haben. Sie sind zwar Abkömmlinge eines Vertriebenen deutscher Volkszugehörigkeit, haben aber keine Aufnahme in dem Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31.12.1937 gefunden.

Unter "Abkömmlinge" fallen neben den Kindern auch Enkel (Renner, a.a.O. RdNr. 67). Des weiteren ist es auch unschädlich, dass die Klägerin zu 1 nicht mehr minderjährig ist, da Art. 116 Abs. 1 GG keine Beschränkung auf minderjährige Abkömmlinge enthält (BVerwG, Urteil vom 12.5.1992, a.a.O.; Makarov/v. Mangoldt, a.a.O., RdNr. 43). Die Klägerinnen haben jedoch keine "Aufnahme" i.S.d. Art. 116 Abs. 1 GG gefunden. In die Übernahmegenehmigung im D1-Verfahren, die ihrem Vater bzw. Großvater erteilt worden ist, sind sie nicht einbezogen worden (vgl. in diesem Zusammenhang das Senatsurteil vom 28.1.1999 - 13 S 1616/96 -, DVBl. 1999, 140). Eine eigene Übernahmegenehmigung wurde ihnen nicht erteilt. Die Besuchsaufenthalte der Klägerin zu 1 in den Jahren 1996 und 1998 führten nicht dazu, dass sie Aufnahme gefunden hat, so dass offenbleiben kann, ob sie dabei von den Klägerinnen zu 2 und 3 begleitet worden ist. Denn sie war nicht aufgrund eines Tätigwerdens oder sonstigen Verhaltens der Behörden zu dem Schluss berechtigt, dass ihr die Aufnahme nicht verweigert werde (BVerwG, Urteile vom 12.5.1992, BVerwGE 90, 173 und vom 24.6.1971, BVerwGE 38, 224; ständige Rechtsprechung des Senats). Die Klägerin zu 1 ist vielmehr nur mit einem Besuchervisum eingereist. Darin liegt nicht die erforderliche Billigung durch die deutschen Behörden, denn diese muss sich gerade auch auf die beabsichtigte Dauerhaftigkeit des Aufenthalts beziehen (Senatsbeschluss vom 25.1.2000 - 13 S 194/99 -). Die Aufnahme i.S.d. Art. 116 Abs. 1 GG setzt zudem seit dem Inkrafttreten des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes am 1.1.1993 die Erteilung eines Aufnahmebescheids im Aufnahmeverfahren nach §§ 26 ff. BVFG n.F. voraus (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.6.2001, NVwZ-RR 2002, 145; Senatsurteil vom 20.6.2001 - 13 S 2555/99 -), an der es hier fehlt.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 und § 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, da die Frage, ob ein Erwerb der Statusdeutscheneigenschaft nach Art. 116 Abs. 1 GG voraussetzt, dass der Flüchtling bzw. Vertriebene zur Zeit des Inkrafttretens des Grundgesetzes oder danach im Gebiet des Deutschen Reiches Aufnahme gefunden hat, grundsätzliche Bedeutung hat.

Beschluss

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf EUR 12.000,-- festgesetzt. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 25 Abs. 2 Sätze 1 GKG i.V.m. § 5 ZPO und bemisst sich nach der ständigen Rechtsprechung des Senats für jede der Klägerinnen jeweils nach dem Auffangstreitwert.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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