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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 12.12.2005
Aktenzeichen: 13 S 2948/04
Rechtsgebiete: StAG


Vorschriften:

StAG § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
StAG § 11 Satz 1 Nr. 2
Zur Frage, ob die nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG vorgeschriebenen Bekenntnis- und Loyalitätserklärungen der Wahrheit entsprechen müssen oder nur formelle Einbürgerungsvoraussetzungen darstellen.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

13 S 2948/04

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Einbürgerung

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 13. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Jacob, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Ridder und den Richter am Verwaltungsgericht Wiestler

am 12. Dezember 2005

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. September 2004 - 7 K 4359/03 - wird abgelehnt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 10.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe:

Der auf das Vorliegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils und auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn unter Berücksichtigung der vom Antragsteller dargelegten Gesichtspunkte (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004 - 7 AV 4/03 -, DVBl. 2004, 838 f.); es kommt aber darauf auf an, ob ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt wird, dass der Erfolg des Rechtsmittels ebenso wahrscheinlich ist wie sein Misserfolg (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3.3.2004 - BvR 461/03 -, juris und vom 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Anders liegt es jedoch, wenn sich schon im Zulassungsverfahren zuverlässig sagen lässt, dass das Verwaltungsgericht die Rechtssache im Ergebnis richtig entschieden hat und die angestrebte Berufung deshalb voraussichtlich keinen Erfolg haben wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004, a.a.O.).

Gemessen hieran bestehen an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts keine ernstlichen Zweifel. Der Beklagte hat keine erheblichen Gründe vorgebracht, die dafür sprechen, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil im Ergebnis einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird.

Das Verwaltungsgericht hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe einen Anspruch auf Einbürgerung nach § 85 AuslG. Er erfülle insbesondere die Voraussetzungen des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG. Diese Vorschrift setze nicht voraus, dass vom Einbürgerungsbewerber eine materiell-wahrheitsgemäße Loyalitätserklärung abgegeben werde. Verstünde man die Regelung des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG in diesem Sinne, bedürfte es eines Einbürgerungsausschlusses nach § 86 Nr. 2 AuslG nicht mehr, da der Anspruch auf Einbürgerung bereits nicht entstanden wäre. Das Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung und die Loyalitätserklärung stellten vielmehr lediglich formelle Einbürgerungsvoraussetzungen dar, deren Wirksamkeit nicht davon abhängig sei, dass der Ausländer sich tatsächlich aus innerer Überzeugung und Kenntnis von deren Kerninhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekenne. Mit dem Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung sowie der Erklärung zu etwaigen verfassungsfeindlichen oder extremistischen Aktivitäten werde die innere Hinwendung zur Bundesrepublik Deutschland dokumentiert. Eine solche Erklärung habe der Kläger am 12.10.2001 jedoch beim Landratsamt Esslingen abgegeben und zugleich auch mündlich erklärt, dass er sich von seinen früheren politischen Bestrebungen total abgewandt habe und die ganze Sache bereue. Der Anspruch des Klägers auf Einbürgerung sei auch nicht nach § 86 Nr. 2 AuslG ausgeschlossen. Zwar sei davon auszugehen, dass der Kläger in der Zeit von 1987 bis 1996 aktiv die politischen Ziele der TKP/ML, einer marxistisch-leninistischen-kommunistischen Organisation, unterstützt habe. Zweifelhaft sei insoweit jedoch bereits, ob die politischen Aktivitäten des Klägers überhaupt die in § 86 Nr. 2 AuslG normierten Ausschlusstatbestände verwirklicht hätten. Schließlich sei von Seiten des Beklagten nicht vorgetragen worden, welche konkrete Zielsetzung die vom Kläger unterstützte Organisation gehabt habe. Lediglich der Name einer Organisation könne die Annahme nicht rechtfertigen, dass sie verfassungsfeindliche Ziele im Sinne des § 86 Nr. 2 AuslG verfolge. Selbst wenn die politischen Aktivitäten des Klägers in der Zeit von 1987 bis 1996 unter die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 86 Nr. 2 AuslG zu subsumieren wären, stünde dies der Einbürgerung des Klägers jedoch nicht entgegen. Denn er habe sich von seinen früheren politischen Bestrebungen abgewandt. Der Kläger sei nach seinen Angaben spätestens seit 1997 nicht mehr an Demonstrationen oder Seminaren der TKP/ML bzw. der MLKP beteiligt gewesen. Die diesbezüglichen Einlassungen des Klägers, der seine Aktivitäten in früherer Zeit in keiner Weise geleugnet oder in ihrer Bedeutung herabgesetzt habe, halte das Gericht für glaubhaft, zumal dem Amt für Verfassungsschutz, das die Aktivitäten des Klägers zuvor im einzelnen habe benennen können, ein weiteres Tätigwerden in dieser Richtung nicht hätte verborgen bleiben können. Der Kläger sei somit seit annähernd acht Jahren nicht mehr für die genannten oder andere in ähnlicher Weise verdächtige Organisationen aktiv gewesen. Die Beendigung seiner aktiven politischen Zeit stehe im zeitlichen Zusammenhang mit der strafrechtlichen Ahndung der Straßen- und Schienenblockade, an der er sich damals beteiligt habe. Für das Gericht sei dies ein plausibler und nachvollziehbarer Grund, sich von den zuvor unterstützten Organisationen zu distanzieren. Dass der Kläger unter Umständen auch deshalb seine politische Arbeit eingestellt habe, weil er sein Einbürgerungsbestreben nicht habe gefährden wollen, mache sein Vorbringen nicht unglaubhaft. Er bringe damit nur zum Ausdruck, dass er die für eine Einbürgerung notwendige Staats- und Verfassungstreue zu leisten bereit sei. Aufgrund der untergeordneten Bedeutung des vom Kläger erbrachten Unterstützungsbeitrags werde seine Abwendung von seinen früheren politischen Aktivitäten durch die mehrjährige "Abstinenz" und die in der mündlichen Verhandlung nochmals wiederholte Beteuerung, seine frühere politische Arbeit eingestellt zu haben, glaubhaft gemacht. Weitergehender Darlegung und Beweisangebote bedürfe es hiernach nicht.

Dem hält der Beklagte entgegen, das Verwaltungsgericht habe das Wesen und die Konsequenzen der Bekenntniserklärung nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG (= § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG) verkannt. Eine solche Erklärung sei nicht nur eine formale Einbürgerungsvoraussetzung mit der Folge, dass es auf ihren Wahrheitsgehalt nicht ankomme. Vielmehr müsse die Erklärung nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG mit dem Verhalten und der inneren Einstellung der sich bekennenden Person im Einklang stehen. An einer solchen Einstellung fehle es beim Kläger. Er sei unstreitig für die TKP/ML tätig geworden und habe sich auch für weitere kommunistische Organisationen eingesetzt. Dabei habe der Kläger gezeigt, dass es ihm beim Marxismus-Leninismus nicht bloß um ein abstraktes theoretisches, von der Lebenswirklichkeit losgelöstes Interesse für eine wissenschaftliche Lehre, sondern um deren Umsetzung in eine sozialistisch-kommunistische Gesellschaftsordnung gegangen sei. Die marxistisch-leninistische Ideologie sei aber mit dem Wertesystem der deutschen Verfassung nicht vereinbar. Der Kläger habe nicht glaubhaft gemacht, dass er sich vom Marxismus/Leninismus und seinen Zielsetzungen abgewandt habe. Er habe insbesondere keine objektiven Tatsachen vorgebracht, aus denen auf eine Abwendung geschlossen werden könnte, und auch keine Umstände substantiiert und nachvollziehbar dargelegt, die sonst eine Abwendung belegen könnten. Es fehle hiernach im Fall des Klägers an der Einbürgerungsvoraussetzung des Bekenntnisses im Sinne des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG. Angesichts der Aktivitäten des Klägers für linksextremistische türkische Parteien lägen bei ihm zudem auch tatsächliche Anhaltspunkte vor, welche die Annahme rechtfertigten, dass er Bestrebungen unterstütze, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet seien. Hiernach stehe auch der Ausschlussgrund nach § 86 Nr. 2 AuslG (= § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG) einer Einbürgerung des Klägers entgegen.

Dieses Vorbringen ist im Ergebnis nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des vom Beklagten angefochtenen Urteils zu begründen. Für den Einbürgerungsanspruch eines Klägers nach § 10 StAG ist Voraussetzung, dass er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, oder dass er glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG). Im Zusammenhang damit regelt § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG, dass ein Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 StAG nicht besteht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer die in §§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 11 Satz 1 Nr. 2 StAG genannten Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat. Als tatbestandsmäßiges Unterstützen im Sinne von § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG ist dabei jede Handlung anzusehen, die für Bestrebungen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG objektiv vorteilhaft ist; dazu zählen etwa die öffentliche oder nicht öffentliche Befürwortung von in § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen durch Wort, Schrift und Bild, die Gewährung finanzieller Unterstützung oder die Teilnahme an Aktivitäten zur Verfolgung oder Durchsetzung der in § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG genannten Ziele (vgl. BayVGH, Urteil vom 27.5.2003 - 5 B 01.1805 - juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.11.2005 - 12 S 1696/05 -; Berlit in GK-StAR IV-2 § 11 RdNrn. 96 ff.).

Der Senat hat anders als das Verwaltungsgericht keine Zweifel daran, dass der Kläger in der Vergangenheit politische Aktivitäten im Sinne von § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG entfaltet hat. Denn er hat nach seinen eigenen Angaben im Asylverfahren die TKP/ML in der Zeit nach seiner Einreise in der Bundesrepublik Deutschland aktiv unterstützt und hat darüber hinaus bis Mitte 1996 auch an Veranstaltungen und Demonstrationen teilgenommen, die u.a. von der MLKP veranstaltet worden sind. Beide Organisationen haben jedoch sicherheitsgefährdende Bestrebungen in Deutschland verfolgt (vgl. VG Gießen, Urteil vom 18.10.2004 - 10 E 891/04 -, juris; Beschluss des Senats vom 13.12.2004 - 13 S 1276/04 -, InfAuslR 2005, 64).

Das Verwaltungsgericht hat jedoch angenommen, dass der Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG der Einbürgerung des Klägers nicht - mehr - entgegenstehe, da er glaubhaft gemacht habe, sich von seinen früheren Aktivitäten abgewandt zu haben. Diese Annahme des Verwaltungsgerichts wird durch die Ausführungen des Beklagten in der Berufungszulassungsbegründung, in der er die Voraussetzungen einer "Abwendung" im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG bestreitet, nicht durchgreifend in Frage gestellt. Das Verwaltungsgericht hat sich bei der Subsumtion unter diesen Begriff an der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 11.7.2002 - 13 S 111/01 -, juris) und an der Literatur (vgl. Berlit, a.a.O., § 11 RdNrn 156 ff.) orientiert; insoweit werden durch den Beklagten auch keine grundsätzlichen Bedenken erhoben. Grundlage für die Annahme einer Abwendung des Klägers von seinen früher verfolgten Zielen und Aktivitäten für die TKP/ML und MLKP waren für das Verwaltungsgericht nicht nur die Erklärungen des Klägers im Verwaltungsverfahren, sondern auch seine Ausführungen im Gerichtsverfahren und der persönliche Eindruck, den sich das Gericht aufgrund seiner Äußerungen in der mündlichen Verhandlung vom Kläger gebildet hat. Es ging dem Gericht insofern um eine Gesamtwürdigung des Klägers, in die mehrere Faktoren eingeflossen sind. Von entscheidender Bedeutung war hierbei für das Verwaltungsgericht offenbar, dass der Kläger immer nur ein politischer "Mitläufer", d.h. eine bloße Randfigur von geringer Bedeutung, gewesen ist, dass er sämtliche - d.h. nicht nur die einbürgerungsschädlichen - politischen Aktivitäten bereits seit mehr als acht Jahren eingestellt hatte, sein früheres "Tun", das er im übrigen niemals geleugnet oder bagatellisiert hat, nach dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck erkennbar bereut und letztlich der Sache nach durch eine Art "Schlüsselerlebnis", nämlich die strafrechtliche Verurteilung durch das Amtsgericht Köln vom Jahre 1996 wegen gemeinschaftlich begangener Nötigung, dazu veranlasst worden ist, sich von den früher unterstützten, durch § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen abzuwenden. Richtig ist, dass der innere Sinneswandel, von dem das Verwaltungsgericht beim Kläger ausgegangen ist, in vergleichsweise geringem Maße durch äußere Handlungen nach außen erkennbar wird. Das Verwaltungsgericht hat sich in diesem Zusammenhang jedoch zu Recht auf den Standpunkt gestellt, dass die Anforderungen an die Glaubhaftmachung innerer Lernprozesse herabgesetzt werden müssen, wenn die einbürgerungsschädlichen Aktivitäten schon mehrere Jahre zurückliegen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.11.2005 - 12 S 1696/05 - und Beschluss vom 13.12.2004, a.a.O.; Berlit, a.a.O., § 11 RdNr. 165) und auch nach Art und Häufigkeit nicht als besonders schwerwiegend eingestuft werden können. So liegt es, wie das Verwaltungsgericht zu Recht erkannt hat, jedoch im Fall des Klägers. Auch bei Berücksichtigung des Vorbringens des Beklagten im Zulassungsverfahren sieht der Senat hiernach keinen Anlass, an der Richtigkeit der vom Verwaltungsgericht vertretenen Ansicht zu zweifeln, dass der Kläger seine Abwendung von seinen früher vertretenen Zielen und Aktivitäten für die TKP/ML bzw. die MLKP glaubhaft gemacht habe und dass der Einbürgerungsausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG dem Kläger nicht mehr entgegengehalten werden könne.

Keinen Zweifeln begegnet - jedenfalls im Ergebnis - bei dieser Sachlage gleichfalls die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der Kläger auch die Einbürgerungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG erfülle.

Dem Kläger kann zunächst entgegen der vom Beklagten vertretenen Ansicht nicht vorgehalten werden, dass er das von ihm entsprechend dem Erfordernis des § 10 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 StAG abgegebene Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland lediglich unter einem inneren Vorbehalt abgegeben hat und dieses Bekenntnis mithin nicht der Wahrheit entsprochen hat. Der Zweck des Erfordernisses eines Bekenntnisses zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung ist darin zu sehen, die Einbürgerung von Verfassungsfeinden und die daraus herrührende Gefahr für die staatliche Ordnung zu verhindern. Die persönlich abzugebende Erklärung soll dem Einbürgerungsbewerber die Notwendigkeit einer glaubhaften Hinwendung zu den Grundprinzipien der deutschen Verfassungsordnung unmittelbar vor seiner Aufnahme in den deutschen Staatsverband vor Augen führen. Deshalb werden ihm über die Erfüllung sonstiger Integrationszeichen hinaus sowohl ein aktives persönliches Bekenntnis als auch die Bestätigung eines nicht verfassungsgefährdenden Verhaltens in Vergangenheit und Gegenwart abverlangt. Hieraus soll zugleich darauf geschlossen werden, dass von ihm auch nach der Einbürgerung keine Gefahr für Bestand und Sicherheit des Staates sowie dessen Grundordnung ausgeht (vgl. Renner, Staatsangehörigkeitsrecht, Nachtrag zur 7. Aufl. des Kommentars zum Ausländerrecht, § 85 RdNr. 23; Kloesel/Christ, Deutsches Ausländerrecht, § 85 RdNr. 29). Der Senat neigt insoweit allerdings anders als das Verwaltungsgericht zu der Ansicht, dass ein rein verbales Bekenntnis des Einbürgerungsbewerbers zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zur Erfüllung der Einbürgerungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG nicht ausreicht; das Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung muss wohl auch inhaltlich zutreffen, stellt mithin nicht nur eine rein formelle Einbürgerungsvoraussetzung dar (so Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, § 86 RdNr. 21; VG Karlsruhe, Urteil vom 26.2.2003 - 4 K 2234/01 -, juris; a.A. Berlit, a.a.O., § 10 StAG RdNrn. 126 ff.). § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG verlangt für die Einbürgerung andererseits auch nicht mehr als ein materiell vorliegendes "Bekenntnis", also nicht darüber hinaus, dass der Einbürgerungsbewerber auch Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit - auch kämpferisch - für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt (vgl. Renner, a.a.O., § 85 AuslG, RdNr. 26; Berlit, a.a.O., § 10 StAG RdNr. 130). Es bedarf jedoch vorliegend keiner abschließenden Klärung dieser Frage. Denn es fehlt im Hinblick darauf, dass der Kläger seine Abwendung von seinen früheren einbürgerungsschädlichen politischen Aktivitäten glaubhaft machen konnte und seine Hinwendung zur Bundesrepublik Deutschland durch Abgabe eines Bekenntnisses zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung dokumentiert hat, am Vorliegen objektiver Umstände, die einen Rückschluss auf eine vom äußeren Eindruck abweichende, nicht von einer inneren Überzeugung getragene Einstellung (im Sinn eines fehlenden Bekenntnisses) zuließen (vgl. Jakober/Welte, a.a.O., § 86 AuslG RdNr. 21).

Es fehlt beim Kläger aber auch nicht an dem in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG ebenfalls geregelten Erklärungserfordernis. Insoweit kann ebenfalls offen bleiben, ob die zusätzlich zum Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung abgegebene Loyalitätserklärung - wie das VG meint, wogegen jedoch vieles spricht - ebenfalls als rein formelle Einbürgerungsvoraussetzung anzusehen ist, ob also zur Erfüllung dieses in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG geregelten Erfordernisses nicht notwendig ist, dass diese Erklärung materiell wahrheitsgemäß ist (so Berlit, a.a.O., § 10 RdNr. 129 ff.). Denn dem Kläger muss - wie bereits ausgeführt - abgenommen werden, dass er sich von seinen früheren einbürgerungsschädlichen Aktivitäten und Bestrebungen abgewandt hat und sich aus innerer Überzeugung zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennt. Hieraus folgt jedoch, dass von der inhaltlichen Richtigkeit seiner Loyalitätserklärung auszugehen ist. Am Vorliegen der Bekenntnis- und Erklärungserfordernisse des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG bestehen hiernach im Fall des Klägers keine ernstlichen Zweifel. Die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt hiernach nicht in Betracht.

Die Rechtssache hat auch nicht die vom Beklagten geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung. Die als grundsätzlich aufgeworfene Frage, ob die nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG vorgeschriebenen Bekenntnis- und Loyalitätserklärungen der Wahrheit entsprechen müssen oder ob sie - wie das Verwaltungsgericht meint - nur formelle Einbürgerungsvoraussetzungen darstellen, würde sich dem Senat in einem Berufungsverfahren nicht stellen, da nach den gesamten Umständen davon auszugehen ist, dass die insoweit vom Kläger abgegebenen Erklärungen auch materiell wahrheitsgemäß sind. Dies bedeutet jedoch, dass der Senat in dem vom Beklagten erstrebten Berufungsverfahren über die von ihm aufgeworfene Frage nicht zu befinden hätte, da sie nicht entscheidungserheblich wäre. Die Rechtssache hat daher nicht die vom Beklagten geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 GKG n.F. (doppelter Auffangwert, vgl. Ziff. 42.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. vom 7./8.7.2004).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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