Judicialis Rechtsprechung
Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:
Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 28.04.2009
Aktenzeichen: 13 S 3086/08
Rechtsgebiete: AufenthG, LVwVfG
Vorschriften:
AufenthG § 81 Abs. 5 | |
AufenthG § 84 Abs. 2 Satz 2 | |
LVwVfG § 35 Satz 1 |
2. Die Befristung der Geltungsdauer dieser Bescheinigung auf drei Monate ist verhältnismäßig.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Fiktionsbescheinigungen nach § 84 Abs. 2 S. 2 AufenthG
hat der 13. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg
am 28. April 2009
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. November 2008 - 6 K 2472/08 - wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger sind irakische Staatsangehörige. Sie wenden sich gegen Inhalt und Gestaltung der ihnen erteilten Bescheinigungen über die "begrenzte" Fortgeltungs- oder Fortbestandsfunktion des § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG. Der Kläger zu 1 reiste am 13.3.2000 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Das damalige Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge stellte durch Bescheid vom 4.4.2000 fest, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorlägen. Er erhielt daraufhin eine Aufenthaltsbefugnis, die zuletzt bis zum 23.2.2006 gültig war. Das Bundesamt widerrief durch Bescheid vom 20.5.2005 die Feststellung, dass beim Kläger die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorlägen. Am 23.5.2006 erhielt der Kläger eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG, die bis zum 22.5.2007 galt.
Der Kläger zu 1 beantragte bei der Beklagten die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis sowie am 18.4.2007 die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis. Die Beklagte lehnte beide Anträge durch Verfügung vom 7.9.2007 ab. Ferner lehnte sie die Erteilung eines Ausweisersatzes ab und erließ eine Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung. Der Kläger zu 1 erhob dagegen am 2.10.2007 Widerspruch, über den noch nicht entschieden worden ist. Unter dem 4.3.2008 setzte die Beklagte die Vollziehung der Verfügung vom 7.9.2007 aus. Die Klägerin zu 2 reiste am 29.1.2001 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Das damalige Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge stellte durch Bescheid vom 11.5.2001 fest, dass bei ihr die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorlägen. Daraufhin erhielt sie am 5.7.2001 eine Aufenthaltsbefugnis, die zuletzt bis zum 22.6.2005 gültig war. Das Bundesamt widerrief durch Bescheid vom 5.11.2004 die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorlägen. Am 1.4.2005 erhielt sie eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG, die bis zum 30.3.2007 galt. Die Klägerin zu 2 beantragte am 30.3.2007 die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis. Die Beklagte lehnte den Antrag durch Verfügung vom 7.9.2007 ab und erließ eine Abschiebungsandrohung. Die Klägerin zu 2 erhob dagegen am 2.10.2007 Widerspruch, über den noch nicht entschieden worden ist. Das Verwaltungsgericht Stuttgart ordnete durch Beschluss vom 3.12.2007 - 6 K 5209/07 - die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Verfügung vom 7.9.2007 an. Der Senat wies die hiergegen erhobene Beschwerde der Beklagten mit Beschluss vom 16.1.2008 - 13 S 3102/07 - zurück. Die Beklagte stellte den Klägern am 23.4.2008 auf ihre Anträge Bescheinigungen der "begrenzten" Fortgeltungs- oder Fortbestandsfunktion nach § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG aus. Darin heißt es, die Kläger seien aufgrund der Ablehnung der Verlängerung des Aufenthaltstitels ausreisepflichtig. Es werde hiermit bescheinigt, dass der zuletzt erteilte Aufenthaltstitel für Zwecke der Aufnahme oder Ausübung einer Erwerbstätigkeit als fortbestehend gelte. Die Bescheinigung sei gültig bis 22.7.2008, längstens jedoch bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit der Verfügung der Ausländerbehörde vom 7.9.2007. Erwerbstätigkeit sei gestattet. Der Inhaber/die Inhaberin genüge mit dieser Bescheinigung nicht der Passpflicht. Die Kläger erhoben hiergegen am 25.4.2008 "Widerspruch". Sie machten geltend, mehrere Festsetzungen der Bescheinigung verstießen gegen § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG. Der Hinweis auf die Ausreisepflicht sei fehl am Platz. Auch sei eine Beschränkung auf nur drei Monate im Hinblick auf die Dauer des Verfahrens insgesamt ermessensfehlerhaft. Ferner sei die Erwerbstätigkeit uneingeschränkt zu gestatten. In die Bescheinigung gehöre auch nicht der Hinweis darauf, ob der Passpflicht genügt werde. Das Regierungspräsidium Stuttgart wies die "Widersprüche" der Kläger mit "Widerspruchsbescheid" vom 28.5.2008 - zugestellt am 30.5.2008 - als unzulässig zurück. Es führte hierzu aus, die mit den Widersprüchen angefochtenen ausländerbehördlichen Bescheinigungen stellten keine Verwaltungsakte dar. Die Bescheinigungen dokumentierten nur die kraft Gesetzes eingreifende Rechtsfolge. Sie seien lediglich als Hinweise zu verstehen und sollten den Klägern Schwierigkeiten bei der Fortsetzung ihrer Erwerbsverhältnisse oder bei etwaigen Kontrollen ersparen. Selbst wenn man die Zulässigkeit der Widersprüche unterstelle, seien sie aber auch nicht begründet. Da Vorschriften über die Form der Bescheinigung nicht bestünden, stehe es der Ausländerbehörde grundsätzlich frei, deren Inhalt festzulegen. Soweit die Bescheinigungen Hinweise enthielten, sei dies unschädlich, da sie nur die tatsächlichen Gegebenheiten widerspiegelten. Dies gelte insbesondere für den Hinweis auf die Ausreisepflicht. Welcher Aufenthaltstitel hier - eingeschränkt - fortbestehe, ergebe sich eindeutig aus der jeweiligen Bescheinigung, nämlich der zuletzt erteilte Aufenthaltstitel. Es habe der Ausländerbehörde auch freigestanden, die Gültigkeitsdauer der Bescheinigung zu befristen. Die damit in Zusammenhang stehenden Kontroll- und Sicherheitsaspekte würden dafür sprechen, eine Gültigkeitsdauer vorzusehen und darüber hinaus den Hinweis aufzunehmen, dass mit der Bescheinigung nicht der Passpflicht genügt werde. Am 25.6.2008 haben die Kläger Klage erhoben. Sie tragen vor, die Regelungen in den Bescheinigungen seien Verwaltungsakte. Der zuletzt erteilte Aufenthaltstitel werde in der Bescheinigung nicht benannt. Auch sei es rechtlich nicht möglich, die Fortbestandsfiktion zeitlich zu befristen. Die Feststellung, dass mit der Bescheinigung der Passpflicht nicht genügt werde, habe in einer solchen Bescheinigung nichts zu suchen. Die Bescheinigung habe zudem diskriminierenden Inhalt.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Sie verweist ergänzend darauf, dass die vorliegende Bescheinigung nur deklaratorische Bedeutung habe. Die Kläger seien durch die zeitliche Beschränkung der Gültigkeitsdauer nicht in ihren subjektiven Rechten verletzt. Es sei erforderlich, dass die Bescheinigung befristet sei. Bei einer zeitlich unbeschränkten Bescheinigung wäre eine missbräuchliche Verwendung nicht auszuschließen. Auch sehe § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG zumindest über § 80b VwGO indirekt eine zeitliche Obergrenze vor.
Mit Urteil vom 10.11.2008 - 6 K 2472/08 - hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die Klage abgewiesen und die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Bescheinigungen nach § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG seien keine rechtsgestaltenden Verwaltungsakte, denn sie wirkten nur deklaratorisch. § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG schreibe den Ausländerbehörden nicht vor, wie die Bescheinigung auszusehen habe. Daher seien sie bei der Ausgestaltung und Formulierung der Bescheinigung - innerhalb der gesetzlichen Grenzen - frei. Im Hinblick auf die Fiktionswirkung werde der Wortlaut von § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG übernommen. Es sei rechtlich unbedenklich, dass der Aufenthaltstitel, der den Klägern zuletzt erteilt worden sei, nicht konkret genannt werde. Auch die weiteren Hinweise in den Bescheinigungen entsprächen der Gesetzeslage. Aber auch die Befristung der Bescheinigungen sei rechtmäßig und verletze die Kläger nicht in ihren Rechten. Zwar habe die Fortbestehensfiktion des § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG keine absolute zeitliche Obergrenze. Durch die Befristung der Bescheinigung werde die Zeitdauer der Fiktionswirkung aber nicht berührt, denn die Fiktionswirkung selbst und eine Bescheinigung darüber seien zwei verschiedene Dinge. Die Befristung der Bescheinigung habe ausschließlich Kontrollfunktion, denn unbefristete Bescheinigungen seien anfälliger für Missbrauch als befristete. Zwar koste die Verlängerung eine Gebühr (in Höhe von 10 EUR), aber auch dies sei rechtmäßig (§ 47 Abs. 1 Nr. 9 AufenthV). Zur Richtigkeitskontrolle des gefundenen Ergebnisses ziehe das Gericht eine Parallele zur Aufenthaltsgestattung, die gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG zwingend zu befristen sei, obwohl der Asylbewerber während des gesamten Asylverfahrens ein gesetzliches Bleiberecht habe. Die Zeitdauer der Befristung (drei Monate) sei angesichts der Kontrollfunktion und des Zweckes, Missbrauch zu vermeiden, verhältnismäßig. In ihrer rechtzeitig eingegangenen Berufungsbegründung wiederholen die Kläger im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag; sie haben mit Schriftsatz vom 31.3.2009 klargestellt, dass es ihnen nur um die Frage der Befristung der Bescheinigung gehe.
Die Kläger beantragen zuletzt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. November 2008 - 6 K 2472/08 - zu ändern und die bisherigen Bescheinigungen der Beklagten nach § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG sowie den "Widerspruchsbescheid" des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28.5.2008 hinsichtlich der darin enthaltenen Befristungen der Geltungsdauer aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Klägern Bescheinigungen nach § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG mit unbefristeter Geltungsdauer zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie ergänzend nochmals auf den Gesichtspunkt der Praktikabilität und die "indirekte" zeitliche Obergrenze des § 80b Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Dem Senat liegen die die Kläger betreffenden Akten der Beklagten (2 Bände) vor. Auf diese Akten wird ebenso wie auf die Verfahrensakten, die Akten des Verfahrens 13 S 2374/08 und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart verwiesen; diese Akten waren Gegenstand der Beratung.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung über die Berufung entscheiden, da die Beteiligten auf mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Berufung der Kläger hat keinen Erfolg. Sie ist nicht begründet.
1. Die Klage ist zulässig.
a) Es handelt sich um eine allgemeine Leistungsklage und nicht - wie die Kläger meinen - um eine Verpflichtungsklage i.S.v. § 42 Abs. 1, 2. Alt. VwGO. Die hier streitgegenständliche Bescheinigung der "begrenzten" Fortgeltungs- oder Fortbestandsfunktion gemäß § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG ist kein Verwaltungsakt i.S.v. § 35 Satz 1 LVwVfG, denn ihr fehlt der Regelungsgehalt. Folglich weisen auch ihre einzelnen Bestandteile wie die hier umstrittene Befristung der Geltungsdauer keinen Regelungscharakter i.S.v. § 35 Satz 1 LVwVfG auf. Eine solche Bescheinigung hat keine konstitutive Wirkung. Es handelt sich bei ihr nicht um einen feststellenden oder rechtsgestaltenden Verwaltungsakt, der mit einem Aufenthaltstitel vergleichbar wäre, sondern lediglich um eine deklaratorische Bescheinigung, die nicht hindert, auf die wahre Rechtslage zurückzugreifen. Dies war und ist für die vergleichbaren Bescheinigungen nach § 81 Abs. 5 AufenthG oder - nach "altem" Recht - § 69 Abs. 3 AuslG einhellige Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 3.6.1997 - 1 C 7.96 - NVwZ 1998, 185; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 6.5.2008 - 13 S 499/08 - juris und vom 21.7.2004 - 13 S 1532/04 - VBlBW 2004, 480 sowie Urteil vom 23.11.1995 - 11 S 2986/94 - InfAuslR 1996, 174; Funke-Kaiser in GK-AufenthG § 81 Rn. 55 jeweils m.w.Nachw). Auch in Bezug auf die - hier streitgegenständliche - Bescheinigung der Wirkungen des § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG geht die obergerichtliche Rechtsprechung soweit ersichtlich daher zu Recht ohne weiteres davon aus, dass es sich um eine formlose Bescheinigung ohne konstitutiven Charakter handelt, die allein dazu dient, dem Ausländer den Nachweis gegenüber Dritten zu ermöglichen (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 21.10.2005 - 4 Bs 222/05 - InfAuslR 2006, 60 und OVG Nordr.-Westf., Beschluss vom 30.3.2007 - 19 B 2309/06 - InfAuslR 2007, 279).
b) Hierfür steht den Klägern auch eine Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO analog) bzw. ein allgemeines Rechtsschutzinteresse zur Seite. Es erscheint zumindest als möglich, dass sie durch eine - die Richtigkeit ihrer Rechtsauffassung unterstellt - (zu kurze) Befristung der Geltungsdauer der Bescheinigungen in ihren Rechten verletzt sind. Insoweit ist nicht nur an tatsächliche und finanzielle Nachteile durch notwendig werdende Verlängerungen, sondern auch an zumindest denkbare Auswirkungen nur kurzzeitig geltender Bescheinigungen gegenüber potentiellen Arbeitgebern zu denken.
c) Soweit die Kläger mit Schriftsatz vom 31.3.2009 klargestellt haben, dass es ihnen nur um die Frage der Befristung der Bescheinigungen und nicht um deren sonstige inhaltliche Gestaltung gehe, handelt es sich nicht um eine Klageänderung i.S.v. § 91 Abs. 1 VwGO oder um eine Teilrücknahme der Klage i.S.v. § 92 Abs. 1 VwGO, sondern lediglich um eine Präzisierung ihres Klagebegehrens. Die streitgegenständlichen Bescheinigungen stellen mit ihrem gesamten Inhalt keinen Verwaltungsakt mit eigenständigen Regelungen dar, die mit echten Nebenbestimmungen vergleichbar wären und unter Umständen jeweils einen selbständigen Streitgegenstand bilden könnten. Streitgegenstand ist vielmehr die Bescheinigung der "begrenzten" Fortgeltungs- oder Fortbestandsfunktion des § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG insgesamt. Wenn die Kläger nunmehr äußern, dass sie insoweit in rechtlicher Hinsicht nur noch meinen, insoweit in ihren Rechten verletzt zu sein, als die ihnen erteilten Bescheinigungen (zu kurz) befristet seien, handelt es sich demzufolge lediglich um eine Konkretisierung ihres Begehrens und nicht um dessen Änderung oder Teilrücknahme.
2. Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Die Befristung der Geltungsdauer der Bescheinigung der "begrenzten" Fortgeltungs- oder Fortbestandsfunktion gemäß § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG auf jeweils drei Monate ist nicht zu Lasten der Kläger rechtswidrig.
Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung über die Bescheinigung der "begrenzten" Fortgeltungs- oder Fortbestandsfunktion des § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG existiert nicht. Anders als im Falle der Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 5 AufenthG ist die Ausstellung der hier streitgegenständlichen Bescheinigungen gesetzlich nicht geregelt. Dies führt indes nicht schon "per se" zu ihrer Rechtswidrigkeit. Da es sich bei diesen Bescheinigungen - wie bereits unter 1. a) dargelegt - um keine Verwaltungsakte i.S.v. § 35 Satz 1 LVwVfG handelt und auch die darin enthaltene Befristung der Geltungsdauer keine Nebenbestimmung i.S.v. § 36 Abs. 2 Nr. 1 LVwVfG darstellt, bedarf es nicht schon von vornherein einer entsprechenden ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung.
Allerdings unterliegt auch schlichtes Verwaltungshandeln rechtlichen Bindungen. Es bedarf insbesondere dann einer gesetzlichen Ermächtigung, wenn es in beachtlicher Weise in Grundrechtspositionen eingreift. Dies ist hier indes nicht der Fall. Die Bescheinigung über die "begrenzte" Fortgeltungs- oder Fortbestandsfunktion des § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG stellt keinen faktischen oder mittelbaren Grundrechtseingriff dar. Sie dient im Gegenteil dazu, es einem Ausländer ohne Weiteres zu ermöglichen, gegenüber Dritten den Nachweis über das Bestehen der Wirkungen des § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG zu führen. Letztlich weisen diese gesetzlich nicht geregelten Bescheinigungen keinen (faktischen) Eingriffscharakter auf, sondern stellen eine Begünstigung dar. Dies zeigt sich gerade auch im vorliegenden Fall, in dem die Kläger nachdrücklich - zu Recht - von der Beklagten die Ausstellung entsprechender Bescheinigungen gefordert haben.
Dies bedeutet aber nicht, dass die Behörde bezüglich des Inhalts einer solchen Bescheinigung vollkommen frei wäre. Sie muss in Erfüllung einer staatlichen Aufgabe handeln und die Zuständigkeitsordnung muss eingehalten sein. Weiter müssen die in ihr enthaltenen Informationen - wie Hinweise auf die Rechtslage - zutreffend und sachlich gehalten sein. Schließlich muss das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt sein (vgl. beispielhaft BVerfG, Beschluss vom 26.6.2002 - 1 BvR 558/91 und 1 BvR 1428/91 - BVerfGE 105, 252 "Glykol"; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, Einführung Rn. 91 ff. m.w. Nachw.).
Unproblematisch nimmt hier die Beklagte eine ihr als Ausländerbehörde zugewiesene Aufgabe war; auch an ihrer Zuständigkeit bestehen keine Zweifel.
Die vorgenommenen Befristungen der Geltungsdauer sind aber auch inhaltlich zutreffend und sachlich gehalten. Anders wäre dies allerdings dann zu beurteilen, wenn sie den Eindruck erwecken würden, mit Ablauf der Befristung würde jeweils automatisch die "begrenzte" Fortgeltungs- oder Fortbestandsfunktion des § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG erlöschen, denn wie im Falle des § 81 Abs. 5 AufenthG - oder nach alter Rechtslage des § 69 Abs. 3 AuslG -führt der Ablauf einer solchen Frist in einer deklaratorischen Bescheinigung nicht zur Beendigung der gesetzlichen Fiktionswirkung (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.11.1995, a.a.O.). Eine derart irreführende Formulierung findet sich in den den Klägern erteilten Bescheinigungen indes nicht. Darin wird hinreichend deutlich ausgeführt, dass sich die Befristungen nur auf die Geltungsdauer der Bescheinungen, nicht aber auf die jeweils bescheinigte "begrenzte" Fortgeltungs- oder Fortbestandsfunktion selbst beziehen. In den Bescheinigungen wird dargelegt, weshalb diese Wirkung eingetreten ist und darauf hingewiesen, dass sie längstens bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit der Verfügung der Ausländerbehörde gilt. Im Übrigen weisen die Bescheinigungen auch sonst keinen unzutreffenden oder gar diskriminierenden Inhalt auf (vgl. hierzu bereits Senatsbeschluss vom 2.2.2009 bezgl. PKH-Bewilligung).
Auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist entgegen der Auffassung der Kläger gewahrt. Die hier vorgenommene Befristung auf jeweils drei Monate ist verhältnismäßig. Es besteht kein Zweifel, dass eine Befristung der Geltungsdauer der Bescheinigungen geeignet ist, die Möglichkeit des Missbrauchs durch die Verwendung nach Ende der Fiktionswirkung erheblich zeitlich einzuschränken. Die Befristung ist auch erforderlich, da insoweit eine mildere Maßnahme nicht ersichtlich ist. Schließlich ist sie auch angemessen. Zwar sind gewisse Nachteile auf dem Arbeitsmarkt durch die vorgenommene Befristung nicht ganz auszuschließen. Auf der anderen Seite ist aber zu beachten, dass eine Bescheinigung, die höchstens für die Dauer der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gilt, ohnehin erkennbar nur eine mit Unsicherheiten behaftete Position bescheinigt, die durch eine Befristung ihrer Geltungsdauer kaum weiter beeinträchtigt wird. Auch die mittelbaren Folgen, dass die Kläger alle drei Monate bei der Behörde vorsprechen müssen, wenn die "begrenzte" Fortgeltungs- oder Fortbestandsfunktion des § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG noch besteht, um eine Verlängerung vornehmen zu lassen, und hierfür eine Verwaltungsgebühr erhoben wird, wiegen gegenüber dem Zweck der Befristung - der Einschränkung der Missbrauchsgefahr - nur gering. Dies gilt jedenfalls solange die Behörde - wie hier - eine ausreichend bemessene Befristung auf drei Monate vornimmt. In einer solchen angemessenen Frist kann keine unzulässige "Schikane" der Kläger gesehen werden.
Bestätigt wird dieses Ergebnis dadurch, dass in der Rechtsprechung eine Befristung der vergleichbaren Bescheinigungen nach § 81 Abs. 5 AufenthG oder - nach "altem" Recht - § 69 Abs. 3 AuslG soweit ersichtlich nicht beanstandet worden ist (vgl. die unter 1.a) genannten Fundstellen m.w. Nachw.). Auch der Vordruck der Bescheinigung nach § 81 Abs. 5 AufenthG gemäß der Anlage D 3 zur Aufenthaltsverordnung sieht dementsprechend ausdrücklich eine Befristung der Geltungsdauer der Bescheinigung vor.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 VwGO nicht vorliegen.
Beschluss vom 28. April 2009
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Ende der Entscheidung
Bestellung eines bestimmten Dokumentenformates:
Sofern Sie eine Entscheidung in einem bestimmten Format benötigen, können Sie sich auch per E-Mail an info@protecting.net unter Nennung des Gerichtes, des Aktenzeichens, des Entscheidungsdatums und Ihrer Rechnungsanschrift wenden. Wir erstellen Ihnen eine Rechnung über den Bruttobetrag von € 4,- mit ausgewiesener Mehrwertsteuer und übersenden diese zusammen mit der gewünschten Entscheidung im PDF- oder einem anderen Format an Ihre E-Mail Adresse. Die Bearbeitungsdauer beträgt während der üblichen Geschäftszeiten in der Regel nur wenige Stunden.