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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 12.09.2002
Aktenzeichen: 13 S 880/00
Rechtsgebiete: AuslG, StAG


Vorschriften:

AuslG § 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
AuslG § 88 Abs. 1 Satz 2
AuslG § 86 i.d.F. vom 30.6.1993
StAG § 8
1. Eine Jugendstrafe ist weder eine Freiheitsstrafe im Sinne des § 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 noch eine Strafe im Sinne des § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG.

2. Ob in Fällen, in denen der Einbürgerungsbewerber zu einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt worden ist, eine Regelungslücke vorliegt, die durch analoge Anwendung des § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG zu schließen ist, bleibt offen.

3. Eine Ermessenseinbürgerung nach § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG ist ausgeschlossen, wenn der Einbürgerungsbewerber zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, die nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist.

4. Das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes nach §§ 46 Nr. 1 bis 4, 47 Abs. 1 oder 2 AuslG schließt eine Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG auch dann aus, wenn der Ausweisungsgrund für Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung verbraucht ist.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

13 S 880/00

Verkündet am 12.9.2002

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Einbürgerung

hat der 13. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Stumpe, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Jaeckel-Leight und die Richterin am Verwaltungsgericht Jann auf Grund der mündlichen Verhandlung am 11. September 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 14. Juli 1999 - 2 K 2190/98 - geändert.

Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband. Der am 15.11.1971 in Beauvais/Frankreich als Sohn des französischen Staatsangehörigen xxxxx xxxxx und der deutschen Staatsangehörigen xxxxxx xxxxx xxxxx geb. xxxxxx geborene Kläger ist französischer Staatsangehöriger. Er reiste am 22.12.1975 gemeinsam mit seinen Eltern und einer Schwester in die Bundesrepublik Deutschland ein und meldete sich in Appenweier an. Sein Vater verstarb im Jahre 1976. Der Kläger war in der Zeit vom 3.5.1988 bis 2.5.1989 und vom 6.12.1990 bis 5.12.1991 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis und vom 27.02.1992 bis 5.12.1996 sowie vom 26.5.1998 bis 25.5.1999 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis-EG. Bis auf den Verlängerungsantrag vom 14.11.1991 hatte er alle Anträge erst nach Ablauf der Geltungsdauer der vorangegangenen Aufenthaltserlaubnisse gestellt. Vom 13.7.1993 bis zum 17.3.1998 war er nicht im Besitz eines gültigen französischen Ausweispapiers.

Der Kläger wurde in der Vergangenheit mehrfach straffällig. So wurde er mit Urteil des Amtsgerichts Offenburg - 5 Ls 24/88 Jug - vom 10.11.1988 wegen Raubes, versuchten Raubes, Diebstahls in drei Fällen, versuchten Diebstahls, Hehlerei in zwei Fällen und gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Kläger hatte - gemeinsam mit einem anderen Jugendlichen -die abgeurteilten Taten in der Zeit vom 4.1.1988 bis 7.3.1988 begangen. Nachdem der Kläger am 30.6.1989 und am 4.8.1989 zwei weitere Diebstahlstaten begangen hatte, widerrief das Amtsgericht Offenburg mit Beschluss vom 8.8.1989 die Strafaussetzung zur Bewährung. Der Kläger wurde sodann mit Urteil des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - Offenburg vom 19.10.1989 - 5 Ls 44/89 - wegen Diebstahls in zwei Fällen unter Einbeziehung des Urteils vom 10.11.1988 zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. In der Zeit vom 7.8.1989 bis zum 28.6.1990 befand er sich in Strafhaft. Die Vollstreckung des Strafrestes wurde sodann zur Bewährung ausgesetzt. Die Restjugendstrafe wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Adelsheim vom 3.8.1993 erlassen und der Strafmakel gleichzeitig für beseitigt erklärt. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Offenburg vom 5.10.1993 - 4 Cs 267/93 - wurde der Kläger wegen eines Vergehens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis, begangen am 25.8.1993, zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 15,-- DM verurteilt.

Am 12.6.1991 beantragte der Kläger erstmals seine Einbürgerung. Dieser Antrag wurde vom Landratsamt Ortenaukreis mit - bestandskräftig gewordenem -Bescheid vom 14.11.1991 unter Hinweis auf seine wiederholte Straffälligkeit abgelehnt. Am 17.1.1995 beantragte der Kläger erneut seine Einbürgerung. Auf seine Anhörung zur beabsichtigten Ablehnung auch dieses Antrags im Hinblick auf seine frühere Straffälligkeit wies er darauf hin, dass seine Verurteilung längere Zeit zurückliege und der Strafmakel aus dem Urteil vom 19.10.1989 mittlerweile für beseitigt erklärt worden sei.

Mit Bescheid vom 4.10.1995 lehnte das Landratsamt Ortenaukreis den Antrag ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Einbürgerung nach § 86 AuslG setze u.a. voraus, dass der Einbürgerungsbewerber nicht wegen einer Straftat verurteilt worden sei. Er sei aber am 19.10.1989 wegen Diebstahls u.a. zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt worden. Von dieser Verurteilung könne nicht nach § 88 AuslG abgesehen werden. Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies das Regierungspräsidium Freiburg mit Widerspruchsbescheid vom 14.9.1998 zurück. Zur Begründung führte es aus: Der Einbürgerung des Klägers nach § 86 AuslG stehe seine frühere Straffälligkeit entgegen. Zwar habe seine Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis außer Betracht zu bleiben, da sie unter 180 Tagessätzen liege. Die Verurteilungen des Klägers vom 10.11.1988 und vom 19.10.1989 könnten jedoch nicht unberücksichtigt bleiben. Insbesondere sei die nicht zur Bewährung ausgesetzte Jugendstrafe auch keine höhere Strafe im Sinne von § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG, bei der im Einzelfall entschieden werde, ob sie außer Betracht bleiben könne. Denn Jugendstrafen seien völlig andere Strafarten als die in § 88 Abs. 1 Satz 1 AuslG erwähnten Strafen und fielen daher nicht unter § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG. Die Verurteilungen könnten auch noch verwertet werden, obgleich sie in der unbeschränkten Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 16.2.1995 nicht mehr eingetragen gewesen seien. Denn ein Verwertungsverbot nach § 51 BZRG bestehe nicht, da die Tilgungsfrist noch nicht abgelaufen sei. Die Tilgungsreife trete vielmehr erst am 5.10.2003 ein. Die Tatsache, dass die Verurteilungen nach § 41 Abs. 3 BZRG nicht mehr mitgeteilt würden, da der Strafmakel beseitigt worden sei, stehe einer Verwertung nicht entgegen. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass die Einbürgerungsbehörde von diesen Verurteilungen vom 10.11.1988 und vom 19.10.1989 erfahren und sie der Ablehnung des Einbürgerungsantrags zugrunde gelegt habe. Denn diese Erkenntnis habe sich aus der Beiziehung der Ausländerakten ergeben, die zur Prüfung der Einbürgerungsvoraussetzungen unerlässlich sei. Eine Einbürgerung nach § 8 RuStAG scheide ebenfalls aus, da Voraussetzung hierfür sei, dass kein Ausweisungsgrund vorliege. Ein solcher Ausweisungsgrund liege im Hinblick auf die Verurteilungen des Klägers vom 10.11.1988 und vom 19.10.1988 vor. Dabei sei es unmaßgeblich, ob eine Ausweisung im Einzelfall fehlerfrei verfügt werden könne. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 17.09.1998 zugestellt.

Am 16.10.1998 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben. Er hat beantragt, den Bescheid des Landratsamts Ortenaukreis vom 4.10.1995 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 14.9.1998 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihn einzubürgern. Zur Begründung hat er geltend gemacht: Der Beklagte habe § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG zu eng ausgelegt. Auch Jugendstrafen fielen unter diese Bestimmung und könnten daher im Einzelfall außer Betracht bleiben. Der Wortlaut des § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG schließe dies nicht aus. Denn der Begriff "Freiheitsstrafe" werde auch im Strafgesetzbuch selbst nicht stets im Sinne einer Freiheitsstrafe nach § 38 StGB verwendet. Vielmehr werde dort zum Teil auch ein weiterer Begriff der Freiheitsstrafe zu Grunde gelegt, der jede freiheitsentziehende Strafe, d. h. auch die Jugendstrafe und den Strafarrest erfasse. Die Systematik des § 88 AuslG spreche für die zuletzt genannte Auslegung des Begriffs der Freiheitsstrafe. Denn § 88 Abs. 2 AuslG treffe eine spezielle Regelung bezüglich der Jugendstrafe als Unterfall der Freiheitsstrafe. Diese Bestimmung erhöhe lediglich die Obergrenze der für die Einbürgerung unschädlichen Freiheitsstrafe von einem halben Jahr auf ein Jahr, um den besonderen Bedingungen der Jugendstrafe und dem Alter der Betroffenen Rechnung zu tragen. Auch eine teleologische Auslegung ergebe, dass der Gesetzgeber für höhere als die in § 88 Abs. 1 Satz 1 AuslG genannten Strafen eine Einzelfallprüfung vorgesehen habe, ohne eine weitere Begrenzung vorzunehmen. Eine Einbürgerung solle daher trotz schwerwiegender Straftaten nicht generell ausgeschlossen sein. Es widerspreche dem Sinn der gesetzlichen Regelung in § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG, jugendliche Straftäter von dieser Regelung auszunehmen. Dem Beklagten sei somit ein Ermessen eröffnet gewesen, dass er nicht betätigt habe. Maßgebliches Kriterium für die Ermessensbetätigung sei dabei die Wiederholungsgefahr. Zu seinen - des Klägers - Gunsten sei zu berücksichtigen, dass die gegen ihn verhängten Verurteilungen inzwischen ca. zehn Jahre zurücklägen. Er sei nicht erneut straffällig geworden und lebe seit mehreren Jahren in einer festen Lebensgemeinschaft aus der ein Kind hervorgegangen sei. Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt und zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide Bezug genommen.

Mit Urteil vom 14.07.1999 hat das Verwaltungsgericht Freiburg den Beklagten unter Aufhebung des entgegenstehenden Bescheids des Landratsamts Ortenaukreis vom 4.10.1995 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 14.9.1998 verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Einbürgerung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Kläger habe zwar keinen Rechtsanspruch auf Einbürgerung, der Einbürgerungsbehörde sei jedoch ein Ermessen eröffnet, das sie bislang noch nicht ausgeübt habe. Als Rechtsgrundlage für die Einbürgerung komme allein § 86 AuslG in Betracht. Dessen Voraussetzungen lägen indessen nicht vollständig vor. Zwar habe der Kläger seit nunmehr über 15 Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet. Dem stehe nicht entgegen, dass er die Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis mehrmals verspätet beantragt habe. Ebenso sei es unschädlich, dass er über fünf Jahre lang nicht im Besitz eines gültigen französischen Ausweispapieres gewesen sei. Denn insoweit greife § 89 Abs. 3 AuslG ein, wonach Unterbrechungen der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts dann außer Betracht blieben, wenn sie darauf beruhten, dass der Kläger nicht rechtzeitig die erstmals erforderliche Erteilung oder die Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung beantragt habe oder nicht im Besitz eines Passes gewesen sei. Auch die Bedingung des § 86 Abs. 1 Nr. 1 AuslG sei erfüllt, da der Kläger durch den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit seine französische Staatsangehörigkeit verlieren werde. Das Erfordernis der Unterhaltsfähigkeit nach § 86 Abs. 1 Nr. 3 AuslG sei ebenfalls gegeben. Das Überbrückungsgeld zur Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, das der Kläger derzeit beziehe, sei keine Arbeitslosenhilfe, die grundsätzlich zum Nachweis der Sicherung des Lebensunterhaltes nicht ausreiche. Es sei auch nicht zu erkennen, dass das von ihm verfolgte Betriebskonzept von vornherein ungeeignet wäre, ihm auf absehbare Zeit das erforderliche Erwerbseinkommen zu verschaffen. Aber selbst wenn diese Bemühungen des Klägers um den Aufbau einer selbständigen beruflichen Existenz scheitern sollten und er wieder auf Sozial- beziehungsweise Arbeitslosenhilfe angewiesen sein würde, sei dies nach § 86 Abs. 1 2. Halbsatz AuslG unschädlich, da er den Bezug von Sozialleistungen nicht zu vertreten habe. Er sei des Weiteren zwar derzeit nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis. Es könne aber davon ausgegangen werden, dass im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt einer neuerlichen Entscheidung über das Einbürgerungsbegehren diese Voraussetzung gegeben sein werde. Er erfülle jedoch nicht das Gebot der strafrechtlichen Unbescholtenheit. Die strafrechtlichen Verurteilungen vom 19.10.1989 und vom 5.10.1993 könnten noch zu seinem Nachteil verwertet werden. Ausweislich der im Verwaltungsverfahren eingeholten Auskunft des Generalbundesanwaltes seien die entsprechenden Eintragungen im Bundeszentralregister noch nicht getilgt bzw. tilgungsreif. Die Beseitigung des Strafmakels nach § 100 JGG führe als solche nicht zu einem Verwertungsverbot. Sie führe lediglich zur Einschränkung des Umfangs der Auskunftserteilung (§ 41 Abs. 3 BZRG) und gegebenenfalls zu einer Verkürzung der Tilgungsfrist (§ 46 Abs. 1 Nr. 1 f BZRG) auf fünf Jahre, die hier jedoch bereits vorher nach § 46 Abs. 1 Nr. 1 d BZRG nicht länger gewesen sei. Wegen der erneuten strafrechtlichen Verurteilung des Klägers am 5.10.1993 und somit vor Ablauf der Tilgungsfrist für die Verurteilung vom 19.10.1989 könne eine Tilgung erst dann erfolgen, wenn für alle Verurteilungen die Voraussetzungen der Tilgung vorlägen. Dies sei erst am 5.10.2003 der Fall. Die Verurteilung zu der Jugendstrafe erfülle weder nach § 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG noch nach § 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AuslG die Voraussetzungen der obligatorischen Nichtberücksichtigung, da der Strafausspruch das dort genannte Maß übersteige. Der Einbürgerungsbehörde sei jedoch die Möglichkeit eröffnet, gemäß § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG im Einzelfall im Ermessenswege zu entscheiden, ob die dieser Verurteilung zugrundeliegende Straftat außer Betracht bleiben könne. Denn die mit Urteil vom 19.10.1989 verhängte Jugendstrafe von einem Jahr und drei Monaten stelle eine "höhere Strafe" im Sinne von § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG dar. § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG knüpfe an die Tatbestandsmerkmale der obligatorischen Nichtberücksichtigung an und beziehe sich folglich - neben der Geldstrafe in § 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG - auf die in § 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AuslG erwähnte Freiheitsstrafe. Hierunter fielen auch Jugendstrafen. Diese Auslegung sei vom Wortlaut des Gesetzes gedeckt und nach dessen Sinn und Zweck geboten. Der Kläger habe zutreffend darauf hingewiesen, dass der Begriff der Freiheitsstrafe in der Rechtssprache nicht durchgängig im rechtstechnischen Sinne des § 38 StGB und folglich in Abgrenzung zu der in § 17 JGG geregelten Jugendstrafe gebraucht werde. Soweit das Ausländergesetz in verschiedenen Bestimmungen die Begriffe Freiheitsstrafe einerseits und Jugendstrafe andererseits verwende, spreche der Gesamtaufbau des Gesetzes zwar dafür, dass die differenzierende Wortwahl bewusst getroffen worden sei und folglich eine Gleichsetzung der Jugendstrafe mit der Freiheitsstrafe in aller Regel nicht erfolgen könne. Dies entbinde jedoch nicht von einer Prüfung einer jeden Vorschrift vor dem Hintergrund des jeweiligen Regelungszusammenhangs. § 88 Abs. 2 AuslG erwähne die Jugendstrafe zwar ausdrücklich, wolle man hierin jedoch eine abschließende Behandlung der Jugendstrafe im Rahmen des § 88 AuslG sehen, ergebe sich ein Wertungswiderspruch. Denn während dann nach Erwachsenenstrafrecht zu einer höheren Bewährungsstrafe als sechs Monate verurteilte Ausländer einen Anspruch auf Prüfung der fakultativen Nichtberücksichtigung geltend machen könnten, wäre diese Möglichkeit dem nach Jugendgerichtsgesetz zu einer Bewährungsstrafe von mehr als einem Jahr verurteilten Ausländer verschlossen. Zudem stünde dann ein Ausländer, der zu einer Jugendstrafe auf Bewährung von mehr als sechs Monaten bis zu einem Jahr verurteilt worden sei, den Einbürgerungsantrag aber erst nach Ablauf der Bewährungszeit und nach Straferlass stelle, schlechter als ein zu einer entsprechenden Erwachsenenstrafe verurteilter Ausländer. Denn in dieser Situation sei für eine an den Ablauf der Bewährungsfrist geknüpfte Einbürgerungszusicherung kein Raum mehr. Die terminologische Unterscheidung zwischen der zeitigen Freiheitsstrafe und der Jugendstrafe diene im Rahmen des § 88 AuslG somit lediglich dazu, den Anspruch auf Einbürgerungszusicherung auf bestimmte Fälle einer Verurteilung zu Jugendstrafe zu begrenzen. Die Verurteilung zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und drei Monaten, deren Vollstreckung nicht von vornherein zur Bewährung ausgesetzt worden sei, stelle schließlich auch eine "höhere" Strafe im Sinne von § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG dar. Denn nach Sinn und Zweck der Norm sei hierunter eine "schwerere" Bestrafung zu verstehen. Das dem Beklagten somit eröffnete Ermessen sei jedoch nicht dahin reduziert, dass lediglich die Einbürgerung des Klägers in Betracht komme.

Auf Antrag des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 7.4.2000 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen. Der Beschluss wurde dem Beklagten am 28.4.2000 zugestellt.

Mit am 10.5.2000 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz beantragt der Beklagte,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 14. Juli 1999 - 2 K 2190/98 - zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus: Angesichts der klaren Unterscheidungen in der Terminologie bezüglich der Arten der Bestrafung ("Freiheitsstrafe" in § 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AuslG, "Jugendstrafe" in § 88 Abs. 2 AuslG) sowie im übrigen Gesetzeswortlaut sei eindeutig, dass - abgesehen von § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG - abschließend geregelte Tatbestände vorlägen, die einen Ermessensspielraum nicht zuließen. Der vom Verwaltungsgericht angeführte Wertungswiderspruch sei nicht zu erkennen. Vielmehr habe der Gesetzgeber für die Bewertung von Jugendstrafen eine von vornherein wesentlich großzügigere Regelung getroffen als für die Bewertung von Bewährungsstrafen nach dem Erwachsenenstrafrecht. Des Weiteren könne unterstellt werden, dass schon das Strafmaß für einen nach Jugendstrafrecht Verurteilten wesentlich geringer ausfalle als bei einem für eine gleichartige Straftat nach Erwachsenenstrafrecht Verurteilten. Ferner seien die Tilgungsfristen bei Verurteilungen zu Jugendstrafen dem Grunde nach wesentlich kürzer als bei Freiheitsstrafen gleicher Dauer nach Erwachsenenstrafrecht, so dass sie im Falle der Überschreitung der in § 88 AuslG genannten Grenzen im Allgemeinen für einen wesentlich kürzeren Zeitraum ein Einbürgerungshindernis darstellten als Freiheitsstrafen für Erwachsene. Dass sich die Tilgungsfrist im vorliegenden Fall dennoch erheblich verlängert habe, sei durch eine weitere Verurteilung des Klägers kurz vor Ablauf der Tilgungsfrist bedingt. Eine entsprechende Regelung gelte jedoch auch bei einem nach Erwachsenenstrafrecht Verurteilten. Des Weiteren stelle § 88 Abs. 2 AuslG eine Spezialregelung dar, die der des § 88 Abs. 1 AuslG vorgehe. Das Verwaltungsgericht behandle demgegenüber § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG, als ob es sich bei dieser Bestimmung um einen eigenen Absatz des § 88 AuslG handele, der sich sowohl auf § 88 Abs. 1 Satz 1 als auch § 88 Abs. 2 AuslG beziehe. Der vom Verwaltungsgericht herangezogene Beispielsfall, dass ein Ausländer, der zu einer Jugendstrafe von bis zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden sei und seine Einbürgerung erst nach dem Erlass der Strafe beantrage, sei nach § 88 Abs. 2 AuslG dahin zu lösen, dass die Verurteilung in diesem Falle überhaupt kein Einbürgerungshindernis mehr darstelle. Der erweiternden Auslegung des § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG bedürfe es in diesem Zusammenhang nicht.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung beruft er sich auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil. Ergänzend macht er geltend: Die Jugendstrafe sei gegenüber der Freiheitsstrafe nach § 38 StGB die mildere Strafe. Daher widerspreche es dem Sinn des § 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 im Verhältnis zu § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG, die Jugendstrafe von der Einzelfallprüfung auszunehmen. So führe es zu einer nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung, wenn ein zu einer Freiheitsstrafe im Sinne des § 38 StGB zu 15 Monaten auf Bewährung verurteilter Ausländer Anspruch darauf habe, dass im Einzelfall geprüft werde, ob diese Straftat außer Betracht zu bleiben habe, wohingegen einem Ausländer, der zu einer Jugendstrafe von 15 Monaten auf Bewährung verurteilt worden sei, die Prüfung des § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG versagt werde. Dies könne auch nicht mit dem Hinweis auf die kürzeren Tilgungsfristen für die Jugendstrafe nach dem Bundeszentralregistergesetz begründet werden. Denn aus den Materialien für die Entstehungsgeschichte des § 88 Abs. 1 AuslG ergebe sich nicht, dass der Gesetzgeber bei dieser Regelung die Tilgungsfristen des Bundeszentralregistergesetzes im Blick gehabt habe.

Dem Senat liegen die Einbürgerungsakten des Landratsamtes Ortenaukreis (1 Band), die Ausländerakten der Stadt Achern (2 Bände) und die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Freiburg (1 Band) sowie die Akten des Verwaltungsgerichts Freiburg (1 Band) vor. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf diese Unterlagen sowie die gewechselten Schriftsätze verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht und formell ordnungsgemäß begründete (§ 124a Abs. 3 VwGO a.F.) Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Verpflichtungsklage in vollem Umfang abweisen müssen. Der Bescheid des Landratsamts Ortenaukreis vom 4.10.1995 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 14.9.1998 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn er hat nach der für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung keinen Anspruch auf erneute Bescheidung seines Antrags auf Einbürgerung (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Einbürgerung ist nach § 86 AuslG in der vor dem 1.1.2000 geltenden Fassung zu beurteilen. § 86 AuslG a.F. ist hier grundsätzlich noch anzuwenden, da er seinen Antrag auf Einbürgerung bereits am 17.1.1995 und somit vor dem 17.3.1999 gestellt hat. Denn nach § 102 a AuslG sind auf bis zum 16.3.1999 gestellte Einbürgerungsanträge die §§ 85 bis 91 AuslG in der vor dem 1.1.2000 geltenden Fassung mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Einbürgerung zu versagen ist, wenn ein Ausschlussgrund nach § 86 Nr. 2 oder 3 AuslG n.F. vorliegt, und dass sich die Hinnahme von Mehrstaatigkeit nach § 87 AuslG n.F. beurteilt. Hier ist § 86 AuslG a.F. maßgeblich, da der Kläger bei Stellung des Einbürgerungsantrags bereits das 23. Lebensjahr vollendet hatte und somit § 85 AuslG a.F. als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht kommt. Rechtlich nicht erheblich ist, dass er schon 1991 einen Einbürgerungsantrag gestellt hatte, auf den § 85 AuslG in der Fassung vom 9.7.1990 anzuwenden war, denn dieser Antrag wurde bestandskräftig abgelehnt.

Der Kläger kann jedoch keine erneute Entscheidung über seine Einbürgerung nach § 86 AuslG a.F. beanspruchen. Zwar sind die Voraussetzungen des § 86 AuslG a.F. zum Teil erfüllt und zum Teil kann von ihrem Vorliegen abgesehen werden (1.). Die Einbürgerung nach § 86 AuslG a.F. scheitert aber jedenfalls daran, dass der Ausschlussgrund des § 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F. eingreift, wonach der Einbürgerungsbewerber nicht wegen einer Straftat verurteilt worden sein darf. Von dieser Voraussetzung der Straffreiheit ist hier nach den unverändert gebliebenen Regelungen in § 88 AuslG weder zwingend abzusehen noch kann hiervon fakultativ abgesehen werden (2.).

1. Der von § 86 Abs. 1 Satz 1 AuslG a.F. geforderte langjährige Aufenthalt liegt vor. Der Kläger hatte mehr als 15 Jahre rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet. Er lebt hier seit 22.12.1975, somit seit über 26 Jahren. Das Erfordernis des ununterbrochenen gewöhnlichen Aufenthalts im Bundesgebiet ist somit erfüllt. Der Aufenthalt war allerdings möglicherweise - vorbehaltlich einer gemeinschaftsrechtlichen Privilegierung - nicht ununterbrochen rechtmäßig, weil der Kläger sowohl die erste Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis als auch in mehreren Fällen - so auch bei seinem letzten, noch nicht beschiedenen Antrag vom 31.8.1999 - die Verlängerung verspätet beantragt hat. Das ist aber jedenfalls nach § 89 Abs. 3 AuslG unschädlich. Die Passlosigkeit des Klägers in der Zeit von 13.7.1993 bis zum 17.3.1998 führte ebenfalls nicht zur Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts, da im Gegensatz zum früheren Recht seit dem 1.1.1991 die Passlosigkeit nur einen Widerrufsgrund nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 AuslG darstellt und nicht mehr kraft Gesetzes zum Erlöschen der Aufenthaltsgenehmigung führt (vgl. Renner, AuslG § 89 RdNr. 6 und Berlit, GK-Staatsangehörigkeitsrecht § 89 AuslG RdNr. 78). Ein Widerruf der Aufenthaltserlaubnis erfolgte hier jedoch nicht.

Die Unterhaltsfähigkeit nach § 86 Abs. 1 Nr. 3 AuslG a.F. besteht zwar nicht, da der Kläger nach einer vom Senat eingeholten und den Beteiligten mitgeteilten Auskunft des Arbeitsamtes Offenburg vom 29.7.2002 Arbeitslosenhilfe nach § 125 SGB III erhält. Von dieser Voraussetzung ist hier jedoch nach § 86 Abs. 1 2. Halbsatz AuslG a.F. abzusehen, da seine Bedürftigkeit auf einem von ihm nicht zu vertretenden Grund beruht. Denn nach der Auskunft des Arbeitsamtes Offenburg vom 29.7.2002 hat er ein Leistungsvermögen von täglich weniger als 3 Stunden und ist voraussichtlich länger als sechs Monate nicht vermittelbar. In einem solchen Falle erscheint es als unverschuldet, dass der Kläger seinen Unterhalt nicht selbst bestreiten kann.

Letztlich offen bleiben kann, ob die Voraussetzung der Aufgabe der bisherigen - französischen - Staatsangehörigkeit des Klägers erfüllt ist (§ 86 Abs. 1 Nr. 1 AuslG a.F.). Wie die Bundesrepublik Deutschland ist auch Frankreich Signatarstaat des Übereinkommens über die Verringerung der Mehrstaatigkeit und über die Wehrpflicht von Mehrstaatern vom 6.5.1963 (BGBl. II S. 1954) und hat zumindest früher französische Staatsangehörige durch Dekret ausgebürgert, die die Staatsangehörigkeit eines anderen Signatarstaates erworben haben (Hailbronner, Einbürgerung von Wanderarbeitnehmern und doppelte Staatsangehörigkeit, 1992, S. 55). Selbst wenn dies nicht mehr der Fall sein sollte, könnte nach § 87 Abs. 2 AuslG in der seit dem 1.1.2000 geltenden Fassung, der nach der Übergangsvorschrift des § 102 a AuslG anwendbar ist, von der Voraussetzung der Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit abzusehen sein, wenn Frankreich als Mitgliedstaat der Europäischen Union beim Erwerb der französischen Staatsangehörigkeit durch deutsche Staatsangehörige durch Erklärung oder auf Antrag die Mehrstaatigkeit hinnimmt. Dies dürfte der Fall sein (Hailbronner, a.a.O., S. 54; Berlit, a.a.O., § 87 RdNr. 250.4; vgl. zur Hinnahme der Mehrstaatigkeit in Frankreich: Hailbronner in Hailbronner/Renner, Staatsangehörigkeitsrecht, 3. Aufl. 2001, Einl. F RdNr. 34).

Der Kläger ist aber nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung (§ 86 Abs. 3 AuslG a.F. i.V.m. § 85 Abs. 2 Satz 1 AuslG a.F.). Über seinen entsprechenden Antrag vom 31.8.1999 wurde bisher nicht entschieden. Nach dem Wortlaut der Bestimmung genügt ein Anspruch auf Erteilung nicht; vielmehr muss die Aufenthaltserlaubnis bzw. Aufenthaltsberechtigung wirksam erteilt sein (so auch Makarov/v. Mangoldt, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, § 85 RdNr. 51; Berlit a.a.O., § 85 RdNr. 158; Hailbronner, AuslR § 85 RdNr. 11). Auch eine etwaige Duldungs- oder Erlaubnisfiktion nach § 69 Abs. 2 beziehungsweise 3 AuslG genügen nicht (Makarov/v. Mangoldt, a.a.O.; RdNr. 52, Berlit, a.a.O., § 85 RdNr. 172). Ob etwas anderes im Hinblick auf die dem Kläger als Staatsangehörigem eines Mitgliedstaates der Europäischen Union möglicherweise zustehende Freizügigkeit und ein daraus folgendes gemeinschaftsrechtliches Aufenthaltsrecht gilt oder ob dem Verwaltungsgericht dahin gefolgt werden kann, dass die Prognose eines gesicherten Aufenthaltsrechts ausreicht (so auch Marx, Staatsangehörigkeitsrecht, § 85 RdNr. 25), kann letztlich offen bleiben. Denn eine Einbürgerung nach § 86 AuslG a.F. ist jedenfalls deswegen ausgeschlossen, weil der Kläger die Anforderungen an seine strafrechtliche Unbescholtenheit nicht erfüllt.

2. Die Voraussetzung des § 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F. ist wegen der strafgerichtlichen Verurteilung des Klägers vom 10.11.1988, 19.10.1989 und 5.10.1993 nicht gegeben. Die Verurteilung vom 19.10.1989 kann noch zu seinen Lasten verwertet werden und hat auch nicht nach § 88 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 AuslG außer Betracht zu bleiben. Eine Ermessenseinbürgerung nach § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG ist ebenfalls nicht möglich.

Die strafgerichtliche Verurteilung vom 19.10.1989, mit welcher der Kläger unter Einbeziehung der früheren Verurteilung vom 10.11.1988 zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt wurde, ist noch zu berücksichtigen. Mangels eigener Regelungen in den §§ 85 ff. AuslG darüber, wie lange strafrechtliche Verurteilungen beachtlich sind, ist hinsichtlich der Verwertbarkeit auf die Regelungen des Bundeszentralregistergesetzes (BZRG) zurückzugreifen. Danach führt die am 3.8.1993 getroffene Entscheidung über die Beseitigung des Strafmakels nach § 100 JGG nicht dazu, dass die Tat und die Verurteilung dem Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwendet werden dürfen. Vielmehr hat diese Entscheidung lediglich eine Einschränkung des Umfangs der Auskunftserteilung (vgl. § 41 Abs. 3 BZRG) und eine Verkürzung der Tilgungsfrist zur Folge (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 1 f BZRG und BVerwG, Beschluss vom 26.2.1997, Buchholz 402.240 § 45 AuslG 1990 Nr. 8). Ein Verwertungsverbot ergibt sich ferner nicht daraus, dass die Verurteilung auch in einer unbeschränkten Auskunft aus dem Bundeszentralregister nach § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG nicht mehr mitgeteilt werden darf (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 9.12.1993 - 11 S 2319/93 -). Die Tilgungsfrist, deren Ablauf einer Verwertung der Jugendstrafe entgegenstünde, läuft hier noch bis zum 5.10.2003. Denn eine Tilgung ist erst zulässig, wenn sie für alle im Bundeszentralregister eingetragenen Verurteilungen erfolgen kann (§ 47 Abs. 3 Satz 1 BZRG). Die Verurteilung durch den Strafbefehl vom 5.10.1993 ist jedoch erst am 5.10.2003 tilgungsreif, denn die Tilgungsfrist beträgt hier 10 Jahre ab der Unterzeichnung des Strafbefehls, da zu diesem Zeitpunkt die Verurteilungen zu Jugendstrafen noch im Bundeszentralregister eingetragen waren (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 2a i.V.m. §§ 36 Satz 1, 5 Abs. 1 Nr. 4 BZRG).

Die Verurteilung zur Jugendstrafe bleibt auch nicht nach § 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 AuslG außer Betracht. Insbesondere greift § 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG nicht, denn eine Jugendstrafe nach § 17 JGG ist keine Erziehungsmaßregel nach § 9 JGG (Weisungen oder Anordnungen, Hilfe zur Erziehung in Anspruch zu nehmen) und auch kein Zuchtmittel nach § 13 Abs. 2 JGG (Verwarnung; Erteilung von Auflagen; Jugendarrest). Auch § 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AuslG ist - unabhängig von der Frage, ob eine Jugendstrafe eine "Freiheitsstrafe" im Sinne dieser Bestimmung ist <dazu unten> - jedenfalls deshalb nicht einschlägig, weil die verhängte Strafe höher als 6 Monate war und außerdem nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde; die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung genügt nicht (Makarov/v. Mangoldt, a.a.O. § 88, RdNr. 16).

Der Kläger hat des weiteren keinen Anspruch darauf, dass die Einbürgerungsbehörde gemäß § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG ermessensfehlerfrei über seine Einbürgerung entscheidet. Denn § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG bezieht sich nur auf Strafen i.S.d. § 88 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 AuslG und eine Jugendstrafe ist keine Freiheitsstrafe im Sinne des § 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AuslG. Außerdem begünstigt § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG nur Einbürgerungsbewerber, deren Strafe zur Bewährung ausgesetzt und nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen worden ist. In den sonstigen Fällen, in denen ein Einbürgerungsbewerber zu einer Freiheitsstrafe (ohne Bewährung) verurteilt worden ist, verbleibt es dagegen beim Ausschluss der Einbürgerung nach § 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F..

Dass sich § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG nur auf die in Satz 1 Nr. 2 und 3 dieser Bestimmung genannten Strafen bezieht, folgt aus der systematischen Stellung dieser Regelung als Satz 2 eines einheitlichen Absatzes, der zuvor in Satz 1 die Fälle benennt, in denen eine Straffälligkeit - entgegen dem Grundsatz in §§ 85 Abs. 1 Nr. 4, 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F. - unbeachtlich ist, weil die Verurteilungen auf Bagatelldelikten beruhen. Daraus ist in Verbindung mit dem Wortlaut des § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG zu schließen, dass als "höhere Strafe" im Sinne dieser Regelung nur eine Strafe in Betracht kommen kann, die von der Art der Strafe zunächst unter die Nummern 2 oder 3 des Satzes 1 fällt (vgl. insoweit auch BVerwG, Beschluss vom 3.3.1997, InfAuslR 1997, 315).

Nach allgemeinem Sprachgebrauch ist zwar eine weite Auslegung des § 88 Abs. 1 AuslG, die auch die Jugendstrafe umfasst, nicht von vorneherein ausgeschlossen, da auch die Jugendstrafe ein vom Richter verhängter Freiheitsentzug ist. "Freiheitsstrafe" im rechtstechnischen Sinne, d.h. im Sinne des materiellen Strafrechts, ist jedoch nur die Freiheitsstrafe im Sinne des § 38 StGB, d.h. die nach Erwachsenenstrafrecht verhängte Freiheitsstrafe. Jugendstrafe ist somit rechtstechnisch betrachtet etwas anderes als Freiheitsstrafe (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.2000, BVerwGE 112, 180 ff. zu § 51 Abs. 3 2. Alt. AuslG unter ausdrücklichem Hinweis auf § 88 AuslG; vgl. zur entsprechenden Fragestellung bei § 47 AuslG i.d.F. vom 9.7.1990, BVerwG, Urteil vom 19.11.1996, InfAuslR 1997, 152, ebenfalls unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 88 AuslG; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 26.5.1992, InfAuslR 1992, 248/249 und vom 19.10.1994, InfAuslR 1995, 155/159; OVG Hamburg, Beschluss vom 27.5.1993, InfAuslR 1993, 263/265; Hess. VGH, Beschluss vom 20.10.1992, InfAuslR 1993, 50/54). Wenn aber der Gesetzgeber Rechtsbegriffe verwendet, besteht zunächst Anlass, anzunehmen, dass er diesen Begriffen auch ihre rechtlich zutreffende Bedeutung beigemessen hat. Eine davon abweichende Verwendung eines Rechtsbegriffes ist zwar nicht völlig ausgeschlossen. Für einen entsprechenden Willen des Gesetzgebers, mit dem dieser entweder bewusst oder in Verkennung des terminologischen Unterschieds von der rechtstechnischen Begriffsbedeutung abweicht, müssen aber besondere Anhaltspunkte bestehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.2000, a.a.O.). Solche Anhaltspunkte fehlen hier.

Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergibt sich, dass der Gesetzgeber den rechtstechnischen Begriff der "Freiheitsstrafe" weder verkannt hat noch bewusst von der rechtstechnischen Begriffsbedeutung abgewichen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Entwurf der Bundesregierung zunächst nur eine erleichterte Einbürgerung von jungen Ausländern - ursprünglich sogar mit der Altersgrenze von 21 Jahren - vorsah (vgl. BT-Drs. 11/6321 S. 29). § 85 des Regierungsentwurfs nennt als Voraussetzung für eine erleichterte Einbürgerung u.a., dass der Bewerber "außer Straftaten, die nur mit Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln nach dem Jugendgerichtsgesetz geahndet wurden, keine Straftaten begangen hat". § 87 des Entwurfs ("Entscheidung bei Straffälligkeit") entsprach in Absatz 1 dem heutigen § 88 Abs. 2 AuslG ("Im Falle der Verhängung von Jugendstrafe bis zu einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt ist, erhält der Ausländer eine Einbürgerungszusicherung für den Fall, dass die Strafe nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen wird"). Absatz 2 des Entwurfs entsprach dem heutigen § 88 Abs. 3. Absatz 3 des Entwurfs lautete: "Ist der Ausländer zu einer Kriminalstrafe nach dem für Erwachsene geltenden Strafrecht verurteilt worden, wird nach den allgemeinen Vorschriften im Einzelfall entschieden, ob die Straftat außer Betracht bleiben kann". Zur Begründung wird ausgeführt, typische Jugendverfehlungen sollten nicht zum Ausschluss der erleichterten Einbürgerung führen (BT-Drs. 11/6321, S. 48). In den Fällen des § 87 Abs. 3 des Entwurfs (Verurteilung nach Erwachsenenstrafrecht) könne nicht generell davon ausgegangen werden, dass es sich um typische und vereinzelte Jugendverfehlungen handle, weshalb es bei den allgemeinen Vorschriften des damals geltenden RuStAG verbleiben müsse (BT-Drs. 11/6321, S. 84). In seiner Stellungnahme regte der Bundesrat an, die Altersgrenze für die Antragstellung auf 23 Jahre zu erhöhen und in § 85 Abs. 1 Nr. 4 des Entwurfs die Worte "oder mit Geldstrafe bis zu 60 Tagessätzen" zu ergänzen, da es angemessen sei, auch aus dem Bereich des Erwachsenenstrafrechts Straftaten von geringem Gewicht außer Betracht zu lassen (BT-Drs. 11/6541, S. 6). Ferner wurde vorgeschlagen, in § 87 Abs. 1 des Entwurfs die Worte "von Jugendstrafe" durch die Worte "von Jugend- oder Freiheitsstrafe" zu ersetzen (Empfehlung 39), und dies damit begründet, es sei angezeigt, im Gesetz die Fälle festzulegen, in denen auch bei Verhängung einer Strafe nach dem Erwachsenenstrafrecht, die zur Bewährung ausgesetzt worden sei, ein Einbürgerungsanspruch gegeben sein solle. Dies sei vor allem wegen der vorgeschlagenen Erhöhung der Altersgrenze für die Antragstellung erforderlich (BT-Drs. 11/6541, S. 7). Letzteres wurde von der Bundesregierung mit der Begründung abgelehnt, eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe nach Erwachsenenstrafrecht von einem Jahr sei keine Jugendverfehlung, über die hinweggesehen werden könne (BT-Drs. 11/6541, S. 14). Erst durch die Beschlussempfehlung des Innenausschusses wurde eine erleichterte Einbürgerung auch für (ältere) Ausländer mit langem Aufenthalt vorgesehen (§ 85 a des Entwurfs des Innenausschusses). Die Behandlung von Straffälligkeit sollte für beide Tatbestände der erleichterten Einbürgerung nunmehr in einer einheitlichen Bestimmung (§ 87) geregelt werden (vgl. BT-Drs. 11/6960, S. 28). Diese entspricht in ihrem Wortlaut dem derzeit geltenden § 88 AuslG; d.h. es wurde gegenüber dem bisherigen Entwurf der Absatz 1 eingefügt und dafür Absatz 3 des Entwurfs, der die Verurteilungen nach Erwachsenenstrafrecht betraf, gestrichen (BT-Drs. 11/6955, S. 62 f). Zur Begründung wurde ausgeführt, Satz 1 Nr. 3 (des § 87 Abs. 1 des Entwurfs des Innenausschusses) komme der Empfehlung Nr. 39 des Bundesrats entgegen. Allerdings habe dem Bundesrat hinsichtlich der Strafhöhe und der Einbeziehung in die Regelung des Abs. 1 nicht gefolgt werden können. Verurteilungen bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe mit Bewährung lägen keine Bagatelldelikte zugrunde, die generell für die Einbürgerung unbeachtlich bleiben könnten. Ebensowenig seien die mit einer kurzfristigen Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten geahndeten Straftaten generell so geringfügig, dass schon vor Straferlass über die Einbürgerung entschieden werden könne. Satz 2 (des § 87 Abs. 1 des Entwurfs des Innenausschusses) übernehme die Regelung des bisherigen Absatzes 3 für höhere Strafen. Dementsprechend wird die Streichung des bisherigen Absatzes 3 des Entwurfs als Folgeänderung begründet (BT-Drs. 11/6960, S. 28).

Diese Entstehungsgeschichte zeigt, dass dem Gesetzgeber der terminologische Unterschied zwischen "Freiheitsstrafe" und "Jugendstrafe" bewusst war. Ferner ergibt sich aus dem oben Ausgeführten, dass § 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AuslG nur auf Verurteilungen nach dem Erwachsenenstrafrecht Anwendung finden sollte, da sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die bereits im Regierungsentwurf für Jugendstrafen vorgeschlagene Regelung (der heutige § 88 Abs. 2 AuslG) als unzureichend erachtet worden ist. Auch § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG, der an die Stelle des - ausdrücklich nur Verurteilungen nach dem Erwachsenenstrafrecht betreffenden - § 87 Abs. 3 des Entwurfs trat, sollte sich nicht auf Jugendstrafen beziehen. Dies spricht für eine enge Auslegung des Begriffs der "Freiheitsstrafe" im rechtstechnischen Sinne (so im Ergebnis auch BVerwG, Urteile vom 19.11.1996, InfAuslR 1997, 152 und vom 16.11.2000, BVerwGE 112, 180).

Zudem spricht auch die Systematik des § 88 AuslG für die hier vertretene Auslegung, da - wie bereits ausgeführt - in § 88 Abs. 2 AuslG eine spezielle Regelung betreffend die Jugendstrafen getroffen wurde, was zusätzlich verdeutlicht, dass sehr wohl eine Differenzierung zwischen den beiden Strafarten gewünscht war (so auch Marx, a.a.O., § 88 AuslG RdNr. 5; Welte in Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht § 88 RdNr. 9). Die vom Verwaltungsgericht angeführte Fallkonstellation, dass ein Einbürgerungsantrag von einem Ausländer, der zu einer Jugendstrafe von bis zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt wurde (vgl. dazu auch Berlit, a.a.O., RdNr. 31; Makarov/v. Mangoldt, a.a.O., RdNr. 21), erst nach dem Straferlass gestellt wird, gebietet keine andere Auslegung des Begriffs der "Freiheitsstrafe". Denn in einem solchen Fall besteht ein Einbürgerungsanspruch (so auch Welte, a.a.O. § 88 RdNr. 13). Dies ist die zwingende Folgerung daraus, dass bei zuvor gestellten Anträgen eine Zusicherung für den Fall des Straferlasses zu geben ist und entspricht daher dem Willen des Gesetzgebers, der eine erlassene Jugendstrafe von bis zu einem Jahr auf Bewährung als unbeachtliche Jugendverfehlung angesehen hat. Der in der Kommentarliteratur vertretenen Konstruktion, § 88 Abs. 2 AuslG als spezielle Regelung nur im Hinblick auf die Möglichkeit der Erteilung einer Einbürgerungszusicherung anzusehen und ansonsten (ausgehend von der Gleichsetzung der Jugendstrafe mit der Freiheitsstrafe) § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG anzuwenden, wobei das Ermessen in Richtung auf einen Anspruch auf Einbürgerung reduziert sei (Berlit, a.a.O., RdNr. 52; Makarov/v. Mangoldt, a.a.O., RdNr. 21), bedarf es daher nicht.

Der vom Verwaltungsgericht angesprochene Fall der von § 88 Abs. 2 AuslG nicht erfassten Verurteilung zu einer Jugendstrafe von mehr als einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, gibt ebenfalls keinen Anlass, abweichend von Entstehungsgeschichte und Systematik der Norm den Begriff der "Freiheitsstrafe" in einem weiten, untechnischen, die Jugendstrafe umfassenden Sinne auszulegen (a.A. Berlit a.a.O. § 88 RdNr. 32; Makarov/v. Mangoldt, a.a.O., RdNr. 15). Zwar kann es zu solchen Fallkonstellationen kommen, da auch im Jugendstrafrecht eine Jugendstrafe von mehr als einem Jahr und nicht mehr als zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden kann (§ 21 Abs. 2 JGG). In einem solchen Falle steht auch bei einer engen Auslegung des Begriffs der Freiheitsstrafe, wie das Verwaltungsgericht zu Recht dargelegt hat, der nach Jugendstrafrecht bestrafte Einbürgerungsbewerber insoweit schlechter als ein zu einer gleich hohen Bewährungsstrafe verurteilter Erwachsener, als dieser unzweifelhaft nach § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG eine Ermessensentscheidung über seine Einbürgerung beanspruchen kann (vgl. Makarov/v. Mangoldt, a.a.O., RdNr. 20; Hailbronner, in Hailbronner/Renner, Staatsangehörigkeitsrecht § 88 RdNr. 4; ders. in AuslR § 88 RdNr. 4 f.; Renner in Nachtrag zum Staatsangehörigkeitsrecht zur 7. Auflage des Kommentars zum AuslR, 2000, § 88 RdNr. 3; Welte in Jakober/Welte, Aktuelles AuslR § 88 RdNr. 11), während es für einen zu einer entsprechend hohen Jugendstrafe auf Bewährung Verurteilten bis zur Tilgung der Verurteilungen aus dem Bundeszentralregister beim Ausschluss der Einbürgerung nach § 85 Abs. 1 Nr. 4 bzw. § 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F. bleibt, da § 88 Abs. 2 AuslG diese Fälle nicht erfasst. Es handelt sich insoweit jedoch lediglich um eine auf bestimmte Fallkonstellationen begrenzte Problematik, die nicht geeignet ist, die hier sich aus Wortlaut, Entsehungsgeschichte und Systematik der Vorschrift ergebende Auslegung in Frage zu stellen.

Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass in diesem Ergebnis nicht zwingend - wie das Verwaltungsgericht meint - ein Wertungswiderspruch zu Lasten der zu einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe von mehr als einem Jahr verurteilten Einbürgerungsbewerber gesehen werden muss. Denkbar ist vielmehr auch, dass der Gesetzgeber in § 88 Abs. 2 AuslG bewusst eine abschließende Sonderregelung für zu einer Jugendstrafe Verurteilte getroffen und dabei berücksichtigt hat, dass - worauf der Beklagte hinweist - das Strafmaß für nach Jugendstrafrecht Verurteilte in der Regel geringer ausfällt als bei einem für eine gleichartige Straftat nach Erwachsenenstrafrecht Verurteilten und dass für Jugendstrafen kürzere Tilgungsfristen gelten als bei Freiheitsstrafen gleicher Dauer für Erwachsene. Nach Auffassung des Senats spricht allerdings mehr dafür, dass der Gesetzgeber einen solchen Regelungswillen nicht hatte und daher im Hinblick auf diese Fälle eine Regelungslücke vorliegt, die durch analoge Anwendung des § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG zu schließen ist. Dafür spricht, dass es bei einer Schlechterstellung der nach Jugendstrafrecht Verurteilten in diesen Fällen verbleibt, wenn sich die Tilgung der entsprechenden Verurteilungen zu Jugendstrafen aus dem Bundeszentralregister bei neu hinzutretender Erwachsenen-Bagatellkriminalität weit hinausschiebt, obgleich die neuen Verurteilungen für sich genommen nach § 88 Abs. 1 AuslG unbeachtlich sind; dies wird gerade im vorliegenden Fall deutlich. Ein Grund für diese Schlechterstellung ist nicht ersichtlich. Die von dem Beklagten genannten Gesichtspunkte der niedrigen Strafrahmen im JGG mit der Folge regelmäßig niedrigerer Strafen sowie der kürzeren Tilgungsfristen sind zwar grundsätzlich zutreffend, gleichen diese Schlechterstellung jedoch nicht aus. Auch ist zweifelhaft, ob Fälle, in denen eine Jugendstrafe von mehr als einem Jahr auf Bewährung verhängt wird, durchweg schwererer Kriminalität zuzurechnen sind als Fälle, in denen eine entsprechende Freiheitsstrafe nach Erwachsenenstrafrecht verhängt wird. Auch die Tatsache, dass die Verhängung einer Jugendstrafe - von Fällen der Schwere der Schuld abgesehen - schädliche Neigungen des Jugendlichen oder Heranwachsenden voraussetzt (§ 17 Abs. 2 JGG), rechtfertigt den Ausschluss von der Möglichkeit der Ermessenseinbürgerung nicht. Denn gerade im Hinblick auf die typischerweise altersbedingt höhere Beeindruckbarkeit durch die Verurteilung sowie die in der Bewährungszeit vorgesehenen Weisungen und Auflagen (§ 23 JGG) kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass es in den genannten Fällen das öffentliche Interesse durchweg gebietet, die Betroffenen - bis zur Tilgung ihrer Verurteilung - von der erleichterten Einbürgerung auszuschließen.

Auch aus der oben dargelegten Entstehungsgeschichte des § 88 AuslG ergibt sich nicht, dass eine solche Ungleichbehandlung zu Lasten der zu einer Jugendstrafe von mehr als einem Jahr auf Bewährung Verurteilten beabsichtigt war. Denn den Gesetzgebungsmaterialien lässt sich entnehmen, dass Verurteilungen zu Jugendstrafen eher milder bewertet werden sollten als solche nach Erwachsenenstrafrecht. Die vom Beklagten angesprochenen Gesichtspunkte haben zudem im Gesetzgebungsverfahren keine Rolle gespielt und lassen daher nicht den Schluss zu, der Gesetzgeber habe sich bewusst gegen die Eröffnung einer Ermessensentscheidung bei Einbürgerungsbewerbern entschieden, die zu einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt worden sind. Vielmehr spricht einiges dafür, dass es im Laufe der zahlreichen Änderungen des ursprünglichen Regierungsentwurfs im Gesetzgebungsverfahren außer Blick geraten war, dass durch die Schaffung eines eigenständigen Anspruchs auf Ermessenseinbürgerung in § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG, der wiederum an die Stelle des lediglich als Verweisung auf das allgemeine Staatsangehörigkeitsrecht des damals geltenden RuStAG konzipierten § 87 Abs. 3 des Regierungsentwurfs trat, in den hier erörterten Fällen zu Benachteiligungen von Einbürgerungsbewerbern kam, die zu einer Bewährungs-Jugendstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt worden sind.

Dies kann aber letztlich offen bleiben. Denn selbst wenn § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG auf Jugendstrafen entsprechend anwendbar wäre, könnte sich der Kläger auf diese Bestimmung nicht berufen. Dies folgt daraus, dass § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG nur auf Freiheitsstrafen anwendbar ist, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Dies müsste bei einer analogen Anwendung auf Jugendstrafen ebenfalls gelten.

Auch hier spricht bereits der Wortlaut der Bestimmung für eine enge, rechtstechnische Auslegung des Begriffs "höhere Strafe". Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass trotz der Verwendung des Rechtsbegriffs eine von diesem abweichende, darüber hinausgehende Begriffsbestimmung, die generell alle den Verurteilten schwerer treffenden Strafen erfasst, zu Grunde gelegt worden ist (so Makarov/v. Mangoldt, a.a.O.; RdNr. 18, Berlit, a.a.O., RdNr. 39 jeweils ohne nähere Begründung), vermag der Senat nicht zu erkennen.

Der Wortlaut "höhere Strafe" bezieht sich, wenn man ihn im technischen, d.h. materiell-strafrechtlichen Sinne versteht, auf das Strafmaß, das bei der Freiheitsstrafe durch deren Dauer bestimmt wird (vgl. § 39 StGB, §§ 46 ff. StGB). Demgegenüber lässt die Strafaussetzung zur Bewährung (§§ 56 ff. StGB) die Höhe der Strafe (das Strafmaß) unberührt. Die für die Entscheidung über die Strafhöhe maßgeblichen Gesichtspunkte unterscheiden sich von denen, die bei der Entscheidung über eine Strafaussetzung zur Bewährung anzustellen sind.

Auch in diesem Zusammenhang ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien nichts Gegenteiliges. Dass § 87 Abs. 3 des Regierungsentwurfs, der sich auf alle Verurteilungen nach Erwachsenenstrafrecht bezog, später im Hinblick auf § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG für entbehrlich erachtet wurde, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG stellt in der Sache gerade eine von § 87 Abs. 3 des Regierungsentwurfes - der lediglich eine Verweisung auf das allgemeine Staatsangehörigkeitsrecht des damals geltenden RuStAG enthielt - abweichende Regelung dar, weil erst durch diese Fassung eine besondere Rechtsgrundlage für erleichterte Ermessenseinbürgerungen geschaffen wurde.

Auch die Systematik sowie Sinn und Zweck der §§ 85 ff. AuslG sprechen für eine enge Auslegung des Begriffs "höhere Strafe" in § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG im rechtstechnischen Sinn. Denn wenn man jede "schwerere" (also auch nicht zur Bewährung ausgesetzte) Freiheitsstrafe unter diese Bestimmung subsumieren würde, käme es zu einer weitgehenden Änderung des Regelungsgehalts der §§ 85 Abs. 1 Nr. 4 AuslG a.F. und 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F. Abweichend von diesen Bestimmungen wäre eine Einbürgerung nicht nur bei Straffreiheit sondern als Ermessenseinbürgerung grundsätzlich bei jeder Verurteilung wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe möglich. Auch wenn man in § 88 AuslG rechtssystematisch keine - grundsätzlich eng auszulegende - Ausnahme von den §§ 85 Abs. 1 Nr. 4, 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F. sieht, sondern eine Modifizierung des dort normierten Unbescholtenheitserfordernisses (so Berlit, a.a.O. § 88, RdNr. 2), erscheint doch eine solche Auslegung als zu weitgehend, da sie das System der §§ 85 ff. AuslG sprengt (im Ergebnis a.A.: Kloesel/Christ/Häußer, Ausländerrecht § 88, RdNr. 15; Hailbronner/Renner, a.a.O., § 88 RdNr. 4; Marx a.a.O., § 88 RdNr. 8 jeweils ohne nähere Begründung). Einer solchen Auslegung steht des weiteren entgegen, dass sich § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG nach seiner systematischen Stellung auf Satz 1 dieses Absatzes und die dort geregelten Strafen bezieht (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 3.3.1997, a.a.O.) und dabei im Hinblick auf Verurteilungen zu Freiheitsstrafen lediglich an die unter Satz 1 Nr. 3 fallenden, zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafen anknüpft.

Die Problematik einer Auslegung des Begriffs "höher" im Sinne von "den Verurteilten schwerer treffend", wird zudem besonders deutlich bei der Frage der Behandlung von Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden. Diese Fälle müssten unter § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG subsumiert werden. Eine gleich hohe oder gar niedrigere, aber nicht zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe müsste somit als "höhere Strafe" verstanden werden, was mit der rechtstechnischen Bedeutung dieses Begriffs unvereinbar ist.

Auch der mit den §§ 85 ff. AuslG a.F. generell verfolgte Zweck der Erleichterung der Einbürgerung gebietet keine andere Beurteilung. Zwar ist dieser Zweck bei der Auslegung der betreffenden Bestimmungen grundsätzlich im Blick zu behalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.9.1995, InfAuslR 1996, 19 hinsichtlich § 89 AuslG und Beschluss vom 3.3.1997, a.a.O. im Hinblick auf die Frage der Kumulierung von Verurteilungen im Rahmen des § 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AuslG). Diesem Gesichtspunkt kommt im vorliegenden Zusammenhang jedoch kein ausschlaggebendes Gewicht zu. Denn sowohl die Entstehungsgeschichte gerade des § 88 AuslG als auch sein systematischer Zusammenhang mit den §§ 85 Abs. 1 Nr. 4 und 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG a.F. lassen erkennen, dass eine Begünstigung von Ausländern, die gravierende Straftaten begangen haben, nicht erreicht werden soll. Eine solche Begünstigung träte jedoch ein, wenn Verurteilungen zu Freiheitsstrafen, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wurden, unter § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG fallen würden.

Der Kläger kann sich schließlich nicht darauf berufen, dass nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht eine Ermessenseinbürgerung auch bei Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe in Betracht kommen soll, die nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist (vgl. Nr. 88.1.2 StAR-VwV). Denn da es hier um die rechtlichen Voraussetzungen geht, unter denen der Staatsangehörigkeitsbehörde das Ermessen überhaupt erst eröffnet ist, ist die entsprechende Verwaltungsvorschrift für die gerichtliche Entscheidung rechtlich nicht erheblich (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 10.7.1997, NVwZ 1998, 183 und vom 5.5.1997, NVwZ-RR 1997, 738 sowie das Senatsurteil vom 12.3.1996 - 13 S 1908/95 -, EZAR 271, Nr. 27).

Der Kläger kann auch nicht beanspruchen, dass nach § 8 StAG ermessensfehlerfrei über seine Einbürgerung entschieden wird. Eine Einbürgerung nach § 8 StAG bleibt zwar grundsätzlich auch dann zulässig, wenn die Voraussetzungen für einen Einbürgerungsanspruch nach §§ 85 ff. AuslG nicht erfüllt sind (vgl. Senatsurteil vom 7.11.1991 - 13 S 1627/90 - InfAuslR 1992, 98). Ein solcher Bescheidungsanspruch ist hier jedoch bereits deswegen ausgeschlossen, weil die Mindestvoraussetzungen, deren Vorliegen das Ermessen erst eröffnet, nicht gegeben sind. Denn zum einen liegt ein Ausweisungsgrund im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG vor und zum zweiten fehlt es an der Unterhaltsfähigkeit des Klägers.

Eine Einbürgerung nach dieser Bestimmung setzt unter anderem voraus, dass kein Ausweisungsgrund nach § 46 Nr. 1 bis 4 oder § 47 Abs. 1 oder 2 AuslG vorliegt (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG). Unabhängig davon, ob man hierin eine dynamische oder eine statische Verweisung sieht, liegt ein Ausweisungsgrund nach § 46 Nr. 2 AuslG vor, da diese Bestimmung seit Inkrafttreten des § 8 StAG (i.d.F. vom 15.7.1999) unverändert geblieben und insbesondere durch die Änderung der Vorschriften über die Ausweisung durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 9.1.2002 (BGBl. I S. 361) nicht berührt worden ist. Dass die der Verurteilung des Klägers zu einer Jugendstrafe zugrundeliegenden Taten (u.a. ein Raub, ein versuchter Raub sowie Diebstahl in fünf Fällen) nicht nur vereinzelte oder geringfügige Rechtsverstöße waren, bedarf keiner eingehenden Erläuterung. Im übrigen stellt auch das mit Strafbefehl vom 5.10.1993 geahndete Vergehen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis als vorsätzliche Straftat keinen nur geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften dar (BVerwG, Urteil vom 24.9.1996, NVwZ 1997, 1124). Eine Einbürgerung ist bei Vorliegen eines Ausweisungsgrundes auch dann ausgeschlossen, wenn ausländerrechtlich eine Ausweisung nicht ermessensfehlerfrei möglich wäre (BVerwG, Urteil vom 31.5.1994, BVerwGE 96, 86; Hailbronner, in Hailbronner/Renner StAG § 8 RdNr. 23; Berlit, a.a.O., RdNr. 65,66; Marx, a.a.O., § 8 RuStAG RdNr. 30). Denn als Voraussetzung einer Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG ist die Frage des Ausweisungsgrundes unabhängig von sonstigen Ausweisungsvoraussetzungen und -hindernissen selbständig zu beurteilen, da nicht generell auf das Ausweisungsrecht, sondern gezielt auf bestimmte Ausweisungsgründe verwiesen wird (BVerwG, Beschluss vom 19.8.1996 - 1 B 152/96 -). Ebenso ist es einbürgerungsrechtlich ohne Bedeutung, ob der Ausweisungsgrund ausländerrechtlich verbraucht ist (a.A. Berlit, a.a.O., RdNr. 67 f.; Marx, a.a.O., RdNr. 34), was hier in Betracht kommt, weil dem Kläger zwischenzeitlich Aufenthaltsgenehmigungen in Kenntnis des Ausweisungsgrundes erteilt worden sind, so zuletzt am 26.5.1998 eine Aufenthaltserlaubnis-EG. Denn die Rechtsgrundsätze, die dazu führen, dass in einem solchen Fall der Ausweisungsgrund für ausländerrechtliche Entscheidungen verbraucht ist, die ebenfalls auf das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes abstellen, stehen einer Verwertung desselben Ausweisungsgrundes bei der staatsangehörigkeitsrechtlichen Entscheidung über die Einbürgerung nicht entgegen. Ausschlaggebend dafür, dass die Ausländerbehörde eine Aufenthaltsgenehmigung nicht unter Berufung auf einen Ausweisungsgrund ablehnen darf, wenn bereits zuvor in Kenntnis dieses Ausweisungsgrundes eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt worden ist, ist der Grundsatz des Vertrauensschutzes (vgl. hierzu die Senatsbeschlüsse vom 17.10.1996 - 13 S 1279/96 - InfAuslR 1997, 111 und vom 24.6.1997 - 13 S 2818/96 - InfAuslR 1997, 450; vgl. ferner VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.2.2002 - 11 S 160/01 - InfAuslR 2002, 233 wonach dies auch - im Hinblick auf eine spätere Ausweisung - bei Erteilung einer lediglich deklaratorischen Aufenthaltserlaubnis-EG gilt). Ein solcher Rückgriff auf einen zuvor als aufenthaltsrechtlich unbeachtlich behandelten Ausweisungsgrund - ohne dass sich die Umstände im Übrigen verändert haben - wäre widersprüchlich und würde das schutzwürdige Vertrauen des Ausländers darauf verletzen, dass dieser Ausweisungsgrund seinem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet nicht entgegensteht. Daraus folgt jedoch nicht, dass auch im Rahmen einer staatsangehörigkeitsrechtlichen Entscheidung nach § 8 StAG nicht auf den Ausweisungsgrund zurückgegriffen werden darf. Denn insoweit wurde kein Vertrauenstatbestand geschaffen. Die Erteilung einer ausländerrechtlichen Aufenthaltsgenehmigung begründet kein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass Umstände, die dabei zugunsten des Ausländers unberücksichtigt blieben, auch nicht in die staatsangehörigkeitsrechtliche Entscheidung über seine Einbürgerung einfließen. Da der rechtliche Gegenstand der Entscheidung jeweils ein anderer ist - in einem Falle geht es um den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet und im anderen um die Einbürgerung - liegt in einer solchen unterschiedlichen Behandlung ein- und desselben Umstandes auch kein widersprüchliches Verhalten.

Des weiteren fehlt es an der Unterhaltsfähigkeit des Klägers nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG, die ebenfalls gesetzliche Voraussetzung für eine Einbürgerung nach dieser Bestimmung ist. Diese setzt voraus, dass der Lebensunterhalt des Einbürgerungsbewerbers und seiner (unterhaltsberechtigten) Angehörigen nachhaltig und dauerhaft ohne Bezug staatlicher Sozialleistungen gesichert ist. Zu letzteren gehört auch der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.6.1999, InfAuslR 1999, 501 und das Senatsurteil vom 23.7.1998 - 13 S 2212/96 - InfAuslR 1998, 509). Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers davon ausginge, dass beim gegenwärtigen Bezug von Sozialleistungen eine Prognose anzustellen ist, ob der Einbürgerungsbewerber sich künftig voraussichtlich aus eigenen Mitteln unterhalten kann (so Hailbronner/Renner, a.a.O. § 8 RdNr. 38), fiele diese auf Grund der Auskunft des Arbeitsamtes Offenburg vom 29.7.2002, wonach er voraussichtlich länger als sechs Monate nicht zu vermitteln sei und seine Leistungsfähigkeit weniger als drei Stunden pro Tag betrage, für ihn negativ aus. Anders als im Rahmen der erleichterten Einbürgerung nach § 86 Abs. 1 2. Halbsatz AuslG a.F. (§ 85 Abs. 1 Satz 2 AuslG n.F.) ist es ohne Belang, ob die mangelnde Unterhaltsfähigkeit zu vertreten ist (BVerwG, Beschluss vom 10.7.1997, NVwZ 1998, 183). Das Einkommen der Lebensgefährtin des Klägers muss hier unberücksichtigt bleiben, da der Kläger ihr gegenüber nicht unterhaltsberechtigt ist.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, da die Frage, ob § 88 Abs. 1 Satz 2 AuslG auf Freiheits- und Jugendstrafen, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wurden, Anwendung findet, grundsätzliche Bedeutung hat, denn diese Regelung wurde durch das Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15.7.1999 (BGBl. I S. 1618 ff.) nicht geändert.

Beschluss

Der Streitwert für beide Rechtszüge wird unter Änderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts auf je 4.000,-- EUR festgesetzt. Die Streitwertfestsetzung und -änderung beruht auf den §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 25 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 GKG und bemisst sich für Einbürgerungsverfahren nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nach dem Auffangstreitwert.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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