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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 01.02.2008
Aktenzeichen: 13 S 97/07
Rechtsgebiete: GG, EMRK, AufenthG


Vorschriften:

GG Art. 6 Abs. 1
EMRK Art. 8
AufenthG § 25 Abs. 5
Die Fortführung eines Familienbetriebs begründet keinen Schutz des Familien- und Privatlebens im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EMRK und keine familiäre Beistandsgemeinschaft im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

13 S 97/07

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Aufenthaltserlaubnis

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 13. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg

am 1. Februar 2008

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. November 2006 - 18 K 1556/06 - wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe:

Der rechtzeitig gestellte und begründete, auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils), § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache), § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) und § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (Verfahrensmangel des Verstoßes gegen das rechtliche Gehör und den gesetzlichen Richter) gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg.

Der Kläger ist ein am 29.6.1968 geborener serbischer Staatsangehöriger bosniakischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo, der im September 1991 mit einem Visum zum Zweck der Arbeitsaufnahme nach Deutschland eingereist ist, anschließend eine befristete Aufenthaltsbewilligung erhielt und seit Januar 1992 ausländerrechtlich geduldet wird. Seine Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug (§ 36 AufenthG) oder zur Ausübung einer unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit (§§ 18 und 21 AufenthG) stehe bereits die Vorschrift des § 10 Abs. 3 AufenthG entgegen, da ein Asylantrag des Klägers abgelehnt worden sei und er keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis habe. Als Anspruchsgrundlage komme allein § 25 Abs. 5 AufenthG in Betracht. Dessen Voraussetzungen seien nicht gegeben, weil seine Ausreise nicht aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich sei. Ein tatsächliches Ausreisehindernis liege nicht vor. Entgegen der Meinung des Klägers stehe der Ausreise auch weder Art. 6 GG noch Art. 8 EMRK entgegen. Der Schutzbereich von Art. 6 GG sei nicht tangiert, da der Kläger bereits bei seiner Einreise nach Deutschland volljährig gewesen sei und zwischen ihm und seinen Eltern keine Beistands- und Lebensgemeinschaft im Sinne eines existenziell und unabdingbar aufeinander Angewiesenseins bestehe. Hieran ändere auch die Tatsache nichts, dass seine Eltern und sein Bruder auf seine Mitarbeit im gemeinsamen Betrieb dringend und existenziell angewiesen sein wollten. Diese Tätigkeit im elterlichen Betrieb stelle nur eine gesteigerte Form der Begegnungsgemeinschaft dar. Aus diesen Gründen scheide auch eine Verletzung von Art. 8 EMRK aus, soweit dieser den Schutz des Familienlebens garantiere. Die Verweigerung des Aufenthaltsrechts könne daher allenfalls einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in sein Recht auf Achtung seines Privatlebens darstellen. Ein solcher liege allerdings regelmäßig nur dann vor, wenn sein Privat- bzw. Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert sei und sich nicht auf eine lose Verbindung beschränke. Hierzu gehöre grundsätzlich als Basis eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Verankerung. Eine Duldung reiche hierfür nicht aus, da sie keinen legalen, ordnungsgemäßen Aufenthalt gewähre, sondern nur vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung schütze und die Ausreisepflicht unberührt lasse. Selbst wenn man jedoch zu seinen Gunsten den rechtlich ungesicherten Aufenthalt für die Annahme eines schutzwürdigen Privatlebens (Art. 8 Abs. 1 EMRK) genügen lasse, führe die Abwägung im Rahmen der Schrankenbestimmung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) dazu, dass ihm die Legalisierung seines Aufenthalts verweigert werden dürfe. Dies sei auch auf der Basis der vollständigen Integration seiner Eltern und seines Bruders in die deutschen Lebensverhältnisse verhältnismäßig. Der Kläger sei nicht in Deutschland geboren und aufgewachsen, sondern erst nach Erreichen der Volljährigkeit zur Aufnahme einer befristeten Arbeit eingereist. Bis zum Alter von 23 Jahren habe er sich in seinem Heimatland aufgehalten. Eine Aufenthaltsbewilligung habe er nur in den ersten Monaten nach seiner Einreise besessen, seit Januar 1992 habe er keinen rechtmäßigen und gesicherten Aufenthalt in Deutschland. Seit über zehn Jahren sei er vollziehbar ausreisepflichtig. Mehrfach sei ihm die Abschiebung angedroht worden. Fünf fehlgeschlagene Abschiebungsversuche bezeugten, dass er sich seiner zwangsweisen Abschiebung hartnäckig entzogen habe. Er werde sich in seinem Heimatland wieder einleben können, da er noch über die entsprechenden Sprachkenntnisse verfüge und dort auch seine Schulausbildung genossen habe. Aus dem Bleiberechtsbeschluss der Innenministerkonferenz vom 17.11.2006 könne er keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis herleiten, weil er 1999 wegen Verletzung der Unterhaltspflicht zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt worden sei.

Mit seinem Zulassungsantrag macht der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend. Das Verwaltungsgericht habe die Tragweite des Menschenrechts aus Art. 8 EMRK verkannt. Trotz Volljährigkeit könne er sich auf den Umgang mit Eltern und Geschwistern berufen, den er seit 16 Jahren in Deutschland pflege. Sein Vater sei dringend auf seine Mitarbeit im Betrieb angewiesen, eine Ausreise gefährde das Lebenswerk seines Vaters. Diese Zusammenarbeit könne nicht als bloße Begegnungsgemeinschaft eingestuft werden. Ferner übersehe das Gericht, dass er im Jahr 1991 ein Aufenthaltsrecht besessen und seinen Aufenthalt seither in tatsächlicher Hinsicht nie unterbrochen habe. Bei der Entfremdung vom Heimatstaat lasse das Verwaltungsgericht die grundlegenden Umwälzungen im Kosovo, den politischen Zerfall des Staates, die Kriege und Bürgerkriege und die desolate Wirtschaft unbeachtet. Vor Juni 2003 hätten keine Abschiebungsversuche stattgefunden, damals habe er sich bereits seit zwölf Jahren in Deutschland befunden. Auch habe er sich seiner Abschiebung nicht hartnäckig entzogen, sondern sich überwiegend bei seinen Eltern und seinem Bruder aufgehalten und sei berufstätig gewesen. Die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsversuche seien angesichts der Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23.3.2006 - 5 K 946/06 - und vom 10.7.2006 - 5 K 1557/06 - zweifelhaft.

Die Rechtssache weise auch besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten auf. Das Gericht habe die Umstände der Abschiebeversuche nicht aufgeklärt, sondern sich auf den Akteninhalt beschränkt. Den Einwand, er sei nie untergetaucht, habe das Gericht offenbar nicht einmal zur Kenntnis genommen. Die Umstände der Zumutbarkeit einer Rückkehr in die Heimat habe das Gericht in tatsächlicher Hinsicht nicht in die Entscheidung eingestellt. Hier müssten die Lebensperspektiven in seiner Heimat aufgeklärt werden. Die besonderen rechtlichen Schwierigkeiten lägen in der ungeklärten Tragweite von Art. 8 EMRK.

Daher sei die Rechtssache auch von grundsätzlicher Bedeutung. Das Bundesverwaltungsgericht habe gegen das Senatsurteil vom 18.1.2006 die Revision zur Klärung der Anwendungsbereiche von § 25 Abs. 5 AufenthG und Art. 8 EMRK zugelassen. Das Berufungsverfahren gebe jetzt Gelegenheit, sich mit der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auseinanderzusetzen.

Schließlich lägen Verfahrensmängel vor. Das Gericht habe nicht zur Kenntnis genommen, dass seine gesamte Großfamilie in Deutschland lebe und er intensive soziale Kontakte zur Großfamilie habe, dass er in allernächster Zukunft den Betrieb seines gesundheitlich angeschlagenen Vaters übernehmen müsse, dass er in seiner früheren Heimat keine Zukunftsperspektive habe und dass er nie untergetaucht sei. Auch sei der Grundsatz des gesetzlichen Richters verletzt, weil nach dem Geschäftsverteilungsplan des Verwaltungsgerichts für das Klageverfahren der Richter zuständig sei, der bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit dem Fall befasst gewesen sei. Dies sei aber die fünfte Kammer des Gericht und nicht die Kammer, die jetzt entschieden habe.

Mit diesem Vorbringen werden weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des waltungsgerichtlichen Entscheidung begründet (1.) noch besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten (2.) oder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aufgezeigt (3.). Auch wegen der behaupteten Verfahrensverstöße ist die Berufung nicht zuzulassen (4).

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn unter Berücksichtigung der jeweils dargelegten Gesichtspunkte (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004 - 7 AV 4/03 -, DVBl. 2004, 838). Es kommt dabei darauf an, ob vom Antragsteller ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt worden ist, dass der Erfolg des Rechtsmittels mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie sein Misserfolg (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 -, juris und vom 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Dazu müssen zum einen die angegriffenen Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen - zumindest im Kern - zutreffend herausgearbeitet werden (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 30.4.1997 - 8 S 1040/97 -, VBlBW 1997, 299). Zum anderen sind schlüssige Bedenken gegen diese Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen aufzuzeigen, wobei sich der Darlegungsaufwand im Einzelfall nach den Umständen des jeweiligen Verfahrens richtet (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27.7.1997 - 7 S 216/98 -, VBlBW 1998, 378 m.w.N.), insbesondere nach Umfang und Begründungstiefe der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Der Streitstoff muss dabei unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil gesichtet, rechtlich durchdrungen und aufbereitet werden; erforderlich ist eine fallbezogene Begründung, die dem Berufungsgericht eine Beurteilung der Zulassungsfrage ohne weitere eigene aufwendige Ermittlungen ermöglicht (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 30.6.2006 - 5 B 99/05 -, juris). Selbst wenn aber - auf die Argumentation des Verwaltungsgerichts bezogen - rechtliche Zweifel im oben genannten Sinn gegeben sind, ist ein Zulassungsantrag abzulehnen, wenn das Urteil jedenfalls im Ergebnis richtig ist; in diesem Fall wird nämlich ein Berufungsverfahren nicht zu einer Abänderung im Sinn des jeweiligen Klägers führen (siehe BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004, a.a.O.). Gemessen hieran bestehen an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts keine ernstlichen Zweifel. Der Kläger hat keine erheblichen Gründe vorgebracht, die dafür sprechen, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil im Ergebnis einer rechtlichen Prüfung nicht standhalten wird.

Die Versagung der Aufenthaltserlaubnis führt nicht zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in das durch Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Familienleben des Klägers. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern dann ein rechtliches Abschiebungshindernis im Sinne von § 60a Abs. 2 AufenthG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG begründen kann, wenn ein Erwachsener auf die Lebenshilfe des volljährigen Familienmitglieds angewiesen ist und sich diese Hilfe nur in der Bundesrepublik Deutschland erbringen lässt (siehe dazu BVerfG, Beschluss vom 18.4.1989 - 2 BvR 1169/84 -, BVerfGE 80, 81; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.2.1995 - 11 S 2954/94 -, NVwZ-RR 1996, 115 und Beschluss vom 8.6.2006 - 11 S 2135/05 -, in NVwZ-RR 2006, 849 insoweit nicht abgedruckt; Senatsbeschlüsse vom 05.07.1999 - 13 S 1101/99 -, InfAuslR 1999, 414, vom 7.2.2007 - 13 S 1944/06 - und vom 14.2.2007 - 13 S 2855/06 -); dabei kommt es für die aufenthaltsrechtlichen Schutzwirkungen grundsätzlich nicht darauf an, ob die von einem Familienmitglied erbrachte Lebenshilfe auch von anderen Personen erbracht werden kann (siehe BVerfG, Beschluss vom 12.12.1989 - 2 BvR 377/88 -, InfAuslR 1990, 74 und Beschluss vom 25.10.1995 - 2 BvR 901/95 -, DVBl. 1996, 195). Es genügt, dass das betreffende Familienmitglied diese Hilfe tatsächlich regelmäßig erbringt (BVerfG, a.a.O. und VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 8.6.2006 a.a.O.). Der aufenthaltsrechtliche Schutz dieser Beistandsgemeinschaft zwischen Erwachsenen ist Ausdruck des in Art. 6 Abs. 1 GG als "wertentscheidender Grundsatznorm" enthaltenen Subsidiaritätsprinzips, wonach die erforderliche gegenseitige Unterstützung und Hilfe bei der Lebensführung in erster Linie im Familienverband erbracht werden soll (vgl. Funke-Kaiser, in GK-AufenthG, § 60a, April 2006, Rdnr. 104). Dies bezieht sich aber auf die persönliche Lebensführung und nicht auf den Familienbetrieb, der in den Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG fällt. Die vom Kläger geltend gemachte Mitarbeit im väterlichen (Familien-)Betrieb und auch die geplante Betriebsübernahme begründen daher keine Lebenshilfe in diesem Sinne. Sie dienen nicht der persönlichen Lebensführung, sondern der wirtschaftlichen Absicherung und reichen daher für die Annahme einer schutzwürdigen Beistandsgemeinschaft nicht aus. Aus dem Gedanken der familiären Beistandsgemeinschaft heraus kann der Kläger keinen Aufenthalt im Bundesgebiet beanspruchen, um den Lebensunterhalt seiner Eltern durch die Übernahme von deren Betrieb zu sichern.

Auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass ein unverhältnismäßiger und damit nicht gerechtfertigter Eingriff in sein Privatleben (Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK) vorliege, hat der Kläger nicht ernsthaft in Zweifel gezogen. Das Verwaltungsgericht hat ausführlich und unter Bezugnahme auf die einschlägige Senatsrechtsprechung (Urteil vom 18.1.2006 - 13 S 2220/05 -, VBlBW 2006, 200) dargelegt, dass die langjährige Duldung keinen ordnungsgemäßen Aufenthalt und damit auch keine berechtigte Erwartung begründet, dauerhaft in Deutschland bleiben zu können. Hilfsweise hat es für den Fall der Annahme eines solchen geschützten Privatlebens eine Abwägung vorgenommen, die der Kläger mit der Antragsbegründung nicht substantiiert angegriffen hat. Nachdem das Senatsurteil vom 18.1.2006 (a.a.O.) inzwischen rechtskräftig geworden ist, hält der Senat auch nach erneuter Überprüfung an seiner Rechtsauffassung fest, dass zum schutzwürdigen Privatleben grundsätzlich eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Verankerung gehört. Für die Frage, ob auch beim Vorhandensein einer bloßen Duldung ein schutzwürdiger Aufenthalt im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegt, kommt es maßgeblich darauf an, warum sich der betreffende Ausländer trotz des Fehlens eines Aufenthaltsrechts im Aufnahmestaat aufhält, ob ihm eine Ausreise grundsätzlich möglich und zumutbar wäre und ob die Aufenthaltsbeendigung aus von ihm zu vertretenden oder aus anderen Gründen - etwa wegen der Verhältnisse im Heimatstaat - nicht möglich ist (Senatsurteil vom 18.1.2006, a.a.O., VBlBW 2006, 200, 202 f.). Hier hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger erst als Erwachsener eingereist ist und ihm das Aufenthaltsrecht, das er in den ersten Monaten seines Aufenthalts in Deutschland besessen hat, lediglich befristet für ein befristetes Arbeitsverhältnis erteilt worden war. Daher konnte er aus seinem ursprünglichen Aufenthaltsrecht keine berechtigte Erwartung auf einen legalen Daueraufenthalt ableiten. Aus welchen Gründen die mehrfachen Abschiebeversuche seit dem Jahr 2003 gescheitert sind und ob der Kläger diese Gründe zu vertreten hat, ist unerheblich und hätte deshalb entgegen seiner Meinung auch nicht weiter aufgeklärt werden müssen; jedenfalls musste dem Kläger aus diesen Abschiebeversuchen klar werden, dass er nicht auf einen Daueraufenthalt in Deutschland vertrauen konnte. Ferner begründen auch die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Umbrüche in seinem Heimatland, dem Kosovo, nicht die Unzumutbarkeit der Rückkehr. Auf das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses kann sich der Kläger gegenüber dem Beklagten ohnehin nicht berufen, da die Ausländerbehörde insoweit an die Entscheidung des Bundesamts und des Verwaltungsgerichts im Asylverfahren gebunden ist (§ 42 Satz 1 AsylVfG). Die beiden Beschlüsse des Verwaltungsgerichts im vorläufigen Rechtsschutzverfahren begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, da sie sich auf eine Güterabwägung bis zur abschließenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren beschränken.

2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Hiervon kann nur ausgegangen werden, wenn sich der konkret zu entscheidende Fall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht signifikant, d.h. erheblich von dem Spektrum der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitfälle unterscheidet (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 11.8.1999 - 6 S 969/99 - juris). Dass dies in der vorliegenden Sache der Fall wäre, hat der Kläger auch dann nicht hinreichend dargelegt, wenn ihm zugutegehalten wird, dass an die Darlegungslast im Bereich dieses Zulassungsgrundes eher geringere Anforderungen zu stellen sein werden. Auf die "Umstände der Abschiebeversuche", auf die er sich in diesem Zusammenhang beruft, kommt es aus den oben dargelegten Gründen nicht an. Der Hinweis auf Lagebericht und Gutachten zu seinen Lebensperspektiven in seiner Heimat genügt diesen Anforderungen an die Darlegung des Zulassungsgrundes nicht, zumal die Ausländerbehörde hinsichtlich zielstaatsgebundener Abschiebungshindernisse an die Entscheidung des Bundesamts und des Verwaltungsgerichts im Asylverfahren gebunden ist (§ 42 Satz 1 AsylVfG). Im übrigen macht die vom Kläger angeführte "Tragweite von Art. 8 EMRK", soweit sie in der Rechtsprechung noch nicht geklärt ist (vgl. insbesondere das Senatsurteil vom 18.1.2006, a.a.O.), den Fall nicht überdurchschnittlich schwierig.

3. Der geltend gemachte Zulassungsgrund grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist nicht ausreichend dargelegt. Dieser Zulassungsgrund liegt vor, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine grundsätzliche, obergerichtlich oder höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre und deren Klärung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 28.5.1997 - A 16 S 1388/97 -, AuAS 1997, 261; Beschluss des Senats vom 18.1.2007 - 13 S 1576/06 -, juris). Es muss deshalb in der Begründung des Antrags auf Zulassung deutlich werden, warum prinzipielle Bedenken gegen einen vom Verwaltungsgericht in einer konkreten Rechts- oder Tatsachenfrage eingenommenen Standpunkt bestehen, warum es also erforderlich ist, dass sich das Berufungsgericht noch einmal klärend mit der aufgeworfenen Frage auseinandersetzt und entscheidet, ob die Bedenken durchgreifen. Schließlich ist darzulegen, warum die aufgeworfene Frage für das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich war und auch im Berufungsverfahren entscheidungserheblich sein wird. Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Antragsbegründung nicht. Insbesondere zeigt sie keine konkrete Rechtsfrage auf, sondern begnügt sich im Wesentlichen mit dem Hinweis auf Inhalt und Konzeption von Art. 8 EMRK und die "Gelegenheit, sich mit der neueren Rechtsprechung des EGMR auseinanderzusetzen".

4. Die geltend gemachten Verfahrensverstöße liegen nicht vor.

a) Die Gehörsrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) wird darauf gestützt, dass das angegriffene Urteil eine Überraschungsentscheidung sei, weil das Gericht wesentliche Tatsachen nicht zur Kenntnis genommen habe.

Dieses Vorbringen lässt eine Verletzung rechtlichen Gehörs als Zulassungsgrund nicht erkennen. Der in Art. 103 Abs. 1 GG verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör ist eine Folgerung aus dem Rechtsstaatsgedanken für das gerichtliche Verfahren. Der Einzelne soll nicht bloßes Objekt des staatlichen Verfahrens sein, sondern er soll vor einer Entscheidung über seine Rechte zu Wort kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können. Er steht in engem Zusammenhang mit der Rechtsschutzgarantie (Art. 19 Abs. 4 GG) und dient dem gleichen Ziel, nämlich der Ermöglichung effektiven Rechtsschutzes (BVerfG, Beschluss vom 19.05.1992, BVerfGE 86, 133, 144; Eichberger, in: Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, § 138, Neubearbeitung September 2003, Randnr. 70 m.w.N.). Dementsprechend gewährt der Anspruch auf rechtliches Gehör den Beteiligten vor allem das Recht, sich zu dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt wie auch zur Rechtslage äußern zu dürfen. Dem korrespondiert die Pflicht des Gerichts, die Äußerungen der Beteiligten nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern auch in Erwägung zu ziehen (BVerfG, Urteil vom 08.07.1997, BVerfGE 96, 205, 216 m.w.N., ständige Rechtsprechung). Ein Gehörsverstoß liegt danach sowohl in dem Übergehen rechtlicher Äußerungen der Beteiligten als auch in der bloß formalen Kenntnisnahme des Vorbringens, ohne sich erkennbar damit inhaltlich zu befassen. Allerdings ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegen genommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Dass ein Gericht seine Pflicht zur Kenntnisnahme und Erwägung verletzt hat, kann daher nur festgestellt werden, wenn sich dies aus den besonderen Umständen des Falles ergibt (BVerfG, Urteil vom 08.07.1997, BVerfGE 96, 205, 216 f.; Eichberger, a.a.O., Randnr. 71 m.w.N.; Dawin, ebenda, § 108 VwGO, Neubearbeitung September 1998, Randnr. 153 m.w.N.).

Solche Umstände sind hier nicht zu erkennen. Aus dem Urteilstatbestand ergibt sich vielmehr, dass das Verwaltungsgericht den wesentlichen Vortrag der Kläger zur Kenntnis genommen hat. Dies gilt insbesondere für den Hinweis, dass praktisch die ganze Großfamilie des Klägers in Deutschland lebe (Seite 4 oben). In den Entscheidungsgründen hat es sich mit dem existenziellen Angewiesensein seines Vaters im Betrieb auseinandergesetzt, was auch die geplante Betriebsübernahme mit einschließt (Seite 10), sowie mit der Zumutbarkeit des Einlebens in die Verhältnisse seines Heimatlandes (Seite 13).

b) Die Rüge eines Verstoßes gegen den gesetzlichen Richter (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) greift nicht durch, weil in dem geltend gemachten Verfahrensmangel nicht zugleich eine Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG liegt. Dies ist nur der Fall, wenn willkürliche oder manipulative Erwägungen für die Fehlerhaftigkeit des gerügten Mangels bestimmend gewesen sind (BVerwG, Urteil vom 10.11.1999, BVerwGE 110, 40, 46; ständige Rechtsprechung). Denn mit der Garantie des gesetzlichen Richters soll nach gefestigter verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung der Gefahr vorgebeugt werden, dass die Justiz durch eine Manipulation der rechtsprechenden Organe sachfremden Einflüssen ausgesetzt wird; es soll vermieden werden, dass durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zu einer Entscheidung berufenen Richter das Ergebnis der Entscheidung beeinflusst werden kann (Eichberger, a.a.O., Rdnr. 34 m.w.N.). Für eine willkürliche Handhabung des Geschäftsverteilungsplans bietet der Sachverhalt hier keine Anhaltspunkte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 2 GKG.

Diese Entscheidung ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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