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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 21.08.2008
Aktenzeichen: 2 S 1084/07
Rechtsgebiete: RGebStV
Vorschriften:
RGebStV § 3 Abs. 1 Satz 1 |
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG
Im Namen des Volkes
Urteil
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Rundfunkgebühren
hat der 2. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 21. August 2008
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 3. April 2004 - 3 K 3871/06 - teilweise geändert. Die Klage wird insoweit abgewiesen, als sie sich gegen die Festsetzung von Rundfunkgebühren für die Zeit von Juli 2000 bis Dezember 2001 richtet. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu drei Vierteln, die Beklagte zu einem Viertel.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin und die Beklagte dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrags zuzüglich 10 v.H. dieses Betrags abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Rundfunkgebühren für ein Zweitgerät in ihrem Kraftfahrzeug.
Die Klägerin gab anlässlich des Besuchs eines Rundfunkgebührenbeauftragten am 27.9.2005 an, sie nutze seit 1995 als selbständige Hebamme ihre werksseitig mit Hörfunkgeräten ausgestatteten Kraftfahrzeuge auch beruflich zu Hausbesuchen. Die dem Beklagten erteilte Ermächtigung zum Einzug auch der rückständigen Rundfunkgebühren im Lastschriftverfahren widerrief sie am 30.9.2005 und teilte mit, ihr sei bei der Unterzeichnung des Anmeldeformulars nicht mehr erinnerlich gewesen, dass sie erst seit Dezember 1998 ein Kraftfahrzeug mit Hörfunkgerät gefahren habe. Gegen die Mitteilung eines Gebührenrückstandes von 643,09 EUR wandte die Klägerin Verjährung ein und berief sich darauf, dass sie eine frühere Anzeige des Bereithaltens eines Hörfunkgeräts in ihrem Kraftfahrzeug aus Unkenntnis unterlassen habe. Der Beklagte vertrat demgegenüber die Auffassung, der Rundfunkteilnehmer, der der Rundfunkanstalt durch einen vorsätzliches oder fahrlässiges Unterlassen der Anzeige des Bereithaltens eines Rundfunkgeräts die Möglichkeit der rechtzeitigen Geltendmachung der Gebührenforderung genommen habe, könne sich nicht in zulässiger Weise auf Verjährung berufen.
Mit Bescheid vom 1.7.2006 setzte der Beklagte rückständige Rundfunkgebühren für die Zeit von Januar 2000 bis Oktober 2005 in Höhe von 361,86 EUR sowie einen Säumniszuschlag von 5,11 EUR fest. Zur Begründung des hiergegen am 19.7.2006 eingelegten Widerspruchs machte die Klägerin geltend, die Erhebung der Einrede der Verjährung sei nur dann eine unzulässige Rechtsausübung, wenn der Rundfunkteilnehmer mit der Pflicht zu der von ihm unterlassenen Anzeige habe rechnen müssen. Mit Bescheid vom 27.9.2006 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 25.10.2006 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben mit dem Antrag, den Bescheid des Beklagten vom 1.7.2006 und dessen Widerspruchsbescheid vom 27.9.2006 aufzuheben, soweit darin Rundfunkgebühren für den Zeitraum von Januar 2000 bis Dezember 2001 festgesetzt worden sind, und zur Begründung zusätzlich geltend gemacht, ihr Ehemann habe in das im November 1998 angeschaffte Kraftfahrzeug nicht vor Juli 2000 erstmals ein Hörfunkgerät eingebaut.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 2.4.2007 stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Indizwirkung der Anmeldeerklärung der Klägerin sei für die Zeit vor Juli 2000 erschüttert worden. Die bei dem überraschenden Besuch des Beauftragten des Beklagten ohne Vorbereitung gemachten Angaben bezögen sich ebenso wie deren teilweise Korrektur auf einen lange zurückliegenden Zeitraum und verschiedene Vorgängerfahrzeuge. Für die Richtigkeit der Behauptung, der am 2.12.1998 erworbene Mercedes Benz sei nicht bereits werksseitig mit einem Hörfunkgerät ausgestattet gewesen, spreche, dass in der Rechnung vom 5.11.1998 kein Hörfunkgerät als Sonderausstattung aufgeführt sei. Auch habe der Ehemann der Klägerin eidesstattlich versichert, er habe nicht vor dem 1.7.2000 das aus seinem Kraftfahrzeug ausgebaute Hörfunkgerät in das der Klägerin eingebaut. Jedenfalls sei die Gebührenforderung verjährt. Nach den für die vor dem 1. Januar 2002 entstandenen Gebührenforderungen maßgeblichen Regelungen des § 4 Abs. 4 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags vom 31.8.1991 beginne die vierjährige Verjährungsfrist in entsprechender Anwendung der §§ 198, 201 BGB a.F. unabhängig von der Kenntniserlangung des Gläubigers mit Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei. Das durch Unkenntnis oder Irrtum verursachte Unterlassen der gebotenen Anzeige rechtfertige die Bewertung der gleichwohl erhobenen Einrede der Verjährung als unzulässige Rechtsausübung nicht.
Die Beklagte hat die durch das am 10.4.2007 zugestellte Urteil zugelassene Berufung am 4.5.2007 beim Verwaltungsgericht eingelegt. Zur Begründung macht sie geltend, die Vermutung der inhaltlichen Richtigkeit der Anmeldeerklärung sei nicht erschüttert. Dass in die von der Klägerin beruflich genutzten Kraftfahrzeuge erst ab Juli 2000 Hörfunkgeräte eingebaut gewesen sei, sei durch die Rechnung für das 1998 erworbene Fahrzeug nicht bewiesen, weil in dieser Preisklasse ein Hörfunkgerät keine gesondert aufgezählte Sonderausstattung darstelle. Auch sei der eidesstattlichen Versicherung des Ehemanns der Klägerin nicht zu entnehmen, ob er gleichzeitig mit dem Einbau eines Hörfunkgeräts ein bis dahin vorhandenes Gerät ausgebaut habe. Der Lauf der Verjährungsfrist nach § 4 Abs. 4 RGebStV vom 17.3.2005 beginne mit Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt habe oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Jedenfalls sei die Klägerin nach Treu und Glauben gehindert, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen; denn sie habe gegen die öffentlich-rechtliche Pflicht zur Anmeldung des Bereithaltens von Rundfunkempfangsgeräten verstoßen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 3.4.2007 -3 K 3871/06 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts und die des Beklagten vor. Auf diese Unterlagen sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch nur insoweit begründet, als die Klägerin für die Zeit von Januar bis Juni 2000 zur Rundfunkgebühr herangezogen wurde; der angefochtene Gebührenbescheid ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten ( § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Für den Zeitraum vom Juli 2000 bis Dezember 2001 ist dagegen ein Gebührenanspruch entstanden, dem Verjährung nicht entgegengehalten werden kann.
1. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass das Kraftfahrzeug, das die Klägerin in der Zeit von Januar bis Juni 2000 (einschließlich) beruflich nutzte, nicht mit einem Hörfunkgerät ausgestattet war.
Zwar hat die Klägerin bei dem Besuch eines Rundfunkgebührenbeauftragaten am 27.9.2005 schriftlich erklärt, sie nutze seit 1995 als selbständige Hebamme ihre werksseitig mit Hörfunkgeräten ausgestatteten Kraftfahrzeuge auch beruflich zu Hausbesuchen. Unabhängig von der Frage, ob es sich bei einer solchen "Anmeldung von Rundfunkempfangsgeräten" um eine öffentliche Urkunde im Sinne von § 98 VwGO i.V.m. § 415 Abs. 1 ZPO oder um eine Privaturkunde gemäß § 98 VwGO i.V.m. § 416 ZPO handelt, erbringt diese den vollen Beweis nur darüber, dass die in ihr enthaltenen Erklärungen abgegeben worden sind; ihre Beweiskraft erstreckt sich dagegen nicht auf die inhaltliche Richtigkeit der beurkundeten Erklärungen. Die von der Klägerin abgegebene Erklärung ändert daher nichts daran, dass den Beklagten die materielle Beweislast hinsichtlich des Bereithaltens von Empfangsgeräten trifft.
Die inhaltliche Richtigkeit einer Anmeldeerklärung ist von dem zuständigen Gericht im Wege freier Beweiswürdigung nach § 286 ZPO zu bewerten. Das beurkundete "Zeugnis des Erklärenden gegen sich selbst" kann danach durch jeden Gegenbeweis entkräftet werden, wobei dieser bereits dann geführt ist, wenn die Überzeugung des Gerichts von der zu beweisenden Tatsache (hier also der inhaltlichen Richtigkeit der betreffenden Erklärung) erschüttert wird; dass sie als unwahr erwiesen wird, ist dagegen nicht erforderlich (vgl. auch zum Ganzen Lampert, NVwZ 2000, 640; ferner BGH, Urteil vom 3.4.2001, BGHZ 147, 203 ; OVG Lüneburg, Beschluss vom 30.11.2005 - 10 PA 118/05 - Juris).
Einer schriftlich erklärten Teilnahme am Rundfunkempfang kommt allerdings regelmäßig ein hoher Beweiswert zu. Sie ist insbesondere nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein (gewichtiges) Indiz dafür, dass die Erklärung inhaltlich zutrifft (vgl. Senatsurteil vom 20.10.1994 - 2 S 247/94 -). Weder dieser Gesichtspunkt noch der Umstand, dass es sich bei der Rundfunkgebührenverwaltung um ein Massengeschäft handelt, rechtfertigen es indes, den Rundfunkteilnehmer an dem Inhalt einer von ihm abgegebenen Anzeige gem. § 3 Abs. 1 S. 1 RGebStV uneingeschränkt festzuhalten. Denn auch bei so genannten Massenverfahren verbleibt es bei dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gem. Art. 20 Abs. 3 GG. Die den Rundfunkanstalten danach obliegende Ermittlungstätigkeit wird im Übrigen durch die Regelungen des § 4 Abs. 5 und 6 RGebStV erleichtert, wonach die Rundfunkanstalten Auskunfts-, Datenerhebungs- und entsprechende Zwangsrechte haben (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 30.11.2005 aaO; OVG Münster, Beschluss vom 9.9.2004, NJW 2004, 3505; und zum Ganzen: Senatsurteil vom 13.3.2006 - 2 S 2745/04 -).
Es ist der Klägerin gelungen, die Indizwirkung der von ihr abgegebenen Anmeldeerklärung für das erste Halbjahr 2000 zu erschüttern. Es erscheint nachvollziehbar, dass die Klägerin sich erst nach dem für sie überraschenden Besuch des Beauftragten des Beklagten wieder zuverlässig an die Ausstattung der in den vorangegangenen zehn Jahren genutzten Kraftfahrzeuge erinnert hat. Ihre durch die eidesstattliche Versicherung ihres Ehemanns bestätigte Angabe, dieser habe das aus seinem verkauften Kraftfahrzeug ausgebaute Hörfunkgerät nicht vor Juli 2000 in das von der Klägerin in diesem Jahr beruflich genutzte Kraftfahrzeug eingebaut, steht mit der von der Mercedes-Benz-Niederlassung vom 5.11.1998 erstellten Liste der Sonderausstattung des ihr 1998 verkauften Fahrzeugs in Übereinstimmung, die kein Rundfunkempfangsgerät aufweist. Es kann auch nicht angenommen werden, dass ein Hörfunkgerät stets zur serienmäßigen Ausstattung eines Fahrzeugs der von der Klägerin erworbenen Preisklasse gehört. Denn der Bundesverband freier KFZ-Händler hat dem Senat auf seine Anfrage im Rechtsstreit 2 S 964/03 am 5.4.2005 mitgeteilt, dass heutzutage Neuwagen nicht grundsätzlich mit Autoradios bestückt ausgeliefert oder verkauft würden. Wenn auch Autoradios in nahezu allen Fahrzeugen zu finden seien, so seien sie jedoch nicht grundsätzlich im Lieferumfang eines Neufahrzeugs enthalten. Anlass zu weitergehenden Ermittlungen bestand danach nicht (BVerwG, Beschluss vom 4.9.2007 - 9 B 10.07 - Juris m.w.N.).
2. Was den übrigen Zeitraum von Juli 2000 bis Dezember 2001 betrifft, hat das Verwaltungsgericht der Klage dagegen zu Unrecht stattgegeben. Die ab Januar 2001 entstandenen Gebührenforderungen des Beklagten sind entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht verjährt. Der in der Zeit von Juli bis Dezember 2000 entstandene Gebührenanspruch ist zwar verjährt. Der Verjährungseinrede steht jedoch der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen.
a) Die Verjährung der Rundfunkgebühren ist durch Art. 5 des Gesetzes zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 17.3.2005 (GBl. S. 194) in wesentlichen Punkten neu geregelt worden. Nach der aktuellen Fassung des § 4 Abs. 4 RGebStV, die am 1. April 2005 in Kraft getreten ist, richtet sich die Verjährung nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die regelmäßige Verjährung. Die regelmäßige Verjährung beträgt drei Jahre (§ 195 BGB). Gleichzeitig wird aber durch die Bezugnahme auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs klargestellt, dass der Lauf der Verjährungsfrist erst mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger (Landesrundfunkanstalt) von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste (§ 199 Abs. 1 BGB). Dagegen verjährte der Anspruch auf Rundfunkgebühren gemäß § 4 Abs. 4 RGebStV 1991 sowie der gleichlautenden Vorgängervorschrift in vier Jahren. Da die Vorschrift keine Regelung zur Bestimmung von Beginn und Ende des Laufs der Frist für die Verjährung enthielt, begann nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur auf der Grundlage der entsprechenden Anwendung der Vorschriften der §§ 195 ff. BGB a.F. die Verjährungsfrist gem. § 201 BGB a.F. mit dem Schluss des Jahres, in welchem die Rundfunkgebührenforderung entstanden, d.h. fällig geworden ist (vgl. dazu: Gall in Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl., § 4 RGebStV, Rdnr. 55) und endete vier Jahre später, wiederum am Ende des Jahres.
Auf der Grundlage der früheren Regelung ist somit für alle bis einschließlich Dezember 2000 entstandenen Rundfunkgebührenforderungen mit Ablauf des Jahres 2004 Verjährung eingetreten. Das am 1. April 2005 in Kraft getretene neue Verjährungsrecht hat daran nichts geändert, da die verjährungsrechtliche Neuregelung keine Rückwirkung beansprucht. Die Neufassung der Verjährungsregelung - insbesondere die Regelfrist mit ihrer subjektiven Anknüpfung (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB) - findet deshalb auf die an diesem Tag bereits verjährten Rundfunkgebührenansprüche keine Anwendung (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.4.2007 - 2 S 290/07 - Juris; Urt. v. 8.5.2008 - 2 S 2163/06 - Juris). Die bis einschließlich Dezember 2000 entstandenen Gebührenforderungen des Beklagten sind damit in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht als verjährt anzusehen.
Für die Verjährung der im Jahr 2001 entstandenen und bei Inkrafttreten der Neuregelung am 1. April 2005 noch nicht verjährten Rundfunkgebührenforderungen des Beklagten gelten die Überleitungsvorschriften zum Verjährungsrecht in Art. 229 § 6 in Verb. mit § 12 EGBGB, die nach der Rechtsprechung des Senats als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens entsprechend anzuwenden sind (Beschl. v. 26.4.2007, aaO). Das neue Verjährungsrecht findet danach auf die am Tag des Inkrafttretens bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche grundsätzlich Anwendung (Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB). Soweit das neue Verjährungsrecht aber - wie hier - die Verjährungsfrist abkürzt, könnte die Anwendung des neuen Rechts dazu führen, dass die kürzere neue Frist am Tag des Inkrafttretens des neuen Rechts bereits abgelaufen ist. Um den Gläubiger hiervor zu schützen, legt Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1 EGBGB sinngemäß fest, dass die neue Frist erst am Tag des Inkrafttretens zu laufen beginnt. Die Verjährungsfrist des alten Rechts bleibt aber maßgebend, falls sie vor der Frist des neuen Rechts endet (§ 6 Abs. 4 S. 2). Die im Jahr 2001 entstandenen Rundfunkgebührenforderungen des Beklagten sind nach diesen Regelungen nicht verjährt.
b) Die Verjährungseinrede der Klägerin ist jedoch unzulässig und damit unbeachtlich, weil ihr der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegensteht. Nach überwiegender Rechtsauffassung, der auch der Senat folgt, ist dies der Fall, wenn der Rundfunkteilnehmer durch die Berufung auf die Verjährung Vorteile aus eigenem unrechtmäßigem Verhalten erlangen würde; wer demnach ohne Anzeige nach § 3 Abs. 1 RGebStV 1991 als "Schwarzhörer" ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithält und so verhindert, dass die Rundfunkanstalt mangels Kenntnis vom ihr zustehenden Anspruch auf Rundfunkgebühren diese innerhalb der Verjährungsfrist einzieht, kann sich grundsätzlich nicht auf die Einrede der Verjährung berufen, weil hierin eine unzulässige Rechtsausübung liegt (so VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 26.4.2007 und Urteil vom 8.5.2008, jew. aaO; Urteil vom 14.4.2005 -2 S 964/03 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29.1.2008 - 7 A 11058/07 -Juris; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 17.3.2006 - 3 LB 16/05 -; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 7.5.2007 - 4 L 521/07 - NVwZ-RR 2007, 575; Bay. VGH, Urteil vom 3.7.1996 - 7 B 94.708 - NVwZ-RR 1997, 230; Hess. VGH, Urteil vom 27.5.1993 - 5 UE 2259/01 - NVwZ-RR 1994, 129; BVerwG, Urteil vom 15.5.1984 - 3 C 86.82 - BVerwGE 69, 227 - in einem Fall, in dem es um Beiträge zum zentralen Fonds zur Absatzförderung der deutschen Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft ging; Gall in Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, aaO, Rdnr. 58 a; a.A. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 30.11.2005 - 10 PA 118/05 -).
Eine unzulässige Rechtsausübung setzt kein aktives Verhalten des Gebührenschuldners voraus. Denn ein pflichtwidriges Unterlassen steht - zumal wenn es sich um einen Verstoß gegen eine gesetzliche Bestimmung handelt -einem aktiven Handeln gleich. Die Klägerin kann sich gegenüber ihrer Mitteilungspflicht auch nicht darauf berufen, dass sie seinerzeit keine Kenntnis von der Gebührenpflicht für ihr Zweitgerät im Kraftfahrzeug gehabt habe. Ihre Verpflichtung zur Anzeige ergibt sich unmittelbar aus der vorerwähnten Rechtsnorm. Auf Grund ihres jedenfalls objektiv pflichtwidrigen Unterlassen hatte der Beklagte keine Möglichkeit, die von der Klägerin geschuldeten Gebühren festzusetzen.
Sinn und Zweck der kurzen Verjährungsfrist sprechen nicht dagegen, dem Rundfunkgebührenpflichtigen die Einrede der Verjährung bei einem Verstoß gegen die Pflicht zur Anzeige des Bereithaltens eines Rundfunkgeräts wegen unzulässiger Rechtsausübung zu verwehren. Die kurze Verjährungsfrist bezweckt zwar, die Schuldner gegen die Geltendmachung seit langem bestehender Ansprüche zu schützen, weil sie sich wegen Zeitablaufs, insbesondere auf Grund des Verlusts von Beweismitteln möglicherweise nicht mehr sachgerecht verteidigen können; Schulden, die ihrer Natur nach aus den regelmäßigen Einkünften des Schuldners getilgt werden, sollen nicht zu solcher Höhe anwachsen, dass sie den sorglos gewordenen Schuldner wirtschaftlich gefährden (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.10.2001 - 2 C 61.00 - BVerwGE 115, 218, 221). Der Schutzzweck der kurzen Verjährung greift indes nicht, wenn der Schuldner durch pflichtwidriges Unterlassen - wie den Verstoß gegen eine Anzeigepflicht - dem Gläubiger die Möglichkeit der rechtzeitigen Geltendmachung des Anspruchs genommen hat. Gerade die kurze Verjährungsfrist setzt nämlich voraus, dass der Gebührenschuldner seiner Anzeigepflicht nachkommt und der Gläubiger, die Rundfunkgebührenanstalt, die Möglichkeit erhält, den Gebührenanspruch innerhalb der Verjährungsfrist geltend zu machen; dieser Gesichtspunkt würde bei einer 30-jährigen Verjährungsfrist keine erhebliche Rolle spielen, weil die Rundfunkanstalt in diesem Fall genügend Zeit zur Ermittlung der noch nicht angezeigten Gebührenfälle von Amts wegen hätte. Abgesehen davon geht die mögliche Unaufklärbarkeit des Sachverhalts nach längerem Zeitablauf ohnehin nicht zu Lasten des Rundfunkteilnehmers, sondern zu Lasten der Rundfunkanstalt, weil diese die materielle Beweislast für das Bestehen der Rundfunkgebührenpflicht trägt. Daher rechtfertigt der mögliche Eintritt von Folgen, die durch die kurze Verjährungsfrist an sich vermieden werden sollen, es nicht, die unzulässige Rechtsausübung auf Fälle aktiven pflichtwidrigen Handelns zu beschränken und dadurch den Rundfunkteilnehmern, die sich durch einen Verstoß gegen die Anzeigepflicht einen unzulässigen Vorteil verschafft haben, diesen Vorteil zu belassen und sie damit besser als Rundfunkteilnehmer zu stellen, die ihrer Anzeigepflicht pflichtgemäß nachgekommen sind (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 7.5.2007 aaO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO in Verb. mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ein Beteiligter, der danach zur Vertretung berechtigt ist, kann sich auch selbst vertreten.
Beschluss vom 21. August 2008
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 121,79 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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