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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 14.03.2008
Aktenzeichen: 2 S 1173/07
Rechtsgebiete: AGFlHG, EWGRL 85/73, EGVO 882/04


Vorschriften:

AGFlHG § 2a
AGFlHG § 2b
EWGRL 85/73
EGVO 882/04 Art. 27 Abs. 3
Die Übergangsregelung in Art. 27 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittelrechts und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz vom 29.04.2004 ist dahin zu verstehen, dass mit den "nach der Richtlinie 85/73/EWG geltenden Beträgen" nicht nur die in der Richtlinie festgesetzten Gemeinschaftsgebühren gemeint sind, sondern auch die nach Maßgabe des Anhangs A Kapitel I Nr. 4 zur Deckung höherer Kosten angehobenen Gebühren.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

2 S 1173/07

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Fleischuntersuchungsgebühren

hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

hat der 2. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg

am 14. März 2008

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. März 2007 - 1 K 2662/07 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.333,79 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht es abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 7.2.2007 anzuordnen, soweit die EG-Pauschalgebühren nach Anhang A Kapitel I Nr. 1 der Richtlinie 85/73/EWG überschritten werden. Mit diesem Bescheid hat der Antragsgegner die Antragstellerin zu Gebühren für Schlachttier- und Fleischuntersuchungen sowie Untersuchungen nach dem nationalen Rückstandskontrollplan veranlagt, die in der Zeit vom 1.1. bis 31.1.2007 im Betrieb der Antragstellerin durchgeführt wurden. Was die Gebühren für die Untersuchungen nach dem nationalen Rückstandskontrollplan betrifft, hat das Verwaltungsgericht den Antrag als nicht statthaft angesehen, da sich der gegen den Bescheid eingelegte Widerspruch der Antragstellerin nach dem Schreiben vom 21.2.2007 nicht gegen die Festsetzung dieser Gebühren richte. Hiergegen gerichtete Einwendungen werden von der Antragstellerin nicht erhoben. Der Frage, ob der vom Verwaltungsgericht aus dem genannten Schreiben der Antragstellerin gezogene Schluss zutrifft, ist daher im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht nachzugehen, da sich die Prüfung der angefochtenen Entscheidung gemäß § 146 Abs. 4 S. 6 VwGO auf die dargelegten Gründen zu beschränken hat.

Im Übrigen, nämlich was die Gebühren für die Schlachttier- und Fleischuntersuchungen angeht, hat das Verwaltungsgericht den Antrag als zulässig, aber nicht begründet angesehen, da an der Rechtmäßigkeit der Festsetzung dieser Gebühren keine ernstlichen Zweifel bestünden. Der Senat teilt diese Beurteilung.

1. Nach der Rechtsprechung des Senats hängt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in den Fällen der vorliegenden Art davon ab, ob nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen (§ 80 Abs. 5 S. 1 in Verbindung mit Abs. 4 S. 3 VwGO). Solche Zweifel sind nur dann anzunehmen, wenn ein Erfolg des Rechtsbehelfs oder der Klage wahrscheinlicher ist als deren Misserfolg. Ein lediglich als offen erscheinender Verfahrensausgang ist daher nicht ausreichend (vgl. etwa Beschl. v. 18.8.1997 - 2 S 1518/97 - Juris m.w.N.).

Ein Grund, der es rechtfertigte, den Begriff der ernstlichen Zweifel im vorliegenden Fall weiter zu fassen, ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht zu erkennen. In dem von der Antragstellerin für ihre Ansicht in Anspruch genommenen Urteil vom 13.3.2007 - Rs. C-432/05 - (NJW 2007, 3555) hat der Europäische Gerichtshof den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes als einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts bezeichnet und ferner angenommen, der Grundsatz effektiven gerichtlichen Schutzes der den Einzelnen durch das Gemeinschaftsrecht verliehenen Rechte verlange, dass die Rechtsordnung eines Mitgliedstaats die Möglichkeit vorsehe, vorläufige Maßnahmen zu treffen, bis das zuständige Gericht über die Vereinbarkeit nationaler Bestimmungen mit dem Gemeinschaftsrecht entschieden habe, wenn der Erlass solcher Maßnahmen erforderlich sei, um die volle Wirksamkeit der späteren Gerichtsentscheidung über das Bestehen der betreffenden Rechte sicherzustellen. Der Europäische Gerichtshof hat zugleich betont, dass bei Zweifeln an der Vereinbarkeit nationaler Bestimmungen mit dem Gemeinschaftsrecht für den Erlass vorläufiger Maßnahmen die durch das nationale Recht festgelegten Kriterien gelten, sofern diese Kriterien weder weniger günstig ausgestaltet sind als die für entsprechende innerstaatliche Klagen noch die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Für den vorliegenden Fall ergeben sich daraus keine Konsequenzen. Durch die vorläufige Befolgung der durch den angefochtenen Bescheid angeordneten Zahlungspflicht wird der Antragstellerin die Ausübung ihrer Rechte weder praktisch unmöglich gemacht noch übermäßig erschwert.

2. Unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung der angefochtenen Entscheidung zu beschränken hat (vgl. § 146 Abs. 4 S. 6 VwGO), hat danach das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin zu Recht abgelehnt. Die im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe sind nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit der mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzten Schlachttier- und Fleischuntersuchungsgebühren in der genannten Weise in Frage zu stellen.

a) Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheids ist die Rechtsverordnung des Landratsamts Main-Tauber-Kreis über Gebühren für öffentliche Leistungen zur amtlichen Überwachung von zum menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs vom 19.12.2005, nach der für öffentliche Leistungen zur amtlichen Überwachung von zum menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs Gebühren und Auslagen erhoben werden. Eine Gebührenpflicht besteht danach u.a. für "die Durchführung der amtlichen Untersuchungen und Kontrollen im Zusammenhang mit Schlachttätigkeiten, insbesondere die Schlachttier- und Schlachtgeflügeluntersuchung, die Untersuchung des Schlachtgeflügels auf die Nämlichkeit und auf Transportschäden, Fleisch- und Geflügelfleischuntersuchungen einschließlich der Hygieneüberwachung, Probenahme, Beschlagnahme, Nachuntersuchung, Endbeurteilung und Tagebuchführung, der Untersuchung auf Trichinen, der Rückstandsuntersuchungen stichprobenweise und bei Verdacht sowie der bakteriologischen Fleischuntersuchung, soweit diese zur Endbeurteilung erforderlich sind" (§ 1 Abs. 2 Buchst. a).

Die zitierten Bestimmungen in der Rechtsverordnung des Landratsamts stützen sich ihrerseits auf § 4 Abs. 1 und 3 in Verbindung mit § 8 LGebG. Das Landratsamt ist dabei zutreffend davon ausgegangen, dass die an sich vorrangige Verordnungsermächtigung des § 2 a Abs. 7 des Gesetzes zur Ausführung des Fleischhygienegesetzes - AGFlHG - im vorliegenden Fall nicht einschlägig ist, da sie sich auf "Amtshandlungen nach dem Fleischhygienegesetz und den zur Durchführung dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften" bezieht und das Fleischhygienegesetz durch Art. 7 Nr. 7 des mit Wirkung vom 7.9.2005 in Kraft getretenen Gesetzes zur Neuordnung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts vom 1.9.2005 (BGBl. S. 2618) aufgehoben worden ist.

Nach § 4 Abs. 3 LGebG setzen die Landratsämter, soweit sie Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörden wahrnehmen, die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Höhe der für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen erhobenen Gebühren durch Rechtsverordnung fest. § 8 LGebG stellt dabei klar, dass in Fällen, in denen - wie hier - öffentliche Leistungen erbracht werden, für die Gebührenvorschriften in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft maßgebend sind, die Gebühren nach Maßgabe dieser Vorschrift bemessen werden. Abweichende Bestimmungen sind nur zulässig, soweit die Rechtsakte der Gemeinschaft dies zulassen. Inhalt, Zweck und Ausmaß der Verordnungsermächtigung sind damit entgegen der Ansicht der Antragstellerin in einer den Anforderungen des Art. 61 Abs. 1 Satz 2 LVerf genügenden Weise bestimmt.

b) Die Gebühren für Untersuchungen und Kontrollen im Zusammenhang mit Schlachttätigkeiten werden gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 der Verordnung "nach Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchst. b der Richtlinie 85/73/EWG in der jeweils geltenden Fassung kostendeckend erhoben". Ihre Höhe ergibt sich aus der einen Bestandteil der Verordnung bildenden Anlage. Das Landratsamt hat damit von der ihm nach § 5 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchst. b der Richtlinie 85/73/EWG zustehenden Befugnis Gebrauch gemacht, eine die in der Richtlinie festgesetzten Gemeinschaftsgebühren übersteigende ("spezifische") Gebühr zu erheben. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urt. v. 30.5.2002 - Rs. C 284/00 und 288/00 - "Stratmann" <DVBl. 2002, 1108>; Urt. v. 9.9.1999 - C-374/97 - "Feyrer" <NVwZ 2000, 182>) ist das Gebrauchmachen von dieser Befugnis "ohne weitere Voraussetzungen unter dem alleinigen Vorbehalt" zulässig, dass die Gebühr die tatsächlichen Kosten nicht überschreitet.

Ob die Antragstellerin mit den Bemerkungen auf S. 6 ihres Schriftsatzes vom 9.7.2007 sowie die dort erfolgte Bezugnahme auf die von ihr vorgelegte "Stellungnahme zur Kostenstruktur am Schlachthof der Schlachthof XXXXX XXXX" des "Instituts für nationale und internationale Fleisch- und Ernährungswirtschaft" (IWF) das Fehlen dieser Voraussetzung rügen möchte, kann dahin stehen, da eine solche Rüge jedenfalls nicht in einer dem Darlegungserfordernis des § 146 Abs. 4 S. 3 VwGO genügenden Weise erhoben worden ist. Die erwähnten Bemerkungen im Schriftsatz vom 9.7.2007 lassen einen konkreten Bezug zu der Kalkulation des Landratsamts nicht erkennen. Der Hinweis auf die - ohne die ihr beigefügten diversen Anlagen - 80 Seiten umfassende Stellungnahme des IWF erfolgt ohne jede weitere Erläuterung. Der Senat sieht es unter diesen Umständen nicht als seine Aufgabe an, die Gebührenkalkulation des Landratsamts im Rahmen des vorliegenden Verfahrens an Hand der vorgelegten Stellungnahme im Einzelnen zu überprüfen.

Die Antragstellerin hält die Gebührenverordnung des Landratsamts unabhängig davon deshalb für rechtswidrig, weil sie gegen die ab 1.1.2006 bzw. - was die hier interessierenden Art. 27 und 28 betrifft - ab 1.1.2007 geltende Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz vom 29.4.2004 (EU ABl. Nr. L 165 S. 1; berichtigt im ABl. EU 2007 Nr. L 104 S. 29) verstoße. Die Verordnung ersetzt die in ihrem Art. 61 genannten Rechtsakte der Gemeinschaft. Dazu gehört auch die Richtlinie 85/73/EWG, die nach Art. 61 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung mit Wirkung vom 1.1.2008 aufgehoben wird. Art. 27 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 3 Satz 1 der Verordnung schreibt vor, dass zur Deckung der Kosten, die durch die amtlichen Kontrollen für die in Anhang IV Abschnitt A genannten Tätigkeiten entstehen, eine Gebühr erhoben wird, die "unbeschadet der Absätze 4 und 6" nicht niedriger sein darf als die in Anhang IV Abschnitt B angegebenen Mindestbeträge. Zu den in Anhang IV Abschnitt A genannten Tätigkeiten gehören die Tätigkeiten, für die derzeit Gebühren gemäß der Richtlinie 85/73/EWG erhoben werden, und somit auch die Vornahme veterinär- und hygienerechtlicher Kontrollen. Im Hinblick auf das Außerkrafttreten dieser Richtlinie zum 1.1.2008 ist in Art. 27 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung ferner Folgendes bestimmt: "Während eines Übergangszeitraums bis zum 1. Januar 2008 können die Mitgliedstaaten bezüglich der in Anhang IV Abschnitt A genannten Tätigkeiten jedoch weiterhin die nach der Richtlinie 85/73/EWG geltenden Beträge erheben." Nach Ansicht der Antragstellerin sind mit den nach der Richtlinie 85/73/EWG geltenden Beträgen (nur) die in Anhang A Kapitel I Nr. 1 der Richtlinie festgesetzten sogenannten EG-Pauschalgebühren gemeint. Da die Verordnung des Landratsamts gegenüber diesen Gebühren erhöhte Gebühren festsetze, sei sie deshalb, soweit sie sich auf die Übergangszeit beziehe, nichtig. Dem ist das Verwaltungsgericht zu Recht nicht gefolgt.

Nach Art. 1 der Richtlinie 85/73/EWG tragen die Mitgliedstaaten nach Maßgabe des Anhangs A dafür Sorge, dass für die Kosten, die durch die Untersuchungen und Kontrollen der Erzeugnisse im Sinne dieses Anhangs entstehen, eine Gemeinschaftsgebühr erhoben wird, deren Höhe in Kapitel I des Anhangs A für die einzelnen Tiergattungen festgesetzt wird. Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie erlaubt es den Mitgliedsstaaten, einen höheren Betrag als die Gemeinschaftsgebühren zu erheben, sofern die erhobene Gesamtgebühr die tatsächlichen Untersuchungskosten nicht überschreitet. Nach Kapitel I Nr. 4 des Anhangs A bestehen dafür zwei Möglichkeiten, nämlich zum einen eine Anhebung der Pauschalbeträge für bestimmte Betriebe (Nr. 4 a) und zum anderen die Erhebung einer die tatsächlichen Kosten deckenden Gebühr (Nr. 4 b).

Zu der Annahme, mit der Formulierung in Art. 27 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 seien ausschließlich die in Anhang A Kapitel I Nr. 1 der Richtlinie festgesetzten sogenannten EG-Pauschalgebühren gemeint, besteht vor diesem Hintergrund keine Veranlassung. Dem Verordnungsgeber würde damit unterstellt, er wolle es den Mitgliedstaaten für die Übergangszeit - abweichend von dem bisherigen Rechtszustand - untersagen, auch dann einen höheren Betrag als die Gemeinschaftsgebühren zu erheben, wenn diese die tatsächlichen Kosten nicht decken. Ein Grund dafür wäre nur dann zu erkennen, wenn das Finanzierungssystem der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 sich insoweit von dem der Richtlinie 85/73/EWG unterschiede. Das ist jedoch nicht der Fall. Nach der bereits erwähnten Regelung in Art. 27 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung dürfen die Gebühren, die in Verbindung mit den in Anhang IV Abschnitt A genannten Tätigkeiten erhoben werden, nicht niedriger sein als die in Anhang IV Abschnitt B angegebenen Mindestbeträge. Art. 27 Abs. 4 der Verordnung gestattet es jedoch, höhere Gebühren zu erheben, und macht dies allein davon abhängig, dass die Gebühren nicht höher sind als die von den zuständigen Behörden getragenen Kosten in Bezug auf die in Anhang VI genannten Ausgaben. Die bisherige Rechtslage wird daher durch die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 insoweit nicht geändert. Dies wird im Übrigen auch von der Antragstellerin so gesehen, wie ihre Bemerkung zeigt, es sei einem Mitgliedstaat unbenommen, seit dem 1.1.2007 die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 anzuwenden, wenn er unbedingt höhere als die Mindestgebühren bzw. die ehemaligen Pauschalgebühren nach der Richtlinie 85/73/EWG erheben wolle.

Die Übergangsregelung in Art. 27 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung ist dementsprechend dahin zu verstehen, dass mit den "nach der Richtlinie 85/73/EWG geltenden Beträgen" nicht nur die in der Richtlinie festgesetzten Gemeinschaftsgebühren gemeint sind, sondern auch die nach Maßgabe des Anhangs A Kapitel I Nr. 4 zur Deckung höherer Kosten angehobenen Gebühren.

Der Wortlaut der englischen Fassung der Regelung spricht entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht gegen dieses Ergebnis, sondern unterstreicht dessen Richtigkeit. An Stelle von "nach der Richtlinie 85/73/EWG geltenden Beträgen" ist dort von "rates currently applied pursuant to Directive 85/73/EEC" die Rede, was mit "entsprechend der Richtlinie 85/73/EWG angewandten oder festgesetzten Beträgen" übersetzt werden kann. Die englische Fassung des Art. 27 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung bringt damit deutlicher als die deutsche Fassung zum Ausdruck, dass mit den genannten Beträgen alle richtlinienkonform festgesetzten Beträge gemeint sind.

Der Versuch der Antragstellerin, ihre hiervon abweichende Auslegung der Vorschrift mit dem "effet utile" zu rechtfertigen, bleibt ebenfalls erfolglos. Die Antragstellerin weist zwar zutreffend darauf hin, dass die Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Normen sich maßgebend am Gedanken ihrer möglichst effektiven Zielverwirklichung zu orientieren hat. Warum der "effet utile" der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 für das von der Antragstellerin für richtig gehaltene Verständnis der in Rede stehenden Bestimmung sprechen soll, bleibt dabei aber offen. Mit Blick auf diesen Einwand der Antragstellerin ist noch einmal hervorzuheben, dass sowohl die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 als auch die von ihr abgelöste Richtlinie 85/73/EWG es den Mitgliedstaaten gestatten, höhere Gebühren als die gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebenen Pauschal- oder Mindestgebühren zu erheben, sofern sie die von der zuständigen Behörde getragenen Kosten nicht übersteigen. Der Gedanke des "effet utile" spricht deshalb gerade dafür, dass das Gleiche auch während der in Art. 27 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung genannten Übergangszeit gelten soll.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren auf den §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8.7.2004 (VBlBW 2004, 467).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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