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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 16.09.2009
Aktenzeichen: 2 S 1466/07
Rechtsgebiete: KAG


Vorschriften:

KAG § 33 Satz 1 Nr. 7
KAG § 33 Abs. 2
1. § 33 S. 1 Nr. 7 KAG erfasst - ebenso wie § 127 Abs. 2 Nr. 5 BauGB - nur solche Lärmschutzanlagen, die von der Gemeinde in Erfüllung einer ihr nach § 123 Abs. 1 BauGB obliegenden Erschließungslast hergestellt werden. Soll ein Baugebiet im Einwirkungsbereich einer bereits vorhandenen Straße erschlossen werden oder dehnt sich ein Baugebiet in diese Richtung aus, gehört die erstmalige Herstellung der erforderlich werdenden Immissionsschutzanlagen zu der Erschließungsaufgabe der Gemeinde. Das gilt auch dann, wenn es sich bei der Straße um die Ortsdurchfahrt einer sogenannten klassifizierten Straße handelt.

2. Die von § 39 Abs. 2 S. 4 KAG getroffene Anordnung gilt nur für eine zwischen Lärmschutzanlage und Grundstücken vorhandene lärmabschirmende Bebauung, die nach der Planung der Anlage - d.h. nach der Beschlussfassung über den die Anlage ausweisenden Bebauungsplan oder nach der einen solchen Plan gemäß § 125 Abs. 2 BauGB ersetzenden planerischen Entscheidung der Gemeinde - entstanden ist, nicht aber für eine bereits in diesem Zeitpunkt vorhandene Bebauung.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

2 S 1466/07

In der Normenkontrollsache

wegen Gültigkeit der Satzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen für die Lärmschutzanlage an der B 297 in Kirchheim unter Teck

hat der 2. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg

am 16. September 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Satzung der Stadt Kirchheim unter Teck über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen für die Lärmschutzanlage an der B 297 in Kirchheim u. T. (Baugebiet Wiesenweg) vom 23.5.2007 wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Antragsteller wendet sich gegen eine Satzung, die sein Grundstück zu den durch eine Lärmschutzeinrichtung erschlossenen Grundstücken rechnet (Zuordnungssatzung gemäß § 39 Abs. 2 S. 2 KAG).

Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Flst.Nr. xxxxxxx (xxxxxxxxx xx), das sich in einem größtenteils bebauten Gebiet zwischen der B 297 im Osten, der xxxxxxxxxxxxxxxx im Westen, der xxxxxxxxxxx xxxxxxxx im Norden und der xxxxxxxxxxxxx im Süden befindet. Für einen kleinen, im Norden gelegenen Teil dieses Bereichs gilt der (nicht qualifizierte) Bebauungsplan "Sonnenwiese" vom 13.7.1954, für den übrigen, das Grundstück des Antragstellers einschließenden Teil der am 25.9.2003 in Kraft getretene und durch Satzung vom 8.2.2006 geänderte Bebauungsplan "Wiesenweg".

Der mit dem Ziel einer Nachverdichtung aufgestellte Bebauungsplan "Wiesenweg" weist den von ihm erfassten Bereich westlich der B 297 als Mischgebiet aus. Zur Einhaltung der für ein solches Gebiet geltenden "Richtpegelwerte" setzt er in seiner Fassung durch die Satzung vom 8.2.2006 eine 4,5 m hohe Lärmschutzwand entlang der B 297 fest, die von der Einmündung der xxxxxxxxxxxxx xxxxxx bis zur Einmündung der xxxxxxxxxxxx reicht.

Die Antragsgegnerin erhebt nach § 19 ihrer Erschließungsbeitragssatzung vom 14.12.2005 in der Fassung vom 23.5.2007 Erschließungsbeiträge nach den Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes sowie nach Maßgabe dieser Satzung für öffentliche Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen Geräuschimmissionen (Lärmschutzanlagen), die nach dem Inkrafttreten dieser Satzung endgültig hergestellt werden. Die Satzung trifft dazu u.a. folgende Regelungen:

§ 22 Verteilung der umlagefähigen Erschließungskosten

(1) Der nach Abzug des Anteils der Stadt (§ 21) anderweitig nicht gedeckte Erschließungsaufwand (umlagefähiger Erschließungsaufwand) wird auf die Grundstücke des Abrechnungsgebiets in dem Verhältnis verteilt, in dem die Nutzungsflächen der einzelnen Grundstücke zueinander stehen. Die Nutzungsfläche eines Grundstücks ergibt sich durch Vervielfachung seiner Grundstücksfläche mit einem Nutzungsfaktor.

(2) Bei der Verteilung des Erschließungsaufwands auf die erschlossenen Grundstücke, die eine Schallpegelminderung von mindestens 3 dB(A) erfahren, wird durch den Nutzungsfaktor die unterschiedliche Nutzung der Grundstücke berücksichtigt. Der Nutzungsfaktor beträgt entsprechend dem Maß der baulichen Nutzung

1. bei eingeschossiger Bebaubarkeit 1,00

2. bei zweigeschossiger Bebaubarkeit 1,25

3. ...

§ 23 Anwendung der übrigen Bestimmungen der Erschließungsbeitragssatzung

(1) ...

(2) Durch eine besondere Satzung werden geregelt

1. der Umfang der Lärmschutzanlagen,

2. die Merkmale der endgültigen Herstellung dieser Anlagen

3. welche Grundstücke durch die Lärmschutzanlage erschlossen werden (Zuordnung).

Nach Einholung eines Lärmschutzgutachtens, das von dem Ingenieurbüro xxxxx und xxxxxx am 13.3.2007 erstellt wurde, beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin in seiner Sitzung vom 23.5.2007 zusammen mit der Änderung der Erschließungsbeitragssatzung den Erlass einer Satzung "über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen für die Lärmschutzanlage an der B 297 in Kirchheim u. T. (Baugebiet Wiesenweg)". Die Satzung enthält u. a. folgende Bestimmungen:

§ 1 Umfang der Erschließungsanlage

Die Stadt erhebt Erschließungsbeiträge für die Lärmschutzanlage im Baugebiet Wiesenweg. Die Lärmschutzanlage ist im Bebauungsplan "Wiesenweg" ... östlich der als Mischgebiet ausgewiesenen Bauflächen zum Schutz vor dem von der B 297 verursachten Lärm ausgewiesen. Sie ist im Bebauungsplan "Wiesenweg" als "öffentliche Grünfläche Lärmschutzwand" festgesetzt. Die Lärmschutzanlage befindet sich entlang der B 297 zwischen der Einmündung xxxxxxxxxxxx und der xxxxxxxxxxx xxxxxxx. Sie hat eine wechselnde Gesamtbreite von 0,50 bis 1,0 m und eine wechselnde Höhe von 3,50 bis 4,0 m.

...

§ 3 Abrechnungsgebiet

(1) Die durch die Lärmschutzanlage erschlossenen Grundstücke bilden das Abrechnungsgebiet.

(2) Erschlossen sind die Grundstücke, die nach der Feststellung des Lärmschutzgutachtens des Ingenieurbüros xxxxx und xxxxxx vom 13.3.2007 durch die Lärmschutzanlage eine Schallpegelminderung von mindestens 3 dB(A) erfahren. Ausgenommen sind Grundstücke,

1. die als öffentliche Verkehrsfläche und sonstige Erschließungsanlagen i. S. des § 33 S. 1 KAG genutzt werden,

2. auf denen nach den Festsetzungen des Bebauungsplans ausschließlich Garagen und Stellplätze sowie vergleichbare bauliche Anlagen errichtet werden dürfen,

3. auf denen nur Anlagen zur Ver- und Entsorgung des Baugebiets errichtet werden dürfen.

Durch die Lärmschutzanlage sind folgende Grundstücke erschlossen:

1. 2267/3 xxxxxxxxxxx xxxx xx

...

50. 3319/4 xxxxxxxxxx xx

Die Satzung wurde am 8.6.2007 bekannt gemacht. Der Antragsteller hat am 27.7.2007 beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Normenkontrollklage erhoben. Er macht geltend, die angegriffene Satzung sei bereits aus formellen Gründen unwirksam. Nach § 37 Abs. 1 S. 1 GemO könne der Gemeinderat nur in einer ordnungsgemäß einberufenen und geleiteten Sitzung beraten und beschließen. Was der Gemeinderat beraten und beschlossen habe, müsse in einer den Anforderungen des § 38 Abs. 2 GemO genügenden Niederschrift protokolliert sein. Daran fehle es im vorliegenden Fall. Zu einer ordnungsmäßigen Einberufung der Sitzung gehöre nach § 34 Abs. 2 GemO, dass den Mitgliedern des Gemeinderats mit der Einberufung die Verhandlungsgegenstände mitgeteilt würden. Den Gemeinderäten müssten ferner alle notwendigen Informationen zur Verfügung gestellt werden. In den Akten der Antragsgegnerin sei lediglich eine Sitzungsvorlage für den 25.4.2007 enthalten. Ob die Gemeinderäte für die Sitzung am 23.5.2007 überhaupt eine Sitzungsvorlage erhalten hätten, müsse mit Nichtwissen bestritten werden. Welcher Beschluss am 23.5.2007 gefasst worden sei, könne nicht festgestellt werden. Die Verletzung der §§ 34, 37 und 38 GemO habe die Rechtswidrigkeit des Beschlusses zur Folge. Die Satzung sei ferner nicht ordnungsgemäß ausgefertigt, da sie nicht von der Oberbürgermeisterin der Antragsgegnerin, sondern von einem Herrn xxxxxx unterzeichnet worden sei. Die Satzung sei auch aus materiellen Gründen unwirksam. Nach § 1 S. 4 und 5 der Satzung handele es sich bei der Lärmschutzanlage "Wiesenweg" um die im Bebauungsplan "Wiesenweg" ausgewiesene "öffentliche Grünfläche Lärmschutzwand", die eine wechselnde Gesamtbreite von 0,50 bis 1,0 m und eine wechselnde Höhe von 3,5 bis 4,0 m habe. Diese Beschreibung sei fehlerhaft, da die Lärmschutzwand entsprechend der Festsetzung des Bebauungsplans eine durchgehende Höhe von 4,5 m habe. Im Bereich der Einmündung der xxxxxxxxxxxx existiere außerdem eine bestehende Lärmschutzwand entlang dem Grundstück Flst.Nr. xxxxxx, so dass die "geplante Lärmschutzwand" erst weiter nördlich beginne. Die in der Satzung vorgenommene Festlegung des Abrechnungsgebiets verstoße gegen § 39 Abs. 2 KAG. Nach § 3 Abs. 2 S. 1 der Satzung seien die Grundstücke erschlossen, die nach der Feststellung des Lärmschutzgutachtens des Ingenieurbüros xxxx und xxxxxx durch die Lärmschutzanlage eine Schallpegelminderung von mindestens 3 dB(A) erführen. Ob eine solche Verweisung auf ein der Satzung nicht beigefügtes und zu ihrem Gegenstand erklärtes Lärmschutzgutachten den Grundsätzen der Normklarheit und Bestimmtheit genüge, könne dahin stehen. Aus rechtsstaatlichen Gründen der Abwägung sei in jedem Fall erforderlich, dass sich der Gemeinderat mit dem Gutachten inhaltlich auseinandersetze. Dies sei im vorliegenden Fall nicht geschehen, da das Gutachten nicht Gegenstand des Satzungsverfahrens gewesen sei. Das Gutachten habe in Übereinstimung mit § 39 Abs. 2 S. 4 KAG das Vorhandensein einer lärmabschirmenden Bebauung nicht berücksichtigt. Dies sei rechtswidrig. Werde einem Grundstück, das in dem maßgeblichen Zeitpunkt keine Lärmpegelminderung durch die Lärmschutzanlage erfahre, weil sich zwischen ihm und der Anlage ein Gebäude befinde, eine Beitragspflicht aufgebürdet, verstoße dies gegen Art. 3 GG, da dem Grundstück kein Sondervorteil vermittelt werde. Die Erhebung eines Beitrags sei in diesem Fall verfassungsrechtlich ausgeschlossen. Nach § 33 Abs. 1 Nr. 7 KAG seien zudem nur solche Anlagen beitragsfähig, welche die Gemeinde in Erfüllung ihrer Erschließungslast herzustellen verpflichtet sei. Dies sei nicht der Fall, wenn eine Anlage zum Schutz eines bisher störungsfreien Gebiets zeitlich vor einer hinzukommenden Lärmquelle hergestellt werde. In einem solchen Fall sei die hinzukommende Lärmquelle Verursacher des Schutzbedarfs, so dass die Grundstücke des Baugebiets nicht mit Erschließungsbeiträgen belastet werden dürften. So liege es hier. Das Gebiet xxxxxxxxxxxxxx-, xxxxxxx- und xxxxxxxxxx xxxxxx sei bereits um 1900 bebaut worden und existiere damit lange vor der erst 1959 fertig gestellten Umgehungsstraße. Schutzanlagen, die mit Rücksicht auf den Lärm des Verkehrs auf Ortsdurchfahrten von Bundes-, Land- oder Kreisstraßen erforderlich würden, seien davon abgesehen selbst dann keine beitragsfähigen Lärmschutzanlagen, wenn die Gemeinde Träger der Straßenbaulast sei. Denn in diesem Fall treffe die Gemeinde eine Abwendungspflicht als Träger der Straßenbaulast und nicht als Träger der ihr gemäß § 123 Abs. 1 BauGB obliegenden Erschließungslast.

Der Antragsteller beantragt,

die Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen für die Lärmschutzanlage an der B 297 in Kirchheim u. T. (Baugebiet Wiesenweg) vom 23.5.2007 für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Sie erwidert: Es sei zweifelsfrei, über welche Satzung der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 23.5.2007 Beschluss gefasst habe. Die Tatsache, dass dem Gemeinderat eine geänderte Anlage 4 als Tischvorlage unterbreitet worden sei, erkläre sich daraus, dass zunächst vorgesehen gewesen sei, die Sitzungsvorlage 35/07/GR in der Sitzung des Gemeinderats am 25.4.2007 zu behandeln. Der Gemeinsame Ausschuss habe jedoch am 18.4.2007 beschlossen, die Beratung auf eine Sitzung im Mai zu verschieben. Die Sitzungsvorlage 35/07/GR sei dann auf die Tagesordnung der Sitzung des Gemeinsamen Ausschusses am 16.5.2007 gesetzt worden. Bereits in dieser Sitzung sei die geänderte Anlage 4 als Tischvorlage ausgelegt worden. Die Änderung betreffe die Grundstücke Flst.Nr. xxxxxx, xxxxxxx, xxxxxx und xxxxxx, die aus dem Geltungsbereich der Zuordnungssatzung heraus genommen worden seien. Der Grund dafür sei, dass es sich bei ihnen um reine Gartengrundstücke handele, für die im maßgeblichen Bebauungsplan keine bauliche Nutzung festgesetzt worden sei. Die Satzung sei von dem Bürgermeister xxxxxx ausgefertigt worden, der nach der Hauptsatzung der Stadt zur Ausfertigung und Veröffentlichung von Satzungen legitimiert sei. Die Festsetzung einer durchgehenden Höhe von 4,5 m im Bebauungsplan bedeute nicht, dass die Lärmschutzwand auch in dieser Höhe errichtet werden müsse. Maßgeblich für die tatsächliche Höhe sei vielmehr die Herbeiführung einer optimalen Schallminderung, was nach dem Lärmschutzgutachten bei einer Höhe zwischen 3,5 m und 4,0 m der Fall sei. Bei der bestehenden Lärmschutzwand im Bereich der Einmündung der xxxxxxxxxx handele es sich um eine private Lärmschutzwand, die, nachdem sie von der Stadt erworben worden sei, abgebrochen und neu errichtet worden sei. Mit der Errichtung der Lärmschutzwand sei nicht der Schutz der bestehenden Bebauung, sondern der Schutz des neuen, neben der B 297 geplanten Baugebiets bezweckt. Die Herstellung der Anlage gehöre daher zur Erschließungslast der Gemeinde. Wie sich aus der Gesetzesbegründung ergebe, sei § 39 Abs. 2 S. 4 KAG entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht verfassungswidrig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Akten der Antragsgegnerin sowie auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Antrag ist zulässig und begründet.

I. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Antragsteller besitzt insbesondere die nach § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis. Die angefochtene Satzung legt gemäß § 39 Abs. 2 S. 2 KAG die Grundstücke fest, die zu den durch die Lärmschutzanlage im Baugebiet Wiesenweg erschlossenen Grundstücken gehören. Die Bestimmung steht im Zusammenhang mit § 19 EBS, wonach die Antragsgegnerin für öffentliche Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen Geräuschimmissionen (Lärmschutzanlagen), die nach dem Inkrafttreten dieser Satzung endgültig hergestellt werden, von den Eigentümern der durch die Anlage erschlossenen Grundstücken Erschließungsbeiträge nach den Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes sowie nach Maßgabe dieser Satzung erhebt. Durch eine Anlage mit der in § 19 EBS genannten Zweckbestimmung werden Grundstücke erschlossen, denen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Anlage ein nicht nur vorübergehender Vorteil vermittelt wird (§ 39 Abs. 2 S. 1 KAG). Die Festlegung der erschlossenen Grundstücke erfolgt durch Zuordnung in einer besonderen Satzung (§ 39 Abs. 2 S. 2 KAG). Das dem Antragsteller gehörende Grundstück Flst.Nr. xxxxxxx wird in der von der Antragsgegnerin auf der Grundlage dieser Vorschrift erlassenen Satzung zu den von der Lärmschutzanlage im Baugebiet Wiesenweg erschlossenen Grundstücken gerechnet. Der Antragsteller kann danach geltend machen, durch die angegriffene Satzung bzw. deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden.

II. Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg. Zwar ist die angefochtene Satzung in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden (unten 1). Die Satzung verstößt jedoch gegen § 39 Abs. 2 S. 1 KAG, da sie zum einen Grundstücke zu den durch die Lärmschutzanlage erschlossenen Grundstücken rechnet, denen durch die Anlage kein Vorteil vermittelt wird, und zum anderen Grundstücke nicht in den Kreis der erschlossenen Grundstücke einbezieht, die durch die Anlage einen Vorteil erhalten (unten 2).

1. Die gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen der Satzung erhobenen Einwendungen des Antragstellers sind unbegründet.

a) Der Antragsteller ist der Meinung, die Satzung sei entgegen § 37 Abs. 1 S. 1 GemO nicht in einer ordnungsgemäß einberufenen Sitzung beraten und beschlossen worden. Das trifft nicht zu. Zwar macht der Antragsteller zu Recht geltend, dass die - bei den Akten der Antragsgegnerin befindliche - Sitzungsvorlage 35/07/GR den Vermerk "Beschlussfassung im GR 25.04.2007" trägt, während die Satzung tatsächlich erst in der Sitzung des Gemeinderats vom 23.5.2007 beschlossen worden ist. Ein Verstoß gegen § 37 Abs. 1 S. 1 GemO wird dadurch jedoch nicht begründet. Für den vom Antragsteller ferner angeführten Umstand, dass in Ziff. 3 des in der Vorlage formulierten Antrags (Beschluss einer Zuordnungssatzung) auf eine Anlage 4 verwiesen wird und die Vorlage außer dieser Anlage auch eine "Tischvorlage" mit einer Änderung der Anlage 4 enthält, gilt das Gleiche.

Der auf der Sitzungsvorlage 35/07/GR angebrachte Vermerk wird von der Antragsgegnerin damit erklärt, dass zunächst vorgesehen gewesen sei, die Sitzungsvorlage in der Sitzung des Gemeinderats am 25.4.2007 zu behandeln. Bei der Vorberatung durch den Gemeinsamen Ausschuss am 18.4.2007 sei jedoch beschlossen worden, die Beschlussfassung auf eine Sitzung im Mai zu verschieben. Die Sitzungsvorlage 35/07/GR sei dann auf die Tagesordnung der Sitzung des Gemeinsamen Ausschusses am 16.5.2007 gesetzt worden. Bereits in dieser Sitzung sei die geänderte Anlage 4 als Tischvorlage ausgelegt worden. Die Änderung betreffe die Grundstücke Flst.Nr. xxxxxxx, xxxxx, xxxxxx und xxxxx und sei erfolgt, weil es sich bei diesen Grundstücken um reine Gartengrundstücke handele, für die im maßgeblichen Bebauungsplan keine bauliche Nutzung festgesetzt worden sei und die deshalb nicht in den Geltungsbereich der Zuordnungssatzung einbezogen werden könnten. Dieser Darstellung hat der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung am 23.10.2008 nicht widersprochen.

Ein Verstoß gegen § 37 Abs. 1 S. 1 GemO lässt sich danach nicht erkennen. Die von der Antragsgegnerin vorgelegte Tagesordnung für die Sitzung am 23.5.2007 nennt unter Nr. 4 "Erhebung von Erschließungsbeiträgen für einzelne Erschließungsanlagearten (allgemein) und die Lärmschutzanlage Wiesenweg" und nimmt Bezug auf die Vorlage 35/07/GR. Der Verhandlungsgegenstand wurde damit in der Tagesordnung hinreichend genau bezeichnet. b) Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist das Verfahren beim Zustandekommen der Satzung auch nicht deshalb zu beanstanden, weil die angefochtene Satzung nicht von der Oberbürgermeisterin der Antragsgegnerin, sondern dem Bürgermeister xxxxxx ausgefertigt worden ist. Nach dem Verwaltungsgliederungsplan der Antragsgegnerin ist der Bürgermeister Leiter des Dezernats II, zu dem die Geschäftskreise Planung, Recht, Sicherheit und Ordnung sowie Hoch- und Tiefbau gehören. In seiner Eigenschaft als Beigeordneter fungiert der Bürgermeister in seinem Geschäftskreis als ständiger Vertreter des Oberbürgermeisters (vgl. § 49 Abs. 3 S. 1 GemO). Als solcher kann er auch dann für den Oberbürgermeister handeln, wenn dieser nicht verhindert ist. Zu den Befugnissen eines Beigeordneten gehört danach auch die Ausfertigung von Satzungen, sofern sich der Oberbürgermeister diese nicht generell oder im Einzelfall vorbehalten hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.12.2000 - 8 S 399/00 - Juris; Urt. v. 15.12.1994 - 8 S 1948/94 - VBlBW 1995, 207). Dafür, dass dies im vorliegenden Fall geschehen ist, ist nichts zu erkennen. Auch der Antragsteller behauptet dies nicht.

2. Die Satzung ist jedoch in materiell-rechtlicher Hinsicht rechtswidrig. Zwar verstößt die Satzung entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht gegen das Bestimmtheitsgebot (unten a). Der Antragsteller ist ferner zu Unrecht der Ansicht, dass die Herstellung der den Gegenstand der Satzung bildenden Anlage nicht zur Erschließungsaufgabe der Gemeinde gehöre (unten b). Die Satzung verstößt jedoch aus den bereits genannten Gründen gegen § 39 Abs. 2 S. 1 KAG (unten c).

a) Der Satzung fehlt es nicht an der erforderlichen Bestimmtheit. In § 1 der Satzung wird die den Gegenstand der getroffenen Regelungen bildende Lärmschutzanlage wie folgt beschrieben: "Die Lärmschutzanlage ist im Bebauungsplan 'Wiesenweg' ... östlich der als Mischgebiet ausgewiesenen Bauflächen zum Schutz vor dem von der B 297 verursachten Lärm ausgewiesen. Sie ist im Bebauungsplan 'Wiesenweg' als 'öffentliche Grünfläche Lärmschutzwand' festgesetzt. Die Lärmschutzanlage befindet sich entlang der B 297 zwischen der Einmündung xxxxxxxxxxxx und der xxxxxxxxxx xxxxxx. Sie hat eine wechselnde Gesamtbreite von 0,50 bis 1,0 m und eine wechselnde Höhe von 3,50 bis 4,0 m." Über die Identität der Lärmschutzanlage kann es danach keinen Zweifel geben. Ob die in § 1 der Satzung gemachten Angaben über die Höhe der Wand mit der tatsächlichen Höhe der Anlage sowie den Angaben im Bebauungsplan übereinstimmen, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.

Zweifel über die Identität der Lärmschutzanlage können auch nicht deshalb aufkommen, weil im Bebauungsplan vom 8.2.2006 im Bereich des der Einmündung der xxxxxxxxxxxxx gelegenen Grundstücks Flst.Nr. xxxxxxx in die B 297 eine "bestehende Lärmschutzwand" mit einer Länge von ca. 30 m eingezeichnet ist. Darüber, dass § 1 der Satzung nicht diese private Lärmschutzwand meint, die allein dem Grundstück Flst.Nr. xxxxxxx zugute kommt, sondern die im Bebauungsplan zum Schutz des ganzen Baugebiets vorgesehene gemeindliche Einrichtung, kann es keine Missverständnisse geben.

b) § 33 S. 1 Nr. 7 KAG erfasst - ebenso wie § 127 Abs. 2 Nr. 5 BauGB - nur solche Lärmschutzanlagen, die von der Gemeinde in Erfüllung einer ihr nach § 123 Abs. 1 BauGB obliegenden Erschließungslast hergestellt werden. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach dem Prioritäts- oder Veranlasserprinzip (Quaas in Schrödter, BauGB, 7. Aufl. § 127 Rn. 39). Bei einem durch den Verkehrslärm ausgelösten Konflikt zwischen einer Straße und einer benachbarten Wohnbebauung ist nicht die Gemeinde, sondern der Straßenbaulastträger verpflichtet, für den erforderlichen Lärmschutz zu sorgen, wenn die Straße nachträglich an ein vorhandenes Wohngebiet herangeführt wird. § 33 S. 1 Nr. 7 KAG ist damit in einem solchen Fall nicht anwendbar. Soll ein Baugebiet im Einwirkungsbereich einer bereits vorhandenen Straße erschlossen werden oder dehnt sich ein Baugebiet in diese Richtung aus, ist die erstmalige Herstellung der erforderlich werdenden Immissionsschutzanlagen dagegen von der Erschließungsaufgabe der Gemeinde umfasst und fallen diese Anlagen unter § 33 S. 1 Nr. 7 KAG (Driehaus, Erschließungsbeitragsrecht in Baden-Württemberg, § 5 Rn. 37 ff.; BVerwG, Urt. v. 13.8.1993 - 8 C 36.91 - NVwZ 1994, 905; Urt. v. 23.6.1995 - 8 C 18.94 - NVwZ 1996, 903 zu § 127 Abs. 2 Nr. 5 BauGB).

Die Erstellung des Lärmschutzwalls entlang der B 297 gehört danach zu der Erschließungsaufgabe der Antragsgegnerin. Der Umstand, dass bei der Fertigstellung der Straße im Jahre 1959 das westlich von ihr gelegene Wohngebiet bereits existierte, ändert daran nichts. Mit der Aufstellung des Bebauungsplans "Wiesenweg" soll die Bebauung der im Inneren des Gebiets gelegenen, bisher unbebauten Grundstücke ermöglicht werden. Das steht der Planung eines neuen Wohngebiets im Einwirkungsbereich einer bereits vorhandenen Straße gleich mit der Konsequenz, dass die Herstellung der zum Schutz dieses Gebiets erforderlichen Immissionsschutzanlagen Teil der Erschließungsaufgabe der Antragsgegnerin ist.

Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei der Straße um die Ortsdurchfahrt einer Bundesstraße handelt. In Fällen, in denen ein neues Baugebiet im Einwirkungsbereich einer bereits vorhandenen Straße erschlossen werden soll, ist - wie ausgeführt - die erstmalige Herstellung einer zu diesem Zweck erforderlich werdenden Lärmschutzanlage von der Erschließungsaufgabe der Gemeinde umfasst und nicht Sache des Straßenbaulastträgers. Das gilt unabhängig von der Frage, wer Straßenbaulastträger ist, und ist daher auch dann richtig, wenn es sich bei der Straße um die Ortsdurchfahrt einer sogenannten klassifizierten Straße handelt, für welche die Gemeinde die Straßenbaulast hat.

Der - mit § 128 Abs. 3 Nr. 2 BauGB übereinstimmenden - Regelung in § 35 Abs. 2 Nr. 2 KAG lässt sich nichts anderes entnehmen. Nach dieser Vorschrift umfassen die beitragsfähigen Erschließungskosten nicht die Kosten für die Fahrbahnen der Ortsdurchfahrten von Bundes-, Landes- oder Kreisstraßen, soweit die Fahrbahnen dieser Straßen keine größere Breite als außerhalb der festgesetzten Ortsdurchfahrt aufweisen. Die Regelung beruht auf der Überlegung, dass mit dem Bau von Bundes-, Landes- oder Kreisstraßen einschließlich der Ortsdurchfahrten Aufgaben erfüllt werden, die der Einrichtung eines funktionsfähigen Verkehrsnetzes und damit der Allgemeinheit dienen. Für den Bau dieser Straßen sollen daher im Grundsatz auch dann keine Erschließungsbeiträge erhoben werden können, wenn hierdurch als Nebenfolge eine bessere Erreichbarkeit der anliegenden Grundstücke bewirkt wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.11.1972 - 1 BvL 15/68 und 26/69 - BVerfGE 34, 139; Ernst in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 128 Rn. 51a). Die Annahme, dass auch Schutzanlagen, die mit Rücksicht auf den von Ortsdurchfahrten einer klassifizierten Straße ausgehenden Verkehrslärm erforderlich werden, zu den beitragsfähigen Lärmschutzanlagen gehören, wird dadurch nicht gehindert.

c) Die Satzung verstößt jedoch gegen § 39 Abs. 2 S. 1 KAG, da sie zum einen Grundstücke zu den durch die Lärmschutzanlage erschlossenen Grundstücken rechnet, denen durch die Anlage kein Vorteil vermittelt wird, und zum anderen Grundstücke nicht in den Kreis der erschlossenen Grundstücke einbezieht, die durch die Anlage einen Vorteil erhalten.

Nach § 39 Abs. 2 S. 1 KAG werden durch eine Erschließungsanlage im Sinne von § 33 S. 1 Nr. 3 bis 7 KAG Grundstücke erschlossen, denen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme ein nicht nur vorübergehender Vorteil vermittelt wird. Soweit es um eine dem Schutz von Baugebieten gegen Geräuschimmissionen dienende Anlage im Sinne des § 33 Nr. 3 bis 7 KAG geht, ist ein solcher Vorteil für diejenigen Grundstücke zu bejahen, für die die Herstellung der Anlage zu einer merkbaren Schallpegelminderung führt. Nach den allgemeinen Erkenntnissen der Akustik muss eine Schallpegelminderung mindestens 3 dB(A) betragen, um als in diesem Sinne merkbar angesehen werden zu können, da eine geringere Schallpegeldifferenz nach diesen Erkenntnissen kaum wahrgenommen werden kann (ständige Rechtsprechung, vgl. u. a. BVerwG, Urt. v. 19.8.1988 - 8 C 51.87 - BVerwGE 80, 99 und Urt. v. 23.6.1995 - 8 C 20.93 - BVerwGE 99, 18).

aa) Die Antragsgegnerin hat dementsprechend vor dem Erlass der angefochtenen Satzung ein Gutachten zu der Frage eingeholt, welche im Einwirkungsbereich der im Bebauungsplan ausgewiesenen Lärmschutzanlage gelegenen Grundstücke eine Schallpegelminderung von mindestens 3 dB(A) erfahren. Der vom Antragsteller beanstandete Umstand, dass der Gemeinderat der Antragsgegnerin bei der Beschlussfassung über die angefochtene Satzung nur das Ergebnis des Gutachtens gekannt habe, das Gutachten als solches aber nicht Gegenstand des Satzungsverfahrens gewesen sei, ist unschädlich.

Nach § 39 Abs. 2 S. 3 KAG hat die Gemeinde bei der Festlegung der Grundstücke, die durch eine Erschließungsanlage im Sinne von § 33 S. 1 Nr. 3 bis 7 KAG erschlossen werden, "insbesondere die örtlichen Verhältnisse wie die Entfernung der Grundstücke von der jeweiligen Anlage oder die durch die Anlage bewirkte merkbare Lärmpegelminderung zu berücksichtigen". Unter Hinweis hierauf wird vom Antragsteller in der von § 39 Abs. 2 S. 2 KAG vorgeschriebenen Festlegung eine planerische Entscheidung gesehen, die zu einer Abwägung verpflichte. Ob dieser Auffassung gefolgt werden kann, soweit sie sich die Festlegung auf eine der in § 39 Abs. 2 S. 2 KAG genannten Anlagen bezieht, bei denen exakte Kriterien für den Kreis der von ihnen erschlossenen Grundstücke fehlen, kann dahinstehen, da die hier in Rede stehenden Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen Geräuschimmissionen nicht zu diesen Anlagen gehören. Ob ein Grundstück von einer Lärmschutzanlage erschlossen wird, hängt - wie bereits ausgeführt - (ausschließlich) davon ab, ob die Anlage auf dem Grundstück eine merkbare Schallpegelminderung in dem oben beschriebenen Sinn bewirkt. Der Kreis der durch eine Lärmschutzanlage erschlossenen Grundstücke kann deshalb - wenn auch nur mit Hilfe eines Sachverständigen - zuverlässig festgestellt werden. Für einen wie auch immer gearteten Entscheidungsspielraum der Gemeinde ist danach bei der Festlegung der durch eine Lärmschutzanlage erschlossenen Grundstücke nichts zu erkennen. Die ordnungsgemäße Entscheidungsfindung über eine sich auf eine solche Anlage beziehende Zuordnungssatzung ist dementsprechend nicht davon abhängig, dass der Gemeinderat bei seiner Beschlussfassung die Einzelheiten des der Satzung zugrunde liegenden Lärmschutzgutachtens kennt.

bb) Die Rechtmäßigkeit der von der Antragsgegnerin erlassenen Satzung hängt danach allein davon ab, ob die Antragsgegnerin den Kreis der durch die Lärmschutzanlage erschlossenen Grundstücke korrekt bestimmt hat, d. h. zum einen nur solche Grundstücke in die Satzung aufgenommen hat, für welche die Lärmschutzanlage eine Schallpegelminderung von mindestens 3 dB(A) bewirkt, und zum anderen alle Grundstücke einbezogen hat, die durch die Lärmschutzanlage eine solche Schallpegelminderung erfahren. Dieser Forderung wird mit der angefochtenen Satzung nicht genügt.

(1) Bei der Ermittlung der durch die Lärmschutzanlage eintretenden Pegelminderungen hat der von der Antragsgegnerin beauftragte Gutachter die bereits vorhandene Bebauung in dem von der Anlage zu schützenden Bereich außer Betracht gelassen. Versteht man die Regelung in § 39 Abs. 2 S. 4 KAG wörtlich, steht das im Einklang mit dieser Vorschrift, da danach bei der Festlegung der durch eine Lärmschutzanlage erschlossenen Grundstücke eine im Verteilungszeitpunkt zwischen Lärmschutzanlage und Grundstücken vorhandene lärmabschirmende Bebauung nicht zu berücksichtigen ist. § 39 Abs. 2 S. 4 KAG ist jedoch einschränkend dahin auszulegen, dass die mit ihr getroffene Anordnung nur für eine zwischen Lärmschutzanlage und Grundstücken vorhandene lärmabschirmende Bebauung gilt, die nach der Planung der Anlage - d.h. nach der Beschlussfassung über den die Anlage ausweisenden Bebauungsplan oder nach der einen solchen Plan gemäß § 125 Abs. 2 BauGB ersetzenden planerischen Entscheidung der Gemeinde - entstanden ist, nicht aber für eine bereits in diesem Zeitpunkt vorhandene Bebauung.

Die in § 39 Abs. 2 S. 4 KAG getroffene Anordnung ist vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu sehen, nach der es für die Beantwortung der Frage, ob eine Lärmschutzanlage einem Grundstück einen zu dessen Erschlossensein führenden Sondervorteil in Form einer merkbaren Schallpegelminderung vermittelt, auf die Situation im Zeitpunkt ihrer endgültigen Herstellung ankommt (Urt. v. 19.8.1988 - 8 C 51.87 - BVerwGE 80, 99). Diese Auffassung hat zur Konsequenz, dass der Kreis der letztlich erschlossenen Grundstücke nicht mit dem Bereich übereinstimmen muss, für den bei der Planung der Anlage eine merkbare Schallpegelminderung aufgrund von Messungen angenommen worden ist und angenommen werden durfte. So ist insbesondere denkbar, dass sich der Schallpegel für ein von der Lärmquelle weiter entfernt gelegenes Grundstück mittlerweile deshalb gemindert hat, weil zwischenzeitlich auf einem der Lärmquelle näher gelegenen Grundstück ein Gebäude errichtet worden ist und die Lärmschutzanlage deshalb insoweit eine merkbare Auswirkung nicht mehr hat. Das kann dazu führen, dass der umlagefähige Aufwand auf weniger Grundstücke zu verteilen ist als von der Gemeinde zunächst angenommen wurde und sich der von den Eigentümern dieser Grundstücke zu tragende Anteil an den Erschließungskosten dementsprechend erhöht. Das Bundesverwaltungsgericht hält dieses Ergebnis für hinnehmbar, da es die Folge der auf den Zeitpunkt der endgültigen Herstellung der Anlage (§ 133 Abs. 2 BauGB) ausgerichteten und in diesem Sinne punktuellen Betrachtungsweise sei.

Mit der Regelung in § 39 Abs. 2 S. 4 KAG wendet sich der Landesgesetzgeber bewusst gegen diese Rechtsprechung. In der Begründung des Gesetzentwurfs (aaO, S. 62) wird dazu ausgeführt, dass durch die Vorschrift eine praktikable Abrechnung von Lärmschutzanlagen erreicht werden solle. Es entspreche nicht nur den Grundsätzen der Verwaltungspraktikabilität, sondern auch der im Beitragsrecht geltenden typisierenden Betrachtungsweise, auf die Berücksichtigung der Zufälligkeiten einer etwa vorhandenen Bebauung zu verzichten. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts legen diese Ausführungen die Annahme nahe, dass § 39 Abs. 2 S. 4 KAG nicht Fälle meint, in denen die im Verteilungszeitpunkt vorhandene lärmabschirmende Bebauung bereits vor der Planung der Anlage vorhanden war, sondern sich auf solche Fälle beschränken soll, in denen die lärmabschirmende Bebauung in der Zeit nach der Planung der Anlage hinzu gekommen ist, da nur insoweit von Zufälligkeiten gesprochen werden kann, deren Berücksichtigung eine praktikable Abrechnung von Lärmschutzanlagen hindern oder erschweren.

Ein solches einschränkendes Verständnis der Vorschrift deckt sich mit der Interessenlage, die sich hinter dem Erschlossensein als Anknüpfungsmerkmal für die Verteilung des umlagefähigen Erschließungsaufwands verbirgt. Bezogen auf diese Interessenlage lautet die hinter dem Merkmal "erschlossen" stehende Frage, ob es gemessen an den durch die Herstellung einer Anlage ausgelösten Vorteilen gerechtfertigt ist, bestimmte Grundstücke bei einem Vergleich mit den anderen in Betracht kommenden Grundstücken von jeder Belastung mit der Folge freizustellen, dass der Ausfall diesen anderen Grundstücken zuzuschreiben ist (BVerwG, Urt. v. 17.6.1994 - 8 C 24.92 - BVerwGE 96, 116 unter Hinweis auf Weyreuther in: Festschrift für Werner Ernst, S. 519, 531). Stellt man dementsprechend darauf ab, ob die Eigentümer der im Einwirkungsbereich einer Lärmschutzanlage gelegenen Grundstücke nach den bestehenden Verhältnissen schutzwürdig erwarten können, dass auch die Grundstücke, deren Erschlossensein allein wegen des Vorhandenseins einer lärmabschirmenden Bebauung zu verneinen ist, in den Kreis der erschlossenen Grundstücke einbezogen werden und sich so ihre eigene Beitragsbelastung vermindert, so sind auch die Grundstücke als erschlossen anzusehen, auf die der Lärmschutzwall eine merkbare Auswirkung nur deshalb nicht (mehr) hat, weil nach dessen Planung auf den benachbarten Grundstücken eine lärmabschirmende Bebauung entstanden ist. Anders verhält es sich dagegen bei Grundstücken, für die der Lärmschutzwall von vornherein keinen Vorteil bringt, weil sich schon vor dessen Planung auf den benachbarten Grundstücken eine lärmabschirmende Bebauung befunden hat.

Für eine einschränkende Auslegung des § 39 Abs. 2 S. 4 KAG spricht darüber hinaus, dass die Vorschrift andernfalls erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnete. § 39 Abs. 2 S. 4 KAG wird von Driehaus (NVwZ 2005, 1136, 1140) für verfassungswidrig gehalten, da der Landesgesetzgeber mit dieser Regelung anordne, dass bei der Aufwandsverteilung auch Grundstücke zu berücksichtigen seien, zu deren Gunsten im maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragsschulden nicht die abzurechnende Lärmschutzanlage, sondern die zwischen ihr und diesen Grundstücken errichteten Gebäude eine lärmabschirmende Wirkung entfalteten. Da die abzurechnende Lärmschutzanlage solchen Grundstücken keinen beitragsrechtlichen Sondervorteil vermittle, dürfte nach seiner Meinung eine Beitragserhebung kraft Verfassungsrecht ausgeschlossen sein. Soweit es sich um Grundstücke handelt, die wegen einer bereits bei der Planung der Anlage vorhandenen lärmabschirmenden Bebauung nicht auf einen Schutz durch die Anlage angewiesen sind, teilt der Senat diese Bedenken. In den übrigen Fällen, in denen die lärmabschirmende Bebauung erst später hinzu gekommen ist, hält er § 39 Abs. 2 S. 4 KAG dagegen für verfassungsrechtlich unbedenklich.

Die These, die abzurechnende Lärmschutzanlage vermittele solchen Grundstücken keinen beitragsrechtlichen Sondervorteil, die nicht von der Lärmschutzanlage, sondern einem zwischenzeitlich auf einem näher zu der Anlage gelegenen Grundstück errichteten Gebäude gegen die Lärmquelle abgeschirmt werden, ist nur richtig, wenn man auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Herstellung der Erschließungsanlage abstellt, nicht aber, wenn man die Verhältnisse im Zeitpunkt der Planung der Erschließungsanlage betrachtet. Die Maßgeblichkeit des Zeitpunkts der Herstellung der Erschließungsanlage wird vom Bundesverwaltungsgericht mit § 133 Abs. 2 BauGB begründet, der - ebenso wie § 41 Abs. 1 KAG - für das Entstehen der Beitragsschuld auf den Zeitpunkt der Herstellung der Erschließungsanlage abstellt. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts ist diese Regelung zu verallgemeinern, da das Abgabenrecht darauf angewiesen sei, die Prüfung der Voraussetzungen der Abgabenpflicht auf einen bestimmten - generell möglichst geeigneten - Zeitpunkt zu fixieren (BVerwG, Urt. v. 19.8.1988 - 8 C 51.87 - BVerwGE 80, 99; Urt. v. 14.12.1979 - 4 C 23.78 - NJW 1980, 2208). Das ist richtig, bedeutet jedoch nicht, dass der Gesetzgeber daran gehindert ist, für bestimmte Sonderfälle eine hiervon abweichende Regelung zu treffen. Nach Ansicht des Senats lässt sich § 39 Abs. 2 S. 4 KAG so verstehen, dass er eine solche Regelung trifft, d.h. anordnet, dass für die Frage, welchen Grundstücken durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Lärmschutzanlage ein nicht nur vorübergehender Vorteil vermittelt wird, die Verhältnisse im Zeitpunkt der Planung der Anlage maßgebend sein sollen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine solche Anordnung bestehen nicht.

(2) Eine im Verteilungszeitpunkt zwischen Lärmschutzanlage und Grundstücken vorhandene lärmabschirmende Bebauung ist danach nur dann nicht zu berücksichtigen, wenn sie nach der Planung der Anlage entstanden ist. Etwas anderes gilt aber für eine lärmabschirmende Bebauung, die schon im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den die Anlage ausweisenden Bebauungsplan bzw. im Zeitpunkt der einen solchen Plan gemäß § 125 Abs. 2 BauGB ersetzenden planerischen Entscheidung der Gemeinde - vorhanden gewesen ist. Die Antragsgegnerin hat danach bei der Festlegung der durch die Lärmschutzanlage erschlossenen Grundstücke die vorhandene Bebauung zu Unrecht außer Betracht gelassen, soweit diese bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den die Lärmschutzanlage vorsehenden Bebauungsplan existierte. Wie das vom Senat eingeholte Sachverständigengutachten ergibt, hat die Antragsgegnerin infolge dieses Fehlers den Kreis der durch die Lärmschutzanlage erschlossenen Grundstücke unrichtig bestimmt.

Zur Klärung der Frage, welche Grundstücke von der inzwischen erstellten Lärmschutzanlage eine Lärmpegelminderung von mindestens 3 dB(A) erfahren, wenn - anders als in dem von der Antragsgegnerin in Auftrag gegebenen Lärmschutzgutachten vom 13.3.2007 geschehen - die bei der Beschlussfassung über die Änderung des Bebauungsplans "Wiesenweg" vorhandene Bebauung Berücksichtigung findet, hat der Senat ein (weiteres) Sachverständigengutachten eingeholt. Von der angefochtenen Satzung werden insgesamt 50 Grundstücke erfasst. Nach dem vom Senat eingeholten Gutachten vom 2.2.2009 wird auf acht dieser Grundstücke (in allen Geschossen) eine Lärmpegelminderung von weniger als 3 dB(A) bewirkt. Es handelt sich dabei um die Grundstücke Flst.Nrn. xxxxx, xxxxxxx, xxxxxxx, xxxxxx, xxxxxxx, xxxxxxx, xxxxxxxx und xxxxxxxx, welche die Antragsgegnerin somit zu Unrecht in den Geltungsbereich der Satzung einbezogen hat. Das Gutachten hat ferner ergeben, dass bei Berücksichtigung der bei der Planung der Lärmschutzanlage bereits vorhandenen Bebauung über die verbleibenden 42 Grundstücke hinaus drei weitere Grundstücke (Flst.Nr. xxxxxxx, xxxxxx und xxxx) eine Lärmpegelminderung von mehr als 3 dB(A) erfahren, die danach ebenfalls zu den durch die Anlage erschlossenen Grundstücken zählen und somit zu Unrecht nicht in den Geltungsbereich der Satzung einbezogen worden sind.

Die vom Antragsteller in der mündlichen Verhandlung geäußerten Zweifel an der Aussagekraft des Gutachtens sind unbegründet. Die Zweifel stützen sich auf den Umstand, dass schon vor der Beschlussfassung über den die Lärmschutzanlage ausweisenden Bebauungsplan eine ca. 32 m lange private Lärmschutzwand existierte, die von dem damaligen Eigentümer des Grundstücks xxxxxxxxxxx xx errichtet wurde. Die Existenz dieser Lärmschutzwand findet in dem Gutachten - der Fragestellung des Senats entsprechend - keine Berücksichtigung. Das ist zu Recht geschehen. Die angefochtene Satzung hat die Aufgabe, die Grundstücke zu bestimmen, die durch die im Bebauungsplan "Wiesenweg" ausgewiesene Lärmschutzanlage erschlossen werden. Diese Anlage beginnt im Süden an der Einmündung der xxxxxxxxxxxxx xxxxxx und endet im Norden an der Einmündung der xxxxxxxxxxxxxxx und schließt damit auch den von der vorhandenen privaten Lärmschutzanlage erfassten Bereich ein. Ob die Antragsgegnerin bei der Beschlussfassung über den Bebauungsplan die Vorstellung hatte, die vorhandene private Lärmschutzwand solle in die geplante gemeindliche Lärmschutzanlage integriert und damit im Sinn des § 35 Abs. 1 Nr. 3 KAG übernommen werden, oder von der Notwendigkeit einer komplett neuen Lärmschutzanlage und damit von dem Abbruch der privaten Wand ausgegangen ist, kann dabei dahin stehen. Die im Rahmen des vorliegenden Verfahrens allein zu prüfende Frage, welchen Grundstücken durch die geplante und inzwischen realisierte gemeindliche Lärmschutzanlage ein Vorteil vermittelt wird, wird davon nicht beeinflusst.

(3) Die festgestellten Fehler führen zur Gesamtnichtigkeit der angefochtenen Satzung. Soweit die Satzung Grundstücke zu den durch die Lärmschutzanlage erschlossenen Grundstücken zählt, auf denen - bei Berücksichtigung der im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan vorhandenen Bebauung - keine Schallpegelminderung von mindestens 3 dB(A) durch die Lärmschutzanlage bewirkt wird, ist die Satzung zwar nur teilweise rechtswidrig, da dieser Fehler nur die Grundstücke betrifft, die danach zu Unrecht in den Geltungsbereich der Zuordnungssatzung einbezogen wurden, und deshalb der Satzung nicht insgesamt anhaftet. Ob ein solcher auf einzelne Teile einer Satzung beschränkter Fehler zur Gesamtnichtigkeit der Satzung oder nur zur ihrer Teilnichtigkeit führt, hängt nach den dafür in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen davon ab, ob - erstens - die Beschränkung der Nichtigkeit eine mit höherrangigem Recht vereinbare sinnvolle (Rest-) Regelung des Lebenssachverhalts belässt und ob - zweitens - hinreichend sicher ein entsprechender hypothetischer Wille des Normgebers angenommen werden kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.8.2008 - 9 B 40.08 - Juris mwN). Unter beiden Aspekten kann es im vorliegenden Fall keinen Zweifel daran geben, dass der genannte Fehler nur die teilweise Unwirksamkeit der Satzung zur Folge hat.

Anderes verhält es sich jedoch, soweit die Satzung (ferner) deshalb rechtswidrig ist, weil Grundstücke nicht in den Geltungsbereich der Satzung aufgenommen wurden, auf denen ebenfalls eine durch die Lärmschutzanlage bewirkte Schallpegelminderung von mindestens 3 dB(A) zu verzeichnen ist und die danach ebenfalls zu den durch die Anlage erschlossenen Grundstücken rechnen. Dieser Fehler haftet der Satzung insgesamt an und führt deshalb zu deren Gesamtnichtigkeit.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 10.000 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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