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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 14.08.2008
Aktenzeichen: 2 S 1548/08
Rechtsgebiete: BauGB, KAG, AO
Vorschriften:
BauGB § 133 Abs. 3 Satz 2 | |
KAG § 25 Abs. 3 Satz 2 | |
AO § 47 |
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Erschließungsbeitrag
hat der 2. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14. August 2008
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 11.12.2007 werden zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger wenden sich gegen einen Erschließungsbeitragsbescheid.
Die Kläger sind Eigentümer des 688 qm großen Grundstücks Flst. Nr. 276/11. Das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück grenzt nach Nordwesten an die Straße "Rheinblick".
Mit Bescheid vom 9.12.1983 zog die Beklagte die Kläger zu einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag für die auf dem Grundstück Flst.Nr. 260/10 herzustellende Straße "Rheinblick" in Höhe von 12.730,80 DM (6.509,15 €) heran. Der verlangte Betrag wurde von den Klägern nicht geleistet. Da die Beklagte der Meinung war, der Betrag sei fehlerhaft berechnet, wurden von ihr auch keine Versuche zur Beitreibung unternommen.
Nachdem der Gemeinderat der Beklagten in seinen Sitzungen vom 5.5. und 26.5.2003 die endgültige Herstellung der Straße "Rheinblick" und am 5.4.2004 einen weiteren Beschluss über die Rechtmäßigkeit der Planung gefasst hatte, setzte die Beklagte den auf das Grundstück der Kläger entfallenden Erschließungsbeitrag für die erstmalige Herstellung der Straße "Rheinblick" auf 10.708,03 € fest.
Gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 29.12.2005 Widerspruch ein und brachten zur Begründung vor, der Bescheid sei insoweit rechtswidrig, als die wegen Verjährung erloschene Beitragsvorauszahlungsschuld aus dem Bescheid vom 9.12.1983 in Höhe von 6.509,15 € nicht berücksichtigt worden sei. Ebenso wie die Zahlung einer Vorausleistung bewirke auch der Eintritt der Zahlungsverjährung, dass die endgültige Beitragsschuld mit ihrer Entstehung getilgt sei.
Mit Bescheid vom 9.8.2006 wies das Landratsamt Waldshut den Widerspruch der Kläger zurück und führte zur Begründung aus, die Beklagte habe zu Recht den gesamten Erschließungsbeitrag ohne Berücksichtigung von Vorausleistungen zur Zahlung angefordert. Eine Vorausleistung werde ihrem Wesen entsprechend auf eine später entstehende Erschließungsbeitragspflicht entrichtet. Sie tilge deshalb in Höhe des gezahlten Betrages die endgültige Beitragspflicht. Eine Verrechnung setze aber voraus, dass die Vorausleistung nicht nur angefordert, sondern auch tatsächlich erbracht worden sei. Die Vorausleistungsforderung als solche führe auch im Falle der Bestandskraft des Vorausleistungsbescheids nicht zu einer Verrechnung mit der Erschließungsbeitragsforderung. Zu einem anderen Ergebnis könne man allenfalls dann kommen, wenn ein rechtmäßiger Vorausleistungsbescheid ergangen und die durch ihn begründete Vorausleistung nicht durch Zahlung, sondern durch Verjährung erloschen sei. Selbst ein rechtmäßiger Vorausleistungsbescheid wäre aber in seinem Vollzug gehindert gewesen, da die Beklagte die geplante endgültige Herstellung der Straße verschoben und auch die Planung in Absprache mit den Grundstückseigentümern geändert habe. Sei ein Vorausleistungsbescheid noch nicht bezahlt, stelle die fehlende Absehbarkeit ein Vollzugshindernis für den Vorausleistungsbescheid dar. Dieses Hindernis sei erst entfallen, als sich die Beklagte zur alsbaldigen Herstellung entschlossen habe. Dies sei erst im Jahre 2003 geschehen.
Die Kläger haben am 30.8.2006 beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben mit dem Antrag, den Bescheid der Beklagten vom 6.12.2005 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Waldshut insoweit aufzuheben, als der dort festgesetzte Erschließungsbeitrag 4.198,88 € übersteigt, und zur Begründung geltend gemacht: Durch den Vorausleistungsbescheid vom 9.12.1983 sei die Beitragsforderung bereits voll ausgestaltet gewesen und der Lauf der Zahlungsverjährungsfrist in Gang gesetzt worden. Die Schuld aus dem Vorausleistungsbescheid erlösche ebenso wie durch Zahlung auch durch Zahlungsverjährung. Die Verjährung der Vorausleistungsforderung führe deshalb zum Erlöschen der endgültigen Erschließungsbeitragsschuld im Zeitpunkt ihrer Entstehung. Auf die Rechtmäßigkeit des Vorausleistungsbescheids komme es jedenfalls nach Eintritt der Bestandskraft nicht mehr an. Abgesehen davon stehe die Rechtswidrigkeit des Vorausleistungsbescheids keineswegs fest. Zweifelhaft sei bereits, ob die Erschließungsbeitragssatzung aus dem Jahre 1979 tatsächlich nichtig gewesen sei. Die etwaige Nichtigkeit der Satzung führe zudem - anders als bei einem endgültigen Erschließungsbeitragsbescheid - nicht zur Rechtswidrigkeit des Vorausleistungsbescheids, da mit diesem noch keine endgültige Beitragsschuld festgesetzt werde. Aus den Gemeinderatsbeschlüssen vom 26.5.2003 und 5.4.2004 könne auch nicht gefolgert werden, dass der Vollzug des Vorausleistungsbescheids gehemmt gewesen sei.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und erwidert, dass lediglich die tatsächliche Zahlung auf einen Vorausleistungsbescheid mit der endgültigen Erschließungsbeitragsschuld verrechnet werden könne. Mit dem Wesen der Vorausleistung sei es dagegen nicht vereinbar, dass auch deren Zahlungsverjährung zum Erlöschen der endgültigen Erschließungsbeitragsforderung führe.
Das Verwaltungsgericht hat die Klagen mit Urteil vom 11.12.2007 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 6.12.2005 sei rechtmäßig. Der Ansicht der Kläger, dass die festgesetzte Vorausleistung wegen der zuvor eingetretenen Zahlungsverjährung auf den endgültigen Erschließungsbeitrag anzurechnen sei, könne nicht gefolgt werden. Die Kammer habe bereits Zweifel, ob Vorauszahlungen überhaupt Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis im Sinne der §§ 3 Abs. 1 Nr. 5 a KAG, 228 Satz 1 AO seien und damit der Zahlungsverjährung unterlägen. Der Begriff "Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis" sei in den §§ 3 Abs. 1 Nr. 2 b KAG, 37 Abs. 1 AO definiert. Dort sei zwar der Steuer- bzw. Beitragsanspruch genannt, nicht jedoch der Anspruch auf die entsprechenden Vorauszahlungen. Der Vorauszahlungsanspruch könne dem Steuer- bzw. Beitragsanspruch auch nicht ohne weiteres gleichgesetzt werden, da Vorausleistungen auf selbständiger gesetzlicher Grundlage beruhten, von anderen tatbestandlichen Anforderungen abhängig seien und auch nicht zwangsläufig dauerhaft bei der Gemeinde verblieben, sondern eventuell zurückgezahlt werden müssten. Auch die entsprechende Anwendung der §§ 3 Abs. 1 Nr. 2 b KAG, 37 Abs. 1 AO erscheine vor diesem Hintergrund zweifelhaft. Die Frage könne jedoch dahinstehen, da die endgültige Erschließungsbeitragsforderung selbst dann nicht erloschen sei, wenn die mit Bescheid vom 9.12.1983 festgesetzten Vorausleistungen zahlungsverjährt sein sollten. Bereits der Wortlaut des Gesetzes spreche für dieses Ergebnis, da gemäß § 133 Abs. 3 Satz 2 BauGB Vorausleistungen, d.h. tatsächlich erbrachte Zahlungen mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen seien. Eine entsprechende Anrechnungsregelung für den Fall der Zahlungsverjährung sei im Gesetz nicht vorgesehen. Die Argumentation der Kläger, dass ebenso wie die Zahlung auch die Zahlungsverjährung zum Erlöschen der Vorauszahlungsschuld führe, weshalb nicht nur die Zahlung, sondern auch die Zahlungsverjährung zum Erlöschen der endgültigen Erschließungsbeitragsschuld im Zeitpunkt ihrer Entstehung führen müsse, sei nicht schlüssig. Die Kläger übersähen, dass nicht das - wodurch auch immer bewirkte - Erlöschen der Vorausleistungsschuld zum Erlöschen der endgültigen Erschließungsbeitragsschuld führe, sondern erst die tatsächlich erbrachte Vorausleistung. Andernfalls wäre zudem die Anrechnungsregelung in § 133 Abs. 3 Satz 2 BauGB überflüssig. Auch unter Wertungsgesichtspunkten sei die von den Klägern vertretene Auffassung nicht plausibel. Die Vorauszahlungspflicht bewirke eine zusätzliche Belastung gegenüber der endgültigen Erschließungsbeitragspflicht. Verzichte die Gemeinde auf die zwangsweise Durchsetzung einer festgesetzten Vorauszahlung, so erspare sie dem betroffenen Bürger eine über die Festsetzung hinausgehende weitere Belastung. Es sei nicht ersichtlich, wieso der Bürger daraus einen endgültigen Vorteil ableiten solle.
Gegen dieses Urteil richten sich die vom Senat mit Beschluss vom 9.6.2008 wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufungen der Kläger.
Die Kläger machen geltend, bereits die Bestandskraft des Beitragsvorausleistungsbescheids bewirke, dass die endgültige Erschließungsbeitragsforderung im Zeitpunkt ihres Entstehens als im Umfang der geforderten Vorausleistung getilgt sei. Die dem (bestandskräftigen) Vorausleistungsbescheid gesetzlich wesenseigene und von vornherein zugedachte Erfüllung der endgültigen Beitragsschuld verliere dieser nicht durch Eintritt der Zahlungsverjährung. Unstreitig sei, dass ein durch Zahlung erloschener Beitragsvorauszahlungsanspruch die endgültige Erschließungsbeitragsforderung als im Umfang der geforderten Vorauszahlung tilge. Auf der Grundlage der gleichen gesetzlichen Regelung (§ 3 Abs. 1 Ziff. 2 b KAG in Verbindung mit § 47 AO) erlösche ein Vorauszahlungsanspruch auch durch Zahlungsverjährung. Daraus ergebe sich, dass nicht nur ein durch Zahlung sondern auch ein durch Zahlungsverjährung erloschener Vorauszahlungsanspruch die endgültige Erschließungsbeitragsforderung im Umfang der geforderten Vorausleistung tilge. Die Rechtsfolgen des Erlöschens des Anspruchs bei Zahlung und bei Zahlungsverjährung trotz gleicher gesetzlicher Grundlage unterschiedlich zu bestimmen, sei nicht gerechtfertigt.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 11.12.2007 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 6.12.2005 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Waldshut vom 9.8.2006 insoweit aufzuheben, als der dort festgesetzte Erschließungsbeitrag 4.198,88 € übersteigt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Akten der Beklagten sowie auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen der Kläger sind unbegründet. Der Umstand, dass der durch den Bescheid der Beklagten vom 9.12.1983 begründete Anspruch auf Vorausleistung zahlungsverjährt und daher erloschen ist, führt entgegen der Ansicht der Kläger nicht dazu, die endgültige Beitragsforderung der Beklagten im Zeitpunkt ihrer Entstehung als in Höhe der geforderten Vorauszahlung getilgt anzusehen. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen daher zu Recht abgewiesen.
Die Heranziehung der Kläger zu einem Erschließungsbeitrag beruht auf den im vorliegenden Fall gemäß § 49 Abs. 7 S. 2 KAG noch anzuwendenden §§ 131 Abs. 1 S. 1, 133 Abs. 1 S. 1 BauGB in Verbindung mit der Satzung der Beklagten vom 25.2.1991 über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen in der Fassung vom 29.10.2001. Die Rechtmäßigkeit der Satzung wird von den Klägern nicht in Zweifel gezogen. Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids werden von den Klägern auch im Übrigen nur insoweit erhoben, als sie der Meinung sind, dass der durch den Bescheid der Beklagten vom 9.12.1983 begründete Anspruch auf Vorausleistung zahlungsverjährt und daher erloschen sei. Dies habe zur Folge, dass die endgültige Beitragsforderung der Beklagten im Zeitpunkt ihrer Entstehung als in Höhe der geforderten Vorausleistung getilgt anzusehen sei. Dem ist das Verwaltungsgericht zu Recht nicht gefolgt.
1. Das Verwaltungsgericht bezweifelt allerdings zu Unrecht, dass auch der durch einen entsprechenden Bescheid der Gemeinde begründete Anspruch auf eine Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag der Zahlungsverjährung unterfällt.
Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis unterliegen nach § 228 AO einer besonderen Zahlungsverjährung, deren Frist fünf Jahre beträgt. Die Frist beginnt gemäß § 229 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist. Sowohl nach § 3 Abs. 1 Nr. 5 a KAG 2005 als auch nach § 3 Abs. 1 Nr. 5 a KAG in der beim Erlass des Bescheids vom 9.12.1983 geltenden Fassung vom 15.2.1982 (GBl. 1982 S. 57) finden diese Vorschriften auf Kommunalabgaben entsprechende Anwendung. Unter "Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis" sind nach § 37 Abs. 1 AO der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche zu verstehen. Der Anspruch auf Steuervorauszahlungen ist nicht eigens genannt. Daraus kann jedoch entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht hergeleitet werden, dass es sich bei diesem Anspruch nicht um einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis handelt. Die fehlende Erwähnung des Vorauszahlungsanspruchs in § 37 Abs. 1 AO hat ihren Grund vielmehr darin, dass im Bereich der Abgabenordnung in der Vorauszahlungsschuld eine durch die Festsetzung der Jahressteuerschuld auflösend bedingte Steuerschuld gesehen wird (BFH, Urt. v. 13.3.1979 - III R 79/77 - BFHE 127, 550; Kruse in Tipke/Kruse, Komm. zur AO, § 38 Rn. 28 mwN) und der Vorauszahlungsanspruch damit zu den Steueransprüchen gerechnet wird.
2. Mit den Klägern ist deshalb davon auszugehen, dass der mit dem Bescheid der Beklagten vom 9.12.1983 geltend gemachte Anspruch auf Vorausleistung der Zahlungsverjährung unterliegt. Für eine Unterbrechung der Verjährung, die gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 5 a KAG in Verbindung mit § 229 AO mit Ablauf des Jahres 1983 begonnen hat, ist nichts zu erkennen. Aus dem Umstand, dass die Beklagte die geplante endgültige Herstellung der Straße verschoben und die Planung im Einverständnis mit den Grundstückseigentümern geändert hat, folgt entgegen der von der Widerspruchsbehörde geäußerten Ansicht kein Hindernis für die Vollstreckung des mit Ablauf der Widerspruchsfrist bestandskräftig gewordenen Bescheids. Die Verjährung wird davon abgesehen nach § 231 AO nur durch Aussetzung der Vollziehung des Bescheids und nicht durch den Eintritt eines Vollstreckungshindernisses unterbrochen. Der durch den Bescheid der Beklagten vom 9.12.1983 begründete Anspruch auf Vorauszahlung ist danach gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 5 a KAG in Verbindung mit § 228 AO als verjährt anzusehen. Der Eintritt der Verjährung führt nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 b KAG in Verbindung mit § 47 AO zum Erlöschen des Anspruchs.
3. Das Erlöschen des Anspruchs der Beklagten auf Vorausleistung hat jedoch keine Auswirkungen auf die Beitragsschuld der Kläger.
Die Vorausleistung ist begrifflich eine Leistung, die vor Entstehen der endgültigen Erschließungsbeitragspflicht für ein einzelnes Grundstück zur Verrechnung "mit der endgültigen Beitragsschuld" (§ 133 Abs. 3 S. 2 BauGB, § 25 Abs. 3 S. 2 KAG) erbracht wird (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 21 Rn. 3). Die Vorausleistung ist danach dazu bestimmt, die spätere Beitragsforderung der Gemeinde in dem Umfange des Vorausleistungsbetrags zu tilgen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 5.9.1975 - IV CB 75.73 - NJW 1976, 818; Urt. v. 26.1.1996 - 8 C 14.94 - NVwZ-RR 1996, 465) tritt die Tilgungswirkung in dem Zeitpunkt ein, in dem die Erschließungsbeitragspflicht entsteht, also regelmäßig in dem Zeitpunkt, in dem die Anlage im Sinne des § 133 Abs. 2 BauGB endgültig hergestellt ist. Begründet wird dies damit, dass in diesem Zeitpunkt die Beitragsforderung der Gemeinde - schon vor ihrer Geltendmachung durch den Beitragsbescheid - derartig voll als Anspruch ausgestaltet sei, dass sie das Beitragsschuldverhältnis in Bezug auf das Grundstück und gegenüber dem nach § 134 Abs. 1 BauGB Beitragspflichtigen begründe. Sie sei deshalb in diesem Zeitpunkt auch geeignet, durch die Vorausleistung in deren Umfange getilgt zu werden, so dass damit die der Vorausleistung gesetzlich wesenseigene und von vornherein zugedachte Erfüllungswirkung eintrete. Die Tatsache der Vorausleistung wirke sich im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht nicht anders aus, als es für eine in diesem Zeitpunkt erfolgende Leistung zuträfe: Ihre Erfüllungswirkung sei nur so lange aufgeschoben gewesen, wie es noch an dem Beitragsanspruch gefehlt habe, zu dessen Erfüllung sie letztlich dienen sollte.
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, führt danach nicht das Erlöschen der Vorausleistungsforderung, sondern die mit einer tatsächlich erbrachten Vorausleistung verbundene, auf den Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht hinausgeschobene Erfüllungswirkung zur Tilgung und damit zum Erlöschen des Beitragsanspruchs. Zu der Annahme, das Erlöschen der Vorausleistungsforderung in Folge des Eintritts von Zahlungsverjährung bewirke ebenso wie eine tatsächlich erbrachte Vorausleistung, dass die Beitragspflicht im Zeitpunkt ihres Entstehens als getilgt anzusehen sei, gibt es hiervon ausgehend keinen Grund (a. M. offenbar Driehaus, aaO, Rn. 36).
Zur Begründung seiner Auffassung hat das Verwaltungsgericht ferner angeführt, dass es auch unter Wertungsgesichtspunkten nicht gerechtfertigt sei, das Erlöschen der Vorausleistungsforderung nach Eintritt der Zahlungsverjährung einer tatsächlich erbrachten Vorausleistung gleich zu stellen. Auch dem ist zuzustimmen. Die Verrechnung einer tatsächlich erbrachten Vorausleistung mit der endgültigen Beitragsschuld entspricht dem Wesen der Vorausleistung und leuchtet auch vom Ergebnis her ohne weiteres ein. Nicht einsichtig ist dagegen, weshalb eine zwar angeforderte, aber tatsächlich nicht erbrachte Vorausleistung ebenfalls mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen sein sollte, sofern die Gemeinde es versäumt hat, den Anspruch auf die Vorausleistung rechtzeitig durchzusetzen und der Anspruch deshalb inzwischen verjährt ist. Ein solches Ergebnis wäre auch den übrigen Beitragsschuldnern, die den auf ihr Grundstück entfallenden Beitrag in voller Höhe zu entrichten haben, kaum zu vermitteln. Ein schutzwürdiges Vertrauen des Beitragsschuldners auf eine andere Handhabung ist nicht zu erkennen. Nach Ablauf der Zahlungsverjährungsfrist steht fest, dass der Beitragsschuldner die von ihm geforderte Vorausleistung nicht zu erbringen hat und ihm damit die mit einer solchen Leistung verbundenen Zinsnachteile erspart bleiben. Ein hierüber hinausgehendes Vertrauen, die angeforderte Vorausleistung auf die die spätere Beitragsforderung angerechnet zu bekommen, wird hierdurch nicht begründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und 159 S. 2 VwGO, die Zulassung der Revision auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Frage, ob das Erlöschen der durch einen Vorausleistungsbescheid begründeten Forderung durch Eintritt der Zahlungsverjährung bewirkt, dass die Erschließungsbeitragsforderung im Zeitpunkt ihres Entstehens als im Umfang der geforderten Vorausleistung getilgt anzusehen ist, hat grundsätzliche Bedeutung.
Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.509,15 € festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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