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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 29.03.2001
Aktenzeichen: 2 S 1565/00
Rechtsgebiete: GG, WV, SchwbG, SchwbAV


Vorschriften:

GG Art. 3
GG Art. 140
WV Art. 137
SchwbG § 1
SchwbG § 7
SchwbG § 31 Abs. 1
SchwbAV § 19
Einer Schwerbehinderten, die als ordinierte Geistliche einer evangelischen Landeskirche tätig ist, stehen wegen der (staatskirchenrechtlichen) Besonderheiten dieses "Dienstverhältnisses" mit der Kirche keine Ansprüche auf ihre Betätigungsstelle fördernde Hilfen im Arbeits- und Berufsleben nach dem Schwerbehindertengesetz zu.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

2 S 1565/00

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Hilfen im Arbeits- und Berufsleben nach dem SchwbG

hat der 2. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Semler, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Vogel und die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schmitt-Siebert auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 29. März 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. Juni 1999 - 8 K 244/98 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt als Schwerbehinderte von der Beklagten begleitende Hilfe. Sie ist seit 1981 als Pfarrvikarin im Dienste der Beigeladenen und dort seit 1992 voll beschäftigt.

Mit Anträge vom 18.11.1986, 2.4.1997 und 23.6.1997 begehrte die Klägerin vom Beklagten begleitende Hilfe im Arbeits- und Berufsleben und Hilfe zur Teilnahme an Maßnahmen zur Erhaltung und Erweiterung beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten, Kostenerstattung für technische Modernisierung einer blindengeeigneten PC-Anlage, für die Reparatur des Brailledruckers und für die Teilnahme an einem berufsbezogenen Seminar. Diese Anträge lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15.9.1997 unter Hinweis darauf ab, dass die Klägerin als Geistliche keinen Arbeitsplatz im Sinne des Schwerbehindertengesetzes innehabe. Daher könnten auch keine Leistungen an sie erfolgen.

Den hiergegen von der Klägerin erhobenen Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss der Hauptfürsorgestelle der Beklagten durch Bescheid vom 12.12.1997 zurück.

Am 16.1.1998 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorgebracht hat, dass die Mittel der Ausgleichsabgabe, die für die begehrten Leistungen herangezogen werden könnten, allen schwerbehinderten Beschäftigten, die vom Schutzbereich des Gesetzes erfasst seien, zu Gute käme. Da die Ausstattung ihres Arbeitsplatzes mit einer für sie geeigneten PC-Anlage zu für den Arbeitgeber unzumutbaren finanziellen Aufwendungen führten, müsse der Beklagte in Anspruch genommen werden, weil anderenfalls ihr die Ausübung des Berufs unzumutbar erschwert oder gar unmöglich gemacht werde.

Dem Antrag der Klägerin, den Bescheid der Hauptfürsorgestelle vom 15.9.1997 und deren Widerspruchsbescheid vom 12.12.1997 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über ihren Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, ist die Beklagte entgegengetreten. Sie hat vorgetragen, dass es bereits an der Zuständigkeit der Hauptfürsorgestelle fehle, da es sich bei der Stelle der Klägerin nicht um einen Arbeitsplatz handele, der von der Geltung des Schwerbehindertengesetzes erfasst werde.

Nach Beiladung der Evangelischen Landeskirche zum Verfahren hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 14.6.1999 der Klage stattgegeben und dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das Schwerbehindertengesetz hier entgegen der Auffassung des Beklagten den Anspruch der Klägerin nicht ausschließe. Sie gehöre unstreitig zu den Schwerbehinderten im Sinne von § 1 dieses Gesetzes und erfülle auch im Übrigen die Leistungsvoraussetzungen. Ein Leistungsausschluss sei insbesondere nicht mit Blick darauf begründet, dass die Klägerin als Geistliche beschäftigt sei. Damit gelte ihr Arbeitsplatz zwar nicht als ein solcher im Sinne von § 7 Abs. 2 SchwbG, er sei aber ein solcher im Sinne von Absatz 1 dieser Bestimmung. Auch Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung müsse dazu führen, dass die Klägerin davon erfasst sei. Es gehe nämlich um die Eingliederung von Schwerbehinderten, die das Gesetz durch eine Vielzahl unterschiedlicher Maßnahmen sicherstelle, die sich entweder an den Schwerbehinderten selbst richteten oder an den Arbeitgeber von Schwerbehinderten oder an Dritte. Auch bei Leistungen an Arbeitgeber oder an Dritte stehe der Schwerbehinderte selbst im Mittelpunkt, um dessen Nachteilsausgleich es gehe, und nicht etwa das Interesse des Arbeitgebers oder des Einrichtungsträgers. Diese Zielsetzung werde auch dort erreicht, wo Schwerbehinderte auf Arbeitsplätzen im Sinne von § 7 Abs. 2 SchwbG beschäftigt und beruflich integriert würden. Beschäftige etwa die Religionsgemeinschaft schwerbehinderte Geistliche, so trage dies dem Schutz- und Integrationsanliegen des Schwerbehindertenrechts unbeschadet der Privilegierung solcher Arbeitgeber genauso Rechnung, wie dies bei bestehender Beschäftigungspflicht der Fall wäre. Gründe, die eine sachliche Differenzierung der beiden Sachverhalte zum Nachteil des Schwerbehinderten rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich. Deshalb sei es rechtlich nicht geboten, den Schwerbehinderten von Leistungen auszuschließen, nur weil sein Arbeitgeber im Hinblick auf seinen Arbeitsplatz auch dem Grunde nach nicht zur Ausgleichsabgabe herangezogen werden könne. Vielmehr trage es der vom Bundesverfassungsgericht hervorgehobenen Funktion der Ausgleichsabgabe besonders Rechnung, wenn Schwerbehinderte auf Arbeitsplätzen, die außerhalb der gesetzlichen Verpflichtung geschaffen worden seien, ebenfalls aus den zweckgebundenen Mitteln der Ausgleichsabgabe Vorteile erhalten könnten. Die sogenannte Antriebsfunktion solle Arbeitgeber anhalten, Schwerbehinderte einzustellen, und dieser Anreiz könne nicht nur durch die Vermeidung der sonst zu bezahlenden Ausgleichsabgabe geschaffen werden. Die Ausgleichsfunktion solle die Belastung zwischen Arbeitgebern, die ihrer Verpflichtung genügen, und solchen, die die Beschäftigungspflicht nicht erfüllten, ausgleichen und dieser Ausgleich könne auch die spezifischen Belastungen des nichtbeschäftigungspflichtigen Arbeitgebers von Behinderten vermindern. Solche Belastungen ergäben sich etwa aus der Pflicht des Arbeitgebers, Arbeitsplätze für Schwerbehinderte mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen auszustatten, soweit ihm dies zuzumuten und die Durchführung nicht mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden sei. Auch sehe das Gesetz besondere Förderungsmöglichkeiten aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Arbeitgeber vor, die Schwerbehinderte ohne gesetzliche Verpflichtung oder über die gesetzliche Verpflichtung hinaus beschäftigten. Damit solle eine Benachteiligung von Arbeitgebern verhindert werden, die über die Verpflichtung hinaus Schwerbehinderte beschäftigten. Umgekehrt sollten solche Arbeitgeber, die die Beschäftigungspflicht nicht oder nicht in vollem Umfange erfüllten, nur ganz ausnahmsweise in den Genuss solcher Förderungsleistungen kommen. Dasselbe habe auch im Rahmen der Hilfe- und Leistungsmöglichkeiten zu gelten, wie sie hier in Rede stünden. Das vom Beklagten angeführte Urteil des erkennenden Gerichtshofs stehe dem nicht entgegen. Stehe dementsprechend fest, dass der Beklagte nicht gehindert sei, über die Anträge der Klägerin auf technische Arbeitshilfen und weitere berufliche Qualifikation zu entscheiden, entspreche dem ein subjektiver Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens.

Gegen das ihm am 9.7.1999 zugestellte Urteil hat der Beklagte die durch den Beschluss des Senats vom 17.7.2000 zugelassene Berufung eingelegt, zu deren Begründung er im Wesentlichen darauf abhebt, dass die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts mit Sinn und Zweck des Schwerbehindertengesetzes nicht in Einklang stehe. § 7 Abs. 1 SchwbG spreche von dem Arbeitsplatz im Sinne dieses Gesetzes und umschreibe daher allgemeingültig diesen Begriff. Da die Klägerin daher keinen Arbeitsplatz im Sinne dieser Vorschrift habe, scheide auch ein Anspruch insgesamt aus. Das Urteil verkenne überdies den Zusammenhang zwischen der Beschäftigungspflicht nach § 5 und der Ausgleichsabgabe nach § 11 SchwbG einerseits und der begleitenden Hilfe im Arbeits- und Berufsleben andererseits. Die Mittel seien nur von denjenigen Arbeitgebern aufzubringen, die ihrer Beschäftigungspflicht nicht oder nicht ausreichend nachkämen. Demzufolge seien nur solche Arbeitsplätze förderungswürdig, mit denen der Arbeitgeber auch seiner Beschäftigungspflicht nachkomme. Die Mittel der Ausgleichsabgabe seien demnach so einzusetzen, dass sie dem gleichen Zweck dienten, wegen dessen Nichterfüllung sie anderenfalls gezahlt werden müssten. Abgesehen davon verkenne das Verwaltungsgericht auch die verfassungsrechtliche Sonderstellung eines kirchlichen Arbeitgebers, wie er in § 7 SchwbG seinen Ausdruck finde. Damit sei der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass auf kirchliche Arbeitgeber das Schwerbehindertengesetz keine Anwendung finden sollte, soweit es sich um dort angesprochene Personen handele. Weder die Beschäftigungspflicht noch die Pflicht zur Leistung der Ausgleichsabgabe, aber auch nicht die Regelung des besonderen Kündigungsschutzes fänden dementsprechend auf Kirchen Anwendung. Gleiches müsse für die in Rede stehenden begleitenden Hilfen im Arbeits- und Berufsleben gelten. Abgesehen davon überzeugten auch die Argumente des Verwaltungsgerichts im einzelnen nicht.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25.6.1999 - 8 K 244/98 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Die Beigeladene beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt im Wesentlichen die Ansicht, dass bei jeder Vorschrift des Schwerbehindertengesetzes und der hierzu ergangenen Durchführungsverordnungen jeweils im Einzelfall zu ermitteln sei, ob darin der Arbeitsplatzbegriff im Rechtssinne oder aber im technisch-funktionalen Sinne (d.h. im Sinne des tatsächlichen Arbeitsortes) gebraucht werde. Auf den Letzteren seien in jedem Falle aber auch schwerbehinderte Geistliche im Kirchendienst beschäftigt. Da auch Geistliche demnach von ihren Kirchen in gleicher Weise wie in Erfüllung der Beschäftigungspflicht ins Erwerbsleben eingegliedert seien, könnten sie als schwerbehinderte Arbeitnehmer auch Mittel aus der Ausgleichsabgabe beanspruchen. Diese Mittel dienten, auch wenn sie Geistlichen zugewendet würden, ohne weiteres dem der Ausgleichsabgabe innewohnenden Schutzzweck und entfalteten ihre Anreiz- und Ausgleichsfunktion. Eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung schwerbehinderter Geistlicher entstünde dann, wenn die Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes, in denen der Begriff Arbeitsplatz im Sinne eines tatsächlichen Arbeitsortes verwendet würde, keine Geltung mehr für Geistliche besitzen würden. Nur die Auslegung des Verwaltungsgerichts ermögliche es nach allem, dem Sinn des Gesetzes, umfassenden Schutz aller Schwerbehinderter und deren bestmögliche Eingliederung in das Erwerbsleben zu ermöglichen, Rechnung zu tragen.

Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Beklagten und die des Verwaltungsgerichts vor. Auf diese Unterlagen und auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten, über die der Senat in dessen Abwesenheit und in Abwesenheit der Beigeladenen nach §§ 125 Abs. 1, 102 Abs. 2 VwGO entscheiden durfte, ist zulässig und auch begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der zulässigen Klage der Klägerin nicht stattgeben dürfen. Sie hat nämlich keinen Anspruch auf erneute Bescheidung ihres Antrags auf begleitende Hilfe im Arbeits- und Berufsleben (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Als Anspruchsgrundlage ist § 31 Abs. 3 Nr. 1 a des Gesetzes zur Sicherung der Eingliederung Shwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (Schwerbehindertengesetz - SchwbG - i.d.F. der Bekanntmachung vom 26.8.1998 (BGBl. I S. 1421, 1550, zuletzt geändert durch 3. StatBerG vom 19.12.1997, BGBl. I S 3158) in Betracht zu ziehen. Danach kann die Hauptfürsorgestelle (HFS) im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für begleitende Hilfe im Arbeits- und Berufsleben aus den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln auch Geldleistungen gewähren, insbesondere 1. an Schwerbehinderte für technische Hilfe (Buchst a). Deren Höhe, über die die HFS in eigener Zuständigkeit selbst entscheidet (Neumann/Pahlen, SchwbG, Erl. 2 zu § 31), richtet sich nach § 19 der Zweiten Verordnung zur Durchführung des Schwerbehindertengesetzes (Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung - SchwbAV - vom 28.3.1988 (BGBl. I S. 484) zuletzt geändert durch das Rentenreformgesetz vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2998).

Die Leistung, die die Klägerin (und nicht ihr Arbeitgeber) erhalten will, ist die in § 31SchwbG geregelte begleitende Hilfe. Sie sieht der Gesetzgeber als unabhängig von der Erhebung und Verwendung der Ausgleichsabgabe zu erbringende besondere Aufgabenerfüllung an, wie § 31 Abs. 1 Nr. 1 und 3 SchwbG verdeutlicht. Die begleitende Hilfe im Arbeits- und Berufsleben erfasst dabei Bereiche, die, wie der Leistungskatalog in § 31 Abs. 3 Nr. 1 SchwbG verdeutlicht, nicht arbeitsplatzbezogen sind und bis zur Hilfe "in besonderen behinderungsbedingten Lebenslagen" reicht. Dies rechtfertigt indes nicht die Annahme des Verwaltungsgerichts, das Vorliegen eines Arbeitsplatzes werde vom Gesetz nicht gefordert, da es nicht ausdrücklich normiert sei. Damit wird nämlich dem Begriff der technischen Hilfe, um die es hier geht, nicht vollständig Rechnung getragen. Jene wird dem Grunde nach in § 31 Abs. 1 Nr. 3 SchwbG als begleitende Hilfe im Arbeits- und Berufsleben angesprochen und näher in Abs. 3 dieser Bestimmung als Aufgabe der Hauptfürsorgestelle beschrieben. Auch § 14 Abs. 1 Nr. 2 SchwbAV spricht von Leistungen zur begleitenden Hilfe im Arbeits- und Berufsleben und regelt in § 19 entsprechend die Beschaffung technischer "Arbeitsmittel". Der Normzusammenhang verdeutlicht, dass die Hilfe jedenfalls in diesem Zusammenhang der begleitenden Hilfe typischerweise arbeitsplatzgebunden sein muss (dazu Neumann/Pahlen, SchwbG, § 19 SchwbAV m.w.N.). Auch die konkreten technischen Arbeitsmittel können nur dann in Blick genommen werden, wenn es um die Ausgestaltung eines konkreten Arbeitsplatzes (auch im weiteren Verständnis des Arbeitsortes) geht. Dies folgt auch daraus, dass der Beginn der Hilfe erst erfolgen soll, wenn Maßnahmen der Arbeits- und Berufsförderung abgeschlossen und der Betroffene in Arbeit vermittelt ist. In diesem Sinne kann vom Abschluss der Förderungsmaßnahmen (etwa auch durch den Träger der Rehabilitation) und der Sicherung eines Arbeitsplatzes erst dann gesprochen werden, wenn u.a. der Behinderte auf einen dauerhaften Arbeitsplatz vermittelt worden ist (dazu Wiegand, SchwbG, Juni 2000, § 31 Rdnr. 23 ff. m.w.N.). Voraussetzung für die angesprochene begleitende Hilfe ist daher einmal, dass der Betroffene auf einem Arbeitsplatz beschäftigt ist (oder beschäftigt werden soll), da es um die Hilfe für Berufs- bzw. Arbeitsleben geht, und zum anderen, dass dieser Arbeitsplatz von der Geltung des Schwerbehindertengesetzes umfasst ist (in diesem Sinne auch BVerwG, Urteil vom 8.3.1999 - 5 C 5.98 -, NDV-RD 1999, 72). Dies ist indes hier nicht der Fall.

Nach dem hier maßgeblichen § 7 Abs. 1 SchwbG sind Arbeitsplätze im Sinne dieses Gesetzes alle Stellen, auf denen Arbeiter, Angestellte, Beamte, Richter sowie Auszubildende und andere zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte beschäftigt sind. In Abs. 2 Nr. 2 dieser Bestimmung ist festgelegt, dass nicht als Arbeitsplätze Stellen gelten, auf denen u.a. Geistliche öffentlich-rechtlicher Religionsgesellschaften beschäftigt werden.

Zwischen den Beteiligten ist nicht im Streit, dass die Klägerin schwerbehindert im Sinne von § 3 SchwbG ist und sie auf einer Stelle beschäftigt ist, die nach der Bestimmung in § 7 Abs. 2 Nr. 2 SchwbG nicht als Arbeitsplatz gilt, da die Klägerin zu den dort ausdrücklich angesprochenen Geistlichen gehört. Streitig ist indes, ob - wovon die Klägerin und das Verwaltungsgericht ausgehen - sich die Aussage darin erschöpft, Geistliche von der für die Beschäftigungspflicht maßgeblichen Zählung der Arbeitsplätze auszuschließen oder ob - wie der Beklagte geltend macht - Geistliche in den Diensten einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft grundsätzlich einen Arbeitsplatz nicht innehaben und sie deshalb auch von einer Förderung auf der Grundlage des Schwerbehindertengesetzes ausgeschlossen sind.

Ob die Klägerin schon keinen "Arbeitsplatz" innehat, weil § 7 Abs. 1 SchwbG für das ganze Schwerbehindertengesetz den Begriff des Arbeitsplatzes festlegt - die Bestimmung also nicht nur als Anrechnungsregelung im Rahmen der Beschäftigungspflicht oder der Mindestzahl der Arbeitsplätze von Bedeutung ist - und von daher auch begleitende Hilfe nicht in Betracht kommt, ist streitig und erschließt sich auch nicht ohne weiteres aus dem Zusammenhang von Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 des § 7 SchwbG. Auch ein weites Begriffsverständnis setzt aber jedenfalls voraus, dass der betroffene Schwerbehinderte von dem Geltungsbereich des Gesetzes erfasst wird, soweit es um Leistungen hinsichtlich des Arbeitsplatzes geht, wie dies § 1 SchwbG verdeutlicht, der § 7 Abs. 1 des Gesetzes ausdrücklich in Bezug nimmt. Wenn § 7 Abs. 1 SchwbG von dem "beschäftigten" Betroffenen ausgeht, wird darin deutlich, dass es auf die Betrachtung jedenfalls dieses Beschäftigungsverhältnisses ankommt, in dessen Rahmen der Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Vorausgesetzt ist dabei, dass der Betreffende Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne ist (vgl. dazu auch hier BVerwG, Urteil vom 8.3.1999 - 5 C 5.98 -, aaO). Letztlich die Auffassung des Beklagten stützender Anhalt bietet daher hier die rechtliche Stellung der Klägerin im Rahmen ihres Beschäftigungsverhältnisses mit der Beigeladenen: Die Klägerin als Geistliche einer der Hauptkirchen wird nicht auf einem "Arbeitsplatz" i.S.v. § 7 Abs. 1 SchwbG beschäftigt.

Das kirchliche Dienst- und Arbeitsrecht ist verfassungsrechtlich verankert (zur Inkorporation des staatskirchenrechtlichen Teils der Weimarer Verfassung - Art. 137, 140 WV - in das Grundgesetz BVerfGE 19, 206, 219). Es ist, wie Art. 137 Abs. 2 WV belegt, durch eine strikte Trennung von Staat und Kirche gekennzeichnet. Dabei werden das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen garantiert und die Religionsgesellschaften als dienstherrenfähige Körperschaften anerkannt (Abs. 3 und 5 des Art. 137 WV). Von daher ist die gesetzliche Regelung in § 7 Abs. 2 Nr. 2 SchwbG folgerichtig, wenn sie zu einem Zählausschluss für Geistliche führt. Ihr liegt aber auch die gesetzgeberische Erwägung zugrunde, dass das geistliche Amt keine Stelle ist, auf der ein Geistlicher als Arbeitnehmer oder Beamten beschäftigt wird, er also letztlich auch nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht (MünchArbR, 2. Aufl., Richardi, § 193 Rdnr. 13 m.N.).

Vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund des Art. 137 WV ist aber dann auch nach Auffassung des Senats davon auszugehen, dass das so vorgeprägte "Beschäftigungsverhältnis" für die Begriffsbestimmung "Arbeitsplatz" im Übrigen (also nicht nur für die anrechenbaren Arbeitsplätze) bedeutsam ist. Dieses Verhältnis ist - auch im Falle der Klägerin - anerkanntermaßen nicht als privatrechtliches Arbeitsverhältnis einzuordnen mit der Folge, dass die angesprochenen Geistlichen auch keine Arbeitnehmer sind (dazu Großmann, SchwbG, § 7 Rdnrn. 14 ff.; v. Campenhausen in: Achterberg u.a., Recht und Staat im sozialen Wandel, Festschrift für Scupin, 1983, S. 709 ff., 715 und Rüthers in: Hanau u.a., Festschrift für W. Herschel, 1982, S. 351 ff., 357; in diesem Sinne auch Richardi, aaO).

Ob die genannten Geistlichen auch als den Beamten gleichgestellt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 SchwbG) angesehen werden könnten, da sie in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen, ist streitig (dazu v. Campenhausen, aaO, und Rüthers, aaO, S. 358), bedarf hier aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn § 7 Abs. 1 SchwbG erfasst allgemeiner Auffassung nach lediglich Beamte im staatsrechtlichen (bzw. dienstrechtlichen) Sinn (dazu Großmann, SchwbG § 7 Rdnr. 7 und 118 a.E.), zu denen die Klägerin nicht gehört. Dies folgt auch daraus, dass dann, wenn die Kirche von ihrer Befugnis, Beamte zu ernennen, Gebrauch macht, nicht das Arbeitsrecht sondern ausschließlich die einschlägige kirchliche Ordnung Anwendung findet (Richardi, aaO, § 192 Rdnr. 16 m.N.).

Werden allerdings Geistliche auf Stellen beschäftigt, die kirchenrechtlich keine Zugehörigkeit zum geistlichen Stand voraussetzen, so handelt es sich auch mit Blick auf die großen Religionsgemeinschaften um Arbeitsplätze i.S.v. § 7 Abs. 1 SchwbG (so Großmann, aaO, Rdnr. 119 a.E. m.w.N.). Dem entspricht umgekehrt, dass ein Geistlicher, der in einem besonderen Dienstverhältnis zu einer Kirche steht und von ihr mit einem kirchlichen Amt betraut ist, nicht in einem Arbeitsverhältnis tätig wird (Richardi, aaO, § 192 Rdnr. 13 m.N.). Kennzeichnend ist in diesem Zusammenhang also die Ausgestaltung des Arbeits- bzw. Dienstverhältnisses gerade unter der Voraussetzung, dass es die Zuordnung der Aufgabenerfüllung zum geistlichen Amt zum Inhalt hat (dazu auch Richardi, aaO, § 193 Rdnr. 17 ff. m.w.N.).

Unter diesen Voraussetzungen hat die Klägerin entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts keinen "Arbeitsplatz" im Sinne von Abs. 1 des § 7 und § 1 SchwbG. Ihre Tätigkeit im Rahmen der Landeskirche setzt ihre Zugehörigkeit zum geistlichen Stand voraus, jedenfalls was ihre Tätigkeit als Pfarrvikarin betrifft, in deren Rahmen sie ganz überwiegend theologische Aufgaben erfüllt. Der Inhalt ihres Beschäftigungsverhältnisses wird also zuvörderst von ihrer Pflichtenstellung als Geistlicher bestimmt. Dass sie daneben - etwa im Rahmen der Kirchenmusik - auch andere Aufgaben wahrnimmt, ist ersichtlich zum einen vom Umfang her nicht prägend und nimmt sie zum anderen auch in diesem Betätigungsrahmen nicht von ihrem geistlichen Amt aus (vgl. dazu auch Richardi, aaO, § 193 Rdnr. 18).

Die genannte verfassungsrechtlich begründete Sonderstellung der Kirchen, wie sie durch die genannte Trennung vom Staat, ihrem Selbstbestimmungsrecht und ihre im Bereich des Kirchenamtes bestehende Autonomie gekennzeichnet ist, ist auch sachlich tragender Grund für eine Nichtberücksichtigung der Geistlichen nicht nur beim Zählausschluss des § 7 Abs. 2 Nr. 2 SchwbG, sondern auch bei der Frage, ob sie auf einem Arbeitsplatz im Sinne von §§ 1, 7 Abs. 1 SchwbG beschäftigt sind. Dementsprechend ist der Beigeladenen nicht zu folgen, wenn sie meint, das dargelegte Verständnis der Bestimmung in § 7 Abs. 1 SchwbG führe zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aus Art. 3 GG.

Ob nach allem die begleitende Hilfe für die Klägerin auch deshalb nicht in Betracht kommen kann, weil diese Hilfe aus durch die aus der Ausgleichsabgabe kommende Mittel finanziert wird, zu denen der Dienstherr der Klägerin einen Beitrag nicht leistet, bedarf nach allem keiner Entscheidung mehr (vgl. in diesem Zusammenhang VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.8.1987 - 6 S 943/86 -).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3, 188 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Ende der Entscheidung

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