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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 03.05.2007
Aktenzeichen: 2 S 1842/06
Rechtsgebiete: KAG


Vorschriften:

KAG § 20 Abs. 1 Satz 1 (F. 2005)
Zum Vorteil, der aus der Möglichkeit des Anschlusses eines Grundstücks an die öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlagen entsteht.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

2 S 1842/06

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Abwasserbeitrag;

hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

hat der 2. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg

am 3. Mai 2007

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Juli 2006 - 2 K 1296/06 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 823,57 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde der Antragsteller kann keinen Erfolg haben. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs und einer nachfolgenden Klage gegen den Abwasserbeitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 17.11.2005 abgelehnt.

Zwar ist der Antrag - wie dies das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - statthaft und auch im Übrigen zulässig (vgl. dazu § 80 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1, 5 und 6 VwGO). Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

Nach der Rechtsprechung des Senats hängt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs oder einer Klage davon ab, ob nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bestehen (§ 80 Abs. 5 S. 1 i.V.m. Abs. 4 S. 3 1. HS VwGO). Solche Zweifel sind nur dann anzunehmen, wenn ein Erfolg von Rechtsbehelf oder Klage wahrscheinlicher als deren Misserfolg ist, wobei ein lediglich als offen erscheinender Verfahrensausgang die Anordnung nicht trägt (vgl. etwa Beschluss vom 18.8.1997 - 2 S 1518/97 -, m.w.N.). Letzteres ist deshalb gerechtfertigt, weil der Verfahrensausgang die gebotene Interessenabwägung dann nicht steuern kann, während andererseits die vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO die sofortige Vollziehung trägt (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 10.10.2003, NVwZ 2004, 93).

Ferner ist nach dem Rechtsgedanken des § 80 Abs. 4 S. 3 2. HS VwGO die aufschiebende Wirkung auch dann anzuordnen, wenn die Vollziehung für den Abgabenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Solches wäre nur anzunehmen, wenn den Antragstellern durch die sofortige Vollziehung wirtschaftliche Nachteile drohten, die über die eigentliche Zahlung hinausgingen und nicht bzw. kaum wieder gut zu machen wären, weil z.B. die Zahlung zum Konkurs- oder zur Existenzvernichtung führen würde (vgl. hierzu BFH, Beschluss. vom 31.1.1967, NJW 1967, 1440). Dass die genannten Voraussetzungen bei ihnen erfüllt sind, haben die Antragsteller nicht dargetan. Die Begründung der Beschwerde enthält insoweit nur routinemäßige Floskeln ohne substantiierte Angaben, die die Voraussetzungen des § 80 Abs. 4 S. 3 2. HS VwGO als erfüllt erscheinen lassen können. Die Behauptung, sie müssten, um die geforderten Zahlungen zu leisten, Vermögenswerte veräußern oder aber in unzumutbarer Weise einen Kredit aufnehmen, ist nicht näher substantiiert. Die Antragsteller hätten diese Angaben durch nähere nachprüfbare Tatsachen gestützt, wenn das möglich gewesen wäre.

Dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beitragsbescheids bestehen könnten, ist nicht erkennbar.

Die Antragsgegnerin dürfte mit dem angefochtenen Beitragsbescheid nicht gegen den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung verstoßen haben. Denn Gegenstand des Abwasserbeitragsbescheids vom 15.10.1991 war - wie die Antragsteller nicht verkennen - eine parzellenscharf abgegrenzte Teilfläche auf die sich die hier streitige Beitragsveranlagung nicht erneut bezieht (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 15.7.1996 - 2 S 573/96 -).

Zweifel an der beitragsrechtlich relevanten Nutzbarkeit der streitigen Teilflächen folgen nicht aus der Höhendifferenz zwischen diesen Flächen und dem öffentlichen Abwasserkanal von 1 bis 2 m. Dies dürfte schon deshalb gelten, weil die anzuschließenden Flächen nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragsgegnerin höher als der Kanal liegen und deshalb die Annahme nahe liegt, die dort anfallenden Abwässer könnten ohne technische Hilfsmittel in freiem Gefälle in den öffentlichen Kanalstrang eingeleitet werden.

Im Übrigen entspricht § 17 Abs. 2 der Abwassersatzung der Antragsgegnerin i.d.F.v. 1.2.1986, wonach die Gemeinde vom (Grundstücks)Eigentümer im Einzelfall den Einbau und den Betrieb einer Abwasserhebeanlage verlangen kann, wenn dies für die Ableitung des Abwassers notwendig ist, dem allgemein anerkannten Grundsatz, dass die Grundstückseigentümer sämtliche Kosten für die Herstellung und Unterhaltung der Hausanschlüsse einschließlich etwaiger dabei entstehender Aufwendungen für technische Vorrichtungen, die für die Ableitung von Wasser von den Grundstücken in den öffentlichen Kanal nötig sind, zu tragen haben. Dies ergibt sich aus dem Wesen des Beitrags im Sinne von § 20 Abs.1 KAG n.F (vgl. zum Wesen des Beitrags nach der Vorgängervorschrift des § 10 KAG Abs. 1 a.F.: Senatsurteile vom 5.12.1979 - II 519/79 -, vom 16.3.1984 - 2 S 279/83 -, BWGZ 1984, 480 und vom 19.10.2006 - 2 S 705/04 -). Nach dieser Vorschrift werden Anschlussbeiträge von Grundstückseigentümern erhoben, denen durch die Möglichkeit des Anschlusses ihres Grundstücks an öffentliche Einrichtungen Vorteile geboten werden. Diese Anschlussmöglichkeit erhöht den Gebrauchs- und Nutzungswert eines Grundstücks, der wesentlich davon abhängt, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang es baulich in zulässiger Weise nutzbar ist (Senatsurteil vom 12.12.1985, VBlBW 1986, 182). Dementsprechend folgt der beitragsrechtliche Vorteil in erster Linie daraus, dass die sowohl bauplanungs-als auch bauordnungsrechtlich für die Bebauung eines Grundstücks vorausgesetzte ausreichende und auf Dauer gesicherte Erschließung des Grundstücks durch die Möglichkeit des Anschlusses an öffentliche Einrichtungen erfolgt. Der Grundstückseigentümer wird hierdurch von der grundsätzlich ihm selbst obliegenden Verpflichtung für die Ver- und Entsorgung seines Grundstücks aufzukommen und eigenes Kapital einzusetzen, befreit (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.9.1983, DÖV 1984, 111).

Der Anschlussvorteil im Sinne von § 20 Abs. 1 KAG wird nicht durch die etwaige Notwendigkeit, den Anschluss unter Inanspruchnahme von Hilfsmitteln - wie etwa einer Hebeanlage oder einer Pumpe - herzustellen, aufgehoben. Angesichts des Wertunterschieds zwischen Baugrundstücken und nicht bebaubaren Grundstücken sowie insbesondere auch im Hinblick auf etwaige Baukosten mindern die Kosten für die genannten Hilfsmittel den Anschlussvorteil nicht in beachtlichem Umfang (so schon Senatsurteile vom 5.12.1979 und 16.3.1984, jeweils aaO).

Die Antragsteller dürften sich auch erfolglos auf eine der Heranziehung entgegenstehende Zusicherung im Bescheid vom 15.10.1991 berufen. Mit diesem " Bescheid über die Festsetzung eines Abwasserbeitrages" wurde der Ermittlung der Beitragsschuld nur eine Teilfläche zugrunde gelegt, "da" eine Beitragspflicht für die unbebaute abgegrenzte Teilfläche erst bei zusätzlicher Herstellung einer weiteren Anschlussmöglichkeit, bei tatsächlicher Bebauung oder tatsächlichem Anschluss an die Abwasseranlagen entstehen könne. Dieser teilweise Verzicht auf beitragsrechtliche Berücksichtigung von Flächen war durch § 10 Abs. 3 S. 2 Ziff. 1 KAG a.F. ( § 31 Abs. 1 S. 2 KAG n.F.) geboten, wonach dann, wenn nach der Satzung bei der Beitragsbemessung die Fläche des Grundstücks zu berücksichtigen ist, insbesondere die Teilflächen außerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans oder einer Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB oder außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile unberücksichtigt bleiben, deren grundbuchmäßige Abschreibung nach baurechtlichen Vorschriften ohne Übernahme einer Baulast zulässig wäre. Das Gebot galt nach der gesetzlichen Regelung, die der Bescheid von 1991 wiedergab, nur dann nicht, wenn diese Teilflächen tatsächlich angeschlossen, bebaut oder gewerblich genutzt waren. Mit Inkrafttreten des Bebauungsplans "Wohngebiet Hausen" am 8.11.2001 dürften die Voraussetzungen für die beitragsrechtliche Nichtberücksichtigung der 1991 abgegrenzten Flächen entfallen sein. Diese lagen nun, wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, teilweise im Geltungsbereich dieses Bebauungsplans und teilweise innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils. Die Ausnahmeregelung für Grundstücks(teile) im Außenbereich, die tatsächlich angeschlossen, bebaut oder gewerblich genutzt sind, ging damit ins Leere.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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