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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 21.03.2002
Aktenzeichen: 2 S 2585/01
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 125 Abs. 2
BauGB § 127 Abs. 2 Nr. 1
BauGB § 128 Abs. 3 Nr. 2
1. Zur Abgrenzung des Ermittlungsraums.

2. Wenn die Grenze zwischen Innenbereich und Außenbereich entlang einer einseitig bebaubaren Straße verläuft, kann es für deren Funktion als Anbaustraße nicht darauf ankommen, ob die Straßenanlage selbst im Innen- oder im Außenbereich liegt. Entscheidend ist, ob eine Straße den unmittelbar angrenzenden Grundstücken eine Bebaubarkeit vermittelt.

3. § 125 Abs. 2 BauGB in der ab dem 1.1.1998 geltenden Fassung ist auf alle Erschließungsanlagen anzuwenden, für welche die Rechtmäßigkeit der Herstellung am 31.12.1997 noch nicht durch eine Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde belegt war.

4. a) Die Kosten für die Herstellung der Teileinrichtungen Gehweg und Beleuchtung zählen bei einer Ortsdurchfahrt einer Landesstraße zum beitragsfähigen Erschließungsaufwand (§ 128 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB). Dies muss erst recht dann gelten, wenn die Landesstraße mittlerweile zur Gemeindestraße herabgestuft worden ist.

b) Ausgeschlossen ist eine Erschließungsbeitragspflicht der Anwohner für die nachträgliche Herstellung des Gehwegs und der Beleuchtung in einem solchen Fall nur dann, wenn die Straße schon vorher als Erschließungsanlage endgültig hergestellt gewesen war.

c) Eine als Außenbereichsstraße endgültig hergestellte Verkehrsanlage kann in erschließungsbeitragsrechtlicher Hinsicht eine unfertige Anbaustraße sein.


2 S 2585/01

VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Erschließungsbeitrag

hat der 2. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Semler, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Vogel und den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Haller auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 21. März 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Mai 2000 - 11 K 1352/99 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags zuzüglich 10 v.H. dieses Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag.

Der Kläger ist Eigentümer einer Eigentumswohnung auf dem Grundstück Flst.Nr. 9682 der Gemarkung der Beklagten. Das Anwesen liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans "Seerain/1. Änderung und Neuaufstellung" vom 28.1.1992. Wie auch für die östlich, westlich und nördlich gelegenen Grundstücke setzt der Bebauungsplan für das Anwesen des Klägers ein Mischgebiet fest. Im Süden grenzt die Meckesheimer Straße - außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans - an das Anwesen des Klägers und die es umgebenden Mischgebietsgrundstücke an. Diese Mischgebietsfläche endet im Osten vor dem Flurstück Nr. 9686, auf dem ein Wassergraben verläuft. Die östlich von diesem Grundstück und nördlich der Meckesheimer Straße gelegenen Grundstücke liegen nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Auf ihnen befinden sich Gebäude, die überwiegend als Lagerhallen und zu einem geringen Teil als Büro oder Betriebsgebäude genutzt werden. Westlich der das Anwesen des Klägers umgebenden Mischgebietsgrundstücke mündet die Straße "Am Seerain" von Norden her in die Meckesheimer Straße ein. Die weiter westlich gelegene Fortführung der Straße (Alte Meckesheimer Straße) verläuft im Außenbereich.

Die Fahrbahn der Meckesheimer Straße war bereits zwischen 1861 und 1885 errichtet worden. Es handelte sich damals um eine im Außenbereich verlaufende Verbindungsstraße zwischen der Beklagten und Meckesheim. Der ursprünglich vorhandene Schotterbelag wurde nach dem Zweiten Weltkrieg, wohl Anfang der fünfziger Jahre, durch einen Asphaltbelag ersetzt. Bis zum 31.12.1969 war die Meckesheimer Straße eine Teilstrecke der Landesstraße L 549. Nachdem diese im Bereich der Beklagten auf einer neuen Trasse geführt wurde, stufte das Regierungspräsidium Nordbaden die Meckesheimer Straße mit Verfügung vom 28.7.1969 mit Wirkung zum 1.1.1970 zu einer Gemeindestraße der Beklagten herab. Die Meckesheimer Straße war jedenfalls im Zeitpunkt der Herabstufung zur Gemeindestraße mit einem Feinbelag, einem frostsicheren Unterbau und einer Straßenentwässerung versehen.

In den Jahren 1995/1996 stellte die Beklagte in dem westlichen Teilstück der Meckesheimer Straße zwischen der Straße "Am Seerain" und dem Wassergraben auf dem Flurstück Nr. 9686 einen Gehweg und eine Straßenbeleuchtung her. In dem östlich des Wassergrabens bis zur Einmündung der Spechbacher Straße gelegenen Teilstück der Meckesheimer Straße wurden weder ein Gehweg noch eine Beleuchtung angelegt. Nach dem Abrechnungsbogen der Beklagten vom 1.10.1998 stammt die letzte Unternehmerrechnung (für die Bauleitung) vom 19.12.1997.

Am 27.10.1998 fasste der Gemeinderat der Beklagten den Beschluss, dass die Anwesen zwischen der Straße "Am Seerain" und dem Graben auf Flst.Nr. 9686 das Abrechnungsgebiet Meckesheimer Straße bildeten. Die östlich des Wassergrabens gelegenen Grundstücke wurden nicht einbezogen.

Mit Bescheid vom 28.10.1998 zog die Beklagte den Kläger zu einem Erschließungsbeitrag von 576,80 EUR (1.128,13 DM) für seine Eigentumswohnung heran. Dem hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers gab das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis mit Widerspruchsbescheid vom 9.4.1999 insoweit statt, als der festgesetzte Erschließungsbeitrag den Betrag von 536,07 EUR (1.048,46 DM) überschritt. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Teilrechtswidrigkeit des Erschließungsbeitragsbescheids folge daraus, dass der Kläger mit Kaufvertrag vom 14.7.1997 eine Fläche von 56 qm hinzuerworben habe und der auf diese Teilfläche entfallende Erschließungsbeitrag bereits abgelöst worden sei.

Der Kläger hat am 4.5.1999 Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen: Der Gehweg und die Straßenbeleuchtung für die Meckesheimer Straße seien noch nicht endgültig hergestellt, denn der Gehweg ende vor dem Entwässerungsgraben. Die nachträgliche Bildung eines Erschließungsabschnitts sei nicht rechtswirksam. Die Bildung dieses Abschnitts sei willkürlich, denn die gewählte Abgrenzung diene der Freistellung der Gewerbegrundstücke von Beiträgen. Außerdem führe sie dazu, dass die Anlieger der Meckesheimer Straße bei gleicher Vorteilssituation in erheblicher Weise unterschiedlich belastet würden. Zudem sei dem Bescheid nicht zu entnehmen, dass nur die Straßenbeleuchtung und der Gehweg abgerechnet würden. Da die Meckesheimer Straße eine Gemeindeverbindungsstraße sei, dürften für die Fahrbahn keine Beiträge anfallen. Eine eventuelle Kostenspaltung sei im Erschließungsbeitragsbescheid gesondert auszuweisen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die Erschließungsanlage Meckesheimer Straße sei endgültig hergestellt. Bei natürlicher Betrachtungsweise bilde die Meckesheimer Straße eine Erschließungsanlage, soweit sie das im Bebauungsplan ausgewiesene Mischgebiet begleite. Davor und danach erfülle sie keine Erschließungsfunktion, sondern diene vorwiegend als Gemeindeverbindungsstraße. Den Anfang der Erschließungsanlage bilde die Einmündung der Straße "Am Seerain", das Ende werde durch einen Graben bestimmt, an den sich ein unbeplanter Bereich anschließe, der mit Lagerhallen und ähnlichen Gebäuden bebaut sei, die der gewerblichen Nutzung dienten. Die Entscheidung über die Länge der Strecke, an welcher der Gehweg und die Beleuchtung errichtet worden seien, orientiere sich an vernünftigen und nachvollziehbaren Kriterien. Entlang der vorgesehenen Strecke sei die dort befindliche Wohnbebauung in besonderem Maße sowohl auf den Gehweg wie auch auf eine Beleuchtung angewiesen. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass die Kosten der Fahrbahn nicht in den Erschließungsbeitrag eingeflossen seien; jedenfalls sei eine entsprechende Unklarheit spätestens mit dem Widerspruchsbescheid des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis beseitigt worden. Im vorliegenden Fall handle es sich nicht um eine Kostenspaltung, da die Erschließungsanlage erst jetzt endgültig hergestellt worden sei.

Am 12.10.1999 beschloss der Gemeinderat der Beklagten, dass der derzeitige Ausbauzustand des Gehwegs und der Beleuchtungseinrichtung entlang der Meckesheimer Straße den endgültig angestrebten Zustand darstelle und ein weiterer Ausbau von Gehweg und Beleuchtungseinrichtungen nicht beabsichtigt sei.

Mit Urteil vom 23.5.2000 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe den Bescheid der Beklagten vom 28.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 9.4.1999 aufgehoben. In den Entscheidungsgründen heißt es: Nach § 125 Abs. 1 BauGB setze die rechtmäßige Herstellung aller beitragsfähigen Erschließungsanlagen einen Bebauungsplan voraus. Dies sei hier nicht der Fall. Der von der Beklagten hergestellte Gehweg einschließlich der dazugehörigen Beleuchtung sei auch keine außerhalb des Bebauungsplans liegende beitragspflichtige Erschließungsanlage. Die Meckesheimer Straße sei als Kreisstraße und nicht von der Gemeinde in Erfüllung ihrer Erschließungspflicht hergestellt worden. Die entstandenen Kosten seien daher nicht umlagefähig. Dies gelte auch für den Gehweg, der nur unselbständiger Teil der Meckesheimer Straße sei.

Gegen das ihr am 5.6.2000 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 5.7.2000 Zulassung der Berufung beantragt. Zur Begründung ihrer mit Beschluss vom 29.11.2001 zugelassenen Berufung macht sie geltend: Zwar gehe das Verwaltungsgericht zu Recht davon aus, dass die Erschließungsanlage selbst nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liege und dass die Meckesheimer Straße ursprünglich als Landesstraße hergestellt worden sei. Dennoch seien die Kosten für die Herstellung des Gehwegs und der Beleuchtung auf die Anlieger umlegbar. Eine Anbaumöglichkeit für einen Teil der Meckesheimer Straße sei erst nach Inkrafttreten des "Ursprungsbebauungsplans" Seerain, der am 3.12.1985 genehmigt worden sei, entstanden. Bis zum Erlass dieses Bebauungsplans habe es sich in dem fraglichen Gebiet um Außenbereich gehandelt. Nachdem der ursprüngliche Bebauungsplans nicht umgesetzt worden sei, sei sodann die Beschlussfassung über den Bebauungsplan "Seerain/1. Änderung und Neuaufstellung" erfolgt, durch den ein Bereich von insgesamt 160 m zur Anbaustraße geworden sei. In diesem Bereich habe die Meckesheimer Straße mit Anlage des Gehwegs und Errichtung der Beleuchtungseinrichtung ihren endgültigen Ausbauzustand erreicht. Es sei unschädlich, dass sich dieser Abschnitt außerhalb des Bebauungsplans befinde, denn die Voraussetzungen des § 125 Abs. 2 BauGB in Verb. mit § 1 Abs. 4 bis 6 BauGB seien erfüllt. In materieller Hinsicht sei es nicht angreifbar, dass die Beklagte den Gehweg samt Beleuchtungseinrichtung nur entlang des Baugebiets hergestellt habe. Auf dem östlich des Grabens auf dem Flurstück Nr. 9686 gelegenen gewerblichen Grundstück gebe es keinen Bedarf für einen Gehweg. Darauf, dass die Meckesheimer Straße bereits seit Ende des letzten Jahrhunderts bestehe und die Fahrbahn ihren jetzigen Zustand bereits Anfang der fünfziger Jahre erreicht habe, komme es nicht an. Denn damals habe es sich nicht um eine Erschließungsanlage gehandelt; erst mit Inkrafttreten des Bebauungsplans "Seerain/1. Änderung und Neuaufstellung" sei die Meckesheimer Straße im streitgegenständlichen Bereich zu einer zum Anbau bestimmten Straße geworden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23.5.2000 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger tritt der Berufung entgegen. Den vorliegenden Unterlagen lasse sich schon nicht entnehmen, ob die Beklagte überhaupt eine Prüfung der Voraussetzungen des § 125 Abs. 2 BauGB vorgenommen habe. Die Herstellung des Gehwegs entspreche aber auch in der Sache keiner ordnungsgemäßen städtebaulichen Abwägung. Die Anlegung eines Gehwegs entlang einer Gemeindeverbindungsstraße sei nicht erforderlich. Dies zeige sich darin, dass die Beklagte den Gehweg nicht über das Grundstück Flst.Nr. 9686 in östlicher Richtung hinaus weitergeführt habe. Zudem sei zu beachten, dass es sich im vorliegenden Fall nicht um eine Erschließungsanlage im unbeplanten Innenbereich handle. Der Gehweg selbst liege wie die gesamte Meckesheimer Straße südlich außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans Seerain und damit im Außenbereich nach § 35 BauGB.

Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vor; er hat außerdem die Akten des Verfahrens 2 S 2702/99 beigezogen. Auf diese Unterlagen und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der angefochtene Erschließungsbeitragsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheids sind die §§ 127 ff. BauGB und die Satzung der Beklagten über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen (Erschließungsbeitragssatzung) vom 20.3.1981 (EBS 1981). Bedenken gegen die Rechtsgültigkeit dieser Satzung drängen sich dem Senat nicht auf, auch der Kläger hat insoweit keine Einwendungen erhoben.

1. Ermittlungsraum ist im vorliegenden Fall (nur) die westliche Teilstrecke der Meckesheimer Straße zwischen dem Graben auf Flurstück Nr. 9686 und der Einmündung der Straße "Am Seerain". Dieser jetzt abgerechnete Teil der Meckesheimer Straße ist erschließungsbeitragsrechtlich selbständig, stellt also eine eigene Erschließungsanlage im Rechtssinne dar, so dass sich die Frage einer rechtmäßigen Abschnittsbildung nicht stellt.

Dabei kann offen bleiben, ob und gegebenenfalls seit wann das nicht abgerechnete östliche Teilstück der Meckesheimer Straße eine Anbaustraße darstellt. Gegen eine Funktion als Anbaustraße könnte sprechen, dass die nördlich gelegenen Gebäude weit überwiegend als Lagerhallen genutzt werden und damit möglicherweise nicht zur Bebauung i.S.v. § 34 Abs. 1 BauGB gehören, weil sie nur dem vorübergehenden und nicht dem dauernden Aufenthalt von Menschen dienen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2.8.2001 - 4 B 26.01 - BauR 2002, 277), für eine Funktion als Anbaustraße könnte sprechen, dass sie teilweise auch als Büro- oder Betriebsgebäude genutzt werden und sich möglicherweise der gesamte Bereich nördlich der Meckesheimer Straße und um die Spechbacher Straße und die Straße "Am Seerain" herum als ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil i.S.v. § 34 Abs. 1 BauGB darstellt.

a) Geht man davon aus, dass das östliche Teilstück der Meckesheimer Straße keine Anbaustraße darstellt, weil die angrenzenden Grundstücke im Außenbereich liegen, ist allein das jetzt abgerechnete westliche Teilstück entlang des Geltungsbereichs des Bebauungsplans Seerain eine Erschließungsanlage, da nur dieses Teilstück den (nördlich) angrenzenden Grundstücken eine Bebaubarkeit vermittelt. Da die östliche Teilstrecke der Meckesheimer Straße über 100 m lang ist und zudem über die Hälfte der gesamten Straßenlänge ausmacht, weist sie eine gewisse Selbständigkeit auf, die es gebietet, die östliche und die westliche Teilstrecke der Meckesheimer Straße in unterschiedlich zu beurteilende Einzelanlagen aufzuspalten (vgl. im Einzelnen Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 6. Aufl. 2001, § 12 Rn. 36). Danach wäre nur die westliche Teilstrecke eine Erschließungsanlage im Rechtssinne, während die östliche Teilstrecke als Außenbereichsstraße anzusehen wäre, für die keine Erschließungsbeitragspflicht entstehen kann.

b) Auch wenn man unterstellt, dass das östliche Teilstück der Meckesheimer Straße eine Anbaustraße darstellt, ist das westliche jetzt abgerechnete Teilstück eigenständig zu beurteilen, und zwar als erschließungsbeitragsrechtlich selbständige Verlängerung einer bereits endgültig hergestellten Erschließungsanlage (vgl. hierzu Reif, Arbeitsmappe Erschließungsbeitrag nach dem BauGB, 2.2.1). Denn wenn die östliche Teilstrecke der Meckesheimer Straße eine Anbaustraße darstellen sollte, ist sie spätestens seit Anfang der siebziger Jahre endgültig hergestellt.

Zwar kann ausgeschlossen werden, dass die östliche Teilstrecke der Meckesheimer Straße noch nach dem 1.6.1976 endgültig hergestellt worden ist, denn ab diesem Zeitpunkt galten Erschließungsbeitragssatzungen der Beklagten, nach denen die hier nicht vorhandene Beleuchtung Merkmal der endgültigen Herstellung ist (§ 9 Abs. 1 lit. d der rückwirkend zum 1.6.1976 in Kraft getretenen Erschließungsbeitragssatzung vom 13.6.1977 und § 10 Abs. 1 Nr. 3 der Erschließungsbeitragssatzung vom 20.3.1981).

Die östliche Teilstrecke ist aber bereits vor diesem Zeitpunkt endgültig hergestellt worden, denn die "Vorgängersatzungen" vom 7.6.1966 und vom 23.6.1960 enthielten in ihrer Merkmalsregelung keine rechtsgültige Vorschrift, wonach die Straßenbeleuchtung Merkmal der endgültigen Herstellung war. In § 7 Abs. 1 EBS 1966 wird die Beleuchtung als Herstellungsmerkmal überhaupt nicht genannt. In 7 Abs. 1 Nr. 2 EBS 1960 wird zwar "die etwa vorgesehene Beleuchtung" als Herstellungsmerkmal erwähnt. Diese Vorschrift ist jedoch mangels Bestimmtheit nichtig mit der Folge, dass die Beleuchtung kein (rechtsgültiges) Herstellungsmerkmal ist und deren Kosten nicht in den Erschließungsbeitrag einfließen dürfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 2.12.1977 - IV C 55.75 - Buchholz 406.11 § 128 BBauG Nr. 25; Driehaus, a.a.O., § 11 Rn. 36).

Da nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten jedenfalls seit 1970 die Teileinrichtung Straßenentwässerung vorhanden war und der technische Ausbauzustand der Fahrbahn den allgemein anerkannten Anforderungen - wozu ein frostsicherer Unterbau und ein aus Tragschicht und Decke (Feinbelag) bestehender Oberbau gehören (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 25.10.2001 - 2 S 730/00 -) - entsprochen hat, war das östliche Teilstück der Meckesheimer Straße schon endgültig hergestellt (vgl. jeweils § 7 Abs. 1 der EBS 1966 und der EBS 1960), bevor die jetzt abgerechnete westliche Teilstrecke durch den Bebauungsplan Seerain zu einer zum Anbau bestimmten Straße geworden ist.

2. Entgegen der Auffassung des Klägers ist seine Erschließungsbeitragspflicht nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die westliche Teilstrecke der Meckesheimer Straße (möglicherweise) im Außenbereich verläuft. Zwar ist die Annahme des Klägers, die westliche Teilstrecke der Meckesheimer Straße liege im Außenbereich, nicht von der Hand zu weisen, denn die Straßenanlage liegt selbst nicht im unmittelbar nördlich angrenzenden Geltungsbereich des Bebauungsplans Seerain. Gerade wenn die Grenze zwischen beplantem oder unbeplantem Innenbereich und Außenbereich aber wie hier entlang einer einseitig bebaubaren Straße verläuft, kann es für deren Funktion als Anbaustraße nicht darauf ankommen, ob die Straßenanlage selbst im Innen- oder im Außenbereich liegt. Das Gesetz stellt nicht auf die Lage der Straßenanlage ab, sondern darauf, ob eine Straße den unmittelbar angrenzenden Grundstücken eine Bebaubarkeit vermittelt. Dies ist hier aber der Fall, denn die westliche Teilstrecke der Meckesheimer Straße ermöglicht die Bebauung der unmittelbar nördlich angrenzenden Grundstücke, die ihrerseits im Geltungsbereich des Bebauungsplans Seerain liegen, und ist damit eine zum Anbau bestimmte Straße i.S.v. § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB.

3. Anders als das Verwaltungsgericht meint, lässt sich die Erschließungsbeitragspflicht des Klägers nicht deshalb verneinen, weil die Erschließungsanlage hergestellt wurde, ohne dass ein Bebauungsplan oder eine Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde nach § 125 Abs. 2 Satz 1 BauGB a.F. vorlag. Denn nach der ab 1.1.1998 geltenden Fassung des § 125 Abs. 2 BauGB n.F. dürfen beitragsfähige Erschließungsanlagen hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Abs. 4 bis 6 BauGB bezeichneten Anforderungen entsprechen. Nach dieser Neufassung ist die Rechtmäßigkeit der Herstellung beitragsfähiger Erschließungsanlagen nicht mehr von einer Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde abhängig. Mangels einer abweichenden gesetzlichen Regelung ist davon auszugehen, dass § 125 Abs. 2 BauGB n.F. auf alle beitragsfähigen Erschließungsanlagen anzuwenden ist, für welche die Rechtmäßigkeit der Herstellung am 31.12.1997 noch nicht durch eine erteilte Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde belegt war (vgl. Beschluss des Senats vom 23.5.2000 - 2 S 2702/99 -; ebenso: Driehaus, a.a.O., § 7 Rn. 19; Vogel in Brügelmann, BauGB, § 125 Rn. 21; Reif, BWGZ 1997, 790).

Dass die Herstellung des Gehwegs und der Beleuchtung an der abgerechneten westlichen Teilstrecke der Meckesheimer Straße materiell den Anforderungen in § 1 Abs. 4 bis 6 BauGB nicht entspricht, vermag der Senat - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht festzustellen. In bauplanungsrechtlicher Hinsicht ist es insbesondere nicht zu beanstanden, dass sich die Beklagte dazu entschlossen hat, den Gehweg und die Beleuchtung nur in dem westlichen Bereich der Meckesheimer Straße zu errichten, in dem die Wohnnutzung bauplanungsrechtlich zulässig und tatsächlich vorhanden ist. Diese Entscheidung ist von dem weiten planerischen Gestaltungsspielraum der Beklagten gedeckt, denn sie lässt sich ohne weiteres sachlich damit rechtfertigen, dass die im Mischgebiet vorhandene Wohnnutzung in stärkerem Maße auf einen Gehweg und eine Straßenbeleuchtung angewiesen ist als die rein gewerblich genutzten großen Hallen am östlichen Teil der Meckesheimer Straße.

Entgegen der Ansicht des Klägers ist es schließlich in rechtlicher Hinsicht unbeachtlich, dass sich in den Akten keine vor Beginn der Baumaßnahmen niedergelegte schriftliche Festlegung des Ergebnisses der Abwägung nach § 1 Abs. 4 bis 6 BauGB findet. Zwar mag eine entsprechende Dokumentation aus Nachweisgründen im Interesse der Gemeinde ratsam sei (so etwa Vogel in Brügelmann, BauGB, § 125 Rn. 20). Das Gesetz begründet jedoch keine derartige Pflicht, denn es schreibt kein bestimmtes förmliches Verfahren vor (ebd.). Es handelt sich um einen gemeindeinternen Vorgang, der jederzeit nachgeholt werden kann und in diesem Fall die Herstellungsarbeiten nachträglich legitimiert (Driehaus, a.a.O., § 7 Rn. 23; vgl. auch Reif, BWGZ 1997, 790). Eine solche zulässige Nachholung ist hier spätestens durch den Gemeinderatsbeschluss vom 12.10.1999 erfolgt, mit dem beschlossen wurde, der derzeitige Ausbauzustand des Gehwegs und der Beleuchtungseinrichtung sei endgültig.

4. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht schließlich angenommen, an einer Erschließungsbeitragspflicht für die jetzt abgerechnete westliche Teilstrecke der Meckesheimer Straße fehle es deshalb, weil die Meckesheimer Straße als Landesstraße hergestellt worden sei und der nunmehr errichtete und abgerechnete Gehweg keine eigenständige Erschließungsanlage darstelle.

Zwar ist es unzulässig, die Anwohner zu einem Erschließungsbeitrag für die Kosten der Fahrbahn heranzuziehen, wenn - wie hier die Meckesheimer Straße mit Verfügung des Regierungspräsidiums Nordbaden vom 28.7.1969 mit Wirkung zum 1.1.1970 - eine Straße von einer Landesstraße zur Gemeindestraße herabgestuft worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.3.1990 - 8 C 76.88 - BVerwGE 85, 66 = NVwZ 1990, 873). Dies kann jedoch die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erschließungsbeitragsbescheids nicht in Frage stellen, denn die Beklagte hat keine Kosten für die Fahrbahn, sondern ausschließlich die Kosten für die Herstellung der Teileinrichtungen Gehweg und Beleuchtung abgerechnet. Diese Kosten zählen indes selbst bei einer - hier seit 1970 nicht mehr gegebenen - Ortsdurchfahrt einer Landesstraße zum beitragsfähigen Erschließungsaufwand (§ 128 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauGB), denn mit der Herstellung der Gehwege und der Beleuchtung an der Ortsdurchfahrt einer Landesstraße erfüllt die Gemeinde eine ihr obliegende Aufgabe nach § 123 Abs. 1 BauGB (vgl. Beschluss des Senats vom 23.5.2000 - 2 S 2702/99 -; Driehaus, a.a.O., § 13 Rn. 87, 88). Dies muss erst recht dann gelten, wenn eine Landesstraße mittlerweile zur Gemeindestraße herabgestuft worden ist.

Ausgeschlossen wäre eine Erschließungsbeitragspflicht der Anwohner der westlichen Teilstrecke der Meckesheimer Straße für die Herstellung des Gehwegs und der Beleuchtung in dieser Fallkonstellation nur dann, wenn diese schon vor den jetzt abgerechneten Baumaßnahmen als Erschließungsanlage endgültig hergestellt gewesen wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die jetzt abgerechnete westliche Teilstrecke der Meckesheimer Straße ist - anders als das östliche Teilstück (s. unter 1.) - erst im Zuge der jetzt abgerechneten Baumaßnahmen endgültig hergestellt worden. Daher liegt auch kein Fall der Kostenspaltung vor. Vielmehr hat die Beklagte erst jetzt den nach § 128 Abs. 1 und 3 Nr. 2 BauGB berücksichtigungsfähigen Erschließungsaufwand für die endgültige Herstellung der Erschließungsanlage insgesamt abgerechnet.

Allerdings besteht die ursprünglich mit einem Schotterbelag versehene Fahrbahn der Meckesheimer Straße bereits seit 1885; die Beklagte geht unwidersprochen davon aus, dass spätestens mit der Asphaltierung Anfang der 50er Jahre die Meckesheimer Straße als Außenbereichsstraße technisch fertiggestellt war. Dies ist jedoch - wie die Beklagte zu Recht geltend macht - nicht maßgeblich. Wird eine endgültig hergestellte Außenbereichsstraße zu einer Anbaustraße, ist ihr Zustand unter dem Blickwinkel einer erschließungsbeitragsrechtlichen erstmaligen endgültigen Herstellung erneut zu beurteilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.10.1995 - 8 C 13.94 - BVerwGE 99, 308 = NVwZ 1996, 799). Denn eine als Außenbereichsstraße endgültig hergestellte Verkehrsanlage kann als beitragsfähige Erschließungsanlage durchaus eine unfertige Anbaustraße sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.10.1968 - IV C 94.67 - Buchholz 406.11 § 127 BBauG Nr. 4). Für diese erneute Beurteilung ist auf die Anforderungen abzustellen, von deren Erfüllung die endgültige Herstellung einer beitragsfähigen Anbaustraße in dem Zeitpunkt abhängig ist, in dem die betreffende Verkehrsanlage zur beitragsfähigen Anbaustraße wird. Eine Anbaustraße ist - abgesehen von der Ermittelbarkeit des entstandenen Aufwands - erstmalig endgültig hergestellt, wenn sie erstmals die nach dem satzungsmäßigen Teileinrichtungsprogramm (für die nicht flächenmäßigen Teileinrichtungen) und dem (dieses Teileinrichtungsprogramm bezüglich der flächenmäßigen Teileinrichtungen ergänzenden) Bauprogramm erforderlichen Teileinrichtungen aufweist und diese dem jeweils für sie aufgestellten technischen Ausbauprogramm entsprechen.

Hiernach war das jetzt abgerechnete westliche Teilstück der Meckesheimer Straße vor den 1995/1996 durchgeführten Erschließungsarbeiten nicht als Anbaustraße endgültig hergestellt. Anders als die östliche Teilstrecke (hierzu vgl. 1.) lag sie bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans Seerain eindeutig im Außenbereich. Eine Bestimmung zum Anbau erhielt sie erst durch den Bebauungsplan Seerain, wobei offen bleiben kann, ob der westliche Abschnitt der Meckesheimer Straße diese Bestimmung bereits mit dem - nicht umgesetzten - "Ursprungsbebauungsplan" Seerain vom 15.10.1985 oder erst mit dem Bebauungsplan "Seerain/1. Änderung und Neuaufstellung" vom 28.1.1992 erhalten hat. Die endgültige Herstellung erfolgte jedenfalls erst durch die jetzt abgerechneten Erschließungsarbeiten, denn seit Inkrafttreten der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten vom 20.3.1981 setzt die endgültige Herstellung einer Erschließungsanlage nach dem satzungsmäßigen Teileinrichtungsprogramm voraus, dass sie beleuchtet wird (so ausdrückl. § 10 Abs. 1 Nr. 3 EBS 1981). Eine Straßenbeleuchtung ist aber erst im Zuge der jetzt abgerechneten Baumaßnahmen hergestellt worden.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO in Verb. mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss

vom 21. März 2002

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gem. § 13 Abs. 2 GKG auf 536,07 EUR (1.048,46 DM) festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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