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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 27.01.2003
Aktenzeichen: 2 S 2587/00
Rechtsgebiete: GG, KAG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
KAG § 9
Weder das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) noch die Bestimmung in § 9 Abs. 3 KAG verpflichten die Gemeinde, für Gebührenschuldner, die bereits zu Beiträgen für die Einrichtung herangezogen worden sind, niedrigere Gebühren festzulegen als für solche, bei denen eine Beitragsveranlagung nicht erfolgt ist.
2 S 2587/00

VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

In der Normenkontrollsache

wegen

Gültigkeit der Wasserversorgungssatzung vom 25.08.1992 in der Fassung der Änderungssatzung vom 07.11.2000

hat der 2. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Semler, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Vogel, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schmitt-Siebert sowie die Richter am Verwaltungsgerichtshof Ridder und Bader auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27. Januar 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Antragsteller wendet sich gegen die Gültigkeit von § 41 Abs. 2 Nr. 2 der Satzung der Antragsgegnerin über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser - Wasserversorgungssatzung - vom 7.11.2000 (WVS). Die Bestimmung lautet: "Die Verbrauchsgebühr wird nach der gemessenen Wassermenge (§ 42) berechnet. Die Verbrauchsgebühr beträgt pro cbm ab 1.1.2000 1,02 EUR."

Am 30.11.2000 hat der Antragsteller, der als Miteigentümer eines an die öffentliche Wasserversorgung der Antragsgegnerin angeschlossenen Grundstücks zu Wassergebühren herangezogen wird, beim Verwaltungsgerichtshof ein Normenkontrollverfahren eingeleitet. Er trägt im Wesentlichen vor: Die Antragsgegnerin habe in Bezug auf 61,21 % der Grundstücke im Gemeindegebiet die satzungsrechtlich entstandenen Beitragsforderungen nicht erhoben. So habe sie bei Eingemeindung der ehemals selbständigen Gemeinde Riedböhringen, deren Wasserversorgungseinrichtung nur über Gebühren finanziert worden war, in den Altfällen auf die Heranziehung zu Wasserversorgungsbeiträgen verzichtet. In anderen Fällen seien Beiträge zum Zweck von Industrieförderung (etwa im Falle einer Mühle), zum Schutz des Vertrauens in die Gültigkeit früherer Satzungen oder aus anderen Gründen nicht erhoben worden. Mit Blick hierauf stehe der einheitliche Gebührensatz der Satzung dem Grundsatz der gleichen Abgabenerhebung und des Äquivalenzprinzips entgegen; denn die gebührenmindernde Passivierung der geleisteten Beiträge zugunsten aller Grundstückseigentümer stelle für diejenigen, die einen Beitrag bisher nicht bezahlt hätten, eine "Doppelbegünstigung" und für diejenigen, die einen Beitrag bereits entrichtet hätten, eine "Doppelbelastung" dar. Gleiches gelte auch für den Verzicht des Ansatzes von in Frondiensten erbrachten Leistungen lediglich zugunsten derer, die sie in früheren Zeiten erbracht hätten. Erwägungen der Verwaltungspraktikabilität und Typengerechtigkeit könnten die gewählte Verfahrensweise nicht rechtfertigen.

Auch das Gebot der Kostenkalkulation nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen verpflichte dazu, beitragsbedingte Verringerungen von Zins- und Abschreibungsbelastungen nur den Beitragszahlern individuell zugute zu bringen. Durch Verzicht auf Beiträge bedingte Kosten seien nicht einrichtungs- und betriebsbedingt, sondern durch gemeindliches Fehlverhalten bedingter allgemeiner Verwaltungsaufwand, der von der Gemeinde selbst zu tragen sei.

Der Gemeinderat der Antragsgegnerin habe gleichwohl nicht erwogen, den einmal gewählten einheitlichen Gebührensatz durch einen gesplitteten zu ersetzen. Er habe sich ohne Ermittlung der hierfür sprechenden maßgeblichen Umstände darauf beschränkt, den vom nachkalkulierenden Fachbüro errechneten einheitlichen Gebührensatz zu beschließen.

Es bestünden auch Zweifel an der korrekten Durchführung des Ausgleichs von Kostenüber- und Kostenunterdeckungen. Durch die Zusammenfassung der Kostenüber und -unterdeckungen würden die positiven Ergebnisse der Jahre 1992 und 1993 verschleiert. Würden sie im Hinblick auf den Ablauf der Ausgleichsfrist lediglich bei der Kalkulation der Gebühr für das Jahr 2000 in Ansatz gebracht, ergebe dies einen niedrigeren als den festgesetzten Gebührensatz.

Der Antragsteller beantragt,

§ 41 Abs. 1 Nr. 2 der Satzung der Antragsgegnerin über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser vom 7.11.2000 für nichtig zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Normenkontrollantrag des Antragstellers abzulehnen.

Sie vertritt die Ansicht, eine Verletzung des Gleichheitssatzes liege nur im Falle eines Systemwechsels hinsichtlich der Einrichtungsfinanzierung vor. Ein solcher Systemwechsel sei hier nicht gegeben. Der Gemeinderat habe lediglich das Absehen von nachträglicher Überprüfung der Veranlagungsmöglichkeit in Teilbereichen des Gemeindegebiets (Kernstadt) für die Zeit vor 1972 sanktioniert. Die rechtliche Möglichkeit von Beitragsveranlagungen und ihrer Durchsetzbarkeit sei nicht Gegenstand seines Beschlusses vom 25.11.1996 gewesen. Die Höhe der nicht realisierten Beitragsforderungen sei unbekannt. Ihre Erfassung wäre mit unübersehbarem Verwaltungsaufwand verbunden. Eine Gebührenkalkulation - wie der Antragsteller sie wünsche - würde unter Verstoß gegen den Grundssatz der Verwaltungspraktikabilität zu einer Vielzahl unterschiedlicher Gebührensätze führen. Nicht erhobene Beiträge könnten nicht als allgemeine Verwaltungskosten gewertet werden. Anschaffungs-und Herstellungskosten seien nur insoweit in Ansatz gebracht worden, als hierfür Belege vorhanden gewesen seien. Etwa in Frondienst erbrachte Leistungen seien nicht berücksichtigt worden. Dementsprechend sei ihr Wert nicht kostenmindernd zu berücksichtigen gewesen.

Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Antragsgegnerin vor. Auf sie und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Schriftsatz des Antragstellers vom 28.1.2003 gab dem Gericht keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 104 Abs. 3 S. 2 VwGO).

Der Antrag ist zulässig. Die angefochtene Vorschrift des § 41 Abs. 1 Nr. 2 der Wasserversorgungssatzung der Antragsgegnerin vom 7.11.2000 ist als Teil dieser Satzung eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verb. mit § 4 AGVwGO.

Der Antragsteller ist auch im Sinne von § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO antragsbefugt. Denn er erleidet durch die Anwendung der genannten Satzung einen Nachteil dadurch, dass er als gebührenpflichtiger Benutzer der Wasserversorgungseinrichtung der Antragsgegnerin auf Grund der angegriffenen Vorschrift zu Wassergebühren herangezogen worden ist. Dem steht nicht entgegen, dass die betroffene Vorschrift inzwischen außer Kraft getreten ist, denn sie hat im Zusammenhang mit dem auf ihrer Grundlage erlassenen Gebührenbescheid noch Auswirkung auf gegenwärtige Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten (vgl. VGH Bad.-Württ., NKB vom 30.1.1997 - 2 S 3224/95 -).

Der Antrag ist auch fristgerecht gestellt (§ 47 Abs. 2 S. 1 VwGO), jedoch unbegründet. Die Vorschrift des § 41 Abs. 1 Nr. 2 WVS ist gültig. Denn die darin getroffene Gebührenbemessungsregelung für den Wasserbezug verstößt weder gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen das Äquivalenzprinzip. Auch widerstreitet der in dieser Satzungsbestimmung normierte Gebührensatz nicht den Anforderungen des § 9 KAG in den hier maßgeblichen Fassungen vor und nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 12.2.1996 (GBl. vom 29.2.1996, S. 104) - KAG a.F. und n.F. -.

Nach der Rechtsprechung fordert der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, dass wesentlich Gleiches nicht willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches nicht willkürlich gleich behandelt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.10.1994, BWGZ 1995, 336 m.w.N. aus der Rechtspr.). Dies gilt auch für die das Abgabenrecht beherrschende Ausprägung des Art. 3 Abs. 1 GG als Grundsatz der Abgabengerechtigkeit (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.3.1995, BWGZ 1995, 511). Für die Erhebung von Benutzungsgebühren folgt hieraus, dass bei etwa gleicher Inanspruchnahme der kommunalen Einrichtung etwa gleiche Gebühren und bei unterschiedlicher Benutzung diesen Unterschieden in etwa angemessene Gebühren zu entrichten sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.3.1979, KStZ 1979, 155 m.w.N. aus der Rechtspr.; st. Rechtspr.). Mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG kommt es bei einer abgabenrechtlichen Ungleichbehandlung darauf an, ob für die Differenzierung sachlich einleuchtende Gründe bestehen; nicht entscheidend ist, ob der Satzungsgeber jeweils die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen hat (BVerwG, Urteil vom 21.10.1994, aaO; Urteil vom 16.9.1981, Buchholz 401.84 -Benutzungsgebühren Nr. 45, S. 11 ff.; st. Rechtspr.). Dem Ortsgesetzgeber ist deshalb ein weiter Gestaltungsspielraum eröffnet; Willkür kann ihm nur dann vorgeworfen werden, wenn sich kein vernünftiger, aus der Natur der Sache einleuchtender Grund für die Ungleichbehandlung finden lässt (BVerwG, Urteil vom 8.11.1968, BVerwGE 31, 33 f.; Urteil vom 21.10.1994, aaO; st. Rechtspr.). Solche sachlichen, die Ungleichbehandlung rechtfertigenden Gründe können sich aus dem Gesichtspunkt der Praktikabilität ergeben, wenn die dem strikten formalen Gleichbehandlungsgebot entsprechende Gebührenbemessung zu einem Verwaltungsaufwand führen würde, der in Anbetracht der nur geringfügigen beitragsmäßigen Auswirkungen in Bezug auf den erreichten Erfolg außerhalb eines tragfähigen Verhältnisses stünde (BVerwG, Urteil vom 21.10.1994, aaO, mit Nachw. aus der Rechtspr.). Dem Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität kommt demnach umso mehr Gewicht zu, je geringer die Auswirkungen der Unterschiede in der Leistung auf das diesen unterschiedlichen Leistungen entsprechende Entgelt sind (BVerwG, Urteil vom 21.10.1994, aaO mit Nachw. aus der Rechtspr.).

Nach diesen Grundsätzen ist die Regelung der Wasserbezugsgebühr in § 41 Abs. 1 Nr. 2 WVS mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Diese Vorschrift sieht einen einheitlichen Gebührensatz für jeden Wasserbezug im Satzungsgebiet vor. Die Satzung enthält keine Regelung, wonach der Wasserbezug als solcher daneben durch Beitragsleistungen zu entgelten ist. Seiner Natur nach ist der Beitrag kein Entgelt für den Vorteil, der in der tatsächlichen Benutzung einer öffentlichen Einrichtung liegt, sondern ein Ausgleich für den von der tatsächlichen Benutzung der öffentlichen Anlage unabhängigen Vorteil durch die Möglichkeit des Anschlusses eines Grundstücks an die Einrichtung (Seeger/Gössl, Kommunalabgabengesetz für Baden-Württemberg, Stand Juli 2001, § 10 Anm. 1; vgl. auch BVerfGE 9, 291, 297 und Senatsurteile vom 24.2.1983, VBlBW 1984, 25 und vom 1.3.1984, KStZ 1984, 213).

Es ist auch weder dargetan noch ersichtlich, dass die Antragsgegnerin die Finanzierung ihrer Wasserversorgungseinrichtung von der gleichzeitigen Erhebung von Beiträgen und Gebühren in der Weise auf die ausschließliche Gebührenerhebung umgestellt hat, dass die Grundstückseigentümer, die bereits Beiträge geleistet haben, unter Verstoß gegen den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung nochmals zur Beteiligung am Ersatz des (teilweisen) Herstellungsaufwands herangezogen werden, der nach seiner rechtlichen Ausgestaltung bereits durch den Beitrag geleistet werden musste (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16.9.1981, KStZ 1982, 69; OVG NW, Urteil vom 17.9.1980, DVBl. 1981, 831). Ohne rechtliche Bedeutung sind die vom Antragsteller gerügten wirtschaftlichen Auswirkungen der Beitragserhebungspraxis auf die Höhe des festgesetzten Gebührensatzes. Beiträge "entlasten" die Gebührenkalkulation zwar, weil kalkulatorische Kosten insoweit nicht zum Ansatz kommen, als der Herstellungsaufwand durch Beiträge gedeckt ist (§ 9 Abs. 3 KAG). Dies bedeutet jedoch nicht, dass den Grundstückseigentümern bei den von ihnen für die Benutzung einer Einrichtung zu entrichtenden Gebühren mit Blick auf die von ihnen zum Ausgleich für die Anschlussmöglichkeit an die öffentliche Einrichtung mitgetragenen Kosten ein Nachlass zusteht. Findet wegen der unterschiedlichen Ausgleichszwecke, denen sie dienen, keine individuelle Anrechnung bezahlter Beiträge auf die Gebührenbelastung einzelner Grundstücke statt, bleibt auch unberücksichtigt, ob die Anschlussmöglichkeit des einzelnen Grundstücks im Einzelfall überhaupt zur Beitragsveranlagung geführt hat. Auch trifft es nicht zu, dass die "Beitragszahler" - der Sache nach - unter Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip mehr für den Wasserbezug bezahlen müssen als "Nichtbeitragszahler".

Ist - wie dargelegt - eine vom Antragsteller geltend gemachte "Doppelbelastung" daher nicht anzunehmen, weil es Beitrag und Gebühr an der unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten zu fordernden Vergleichbarkeit fehlt (zur fehlenden Identität auch OVG NW, Urteil vom 17.9.1980, aaO), so verliert auch die in der mündlichen Verhandlung in den Vordergrund gerückte Frage, ob der Gemeinderat der Antragsgegnerin sich mit der Frage des "gesplitteten" Gebührensatzes aus Rechtsgründen befassen müsse, an Bedeutung.

Dem Satzungsbeschluss vom 7.11.2000 über den Wassergebührensatz für das Jahr 2000 lag auch keine gegen § 9 KAG verstoßende Gebührenkalkulation zugrunde.

Nach § 9 Abs. 1 S. 1 KAG können u.a. die Gemeinden für die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen Benutzungsgebühren erheben. Dabei dürfen - so Absatz 2 S. 1 dieser Bestimmung - die Gebühren höchstens so bemessen werden, dass die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten der Einrichtung gedeckt werden. Ausgehend hiervon ist eine diese "Kosten" umfassende Gebührenkalkulation für die Wirksamkeit einer Festlegung des Gebührensatzes als Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Gebührensatzung zu fordern.

Über die Höhe des Gebührensatzes, dessen Festsetzung zum Mindestinhalt einer Abgabensatzung gehört (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG), hat der Gemeinderat als zuständiges Rechtssetzungsorgan (§ 4 GemO) innerhalb der gesetzlichen Schranken nach pflichtgemäßem Ermessen zu beschließen. Voraussetzung für eine sachgerechte Ermessensausübung ist eine Gebührenkalkulation, aus der die kostendeckende Gebührensatzobergrenze hervorgeht, die durch Kalkulation der ansatzfähigen Kosten und deren Aufteilung auf die ermittelten Leistungseinheiten ermittelt wird. Ist dem Rechtssetzungsorgan vor oder bei seiner Beschlussfassung über den Gebührensatz eine solche Kalkulation nicht zur Billigung unterbreitet worden oder ist die unterbreitete Gebührenkalkulation in einem für die Gebührensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft, hat dies die Ungültigkeit des Gebührensatzes zur Folge, weil das Rechtssetzungsorgan das ihm bei der Festsetzung der Gebührensätze eingeräumte Ermessen nicht fehlerfrei ausüben konnte (st. Rspr. des Senats, vgl. etwa den Normenkontrollbeschluss vom 27.2.1996, ESVGH 46, 177 = VBlBW 1996, 382 m.w.N.).

In die Gebührenkalkulation wurden zur Ermittlung der kostendeckenden Gebührensatzobergrenze für den Kalkulationszeitraum 2000 bis 2002, die in der angegriffenen Satzungsbestimmung in voller Höhe übernommen wurde, nicht - wie der Antragsteller rügt - Kosten eingestellt, die nicht gebührenfähig sind. Gebührenfähig sind gem. § 9 Abs. 2 S. 1 KAG die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten der Einrichtung. Kosten in diesem Sinne sind in Geld ausgedrückter Verbrauch (bewerteter Verzehr) von wirtschaftlichen Gütern und Dienstleistungen innerhalb einer bestimmten Rechnungsperiode. Vom betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff werden neben den laufenden Unterhaltungskosten die sog. kalkulatorischen Kosten im Sinne von § 9 Abs. 3 KAG erfasst (Anlageverzinsung und Abschreibung), die grundsätzlich aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu ermitteln sind (NKU des Senats vom 13.5.1997 - 2 S 3246/94 -; st. Rechtspr.).

Die Herstellungsinvestitionen sind hier - entsprechend der gesetzlichen Vorgabe des § 9 Abs. 3 KAG - fehlerfrei über kalkulatorische Abschreibungen und Zinsen in die Gebührenkalkulation eingestellt worden. Die Betriebsbedingtheit dieser Kosten kann schon vom Ansatz her nicht durch eine unterlassene Beitragserhebung in Frage gestellt werden. Beiträge "entlasten" die Gebührenkalkulation zwar, weil insoweit kalkulatorische Kosten nicht zum Ansatz kommen, als der Herstellungsaufwand durch sie gedeckt ist. Fehlt es jedoch an einer derartigen Kostendeckung verbleibt es bei ihrer kalkulatorischen Berücksichtigungsfähigkeit und -bedürftigkeit.

Die Berücksichtigungsbedürftigkeit von Frondiensten wurde zwar geltend gemacht. Jedoch ist schon weder ersichtlich noch dargetan, um welche Frondienste im Einzelnen es sich handeln soll.

Die Rüge der Art der Berücksichtigung von Kostenüberdeckungen aus den Jahren 1990 bis 1993 ist nicht berechtigt. Nach § 9 Abs. 2 S. 4 KAG, der nach Art. 5 des Gesetzes vom 12.2.1996 (GBl. vom 29.2.1996, S. 104) auch für Kostenüberdeckungen und Kostenunterdeckungen, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes entstanden sind, gilt, sind Kostenüberdeckungen, die sich am Ende des Bemessungszeitraums ergeben, bei ein- oder mehrjähriger Gebührenbemessung innerhalb der folgenden fünf Jahre auszugleichen. Einen Anspruch auf den Ausgleich von Kostenüberdeckungen, die sich am länger als fünf Jahre zurückliegenden Ende eines Bemessungszeitraums ergaben, begründet die Vorschrift ebenso wenig wie ein Recht auf den Ausgleich von zu diesem Zeitpunkt festgestellten Unterdeckungen. Auch bezieht sie sich lediglich auf Über- und Unterdeckungen, die sich zu diesem Zeitpunkt auf Grund eines Abgleichs der Einnahmen und Ausgaben - ungeachtet der methodischen Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Gebührenkalkulation - ergeben. Nicht unter § 9 Abs. 2 S. 4 KAG fallen - schon seinem Wortlaut nach - solche "Über-" und "Unterdeckungen", die sich aus der nachträglichen Feststellung überhöhter Gebührensatzregelungen ergeben. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, wenn die auf diese Weise ermittelten "Kostenüberdeckungen" bei zukünftigen Gebührenberechnungen berücksichtigt werden, wobei dies - in Anlehnung an die Regelung des § 9 Abs. 2 S. 4 KAG - jedoch nicht im Jahr der Feststellung geschehen muss.

Nach dem Ausgeführten ist es nicht zu beanstanden, dass die im Jahr 2000 für die Jahre 1990 bis 1993 nachträglich ermittelten "Kostenüberdeckungen" nicht ausschließlich zugunsten der Bestimmung des Gebührensatzes für das Jahr 2000, sondern im Wege der Saldierung der Jahresabschlüsse der Jahre 1990 bis 1999 auch den beiden Folgejahren der Sache nach zugute gebracht worden sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision (§ 132 Abs. 1 VwGO) ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss

vom 27. Januar 2003

Der Streitwert wird für das Verfahren auf 4.000,-- EUR festgesetzt (§ 13 Abs. 1 S. 2 GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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