Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 21.10.2009
Aktenzeichen: 2 S 721/09
Rechtsgebiete: KAG


Vorschriften:

KAG § 42 Abs. 1 Satz 1
§ 42 Abs. 1 S. 1 KAG ist einschränkend dahin zu verstehen, dass ein Anspruch auf Kostenersatz nur begründet werden darf für Maßnahmen, die dem Grundstückseigentümer einen Nutzen bringen, sofern der Eigentümer die Maßnahme nicht selbst beantragt oder die Gemeinde die Maßnahme mit seinem Wissen und Wollen durchgeführt hat .
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

2 S 721/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Kostenersatz für die Reparatur einer Wasserhausanschlussleitung

hat der 2. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. Oktober 2009

am 21. Oktober 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen - 5 K 1855/06 - vom 25. August 2008 geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 13. März 2006 sowie der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 5. Oktober 2006 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, den von der Klägerin aufgrund des Bescheids bezahlten Betrag von - einschließlich Säumniszuschlägen und Mahngebühren - 5.118,69 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. November 2006 zu erstatten. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu Kosten, die der Beklagten für die Reparatur eines Wasserrohrbruchs entstanden sind.

Die Klägerin ist seit 1982 Eigentümerin des am Ortsrand von Mühlhofen gelegenen Grundstücks Flst.Nr. xxxxx, das mit einem vor 1931 errichteten, ca. 7 m x 4 m großen, ehemals landwirtschaftlich genutzten Gebäude bebaut ist. Das Grundstück grenzt nach Westen an das seinerseits an die xxxxxxxxxxxxxxxxxxx grenzende, mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück Flst.Nr. xxxxx. Von der in der xxxxxxxxxxxxxxx verlegten Trinkwasserleitung zweigt eine Leitung ab, mit der das Wohnhaus auf dem Grundstück Flst.Nr. xxxxx mit Trinkwasser versorgt wird. Ob auch das Grundstück der Klägerin über diese Leitung an die Trinkwasserversorgung angeschlossen ist, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Am 9.1.2006 wurde auf dem Nachbargrundstück der Klägerin ein Wasserrohrbruch festgestellt. Die Klägerin wurde daraufhin am 10.1.2006 von zwei Mitarbeitern der Beklagten (Wassermeister xxxxxx und dessen Mitarbeiter xxxxxxxx) aufgesucht und unterzeichnete dabei folgende Erklärung:

Behebung von Wasserrohrbrüchen, Änderungen und Erneuerungen von Wasserhausanschlüssen entsprechend der Wasserversorgungssatzung (WVS) der Gemeinde Uhldingen-Mühlhofen.

Nach § 14 Abs. 1 der Satzung ist der Unterzeichner bzw. Anschlussnehmer aufgefordert, die Reparaturarbeiten eines vom Wasserwerk Uhldingen-Mühlhofen festgestellten Wasserrohrbruches an seiner Anschlussleitung mit verbundenen Tiefbauarbeiten umgehend durch das Wasserwerk Uhldingen-Mühlhofen zu veranlassen.

Nach § 15 der WVS ist der Anschlussnehmer kostenpflichtig.

Kommt der Unterzeichner bzw. Anschlussnehmer dieser Aufforderung nicht umgehend nach, ist das Wasserwerk im Interesse einer reibungslosen Trinkwasserversorgung befugt, eine Firma mit den Reparaturarbeiten zu beauftragen.

Anerkannt, den 10.1.06

gez. x. xxxxxxxx

(Anschlussnehmer)

Die Arbeiten an der Leitung wurden in der Zeit vom 11. bis 16.1.2006 von einer von der Beklagten beauftragten Firma durchgeführt. Nach Abschluss der Maßnahmen forderte die Beklagte mit Bescheid vom 13.3.2006 von der Klägerin Ersatz eines Teils der für die Reparatur entstandenen Kosten, den sie mit 4.994,17 € berechnete. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 31.3.2006 Widerspruch ein und brachte zur Begründung vor, ein von ihr gestellter Bauantrag sei vor einiger Zeit abgelehnt worden, da ihr Grundstück im Außenbereich liege. Ein gegebenenfalls von der Gemeinde eingerichteter Hausanschluss sei von ihr nicht in Auftrag gegeben worden. Das Gleiche gelte für die gemäß dem Bescheid erfolgte Reparatur. Das von ihr am 10.1.2006 unterzeichnete Schriftstück sei kein Auftrag, sondern enthalte nur die Bestätigung, dass sie von den Satzungsregelungen der Beklagten Kenntnis genommen habe.

Das Landratsamt Bodenseekreis wies den Widerspruch der Klägerin am 5.10.2006 mit der Begründung zurück, die Klägerin sei zum Ersatz der Kosten für die Erneuerung und Unterhaltung ihres Grundstücksanschlusses verpflichtet, da der Schadensfall an der mit ihrem Nachbarn gemeinsam genutzten Wasseranschlussleitung eingetreten sei. Soweit sich die Klägerin dadurch beschwert fühle, dass der Grundstücksanschluss nicht nach ihren Vorstellungen genutzt werden könne, sei dem entgegen zu halten, dass die Klägerin auf ihr Benutzungsrecht vor Erneuerung der Wasserleitung hätte verzichten können. Davon habe die Klägerin jedoch keinen Gebrauch gemacht und genieße deshalb weiterhin den Vorteil eines mit Trinkwasser erschlossenen Grundstücks.

Die Klägerin hat am 8.11.2006 beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben mit dem Antrag, den Bescheid der Beklagten vom 13.3.2006 sowie den Widerspruchsbescheid aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, den aufgrund des Bescheids bezahlten Betrag einschließlich Säumniszuschlägen und Mahngebühren zu erstatten. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, das von ihr unterzeichnete Schriftstück sei nicht als Auftrag anzusehen. Durch die Unterzeichnung des Schriftstücks entstehe deshalb keine Verpflichtung zur Bezahlung des in Rechnung gestellten Betrags. Das Bestehen eines Hausanschlusses werde bestritten. Auf ihrem Grundstück befinde sich oberirdisch keine Wasserentnahmemöglichkeit. Wenn auf ihrem Grundstück jemals in der Vergangenheit Wasser benutzt worden sei, sei dies nicht aus einer Wasserleitung entnommen, sondern aus dem Bach geschöpft worden. Weder sie noch einer ihrer Rechtsvorgänger habe jemals einen Auftrag zur Errichtung eines Hausanschlusses gegeben. Ein von der Beklagten hergestellter Hausanschluss bringe für sie zudem keinerlei Nutzen, da ihr Grundstück im Außenbereich gelegen sei und deshalb nicht bebaut werden könne. Sie bestreite im Übrigen, dass die geltend gemachten Kosten allein ihren Hausanschluss beträfen und dass der Aufwand angemessen gewesen sei. Bei den von der Beklagten durchgeführten Maßnahmen sei offenkundig ein neuer Hausanschluss gelegt worden, weil die Suche nach dem angeblich vorhandenen alten Anschluss zu aufwändig gewesen sei.

Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und erwidert, das Grundstück der Klägerin sei seit Jahrzehnten an die gemeindliche Wasserversorgung angeschlossen. Der Anschluss erfolge über das benachbarte Grundstück Flst.Nr. xxxxx in Form einer gemeinsamen Anschlussleitung. Die für die Reparaturarbeiten entstandenen Kosten seien entsprechend den gemeinsamen sowie jeweils einzeln genutzten Leitungsteilen auf das Grundstück der Klägerin sowie das Nachbargrundstück aufgeteilt worden. Von der Möglichkeit, vollständig auf den Wasseranschluss ihres lediglich mit einem Nebengebäude bebauten Grundstücks zu verzichten, habe die Klägerin bei dem Gespräch am 10.1.2006 keinen Gebrauch gemacht. Ob die Klägerin den Anschluss jemals veranlasst oder das Grundstück bereits angeschlossen von ihrem Rechtsvorgänger übernommen habe, sei unerheblich. Auch komme es nicht darauf an, wann der Anschluss an das Wasserversorgungsnetz tatsächlich erfolgt sei. Der Bestandsplan zur Wasserversorgung der damals noch selbständigen Gemeinde Mühlhofen vom 1.10.1963 weise nicht nur den Anschluss des Vorderliegergrundstücks Flst.Nr. xxxxx, sondern auch denjenigen des Grundstücks der Klägerin aus. Auch nach den Angaben des Wassermeisters xxxxxx bestehe kein Zweifel an der Existenz eines Anschlusses des Grundstücks der Klägerin. Denn nach seinen Angaben gebe es an dem Kontrollschacht vor dem Grundstück der Klägerin einen noch heute zu besichtigenden Schieber, mit welchem der Anschluss des Grundstücks der Klägerin gesperrt werden könne. Lediglich über die Lage der anschließenden Leitung habe der Wassermeister keine Aussage machen können, da zum Zeitpunkt der Reparatur der Boden ca. 30 bis 40 cm tief gefroren gewesen sei, so dass ein normaler Aufbruch in Tagebauweise außerordentlich erschwert gewesen sei. Man habe deshalb aus wirtschaftlichen Gründen die sogenannte Durchpressungsmethode angewendet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 25.8.2008 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der angefochtene Bescheid finde seine Rechtsgrundlage in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WVS in Verbindung mit § 42 KAG. Die Klägerin sei Anschlussnehmerin im Sinne des zuerst genannten Vorschrift, da ihr Grundstück an die Wasserversorgungsanlage der Beklagten angeschlossen sei. Die Existenz eines derartigen Anschlusses ergebe sich aus den von der Beklagten vorgelegten Plänen. Da im Bestandsplan aus dem Jahre 1963 der Anschluss des Grundstücks an die Wasserversorgung erkennbar sei, darüber hinaus bereits im Feuerversicherungsbuch der Gemeinde Mühlhofen aus dem Jahre 1931 ein Stallgebäude aufgeführt sei und ein Viehstall typischerweise über einen Wasseranschluss verfüge, sei nach dem Beweis des ersten Anscheins davon auszugehen, dass spätestens 1963 - möglicherweise auch deutlich früher - mit Wissen und Wollen der damaligen Eigentümer ein Hausanschluss für das Grundstück hergestellt worden sei und seither existiere. Bei diesem Anschluss handle es sich um einen notwendigen Hausanschluss im Sinne der Satzung der Beklagten, da er dem erstmaligen Anschluss des Grundstücks an die Wasserversorgungsanlage der Beklagten diene. Das Wort "Hausanschluss" setze nicht voraus, dass das Grundstück des Anschlussnehmers mit einem Haus oder gar einem Wohnhaus bebaut sei. Ob auf dem Grundstück der Klägerin derzeit eine tatsächliche Wasserentnahmemöglichkeit bestehe, sei für das Bestehen eines Hausanschlusses irrelevant. Die Art und Weise der Aufteilung der Kosten auf die Klägerin und ihre Nachbarn begegne ebenfalls keinen Bedenken. Soweit die Rohrarbeiten nur dem einen oder dem anderen Grundstück gedient hätten, habe sie der jeweilige Eigentümer in voller Höhe zu tragen, ansonsten seien sie von der Klägerin und ihrem Nachbarn zur Hälfte zu erstatten. Die Erforderlichkeit der Kosten werde von der Klägerin nur unsubstantiiert bestritten. Die Heranziehung der Klägerin zur Kostenerstattung sei auch nicht deshalb unverhältnismäßig und damit rechtswidrig, weil das Grundstück im Außenbereich liege und kein Anschluss- und Benutzungszwang an die Wasserversorgung der Beklagten bestehe. Irrelevant sei ferner, ob die Klägerin die Reparaturmaßnahmen veranlasst habe oder nicht. Ob eine Heranziehung zur Kostenerstattung im Einzelfall unverhältnismäßig sein könne, wenn offensichtlich sei, dass die Herstellung, Reparatur oder Erneuerung eines Hausanschlusses für ein Grundstück völlig wertlos sei, könne dahinstehen, da ein solcher Fall hier nicht gegeben sei. Das Grundstück der Klägerin verfüge seit Jahrzehnten über einen Anschluss an die Wasserversorgung, von dem davon auszugehen sei, dass er rechtmäßig errichtet worden sei. Das Grundstück sei mit einem Schuppen-/Stallgebäude bebaut, so dass eine Nutzung zur Tierhaltung möglich sei. In einer solchen Situation sei der Anschluss des Grundstücks an die Wasserversorgung nicht offenkundig nutzlos.

Gegen das Urteil richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 23.3.2009 zugelassene Berufung der Klägerin, zu deren Begründung die Klägerin in erster Linie auf ihr erstinstanzliches Vorbringen verweist.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen - 5 K 1855/06 - vom 25. August 2008 zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 13. März 2006 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 5. Oktober 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den von ihr aufgrund des Bescheids bezahlten Betrag von - einschließlich Säumniszuschlägen und Mahngebühren - 5.118,69 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Mai 2006 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert: Der Hausanschluss bestehe nach § 15 Abs. 1 WVS aus der Verbindung des Verteilungsnetzes mit der Anlage des Anschlussnehmers. Er beginne an der Abzweigstelle des Verteilungsnetzes und ende mit der Hauptabsperrvorrichtung. Insofern wäre der Hausanschluss der Klägerin nicht komplett, solange er nur in das Grundstück, nicht aber bis zu dem darauf stehenden Gebäude bzw. einer dortigen Hauptabsperrvorrichtung weiter geführt sei. § 15 Abs. 2 WVS gebe jedoch nichts dafür her, dass ein Erstattungsanspruch die zuvor erfolgte endgültige Herstellung des Hausanschlusses voraussetze. Eine derartige Auslegung entspräche auch nicht den praktischen Erfordernissen der Herstellung von Hausanschlüssen, da diese - insbesondere bei Neubaugebieten - typischerweise in Etappen hergestellt werden würden. Dazu würden zunächst nur die Grundstücke angeschlossen, während die Verbindung zu der konkreten Übernahmestelle (Hauptabsperrvorrichtung) erst später nach Maßgabe der Bedürfnisse des einzelnen Bauherrn hergestellt werde. Zwischen diesen beiden Schritten lägen oftmals Jahre, da zum Zeitpunkt des Anschlusses des Grundstücks regelmäßig noch keine private Bauplanung vorliege. Würde man § 15 Abs. 2 WVS dahingehend auslegen, dass Kosten für Unterhaltungs-, Erneuerungs- oder Veränderungsmaßnahmen erst nach erstmaliger endgültiger Herstellung des Hausanschlusses vom Grundstückseigentümer zu tragen wäre, verbliebe das Kostenrisiko zunächst in vollem Umfang bei der Gemeinde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die Akten des Verwaltungsgerichts und der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist im Wesentlichen begründet. Die Beklagte hat die Klägerin zu Unrecht zur Erstattung eines Teils der Kosten verpflichtet, die ihr durch die Arbeiten an der zum Grundstück der Klägerin führenden Anschlussleitung entstanden sind. Der angefochtene Bescheid ist daher rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin kann danach ferner verlangen, dass die Beklagte den aufgrund des rechtswidrigen Bescheids bezahlten Betrag von - einschließlich Säumniszuschlägen und Mahngebühren - 5.118,69 € erstattet. Die geltend gemachten Zinsen aus diesem Betrag stehen der Klägerin jedoch nicht schon ab 25.5.2006, sondern erst ab dem Eintritt der Rechtshängigkeit zu.

1. Die Klägerin ist nicht gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 der Satzung der Beklagten über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser (Wasserversorgungssatzung - WVS) vom 23.9.1997/15.12.1998 verpflichtet, der Beklagten einen Teil der Kosten zu erstatten, die dieser durch die Arbeiten an der zum Grundstück der Klägerin reichenden Anschlussleitung entstanden sind.

a) Nach dem von der Beklagten während des Verfahrens vorgelegten Bestandsplan des gemeindlichen Wasserleitungsnetzes vom 1.10.1963 zweigt von der in der xxxxxxxxxxxxxxx verlegten Trinkwasserhauptleitung eine über das Grundstück Flst.Nr. xxxxx führende Anschlussleitung ab, die auf dem angrenzenden Grundstück der Klägerin ca. 0,5 m hinter der Grundstücksgrenze endet. Der Senat geht davon aus, dass dieser Plan die tatsächlichen Verhältnisse in dem hier interessierenden Bereich zutreffend wiedergibt und das Grundstück der Klägerin somit über einen Anschluss an die öffentliche Trinkwasserversorgung verfügt. Er unterstellt zu Gunsten der Beklagten ferner als richtig, dass bei den in der Zeit vom 11. bis 16.1.2006 im Auftrag der Beklagten durchgeführten Baumaßnahmen nicht nur eine neue Leitung zu dem auf Grundstück Flst.Nr. xxxxx vorhandenen Wohnhaus gelegt, sondern auch der folgende, bis über die Grenze zum Grundstück der Klägerin führende Teil der Leitung erneuert worden ist.

b) Der von der Beklagten angenommenen Verpflichtung der Klägerin, einen Teil der hierfür entstandenen Kosten zu erstatten, dürfte nicht entgegen stehen, dass § 15 Abs. 1 Nr. 1 WVS von Kosten der Herstellung, Unterhaltung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung der "notwendigen Hausanschlüsse" spricht und § 14 Abs. 1 WVS als Hausanschluss die Verbindung des Verteilungsnetzes mit der Anlage des Anschlussnehmers definiert. Zwar ist auf dem Grundstück der Klägerin offenbar keine Anlage vorhanden, mit der aus dem Verteilungsnetz der Beklagten Wasser entnommen werden könnte. Das dürfte jedoch unschädlich sein. Die Regelung in § 15 Abs. 1 Nr. 1 WVS beruht auf § 42 Abs. 1 S. 1 KAG, wonach die Gemeinden durch Satzung bestimmen können, dass ihnen die Kosten für die Herstellung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung sowie für die Unterhaltung der Haus- oder Grundstücksanschlüsse an Versorgungsleitungen und Abwasserbeseitigungsanlagen zu ersetzen sind. Die von dieser Vorschrift verwendeten Begriffe Haus- und Grundstücksanschlüsse sind nicht synonym. Unter Hausanschluss im Sinne des § 42 Abs. 1 S. 1 KAG ist in Übereinstimmung mit der Definition in § 14 Abs. 1 WVS die Verbindung des Verteilungsnetzes mit der angeschlossenen baulichen oder sonstigen Anlage zu verstehen, die an der Abzweigstelle des Verteilungsnetzes beginnt und mit der Hauptabsperrvorrichtung endet (vgl. Gössl/Reif, KAG für Bad.-Württ., Stand Dezember 2008, § 42 Anm. 1.2.1 sowie § 10 Abs. 1 AVBWasserV). Der Hausanschluss umfasst damit auch den Grundstücksanschluss, d. h. den Teil der genannten Verbindung, der abzweigend von der Hauptleitung bis zur Grundstücksgrenze des Anschlussnehmers reicht (Gössl/Reif, aaO, Anm. 1.2.2; Dietzel in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2009, § 10 Rn. 15). Zu der Annahme, die Anwendung des § 15 WVS bedinge, dass die Hausanschlussleitung bereits vollständig hergestellt worden ist, besteht im Hinblick hierauf keine Veranlassung. Für die Anwendung der Vorschrift dürfte vielmehr die Existenz eines Grundstücksanschlusses und damit eines bloßen Teils des Hausanschlusses als ausreichend zu erachten sein.

c) Ein Erstattungsanspruch der Beklagten gegen die Klägerin ist jedoch deshalb zu verneinen, weil die von der Beklagten vorgenommenen Maßnahmen unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen ohne Nutzen für die Klägerin waren.

Ob der Anspruch auf Kostenersatz für Haus- oder Grundstücksanschlüsse, der außer in § 42 Abs. 1 S. 1 KAG auch in den Kommunalabgabengesetzen anderer Bundesländer vorgesehen ist, voraussetzt, dass mit dem Vorhandensein des Anschlusses ein Vorteil für den Eigentümer des angeschlossenen Grundstücks verbunden ist, ist umstritten (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile v. 17.1.1996 - 22 A 2467/93 - KStZ 1997, 217 und 18.5.1993 - 22 A 2169/91 - KStZ 1995, 118 sowie Dietzel, a.a.O., § 10 Rn. 29 einerseits und OVG Niedersachsen, Urt. v. 17.3.2000 - 9 L 4271/99 - NVwZ-RR 2000, 822 andererseits). Der Senat hat die Frage in seiner bisherigen Rechtsprechung offen gelassen (vgl. Beschl. vom 25.8.2003 - 2 S 2648/02 - BWGZ 2004, 60). Er beantwortet sie nunmehr wie folgt: Nach der bereits zitierten Regelung in § 42 Abs. 1 S. 1 KAG ist es den Gemeinden gestattet, durch Satzung zu bestimmen, dass ihnen die Kosten für die Herstellung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung sowie für die Unterhaltung der Haus- oder Grundstücksanschlüsse ersetzt werden. Die Vorschrift regelt damit einen besonderen öffentlich-rechtlichen Aufwendungsersatzanspruch. Dieser Anspruch findet seine Rechtfertigung darin, dass die in der Vorschrift genannten Maßnahmen regelmäßig jedenfalls auch im Interesse des Eigentümers des betreffenden Grundstücks durchgeführt werden und diesem einen Vorteil verschaffen. Diese Rechtfertigung des Anspruchs führt zugleich zu seiner Begrenzung. § 42 Abs. 1 S. 1 KAG ist danach einschränkend dahin zu verstehen, dass ein Anspruch auf Kostenersatz nur begründet werden darf für Maßnahmen, die dem Grundstückseigentümer einen Nutzen bringen, sofern der Eigentümer die Maßnahme nicht selbst beantragt oder die Gemeinde die Maßnahme mit seinem Wissen und Wollen durchgeführt hat (im Ergebnis zumindest ähnlich Gössl/Reif, KAG für Bad.-Württ., Stand Dezember 2008, § 42 Anm. 3.4, S. 17).

Die auf dieser Vorschrift beruhende Regelung in § 15 Abs. 1 WVS ist in der gleichen Weise auszulegen. Eine Verpflichtung der Klägerin, die der Beklagten für die von ihr veranlassten Maßnahmen entstandenen Kosten zu erstatten, ist hiervon ausgehend nicht gegeben, da nicht ersichtlich ist, dass diese Maßnahmen der Klägerin in irgendeiner Weise von Nutzen waren. Das auf Grundstück der Klägerin vorhandene, ehemals landwirtschaftlich genutzte Gebäude steht seit längerer Zeit leer. Die Darstellung der Klägerin, dass das Gebäude über keinen Anschluss an die Wasserversorgung verfügt und auch in der Vergangenheit nicht verfügt hat, hat die Beklagte zuletzt nicht mehr bestritten, sondern als zutreffend eingeräumt. Das Grundstück wird - jedenfalls derzeit - auch nicht in einer anderen Weise genutzt, für die ein Trinkwasseranschluss von Vorteil ist. Eine solche Nutzung ist auch in absehbarer Zukunft nicht zu erwarten, da das Grundstück im Außenbereich liegt und daher grundsätzlich nicht bebaubar ist.

Ein Anspruch der Beklagten auf Ersatz der ihr entstandenen Kosten wäre folglich nur dann zu bejahen, wenn die Klägerin die Maßnahmen selbst beantragt oder die Maßnahmen mit Wissen und Wollen der Klägerin durchgeführt worden wären. Der Senat kann weder das eine noch das andere feststellen. Aus dem Formular, das die Klägerin am 10.1.2006 bei dem mit den Mitarbeitern der Beklagten geführten Gespräch unterzeichnet hat, ergibt sich lediglich, dass die Klägerin auf die Regelungen in den §§ 14 und 15 der Satzung der Beklagten hingewiesen wurde und sie diese Regelungen zur Kenntnis genommen hat. Die Unterzeichnung des Formulars lässt aber weder den Schluss zu, dass die Klägerin die von der Beklagten für erforderlich gehaltenen Reparaturarbeiten in Auftrag geben wollte, noch erlaubt sie die Annahme, dass die Durchführung der Arbeiten ihren Wünschen entsprach.

Über den Inhalt des Gesprächs selbst gehen die Angaben der hieran Beteiligten auseinander. Der Wassermeister der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, er habe die Klägerin zunächst über den Wasserrohrbruch auf dem Grundstück ihrer Nachbarn unterrichtet und sie danach gefragt, ob sie im Rahmen der erforderlichen Reparatur des Rohrbruchs auch eine Erneuerung des zu ihrem Grundstück führenden Teils der Anschlussleitung wünsche. Die Klägerin habe dies bejaht. Die Klägerin hat diese Darstellung bestritten. Nach ihrer Schilderung des Gesprächs wurde ihr eine solche Frage nicht gestellt. Über die von der Beklagten im Einzelnen geplanten Maßnahmen sei auch sonst nicht gesprochen worden.

Der genaue Verlauf des Gesprächs zwischen Klägerin und dem Wassermeister der Beklagten erweist sich damit in dem betreffenden Punkt als nicht aufklärbar. Der Nachweis dafür, dass die Klägerin die Reparaturmaßnahmen selbst beantragt oder die Maßnahmen jedenfalls mit ihrem Wissen und Wollen durchgeführt worden sind, kann danach nicht erbracht werden. Die Beweislast für diesen Sachverhalt trägt die Beklagte.

2. Die Klägerin kann - außer der Aufhebung des somit rechtswidrigen Bescheids - auch verlangen, dass ihr der aufgrund des Bescheids bezahlte Betrag einschließlich Säumniszuschlägen und Mahngebühren von der Beklagten erstattet wird.

Mit der Aufhebung eines Verwaltungsakts entsteht ein Anspruch des durch den Verwaltungsakt Verpflichteten auf Beseitigung der unmittelbaren und noch andauernden Folgen der Vollziehung des Verwaltungsakts (Kopp/Schenke, Komm. zur VwGO, 15. Aufl., § 113 Rn. 80). Die Klägerin hat den mit dem angefochtenen Bescheid verlangten Betrag sowie die von der Beklagten ferner geforderten Säumniszuschläge und Mahngebühren unstreitig bezahlt. Der angefochtene Bescheid wurde damit im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO "vollzogen". Die Beklagte ist demnach verpflichtet, den von der Kläger bezahlten Betrag zu erstatten und damit die Folgen dieses Vollzugs rückgängig zu machen. Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann dies gleichzeitig mit der Aufhebung des rechtswidrigen Bescheids ausgesprochen werden.

3. Der Klägerin stehen in entsprechender Anwendung des § 291 Satz 1 BGB Prozesszinsen ab dem Eintritt der Rechtshängigkeit zu. Ein darüber hinaus gehender Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen ist dagegen zu verneinen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gibt es keinen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts, der zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet; vielmehr gilt für die Nichterfüllung öffentlich-rechtlicher Geldforderungen des Staates der in § 233 S. 1 AO zum Ausdruck gekommene abgabenrechtliche Grundsatz, dass Zinsen nur aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Grundlage verlangt werden können (vgl. BVerwG, Urt. vom 3.11.1988 - 5 C 38.84 - NVwZ 1989, 870 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). An einer solchen spezialgesetzlichen Regelung über die Zahlung von Verzugszinsen fehlt es im vorliegenden Fall.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.118,69 € festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

Zurück