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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 08.11.2002
Aktenzeichen: 3 S 107/02
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 17 Abs. 1 Satz 2
Zurückstellung und Veränderungssperre sind grundstücksbezogene Maßnahmen. Jede einer Veränderungssperre unmittelbar vorausgehende Zurückstellung eines Baugesuchs ist daher bei der individuellen Berechnung der Dauer einer Veränderungssperre den Grundstückseigentümern gegenüber anzurechnen, die hierdurch schon vor Inkrafttreten der Veränderungssperre ihr Eigentum nicht im gewollten Maße nutzen konnten.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

3 S 107/02

Verkündet am 08.11.2002

In der Verwaltungsrechtssache

wegen versagten Bauvorbescheids

hat der 3. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Stopfkuchen-Menzel, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Fricke und den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schieber auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 6. November 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 22.5.2001 - 3 K 1511/00 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die gerichtliche Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet war, ihm einen Bauvorbescheid zu erteilen.

Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks Flst.-Nr. 4547/1 (XXXXXX-XXXXXXXXXXX XX X) sowie der unbebauten Grundstücke Flst.-Nrn. 4547, 4543/6 und 4547/3 im Stadtteil Schlierbach.

Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich des am 18.2.1998 beschlossenen und am 26.8.1998 öffentlich bekannt gemachten Bebauungsplans "Schlierbach - Bereich zwischen Elisabethenweg und Rombachweg" der Antragsgegnerin. Nachdem der erkennende Senat mit - rechtskräftigen - Urteilen vom 15.12.1999 - 3 S 1164/99, 3 S 2086/99, 3 S 2543/99, 3 S 2580/99 und 3 S 3244/98 - diesen Bebauungsplan, soweit er das Grundstück Flst.-Nr. 4630/8 betrifft, für nicht wirksam erklärt hat bis die in den Entscheidungsgründen genannten Mängel behoben sind, änderte der Gemeinderat den Bebauungsplan zuletzt am 17.5.2001. Diese Änderung wurde am 30.5.2001 öffentlich bekannt gemacht.

Am 26.1.1995 beschloss der Gemeinderat der Beklagten den Erlass einer Veränderungssperre für das Plangebiet, die nach öffentlicher Bekanntmachung am 17.2.1995 in Kraft getreten ist und in der Folgezeit zweimal, zuletzt bis zum 16.2.1999 verlängert worden ist.

Bereits im April 1993 beantragte die Firma XXXX & Partner Bauplanungsgesellschaft mbH als Bauherr unter nachträglicher Vorlage einer Vollmacht des Klägers die Erteilung eines Bauvorbescheids für den Neubau von drei Einfamilienhäusern mit jeweils zwei Wohneinheiten auf den Grundstücken des Klägers. Diesen Antrag änderte sie im August 1993 und beantragte nunmehr unter Einbeziehung der Grundstücke Flst.-Nrn. 4563 (XXXXXXX-XXXXXXXXXXX XX) und 4564 die Erteilung eines Bauvorbescheids für den Neubau von fünf Häusern. Nach Verhandlungen mit der Beklagten beantragte die Firma XXXXXX & Partner am 20.2.1994 einen Bauvorbescheid für den Neubau von fünf Mehrfamilienhäusern (mit insgesamt 38 Wohneinheiten). Dieser wurde mit Bescheiden vom 20./21.4.1994 gegenüber dem Kläger und der Firma XXXXXX & Partner für ein Jahr zurückgestellt. Am 6.6.1994 stellte die Firma XXXXX & Partner eine weitere Bauvoranfrage für den Neubau von fünf Mehrfamilienhäusern (mit nunmehr 20 Wohneinheiten). Diese Bauvoranfrage wurde gegenüber der Firma XXXXX & Partner mit Bescheid vom 30.8.1994 ebenfalls für ein Jahr zurückgestellt. Mit Bescheid vom 17.8.1995 lehnte die Beklagte die Erteilung der beantragten Bauvorbescheide im Hinblick auf die zwischenzeitlich in Kraft getretene Veränderungssperre ab. Die hiergegen und gegen die Zurückstellungsbescheide eingelegten Widersprüche nahm die Firma XXXXXX & Partner am 2.11.1995 mit der Begründung zurück, dass sich die beabsichtigten Bauvorhaben unabhängig von dem negativen Bauvorbescheid aus anderen Gründen nicht mehr realisieren ließen. Am 20.12.1996 genehmigte die Beklagte auf dem Grundstück Flst.-Nr. 4564 ein giebelständiges Gebäude unter Erteilung einer Ausnahme von der Veränderungssperre.

Am 4.6.1997 beantragte der Kläger die Erteilung eines Bauvorbescheids hinsichtlich der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Neubaus von zwei giebelständigen Wohnhäusern mit jeweils zwei Wohneinheiten, einer Grundfläche von 150 m² und einer talseitigen Trauf- bzw. Firsthöhe von 8 bzw. 13 m sowie einer Garage mit zwei Doppelparkern auf seinen Grundstücken Flst.-Nrn. 4543/6, 4547/1 und 4547/3 nach Abbruch des bestehenden Gebäudes. Dieser Antrag wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 18.9.1997 abgelehnt, da das Vorhaben im Geltungsbereich einer Veränderungssperre liege und die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme nicht vorlägen. Die Veränderungssperre sei noch nicht abgelaufen, da der Zeitraum der Zurückstellung der beiden Bauvoranfragen der Firma XXXXXX & Partner nicht angerechnet werden könne. Im Übrigen würde sich das Vorhaben auch ohne Veränderungssperre hinsichtlich der Bauweise und der Grundstücksfläche nicht nach § 34 BauGB einfügen. Die beiden Gebäude würden in Folge ihrer Giebelständigkeit zur Talseite eine dominierende Wirkung erlangen, die städtebaulich unverträglich sei. Zu berücksichtigen sei dabei insbesondere das Erscheinungsbild von der gegenüberliegenden Neckarseite aus. Zwar seien in der näheren Umgebung giebelständige Häuser vorhanden. Diese träten jedoch nicht negativ in den Vordergrund. Zudem sei der Bereich in besonderem Maße dadurch geprägt, dass die Grundstücke lediglich mit einem Gebäude bebaut seien. Das dem Grundstück benachbarte Doppelhaus rechtfertige als Einzelfall und Ausnahme keine weitere Doppelbebauung. Außerdem liege der rückwärtige Teil des westlich geplanten Wohngebäudes im Außenbereich.

Den hiergegen am 2.10.1997 eingelegten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.1997 zurück. Zur Begründung ist ausgeführt, die Veränderungssperre sei im Verhältnis zum Bauherrn nicht außer Kraft getreten. Eine Ausnahme komme nicht in Betracht. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 3.12.1997 zugestellt.

Am 2.1.1998 hat der Kläger gegen die Versagung des Bauvorbescheids Klage erhoben und nach Inkrafttreten des Bebauungsplans "Schlierbach - Bereich zwischen Elisabethenweg und Rombachweg -" hilfsweise beantragt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, ihm am 26.8.1998 - dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans - den Bauvorbescheid zu erteilen. Mit Urteil vom 22.5.2001 - 3 K 1511/00 - hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe dem Feststellungsbegehren stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Kläger habe nach Inkrafttreten des Bebauungsplans keinen Anspruch auf Erteilung des Bauvorbescheids. Der hilfsweise gestellte Fortsetzungsfeststellungsantrag habe jedoch Erfolg. Der Kläger habe ein Interesse an der begehrten Feststellung. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob ein Amtshaftungsanspruch mangels Verschuldens offensichtlich aussichtslos wäre. Nicht völlig aussichtslos sei jedenfalls eine Klage auf Entschädigung nach § 18 Abs. 1 BauGB. Der Feststellungsantrag sei begründet, da der Kläger bei Inkrafttreten des Bebauungsplans einen Anspruch auf Erteilung des Bauvorbescheids gehabt habe. Dem stehe die Veränderungssperre nicht entgegen, da auf Grund des Zurückstellungsbescheides vom 20./21.4.1994 der Beginn der Geltungsdauer individuell auf Ende 1994 vorverlegt worden sei, so dass die Veränderungssperre dem Kläger gegenüber bereits Ende April 1998 keine Wirkung mehr entfaltet habe. Da Zurückstellung und Veränderungssperre grundstücksbezogene Maßnahmen zur Sicherung von Bauleitplanungen seien und Inhaltsbestimmungen und Schranken des Grundeigentums darstellten, sei weder die Identität der Antragsteller noch der Vorhaben erforderlich. Entscheidend sei, dass die Grundstücke des Klägers schon vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich nicht hätten genutzt werden können. Die "freiwillige" Rücknahme der eingelegten Widersprüche stehe dem nicht entgegen, da sie erst nach Inkrafttreten der Veränderungssperre erfolgt sei. Einen materiellen Verzicht auf die Bebauung seiner Grundstücke habe der Kläger zu keinem Zeitpunkt zu erkennen gegeben. Dem Vorhaben hätten §§ 35, 34 BauGB nicht entgegengestanden. Der Bereich des Grundstücks Flst.-Nr. 4547/3, auf dem das westliche Gebäude zu einem Teil hätte errichtet werden sollen, sei nicht dem Außenbereich zuzuordnen gewesen, da für die Grenzziehung die Gebäude auf den Grundstücken Flst.-Nrn. 4563 und 4545/1 maßgeblich seien. Die geplanten Wohngebäude hätten sich in die Eigenart der näheren Umgebung eingefügt und das Ortsbild nicht beeinträchtigt. In der engeren Umgebung befänden sich schon zwei giebelständige Häuser, die von der gegenüberliegenden Hangseite je nach Blickrichtung das ganze Jahr über einsehbar seien. Außerdem sei der Hang mit weiteren giebelständigen Häusern, zum Teil mit großer Kubatur, bebaut. Die beiden Vorhaben hätten auch nicht den städtebaulich relevanten Eindruck einer lockeren Bebauung des Hangs beeinträchtigt.

Gegen das am 2.7.2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23.7.2001 die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 8.1.2002 - 3 S 1742/01 - hat der Senat die Berufung wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten zugelassen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 22.5.2001 - 3 K 1511/00 - abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Zur Begründung wird vorgetragen, die Veränderungssperre sei dem Kläger gegenüber nicht im April 1998 abgelaufen, da der Zurückstellungsbescheid das Baugesuch eines Dritten betroffen habe, es um ein anderes Bauvorhaben gegangen sei, dieses notwendigerweise zwei weitere Grundstücke umfasst habe und die damalige Bauherrin die Widersprüche gegen den ablehnenden Bauvorbescheid und die Zurückstellungen nach Verkauf der beiden anderen Grundstücke zurückgenommen habe. Damit fehle es an der Grundstücksidentität beider Bauvorhaben. Die Zurückstellung beziehe sich auf ein konkretes Vorhaben. Damit könnten die Zurückstellungszeiten sich auch nur auf ein konkretes Vorhaben beziehen. Dies ergebe sich auch daraus, dass die baurechtliche Nutzbarkeit sich nach dem konkreten Vorhaben und nicht generell beurteile. Entsprechend der "subjektiven" Zielrichtung der Anrechnungsregelung könne immer nur die Zurückstellungsfrist des konkreten Bauvorhabens ein und desselben Bauherrn angerechnet werden, nicht auch diejenige eines anderen Vorhabens eines anderen Bauherrn. Im Übrigen sei für die Erschließung des Vorhabens, das der Bauvoranfrage von 1994 zugrunde gelegen habe, gerade das Nachbargrundstück das "Schlüsselgrundstück" gewesen. Die frühere Bauherrin habe ihre Bauabsichten aus freien Stücken aufgegeben. Die Bauvoranfrage aus dem Jahre 1993 spiele keine Rolle, da sie nicht weiterverfolgt, das Baugesuch nicht zurückgestellt worden und im Übrigen auch nicht genehmigungsfähig gewesen sei. Auch ohne Veränderungssperre hätte keine Verpflichtung bestanden, den begehrten Bauvorbescheid zu erteilen. Ein Teil des westlich geplanten Gebäudes hätte im Außenbereich gelegen. Bei einer unregelmäßigen Bebauung des Ortsrandes werde die Grenzlinie nicht entlang der beiden am weitesten in den Außenbereich hineinragenden Gebäude gezogen, sondern grundsätzlich entlang jedes einzelnen Hauses. Eine andere Beurteilung ergebe sich nicht aus dem Baufluchtenplan vom 23.2.1911, da dieser nur eine vordere Bauflucht enthalte. Eine rückwärtige Baugrenze sei nur in einem am 28.3.1963 aufgestellten, aber nicht in Kraft getretenen Bebauungsplan enthalten gewesen. Soweit das Bauvorhaben im Innenbereich liegen würde, würde es sich gemäß § 34 Abs. 1 BauGB nicht einfügen, da das Ortsbild beeinträchtigt wäre. Maßgeblich sei hierbei der gesamte Neckarhang östlich des Hausackerweges. Die beiden Gebäude hätten infolge ihrer Giebelständigkeit zur Talseite hin eine dominierende Wirkung, die städtebaulich unverträglich gewesen wäre und das Erscheinungsbild von der gegenüberliegenden Neckarseite beeinträchtigt hätte.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, die Veränderungssperre sei dem Kläger gegenüber vor Inkrafttreten des Bebauungsplans abgelaufen. Bereits 1993 habe er bzw. die Firma XXXXXX & Partner in seinem Auftrag eine Bauvoranfrage eingereicht. Damit sei die Absicht, ggf. auch nur die Grundstücke des Klägers allein und unabhängig von der Bebauung der Nachbargrundstücke zu bebauen, hinreichend dokumentiert. Auch danach habe er immer wieder seine Bauabsichten gegenüber der Beklagten zum Ausdruck gebracht. Zwischen der mit Bescheid vom 20./21.4.1994 zurückgestellten Bauvoranfrage und der streitgegenständlichen Planung bestehe kein wesentlicher Unterschied, da bereits damals für die Grundstücke des Klägers - nur - die Errichtung von zwei Baukörpern vorgesehen gewesen sei, die lediglich etwas weiter talabwärts ihren Standort hätten haben sollen. Die Firma XXXXXX & Partner habe ihre Widersprüche erst zurückgezogen, nachdem die Veränderungssperre in Kraft getreten sei. Ob gegen einen Zurückstellungsbescheid Widerspruch eingelegt und aus welchen Gründen dieser ggf. zurückgenommen werde, sei unerheblich. Die Beklagte habe durch den Erlass der Zurückstellungsbescheide einen Zustand herbeigeführt, der demjenigen einer Veränderungssperre in der faktischen Auswirkung entspreche. Da sich die Veränderungssperre damals noch im dritten Geltungsjahr befunden habe, habe die Beklagte die Möglichkeit gehabt, den Bebauungsplan rechtzeitig bekannt zu machen. Es komme nicht darauf an, ob die Bauvorhaben identisch seien, sondern nur darauf, dass der Kläger bzw. die damalige Bauantragstellerin für die Grundstücke des Klägers bereits mit den 1994 zurückgestellten Bauvoranfragen und sogar noch davor mit der Bauvoranfrage von 1993 eindeutig und nachhaltig dokumentiert hätten, dass für die Grundstücke des Klägers ein Bauwunsch bestehe. Dieser sei nie aufgegeben worden. Die Realisierung des gemeinsamen Bauprojektes sei lediglich daran gescheitert, dass der Nachbar seine Grundstücke an einen Dritten veräußert habe, nachdem er erkannt habe, dass sich das gemeinsame Projekt nicht kurzfristig realisieren lasse. Die Absicht, die Grundstücke zu bebauen, sei dadurch nicht aufgegeben worden. Der neue Nachbar habe alsbald eine Baugenehmigung beantragt und erhalten. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt gegenüber der Beklagten zu erkennen gegeben, dass er seine Bauabsichten aufgebe oder inhaltlich reduziere, und auch im Bebauungsplanverfahren seine Vorstellung wiederholt dargetan. Die Berechnung der individuellen Dauer der Veränderungssperre erfolge grundstücksbezogen. Auf eine Identität der Antragsteller oder gar der Bauvorhaben komme es nicht an. Dies gelte jedenfalls, wenn das zurückgestellte Baugesuch mit Kenntnis bzw. Zustimmung des Grundstückseigentümers eingereicht worden sei. Ein Grundstückseigentümer müsse nicht nach Zurückstellung eines Baugesuchs bei Änderung seiner Bebauungsvorstellungen weitere Baugesuche oder -voranfragen stellen, damit diese bei der Berechnung der Laufzeit der Veränderungssperre berücksichtigt werden könnten. Dies gelte erst recht, wenn eine Veränderungssperre erlassen sei. Die Auffassung der Beklagten, dass es bei der Zurückstellung auf das konkrete Vorhaben ankomme, widerspreche Art. 14 Abs. 1 GG. Das Bauvorhaben liege nicht teilweise im Außenbereich. Dabei könne dahinstehen, welche Festsetzungen der nicht mehr auffindbare Baufluchtenplan vom 23.2.1911 enthalten habe. Die Beklagte habe vor Inkrafttreten des Bebauungsplans als Maßstab für die maximal zulässige Bebauungstiefe die vorhandenen Gebäude zugrunde gelegt und eine Bebauung in etwa bis zu einer Tiefe einer fiktiven rückwärtigen Baugrenze angenommen, die angelegt worden sei an die straßenabgewandte Außenseite der bestehenden Gebäude. Danach befinde sich das Vorhaben im Innenbereich. Wäre der Kläger hierzu angehört worden, wäre es ihm im Übrigen ohne weiteres möglich gewesen, den Baukörper zu verschieben. Im ablehnenden Bescheid werde lediglich am Ende ergänzend darauf hingewiesen, der Innenbereich ende an der nördlichen Grundstücksgrenze des Grundstücks Flst.-Nr. 4547/1. Wäre dies der einzige Hinderungsgrund gewesen, hätte der Kläger das Gebäude verschoben und ggf. in der Länge etwas verkleinert. Es entspreche gängiger Praxis, gerade bei Bauvoranfragen solchen Aspekten durch eine entsprechende Auflage oder Bedingung bzw. durch einen Grüneintrag Rechnung zu tragen. Der Hinweis auf die angebliche Nichteinhaltung der rückwärtigen Baugrenze betreffe daher keinesfalls die erfolgte Gesamtablehnung. Entgegen der Behauptung der Beklagten führe die geplante Bebauung nicht zu einer Beeinträchtigung des Ortsbildes. Die Gebäude orientierten sich an der Bebauung auf dem Nachbargrundstück Flst.-Nr. 4564. Angesichts des großzügigen Abstandes der Gebäude zur jeweiligen Grundstücksgrenze und untereinander fügten sie sich in die vorhandene Bebauungsstruktur ein. Unter Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung hätte die Beklagte vor Erlass des Bebauungsplans auch dem Kläger den begehrten Bauvorbescheid erteilen müssen. Die geplanten Gebäude wären nicht anders als das Gebäude auf dem Grundstück Flst.-Nr. 4564 und das auf dem Baugrundstück bestehende und im Falle der Zulassung der Neubebauung abzubrechende Gebäude in Erscheinung getreten.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 6.11.2002 das Baugrundstück und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die dem Gericht vorliegenden einschlägigen Bauvorbescheids- und Planungsakten der Beklagten, die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Karlsruhe, die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe sowie auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nur noch der frühere Hilfsantrag des Klägers.

Die hierauf begrenzte Berufung der Beklagten ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere genügt ihr innerhalb der Monatsfrist des § 124 a Abs. 3 Satz 1 VwGO a.F. eingegangene Schriftsatz den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO.

Die Berufung ist aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht hinsichtlich des Hilfsbegehrens stattgegeben. Die vom Kläger verfolgte Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig und begründet.

1. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht für den Fall, dass sich der angegriffene Verwaltungsakt erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. In entsprechender Anwendung dieser Vorschrift ist auch bei Erledigung eines Verpflichtungsbegehrens eine Fortsetzungsfeststellungsklage grundsätzlich statthaft (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.3.1998 - 4 C 14.96 -, BVerwGE 106, 295 m.w.N.). Die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage setzt in diesem Fall voraus, dass die ursprüngliche Verpflichtungsklage zulässig gewesen ist, ein erledigendes Ereignis eingetreten ist, ein klärungsfähiges Rechtsverhältnis besteht und ein Feststellungsinteresse vorliegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.3.1998 - a.a.O. -).

Vorliegend bestehen hinsichtlich der Zulässigkeit der ursprünglich erhobenen Verpflichtungsklage keine Bedenken. Das Inkrafttreten des Bebauungsplans "Schlierbach - Bereich zwischen Elisabethenweg und Rombachweg" am 26.8.1998 und die damit (möglicherweise) eingetretene Verschlechterung der Rechtslage für den Kläger stellen eine der Erledigung des ursprünglichen Verpflichtungsbegehrens zumindest gleichzustellende Situation dar. Denn durch den Bebauungsplan wurde die bisher den Gegenstand des Verfahrens bildende Rechtsgrundlage verdrängt und damit dem ursprünglichen - auf § 34 BauGB gestützten - Begehren des Klägers der Boden entzogen. Diese Wendung kennzeichnet die Interessenlage in einer Weise, aus der sich eine entsprechende Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO in den Fällen nachträglich geänderter Rechtslage rechtfertigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.10.1980 - 4 C 3.78 -, BVerwGE 61, 128). Dass gegen die Gültigkeit des einschlägigen Bebauungsplans keine Bedenken bestehen, hat der Senat zuletzt mit Urteil vom 9.10.2001 - 3 S 1836/00 - festgestellt und wird vom Kläger im Berufungsverfahren auch nicht (mehr) in Zweifel gezogen. Gleichwohl bedarf es auch in diesen Fällen eines berechtigten Interesses an dem Übergang zur Fortsetzungsfeststellungsklage.

Die vom Kläger nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung beabsichtigte Geltendmachung von Amtshaftungs- und Entschädigungsansprüchen kann grundsätzlich ein berechtigtes Feststellungsinteresse begründen. Durch § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO sollen bei bestimmten Fallgruppen die Anforderungen an das Feststellungsinteresse vermindert werden. Im Unterschied zu § 43 Abs. 1 VwGO setzt § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO voraus, dass ein Verfahren bereits anhängig geworden ist. Der Sinn der Fortsetzungsfeststellungsklage besteht gerade darin, den Übergang zur Feststellungsklage zu erleichtern. Der bereits getätigte Aufwand - auch an Kosten und Zeit - soll dem Kläger erhalten bleiben, wenn und solange die begehrte Entscheidung einen Nutzen für ihn haben kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.3.1998 - a.a.O. -). In diesem Sinne ist ein Fortsetzungsfeststellungsantrag, der einen Zivilprozess vorbereiten soll, regelmäßig durch ein berechtigtes Interesse gedeckt, es sei denn dieser Zivilprozess ist offensichtlich aussichtslos oder aber die begehrte Feststellung kann jenen Prozess nicht erleichtern oder zu irgendeiner Verbesserung der Rechtstellung führen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.3.1998 - a.a.O. -). Dabei haben die Verwaltungsgerichte die den Zivilgerichten obliegende Prüfung der in den ordentlichen Rechtsweg verwiesenen Ansprüche nicht vorwegzunehmen. Sie dürfen die Schutzwürdigkeit eines (Fortsetzungs-) Feststellungsinteresses wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit eines beabsichtigten Zivilprozesses nur dann verneinen, wenn sich das Nichtbestehen des behaupteten zivilrechtlichen Anspruchs ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt; die bloße Wahrscheinlichkeit des Misserfolgs genügt nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 8.12.1995 - 8 C 37.93 -, BVerwGE 100, 83). Im Übrigen kommt es - jedenfalls in Fällen der nicht vom Kläger herbeigeführten Erledigung - nicht darauf an, ob die Prozessführung bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses schon "Früchte" erbracht hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.3.1998 - a.a.O. -).

In diesem Sinne ist allerdings fraglich, ob - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - vorliegend die Möglichkeit der Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen nach § 18 BauGB ein Feststellungsinteresse begründet. Denn ein solcher Anspruch setzt nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BauGB voraus, dass die Veränderungssperre länger als vier Jahre dauert. Dies war vorliegend nicht der Fall. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger sich auf die vorangegangenen Bauanfragen und Zurückstellungen berufen kann. Denn dies würde - wie nachfolgend noch näher dargelegt - nicht zu einer Verlängerung der Geltungsdauer der Veränderungssperre, sondern lediglich zu einer individuellen Vorverlagerung ihres Beginns führen (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB) mit der Folge, dass dem Kläger gegenüber die Veränderungssperre zu einem entsprechend früheren Zeitpunkt wieder abgelaufen ist.

Das erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich aber jedenfalls aus der Möglichkeit der zivilgerichtlichen Geltendmachung eines Amtshaftungsanspruch wegen rechtswidriger Ablehnung des Bauvorbescheids (vgl. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG). Dieser ist insbesondere nicht - wie vom Verwaltungsgericht angedeutet - wegen fehlenden Verschuldens offensichtlich aussichtslos. Das wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes im Allgemeinen angenommen, wenn das beanstandete Verhalten der Behörde von einem mit mehreren Berufsrichtern besetzten Kollegialgericht (unrichtigerweise) als objektiv rechtmäßig beurteilt worden ist. Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden, zumal der 5. Senat des erkennenden Verwaltungsgerichtshofs - wie nachfolgend noch eingehender dargelegt - bereits mit Urteil vom 19.8.1992 (- 5 S 1078/92 -, NVwZ-RR 1993, 402) angedeutet hat, dass manches dafür spreche, bei der - individuellen - zeitlichen Wirksamkeit einer Veränderungssperre vorangegangene Zurückstellungen für ein Baugrundstück unabhängig von der Person des Antragstellers und der Identität der Vorhaben zu berücksichtigen. Ein Amtshaftungsanspruch dürfte auch noch nicht verjährt sein. Nach § 852 BGB verjähren Amtshaftungsansprüche in drei Jahren und beginnt die Verjährung mit dem Zeitpunkt, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Vorliegend ist der Schaden dem Grunde nach zwar bereits mit Inkrafttreten des Bebauungsplans eingetreten. Wegen des allgemein anerkannten Vorrangs des Primärrechtsschutzes dürfte die Verjährung jedoch in entsprechender Anwendung des § 209 Abs. 1 BGB auf Grund der vorliegenden Klage unterbrochen sein (vgl. BGH, Urteil vom 11.2.1988 - 3 ZR 21/86 -, BGHZ 103, 242). Nachdem der Kläger seine Ansprüche bereits im Jahre 2001 schriftlich gegenüber der Beklagten geltend gemacht und diese hierüber im Hinblick auf das vorliegend anhängige Verfahren noch nicht entschieden hat, ist die Absicht im Falle einer negativen Entscheidung der Beklagten eine Klage vor den Zivilgerichten zu erheben, auch hinreichend ernsthaft hervorgetreten (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 21.1.1997 - 5 S 3206/95 -, VBlBW 1997, 264).

2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet, da der Kläger vor Inkrafttreten des Bebauungsplans "Schlierbach - Bereich zwischen Elisabethenweg und Rombachweg" einen Anspruch auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheids hatte.

Durch einen Bauvorbescheid können bereits vor Einreichung eines Bauantrags einzelne Fragen eines Vorhabens verbindlich geklärt werden (vgl. § 57 LBO). In diesem Sinne war Gegenstand des Bauvorbescheids vorliegend die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des vom Kläger beabsichtigten Vorhabens. Ein Bauvorbescheid ist nicht nur eine Zusicherung, sondern ein vorweggenommener Teil der Baugenehmigung (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.2.1984 - 4 C 39.82 -, BVerwGE 69, 1 = PBauE § 14 Abs. 3 BauGB, Nr. 1). Hat die Baugenehmigungsbehörde durch die Erteilung eines Bauvorbescheids Teile der späteren Baugenehmigungsentscheidung vorweggenommen, darf sie insoweit wegen der Bindungswirkung des Bauvorbescheids im Baugenehmigungsverfahren nicht anders entscheiden (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.12.1983 - 4 C 44.80 -, BVerwGE 68, 261 = PBauE § 29 BauGB, Nr. 5). Damit besteht ein Anspruch auf Erteilung eines Bauvorbescheids, soweit einem Vorhaben hinsichtlich der zur Klärung gestellten Fragen keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO).

a) Der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens stand die am 17.2.1995 in Kraft getretene und in der Folgezeit zweimal, zuletzt bis zum 16.2.1999 verlängerte und mit dem Inkrafttreten des einschlägigen Bebauungsplans am 26.8.1998 kraft Gesetzes außer Kraft getretene (vgl. § 17 Abs. 5 BauGB) Veränderungssperre nicht entgegen. Anhaltspunkte, die für eine Unwirksamkeit der Veränderungssperre bzw. ihrer nachträglichen Verlängerungen sprechen könnten, wurden vom Kläger nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich. Die Veränderungssperre hat dem Kläger gegenüber aber bereits vor Inkrafttreten des Bebauungsplans am 26.8.1998 keine Wirkung mehr entfaltet.

Die bauplanungsrechtliche Veränderungssperre dient gemäß § 14 Abs. 1 BauGB der Sicherung der gemeindlichen Planungsüberlegungen. Sie wird gemäß § 16 Abs. 1 BauGB als Satzung beschlossen. Norminhalt ist u.a. die Geltungsdauer der Veränderungssperre. Dazu bestimmt § 17 Abs. 1 Satz 1 BauGB als Regelfall eine Dauer von zwei Jahren, nach dessen Ablauf die Veränderungssperre kraft Gesetzes außer Kraft tritt. Die Gemeinde kann diese Frist gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 BauGB um ein weiteres Jahr verlängern. Eine nochmalige Verlängerung um ein Jahr ist unter der Voraussetzung "besonderer Umstände" nach § 17 Abs. 2 BauGB möglich. Nach § 17 Abs. 3 BauGB kommt zudem ein erneuter Erlass einer außer Kraft getretenen Veränderungssperre in Betracht. Die gesetzlichen Vorschriften geben nicht ausdrücklich an, zu welchem Zeitpunkt die angeführten Fristen beginnen. Angesichts des Normcharakters der Veränderungssperre ist indes nicht zweifelhaft, dass die Frist für die Berechnung der Dauer der Veränderungssperre - vorbehaltlich abweichender satzungsrechtlicher Bestimmung - mit dem Zeitpunkt der gemäß § 16 Abs. 2 BauGB erforderlichen ortsüblichen Bekanntmachungen beginnt. Die Veränderungssperre verhindert eine Nutzung des Grundstücks. Sie muss sich daher in verfassungsrechtlicher Hinsicht an Art. 14 Abs. 1 GG messen lassen. Dies hat den Gesetzgeber bewogen, zwischen dem allgemeinen Institut der Veränderungssperre und der tatsächlich eingetretenen Behinderung des einzelnen Grundstückseigentümers oder Bauwilligen zu unterscheiden. Er hat aus diesem Grund in § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB bestimmt, dass neben der allgemeinen gesetzlichen Frist auch eine individuelle Frist dann zu berechnen ist, wenn vor der satzungsrechtlichen Anordnung einer Veränderungssperre ein Baugesuch gemäß § 15 BauGB zurückgestellt wurde. Mit dieser Regelung wird zugunsten des Betroffenen der Beginn der Geltungsdauer der Veränderungssperre individuell vorverlegt. § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB wird entsprechend auf Fälle angewandt, in denen es zu einer verzögerlichen Bearbeitung oder zu einer rechtswidrigen Ablehnung des Bauantrags gekommen und dadurch ein Zeitverlust entstanden ist. § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB führt mithin dazu, dass der Beginn und damit auch das Ende einer Veränderungssperre individuell unterschiedlich sein können. Die konkrete Berechnung der Dauer einer Veränderungssperre setzt sich in diesem Fall aus zwei verschiedenen Berechnungselementen zusammen. Auszugehen ist von der durch Satzung festgelegten und damit normativ angeordneten allgemeinen Dauer der Veränderungssperre. Diese Dauer kann sich im Einzelfall um anrechnungsfähige Zeiten im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB insoweit verschieben, als der Beginn der Frist vorverlegt wird. Dieses individuelle Berechnungsverfahren, das eine Folge der in § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB vorgesehenen Vergünstigung ist, ändert - für sich betrachtet - nichts an der Rechtmäßigkeit der allgemein angeordneten Veränderungssperre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.4.1992 - 4 NB 11.92 -, VBlBW 1992, 468). Als Baugesuch im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB sind auch (bloße) Bauvoranfragen zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von Vorhaben zu verstehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 5.11.1986 - 3 S 1599/86 -, VBlBW 1987, 303).

Diese individuelle Berechnung der Dauer einer Veränderungssperre führt vorliegend dazu, dass die Veränderungssperre dem Kläger gegenüber bei Inkrafttreten des Bebauungsplans am 26.8.1998 aufgrund der ihr vorangegangenen Zurückstellungsbescheide vom 20./21.4.1994 und 30.8.1994 nicht mehr wirksam war. Dabei ist - entgegen der Auffassung der Beklagten - unerheblich, dass die von den Zurückstellungen erfassten Bauvoranfragen nicht vom Kläger gestellt worden sind, die ihnen zugrundeliegenden Vorhaben sich nicht nur auf die Grundstücke des Klägers bezogen und vom Bauherrn - nach Inkrafttreten der Veränderungssperre - endgültig aufgegeben worden sind.

Zurückstellung und Veränderungssperre sind grundstücksbezogene Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung und stellen Inhaltsbestimmungen und Schranken des Grundeigentums dar (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 5.11.1986 - a.a.O. -). Sie müssen sich daher an Art. 14 Abs. 1 GG messen lassen. Dies hat den Gesetzgeber bewogen, zwischen dem allgemeinen Institut der Veränderungssperre und der tatsächlich eintretenden Behinderung des einzelnen Grundstückseigentümers oder Bauwilligen zu unterscheiden. Da mangelndes Eigentum des Bauherrn am Baugrundstück öffentlich-rechtlich prinzipiell irrelevant ist (vgl. § 58 Abs. 2 und 3 LBO), können ein Baugesuch oder eine Bauvoranfrage grundsätzlich auch von einem Dritten gestellt werden. Erfolgt dies - wie regelmäßig und so auch vorliegend - im Einverständnis mit dem Grundstückseigentümer, so muss eine Zurückstellung auch ihm bei der individuellen Berechnung der Dauer der Veränderungssperre zugute kommen. Denn auch in diesen Fällen wird der Grundstückseigentümer durch die Zurückstellung in der Nutzung seines Eigentums eingeschränkt. Dies zeigt sich vorliegend auch daran, dass die erste Zurückstellung mit Bescheid vom 20./21.4.1994 nicht nur gegenüber dem damaligen Bauherrn, sondern ausdrücklich auch gegenüber dem im Verfahren mitaufgetretenen Kläger ausgesprochen worden ist. Dabei ist auch unerheblich, dass die den zurückgestellten Bauvoranfragen zugrundeliegenden Bauvorhaben sich auf weitere Grundstücke erstreckten. Denn dies ändert nichts daran, dass (auch) der Kläger durch die Zurückstellungen in der Nutzung seines Eigentums eingeschränkt worden ist. Ohne Bedeutung ist ebenfalls, dass der Bauherr nach Inkrafttreten der Veränderungssperre die beabsichtigte - grundstücksübergreifende - Bebauung aufgegeben und die eingelegten Rechtsbehelfe zurückgenommen hat. Denn Voraussetzung für die Berücksichtigung der Dauer einer Zurückstellung bei der individuellen Berechnung der Geltung einer Veränderungssperre ist nicht, dass der Betroffene bis zum Ablauf der Veränderungssperre an seinem ursprünglichen Bauvorhaben festhält. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 1 S. 2 BauGB, wonach auf die Frist der seit der Zustellung der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs abgelaufene Zeitraum anzurechnen ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 5.11.1986 - a.a.O. -). Im Übrigen kommt es mit dem Inkrafttreten der Veränderungssperre auf eine individuelle Nutzungsabsicht gerade nicht mehr an. Durch die in § 18 Abs. 1 Satz 1 BauGB bestimmte Maximalfrist von vier Jahren wird die typisierte Grenze zwischen entschädigungslos zu duldender Sozialbindung und entschädigungspflichtiger Enteignung gezogen (vgl. Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Aufl., § 18 RdNr. 2). Dies kann, um auch im Lichte der Verhältnismäßigkeit verfassungsgemäß zu sein, nur eine Grenze für die von der Zurückstellung erfassten Grundstücke selbst darstellen und nicht für einzelne Vorhaben oder einzelne Antragsteller eines zurückgestellten Baugesuchs. Jede einer Veränderungssperre unmittelbar vorausgehende Zurückstellung eines Baugesuchs ist daher bei der individuellen Berechnung der Dauer einer Veränderungssperre den Grundstückseigentümern gegenüber anzurechnen, die hierdurch schon vor Inkrafttreten der Veränderungssperre ihr Eigentum nicht im gewollten Maße nutzen konnten.

b) Dem beabsichtigten Vorhaben standen vor Inkrafttreten des Bebauungsplans auch keine anderen planungsrechtlichen Vorschriften entgegen. Dabei kann letztlich offen bleiben, ob das Vorhaben - wie vom Kläger angenommen - insgesamt im unbeplanten Innenbereich oder - wie von der Beklagten angenommen - teilweise, nämlich mit dem nördlichen Teil des im Westen geplanten Gebäudes, im Außenbereich zur Ausführung kommen sollte.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fordert das Tatbestandsmerkmal des "im Zusammenhang bebauten Ortsteils" in § 34 BauGB eine tatsächlich aufeinanderfolgende, zusammenhängende Bebauung. Ein solcher Bebauungszusammenhang liegt vor, soweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Hierüber ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern auf Grund einer umfassenden Bewertung des im Einzelfall vorliegenden konkreten Sachverhalts zu entscheiden. Grundlage und Ausgangspunkt dieser bewertenden Beurteilung sind die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten, also insbesondere die vorhandenen baulichen Anlagen, sowie darüber hinaus auch andere topographische Verhältnisse wie z.B. Geländehindernisse, Erhebungen oder Einschnitte (Dämme, Böschungen, Gräben, Flüsse und dergl.). Auch Straßen oder Wege können je nach den Umständen des Einzelfalles einen Bebauungszusammenhang herstellen oder trennende Funktion zwischen Innen- und Außenbereich haben. Die Berücksichtigung solcher äußerlich erkennbarer Umstände kann dazu führen, dass der Bebauungszusammenhang bei einer Grundstückslage am Ortsrand im Einzelfall nicht - wie dies allerdings der Regel entspricht - am letzten Baukörper endet, sondern dass ihm noch ein oder mehrere unbebaute Grundstücke bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze zuzuordnen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2.3.2000 - 4 B 15.00 -, ZfBR 2000, 428; Urteil vom 6.11.1998 - 4 C 2.66 -, BVerwGE 31, 20; Urteil vom 1.12.1972 - 4 C 6.71 -, BVerwGE 41, 227 = PBauE § 34 Abs. 1 BauGB Nr. 6; Urteil vom 19.9.1986 - 4 C 15.84 -, BVerwGE 75, 34 = PBauE § 34 Abs. 1 BauGB Nr. 15; Urteil vom 12.12.1990 - 4 C 40.87 -, BauR 1991, 308 = PBauE § 34 Abs. 1 BauGB Nr. 16; Beschluss vom 18.6.1997 - 4 B 238/96 -, BauR 1997, 807 = PBauE § 34 Abs. 1 BauGB nr. 40).

In Anwendung dieser Grundsätze dürfte nach Einnahme des Augenscheins auf Grund der auf der nördlichen Seite des Schloß-Wolfsbrunnenwegs insgesamt sehr aufgelockerten Hangbebauung allerdings eher davon auszugehen sein, dass an der straßenabgewandten Seite der Bebauungszusammenhang nicht - wie regelmäßig - jeweils am letzten Baukörper der vorhandenen Gebäude endet, sondern dass er im Hinblick auf die auf den westlichen und östlichen Nachbargrundstücken Flst.-Nrn. 4563 und 4545/1 gelegenen, voneinander etwa 75 m entfernten und in nördlicher Richtung in vergleichbarem Umfang in den Außenbereich hineinragenden Gebäude auch auf den Grundstücken des Klägers ausnahmsweise über die dort vorhandene Bebauung entsprechend hinausgeht und das Vorhaben damit insgesamt im Innenbereich zur Ausführung kommen sollte. Dies bedarf indessen keiner abschließenden Entscheidung, da das Bauvorhaben unabhängig davon, ob es insgesamt oder nur zu einem überwiegenden Teil im Innenbereich zur Ausführung kommen sollte, planungsrechtlich zulässig war.

bb) Soweit das Bauvorhaben im Innenbereich zur Ausführung kommen sollte, richtet sich seine Zulässigkeit nach § 34 Abs. 1 BauGB. Danach ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Dabei ist bei der näheren Umgebung darauf abzustellen, inwieweit sich einerseits das geplante Vorhaben auf die Umgebung und andererseits die Umgebung auf das Baugrundstück prägend auswirken kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.5.1978 - 4 C 9.7 -, BVerwGE 55, 369). In die Eigenart der näheren Umgebung fügt sich ein Vorhaben nicht ein, wenn es, bezogen auf die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB genannten Kriterien, den aus der Umgebung ableitbaren Rahmen überschreitet oder geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche bewältigungsbedürftige Spannungen zu begründen oder zu erhöhen. Ein solcher Fall ist gegeben, wenn das Vorhaben die vorhandene Situation in bauplanungsrechtlich relevanter Weise verschlechtert, stört oder belastet. Stiftet es in diesem Sinne Unruhe, so lassen sich die Voraussetzungen für seine Zulassung nur unter Einsatz der Mittel der Bauleitplanung schaffen. Wann die bauplanungsrechtliche Relevanzschwelle im Einzelnen erreicht ist, lässt sich nicht anhand von verallgemeinerungsfähigen Maßstäben feststellen, sondern hängt von den jeweiligen konkreten Gegebenheiten ab. Dabei kann ein Vorhaben auch infolge seiner Vorbildwirkung geeignet sein, bodenrechtlich beachtliche ausgleichsbedürftige Spannungen zu erzeugen oder zu erhöhen. Die bloß abstrakte oder entfernte Möglichkeit, dass ein Vorhaben Konflikte im Hinblick auf die künftige Nutzung benachbarter Grundstücke auslöst, schließt die Zulässigkeit nach § 34 Abs. 1 BauGB aber noch nicht aus. Dagegen fügt ein Vorhaben sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein, wenn es die Gefahr heraufbeschwört, dass der gegebene Zustand in negativer Richtung in Bewegung gebracht wird. Davon ist regelmäßig auszugehen, wenn der von der Bebauung bisher eingehaltene Rahmen überschritten wird, ohne dass dies durch irgendeine Besonderheit begründet wäre, durch die sich das Baugrundstück von den Nachbargrundstücken unterscheidet. Ob dies der Fall ist, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalles (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.3.1999 - 4 B 15.99 -, ZfBR 2000, 68).

In Anwendung dieser Grundsätze hätte sich das Bauvorhaben vorliegend - wie vom Verwaltungsgericht im Einzelnen dargelegt und von der Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht mehr näher bestritten - insbesondere im Hinblick auf die bereits vorhandene Bebauung auf den Grundstücken Flst.-Nrn. 4563, 4564 und 4471/1 ohne weiteres in die nähere Umgebung eingefügt.

Das Bauvorhaben hätte - entgegen der von der Beklagten im Berufungsverfahren aufrechterhaltenen Auffassung - auch nicht das Ortsbild beeinträchtigt. Das Verbot der Beeinträchtigung des Ortsbildes in § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB ergänzt § 34 Abs. 1 BauGB. Auch ein Vorhaben, das sich gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, kann gleichwohl planungsrechtlich unzulässig sein, wenn es das Ortsbild beeinträchtigt. Dabei sind aber nur solche Beeinträchtigungen des Ortsbildes beachtlich, die städtebauliche Qualität besitzen. Dies ergibt sich aus der Zugehörigkeit des § 34 BauGB zum Bauplanungsrecht. § 34 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz BauGB als städtebauliche Gestaltungsvorschrift ist zu unterscheiden von den gestalterischen Vorschriften des Bauordnungsrechts. Durch sie soll nicht nur vermieden werden, dass das Bauvorhaben selbst verunstaltend wirkt, sondern auch, dass es sich negativ auf seine Umgebung auswirkt. In diesem Sinne verlangt § 11 Abs. 1 Satz 1 LBO, dass bauliche Anlagen mit ihrer Umgebung so in Einklang zu bringen sind, dass sie das Straßen-, Orts- und Landschaftsbild nicht verunstalten. Wann eine baugestalterische Frage nach den Normen des Bauordnungsrechts zu beantworten ist und wann sie zu einer städtebaulichen Frage wird, mag im Einzelfall schwierig zu beantworten sein. Bei den bauordnungsrechtlichen Vorschriften liegt der Akzent - auch nach ihrem systematischen Zusammenhang - auf der Gestaltung des Bauwerks; das Bauwerk selbst soll nicht unschön sein, und es soll auch nicht durch Unschönheit seine Umgebung stören. Ferner ist die Umgebung grundsätzlich potentiell kleiner gedacht; darauf deutet die Erwähnung des "Straßen"-Bildes in den landesrechtlichen Normen hin (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 LBO). Andererseits genügt eine bloße Beeinträchtigung nicht; es muss der Grad der Verunstaltung erreicht werden. Maßstab der planungsrechtlichen Vorschriften ist dagegen der Ort; es kommt auf das "Orts"-Bild, also auf das Erscheinungsbild zumindest eines größeren Bereichs der Gemeinde an. Entscheidend ist, ob sich das Vorhaben in diese Umgebung einpasst. Dagegen ist die Gestaltung des Bauwerks selbst nicht wichtig; auch ein "schönes" Bauwerk kann das Ortsbild beeinträchtigen. Damit erfordert eine Beeinträchtigung des Ortsbildes im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB in räumlicher Hinsicht Auswirkungen in einem größeren Bereich als in der näheren Umgebung des Baugrundstücks, soweit sie für das Einfügensgebot des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB von Bedeutung ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.5.2000 - 4 C 14.98 -, NVwZ 2000, 1169). Beim Beeinträchtigen des Ortsbildes kommt es im Übrigen nicht - wie beim Einfügensgebot - auf (fehlende) Übereinstimmung in den einzelnen Merkmalen der Bebauung an, sondern darauf, ob ein Gesamtbild, das durch unterschiedliche Elemente geprägt sein kann, gestört wird. Das ist nach dem ästhetischen Empfinden eines für Fragen der Ortsbildgestaltung aufgeschlossenen Beobachters zu beurteilen. Dabei ist zu beachten, dass nicht jedes Ortsbild schützenswert ist, nur weil es durch eine gewisse Einheitlichkeit oder Gleichartigkeit der Bebauung oder einzelner Elemente der Bebauung geprägt ist. Eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums muss für Einschränkungen seines Gebrauchs (hier: der Baufreiheit) hinreichend gewichtige Gemeinwohlbelange auf ihrer Seite haben. Sie darf nicht darauf hinauslaufen, dass im unbeplanten Innenbereich das Vorhandene in jeder Beziehung das Maß des Zulässigen bestimmt, nur weil es schon vorhanden ist. Das Ortsbild muss, um schützenswert zu sein und die Bau(gestaltungs)freiheit des Eigentümers einschränken zu können, eine gewisse Wertigkeit für die Allgemeinheit haben. Dies ist nicht das Ortsbild, wie es überall anzutreffen sein könnte. Es muss einen besonderen Charakter, eine gewisse Eigenheit haben, die dem Ort oder dem Ortsteil eine aus dem Üblichen herausragende Prägung verleiht. Ob das Ortsbild in diesem Sinne beeinträchtigt ist, unterliegt in erster Linie der wertenden Beurteilung (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.5.2000 - a.a.O. -). Außerdem schützt § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB das Ortsbild nur insoweit vor Beeinträchtigungen, wie dies im Geltungsbereich eines Bebauungsplans durch planerische Festsetzungen möglich wäre. Denn § 34 BauGB ist eine planersetzende Vorschrift. Er regelt die Bebaubarkeit der innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegenden Grundstücke, wenn ein Bebauungsplan für das Grundstück nicht vorhanden ist; existiert ein Bebauungsplan, so bestimmt er, was planungsrechtlich zulässig ist. Ein Planersatz kann aber nicht mehr regeln als der Plan selbst. Im Gegenteil ist für das Einfügensgebot des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB anerkannt, dass der sich aus der vorhandenen Bebauung ergebende Maßstab notwendig grob und ungenau ist und regelmäßig hinter planerischen Festsetzungen zurückbleibt. Für den in besonderem Maße unbestimmten Rechtsbegriff der Beeinträchtigung des Ortsbildes kann nichts anderes gelten. Erst recht wäre es mit dem Vorrang des Bebauungsplans vor der Regelung des § 34 BauGB unvereinbar, wenn die Gemeinde ihr Ortsbild durch Untätigkeit besser schützen könnte als durch Aufstellung eines Bebauungsplans. Da § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB im Geltungsbereich eines Bebauungsplans nicht gilt, kann er keine höheren Anforderungen stellen als die nach dem Typenzwang des Baugesetzbuchs zulässigen planerischen Festsetzungen eines Bebauungsplans (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.5.2000 - a.a.O. -).

In diesem Sinne wäre vorliegend durch die geplante Bebauung keine Beeinträchtigung des Ortsbildes eingetreten. Wie sich aus den vom Klägern vorgelegten Lichtbildern ergibt ist - und war der Hang auch bereits bei Inkrafttreten des Bebauungsplans - locker und uneinheitlich bebaut. Dies hat der eingeholte Augenschein bestätigt. Dabei finden sich - vom gegenüberliegenden Hang ohne weiteres einsehbar - sowohl kleinere als auch größere Baukörper, die sowohl trauf- als auch giebelständig zum Tal hin ausgerichtet sind. Bei dieser Sachlage kann weder von einem schützenswerten Ortsbild ausgegangen noch kann festgestellt werden, dass durch die geplante Bebauung die städtebauliche Gestaltung beeinträchtigt worden wäre. Die beiden geplanten Gebäude hätte insbesondere durch ihre giebelständige Stellung zum Tal hin nicht zu einer dominanten Wirkung gegenüber der vorhandenen Bebauung geführt, zumal auf dem Nachbargrundstück Flst.-Nr. 4564 bereits ein entsprechender Baukörper vorhanden ist.

cc) Selbst wenn das Bauvorhaben teilweise im Außenbereich zur Ausführung kommen sollte, hätte dies vorliegend nicht zu seiner Unzulässigkeit geführt. Denn nach § 35 Abs. 2 BauGB können im Außenbereich auch nicht privilegierte Vorhaben im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist. Liegen diese Voraussetzungen vor, besteht ein Rechtsanspruch auf Zulassung und nicht nur ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.4.1964 - I C 30.62 - BVerwG 18, 247 = PBauE § 35 Abs. 2 + 3 BauGB Nr. 1).

Hiervon ist vorliegend auszugehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Bauvorhaben allenfalls zu einem geringen Teil im Außenbereich liegt. Hierdurch werden angesichts der bereits vorhandenen Bebauung und der sonstigen örtlichen Verhältnisse keine öffentlichen Belange beeinträchtigt. Insbesondere ist bei dieser Sachlage die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) nicht zu befürchten. Auch die in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB aufgezählten Belange werden ersichtlich nicht beeinträchtigt. Eine Beeinträchtigung des Belanges "Naturschutz und Landschaftspflege" setzt zwar keine förmliche Unterschutzstellung des Gebietes voraus, es genügt, dass die Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne der § 1 und 2 BNatSchG negativ betroffen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.4.1985 - 4 C 69.80 -, NVwZ 1985, 340). Hiervon kann vorliegend jedoch nicht ausgegangen werden, zumal das Bauvorhaben nach dem Ergebnis des Augenscheins vollständig im Bereich des bisherigen Hausgartens und nicht auf der nördlich angrenzenden Obstbaumwiese zur Ausführung kommen sollte. Auch Belange des Bodenschutzes werden angesichts der bereits vorhandenen Hangbebauung nicht beeinträchtigt. Gleiches gilt für die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert. Ebenso wenig kann bei dieser Sachlage eine Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes festgestellt werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss

vom 6. November 2002

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 15.000,-- EUR festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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