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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 02.09.2009
Aktenzeichen: 3 S 1773/07
Rechtsgebiete: GG, VwGO, BauGB, LBO


Vorschriften:

GG Art. 74 Nr. 18
VwGO § 6 Abs. 1
VwGO § 6 Abs. 3
VwGO § 124a Abs. 1 Satz 1
VwGO § 124a Abs. 1 Satz 2
BauGB § 1 Abs. 3 Satz 1
LBO § 71
LBO § 72
1. Der Verwaltungsgerichtshof ist auch an eine Berufungszulassung durch den Einzelrichter gebunden, die dieser entgegen § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr.2 VwGO gestützt hat.

2. Eine Baulast ist entsprechend ihrem Zweck als Instrument der landesrechtlichen Bauaufsicht und mit Blick auf die Kompetenzabgrenzung zum bundesrechtlichen Städtebaurecht auszulegen. Sie kann planungsrechtliche Vorgaben absichern, ist aber kein Mittel, planungsrechtliche Vorschriften oder Festsetzungen zu verdrängen, aufzuheben oder zu verändern. Baulasten mit "bebauungsplanersetzender" Wirkung unter Umgehung der planungsrechtlichen Verfahrensvorschriften zur Öffentlichkeitsbeteiligung sind daher unwirksam.

3. Zur Unwirksamkeit von Baulasten über den Verzicht auf die - zulässige -Einzelhandelsnutzung in mehreren Geschäftsgebäuden eines gewerblich geprägten Gebiets mit dem Ziel, eine sonst erforderliche Bebauungsplanänderung wegen Konflikten mit einem Innenstadtkonzept zu vermeiden.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

3 S 1773/07

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Nutzungsuntersagung

hat der 3. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schaeffer und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Haller und Sennekamp ohne weitere mündliche Verhandlung am 2. September 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. Juni 2007 - 9 K 2278/07 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist ein traditionelles Textilunternehmen, das seit einigen Jahren auch an Endverbraucher verkauft. Sie wendet sich gegen eine Nutzungsuntersagung.

Die Klägerin ist Mieterin der Erdgeschossfläche des Geschäftsgebäudes XXX-XXXXXXXXXX XX (Flst.-Nr. XXXX) in XXXXXXXXX, Stadtteil XXXXXXX. Vermieterin ist die Grundstücks-, Vermögens- und Verwaltungs- GbR XXXXXXX-XXXXXXXXXXXXXXXXX (künftig: GVV GbR). In den gemieteten Räumen betreibt die Klägerin seit April 2003 ein Einzelhandelsgeschäft für Unterwäsche, der Vormieter hatte dort einen Teppichhandel betrieben.

Das Betriebsgrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Bezirk 2/19 i.V.m. der Anbauvorschrift Nr. 209. Dieser setzt in seiner geänderten Fassung vom 06.05.1960, betreffend das "Gebiet zwischen Frankfurter-, Monreposstraße und Milchwerk" für das Betriebsgrundstück und seine Umgebung ein "gemischtes Bauviertel" nach § 7 der Ortsbausatzung (OBS) der Beklagten fest. Das Geschäftsgebäude auf dem Grundstück Flst.-Nr. XXXXX gehört zu dem Gesamtkonzept "XXXXXXXXX XXXXXXXX" auf dem ehemaligen Milu-Gelände. Dieses umfasst neben der Errichtung weiterer Büro-/Geschäftsgebäude auf den Grundstücken Flst.-Nrn. XXXXXX und XXXXX auch die Errichtung eines Möbelhauses auf dem Grundstück Flst.-Nr. XXXXX. Das Gebäude XXXXXXXXXXXX XX wurde mit Baubescheid vom 09.08.1988 für die Nutzung als "Bürogebäude mit Tiefgarage" genehmigt. Im Zusammenhang mit der Baugenehmigung dieses und der anderen Vorhaben waren am 22.07.1988 zwei öffentlich-rechtliche Verträge zwischen den damaligen Eigentümern der Grundstücke, einer Bauherrengemeinschaft (künftig BHG), und der Beklagten abgeschlossen worden. Der eine Vertrag betraf das Grundstück Flst.-Nr. XXXXXX (Einrichtungshaus), der andere die Grundstücke XXXXXXXXXXXXX XX und XX. Nr. X des letztgenannten Vertrags lautet:

"Die zu genehmigenden Gebäude auf den neu gebildeten Flurstücken Nr. XXXXXX - XXXXXX können aufgrund der Nutzung des Flurstücks Nr. XXXXXX ... nicht für Einzelhandelsbetriebe i.S.d. Baunutzungsverordnung 1977 (z.B. i.S.d. § 6 Abs. 2 Ziff. 3) genutzt werden.

Unberührt bleibt die Nutzung für Praxen, Verwaltungen, Büros usw., wie im vorliegenden Baugesuch beantragt.

Ausgeschlossen ist insbesondere der Einzelhandelsbetrieb mit folgenden innenstadtschädlichen Warensortimenten:

- jeweils Bekleidung, Leibwäsche

- Schuhe- und Lederwaren

- Spiel- und Sportartikel

- Uhren, Schmuck, Optik- und Fotoarbeiten

- Musikalien, Schallplatten, Radio, HiFi-Geräte und Fernsehen

- Schreibwaren und Buchhandel

- Drogerie- und Arzneimittel

- Einzelhandel mit Blumen

- Nahrungs- und Genussmittel.

Nutzungsänderungen in den Gebäuden in Einzelhandelsbetriebe bedürfen auch dann der vorherigen Zustimmung der Stadt, wenn sie baugenehmigungsfrei sein sollten".

Der Vertrag gilt auch für die jeweiligen Rechtsnachfolger und verpflichtet die jeweiligen Nutzer und deren Rechtsnachfolger zur Einhaltung, wobei die jeweiligen Eigentümer für die Weitergabe der Verpflichtung haften (Nr. 3). Zweck des Vertrages war es, städtebauliche, u.a. durch ein Gutachten der GMA von 1984 belegte Bedenken bezüglich der Zulassung von Einkaufszentren und Einzelhandelsgroßbetrieben auszuräumen und Beeinträchtigungen der Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und der Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Innenstadt entgegenzuwirken. Diese Bedenken würden sonst zur Zurückstellung des Vorhabens und ggf. zur Aufstellung eines neuen Bebauungsplans zwecks Ausschlusses innenstadtschädlicher Einzelhandelsnutzungen führen (vgl. Vorbemerkung). Auf diesen öffentlich-rechtlichen Vertrag wurde in der Baugenehmigung für das Geschäftsgebäude XXXXXXXXXXXXX XX vom 09.08.1988 wie in einer späteren Änderungsgenehmigung vom 29.06.1994 hingewiesen.

Die Verpflichtung in Nr. 2 des Vertrages wurde aufgrund einer Erklärung der BHG als Baulast im Baulastenverzeichnis für das Baugrundstück sowie für das Grundstück XXXXXXXXXXXXXX XX eingetragen.

Der öffentlich-rechtliche Vertrag über das Einrichtungshaus wurde geschlossen, um bei Zulassung von Einkaufszentren und Einzelhandelsgroßbetrieben bestehende Bedenken bezüglich Beeinträchtigungen der Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und der Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Innenstadt auszuräumen (Vorbemerkung).

Nach Anhörung der Klägerin erging die streitgegenständliche Verfügung vom 25.09.2003. Darin duldete die Beklagte die Nutzung der als Büro- und Ausstellungsfläche genehmigten Räume der Klägerin als Einzelhandelsgeschäft für Untertrikotagen bis zum 31.03.2004 (Nr. 1). Ferner wurde mit Wirkung vom 01.04.2004 die Nutzung des Erdgeschosses als Einzelhandelsgeschäft für Untertrikotagen untersagt (Nr. 2). In den Gründen heißt es: Die Nutzung widerspreche dem öffentlich-rechtlichen Vertrag von 1988 sowie der Baulast. Die Nutzungsuntersagung liege im überwiegenden öffentlichen Interesse, hinter dem die finanziellen Interessen der Klägerin, die sich die Baulast nicht habe zeigen lassen, zurücktreten müssten. Mit gleichem Datum gab die Beklagte der Vermieterin der Immobilie, der GVV GbR, auf, die Nutzungsuntersagung zu dulden.

Den gegen diese Verfügung eingelegten Widerspruch der Klägerin wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Bescheid vom 18.04.2005, zugestellt am 22.04.2005, zurück: Die Nutzungsuntersagung sei nach § 65 Satz 2 LBO rechts- und ermessensfehlerfrei. Die beanstandete Einzelhandelsnutzung sei ohne Baugenehmigung aufgenommen worden und verstoße auch materiellrechtlich gegen die - wirksame - Baulast. Dem Wortlaut des § 71 LBO lasse sich nicht entnehmen, dass der Anwendungsbereich einer Baulast nur auf solche Fälle beschränkt sei, in denen die Voraussetzungen für einen Genehmigungsanspruch geschaffen werden sollten. Auch der Umstand, dass der Inhalt einer Baulast vorliegend nach § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO durch Bebauungsplan hätte geregelt werden können, hindere die Wirksamkeit der Baulast nicht. Bundesrechtlich könne ein Eigentümer sich mittels Baulast bezüglich der zulässigen Nutzung stärker binden als ihn die Baurechtsbehörde binden könnte. Dies habe das Bundesverwaltungsgericht schon 1987 entschieden (Beschluss vom 12.11.1987 - 4 B 216.87 -). An der Nutzungsuntersagung bestehe wegen negativer Vorbildwirkung der ausgeübten Einzelhandelsnutzung ein erhebliches öffentliches Interesse. Die Klägerin könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, sie hätte sich über die Rechtslage informieren können. Soweit die Klägerin auf eine gleichheitswidrige Hinnahme anderer Einzelhandelsnutzungen verweise, beträfen diese keine innenstadtschädlichen Sortimente.

Am 20.05.2005 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie hat ihr Vorbringen wiederholt und vertieft, dass die Baulast unwirksam sei. Es würden Nutzungsbeschränkungen getroffen, die den Bereich bauplanungsrechtlicher Festsetzungen im hierfür vorgesehenen förmlichen Verfahren durch den kommunalen Satzungsgeber beträfen. Der Regelungsbereich der Baulast sei den zwingenden Vorschriften des BauGB und der BauNVO über Ausmaß und Beschränkung der Art der baulichen Nutzung vorbehalten. Die Baulast sei kein Instrument zur Aufhebung planungsrechtlicher Vorschriften. Dies habe der VGH Baden-Württemberg schon 1974 entschieden. Die Verfügung sei auch ermessensfehlerhaft. Die Beklagte habe gegen den Gleichheitssatz verstoßen, in dem sie gegen andere Einzelhandelsgeschäfte mit innenstadtschädlichen Nutzungen nicht vorgegangen sei. Die Klägerin genieße zudem Vertrauensschutz, zur Einsichtnahme in das Baulastenverzeichnis sei sie weder berechtigt noch verpflichtet gewesen. Mit einer Baulast dieses ungewöhnlichen Inhalts habe sie nicht rechnen müssen.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten: Die Baulast sei wirksam. Ebenso wie öffentlich-rechtliche Verträge dürfe sie eingesetzt werden, um öffentlich-rechtlich zulässige Nutzungen vertraglich dauerhaft auszuschließen, dadurch planerische Konfliktsituationen zu beseitigen und - wie hier - die Aufstellung eines Änderungsbebauungsplans entbehrlich zu machen. Dies ergebe sich vor allem auch aus § 11 Abs. 1 Nr. 2 BauGB.

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat durch Entscheidung des Einzelrichters der Klage mit Urteil vom 15.06.2007 - 9 K 2278/07 - stattgegeben: Die Verfügung sei rechtswidrig, da die streitige Nutzung als Einzelhandelsgeschäft jedenfalls nicht materiell-baurechtswidrig sei. Diese Nutzung widerspreche den Festsetzungen des maßgeblichen Bebauungsplans von 1960 nicht und ihr könnten auch weder der öffentlich-rechtliche Vertrag noch die Baulast von 1988 entgegengehalten werden. Der öffentlich-rechtliche Vertrag begründe nur Rechtspflichten zwischen den Vertragsparteien selbst und die früheren Eigentümer hätten auf einen Verpflichtungsübergang auf die Klägerin jedenfalls nicht hingewirkt. Die Baulast sei materiell unwirksam, da die getroffene Regelung nicht durch § 71 LBO gedeckt sei. Es fehle an einer baurechtlichen Relevanz im Sinne eines Zusammenhangs mit den den Baurechtsbehörden nach §§ 47, 58 LBO obliegenden Aufgaben. Die Baulast verändere den durch den Bebauungsplan vorgegebenen Rahmen und greife damit in die Gestaltungskompetenz des Normgebers ein. Insofern werde sogar gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen. Die Baulast diene zweifelsfrei allein dem städtebaulichen Zweck, Bedenken bezüglich der Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich sowie der Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Innenstadt auszuräumen. Diese Regelungsmaterien müsse aber dem Ortsgesetzgeber auf Grundlage von § 1 Abs. 5 und Abs. 9 BauNVO vorbehalten bleiben. Die von der Beklagten zum Beleg ihrer Auffassung herangezogenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts beträfen andere Sachverhalte, bei denen nicht in den Willen des gemeindlichen Satzungsgebers eingegriffen, sondern dieser Wille umgesetzt werde. Auch § 11 Abs. 1 Nr. 2 BauGB lasse städtebauliche Verträge nur zu, wenn die betreffenden Ziele zuvor mittels Bebauungsplans vom Satzungsgeber verbindlich festgestellt worden seien.

Das Verwaltungsgericht (Einzelrichter) hat die Berufung wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen.

Gegen das am 27.06.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 25.07.2007 Berufung eingelegt.

Sie beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. Juni 2007 - 9 K 2278/07 - zu ändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise: die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15.06.2007 zuzulassen.

Zur Begründung führte sie zusammengefasst aus: Die Berufung sei statthaft. Der Senat sei an die Zulassung gebunden, auch wenn der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht im Gesetz vorgesehen sei. Jedenfalls führe aber der Hilfsantrag zum Ziel, da die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 1 - 3 VwGO sämtlich vorlägen. Der Antrag sei unter einer zulässigen prozessualen Bedingung gestellt.

Die in der Baulast übernommenen Beschränkungen von Einzelhandelsnutzungen seien schon nach dem Wortlaut des § 71 LBO baulastfähig. Die vom Verwaltungsgericht zitierte Rechtsprechung stehe einem derartigen Inhalt der Baulast nicht entgegen. Ein Eigentümer könne sich durch öffentlich-rechtlichen Vertrag enger binden als ihn die Baurechtsbehörde einseitig - etwa durch Auflagen - zwingen könne. Anerkannt sei auch, dass private Vereinbarungen und Verzichtserklärungen ein geeignetes Mittel zur Bewältigung bauleitplanerische Konflikte seien, wenn sie - objektiv - zu einer Konfliktlösung führten. Aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts von 1987 ergebe sich, dass die Möglichkeit, einen durch ein Vorhaben ausgelösten Konflikt mittels Bebauungsplan zu lösen, eine alternative Konfliktlösung einer Baulastverpflichtung nicht ausschließe. Es müsse nicht immer zuerst ein Bebauungsplan vorliegen, um danach durch Baulast Konflikte auszugleichen. Vielmehr würden auch Fälle erfasst, in denen eine Konfliktlösung durch Vertrag die Aufstellung eines Bebauungsplans entbehrlich mache.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die vom Verwaltungsgericht auf § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO gestützte Berufungszulassung für unwirksam, da dieser Zulassungsgrund in § 124 a Abs. 1 VwGO nicht vorgesehen sei. Deswegen sei der Senat nicht an die Berufungszulassung gebunden. Der Hilfsantrag sei ebenfalls unzulässig, da er an eine Bedingung geknüpft sei und zudem die Zulassungsgründe nicht ausreichend darlege. Die Berufung sei jedenfalls aber unbegründet. Der Anwendungsbereich einer Baulast sei in dem vom Verwaltungsgericht zutreffend beschriebenen Umfang begrenzt.

In der mündlichen Verhandlung am 09.02.2009 ist die Sach- und Rechtslage erörtert und ist der Beklagten ein Schriftsatzrecht zur Frage eingeräumt worden, ob bei Bestellung der Baulast bereits ein Aufstellungsbeschluss des Gemeinderats zur Änderung des maßgeblichen Bebauungsplans gefasst war. Dazu hat sie u.a. ausgeführt: Die Unterlassungsverpflichtung in Nr. 2 des öffentlich-rechtlichen Vertrags sei gegenüber der beklagten Stadt als Trägerin der Planungshoheit abgegeben worden. Die Stadt sei durch das Bauverwaltungs- und Bauordnungsamt insoweit nur "vertreten" worden. Bei Vertragsabschluss seien die nach der Vorbemerkung zu sichernden Planungsziele aufgrund des GMA-Gutachtens 1984 ausreichend konkretisiert gewesen. Bauausschuss und Gemeinderat hätten dieses Gutachten erörtert (GR-Drs. 42/84) und seine Vorgaben seien für die Einzelhandelsentwicklung außerhalb der Innenstadt jeweils umgesetzt worden. Dies ergebe sich insbesondere aus den Entscheidungen des Gemeinderats zur Bauleitplanung im Bereich "Tammer Feld" (GR-Drs. 32/85), der "unweit" (ca. 1,5 km) des hier maßgeblichen Gebiets liege. Das hier in Rede stehende Baugesuch für den "XXX-XXXXXXXX" sei dem Bauausschuss des Gemeinderats am 25.02.1988 vorgestellt worden. Dabei habe die Verwaltung mitgeteilt, dass "auch ohne Änderung des Bebauungsplans eine innenstadtschädliche Nutzung unzulässig" sei, worüber mit den Bauherrn ein Einverständnis bestehe. Nur aufgrund der freiwilligen Bereitschaft der Grundstückseigentümer zur Nutzungseinschränkung habe der Bauausschuss dann auf bauleitplanerische Instrumente verzichtet. In die kommunale Planungshoheit oder in Beteiligungsrechte der Öffentlichkeit sei nicht eingegriffen worden. Die Baulasterklärung sei lediglich ein Vollzug der freiwilligen vertraglichen Unterlassungsverpflichtung. Die Kompetenz der Baurechtsbehörde sei nur insoweit berührt worden, als sie die empfangsbedürftige Stelle einer solchen Baulasterklärung sei.

Die Klägerin hält in Erwiderung hierauf an ihrem bisherigen Vortrag fest. Der öffentlich-rechtliche Vertrag stehe in keinem Zusammenhang mit dem seinerzeit geplanten und genehmigten Bürogebäude. Es hätten lediglich städtebauliche Bedenken gegen zukünftige Nutzungen, nicht aber konkrete rechtliche Hindernisse gegen das Vorhaben selbst ausgeräumt werden sollen. Bei Vertragsabschluss habe auch kein hinreichender städtebaulicher Wille bestanden, städtebauliche Sicherungsmittel auf Zurückstellung, Veränderungssperre zu ergreifen. Der Bauausschuss habe die konkret geplante Büronutzung gerade nicht verhindern wollen. Die Bauleitplanung "Tammer Feld" betreffe ein anderes Baugebiet und sei für den hier betroffenen Bereich in keiner Weise aussagekräftig.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der beigezogenen Gerichtsakten des Verfahrens - 9 K 2278/07 -) sowie der Bauakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann im Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO). Die entscheidungserheblichen Fragen sind in der mündlichen Verhandlung und in den nachgelassenen Schriftsätzen der Beteiligten angesprochen worden.

A. Die Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht eingelegt und den inhaltlichen Anforderungen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO entsprechend begründet worden. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Senat nach § 124 a Abs. 1 Satz 2 VwGO auch an die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gebunden, so dass der hilfsweise gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung durch den Senat nicht zum Tragen kommt.

Die Bindungswirkung nach § 124 a Abs. 1 Satz 2 VwGO scheitert zunächst nicht daran, dass der Einzelrichter die Berufung wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen hat, obwohl ihm in diesem Fall nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO der Rechtsstreit von der Kammer gar nicht zur Entscheidung hätte übertragen werden dürfen. Der vom 7. Senat des erkennenden Gerichtshofs vertretenen Auffassung, in einem solchen Fall der Befugnisüberschreitung sei der Einzelrichter nicht "Verwaltungsgericht" i.S.v. § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO und die von ihm zugelassene Berufung binde das Berufungsgericht nicht (Beschluss vom 15.10.2003 - 7 S 558/03 -, VBlBW 2004, 108 ff.), ist das Bundesverwaltungsgericht in einer Entscheidung zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht gefolgt (Urteil vom 09.03.2005 - 6 C 8.04 -, NVwZ 2005, 821 ff.): Die Bindung an die Zulassung durch Einzelrichter als "Verwaltungsgericht" (vgl. dazu Urteil vom 29.07.2004 - 5 C 65.03 -, VBlBW 2005, 60 f.) entfalle nicht deswegen, weil die Übertragung des Rechtsstreits auf ihn voraussetze, dass die Sache keine grundsätzliche Bedeutung habe (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO), die Berufungszulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hingegen die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache erfordere. Diese gegenläufigen Voraussetzungen rechtfertigten nicht die Annahme, der Gesetzgeber habe die Zulassung der Berufung durch den Einzelrichter in solchen Fällen ausschließen wollen. Denn der Einzelrichter sei an die Bewertung der Kammer im Übertragungsbeschluss, dass die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe, nicht gebunden. Ebenso wenig sei er zur Rückübertragung des Rechtsstreits an die Kammer verpflichtet, wenn er entgegen der Bewertung durch die Kammer oder aufgrund einer wesentlichen Änderung der Prozesslage zu der Einschätzung gelange, dass die Sache grundsätzliche Bedeutung aufweise; vielmehr dürfe er in solchen Fällen im Rahmen seines Ermessens nach § 6 Abs. 3 Satz 1 VwGO über den Rechtsstreit selbst entscheiden und zugleich die Berufung zulassen (ebenso Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 124 a Rn. 4 und im Ergebnis auch Happ, in: Eyermann u.a., VwGO, 12. Aufl., § 124 a Rn. 2 sowie mit eingehender Begründung auch Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 16. Lieferung, § 124 a Rn. 11).

Dieser zutreffenden Auffassung schließt sich der Senat auch für den vorliegend in Rede stehenden Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO an. Die Rechtslage ist insofern nicht anders zu beurteilen als bei der Grundsatzrüge nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Auch bei Vorliegen des Zulassungsgrunds der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten ist die Kammer gehindert, den Rechtsstreit auf den Einzelrichter zu übertragen. Hat sie eine Übertragung aufgrund einer anderen rechtlichen Beurteilung des Falles gleichwohl - wie hier (vgl. den Kammerbeschluss vom 25.10.2005) - vorgenommen, ist der Einzelrichter an diese Rechtsauffassung auch insofern weder gebunden noch ist er zur Rückübertragung an die Kammer verpflichtet.

2. Die Bindung an die Zulassung durch den Einzelrichter entfällt auch nicht deswegen, weil dieser sich auf einen Zulassungsgrund (§ 124 a Abs. 1 VwGO) gestützt hat, der dem Verwaltungsgericht nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht zu Gebot steht, sondern dem Verwaltungsgerichtshof im Zulassungsverfahren nach § 124 a Abs. 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO vorbehalten ist. Es handelt sich hierbei um keinen Fall, in dem das zugelassene Rechtsmittel spezialgesetzlich überhaupt ausgeschlossen oder in dem, wie etwa nach § 78 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG, dessen Zulassung durch das Ausgangsgericht schlechthin nicht vorgesehen ist (gegen die Bindungswirkung in derartigen Konstellationen vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 124 a Rnrn. 11 und 3; a.A. [Bindung auch bei nicht-statthafter Berufung, allerdings nur an die Zulassung] Happ, a.a.O., § 124 a Rn. 5). Vielmehr hat das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner generellen Zulassungsbefugnis nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO "nur" eine Begründung gewählt, welche die Zulassung durch das Ausgangsgericht nicht trägt. Dieser Fehler liegt auf einer anderen Rechtsebene. Er macht die Zulassung zwar evident fehlerhaft und steht nach seinem Gewicht insofern den Fallgruppen gleich, in denen entweder offensichtlich keiner der Zulassungsgründe des § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO vorliegt oder die Zulassung an einem sonstigen schwerwiegenden Verfahrensfehler leidet. Solcherart evident rechtswidrige, weil fehlerbehaftete oder im Einzelfall offensichtlich gesetzwidrige Zulassungen eines Rechtsmittels lassen nach einhelliger Auffassung die Bindungswirkung der Zulassungsentscheidung für die Oberverwaltungsgerichte/Verwaltungsgerichtshöfe aber unberührt, wenn das betreffende Rechtsmittel jedenfalls generell statthaft und zulassungsfähig ist. Dies gebietet das Prinzip der Rechtsmittelklarheit und Rechtsmittelsicherheit (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 124 a Rn. 11, § 132 Rn. 36 sowie Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/v. Albedyll, VwGO, 4. Aufl., § 124 a Rn. 11 und Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O., § 124 a Rn. 13).

B. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die - nach Erledigung der Duldung in Nr. 1 wegen Zeitablaufs allein noch streitige - Nutzungsuntersagung in Nr. 2 der Verfügung vom 25.09.2003 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom 18.04.2005 zu Recht aufgehoben. Denn die Verfügung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I. Rechtsgrundlage der Nutzungsuntersagung ist § 65 Satz 2 LBO. Danach kann die Beklagte als untere Baurechtsbehörde (§§ 48 Abs. 1 LBO, 15 Abs. 1 Nr. 2 LVG) in pflichtgemäßer Ausübung ihres Ermessens die Nutzung der Räume im Erdgeschoss des Gebäudes XXXXXXXXXXXX XX als Ladenfläche für den Trikotagen-Einzelhandel der Klägerin dann untersagen, wenn diese Nutzung im Zeitraum zwischen ihrer erstmaligen Aufnahme und der Entscheidung des Senats fortlaufend und ununterbrochen sowohl formell als auch materiell baurechtswidrig war (st. Rspr. des erk. Gerichtshofs, vgl. dazu Nachweise bei Sauter, LBO, 3. Aufl., § 65 Rn. 100; siehe auch Kuntze, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/v. Albedyll, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 40). Diese Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor. Es fehlt, wovon zutreffend auch das Verwaltungsgericht ausgeht, bereits am Tatbestand der Vorschrift. Denn die Nutzung als Ladenfläche für einen Trikotagen-Einzelhandel verstößt jedenfalls nicht gegen materielles Baurecht, sondern war und ist bauplanungsrechtlich zulässig, unabhängig davon, ob der bestehende Bebauungsplan gültig (dazu 1.) oder ungültig ist (dazu 2.). Damit kommt es nicht mehr darauf an, ob der Trikotagen-Einzelhandel auch formellem Baurecht entspricht, d.h. ob die neue Nutzung im Verhältnis zur Vorgängernutzung (als Büro/Ausstellungshalle bzw. Teppichhandel) baugenehmigungspflichtig oder verfahrensfrei ist (§ 50 Abs. 2 LBO).

1. Die streitige Nutzung als Trikotagen-Einzelhandel entspricht den Festsetzungen nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. der Festsetzung "gemischtes Bauviertel" im Bebauungsplan Bezirk 2 Nr. 19 der Beklagten in der geänderten Fassung vom 06.05.1960. Der Begriff "gemischtes Bauviertel" wird nach der - einzigen - Definition in § 7 der Ortsbausatzung der Beklagten (OBS) nach seiner Zweckbestimmung weit, nämlich als "Wohn- und Geschäftsviertel" umschrieben. Hierunter fallen im Falle der Plangültigkeit mindestens das Nutzungsspektrum eines Mischgebiets nach § 6 BBauG/BauGB, zu dessen allgemein zulässigen Hauptnutzungen von jeher (nicht wesentlich störende) Einzelhandelsbetriebe jeglichen Sortiments gehören (vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 1 BauNVO 1962 - 1990). Der Senat hat allerdings in seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass die Festsetzung als gemischtes Bauviertel in alten Bebauungsplänen der Beklagten angesichts der nicht näher konkretisierten Zweckbestimmung als "Wohn- und Geschäftsviertel" buchstäblich jede Art der baulichen Nutzung von reiner Wohnbebauung bis zum emissionsträchtigen Industriebetrieb erlaube und daher mangels eines rechtlich einwandfreien Abwägungsergebnisses schon bei der Planaufstellung nach § 173 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 BBauG 1960 nicht wirksam übergeleitet worden sei (vgl. Urteile vom 29.09.1999 - 3 S 1163/99 -, VBlBW 2000, 324 f. und vom 31.01.2001 - 3 S 2586/99 -).

2. Ob dieser Rechtsprechung nach wie vor zu folgen ist oder ob sich die in einem "Geschäftsviertel" zulässigen gewerblichen Anlagen in abwägungsfreier Weise doch näher eingrenzen lassen (so wohl VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 03.08.1978 - VIII 304/71 -), kann auf sich beruhen. Denn der Trikotagenbetrieb der Klägerin ist auch bei Plannichtigkeit jedenfalls nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässig, da er sich - was allein zu erörtern ist - nach der Art der baulichen Nutzung innerhalb des vorhandenen Nutzungsrahmens auf dem Milu-Gelände und in dessen maßgeblicher Umgebung hält, zu dem auch Einzelhandelsbetriebe gehören. Diese Frage hat der Senat in der mündlichen Verhandlung erörtert und sie konnte zwischen den Beteiligten - für den gesamten Betriebszeitraum - unstreitig gestellt werden. Auf die Sortimentsstruktur der vorhandenen Einzelhandelsbetriebe (etwa nach Kriterien der Innenstadtschädlichkeit) kommt es nach dem Maßstab des § 34 Abs. 1 BauGB nicht an. Von dem Ladengeschäft der Klägerin sind auch weder nach seinem Sortiment noch nach seiner bescheidenen Größe schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche der Beklagten nach § 34 Abs. 3 BauGB zu erwarten (zu den insofern strengen Voraussetzungen, für die selbst die Vermutungsregel des § 11 Abs. 3 Satz 3 und 4 BauNVO nicht gilt, vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.02.2009 - 4 B 3.09 -, BauR 2009, 944 ff. sowie Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, BVerwGE 129, 307). Ganz abgesehen davon könnte die Nutzungsuntersagung auch aus anderen Gründen nicht auf § 34 Abs. 3 BauGB gestützt werden. Denn diese Vorschrift ist erst durch das EAG Bau (Gesetz vom 24.06.2004, BGBl. I, 1359) mit Wirkung vom 20.07.2004 - also erst nach Betriebsaufnahme der Klägerin - in Kraft getreten. Zuvor waren die in § 34 Abs. 3 BauGB genannten städtebaulichen "Fernwirkungen" vom Begriff des "Sich-Einfügens" in § 34 Abs. 1 BauGB nicht umfasst (vgl. dazu BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 8.80 -, BVerwGE 68, 352, und vom 11.02.1993 - 4 C 15.92 -, Buchholz 406.11, § 34 BauGB, Nr. 156). Nichts anderes würde im Übrigen auch für eventuelle "Fernwirkungen" in Gestalt von Auswirkungen des Betriebs der Klägerin oder anderer Einzelhandelsbetriebe des "XXXXXX XXXXX" auf Belange des Verkehrs im Stadtteil XXXXXXXX der Beklagten gelten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.04.2000 - 4 B 25.00 -, BauR 2001, 212 ff.), von denen nach Aktenlage allerdings auch tatsächlich nicht auszugehen ist.

II. Der mithin materiellen Baurechtmäßigkeit des Trikotagenbetriebs der Klägerin stehen auch weder der öffentlich-rechtliche Vertrag zwischen der damaligen Eigentümerin, der BHG und der Beklagten vom 22.07.1988 über die Grundstücke Flst.-Nrn. XXXXXX - XXXX noch die Nr. X dieses Vertrags wörtlich nachgebildete Baulast auf diesen Grundstücken entgegen.

Der öffentlich-rechtliche Vertrag über den Ausschluss aller - insbesondere innenstadtschädlicher - Einzelhandelsbetriebe kann der Klägerin nicht entgegengehalten werden. Denn der Vertrag wirkt, wie auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, nur zwischen den damaligen Vertragsparteien ("inter partes"), mithin nur zwischen der BHG und deren Rechtsnachfolgern (Nr. 3 Satz 1). Rechtsnachfolgerin der BHG ist aber nicht die Klägerin, sondern allenfalls die heutige Eigentümerin, die GVV GbR geworden, auch diese aber nur dann, wenn die Rechtsnachfolge durch Rechtsgeschäft begründet worden ist. Demgegenüber kann die Klägerin schon deswegen nicht Rechtsnachfolgerin geworden sein, weil diese Rechtsnachfolge ersichtlich mit dem Grundstückseigentum verknüpft ist. Allerdings sieht der Vertrag vor, dass der jeweilige Eigentümer der Grundstücke für die Weitergabe der übernommenen Verpflichtungen auch an den jeweiligen Nutzer haftet (Nr. 3 Satz 3). Es kann jedoch ausgeschlossen werden, dass die GVV GbR ihre Unterlassenspflicht aus dem öffentlich-rechtlichen Vertrag privatrechtlich an die Klägerin weitergegeben hat. Denn dies stünde in unauflösbarem Widerspruch zum Mietvertrag, der eine von dieser Unterlassenspflicht erfasste Nutzung zulässt.

Vor diesem Hintergrund bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob der öffentlich-rechtliche Vertrag vom 22.07.1988 - ÖRV - inhaltlich einer Überprüfung am Maßstab der §§ 54 und 56 Abs. 2 LVwVfG standhält. Nach § 56 Abs. 2 LVwVfG kann in Fällen, in denen auf die Leistung der Behörde ein Anspruch besteht, nur eine solche Gegenleistung vereinbart werden, die bei Erlass eines entsprechenden Verwaltungsakts Inhalt einer Nebenbestimmung nach § 36 LVwVfG sein könnte. Der Senat bemerkt, dass es zumindest fraglich erscheint, ob diese Voraussetzungen hier vorliegen. Denn die Klägerin hatte seinerzeit einen Anspruch sowohl auf die konkret beantragte Baugenehmigung (Nutzung für Praxen, Verwaltungen und Bürozwecke, vgl. Nr. 2 Satz 2 ÖRV) als auch, wie dargelegt, auf eine Baugenehmigung zur zusätzlichen Nutzung zu Einzelhandelszwecken. Der im Vertrag vereinbarte Nutzungsverzicht auf jegliche Einzelhandelsnutzung hätte der damaligen Eigentümerin und Bauantragstellerin damit wohl nicht als Nebenbestimmung - in Gestalt einer sog. modifizierenden Auflage - zur Baugenehmigung vom 09.08.1988 beigefügt werden dürfen. Auch bei einer Gesamtschau mit der im gleichen Zeitraum erteilten Genehmigung für ein Möbel- und Einrichtungshaus auf dem Grundstück Flst.-Nr. XXXXXX dürfte das der BHG im Vertrag vom 22.07.1988 auferlegte Nutzungsverbot für Einzelhandel nach dem Maßstab des § 56 Abs. 2 LVwVfG als Nebenbestimmung schwerlich zu rechtfertigen sein. Denn dieses Vorhaben war im beantragten Umfang genehmigungsfähig (vgl. Nr. 2 des diesbezüglichen - gesonderten - öffentlich-rechtlichen Vertrags vom 22.07.1988). Es fehlt auch an ausreichenden Nachweisen, dass die Zulässigkeit des Einrichtungshauses seinerzeit aus anderen Gründen - etwa zur Gewährleistung ausreichender Erschließung - vom Ausschluss jeglicher Einzelhandelsnutzung in den übrigen Gebäuden abhing. In den von der Beklagten vorgelegten Gemeinderatsprotokollen wird nicht nachvollziehbar dargelegt, dass das vorhandene Straßennetz nur bei Verzicht auf jeglichen Einzelhandel in der Nachbarschaft in der Lage gewesen wäre, den durch das Möbelhaus ausgelösten Verkehr im Regelfall ohne die Notwendigkeit erheblicher straßenbaulicher Erweiterungsmaßnahmen zu bewältigen (zu diesen Voraussetzungen vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.04.2000, a.a.O. sowie Beschluss vom 03.04.1996 - 4 B 253/95 -, NVwZ 1997, 389 f.). Auf derartige zwingende vorhabenbedingte Erschließungshindernisse hat sich auch die Beklagte im gerichtlichen Verfahren nicht berufen.

Die Klägerin muss das Nutzungsverbot für Einzelhandel im öffentlich-rechtlichen Vertrag vom 22.07.1988 auch nicht deswegen gegen sich gelten lassen, weil dieses in eine Baulast nach § 70 Abs. 1 LBO a.F. (= § 71 Abs. 1 LBO n.F.) "gegossen" und als solche nach § 71 Abs. 1 LBO a.F. (= § 72 Abs. 1 LBO n.F.) formgültig in das Baulastenbuch für das Grundstück Flst.-Nr. XXXXX eingetragen ist. Das Institut der Baulast entfaltet - als auf dem jeweiligen Baugrundstück haftende Verpflichtung - allerdings dingliche Wirkung und ist insofern einer Grunddienstbarkeit des BGB vergleichbar. Soweit es zur Durchsetzung der Baulast erforderlich ist, können daher Anordnungen nicht nur gegen den Eigentümer, sondern auch gegen Dritte, etwa - wie hier - gegen die Mieter - gerichtet werden. Denn auch Mieter sind - als Ausübende der baulastwidrigen Nutzung - baupolizeiliche Handlungsstörer, die nach pflichtgemäßem Ermessen neben oder anstelle der Eigentümer in Anspruch genommen werden können (vgl. Nachweise bei Sauter, a.a.O., § 71 Rn. 33). Vorliegend braucht die Klägerin der Baulast jedoch deswegen nicht Folge zu leisten, weil diese mangels eines baulastfähigen Inhalts von der Ermächtigungsgrundlage des § 70 Abs. 1 LBO a.F. (= § 71 Abs. 1 LBO n.F.) nicht mehr gedeckt und daher unwirksam ist. Die - fortbestehende - Eintragung der Baulast in des Baulastenverzeichnis der Beklagten steht dem nicht entgegen, da dieser Eintrag nur deklaratorische Bedeutung hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29.05.1979, BRS 35 Nr. 164; Sauter, a.a.O., § 71 Rn. 34).

Nach § 70 Abs. 1 LBO a.F. (= § 71 Abs. 1 LBO n.F.) können Grundstückseigentümer durch Erklärung gegenüber der Baurechtsbehörde öffentlich-rechtliche Verpflichtungen zu einem ihr Grundstück betreffenden Tun, Dulden oder Unterlassen übernehmen, die sich nicht schon aus öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen ergeben (Baulasten). Von solchen Baulasten sind die nach § 71 Abs. 2 LBO a.F. (= § 72 Abs. 2 LBO n.F.) ebenfalls ins Baulastenverzeichnis der Gemeinden eintragungsfähigen sog. "Bauvermerke" zu unterscheiden. Im Gegensatz zu Baulasten, die eine freiwillig vom Grundstückseigentümer übernommene Verpflichtung enthalten, die sich nicht schon aus öffentlichrechtlichen Vorschriften ergibt, werden als Bauvermerke Verpflichtungen des Eigentümers mit dem Inhalt und in dem Umfang eingetragen, wie sie sich aus bereits bestehenden gesetzlichen Vorschriften oder im Einzelfall - etwa durch Verwaltungsakt - begründeten sonstigen Obligationen ergeben (vgl. Sauter, a.a.O., § 72 Rn. 12). Vorliegend ist die Verpflichtung in Ziff. 2 des öffentlichrechtlichen Vertrags aufgrund einer eigenständigen Erklärung der BHG ins Baulastenverzeichnis eingetragen und ausdrücklich als Baulast gekennzeichnet (Nr. 6 ÖRV sowie Auszug aus dem Baulastenbuchverzeichnis). Damit ist sie am Maßstab des § 70 Abs. 1 LBO a.F./§ 71 Abs. 1 LBO n.F. zu messen. Diese Voraussetzungen scheinen zwar bei unbefangener Betrachtung der einzelnen Tatbestandsmerkmale gegeben zu sein (dazu 1.). Sie liegen bei der gebotenen - dem Zweck der Baulast und ihrer kompetenzrechtlichen Ordnung geschuldeten - einschränkenden Auslegung dieses Rechtsinstituts aber gleichwohl nicht vor (dazu 2.).

1. Die streitige Baulast ist hinreichend bestimmt. Sie ist dahin zu verstehen, dass im betroffenen Gebäude insgesamt auf die Nutzung zu Einzelhandelszwecken i.S.d. § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO 1977 und damit auch auf "Läden" nach § 3 Abs. 3 und § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO 1977 verzichtet wird, wobei die im "Insbesondere" - Katalog aufgezählten innenstadtschädlichen Betriebstypen nur wegen ihrer besonderen Bedeutung hervorgehoben, nicht aber abschließend gemeint sind. Die Baulast postuliert auch eine konkrete, bau-grundstücksbezogene und vom jeweiligen Eigentümer unabhängige Unterlassungspflicht. Diese Pflicht ist auch dem öffentlichen Recht zuzurechnen, da sie sich auf den bauordnungs- wie bauplanungsrechtlich relevanten Vorgang der "Nutzung" baulicher Anlagen bezieht (vgl. etwa §§ 2 Abs. 12, 50 Abs. 2, 65 Satz 2 LBO oder §§ 9 Abs. 1, 29 Abs. 1 BauGB sowie §§ 1 und 2 BauNVO). Hierdurch unterscheidet sie sich wesentlich von der im Urteil des Senats vom 10.01.2007 (- 3 S 1251/06 -, VBlBW 2007, 225 ff.) streitgegenständlichen Baulast, bei der es um einen Verzicht auf den - der baurechtlichen Nutzung als Rechtsgrund vorgelagerten - privatrechtlichen Rechtsvorgang des Vermietens ging. Schließlich ergab sich der von der BHG übernommene Nutzungsverzicht auf Einzelhandel auch nicht bereits aus den bestehenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Planungsrechts. Wie mehrfach dargelegt, waren sowohl nach dem Bebauungsplan als auch nach § 34 BauGB Einzelhandelsbetriebe jeglichen Sortiments im Gebäude XXXXXXXX-XXXXX XX zulässig und die Baugenehmigung hätte aller Voraussicht nach in diesem Umfang erteilt werden müssen. Auch aus der Gesamtschau mit dem benachbarten Einrichtungshaus auf dem Grundstück Flst.-Nr. XXXX ließ sich kein zwingendes Verbot für Einzelhandel auf den übrigen Grundstücken ableiten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich nach Einschätzung der GMA (vgl. S. 86 der Standortuntersuchung von 1994) bei dem Möbel-Einrichtungshaus hinsichtlich Sortiment und Flächenbedarf um einen durchaus auch in Randlagen verträglichen Einzelhandelstypus handelte.

2. Eine wie vorstehend isoliert am Wortlaut des § 70 Abs. 1 LBO a.F. (= § 71 Abs. 1 LBO n.F.) verhaftete Auslegung greift jedoch zu kurz. Sie wird der bauaufsichtsrechtlichen, dem Regelungssystem der LBO unterworfenen Funktion der Baulast nicht ausreichend gerecht (a.) und berücksichtigt die Abgrenzung zum bundesrechtlich vorgegebenen Städtebaurecht nicht im gebotenen Umfang (b.). Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist die Baulast unwirksam (c.).

a) Die Baulast ist ein Institut des in die Kompetenz des Landesgesetzgebers fallenden bauaufsichtlichen Verfahrens. Mit ihr sollen Hindernisse ausgeräumt werden, die im Einzelfall einer Bebauung (oder Nutzungsänderung) eines Grundstücks entgegenstehen könnten; insofern greift die Baulast unmittelbar in das für die Zulassung eines Vorhabens bestimmende Regelungsgefüge ein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.09.1990 - 4 B 34.90 -, BauR 1991, 62 und Beschluss vom 12.11.1987 - 4 B 216.87 -, Buchholz 406.17, BauordnungsR Nr. 24; Urteil des Senats vom 10.01.2007, a.a.O.). Hingegen ist es nicht Sinn und Zweck der Baulast, unabhängig vom Baugeschehen grundstücksbezogenen Verpflichtungen eine öffentlich-rechtliche dingliche Wirkung zu verleihen, gewissermaßen im Sinne einer generellen öffentlich-rechtlichen Grunddienstbarkeit. Sie eröffnet nicht die Möglichkeit, in öffentlich-rechtlicher Form Verpflichtungen auch dann zu übernehmen, wenn hierfür unter baurechtlichen Aspekten kein auch nur entferntes Bedürfnis besteht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.10.1994 - 4 B 175.94 -, BauR 1995, 377 m.w.N.). Dieser Zusammenhang zwischen des Baulastverpflichtung und einem jedenfalls in absehbarer Zeit in Aussicht genommenen Bauvorhaben (Vorhabenzusammenhang) wird in der Rechtspraxis häufig mit dem wenig präzisen Begriff der "baurechtlichen Bedeutsamkeit" bezeichnet (vgl. etwa Senatsurteil vom 10.01.2007 sowie Sauter, a.a.O., § 71 Rn. 14 ff.). Er umschreibt die Anforderungen indessen nicht abschließend. Zusätzlich zu dem Vorhabenzusammenhang muss sich die Baulast auch innerhalb ihres funktionalen Zusammenhangs mit dem Aufgabenbereich der Baurechtsbehörde halten. Dieser Aufgabenbereich der Rechtsaufsicht ergibt sich im Wesentlichen aus den §§ 47, 58 und 65 LBO. Danach haben die Baurechtsbehörden darauf zu achten, dass alle ihrer Aufsicht unterliegenden - geplanten wie bestehenden - Bauvorhaben die baurechtlichen und sonst von ihr zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften einhalten. Zu diesem der Aufsicht unterliegenden Katalog gehören nicht nur bauordnungsrechtliche, sondern auch bauplanungsrechtliche Vorschriften, so dass im Grundssatz zweifellos auch die Erfüllung bauplanungsrechtlicher Anforderungen durch Baulast gesichert werden kann (vgl. Senatsurteil vom 10.01.2007, a.a.O. sowie BVerwG, Beschluss vom 12.11.1987, a.a.O.). Maßgebend für den möglichen Inhalt einer Baulast ist nicht, in welchem Fachgesetz die öffentlich-rechtlichen Vorschriften stehen, auf die sich die Baulast bezieht. Die Baurechtsbehörde darf aber die sich aus ihrer Aufsichtsfunktion ergebende administrative Entscheidungskompetenz nicht überschreiten. Diese beschränkt sich darauf, Bauvorhaben jeweils auf ihre Vereinbarkeit mit geltendem Recht zu prüfen und innerhalb dieses Rahmens mittels Baulast potenzielle tatsächliche oder rechtliche Hindernisse auszuräumen. Dabei kann sich bei ungewissen Verhältnissen ein Grundstückseigentümer zwar enger binden, als er einseitig - etwa im Wege einer rechtmäßigen Auflage - gebunden werden könnte. Die Bauaufsicht erlaubt jedoch keine Übergriffe in den Aufgabenbereich des Gesetz-, Verordnungs- oder Satzungsgebers auf Bundes- oder Landesebene. Dessen Vorgaben dürfen durch eine Baulastverpflichtung zwar konkretisiert und gegebenenfalls auch "überschießend" gesichert, in ihrem inhaltlichen Kern aber nicht ersetzt, ergänzt oder verändert werden.

b) Geht es um Baulasten bauplanungsrechtlichen Inhalts, so sind Inhalt und Grenzen ihrer Baulastfähigkeit ferner mit Blick auf die bundesstaatliche Kompetenzabgrenzung zu ermitteln. Den Ländern steht es frei, im Rahmen ihrer Gesetzgebungszuständigkeit für das Bauordnungsrecht eigenständige Anforderungen an ein Baugrundstück zu stellen. Hierbei dürfen sie aber nicht in die kompetenzrechtliche Zuweisung des Art. 74 Nr. 18 GG an den Bund für das Bodenrecht eingreifen und diese Zuständigkeit unterlaufen. Dies schließt es aus, durch Baulast bauplanungsrechtliche Vorgaben sowohl bezüglich der materiellen Zulässigkeit von Vorhaben als auch bezüglich bindend vorgeschriebener Verfahrensvorschriften zu verändern. Hierauf hat auch die obergerichtliche Rechtsprechung mehrfach hingewiesen (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 14.02.1991 - 4 C 51.87 -, NJW 1991, 2783 ff. <keine Änderung des bundesrechtlichen Begriffs des Baugrundstücks durch Baulast >; OVG Nieders., Urteil vom 31.03.1995 - 1 L 4063/93 -, BauR 1995, 824 ff. <keine Änderung der Zulässigkeit eines Vorhabens nach §§ 34/35 BauGB durch Nutzungsbeschränkungen in einer Baulast>). Auch der Senat hat die Grenzen zwischen zulässigen "sichernden" Baulastverpflichtungen und unerlaubten Eingriffen in die Bauleitplanung bereits im Urteil vom 25.04.1974 (- III 1343/72 -) deutlich gemacht. In dieser Entscheidung hat er eine vom Bebauungsplan abweichenden Regelung der überbaubaren Grundstücksfläche mittels Baulast für unzulässig erklärt. Der Senat hat ausgeführt, dass in die Bauleitplanung dann unerlaubt eingegriffen wird, wenn die Baulast an die Stelle einer bauplanungs-rechtlichen Festsetzung nach § 9 Abs. 1 BBauG/BauGB treten soll, die nach dem Gesetz nur vom kommunalen Satzungsgeber und nur durch Satzungsbeschluss nach § 10 BauGB in einem rechtlich geordneten Verfahren mit gewährleisteten Mitwirkungsrechten der Öffentlichkeit (vgl. etwa §§ 3 und 4, 10 Abs. 3 und 4 sowie § 10 Abs. 3 BauGB) erlassen werden darf. Diese zwingenden rechtsstaatlichen Verfahrensvorgaben unterlägen auch nicht der Disposition des betroffenen Grundstückseigentümers oder der Baurechtsbehörde. An dieser Rechtsprechung zur Kompetenzabgrenzung hält der Senat fest. Sie bringt den entscheidenden Grundgedanken zum Ausdruck, dass durch Baulast die Einhaltung bauplanungsrechtlicher Vorgaben zwar gesichert und effektiviert werden kann, dass die Baulast aber kein Mittel ist, planungsrechtliche Vorschriften oder Festsetzungen zu verdrängen, aufzuheben oder maßgeblich zu ändern (so zutreffend: OVG Nieders., Urteil vom 31.03.1995, a.a.O., m.w.N.). Dabei braucht es sich nicht um ein ausdrückliches gesetzliches Verbot zu handeln; es genügt, wenn sich durch Auslegung ergibt, dass die jeweilige Norm keinen Raum für abweichende Regelungen durch Baulast lässt (vgl. Sauter a.a.O., § 71 Rn. 21). Die Baulast setzt erst dann ein, wenn der primärrechtlich vorgeschriebene materiell- wie verfahrensrechtliche Rahmen des Bauplanungsrechts erfüllt bzw. ausgefüllt ist; sie kann diesen Rahmen dann konkretisieren und die Vorgaben - durch Beseitigung von Ungewissheiten oder durch Entschärfung von Konflikten - absichern und damit vollzugsfähig machen. Nur auf dieser sekundären Absicherungsebene sind Regelungen des Bauplanungsrechts baulastfähig.

Bezogen auf das Recht der Bauleitplanung bedeutet dies, dass Konflikte, die als Folge eines Bebauungsplans entstehen können, durch Baulast entschärft werden dürfen, um Fehler bei der Abwägung zu vermeiden. Unzulässig ist es jedoch, den materiellen Inhalt bestehender Bebauungspläne zu verändern sowie planungsbedürftige Konfliktlagen (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB) "bebauungsplanvertretend" auf der rein konsensualen Ebene durch ein Netz von Baulastverpflichtungen einzelner Grundstückseigentümer zu regeln und dabei die gesetzlich vorgegebenen, auf die Bewältigung aller einschlägigen Interessenkonflikte gerichteten Planungsabläufe und die diesen Planungsprozess sichernden Verfahrensbestimmungen über die Öffentlichkeitsbeteiligung zu umgehen. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats zu Inhalt und Grenzen konfliktentschärfender Baulasten im Rahmen eines Bebauungsplans. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt (ggf. durch Baulast gesicherte) private Vereinbarungen und Verzichtserklärungen im Rahmen der Bauleitplanung an, sofern sie objektiv geeignet sind, Konflikte bezüglich der Verträglichkeit geplanter Nutzungen unterschiedlich Schutzbedürftigkeit auszuräumen (vgl. Beschluss vom 23.01.2002 - 4 BN 3.02 -, BauR 2002, <Verpflichtung einzelner Grundstückseigentümer zum Abbruch eines "störenden" Wohnhauses bzw. zum Einbau von Schallschutzfenstern>; Beschluss vom 26.05.2004 - 4 BN 24.04 -, BauR 2005, 830, <Übernahme einer Baulast, auf einem Grenzgrundstück zwischen Gewerbe- und Wohngebiet des Inhalts, keine das Wohnen wesentlich störenden Gewerbebetriebe unterzubringen>). Mit dem letztgenannten Urteil wurde ein Normenkontrollurteil des Senats vom 13.02.2004 (- 3 S 2548/02 -, VBlBW 2004, 383 [Ls]) bestätigt. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.11.1987 (- 4 B 216.87 -) nichts Gegenteiliges. Der dort vom Bundesverwaltungsgericht gebilligte durch Baulast gesicherte Verzicht eines Bauantragstellers auf bestimmte Einzelhandelssortimente griff nicht in das durch den Bebauungsplan vorgegebene Regelungsgefüge ein, sondern diente ebenfalls der Konfliktbewältigung im Vollzug. Es ging darum, das zur Genehmigung gestellte Vorhaben damit nach dem Maßstab des § 15 Abs. 1 BauNVO genehmigungsfähig zu machen.

c) Ausgehend von diesen Auslegungslegungsmaßstäben ist die im Streit stehende Baulast nicht mehr durch § 70 Abs. 1 LBO a.F./§ 71 Abs. 1 LBO n.F. gedeckt; daher hätte die Eintragung der Baulast in das Baulastenverzeichnis nach § 71 Abs. 1 LBO a.F. (= § 72 Abs. 1 LBO n.F.) der Gemeinde nicht angeordnet werden dürfen. Nach Vorstellung der damaligen Beteiligten war zwar ein Vorhabenzusammenhang mit der Baugenehmigung vom 09.08.1988 gewollt. Jedoch war der funktionale Zusammenhang des Baulastinhalts mit dem bauaufsichtlichen Aufgabenbereich der Baurechtsbehörde der Beklagten nicht mehr gewahrt. Mit dem Nutzungsverbot für Einzelhandel auf dem Grundstück XXXXXXXXXX XX und den übrigen Grundstücken des "XXXXXXXXXXX" hat diese ihre administrative Entscheidungsbefugnis überschritten und zugleich zwingendes städtebauliches Primärrecht geändert bzw. umgangek.

Das Nutzungsverbot für Einzelhandel diente, wie oben dargelegt, nicht dazu, das zur Genehmigung gestellte Geschäftsgebäude auf Grundlage des geltenden Rechts genehmigungsfähig zu machen, sondern dazu, um nach damaliger Rechtslage nicht zu bewältigende städtebauliche "Fernwirkungen" (Versorgungsstörungen im Einzugsbereich sowie Nachteile für zentrale innerstädtische Versorgungsbereiche) zu verhindern. Durch Einsatz eines Systems gleichartiger konsensualer Baulasten sollte "die Aufstellung eines neuen Bebauungsplans, der innenstadtschädliche Einzelhandelsnutzungen ausschließen würde" überflüssig gemacht und die entsprechenden gesetzlichen Plansicherungsinstrumente (Zurückstellung, Veränderungssperre nach §§ 14, 15 BauGB) entbehrlich werden (so ausdrücklich die Vorbemerkung zum ÖRV). Es ging mithin darum, losgelöst vom konkreten Bauvorhaben und von der damals aktuellen Rechtslage anstelle des Plangebers präventiv rechtsgestaltend tätig zu werden, geltendes Städtebaurecht also nicht auf der Sekundärebene abzusichern, sondern auf der Primärebene zu ersetzen. Damit maßten sich die Baulasten eine "bebauungsplanersetzende" Zielrichtung an, die ihnen kompetenzrechtlich nicht zukommt. Um den städtebaulichen Konflikt zwischen der Art der gewerblichen Nutzung der Gebäude im "XXXXXXXXXX", und der beabsichtigten Stärkung zentralörtlicher innerstädtischer Versorgungsbereiche zu lösen, hätte es nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB eines Bebauungsplans bedurft. Dafür sprechen die vielfältigen multilateral ausgerichteten Interessen, die Größe und das Gewicht des Baugebiets sowie dessen Einbettung in das gesamtstädtische Einzelhandelskonzept der Beklagten. Das von der Beklagten gewählte System einer Addition lediglich bilateral wirkender Baulasten vermochte den Konflikt nicht zu bewältigen. Es verstieß gegen das Planungsgebot nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB und umging das mit Bebauungsplanverfahren vorgeschriebene Verfahren mehrfacher Öffentlichkeitsbeteiligung. Um Einzelhandel ganz oder teilweise auszuschließen, hätte es bei Nichtigkeit des alten Bebauungsplans der Aufstellung eines neuen - zumindest einfachen - Bebauungsplans mit Nutzungsartfestsetzungen (etwa: Mischgebiet mit Ausschlussregelungen nach § 1 Abs. 4 bis 9 BauNVO oder Sondergebiet nach § 11 Abs. 1 BauNVO) bedurft; bei Plangültigkeit hätte der alte Bebauungsplan entsprechend geändert werden müssen. In beiden Fällen hätten der Gemeinderat bzw. die zuständigen Ausschüsse über die Aufstellung, über die Offenlage und über die Satzung zu beschließen gehabt (§§ 2 und 3 Abs. 2 sowie § 10 BauGB). Die Beschlüsse hätten öffentlich bekanntgemacht und interessierte Bürger sowie die Träger öffentlicher Belange hätten beteiligt werden müssen. Betroffene hätten nach Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses ferner die Möglichkeit gehabt, ein Normenkontrollverfahren einzuleiten.

Auf diese Beteiligungs- und Kontrollrechte konnten weder die an der Baulast Beteiligten (Grundstückseigentümer und Baurechtsbehörde der Beklagten) noch der Gemeinderat der Beklagten verzichten (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 25.04.1974, a.a.O.). Deswegen ist es unerheblich, ob - wofür die Reaktion des Bausschusses in der Sitzung am 25.02.1988 sprechen könnte - die kommunalen Gremien der Beklagten mit der "bebauungsplanersetzenden" Vorgehensweise der Verwaltung einverstanden waren, um - kommunalpolitisch nachvollziehbar - Zeit und Verwaltungsaufwand zu sparen. Entgegen der Vermutung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hat der Gemeinderat das erforderliche Bebauungsplanverfahren bis heute ersichtlich nicht eingeleitet. Aus den nachträglich vorgelegten Protokollen ergibt sich lediglich, dass der Gemeinderat über die Ergebnisse des GMA-Gutachtens und über Vorstellungen der Verwaltung zur Entwicklung in der Innenstadt und einigen Stadtteilen unterrichtet worden ist (vgl. Sitzungsprotokolle vom 27.03. und 11.04.1984 sowie vom 01.02., 26.02. und 28.02.1985). Ein Bebauungsplanverfahren wurde lediglich von einer Fraktion angeregt (Prot. vom 26.02.1985), aber nicht weiter verfolgt. Auch der Bauausschuss des Gemeinderats hat von einem Bebauungsplanverfahren für das hier maßgebliche Gebiet Abstand genommen, nachdem ihm in der Sitzung vom 25.02.1988 von der Verwaltung - ersichtlich mit Bezug auf den öffentlichrechtlichen Vertrag - mitgeteilt worden war, man habe "eine Schranke eingebaut, dass auch ohne Änderung des Bebauungsplans eine innenstadtschädliche Nutzung unzulässig" und man sich hierin "mit dem Bauherrn einig" sei (Prot. vom 25.02.1988). Darauf, ob ein Bebauungsplan für das an anderer Stelle gelegene Gebiet "Tammer Feld" aufgestellt worden ist - solches wurde nach den vorliegenden Unterlagen allerdings wohl nur erwogen (Prot. vom 01.02.1985) - kommt es nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss vom 02. September 2009

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 100.000,-- EUR festgesetzt.

Zur Begründung wird auf die zutreffenden Gründe des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts verwiesen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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