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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 17.10.2003
Aktenzeichen: 3 S 2298/02
Rechtsgebiete: BauGB, BauNVO


Vorschriften:

BauGB § 34 Abs. 1
BauGB § 34 Abs. 2
BauNVO § 5
BauNVO § 15
Ein Bebauungskomplex aus neun Wohngebäuden mit Nebengebäuden und zum Teil mehreren Wohnungen, einem als Straußwirtschaft und zu Lagerzwecken im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebs genutzten Gebäude sowie weiteren landwirtschaftlichen Nebengebäuden, kann einen Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB darstellen (hier bejaht).

Offen bleibt, ob ein Ortsteil nur dann der Eigenart eines Dorfgebietes entspricht, wenn neben Wohngebäuden und Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe auch eine nicht völlig untergeordnete gewerbliche Nutzung vorhanden ist.

Eine Gaststätte mit Außenbewirtschaftung kann ausnahmsweise zum Nachteil angrenzender Wohnbebauung auch in einem (faktischen) Dorfgebiet gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoßen.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

3 S 2298/02

Verkündet am 17.10.2003

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Aufhebung einer Baugenehmigung

hat der 3. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Stopfkuchen-Menzel, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Fricke und den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schieber auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14. Oktober 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 18. April 2002 - 5 K 833/00 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung einer ihm erteilten Baugenehmigung für die Nutzungsänderung einer bestehenden Straußwirtschaft in eine Gaststätte.

Der Kläger ist Winzermeister und betreibt seit 1980 ein selbstvermarktendes Weingut. Er ist Eigentümer der bebauten Grundstücke Flst.-Nrn. 709, 713, 1941/1, 1948 und 1951 der Gemarkung Ballrechten. Auf dem Grundstück Flst.-Nr. 1951 ist sein Wohnhaus errichtet (XXXXXXXXXXXXXXXX XX). Die Grundstücke liegen in einem Bereich, für den ein Bebauungsplan nicht beschlossen worden ist. Mit Bescheid vom 3.7.1998 erteilte das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald dem Kläger die Baugenehmigung für den Umbau und die Nutzungsänderung des Erdgeschosses des auf dem Grundstück Flst.-Nr. 709 errichteten Kellereigebäudes zu einer Straußwirtschaft mit höchstens 40 Sitzplätzen.

Mit Schreiben vom 11.2.1999 beantragte der Kläger die Baugenehmigung für die Nutzungsänderung der vorhandenen Straußwirtschaft in eine Gaststätte. Nach den Angaben des Klägers im Schreiben an das Landratsamt vom 21.6.1999 sind nicht mehr als 40 Plätze in der Gaststätte und 36 Plätze im Biergarten vorgesehen. Die Beigeladenen erhoben im Rahmen der Angrenzeranhörung Einwendungen gegen das Vorhaben des Klägers. Insbesondere wiesen sie auf die zu befürchtenden Lärm- und Geruchsimmissionen, auf die aus ihrer Sicht unerträgliche Parkplatzsituation und weitere Unzuträglichkeiten durch den Betrieb einer Gaststätte hin.

Mit Bescheid vom 30.7.1999 erteilte das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald die beantragte Baugenehmigung unter Begrenzung der Nutzungszeit des Biergartens bis 22.00 Uhr und der zulässigen Sitzplatzzahl auf 40 Sitzplätze in der Gaststätte und 36 Sitzplätze im Freien und wies die Einwendungen der Beigeladenen zurück. Zur Begründung führte das Landratsamt aus, die beantragte Nutzungsänderung sei nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässig. Das Gebiet sei nicht als allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 4 BauNVO einzustufen. Es sei durch den landwirtschaftlichen Betrieb mit Weinprobierstube des Klägers bereits vorbelastet. Das Vorhaben füge sich auf Grund der begrenzten Größe und Sitzplatzzahl hinsichtlich Art und Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein und verletze nicht das Gebot der Rücksichtnahme.

Gegen diese Baugenehmigung legten die Beigeladenen im August 1999 Widerspruch ein. Die Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 sind Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten, dem Grundstück Flst.-Nr. 709 gegenüber liegenden Grundstücks Flst.-Nr. 1950 (XXXXXXXXXXXX XX), der Beigeladene Ziff. 4 ist Eigentümer des ebenfalls mit einem Wohnhaus bebauten, an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücks Flst.-Nr. 708 (XXXXXXXXXXX XX) und der Beigeladene Ziff. 5 ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus und Nebengebäuden bebauten Grundstücks Flst.-Nr. 1952 (XXXXXXXXXXXXXXXX XX).

Auf die Bitte des Regierungspräsidiums Freiburg gab das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald den Widersprüchen der Beigeladenen mit Abhilfebescheid vom 13.3.2000 statt und hob die Baugenehmigung vom 30.7.1999 auf. Der Auffassung des Regierungspräsidiums folgend führte das Landratsamt aus, das Vorhaben lasse es an der gebotenen Rücksichtnahme vor allem auf die in unmittelbarer Nähe vorhandene Wohnbebauung fehlen und schaffe bewältigungsbedürftige Spannungen. Anders als bei einer Straußwirtschaft gingen von einer ganzjährigen Gaststätte Beeinträchtigungen aus, die für die Bewohner der Umgebung das Maß überschritten, das ihnen nach Abwägung der berechtigten Interessen des Klägers einerseits und der schutzwürdigen Belange der Bewohner andererseits billigerweise noch zugemutet werden könne. Eine gewerbliche Nutzung sei bislang nicht vorhanden. Der Betrieb der Gastwirtschaft mit Biergarten mit dem durch ihn typischerweise verursachten Zu- und Abfahrtsverkehr einschließlich der Parkvorgänge strahle unmittelbar auf die nähere Umgebungsbebauung aus. Die Gaststätte löse einen atypisch starken Kraftfahrzeugverkehr aus, den der Kläger nicht hinreichend beherrschen könne. Erschwerend komme hinzu, dass sie nach ihrer Lage, objektiven Beschaffenheit und dem Publikum, auf das sie abziele, keinen nennenswerten Bezug zu der näheren Umgebung aufweise. Sie sei überwiegend, wenn nicht ausschließlich auf einen überörtlichen Besucherkreis ausgerichtet.

Am 3.4.2000 hat der Kläger gegen diesen Bescheid Klage erhoben und vorgetragen, das Gebiet, innerhalb dessen das Bauvorhaben realisiert werden solle, sei als Dorfgebiet anzusehen. Es sei von einer typisch dörflichen Baustruktur auszugehen, die Wohnnutzung und gewerbliche Nutzung umfasse. Bei den Wohngebäuden handele es sich teilweise um ehemalige landwirtschaftliche Gebäude. Eine typisch gewerbliche landwirtschaftliche Nutzung werde vor allem durch seinen Weinbaubetrieb, der als Familienbetrieb seit 1771 existiere, indiziert. Der Rückgang der landwirtschaftlichen Nutzung zugunsten der Wohnnutzung ändere nichts an dem insgesamt dörflichen Gepräge der vorhandenen Baustruktur. Die Gaststätte sei Bestandteil seines Betriebs und stehe in engem räumlichem und sachlichem Zusammenhang mit seinem Betrieb. In der Gaststätte werde der in seinem Weinbaubetrieb erzeugte Wein abgesetzt; dies mache den Hauptanteil an Umsatz und Gewinn der Gaststätte aus. Die Gaststätte weise eine dorfübliche Größe auf. Er habe ausreichende Zahl von Stellplätzen nachgewiesen. Im Übrigen sei er darauf bedacht, seine Gäste hinsichtlich der nötigen An- und Abfahrtsvorgänge zu einem verkehrsgerechten und nachbarschaftsschonenden Verhalten anzuhalten.

Der Beklagte ist der Klage unter Hinweis auf die Begründungen des angefochtenen Bescheides und des Schreibens des Regierungspräsidiums vom 29.2.2000 entgegengetreten. Die Beigeladenen haben sich ebenfalls gegen die Klage gewandt. Der Beigeladene Ziff. 5 hat vorgetragen, die Umgebung sei nicht als Dorfgebiet, sondern als Wohngebiet zu charakterisieren. Sie sei geprägt durch Wohngebäude, die teilweise in geringem Umfang landwirtschaftlich genutzt würden. In dieses Gebiet füge sich das Bauvorhaben des Klägers nicht ein, es schaffe Spannungen, die von den Nachbarn nicht hingenommen werden müssten. Immer wieder komme es vor, dass Gäste der Gaststätte direkt vor seinem Anwesen parkten. Bis weit in die Nacht hinein werde Radau gemacht, der die Ruhe mehr als störe und mehr als belästigend sei. Der Beigeladene Ziff. 4 hat vorgetragen, die Parksituation sei besonders belastend. Auch weiter entfernt lebende Anwohner hätten sich bereits über Geruchsbelästigungen beschwert. Vor einigen Wochen seien im Biergarten zwei große Zelte aufgestellt worden. Dadurch werde das Platzangebot auch bei schlechter Witterung erweitert. Ein besonderes Ärgernis seien die Belästigungen durch spielende Kinder besonders bei gutem Wetter und am Sonntag. Die Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 haben vorgetragen, die umfangreichen Anlieferungen für die Gaststätte liefen schon am Vormittag. Die Kochvorbereitungen mit Geruchsbelästigungen begännen früh. Bis auf wenige Nachtstunden seien sie täglich und ständig durch die Aktivitäten des Klägers belastet. Im warmen Sommer könnten sie kein Fenster öffnen. In ihrer Umgebung habe sich der Autoverkehr in den letzten Jahren durch die Gaststätte vervielfacht. Mit seiner großen, weit gestreuten Werbung ziehe der Kläger viele Menschen in den kleinen Weiler. Über 70 Pkws und über 100 Personen gleichzeitig hätten sie schon gezählt. Da die Gäste immer die nächstgelegene Parkmöglichkeit suchten, sei die schmale Straße schlecht zu befahren. Zweiräder würden oft auf ihrem Grundstück abgestellt. In der Gaststätte und dem sogenannten Biergarten herrsche meist Hochbetrieb. Die auf Sitzplätze Wartenden stünden sich unterhaltend direkt vor ihren Fenstern, was in der engen Tallage die vielen lauten Geräusche noch steigere.

Nach Einnahme eines Augenscheins wies das Verwaltungsgericht Freiburg die Klage mit Urteil vom 18.4.2002 - 5 K 833/00 - ab. Das Vorhaben werde innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils verwirklicht. Die nähere Umgebung entspreche nicht einem der in der BauNVO bezeichneten Baugebiete. Es seien ausschließlich zum landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers gehörende Gebäude einschließlich der Straußwirtschaft sowie Wohngebäude mit Nebengebäuden vorhanden. Die Existenz des landwirtschaftlichen Betriebs, der den Gebietscharakter wesentlich mitpräge, schließe es trotz der deutlich überwiegenden Wohnbebauung aus, die vorhandene Bebauung als Wohngebiet zu beurteilen. Andererseits sei der Bereich wegen des deutlichen Übergewichts der Wohnnutzung, der Existenz nur eines einzigen landwirtschaftlichen Betriebs sowie des Fehlens von Gewerbe- oder Handwerksbetrieben nicht als Dorfgebiet anzusehen. Auch unter Berücksichtigung der vorhandenen Straußwirtschaft gehe die nunmehr beabsichtigte ganzjährige Nutzung als Gaststätte mit zusätzlich 36 Sitzplätzen im Freien über den vorgegebenen Rahmen deutlich hinaus und erzeuge erhebliche und kaum zu bewältigende Spannungen. Die Gaststätte diene keineswegs lediglich der Versorgung des Gebiets, vielmehr verfüge sie über einen großen Einzugszugsbereich und ziehe in einem beträchtlichen Umfang Besucherverkehr mit Kraftfahrzeugen an.

Auf Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 9.10.2002 - 3 S 1268/02 - die Berufung zugelassen. Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger vor, das Verwaltungsgericht habe bei der Beurteilung den maßgeblichen Rahmen der zu berücksichtigenden Bebauung zu eng gezogen. Es verkenne, dass ein Dorfgebiet im Sinne von § 5 BauNVO anzunehmen sei. Der in Frage stehende Weiler weise einen räumlichen und baulichen Zusammenhang mit dem Kernort von Ballrechten-Dottingen auf, der unzweifelhaft als Dorfgebiet zu qualifizieren sei. Die Bebauung auf dem Grundstück Flst.-Nr. 1948/1 südlich der XXXXXXXXXXX bilde in westlicher Richtung mit den etwa 80 m entfernten Gebäuden einen Bebauungszusammenhang, wie er in ländlich-dörflich strukturierten Gebieten typisch sei. Daran ändere auch nichts, dass die gegenüberliegende Seite der XXXXXXXXXXXX unbebautes Hanggelände sei, weil dort aus tatsächlichen Gründen eine Bebauung nicht in Frage komme. Aber auch der Weiler selbst stelle ein Dorfgebiet dar. Seinem landwirtschaftlichen Betrieb komme im Verhältnis zur übrigen Bebauung ein erhebliches Gewicht zu. Die Einordnung eines Gebiets als faktisches Dorfgebiet setze nicht voraus, dass die dort vorhandenen land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht hätten. Außerdem handele es sich bei den vorhandenen Wohngebäuden teilweise um ehemalige landwirtschaftliche Gebäude. Die Gaststätte sei zudem wesentliches Element des Weinbaubetriebs seiner Familie. Das westlich der Gaststätte und südlich der XXXXXXXXXXXXX vorhandene alte landwirtschaftliche Gebäude diene im Wesentlichen zur Lagerung landwirtschaftlicher Geräte. Die dominante Wirkung des Weinbaubetriebs werde in Zukunft noch erweitert, da südlich der Gaststätte ein größerer Lagerraum errichtet werde, der ausschließlich dem landwirtschaftlichen Betrieb diene. In einem Dorfgebiet seien Gaststätten der vorliegenden Art grundsätzlich zulässig. Unzumutbare Belästigungen oder Störungen für die Umgebung lägen nicht vor. Die Gaststätte ziehe auch Kundschaft von auswärts an. Der Betrieb der Gartenwirtschaft ende aber regelmäßig um 22.00 Uhr. Stellplätze seien in angemessener Zahl vorhanden. Nach Art, Umfang und Erscheinungsbild sowie im Hinblick auf den konkreten Betriebsablauf sei von einer Gaststätte auszugehen, wie sie in vielen Dörfern in der Umgebung typischerweise betrieben würde. Die damit verbundenen Auswirkungen hielten sich in einem in dörflichen Wohnbereichen üblichen und zumutbaren Rahmen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 18.4.2002 - 5 K 833/00 - abzuändern und den Bescheid des Landratsamts Breisgau-Hochschwarzwald vom 13.3.2000 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, der Ortsteil sei nicht als Dorfgebiet zu qualifizieren. Die Ziegelhöfe seien als eigenständiger Weiler zu beurteilen, so dass eine Einbeziehung der südwestlich gelegenen Bebauung nicht in Betracht komme. Für die Beurteilung des Gebietscharakters seien nur die 11 Gebäude dieses Weilers heranzuziehen. Der Abstand zur nächsten Bebauung sei zu groß, um die Umgebung des Bauvorhabens mitzuprägen. Selbst wenn die Umgebung als Dorfgebiet qualifiziert würde, müsse das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme gewahrt werden. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Interessenabwägung sei richtigerweise zu Gunsten der Beigeladenen ausgegangen. Auf Grund der ungünstigen beengten Lage der Gaststätte sei es unmöglich, die Lärmbelästigung auf ein für die direkten Nachbarn erträgliches Maß zu begrenzen. Die Lage des Bauvorhabens des Klägers sei nicht vergleichbar mit der sonst üblichen Lage einer Gaststätte in einem Dorfgebiet. Es sei dem Betrieb einer Gaststätte eigen, dass erhebliche Lärmbelastungen durch die kommenden und gehenden Gäste entstünden. Zu beachten sei, dass der Publikumsverkehr am Wochenende in Zeiten der Mittagsruhe und vor allem auch nachts stattfinde.

Der Beigeladene Ziff. 5 beantragt ebenfalls,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts und wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen.

Die Beigeladenen Ziff. 1 bis 4 stellen keinen Antrag. Auch sie vertiefen ihr bisheriges Vorbringen.

Der Senat hat das Baugrundstück und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Dem Gericht liegen die einschlägigen Akten des Landratsamts Breisgau-Hochschwarzwald, des Regierungspräsidiums Freiburg und des Verwaltungsgerichts Freiburg vor. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf diese Akten und die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach der Zulassung durch den Senat statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Klage des Klägers abgewiesen. Die Klage ist zwar ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässig (§ 68 Abs. 1 Nr. 2 VwGO), aber nicht begründet. Der angefochtene Abhilfebescheid des Landratsamtes Breisgau-Hochschwarzwald ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Das Landratsamt war auch nach Vorlage des Widerspruchs an die zur Entscheidung über den Widerspruch berufene Behörde befugt, dem Widerspruch abzuhelfen (BVerwG, Urteil vom 27.9.1989 - 8 C 88.88 -, BVerwGE 82, 336 m.w.N., VGH Bad.-Württ., Urteil vom 2.5.1988 - 8 S 2618/87 -, VBlBW 1989, 53; Eyermann/Rennert, VwGO, 11. Aufl., § 72 RdNr. 9). Es hat den Widersprüchen der Beigeladenen auch zu Recht abgeholfen. Die dem Kläger erteilte Baugenehmigung vom 30.7.1999 ist rechtswidrig und verletzt die Beigeladenen in ihren Rechten. Dem Vorhaben des Klägers stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen, die zumindest auch dem Schutz der Nachbarn zu dienen bestimmt sind.

Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens ist nach § 34 BauGB zu beurteilen. Das Bauvorhaben liegt innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile von Ballrechten-Dottingen und nicht im Außenbereich. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts umfasst der Begriff der "im Zusammenhang bebauten Ortsteile" in § 34 BauGB zwei Komponenten, zum einen den Bebauungszusammenhang und zum anderen den Ortsteil. Nur ein Bebauungszusammenhang, der auch Ortsteil ist, vermittelt ein Baurecht nach § 34 BauGB. Unter Ortsteil ist jeder Bebauungskomplex zu verstehen, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Mit diesen Anforderungen soll die Abgrenzung zur unerwünschten Splittersiedlung erreicht werden. Für die Frage, ob ein Bebauungskomplex nach seinem Gewicht als Ortsteil oder als Splittersiedlung anzusehen ist, kommt es auf die Siedlungsstruktur der jeweiligen Gemeinde an (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.12.1998 - 4 C 7.98 -, NVwZ 1999, 527; vgl. auch Urteile vom 17.2.1984 - 4 C 56.79 -, Buchholz 406.11, § 35 BBauG, Nr. 211 = BRS 42, Nr. 80 und vom 6.11.1968 - IV C 31.66 -, BVerwGE 31, 22).

Eine organische Siedlungsstruktur liegt vor, wenn sich die Bebauung in einer der Siedlungsstruktur angemessenen Weise innerhalb des gegebenen Bereichs fortentwickelt. Sie erfordert nicht, dass es sich um eine nach Art und Zweckbestimmung einheitliche Bebauung handeln müsste. Auch eine unterschiedliche, sogar in ihrer Art und Zweckbestimmung gegensätzliche Bebauung kann einen Ortsteil bilden. Ebenso wenig kommt es auf die Entstehungsweise der vorhandenen Bebauung an. Es ist nicht erforderlich, dass die Bebauung einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht oder als eine städtebauliche Einheit in Erscheinung tritt, dass sie ein Schwerpunkt der baulichen Entwicklung des Gemeinwesens ist oder einem solchen zugeordnet werden kann, oder dass sie ein eigenständiges Leben gestattet. Auch wenn es an alledem fehlt, kann ein nach der Zahl seiner Bauten gewichtiger Bebauungszusammenhang Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur sein. Etwas Anderes gilt etwa bei einer behelfsmäßigen oder völlig regellosen und in dieser Anordnung geradezu funktionslosen Bebauung, auch eine bandartige oder einzeilige Bebauung mag unter entsprechenden Voraussetzungen die Annahme einer organischen Siedlungsstruktur ausschließen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 6.11.1968, a.a.O.).

Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Für das erforderliche städtebauliche Gewicht lässt sich keine bestimmte Mindestzahl an Gebäuden festlegen (BVerwG, Urteil vom 30.4.1969 - IV C 38.67 -, BRS 22, Nr. 76; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.9.1998 - 3 S 1866/98 -, VBlBW 1999, 139). Die Ansammlung von nur vier Wohngebäuden besitzt aber regelmäßig nicht das für einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil erforderliche Gewicht (BVerwG, Beschluss vom 19.4.1994 - 4 B 77.94 -, BauR 1994, 494). Nach den Umständen des Einzelfalls können demgegenüber fünf bis sechs Gebäude hierfür ausreichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.4.1969, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.3.1984 - 8 S 1895/83 -, BauR 1984, 496). Ein Bebauungskomplex mit 7 Wohngebäuden und mehreren Gebäuden der Landeswasserversorgung kann genauso ein Ortsteil sein (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 9.6.1986 - 8 S 2077/85 -) wie ein Bebauungskomplex von 5 Wohnhäusern und 5 landwirtschaftlichen Nebengebäuden (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.3.1984 - 8 S 1895/83 -, BauR 1984 496 = BRS 42, Nr. 63) oder ein Bebauungskomplex mit 12 Wohngebäuden (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 8.7.1986 - 8 S 2815/85 -, BauR 1987, 59 = BRS 46, Nr. 81). Dass 6 Gebäude einen Ortsteil darstellen, mag zwar nicht nahe liegen, lässt sich aber nicht ausschließen (BVerwG, Urteil vom 30.4.1969, a.a.O.). Andererseits braucht auch bei 11 Gebäuden mit Nebengebäuden noch kein Ortsteil in diesem Sinne vorzuliegen. Denn die eher zufällige Anhäufung von elf Wohnhäusern mit Nebengebäuden besitzt weder nach der Zahl der vorhandenen Bauten das nötige städtebauliche Gewicht, noch drückt sich in ihr eine organische Siedlungsstruktur aus (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 9.5.1997- 8 S 3206/96 -, VBlBW 1997, 341). Eine Ansammlung von vier Wohnhäusern, einem Autohaus und einem Vereinsheim stellt keinen Ortsteil dar (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 8.5.2002 - 3 S 2077/01 -).

Wie sich bei der Augenscheinseinnahme des Senats ergeben hat, bildet die nähere Umgebung des Grundstücks des Klägers einen eigenen im Zusammenhang bebauten Ortsteil. Nach den Feststellungen des Senats sind im dortigen Bereich neun zu Wohnzwecken genutzte Gebäude mit zum Teil mehreren Wohnungen und Nebengebäuden vorhanden. Hinzu kommen das als Gaststätte und zu Lagerzwecken im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebs genutzte Gebäude des Klägers auf dem Grundstück Flst.-Nr. 709 und die landwirtschaftlichen Nebengebäude auf den Grundstücken (Flst.-Nrn. 1948 und 713). Dieser Bebauung kommt ein für die Annahme eines Ortsteils hinreichendes Gewicht zu. Sie ist auch Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Sie stellt sich weder behelfsmäßig noch regellos dar. Nach Auskunft des Bürgermeisters der Gemeinde in der mündlichen Verhandlung gibt es in der Gemeinde noch einen weiteren vergleichbaren Weiler. Ein Indiz für das Vorliegen eines Ortsteils ist auch der Umstand, dass der dortige Bereich über einen eigenen Namen verfügt. Nach Auskunft des Bürgermeisters wird der Weiler "Ziegelhöfe" genannt.

Bei dieser Sachlage kann offen bleiben, ob die Bebauung Ziegelhöfe einen Zusammenhang mit der übrigen Bebauung des Ortsteils Ballrechten aufweist.

Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der in der Baunutzungsverordnung bezeichneten Baugebiete, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Baunutzungsverordnung in dem Baugebiet zulässig wäre (§ 34 Abs. 2 BauGB). Es spricht einiges dafür, dass es sich bei dem vorliegenden Ortsteil um ein faktisches Dorfgebiet handelt. Unstreitig sind in diesem Bereich Wohngebäude und der landwirtschaftliche Betrieb des Klägers vorhanden. Angesichts des Umfangs dieses Betriebs und der Zahl der Grundstücke, auf dem dieser betrieben wird, schadet der Umstand, dass die Zahl der Wohngebäude deutlich größer ist, einer Einschätzung des Bereichs als Dorfgebiet nicht, zumal anders als im Mischgebiet (§ 6 BauNVO) die Hauptnutzungen im Dorfgebiet (Land- und Forstwirtschaft, Wohnen und Gewerbe mit Handwerk) weder im gleichen noch im annähernd gleichen Verhältnis zueinander vorhanden zu sein müssen (Fickert/Fieseler, Kommentar zur BauNVO, 10. Aufl., § 5 RdNr. 1.3; Bielenberg in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Kommentar zum BauGB, Stand Mai 2003, § 5 BauNVO, RdNr. 8); der Charakter des Dorfgebiets hängt nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten ab (BVerwG, Beschluss vom 19.01.1996 - 4 B 7.96 -, BRS 58 Nr. 67). Im Hinblick auf die unterschiedliche Zusammensetzung der drei Hauptnutzungen in regional unterschiedlich gewachsenen oder sich in jüngerer Zeit entwickelten Dorfgebieten reicht es für die Feststellung, die Eigenart der näheren Umgebung entspreche einem Dorfgebiet, aus, dass Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe - neben Wohngebäuden und Gewerbe- oder Handwerksbetrieben - (noch) vorhanden sind und das Gebiet dörflich prägen (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 8.1.2002 - 5 S 1973/01 -, AgrarR 2002, 264; Fickert/Fieseler, a.a.O., § 5 RdNr. 1.4; vgl. hierzu auch OVG des Saarlandes, Urteil vom 23.5.2000 - 2 R 3/99 - <juris>). Zweifelhaft ist, ob die Existenz eines Dorfgebiets am Fehlen einer gewerblichen und/oder handwerklichen Nutzung scheitert (bejahend Bielenberg, a.a.O., RdNr. 9; verneinend Fickert/Fieseler, a.a.O., § 5 RdNr. 1.55). Hierbei ist vorliegend wohl auch zu berücksichtigen, dass der Betrieb der Straußwirtschaft und der Ferienwohnungen sowie der Direktverkauf des Weins durch den Antragsteller zwar vom landwirtschaftlichen Betrieb möglicherweise mitgezogene Betriebsteile sind, es sich gleichzeitig aber um gewerbliche Nutzungen handelt.

Vorliegend kann offen bleiben, ob § 34 Abs. 1 BauGB oder § 34 Abs. 2 i.V.m. § 5 BauNVO zur Anwendung kommt. Die Klage und die Berufung des Klägers haben selbst dann keinen Erfolg, wenn zu seinen Gunsten von einem faktischen Dorfgebiet im Sinne von § 5 BauNVO i.V.m. § 34 Abs. 2 BauGB ausgegangen wird. Zwar sind im Dorfgebiet Schank- und Speisewirtschaften allgemein zulässig (§ 5 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO). Die Gaststätte des Klägers ist aber ausnahmsweise unzulässig, da von ihr Belästigungen und Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst unzumutbar sind (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO). Die Vorschrift des § 15 Abs. 1 BauNVO stellt sich als Ausprägung des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots dar und kann in Ausnahmefällen - wie hier - drittschützende Wirkung haben. Sie soll gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass ein Interessenausgleich möglich ist, der beiden Seiten gerecht wird. Welche Anforderungen sich hieraus im Einzelnen ergeben, hängt maßgeblich davon ab, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, was sich nach der jeweiligen Situation der benachbarten Grundstücke beurteilt (vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 29.10.2002 - 4 Bebauungsplan 60.02 -, Buchholz 406.19, Nachbarschutz Nr. 165 sowie Urteile vom 7.12.2000 - 4 C 3.00 -, NVwZ 2001, 813 = DVBl. 2001, 645, vom 23.9.1999 - 4 C 6.98 -, BVerwGE 109, 314 = NVwZ 2000, 1050 und vom 05.08.1983 - 4 C 96.79 -, BVerwGE 67, 334; Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Urteil vom 8.7.1993, Az: 1 L 118/92 <juris>).

Die danach vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass die Gaststätte des Klägers auch unter Berücksichtigung des Gebietscharakters jedenfalls für die Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 unzumutbar ist.

Zwar sind - wie bereits ausgeführt - in Dorfgebieten Schank- und Speisewirtschaften normalerweise zulässig. Im vorliegenden Fall bestehen aber Besonderheiten, die eine andere Beurteilung rechtfertigen und die (ausnahmsweise) Unzulässigkeit des Gaststätte begründen. Eine solche Besonderheit stellt die Außenbewirtschaftung dar. Auch im ländlichen Bereich verfügt nicht jede Gaststätte über eine derartige Bewirtschaftung im Freien. Nach den genehmigten Plänen sind immerhin 36 Plätze außerhalb des Gaststättengebäudes vorgesehen. Trotz der zeitlichen Beschränkung auf 22 Uhr führt eine Außenbewirtschaftung mit diesem Umfang zu besonderen Belästigungen und Störungen, da der Lärm sich ungehindert in der Umgebung ausbreiten kann. Hinzu kommt, dass die umliegenden Wohngebäude, insbesondere das der Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 ungewöhnlich nahe an der Gaststätte des Kläger errichtet sind. Die Fläche für die Außenbewirtschaftung reicht genauso wie das Wohnhaus der Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 unmittelbar an die Straße heran, die zudem nicht über einen Gehweg verfügt und lediglich ca. 5 m breit ist. Da das Gelände von der Gaststätte des Klägers zum Wohnhaus der Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 hin ansteigt, ist der Sichtschutzzaun aus Holz nicht geeignet, eine lärmmindernde Wirkung zu entfalten. Weiterhin weist das Grundstück der Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 im hinteren Grundstücksbereich eine fast senkrechte Böschung auf, die über die Traufhöhe des Wohnhauses hinausreicht. Die Fenster dieses Wohngebäudes insbesondere im westlichen Teil sind daher nach Westen und Süden und damit zur Gaststätte des Klägers hin ausgerichtet. Hinzu kommt, dass es sich nicht um eine der Versorgung des Gebiets dienende, vielmehr um eine Gaststätte mit großem Einzugsbereich handelt, die in einem beträchtlichen Umfang Besucherverkehr mit Kraftfahrzeugen anzieht, zumal potentielle Gäste die Gaststätte nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen können. Zutreffend weist das Regierungspräsidium auch darauf hin, dass durch den Gaststättenbetrieb, insbesondere durch die Außenbewirtschaftung, in die nähere Umgebung bisher nicht vorhandene Immissionen zu Zeiten hineingetragen werden, zu denen derartige Immissionen bisher nicht vorhanden waren (Abendstunden, Wochenenden und Feiertage) und die sich von den in einem Dorfgebiet üblicherweise von der Wohnbebauung hinzunehmenden Immissionen deutlich unterscheiden. Dies gilt insbesondere für die mit einem Gaststättenbetrieb verbundenen und ihm zuzurechnenden spezifischen Immissionen im Bereich der Außenbewirtschaftung und außerhalb der Gaststätte (Unterhaltungen der Gäste, Gespräche der kommenden und gehenden Besucher, Lärm der ankommenden und wegfahrenden Fahrzeuge, Türen und Kofferraum zuschlagen, Verabschiedungen etc.). Bei einer zusammenfassenden Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist von einer ausnahmsweisen Unzumutbarkeit der Gaststätte des Klägers mit ihren betrieblichen und lagemäßigen Besonderheiten auszugehen.

Nichts Anderes würde sich ergeben, wenn sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB richtete. Danach ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist; die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben, das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden. Der Voraussetzung des Einfügens ist in der Regel genügt, wenn sich das Vorhaben hinsichtlich der genannten Merkmale innerhalb des sich aus seiner näheren Umgebung hervorgehenden Rahmens hält, es sei denn, das Vorhaben lässt ausnahmsweise die gebotene Rücksichtnahme auf die in der unmittelbaren Umgebung vorhandene Bebauung fehlen. Das Gebot des Einfügens zwingt nicht zur Uniformität. Es schließt nicht schlechthin aus, etwas zu verwirklichen, was es bisher in der Umgebung noch nicht gibt. Überschreitet das Vorhaben den vorgegebenen Rahmen, so ist es aber nur ausnahmsweise zulässig, wenn es nicht selbst oder infolge seiner Vorbildwirkung geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urteile vom 26.5.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369 = PBauE § 12 BauGB, Nr. 1 und vom 15.12.1994 - 4 C 19.93 -, Buchholz 406.11, § 34 BauGB, Nr. 173 = PBauE, § 34 Abs. 1 BauGB, Nr. 28 sowie Beschluss vom 29.10.1997 - 4 B 8.97 -, Buchholz 406.11, § 34 BauGB, Nr. 187 jeweils m.w.N.).

Das Vorhaben des Klägers fügt sich im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung nicht in die vorhandene Umgebungsbebauung ein. Eine ganzjährig betriebene Gaststätte ist in der näheren Umgebung nicht vorhanden. Vielmehr gibt es nur Wohngebäude mit Nebengebäuden sowie den landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers mit Straußwirtschaft und Ferienwohnungen. Eine Straußwirtschaft ist aber etwas grundlegend anderes als eine Vollgaststätte.

Allerdings verletzt ein Verstoß gegen § 34 Abs. 1 BauGB den Nachbarn nur dann in eigenen Rechten, wenn das Bauvorhaben das im Begriff des "Sicheinfügens" verankerte Gebot der Rücksichtnahme zu seinem Nachteil verletzt. Da das Rücksichtnahmegebot keine allgemeine Härteklausel ist, die über den speziellen Vorschriften des Städtebaurechts oder gar des gesamten öffentlichen Baurechts steht, sondern Bestandteil einzelner gesetzlicher Vorschriften des Baurechts ist, kann es im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB nur verletzt sein, wenn sich ein Vorhaben objektiv-rechtlich nach Art oder Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise oder der zu überbauenden Grundstücksfläche - wie hier - nicht in die Eigenart seiner näheren Umgebung einfügt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.1.1999 - 4 B 128.98 -, NVwZ 1999, 879). Bei der unter dem Maßstab der Unzumutbarkeit vorzunehmenden Abwägung ist von unterschiedlich hohen Anforderungen für den Drittschutz aus § 15 BauNVO einerseits und § 34 Abs. 1 BauGB andererseits auszugehen. Die Interessen der Beteiligten haben ein unterschiedliches Gewicht, je nach dem, ob es um ein Vorhaben geht, das nach § 5 Abs. 2 BauNVO i.V.m. § 34 Abs. 2 BauGB allgemein zulässig ist, also nur ausnahmsweise über § 15 Abs. 1 BauNVO unzulässig sein kann, oder ob es um ein Vorhaben geht, das sich nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB einfügt, also nur ausnahmsweise zulässig sein kann (BVerwG, Urteil vom 6.10.1989 - 4 C 14.87 -, BVerwGE 82, 343 zum Verhältnis § 15 BauNVO und § 31 Abs. 2 BauGB).

Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze verletzt das Vorhaben das Gebot der Rücksichtnahme zu Lasten jedenfalls der Beigeladenen Ziff. 1 bis 3. Ihr Interesse, von den Immissionen der bei Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB unzulässigen Gaststätte des Klägers verschont zu bleiben, wiegt schwerer als die Interessen des Klägers. Entspricht die Umgebung nicht einem Dorfgebiet, so kommt der Wohnbebauung in diesem Bereich eine größere Schutzwürdigkeit zu. Diese Wohnbebauung muss in der dann anzunehmenden Gemengelage nur die Immissionen hinnehmen, die von einer sich in die vorhandene Bebauung einfügenden baulichen Nutzung ausgehen können. Dazu gehört die Gaststätte des Klägers nicht. Sie ist aus den oben dargestellten Gesichtspunkten in der von Wohnnutzung und landwirtschaftlicher Nutzung geprägten Umgebung für die Nachbarn erst recht unzumutbar.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Fälle des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Beschluss

vom 14. Oktober 2003

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG auf 20.000,-- EUR festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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