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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 03.05.2006
Aktenzeichen: 3 S 771/06
Rechtsgebiete: BauGB, BauNVO
Vorschriften:
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 6 | |
BauGB § 35 Abs. 3 | |
BauGB § 201 | |
BauNVO § 5 Abs. 2 Nr. 1 |
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG
Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Anfechtung einer Baugenehmigung;
hier: Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz
hat der 3. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg am 3. Mai 2006 beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Beigeladenen und des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 16. März 2006 - 2 K 260/06 - geändert.
Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Baugenehmigung des Antragsgegners vom 20. Dezember 2005 wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerden des Beigeladenen und des Antragsgegners sind zulässig, insbesondere sind sie fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie haben auch in der Sache Erfolg. Unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründe, auf die sich die Prüfung zu beschränken hat (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), hat das Verwaltungsgericht dem Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Baugenehmigung des Landratsamts Ortenaukreis vom 20.12.2005 zu Unrecht stattgegeben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers angeordnet. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts überwiegen vorliegend das öffentliche Interesse und das private Interesse des Beigeladenen an der Ausnutzung der kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Baugenehmigung (vgl. § 212 a BauGB) das gegenläufige private Interesse des Antragstellers, vorläufig vom Vollzug der angefochtenen Baugenehmigung verschont zu bleiben. Nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage kann nicht davon ausgegangen werden, dass die angefochtene Baugenehmigung gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, die zumindest auch dem Schutz des Antragstellers zu dienen bestimmt sind.
Das unstreitig im Außenbereich gelegene Vorhaben dürfte vorliegend nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegiert zulässig sein, wie bereits das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss vom 16.3.2006 festgehalten hat. Ob es sich bei der Biogasanlage des Beigeladenen um eine genehmigungsbedürftige Nebeneinrichtung im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 der 4. BImSchV zum seinerseits wohl grundsätzlich immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen landwirtschaftlichen Betrieb der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus dem Beigeladenen und seiner Ehefrau, handelt, oder ob die Biogasanlage als selbstständige Anlage zu werten ist, die aufgrund ihrer Kapazität für sich alleine keine immissionsschutzrechtliche Anlage darstellt, kann der Senat offenlassen. Denn auch im Falle einer genehmigungsbedürftigen Anlage nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz kann sich der Nachbar nur darauf berufen, ob mit dieser Anlage die Pflichten des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG eingehalten werden, d.h. ob schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft hervorgerufen werden können. Diese Frage ist im Rahmen des Rücksichtnahmegebots gleichermaßen zu untersuchen (BVerwG, Urteil vom 14.1.1993 - 4 C 19.90 -, BRS 55, Nr. 175). Auf Einhaltung der Werte des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, bei denen es sich um Vorsorgewerte und nicht um drittschützende Gefahrenwerte handelt, kann ein Nachbar ohnedies nicht bestehen (BVerwG, Urteil vom 18.5.1982 - 7 C 42.80 -, BVerwGE 65, 313).
Das im Begriff der öffentlichen Belange in § 35 Abs. 3 BauGB verankerte Gebot der Rücksichtnahme soll einen angemessenen Interessenausgleich gewährleisten. Die dabei vorzunehmende Abwägung hat sich daran zu orientieren, was dem Rücksichtnahmebegünstigten und dem Rücksichtnahmeverpflichteten jeweils nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung des Rücksichtnahmebegünstigten ist, desto mehr kann an Rücksichtnahme verlangt werden. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, um so weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Berechtigte Belange muss er nicht zurückstellen, um gleichwertige fremde Belange zu schonen. Sind von dem in Rede stehenden Vorhaben Immissionen zu erwarten, so kann bezüglich der Zumutbarkeit auf Grundsätze und Begriffe des Bundesimmissionsschutzgesetzes zurückgegriffen werden. Immissionen, die das nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zulässige Maß nicht überschreiten, begründen auch unter dem Gesichtspunkt des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots keine Abwehr- oder Schutzansprüche. Ob Belästigungen im Sinne des Immissionsschutzrechts erheblich sind, richtet sich nach der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Rechtsgüter, die sich ihrerseits nach der bebauungsrechtlichen Prägung der Situation und nach den tatsächlichen oder planerischen Vorbelastungen bestimmen, und ggf. die Schutzwürdigkeit der Betroffenen mindern. Die Schutzwürdigkeit der Umgebung hängt wiederum von dem Umfang der bereits gegenwärtig zulässigen Immissionen ab; die daraus folgende Vorbelastung bestimmt das Maß der gebotenen Rücksichtnahme. Führt ein hinzukommendes Vorhaben zu keinen stärkeren Belastungen, so ist es grundsätzlich unbedenklich (BVerwG, Urteile vom 22.6.1990 - 4 C 6.87 - BRS 50, Nr. 84 und vom 14.1.1993 - 4 C 19.90 - BRS 55, Nr. 175).
Im vorliegenden Fall dürfte ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot wegen einer Verschlechterung der Immissionslage ausscheiden, denn jedenfalls mit der nunmehr im Beschwerdeverfahren vom Antragsgegner vorgelegten ausführlichen Stellungnahme des Regierungspräsidiums Freiburg, Emissions- und Stallklimadienst (künftig: ESKD), vom 7.4.2006 wird fachkundig Stellung genommen und die Erwartung geäußert, dass der Antragsteller an seinem ca. 150 m vom Standort der Biogasanlage entfernt gelegenen Wohngrundstück bei einem baugenehmigungskonformen Betrieb voraussichtlich keinen unzumutbaren Schall- und Geruchsimmissionen ausgesetzt sein wird. In dieser Stellungnahme hat der ESKD auch richtig gestellt, dass die Untere Landwirtschaftsbehörde schon in der Genehmigungsphase zur Erstellung der eigenen Stellungnahme Rat beim übergebietlich tätigen ESKD eingeholt hat. Der ESKD habe auf der Grundlage der Angaben der Unteren Landwirtschaftsbehörde eine Abstandsberechnung für das Bauvorhaben durchgeführt und diese derselben zur weiteren Verwendung zur Verfügung gestellt. Die Grundlage der Entscheidung der Unteren Landwirtschaftsbehörde habe somit eine detaillierte "Abstandsermittlung" auf der Basis des Entwurfs der VDI-Richtlinie 3474 gebildet. Die erforderlichen Abstände seien unter Berücksichtigung der Verteilung durch den Wind nach der "Isoplethenmethode" berechnet worden. Es sei daher nicht zutreffend, wenn das Verwaltungsgericht davon spreche, dass der ESKD lediglich "Isoplethenkarten" gefertigt habe. Danach steht für den Senat fest, dass der ESKD als besonders fachkundige Behörde in das Genehmigungsgefahren eingebunden war. Dies dürfte jedenfalls dann ausreichen, wenn - wie vorliegend - keine Zweifel darüber bestehen, dass die Unzumutbarkeitsschwelle nicht überschritten ist. In diesen Fällen ist die Einholung eines externen Sachverständigengutachtens nicht geboten. Insofern hat der Antragsgegner mittlerweile auch klargestellt, dass auf die Aufforderung im Schreiben vom 25.7.2005, eine Lärm- und Immissionsprognose beizubringen, verzichtet worden sei, nachdem sich bei der Betrachtung der Lärm- und Geruchsauswirkungen der beantragten Biogasanlage durch die Fachbehörden ergeben habe, dass eine unzumutbare Beeinträchtigung der Nachbarn hätte ausgeschlossen werden können. Zutreffend hat der ESKD auch seine Abstandsberechnung auf die noch in der Entwurfsphase befindliche VDI-Richtlinie 3474 gestützt, die eine brauchbare Orientierungshilfe zur Berechnung des Abstandes zwischen Tierhaltung und Wohnbebauung darstellen dürfte (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 26.5.2003 - 4 N 3189/02 - <juris>). Schließlich ist auch der Rückgriff auf die Windrose des Flugplatzes Lahr plausibel dargelegt, da infolge der Leitwirkung des Rheintals die Windrose "rheinparallel" verlaufe und näherungsweise gut auf den vorliegenden Standort übertragbar sei.
Der fachkundigen Stellungnahme des ESKD vom 7.4.2006 ist nunmehr mit ausreichender Sicherheit zu entnehmen, dass von dem Vorhaben keine Auswirkungen ausgehen, die die Unzumutbarkeitsgrenze überschreiten werden. Dabei ist jedenfalls im vorläufigen Rechtsschutzverfahren davon auszugehen, dass sich das Wohngrundstück des Antragstellers in einem faktischen Dorfgebiet befindet. Dies hat der Antragsteller zunächst in seinem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz vom 23.1.2006 selbst so gesehen. Auch das Amt für Gewerbeaufsicht, Immissionsschutz und Abfallrecht geht in einer Stellungnahme vom 23.1.2006 davon aus, dass sich neben dem Betrieb des Beigeladenen noch weitere landwirtschaftliche Betriebe in der XXXXXXXXXXX befinden und das Gebiet keinen reinen Wohngebietscharakter aufweise, sondern eher dem eines Dorfgebiets gleiche. Der Beigeladene hat zudem mit Schriftsatz vom 3.4.2006 im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO gegenüber dem Verwaltungsgericht Freiburg verschiedene Betriebe angeführt, u.a. den landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb XXX, eine Pferdestallung XXXXXXX sowie ein Lohnunternehmen, das vornehmlich Mähdrusch und Waldarbeiten durchführe, einen weiteren landwirtschaftlichen Betrieb XXX mit ca. 15 Pferden und schließlich in Fortführung eines landwirtschaftlichen Betriebs eine Dammtierhaltung mit ca. 10 Tieren. Lediglich in Bezug auf den Betrieb XXX hat der Antragsteller eingewandt, dieser liege zu weit entfernt, als dass er noch Berücksichtigung finden dürfe. Zu den anderen Betrieben macht er keine Angaben. Im Hinblick darauf kann er daher die Einschätzung, dass es sich noch um ein faktisches Dorfgebiet handelt, auch nicht mit dem Hinweis auf die Sitzungsvorlage der Gemeinde Schwanau zur Gemeinderatssitzung vom 18.4.2005 in Frage stellen. Dort heißt es, die Entwicklung der Landwirtschaft entlang der XXXXXXXXXX habe in den letzten Jahren zur Folge gehabt, dass Ökonomiegebäude in rückwärtigen Bereichen ihre Funktion verlieren und die Tendenz zur Umnutzung zu Wohnzwecken bestehe und dass der Bereich mit Ausnahme eines Haupterwerbslandwirtes und eines Handwerksbetriebs überwiegend durch Wohnnutzung geprägt sei. Der weiteren Begründung zu der Veränderungssperre ist indes zu entnehmen, dass die Gemeinde bemüht ist darauf zu achten, vorhandenen landwirtschaftlichen Betrieben in der Ortslage planungsrechtliche Sicherheit zu verschaffen. Dass es sich deshalb insgesamt nicht mehr um ein faktisches Dorfgebiet handelt, folgt aus alledem nicht. Zu dem genannten Haupterwerbslandwirt und dem Handwerksbetrieb hinzuzurechnen sind überdies die auf Flurstück-Nr. 7 befindlichen landwirtschaftlichen Betriebsteile, die zu dem Betrieb der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus dem Beigeladenen und seiner Ehefrau, gehören. Davon, dass es sich hierbei - wie der Antragsteller meint - um einen Fremdkörper handelt, der bei der Gebietseinstufung außer Betracht zu bleiben habe, kann angesichts der sonst noch vorhandenen dörflichen Strukturen nicht ausgegangen werden.
Bezüglich der zu erwartenden Lärmbelästigungen besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit, dass hier das Blockheizkraftwerk, die Rührwerke, die Dosieranlage, die Entnahme der Silage und die Befüllung der Dosieranlage Berücksichtigung finden müssen, wie der ESKD in seiner Stellungnahme vom 7.4.2006 festgehalten hat. Im Hinblick auf das Blockheizkraftwerk lasse sich die Lärmbelastung durch Bauauflagen problemlos lösen. Die vom Amt für Gewerbeaufsicht, Immissionsschutz- und Abfallrecht vorgenommene Berechnung habe ergeben, dass sogar die Emissionsrichtwerte nachts für ein allgemeines Wohngebiet von 40 dB(A) eingehalten werden könnten. Wobei bei der Berechnung unberücksichtigt geblieben sei, dass durch die in der Baugenehmigung vorgeschriebene Einhausung des Verbrennungsmotors im Blockheizkraftwerk eine weitere Reduktion erfolgen werde. Soweit das Verwaltungsgericht im Beschluss vom 7.4.2006 (- 2 K 703/06 -) es für möglich gehalten hat, dass Rührwerk und Einbringungstechnik Geräuschspitzen verursachen würden, wird ausgeführt, von Rührwerk und Einbringungstechnik gingen in der Regel nur gleichförmige Geräuschemissionen aus und kurzzeitige Geräuschspitzen, die an den Immissionsorten den Immissionsrichtwert nachts von 45 dB(A) um mehr als 20 dB(A) überschreiten würden, seien nicht zu erwarten. Diese Aussage überzeugt schon deshalb, weil das Rührwerk sich jeweils in dem geschlossenen Fermenter und Nachgärbehälter befindet und die Einbringungsvorgänge ihrerseits nur tagsüber erfolgen. Auch die Entnahme der Silage dürfte im Bezug auf Geräuschemissionen keine Rolle spielen, da diese Vorgänge gleichfalls nur tagsüber stattfinden. Im Übrigen verweist die Baugenehmigung vom 20.12.2005 in Ziff. 2 der Nebenbestimmungen auf die beigefügten Nebenbestimmungen des Amts für Gewerbeaufsicht, Emissionsschutz- und Abfallrecht vom 30.9.2005. Dort wird in Ziff. 8 vorgeschrieben, durch geeignete Schallschutzmaßnahmen am Blockheizkraftwerksgebäude, an Zu- und Abluftschächten, der Gasfackel sowie am Ableitungsrohr der Motorabgase sei sicherzustellen, dass die Immissionsrichtwerte in Kern-, Dorf- und Mischgebieten (MI) von tags 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) eingehalten werden.
Auch im Hinblick auf Geruchsbelästigungen wird in der fachkundigen Stellungnahme des ESKD vom 7.4.2006 mit der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren hinreichenden Sicherheit dargelegt, dass durch die genehmigte Biogasanlage des Beigeladenen keine dem Antragsteller unzumutbaren Geruchsbelästigungen entstehen werden. In den Blick zu nehmen sind hier Geruchsbelästigungen verursacht durch Undichtigkeiten am Fermenter und Nachgärbehälter, Gerüche der Silagelager sowie der damit zusammenhängenden Transport- und Einbringungsvorgänge, Geruchsemissionen des Endlagers und die Auspuffgase des Generatorantriebs. Die vom ESKD auf dieser Basis durchgeführte Abstandsberechnung anhand der VDI-Richtlinie 3474-E und die danach ermittelten Isoplethen machen deutlich, dass die Abstandsflächen um den nordwestlichen Stall und die Biogasanlage ca. 60 m vor dem nächstgelegenen Wohnhaus enden. Nach Aussage des ESKD liege damit ein 100 %-iger Sicherheitsabstand vor, der auch gegenüber einem festgesetzten Wohngebiet ausreichen würde. Unabhängig davon geht der Senat - wie bereits ausgeführt - jedenfalls im vorläufigen Rechtsschutzverfahren davon aus, dass das Wohngrundstück des Antragstellers in einem faktischen Dorfgebiet liegt und dementsprechend seine Schutzbedürftigkeit gemindert ist. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts stellen Gerüche, die von einer mit Festmist und nachwachsenden Rohstoffen betriebenen Biogasanlage ausgehen, dorfgebietstypische Emissionen dar. Maßgeblich ist insofern nicht, ob es sich bei der Biogasanlage rechtlich um einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO i.V.m. § 201 BauGB handelt, sondern welche Gerüche tatsächlich auf etwaige betroffene Nachbargrundstücke einwirken können. Das sind im konkreten Fall die durch das Silagelager und den Silagetransport entstehenden Gerüche sowie die beim Einbringen des Festmistes auftretenden Geruchsemissionen. In beiden Fällen handelt es sich um Gerüche, die schon durch die normale Rinderhaltung des Beigeladenen verursacht werden. Wie der ESKD zutreffend ausführt, werden bei einer ausschließlich mit Festmist - bzw. Gülle aus der Rinderhaltung und nachwachsenden Rohstoffen betriebenen Biogasanlage keine anderen Gerüche als bei einer Rinderhaltung selbst erzeugt, denn die Gerüche kommen überwiegend aus der Lagerung der Silage und der Einspeisung derselben bzw. der Einspeisung des Festmistes - bzw. der Lagerung der "Biogasgülle". Diese ist sogar wesentlich weniger geruchsintensiv als Rindergülle und insgesamt einem Wohngrundstück in einem faktischen Dorfgebiet, das zudem aufgrund seiner Lage zum angrenzenden Außenbereich weniger schutzwürdig ist, als dorfgebietstypisch zumutbar. Ein solches Wohngrundstück ist vorbelastet damit, dass auf den angrenzenden im Außenbereich gelegenen landwirtschaftlich genutzten Grundstücken entsprechend guter fachlicher Praxis der landwirtschaftlichen Bodennutzung (vgl. § 17 Abs. 2 Ziff. 7 BBodSchG) Gülle aus Tierhaltung als Dünger aufgebracht wird. Mit dem Aufbringen der weniger geruchsintensiven Biogasgülle tritt insofern sogar eine Verbesserung ein.
In der Stellungnahme des ESKD wird im Einzelnen nachvollziehbar aufgeschlüsselt, welche Gerüche durch welche Anlageteile hervorgerufen werden können. Im Fermenter, in dem die biologische Umsetzung des Substrats durch Bakterien erfolgt, sowie im Nachgärbehälter, der ein weiteres "Ausfaulen" des Substrats ermöglicht, gibt es nur minimale Emissionen, ggf. aus einer Überdrucksicherung, denn beide Behälter sind mit einem Betondeckel gesichert, sodass die Emissionen maximal 20 m weit zu riechen sind. Den Fermenter und den Nachgärbehälter hat der ESKD bei seiner Abstandsberechnung daher wie eine Güllegrube mit Rindergülle bewertet. Dies dürfte nicht zu beanstanden sein. Im Hinblick auf das Silagelager ist zugunsten der Biogasanlage in Rechnung zu stellen, dass nach deren Inbetriebnahme kein Festmist mehr zwischengelagert werden muss, was zu einer Reduktion der Vorbelastung führt, andererseits jedoch Emissionen infolge des neuen Silos nördlich des lang gezogenen Rinderstalles hinzukommen. Hierbei handelt es sich indessen um ein abgedecktes Fahrsilo, wobei die Emissionen an der offenen Anschnitt-/Oberfläche beim Entnehmen oder durch austretenden Silosickersaft entstehen. Richtigerweise hat dementsprechend der ESKD bei seiner Abstandsberechnung jeweils die Anschnittsfläche von 40 m² bei dem Silo auf der ehemaligen Dungplatte sowie von 60 m² beim neuen Silo berücksichtigt. Im Hinblick auf den Silotransport ist dem Verwaltungsgericht zwar einzuräumen, dass nunmehr durch das weiter entfernt nördlich des lang gezogenen Rinderstalles errichtete Silo größere Transportwege zu bewältigen sind. Indessen dürfte der Transport, nicht wie vom Verwaltungsgericht angenommen, über die gesamte Distanz in einem offenen Frontlader erfolgen. Vielmehr soll nach dem Vortrag des Beigeladenen, wovon auch der ESKD ausgeht, die Silage mit einer Frontladerschaufel in den geschlossenen Futtermischwagen gefüllt werden, wie dies bereits jetzt geschieht, um die Rinder des landwirtschaftlichen Betriebs mit Futter zu versorgen. Insofern weist der ESKD zu Recht darauf hin, dass die gesamte tagsüber mit Silage gefüllte Futtertrogfläche des Rinderstalles ca. 200 m² beträgt und dass demgegenüber 2 m² Frontladerschaufel im Hinblick auf Geruchsimmissionen völlig irrelevant seien, die überdies nur für kurze Zeitintervalle gefüllt würden. Der Annahme, dass der Transport der Silage mittels geschlossenen Futtermischwagens erfolgen soll, steht auch nicht die Baugenehmigung entgegen, denn dort heißt es nur, die Einsatzstoffe werden mittels eines Frontladers in einen Eintragbehälter eingefüllt (Ziffer 18 der Nebenbestimmungen). Dies bezieht sich jedoch nur auf den Einfüllvorgang, bezüglich des Transportes trifft die Baugenehmigung keine Festlegung. Im Übrigen könnte die Art und Weise des Transportes nachträglich entsprechend geregelt werden. Bei der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens zu treffenden Interessensabwägung überwiegt insofern das Interesse des Beigeladenen, von der Baugenehmigung Gebrauch machen zu dürfen, das Interesse des Antragstellers, wenn dieser durch nachträgliche Auflagen hinreichend geschützt werden kann. Gleichfalls nachvollziehbar ist, dass sich im Endlager bedingt durch den hohen Rohfaseranteil des Substrats in kürzester Zeit eine dicke "Schwimmdecke" bilden wird, die einen ausreichenden Geruchsverschluss darstellt. Bei einer Abdeckung mit Folie ist ebenso wie bei einer "Schwimmdecke" mit 70 % Immissionsminderung zu rechnen. Geruchsbelastungen werden hierbei überwiegend während kurzer Perioden der Ausbringung verursacht, wenn die Schwimmdecke aufgerührt werden muss. Auch diesen Gesichtspunkt hat der ESKD seiner Abstandsberechnung zugrunde gelegt. Was die Geruchsbelastungen durch Abluftkamin und Gasfackel anbetrifft, die für das Verwaltungsgericht mangels Standortfestlegung eine Unwägbarkeit dargestellt haben, ist plausibel dargelegt, dass die Geruchsbelastung durch das Abgasrohr vernachlässigt werden kann, weil nur Motoren zugelassen sind, die die einschlägigen Abgaswerte einhalten, sodass in der Abstandsberechnung das Blockheizkraftwerk insofern keine Rolle spielt. Die fehlende Standortfestlegung der Gasfackel kann gleichfalls außer Betracht bleiben, denn diese Fackel verhindert im Störfall den unkontrollierten Gasaustritt und verbrennt das Methangas, sodass es eben nicht zu Geruchsbelästigungen kommen kann. Hierbei handelt es sich um eine Sicherheitsvorrichtung, die keinesfalls als Standard angesehen werden kann und dem Schutz der Nachbarn zu dienen bestimmt ist.
Soweit das Verwaltungsgericht zu der Ansicht gelangt ist, es könne nicht mit Sicherheit abgeschätzt werden, welchen Immissionen das maximal 150 m vom Standort der Biogasanlage entfernt liegende Wohngrundstück des Antragstellers bei einem baugenehmigungskonformen Betrieb voraussichtlich ausgesetzt sein werde, und auch eine unzumutbare Belastung könne nicht von vornherein ausgeschlossen werden, wie sich aus der Stellungnahme des ESKD vom 10.12.2004 zu einer vergleichbaren Anlage ergebe, lässt sich diese Auffassung nicht aufrecht erhalten. Denn der ESKD hat nunmehr verdeutlicht, dass die Ablehnung des in der Stellungnahme vom 10.12.2004 untersuchten Standorts ausschließlich aus der Lage der Fahrsiloanlage resultiert habe, die bis auf 50 m an die Wohnhäuser eines allgemeinen Wohngebiets heranreichen sollte. Demgegenüber reiche im vorliegenden Fall die neue Fahrsiloanlage lediglich bis auf 150 m an das in einer Nebenwindrichtung gelegene Wohnhaus heran, Wohnhäuser in Hauptwindrichtung seien wesentlich weiter entfernt. Außerdem lägen diese Wohnhäuser in einem Dorfgebiet, sodass auf den im dortigen Verfahren erforderlichen Sicherheitszuschlag habe verzichtet werden können.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 9.7.1. des Streitwertkatalogs 2004 (NVwZ 2004, 1327).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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