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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 18.11.2002
Aktenzeichen: 3 S 882/02
Rechtsgebiete: LBO, BGB


Vorschriften:

LBO § 5
BGB § 242
Ein Nachbar, der seinerseits den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, ist nach dem Grundsatz von Treu und Glauben daran gehindert, die Verletzung des Grenzabstands zu rügen, wenn die Verletzung nachbarschützender Abstandsregelungen durch das angegriffene Vorhaben nicht schwerer wiegt als der eigene Verstoß und in gefahrenrechtlicher Hinsicht keine völlig untragbaren Zustände entstehen.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

3 S 882/02

Verkündet am 18.11.2002

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Bauvorbescheids

hat der 3. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Stopfkuchen-Menzel, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Fricke und den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schieber auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27.9.2001 - 2 K 5311/00 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen einen dem Beigeladenen erteilten Bauvorbescheid.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Flst.-Nr. 78 (XXXXXX XX) in Freiberg (Ortsteil Beihingen), das mit einem dreigeschossigen, im Osten mit einem grenzständigen Anbau und im Übrigen zum Grundstück des Beigeladenen einen Abstand von ca. 1,00 einhaltenden Wohngebäude bebaut ist, sowie des Grundstücks Flst.-Nr. 67, auf dem sich im Süden auf Höhe des zweiten Obergeschosses ein grenzständiger überdachter Freisitz befindet.

Der Beigeladene ist Eigentümer des - östlich bzw. südlich der Grundstücke der Beigeladenen gelegenen - trapezförmigen Grundstücks Flst.-Nr. 79 (XXXXXXXX XX). Dieses ist mit einem zweigeschossigen Gebäude bebaut, das zu den Grundstücken der Klägerin - mit Ausnahme eines bis unmittelbar an das Grundstück Flst.-Nr. 78 reichenden, teilweise an den dortigen Anbau angebauten, sich aber nur bis zum ersten Obergeschoss erstreckenden Anbaus - einen Abstand von ca. 0,40 bis 0,90 m einhält.

Am 27.9.1999 beantragte der Beigeladene die Erteilung eines Bauvorbescheids zur "Aufstockung seines bestehenden Wohnhauses". Nach den vorlegten Unterlagen möchte er das Gebäude um ein Wohngeschoss aufstocken und im Westen ein bis an die Grenze reichendes Treppenhaus anbauen, das im Erdgeschoss auf Stützen steht und vom ersten in das zweite Obergeschoss führt. Im Rahmen der Angrenzerbenachrichtigung hat die Klägerin Einwendungen erhoben.

Mit Bescheid vom 31.1.2000 - der Klägerin zugestellt am 3.2.2000 - erteilte die Beklagte dem Beigeladenen einen Bauvorbescheid über die bauplanungsrechtliche Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens. Hiergegen legte die Klägerin am 28.2.2000 Widerspruch ein. Auf Veranlassung des Regierungspräsidiums stellte die Beklagte mit Nachtrag vom 8.6.2000 fest, dass das Bauvorhaben zwar die nach § 5 Abs. 7 LBO vorgeschriebenen Abstandsflächen nicht einhalte, insoweit aber eine Abweichung nach § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO zuzulassen sei, da das Bauvorhaben in erster Linie der Schaffung zusätzlichen Wohnraums im Wege des Ausbaus bzw. der Aufstockung diene. Da auch die Nachbargrundstücke die geforderten Abstandsflächen erheblich unterschritten und damit in vergleichbarer Weise gegen die Vorschriften verstießen, könnten die Nachbarn den Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften nicht zu ihren Gunsten rügen. Hiergegen hat die Klägerin am 3.7.2000 Widerspruch eingelegt. Mit weiterem Nachtrag vom 27.9.2001 wurde von der Beklagten ergänzend unter brandschutzrechtlichen Gesichtspunkten festgestellt, dass die westliche Giebelwand im Dachgeschoss als Brandwand ohne Öffnungen herzustellen ist.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2000 wies das Regierungspräsidium Stuttgart die Widersprüche der Klägerin zurück. Zur Begründung ist ausgeführt, planungsrechtlich füge sich das Bauvorhaben in die nähere Umgebung ein und sei der Klägerin gegenüber nicht rücksichtslos. Bauordnungsrechtlich werde zwar der nachbarschützende Teil der Abstandsvorschriften nicht eingehalten. Dies könne von der Klägerin aber nicht geltend gemacht werden, da sie in vergleichbarem Umfang die Abstandstiefen nicht einhalte. Im Übrigen habe die Beklagte zu Recht eine Abweichung zugelassen. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 26.10.2000 zugestellt.

Am 16.11.2000 hat die Klägerin Anfechtungsklage erhoben, die vom Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 27.9.2001 - 2 K 5311/00 - abgewiesen wurde. Zur Begründung ist ausgeführt, das Bauvorhaben verstoße nicht gegen nachbarschützende Vorschriften. Zwar halte es die erforderliche Abstandsfläche zum Grundstück der Klägerin nicht ein. Der Beigeladene habe jedoch einen Anspruch auf eine Abweichung, die mit den öffentlichen Belangen vereinbar sei. Die öffentliche Sicherheit oder Ordnung werde nicht gefährdet. Dem Brandschutz sei durch den zweiten Nachtrag Rechnung getragen. Soweit die Klägerin eine Minderung der Wohnqualität geltend mache, werde die von § 3 LBO gezogene Grenze nicht überschritten. Bei dieser Sachlage könne dahinstehen, ob sie sich überhaupt auf die Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsflächen berufen könne. Die Klägerin werde auch planungsrechtlich nicht in ihren Rechten verletzt. Durch den geplanten Treppenvorbau würden ihre Räume nicht wesentlich in ihrer Belichtung und Besonnung beeinträchtigt. Eine Beeinträchtigung ergebe sich allerdings durch die Aufstockung. Dadurch würden die in den Obergeschossen nach Osten ausgerichteten Fenster bis auf das östliche Küchenfenster, bei dem lediglich eine Reduzierung der Sonneneinstrahlung von Süden eintrete, fast ganz verschattet. Durch die Verschattung des nach Osten gerichteten Wohnzimmerfensters im zweiten Obergeschoss trete eine wesentliche Verschlechterung der Beleuchtungsverhältnisse nicht ein, da das Zimmer von vier in der südlichen Wand vorhandenen Fenstern gut belichtet und besonnt werde. Eine wesentliche Veränderung der Lichtverhältnisse in dem hinter dem Freisitz liegenden Kinderzimmer dürfte nicht eintreten, da dieses nach Angaben der Klägerin bereits jetzt normalerweise auch tagsüber nur bei künstlicher Beleuchtung bewohnbar sei. Bei den übrigen betroffenen Räumen handle es sich um solche, an die die Landesbauordnung hinsichtlich der Belichtung keine Anforderungen stelle. Eine Verschlechterung der Belüftungssituation trete nicht ein. Der Freisitz würde durch die Aufstockung zwar nach Süden abgeriegelt. Jedoch bleibe nach Osten und Nordosten genügend Licht und Luft. Eine Verbesserung der Belichtungsverhältnisse könnte in zumutbarer Weise geschaffen werden, indem das lichtundurchlässige Dach durch ein lichtdurchlässiges ersetzt werde. Dabei spiele bei der Beurteilung der Zumutbarkeit auch eine Rolle, dass der Freisitz rechtlich nicht genehmigt sei. Insgesamt trete durch das Vorhaben zwar eine Verschlechterung der Belichtungs- und Beleuchtungssituation auf dem Grundstück der Klägerin ein, gesunde Wohnverhältnisse blieben aber gewahrt. Demgegenüber bestehe ein Interesse des Beigeladenen, das im Vergleich zu den übrigen Häusern im Straßenverlauf sehr kleine Gebäude aufzustocken und auf diese Weise bessere Wohnverhältnisse zu schaffen. Damit nehme er lediglich eine baurechtliche Möglichkeit wahr, die auch der/die Rechtsvorgänger der Klägerin in Anspruch genommen hätten. Dabei blieben auf dem sehr kleinen Baugrundstück kaum Lösungsmöglichkeiten, die die Klägerin weniger belasteten. Das Wohngebäude werde sich nach Verwirklichung des Vorhabens weiterhin in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen und überschreite nicht die Schwelle der Rücksichtslosigkeit.

Gegen das am 9.11.2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10.12.2001, einem Montag, die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 9.4.2002 - 3 S 2730/01 - hat der Senat die Berufung wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten zugelassen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27.9.2001 - 2 K 5311/00 - zu ändern und den dem Beigeladenen erteilten Bauvorbescheid der Beklagten vom 31.1.2000 i.d.F. der Nachträge vom 8.6.2000 und 27.9.2001 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 25.10.2000 aufzuheben.

Zur Begründung ist vorgetragen, einer Abweichung von den Abstandsvorschriften stünden öffentliche Belange entgegen. Allein der in § 3 Abs. 1 LBO enthaltene Mindeststandard werde den nachbarlichen Interessen nicht gerecht. Die Verschlechterung der Wohnsituation der Klägerin hätte als öffentlicher Belang herangezogen werden müssen. Auf Grund der bestehenden Dichte der Bebauung könne das Vorhaben nur durchgeführt werden, wenn auf die nachbarlichen Belange keinerlei Rücksicht genommen werde und die Abstandsvorschriften vollständig ignoriert würden. Dies widerspreche dem Gebot der Rücksichtnahme. Im Übrigen sei das Vorhaben auch planungsrechtlich unzulässig. Durch die Aufstockung ergäben sich für die Klägerin verschiedene, vom Verwaltungsgericht dargestellte Nachteile. Zu berücksichtigen sei, dass Küche und WC im Anbau von vornherein mit Fenstern angelegt worden seien. Außerdem handele es sich bei der Küche um eine Wohnküche, die weitgehend zum Aufenthalt und nicht nur zum Kochen genutzt werde. Die Klägerin habe ein erhebliches Interesse, dass ihren Belangen im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme ausreichend Rechnung getragen werde. Hierfür genüge nicht der Hinweis auf die gesunden Wohnverhältnisse. Stattdessen habe das Verwaltungsgericht das Verwirklichungsinteresse des Beigeladenen berücksichtigt, ohne andere Möglichkeiten eines die Klägerin weniger belastenden Ausbaus zu erwägen. Aus dem Umstand, dass in der näheren Umgebung größere Bebauung vorhanden sei, folge nicht, dass ein den nachbarlichen Interessen vorrangiger Anspruch auf eine Aufstockung bestehe. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Abwägung beruhe auf einer nicht ausreichenden Tatsachengrundlage. Der Berufung auf die Einhaltung der Abstandsvorschriften stehe nicht entgegen, dass die Klägerin die Abstandsflächen zum Grundstück des Beigeladenen nicht einhalte. Nach der Rechtsprechung sei der Nachbarschutz nur in dem Maße ausgeschlossen, wie der Nachbar seinerseits die Abstandsflächen unterschreite. Vorliegend habe die Klägerin nur mit einem untergeordneten Bauteil unmittelbar an die Grenze gebaut und halte im Übrigen eine größere Abstandsfläche zur Grenze ein als das Wohnhaus des Beigeladenen. Demgegenüber wolle dieser nicht nur einen untergeordneten Teil, sondern das gesamte Gebäude erhöhen. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass nur der Beigeladene die Möglichkeit habe, der geänderten baulichen Situation Rechnung zu tragen und dadurch die Folgen der engen Wohnhausbebauung zumindest zu mindern. Die Klägerin habe keine Möglichkeit, ohne größere Umbaumaßnahmen die Belichtungssituation zu verbessern. Auch aus diesem Grund sei es nicht unbillig, wenn sie sich auf die Einhaltung der Abstandsflächen berufe.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung wird vorgetragen, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei im Ergebnis zutreffend. Die bauordnungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens ergebe sich aus § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO. Soweit man davon ausgehe, dass in dem unbestimmten Rechtsbegriff "öffentliche Belange" auch das Gebot der Rücksichtnahme enthalten sei, werde dieses nicht verletzt. Es gehe lediglich um die Aufstockung eines vorhandenen Gebäudes in einem Umfang, der mit der Umgebungsbebauung vergleichbar sei. Auch dort würden Grenzabstände vielfach nicht eingehalten, was gerade auch bei dem Grundstück der Klägerin der Fall sei. Planungsrechtlich sei das Vorhaben ebenfalls zulässig. Das Verwaltungsgericht habe das Gebot der Rücksichtnahme zutreffend geprüft. Dabei habe es erkannt, dass die Lichtverhältnisse für die Küche und das WC verschlechtert würden, habe aber zu Recht keine "massive" Verschlechterung angenommen. Ein Vergleich der Lagepläne zeige, dass beim östlichen Küchenfenster lediglich eine Reduzierung der Sonneneinstrahlung von Süden eintrete. Im WC werde das Fenster bereits jetzt erheblich verschattet, weil die Gebäude nicht die Grenzabstände einhielten. Darüber hinaus benötige ein Toilettenraum nach den bauordnungsrechtlichen Vorschriften lediglich eine ausreichende Lüftung, die gewährleistet sei. Dies zeige, dass der Gesetzgeber der Belichtung von Toilettenräumen - zu Recht - keine Bedeutung zugemessen habe. Demzufolge könne auch der Belang, von einer weiteren Verschattung der Toilettenräume verschont zu bleiben, nicht so gravierend bzw. rücksichtslos sein, um das Vorhaben des Beigeladenen letztendlich zu verhindern. Das Verwirklichungsinteresse des Beigeladenen sei zutreffend gesehen und gewichtet worden. Es sei nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht gerade dem Vergleich mit dem Wohnhaus der Klägerin eine wesentliche Bedeutung beimesse, nachdem es um die Abwägung ihrer Interessen gehe. Alternative Erweiterungsmöglichkeiten seien zu Recht nicht erörtert worden. Im Übrigen sei das Urteil auch zutreffend, weil ein Nachbar aus dem Gebot der unzulässigen Rechtsausübung ohnehin gehindert sei, einen Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften geltend zu machen, wenn er in vergleichbarer Weise gegen die Vorschriften verstoßen habe. Dies sei bei dem Wohnhaus der Klägerin der Fall. Außerdem könne es nicht darauf ankommen, ob ein Nachbar 10 bis 30 cm näher an die Grenze heranrücke, wenn - wie hier - ein bereits bestehendes Wohnhaus aufgestockt werde und darüber hinaus der Nachbar selbst an anderer Stelle - hier bei dem "Hochsitz" - überhaupt keinen Grenzabstand einhalte.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Er hält das Bauvorhaben für zulässig. Das Verwaltungsgericht sei im Rahmen des Rücksichtnahmegebots zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin nicht unzumutbar beeinträchtigt werde. Dabei sei klägerseits das Interesse an einer ausreichenden Belichtung, Belüftung und Besonnung und auf Seiten des Beigeladenen dessen Verwirklichungsinteresse an einer Aufstockung seines Wohnhauses unter Berücksichtigung der Umgebungsbebauung eingestellt worden. Berücksichtigt worden sei auch, dass die Klägerin ihrerseits die Grenzabstände nicht einhalte und lediglich eine Angleichung an die Umgebungsbebauung erfolge. Dabei habe das Verwaltungsgericht nicht verkannt, dass das Vorhaben die Belichtung und Besonnung des Wohngebäudes der Klägerin teilweise beeinträchtige, hierdurch die Schwelle der Rücksichtslosigkeit aber nicht überschritten werde.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 13.11.2002 die Grundstücke der Beteiligten und deren nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die dem Gericht vorliegenden Akten der Beklagten und des Regierungspräsidiums Stuttgart sowie auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere genügt der innerhalb der Monatsfrist des § 124 a Abs. 3 S. 1 VwGO a.F. eingegangene Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 3 S. 4 VwGO.

Die Berufung ist aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Nachbarklage könnte nur dann Erfolg haben, wenn der angefochtene Bauvorbescheid der Beklagten vom 31.1.2000 nebst Nachträgen vom 8.6.2000 und 27.9.2001 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 25.10.2000 rechtswidrig sind und die Klägerin in ihren Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 1 VwGO). Damit genügt nicht, dass der Verwaltungsakt sich als objektiv rechtswidrig erweist, sondern muss er zugleich die Klägerin in ihren subjektiven Rechten verletzen. Dies ist der Fall, wenn der Bauvorbescheid, der sowohl die bauplanungs- als auch die auf die Frage der Abstandsflächen beschränkte bauordnungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens erfasst, zum Nachteil der Klägerin gegen drittschützende Vorschriften verstößt. Hieran fehlt es vorliegend.

Durch einen Bauvorbescheid können bereits vor Einreichen eines Bauantrags einzelne Fragen eines Vorhabens verbindlich geklärt werden (vgl. § 57 LBO). Damit ist der Bauvorbescheid nicht nur eine Zusicherung, sondern ein vorweggenommener Teil der Baugenehmigung (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.2.1984 - 4 C 39.82 -, BVerwGE 69, 1 = PBauE § 14 Abs. 3 BauGB Nr. 1). Hat die Baugenehmigungsbehörde durch die Erteilung eines Bauvorbescheids Teile der späteren Baugenehmigungsentscheidung vorweggenommen, darf sie insoweit wegen der Bindungswirkung des Bauvorbescheids im Baugenehmigungsverfahren nicht anders entscheiden (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.12.1983 - 4 C 44.80 -, BVerwGE 68, 241 = PBauE § 29 BauGB Nr. 5). Damit richtet sich die Reichweite eines möglichen Eingriffs in Nachbarrechte bei einem Bauvorbescheid auf Grund seiner Bindungswirkung für die spätere Baugenehmigung danach, ob durch die in ihm vorab entschiedenen Fragen ein Eingriff in Nachbarrechte präjudiziert wird.

1. Der angegriffene Bauvorbescheid verletzt die Klägerin nicht in eigenen Rechten, soweit er die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens betrifft.

Diese richtet sich vorliegend nach § 34 BauGB, da sich das Baugrundstück im unbeplanten Innenbereich befindet. Nach § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der in der Baunutzungsverordnung bezeichneten Baugebiete, beurteilt sich nach § 34 Abs. 2 BauGB die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Baunutzungsverordnung in dem Baugebiet zulässig wäre. § 34 Abs. 2 BauGB besitzt grundsätzlich nachbarschützende Qualität (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.9.1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151 = PBauE § 1 Abs. 6 BauGB Nr. 28). Damit hat der Nachbar in den Fällen des § 34 Abs. 2 BauGB einen Schutz- und Abwehranspruch, der über das Rücksichtnahmegebot hinausgeht und grundsätzlich bereits durch die Zulassung eines mit der Gebietsart unvereinbaren Vorhabens ausgelöst wird, weil hierdurch das nachbarliche Austauschverhältnis gestört und eine Verfremdung des Gebiets eingeleitet wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.5.1989 - 4 C 1.88 -, BVerwGE 82, 61). Dagegen richtet sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit im Übrigen nach § 34 Abs. 1 BauGB. Dabei verletzt ein Verstoß gegen § 34 Abs. 1 BauGB den Nachbarn aber nur dann in eigenen Rechten, wenn das Bauvorhaben zugleich das im Begriff des "Sicheinfügens" verankerte Gebot der Rücksichtnahme zu seinem Nachteil verletzt. Dieses Gebot hat sowohl eine objektiv- als auch eine subjektiv-rechtliche Seite. Die an das Gebot (objektiv-rechtlich) zu stellenden Anforderungen hängen wesentlich von den konkreten Umständen des einzelnen Falles ab. Dabei kann grundsätzlich umso mehr an Rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung derer ist, denen die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt; umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, umso weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit seinem Vorhaben verfolgten Interessen sind. Die hierbei vorzunehmende Interessenabwägung hat sich daran auszurichten, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Dabei muss allerdings demjenigen, der sein eigenes Grundstück in einer sonst zulässigen Weise baulich nutzen will, insofern ein Vorrang zugestanden werden, als er berechtigte Interessen nicht deshalb zurückzustellen braucht, um gleichwertige fremde Interessen zu schonen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.2.1977 - 4 C 22.75 -, BVerwGE 52, 122 = PBauE § 35 Abs. 1 BauGB Nr. 8). Diesem (objektiv-rechtlichen) Rücksichtnahmegebot kommt ausnahmsweise eine drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.2.1977 - a.a.O. -). Da das Rücksichtnahmegebot keine allgemeine Härteklausel ist, die über den speziellen Vorschriften des Stadtbaurechts oder gar des gesamten öffentlichen Baurechts steht, sondern Bestandteil einzelner gesetzlicher Vorschriften des Baurechts ist, kann es im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB nur verletzt sein, wenn sich ein Vorhaben objektiv-rechtlich nach Art oder Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise oder der zu überbauenden Grundstücksfläche nicht in die Eigenart seiner näheren Umgebung einfügt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.1.1999 - 4 B 128.98 -, NVwZ 1999, 879). Ob die objektiv-rechtliche Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme zugleich auch nachbarliche Ansprüche auslöst, ist jeweils im Wege einer Einzelfallbewertung zu beantworten. Dabei ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigung abzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.8.1998 - 4 C 5.98 -, NVwZ 1999, 523).

Nachdem das Bauvorhaben nach der Art der baulichen Nutzung unstreitig zulässig ist, hängt die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit allein davon ab, ob im Übrigen die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB vorliegen. Dabei kann dahinstehen, ob sich das Vorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der zu überbauenden Grundstücksfläche objektiv in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, da es der Klägerin gegenüber jedenfalls nicht rücksichtslos ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich lediglich um eine - von ihrem Umfang her an die Umgebungsbebauung anknüpfende - Erweiterung eines vorhandenen Gebäudes handelt, das schon bislang - wie auch die Bebauung auf den Grundstücken der Klägerin - die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen unterschreitet. Durch diese beidseitige Vorbelastung ist - wie der Augenschein ergeben hat - schon jetzt die Belichtung und Belüftung auf den Grundstücken der Klägerin eingeschränkt. Vor allem die Belichtungssituation der nach Osten ausgerichteten Räume ihres Wohngebäudes wird sich insbesondere durch die geplante Aufstockung zwar weiter verschlechtern, ohne dass dies jedoch bei der Abwägung der gegenseitigen Interessen zu einer Unzumutbarkeit für die Klägerin führt. Nach dem Ergebnis des Augenscheins verfügt das Wohnzimmer im zweiten Obergeschoss neben dem nach Osten ausgerichteten Fenster über vier weitere nach Süden ausgerichtete Fenster, die eine ausreichende Belichtung, Besonnung und Belüftung dieses Raumes sicherstellen. Das - nach den Angaben der Klägerin nur noch tagsüber als solches genutzte - Kinderzimmer im 2. Obergeschoss kann dagegen nach dem Ergebnis des Augenscheins trotz des vorhandenen Fensters Richtung Norden und der nach Osten ausgerichteten Terrassentür schon jetzt tagsüber insbesondere auf Grund des im Osten unmittelbar anschließenden überdachten Freisitzes praktisch nur mit elektrischem Licht genutzt werden, so dass auch insoweit keine erhebliche Verschlechterung eintritt. Die übrigen betroffenen Räume verfügen nur über Fenster in dem nachträglich errichteten Anbau, für den eine Baugenehmigung nicht nachgewiesen werden kann und der seinerseits keinerlei Abstand zum Grundstück des Beigeladenen einhält. Dabei handelt es sich nach dem Ergebnis des Augenscheins im zweiten Obergeschoss um eine Küche und im ersten Obergeschoss um ein - vom übrigen fensterlosen Bad abgetrenntes - WC. Für beide Räume stellt die Landesbauordnung hinsichtlich der Belichtung grundsätzlich keine besonderen Anforderungen, sondern lässt es genügen, wenn diese lüftbar sind bzw. eine ausreichende Lüftung haben (vgl. §§ 35 Abs. 3 und 36 Abs. 3 LBO). Dies ist vorliegend weiterhin der Fall, zumal beide Räume nicht nur Fenster nach Osten, sondern jeweils auch ein Fenster nach Süden aufweisen. Soweit die Klägerin darauf hinweist, bei der Küche handle es sich um eine Wohnküche, die vor allem dem Wohnen diene, hat der Augenschein ergeben, dass der Raum lediglich eine Grundfläche von etwa 12 qm hat, was der üblichen Größe einer Küche entspricht und auch im Hinblick auf die darin vorhandene Sitzecke keine andere rechtliche Beurteilung erfordert. Zudem wird nach dem Ergebnis des Augenscheins das östliche Küchenfenster auch nach der geplanten Aufstockung des Nachbargebäudes nicht gänzlich verschattet, sondern wird dort lediglich eine Reduzierung der Sonneneinstrahlung von Süden eintreten. Dies ist der Klägerin gegenüber zumutbar, zumal das Fenster unmittelbar an der Grundstücksgrenze liegt und die Küche im Übrigen noch über ein weiteres, unmittelbar Richtung Süden gerichtetes Fenster verfügt. Der Freisitz der Klägerin wird durch die geplante Aufstockung zwar nach Süden abgeriegelt. Auch hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass für ihn eine baurechtliche Genehmigung nicht nachgewiesen werden kann und er ebenfalls unmittelbar an der Grundstücksgrenze errichtet worden ist. Im Übrigen bleibt der Klägerin mit dem Freisitz nach Osten und Norden genügend Licht und Luft und steht es ihr frei, durch Verwendung lichtdurchlässiger Materialien ggf. eine Verbesserung der Belichtungsverhältnisse zu schaffen. Auch ansonsten entstehen durch das Bauvorhaben für die Klägerin keine unzumutbaren Wohnverhältnisse, insbesondere sind auch die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend davon ausgegangen, dass dem Brandschutz durch die nachträgliche Auflage, die westliche Giebelwand im Dachgeschoss als Brandwand ohne Öffnungen herzustellen, hinreichend Rechnung getragen ist.

2. In bauordnungsrechtlicher Hinsicht enthält der angefochtene Bauvorbescheid durch den Nachtrag vom 8.6.2000 lediglich hinsichtlich der Einhaltung der Abstandsflächen eine eigenständige Vorabregelung. Dabei kann dahinstehen, ob (objektiv) die Voraussetzungen für ein Unterschreiten der nach § 5 LBO grundsätzlich einzuhaltenden Abstandsflächen vorliegen. Denn selbst bei Annahme einer objektiven Rechtswidrigkeit verstößt eine Berufung der Klägerin auf die nachbarschützende Wirkung der Abstandsvorschriften jedenfalls gegen Treu und Glauben.

Zwar kann sich ein Nachbar grundsätzlich gegen jede Unterschreitung der Mindestabstandsfläche zur Wehr setzen, ohne den Nachweis einer gerade dadurch hervorgerufenen tatsächlichen Beeinträchtigung führen zu müssen (vgl. Thür.OVG, Urteil vom 25.6.1999 - 1 EO 197/99 - ThürVBl. 1999, 257). Dieses Recht unterliegt mit Rücksicht auf den das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben jedoch Grenzen. Der baurechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken der gegenseitigen Rücksichtnahme; seine Grundlage ist das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis, in dessen Rahmen jeder Eigentümer zugunsten seines Nachbarn bestimmten Beschränkungen unterworfen ist und im Austausch dafür verlangen kann, dass der Nachbar diese Beschränkungen gleichfalls beachtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.9.1993 - 4 C 28.91 -, DVBl. 1994, 284 = PBauE § 1 Abs. 6 BauGB Nr. 28). Aus diesem System nachbarlicher Ausgleichs- und Rücksichtnahmepflichten folgt, dass derjenige, der selbst mit seinem Gebäude den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, billigerweise nicht verlangen kann, dass der Nachbar die Abstandsfläche freihält (vgl. VGH Bad.-Würt., Beschluss vom 19.7.2001 - 3 S 319/01 -; OVG Thüringen, Beschluss vom 5.10.1999 - 1 EO 698/99 -, BauR 2000, 869; OVG Lüneburg, Urteil vom 30.3.1999 - 1 M 897/99 -, BauR 1999, 1163; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7.8.1997 - 7 A 150/96 -, BRS 59, Nr. 193; OVG Berlin, Beschluss vom 6.9.1994 - 2 S 14.94 -, BRS 56 Nr. 173 und OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15.12.1992 - 1 L 118/91 -). Damit kann ein Nachbar aus dem Gesichtspunkt unzulässiger Rechtsausübung gehindert sein, die Verletzung des Grenzabstands zu rügen. Der Vorwurf treuwidrigen Verhaltens entfällt nicht dadurch, dass das Gebäude des sich wehrenden Nachbarn in Einklang mit dem damals geltenden Baurecht errichtet worden ist; maßgeblich ist allein, dass er mit seinem Gebäude den (jetzt) erforderlichen Grenzabstand nicht einhält (vgl. OVG Thüringen, Beschluss vom 5.10.1999 - a.a.O. -, OVG Lüneburg, Urteil vom 30.3.1999 - a.a.O. -; OVG Berlin, Beschluss vom 6.9.1994 - a.a.O. -; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15.12.1992 - a.a.O. -; a.A. Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24.4.2001 - 10 A 1402/98 -, BauR 2002, 295). Denn die Versagung des Abwehranspruchs beruht darauf, dass es unbillig wäre, einen Nachbarn den durch die grenznahen baulichen Anlagen des anderen Nachbarn ausgehenden Nachteilen auszusetzen, ihm selbst aber eine Ausnutzung seines Grundstücks im Grenzbereich zu verwehren (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15.12.1992 - a.a.O. -). Das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis, welches den Nachbarn zu "treuem" - d.h. fairem - Verhalten verpflichtet, ist in diesen Fällen in einer Abwehrmaßnahmen nach wie vor zulassenden Weise nur dann gestört, wenn die Verletzung nachbarschützender Abstandsregelungen durch das angegriffene Vorhaben nicht vergleichbar ist, sondern schwerer wiegt als die Inanspruchnahme des Bauwiches durch den sich wehrenden Nachbarn (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24.4.2001 - a.a.O. -, OVG Thüringen, Beschluss vom 5.10.1999 - a.a.O. -; OVG Lüneburg, Urteil vom 30.3.1999 - a.a.O. -; OVG Berlin, Beschluss vom 6.9.1994, - a.a.O. -; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15.12.1992 - a.a.O. -). Bei vergleichbaren Verstößen vermag dagegen der sich letztlich aus Treu und Glauben und dem Verbot eigenen widersprüchlichen Verhaltens ergebende Grundsatz nur dann eine Einschränkung zu finden, wenn anderenfalls in gefahrenrechtlicher Hinsicht völlig untragbare Zustände entstünden (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.7.2001 - a.a.O. -; in die gleiche Richtung gehend OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7.8.1997 - a.a.O. -).

In Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend die Rüge der Verletzung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften durch die Klägerin treuwidrig. Denn sie hält ihrerseits mit der vorhandenen Bebauung auf ihren Grundstücken ebenfalls nicht die erforderlichen Abstandsflächen zum Grundstück des Beigeladenen ein. Dabei ist die Unterschreitung der Mindestabstandsflächen auf ihren Grundstücken mit der vom Beigeladenen geplanten Unterschreitung vergleichbar. Das bereits dreigeschossig ausgebaute Gebäude der Klägerin hält seinerseits zum Grundstück des Beigeladenen lediglich einen Abstand von etwa 1,00 m ein. Der nachträgliche Anbau reicht sogar bis unmittelbar an die Grenze. Gleiches gilt für den überdachten Freisitz, der abstandsflächenrechtlich nicht nach § 6 Abs. 1 LBO privilegiert ist. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei dem überdachten Freisitz um einen Nebenraum im Sinne dieser Vorschrift handelt (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.9.1999 - 3 S 1437/99 -). Denn die Wandhöhe beträgt nach einem bei den Akten befindlichen Geländeschnitt zum Grundstück des Beigeladenen über 3 m. Mit diesen Unterschreitungen der Abstandsflächen auf den Grundstücken der Klägerin insgesamt vergleichbar hält das bereits bestehende Gebäude auf dem Grundstück des Beigeladenen ebenfalls nur einen geringen Abstand zu den Grundstücken der Klägerin ein und soll - neben dem bereits vorhandenen kleineren - einen weiteren bis unmittelbar an die Grenze reichenden Anbau erhalten. Dabei dürften insbesondere die beiden dann auf dem Grundstück des Beigeladenen vorhandenen Anbauten im Hinblick auf die Abstandsflächenunterschreitung und ihre Auswirkungen für das Nachbargrundstück mit dem auf dem Grundstück der Klägerin vorhandenen Anbau vergleichbar sein, zumal sie - im Gegensatz zu dem Anbau auf dem Grundstück der Klägerin - keine Fenster zum Nachbargrundstück aufweisen, der bereits vorhandene Anbau nur bis zum ersten Obergeschoss reicht und der neu zu errichtende Treppenhausanbau im unteren Teil auf Stelzen stehen soll. Im Übrigen ist im Hinblick auf die durch die Abstandsvorschriften geschützten Rechtsgüter unerheblich, dass das eigentliche Gebäude des Beigeladenen insgesamt einen etwas geringeren Abstand einhält als das Gebäude der Klägerin, zumal sie zusätzlich über einen überdachten und zudem aufgrund des ansteigenden Geländes sehr hoch gelegenen Freisitz unmittelbar an der Grenze zum Beigeladenen verfügt. Insoweit kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass durch das Vorhaben in gefahrenrechtlicher Hinsicht untragbare Zustände entstünden. Denn insbesondere dem Brandschutz ist durch die nachträgliche Auflage, die westliche Giebelwand im Dachgeschoss als Brandwand ohne Öffnungen herzustellen, hinreichend Rechnung getragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Dabei entspricht es nach ständiger Rechtsprechung der mit Bausachen befassten Senate des erkennenden Verwaltungsgerichtshofs regelmäßig - und so auch vorliegend - der Billigkeit, die dem notwendig beigeladenen Bauherrn entstandenen außergerichtlichen Kosten auch dann dem unterlegenen Nachbarn aufzuerlegen, wenn er keinen Antrag gestellt und den Prozess nicht wesentlich gefördert hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 18.7.1996 - 3 S 2895/95 -, VBlBW 1996, 437; Beschluss vom 25.7.1983 - 5 S 1629/83 -, VBlBW 1984, 74 und Beschluss vom 1.9.1997 - 8 S 1958/97 - VBlBW 1998, 57, m.w.N.).

Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss

vom 15. November 2002

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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