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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 25.11.2003
Aktenzeichen: 4 S 1542/02
Rechtsgebiete: GG, BBesG, BeamtVG, LBG


Vorschriften:

GG Art. 33 Abs. 5
BBesG § 72 a Abs. 1 Satz 1
BBesG § 72 a Abs. 1 Satz 2
BeamtVG § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3
BeamtVG § 69 d Abs. 3 Nr. 1
LBG § 53 a Abs. 1
LBG § 53 a Abs. 2 Satz 1
Bei der durch § 72 a Abs. 1 Satz 2 BBesG gebotenen entsprechenden Anwendung der maßgeblichen beamtenversorgungsrechtlichen Vorschriften zur Bestimmung der Dienstbezüge eines begrenzt dienstfähigen Beamten mindestens in Höhe eines fiktiven Ruhegehaltes muss die in § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BeamtVG angeordnete Minderung um 3,6 vom Hundert außer Betracht bleiben.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

4 S 1542/02

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Zahlung höherer Dienstbezüge

hat der 4. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch die Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Breunig, Wiegand und Gaber

am 25. November 2003

beschlossen:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. April 2002 - 17 K 654/02 - geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 13. Dezember 2001 und dessen Widerspruchsbescheids vom 16. Januar 2002 verurteilt, dem Kläger ab 01.02.2001 Dienstbezüge in Höhe des fiktiven Ruhegehalts ohne die Minderung um 3,6 vom Hundert nach § 14 Abs. 3 BeamtVG zu zahlen und ihm ab 22.02.2002 Prozesszinsen aus 928,91 EUR, ab 01.03.2002 aus diesem monatlich um 72,80 EUR, ab 01.04.2003 monatlich um 74,14 EUR erhöhten Betrag in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu bezahlen. Das weitergehende Zinsbegehren wird abgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Der Streitwert wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Instanzen auf jeweils 3.590,53 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger, ein Beamter auf Lebenszeit im Dienst des Beklagten, dessen Arbeitszeit als Lehrer gemäß § 53a Abs. 2 LBG wegen begrenzter Dienstfähigkeit ab 01.02.2001 auf 14/28 Wochenstunden herabgesetzt wurde, wendet sich dagegen, dass die ihm seitdem zustehenden Dienstbezüge gemäß §§ 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, 69d Abs. 3 Nr. 1 BeamtVG um 3,6 vom Hundert gemindert werden. Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 17.04.2002 die Klage abgewiesen. Auf den Tatbestand des Urteils wird Bezug genommen. Mit seiner durch das am 02.05.2002 zugestellte Urteil zugelassenen Berufung, die er am 22.05.2002 eingelegt und am 01.07.2002 begründet hat, beantragt der Kläger sinngemäß, das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17.04.2002 - 17 K 654/02 - zu ändern, den Bescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 13.12.2001 und dessen Widerspruchsbescheid vom 16.01.2002 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger ab 01.02.2001 Dienstbezüge in Höhe des fiktiven Ruhegehalts ohne die Minderung um 3,6 vom Hundert nach § 14 Abs. 3 BeamtVG zu zahlen und ihm Prozesszinsen aus dem bis Klageerhebung entstandenen rückständigen Betrag in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz und Prozesszinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus den seit 01.02.2002 entstandenen rücksttändigen Beträgen zu bezahlen festzustellen, dass die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren notwendig war.

Er macht geltend, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei fehlerhaft, da § 72a BBesG die Minderung der bei begrenzter Dienstfähigkeit zu zahlenden Bezüge um einen Versorgungsabschlag nach § 14 Abs. 3 BeamtVG nicht vorsehe. Weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck des § 72a Abs. 1 BBesG ergebe sich ein Anhaltspunkt für eine derartige Minderung. Vielmehr greife die Kürzung der Versorgung gemäß § 14 Abs. 3 BeamtVG erst ein, wenn der Beamte tatsächlich in den Ruhestand trete, was bei ihm gerade nicht der Fall sei. Der Zinsanspruch folge aus §§ 291, 288 Abs. 2 BGB.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts und trägt vor, § 72a Abs. 1 Satz 2 BBesG solle gewährleisten, dass der wegen begrenzter Dienstfähigkeit nur noch mit herabgesetzter Arbeitszeit beschäftigte Beamte in seiner Besoldung nicht schlechter gestellt werde als bei Versetzung in den Ruhestand; seine Besoldung sei daher nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift mindestens in Höhe seiner im Zeitpunkt der Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit persönlich erdienten Versorgungsbezüge festzusetzen. Sollte der Kläger Dienstbezüge ohne Versorgungsabschlag erhalten, wäre dies eine nicht gerechtfertigte Besserstellung gegenüber den wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzten Beamten. Der Umstand, dass der Kläger anders als ein Ruhestandsbeamter zeitlich noch die Hälfte seiner Dienstleistungspflicht erfülle, sei ebenfalls kein Grund für die von ihm erstrebte Besserstellung, da er im Ausmaß seiner Dienstfähigkeit zur Dienstleitung verpflichtet sei und die Bezüge keine Gegenleistung für die geleistete Arbeit darstellten.

Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts und des Beklagten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Akten des Senats Bezug genommen.

II.

Die Entscheidung ergeht nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss nach § 130a VwGO. Der Senat hält die vom Verwaltungsgericht zugelassene und auch sonst zulässige Berufung des Klägers einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Das Verwaltungsgericht hat die unbedenklich zulässige Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger hat Anspruch auf Besoldung ohne die vom Beklagten vorgenommene Minderung um 3,6 vom Hundert.

Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Auszahlung höherer, d.h. nicht gemäß §§ 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, 69d Abs. 3 Nr. 1 BeamtVG um 3,6 vom Hundert geminderter Dienstbezüge richtet sich, wovon auch der Beklagte und das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen sind, nach § 72a Abs. 1 BBesG.

Nach § 72a Abs. 1 Satz 1 BBesG erhält ein Beamter bei begrenzter Dienstfähigkeit (§ 42a Bundesbeamtengesetz und entsprechendes Landesrecht) Dienstbezüge entsprechend § 6 Abs. 1. Sie werden, wie aus § 72a Abs. 1 Satz 2 BBesG hervorgeht, mindestens in Höhe des Ruhegehaltes gewährt, das er bei Versetzung in den Ruhestand erhalten würde. Da die dem Kläger, dessen begrenzte Dienstfähigkeit im Sinne des maßgeblichen § 53a Abs. 1 LBG mit Wirkung vom 01.02.2001 bestandskräftig festgestellt wurde, aufgrund der zugleich gemäß § 53a Abs. 2 Satz 1 LBG erfolgten Herabsetzung seiner Arbeitszeit auf 14/28 Wochenstunden nach § 6 Abs. 1 BBesG im Verhältnis zur Arbeitszeit anteilig zustehenden Dienstbezüge deutlich unter den fiktiven Versorgungsbezügen lägen (vgl. die Erläuterung zur Gehaltsmitteilung des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 14.03.2001), hat er gemäß § 72a Abs. 1 Satz 2 BBesG Anspruch auf Dienstbezüge in Höhe des Ruhegehaltes, das er bei Versetzung in den Ruhestand erhalten würde. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung der Höhe des Ruhegehaltes ist, wie das Verwaltungsgericht ebenfalls in Übereinstimmung mit den Beteiligten im Einzelnen zu Recht ausgeführt hat, nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 72a Abs. 1 Satz 2 BBesG der Zeitpunkt, zu dem die Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit mit ihren Rechtsfolgen wirksam geworden ist, also der 01.02.2001. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die Gründe des verwaltungsgerichtlichen Urteils Bezug genommen (vgl. § 130b Satz 2 VwGO).

Anders als das Verwaltungsgericht und der Beklagte ist der beschließende Senats hingegen der Auffassung, dass die Anwendung des § 72a Abs. 1 Satz 2 BBesG nicht dazu führt, dass bei der Bestimmung der Höhe der dem Kläger zu gewährenden Dienstbezüge nach Maßgabe des ihm zustehenden fiktiven Ruhegehaltes gemäß §§ 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, 69d Abs. 3 Nr. 1 BeamtVG eine Minderung um 3,6 vom Hundert vorzunehmen wäre. Zwar wäre am 01.02.2001, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, für den Kläger allein eine Versetzung in den Ruhestand auf der Grundlage des § 53 Abs. 1 Satz 1 LBG in Betracht gekommen, weil der Kläger die Voraussetzungen der anderen Vorschriften, die die Versetzung in den Ruhestand regeln, unstreitig nicht erfüllt hat. Danach ist ein Beamter auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn der dauernd dienstunfähig ist, was beim Kläger, gemessen an den vollen Anforderungen seines Amtes, der Fall war. Auch hätte sich das Ruhegehalt des Klägers, wäre er nach dieser Vorschrift tatsächlich in den Ruhestand versetzt worden, gemäß §§ 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, 69d Abs. 3 Nr. 1 BeamVG um 3,6 vom Hundert vermindert. Der Umstand, dass der Kläger weiterhin tatsächlich Dienst leistet und deshalb kein Ruhegehalt, sondern Dienstbezüge erhält, gebietet nach Auffassung des Senats aber, worauf der Kläger zu Recht hinweist, die Kürzungsregelung des § 14 Abs. 3 BeamtVG in Fällen der vorliegenden Art nicht anzuwenden.

Eine am Sinn und Zweck orientierte und den systematischen Zusammenhang mit §72a Abs. 1 Satz 1 BBesG berücksichtigende Auslegung des § 72a Abs. 1 Satz 2 BBesG führt dazu, dass die dadurch bei begrenzter Dienstfähigkeit vorgeschriebene Bemessung der Dienstbezüge mindestens in Höhe des bei - fiktiver - Versetzung in den Ruhestand zu gewährenden Ruhegehaltes lediglich eine "entsprechende" (analoge) Anwendbarkeit der insoweit maßgeblichen beamtenversorgungsrechtlichen Vorschriften zur Folge hat. Zwar wird eine derartige entsprechende Anwendung gemäß § 72a Abs. 1 Satz 1 BBesG nur hinsichtlich § 6 Abs. 1 BBesG, wonach bei Teilzeitbeschäftigung die Dienstbezüge im gleichen Verhältnis wie die Arbeitszeit gekürzt werden, angeordnet, wohingegen die Regelung des § 72a Abs. 1 Satz 2 BBesG keinen ausdrücklichen Hinweis auf eine entsprechende Anwendung der beamtenversorgungsrechtlichen Vorschriften zur Höhe des Ruhegehaltes enthält. Der systematische Zusammenhang, in dem die Sätze 1 und 2 des § 72a Abs. 1 BBesG stehen, führt aber dazu, dass auch die Anwendbarkeit der die Höhe des (fiktiven) Ruhegehaltes regelnden Vorschriften des Beamtenversorgungsrechts in "entsprechender" (analoger) Weise zu erfolgen hat. Für eine derartige Analogie auch bei § 72a Abs. 1 Satz 2 BBesG spricht ferner der Umstand, dass § 72a Abs. 1 BBesG nicht das Ruhegehalt von Versorgungsempfängern, sondern die Dienstbezüge aktiver, wenn auch nur begrenzt dienstfähiger, Beamter regelt, so dass die Bestimmung der Dienstbezüge in Höhe eines fiktiven Ruhegehaltes nicht zwangsläufig die vollständige Übernahme aller einschlägigen Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes zur Folge haben muss. Außer Betracht zu bleiben haben daher versorgungsrechtliche Vorschriften, die bei einer am Gesetzeszweck orientierten, den Unterschied zwischen aktiven und Ruhestandsbeamten berücksichtigenden Betrachtung, nur bei tatsächlichem Eintritt in den Ruhestand Anwendung finden sollten. Dies spricht für eine allein analoge Anwendung der die Höhe des Ruhegehaltes bestimmenden gesetzlichen Vorschriften bei der Bemessung der Dienstbezüge nach § 72a Abs. 1 BBesG.

Bei der danach gebotenen entsprechenden (analogen) Anwendung der Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes zur Bestimmung der Dienstbezüge des Klägers gelangt der Senat zu der Auffassung, dass die §§ 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 und 69d Abs. 3 Nr. 1 BeamtVG außer Betracht bleiben müssen, so dass eine sich daraus ergebende Minderung der Bezüge um 3,6 vom Hundert nicht möglich ist. Denn die vom Verwaltungsgericht und vom Beklagten für richtig gehaltene Anwendung dieser Bestimmungen auf Fälle der vorliegenden Art würde bei der vorzunehmenden Analogie dem Unterschied zwischen Dienstbezügen und einem Ruhegehalt nicht gerecht. Die danach sachgerechte Beschränkung des Anwendungsbereiches der genannten Vorschriften durch (teleologische) "Reduktion" liegt im Rahmen der Möglichkeiten, die die lediglich entsprechende (analoge) Anwendung der beamtenversorgungsrechtlichen Vorschriften auf die Bemessung der Dienstbezüge nach § 72a Abs. 1 Satz 2 BBesG hat. "Entsprechende" Geltung bedeutet nämlich, dass die Vorschriften zur Bestimmung der Höhe des Ruhegehaltes für die Bemessung der Höhe der Dienstbezüge so anzuwenden sind, wie dies den besonderen Verhältnissen des noch Dienst leistenden aktiven Beamten entspricht (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 30.06.1966, Buchholz 238.90 Nr. 7). Die nur entsprechende Anwendbarkeit der Vorschriften erlaubt es folglich, wenn sie ihrem Wortlaut nach wie im vorliegenden Zusammenhang so weit gefasst sind, dass sie auch Fälle betreffen, die sie bei Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse der noch aktiv Dienst leistenden Beamten aus Gründen der Sachgerechtigkeit nicht miterfassen dürften, diese Fälle mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG als wesentlich Ungleiches aus ihrem Anwendungsbereich herauszunehmen (vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5. Aufl., 1983, S. 265 ff; Zippelius, Juristische Methodenlehre, 8. Aufl., 2003, S. 66). So liegen die Dinge hier.

Der Senat hält es deshalb für geboten, § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BeamtVG und damit auch die Übergangsbestimmung des § 69d Abs. 3 Nr. 1 BeamtVG von der Anwendung des § 72a Abs. 1 Satz 2 BBesG auszunehmen, weil diese versorgungsrechtlichen Bestimmungen auf einen tatsächlichen Eintritt in den (vorzeitigen) Ruhestand zugeschnitten und deshalb Fälle der vorliegenden Art, in denen ein Beamter in Erfüllung seiner Pflicht aus den §§ 36 Satz 1 BRRG, 73 Abs. 1 Satz 1 LBG noch Dienst leistet, nicht miterfassen dürfen. § 14 Abs. 3 BeamtVG soll nämlich, wie die einzelnen Voraussetzungen zeigen, nur dann gelten, wenn ein Beamter vorzeitig, also vor Erreichen der für ihn geltenden gesetzlichen Altersgrenze, in den Ruhestand tritt und damit dem Dienstherrn vorzeitig seine Arbeitskraft nicht mehr zur Verfügung stellt, sich seinem Beruf also vorzeitig nicht mehr "mit voller Hingabe" widmet, wie es die §§ 36 Satz 1 BRRG, 73 Abs. 1 Satz 1 LBG von einem aktiven Beamten verlangen. Der Kläger hingegen befindet sich nicht im Ruhestand, sondern ist als aktiver Beamter trotz halbierter Arbeitszeit nach wie vor nach § 73 Abs. 1 Satz 1 LBG verpflichtet, sich im Rahmen seiner - wenn auch aus gesundheitlichen Gründen zeitlich begrenzten - Möglichkeiten mit voller Hingabe seinem Beruf als Lehrer zu widmen und die entsprechenden Dienste zu leisten. Dieser wesentliche Unterschied gebietet es nach Auffassung des Senats, die allein auf den tatsächlichen Eintritt in den (vorzeitigen) Ruhestand zugeschnittene Vorschrift des § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BeamtVG und damit auch die Übergangsvorschrift des § 69d Abs. 3 Nr. 1 BeamtVG auf den Kläger nicht anzuwenden. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts steht dem auch nicht der Wortlaut des § 72a Abs. 1 BBesG entgegen, denn er befasst sich allein mit der Höhe des fiktiven Ruhegehaltes und gibt keine ausdrückliche Auskunft zur Anwendbarkeit der §§ 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 und 69d Abs. 3 Nr. 1 BeamtVG bei der Bestimmung der Höhe der Dienstbezüge des Klägers. Die Entstehungsgeschichte (vgl. BT-Drucks. 13/9527 vom 22.12.1997, S. 34) des § 72a Abs. 1 BBesG trägt zur Frage der Anwendbarkeit des § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BeamtVG im vorliegenden Zusammenhang nichts bei.

Hinzu kommt, dass dem Kläger bei der nach Auffassung des beschließenden Senats gebotenen verfassungskonformen Auslegung ohnehin ein Anspruch auf Dienstbezüge zusteht, deren Höhe mindestens über derjenigen des für den Kläger bisher errechneten fiktiven Ruhegehaltes im Sinne des § 72a Abs. 1 Satz 2 BBesG liegt und die jedenfalls die von ihm erstrebten zusätzlichen, ohne die Minderung um 3,6 vom Hundert entsprechend höheren Dienstbezüge mitumfasst. Das Prinzip der verfassungskonformen Auslegung gebietet es, von mehreren Deutungen, die eine Norm nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zulässt, diejenige zu wählen, bei der die Regelung mit dem Grundgesetz in Einklang steht. § 72a Abs. 1 Satz 2 BBesG erlaubt neben der Auslegung, die das Verwaltungsgericht in seinem Urteil gefunden hat, auch diejenige, die der beschließende Senat mit dem Ergebnis einer Erhöhung der dem Kläger zu gewährenden Dienstbezüge jedenfalls in dem beantragten Umfang für richtig hält. Nach Auffassung des Senats ist die Auslegung des Verwaltungsgerichts auch mit der verfassungsrechtlich garantierten Alimentationspflicht des Dienstherrn (Art. 33 Abs. 5 GG) nicht vereinbar. Nach Art. 33 Abs. 5 GG ist das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln. Der umfassenden Dienstleistungspflicht, der die Vollzeitbeschäftigung auf Lebenszeit zugrunde liegt, steht als Korrelat das Alimentationsprinzip gegenüber. Es gehört ebenso wie der korrespondierende Einsatz der vollen Arbeitskraft für den Beruf als prägender Strukturinhalt des Berufsbeamtentums zu dessen hergebrachten Grundsätzen im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG. Das Alimentationsprinzip verleiht dem einzelnen Beamten ein grundrechtsähnliches Individualrecht gegenüber dem Dienstherrn. Dieser ist verfassungsrechtlich verpflichtet, dem Beamten und seiner Familie vor allem in Gestalt von Dienstbezügen einen seinem Amt entsprechenden angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Die verfassungsrechtlich gebotene amtsangemessene Alimentation entspricht dem auf eine umfassende hauptberufliche Dienstleistungspflicht angelegten Dienst- und Treueverhältnis (vgl. BVerwG, Urteil vom 02.03.2000, BVerwGE 110, 363 = NJW 2000, 2521 = DÖV 2000, 731 = ZBR 2000, 209; Beschluss vom 18.06.2002, Buchholz 237.6 § 85c NdsLBG Nr. 1). Zwar ist der Kläger wegen der bei ihm festgestellten begrenzten Dienstfähigkeit zu einer Vollzeitbeschäftigung nicht mehr in der Lage. Er leistet aber nach wie vor Dienst in dem ihm subjektiv noch möglichen zeitlichen Umfang und erfüllt damit seine Pflicht aus den §§ 36 Satz 1 BRRG, 73 Abs. 1 Satz 1 LBG als aktiver Beamter. Angesichts dessen erscheint es dem Senat mit der im vorstehenden Sinne garantierten Alimentationspflicht des Dienstherrn nicht vereinbar, einem Beamten und damit dem Kläger, wenn er gegen seinen Willen auf die mit der begrenzten Dienstfähigkeit verbundene Teilzeitbeschäftigung gesetzt wird, ohne zusätzliche Besoldung lediglich die bisher erdiente Versorgung zu gewähren. Denn die der Regelung des § 72a Abs. 1 Satz 2 BBesG zugrunde liegende begrenzte Dienstfähigkeit, die keine Vorbilder im traditionellen Beamtenrecht hat, ist der wegen Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 5 GG verfassungswidrigen sogenannten Zwangsteilzeit (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 02.03.2000, a.a.O.; Beschluss vom 18.06.2002, a.a.O.) ähnlicher als der zulässigen Regelung der Teilzeitbeschäftigung auf freiwilliger Grundlage im Rahmen der geltenden Beamtengesetze (vgl. insoweit die §§ 153e ff. LBG). Dabei kann offen bleiben, ob die dem Kläger nach Art. 33 Abs. 5 GG zu gewährenden Dienstbezüge, weil er seine dienstlichen Pflichten im Rahmen des ihm noch Möglichen erfüllt, die Höhe der vollen Besoldung eines vollzeitbeschäftigten Beamten erreichen müssen oder ob sie unterhalb der Ebene der Vollbesoldung, jedoch in angemessener Nähe dazu und damit über dem durch § 72a Abs. 1 Satz 2 BBesG angeordneten Maß hinaus verbleiben dürfen (vgl. dazu Schwegmann/Summer, BBesG, § 72a RdNr. 7; BT-Drucks. 13/9527 vom 22.12.1997, a.a.O. zur Verordnungsermächtigung des § 72a Abs. 2 BBesG). Denn dem Kläger ist danach jedenfalls eine zusätzliche Besoldung in dem von ihm mit der vorliegenden Klage beantragten Ausmaß zu gewähren, ohne dass zu entscheiden ist, welche darüber hinausgehende Höhe die im Lichte des Art. 33 Abs. 5 GG zu gewährende zusätzliche Besoldung erreichen muss.

Sollte entgegen diesen Erwägungen die vom beschließenden Senat für möglich gehaltene verfassungskonforme Auslegung des § 72a Abs. 1 Satz 2 BBesG wegen des insoweit etwa entgegenstehenden eindeutigen Wortlauts dieser Vorschrift nicht möglich sein, würde der Senat gleichwohl den vorliegenden Rechtsstreit nicht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG aussetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur Frage der vom Senat bejahten Verfassungswidrigkeit der danach zu bestimmenden gesetzlichen Dienstbezüge einholen. Denn der Senat ist unabhängig von der Frage der Vereinbarkeit des § 72a Abs. 1 Satz 2 BBesG mit dem Alimentationsprinzip des Art. 33 Abs. 5 GG ohnehin der Auffassung, wie vorstehend ausgeführt ist, dass bereits die durch § 72a Abs. 1 Satz 2 BBesG gebotene analoge Anwendung der versorgungsrechtlichen Vorschriften zum Erfolg der Klage führen muss.

Der Senat kann daher offen lassen, ob § 14 Abs. 3 BeamtVG auch in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich zur Bestimmung des Ruhegehaltes mit Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar wäre.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung des § 291 BGB i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB i.d.F. des am 01.01.2002 in Kraft getretenen Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl. I S. 3138). Nach § 291 Satz 1 BGB hat der Schuldner eine Geldschuld von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Nach § 291 Satz 2 BGB finden die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 entsprechende Anwendung. Die Rechtshängigkeit der Streitsache trat hier mit Klageerhebung am 22.02.2002 ein (§ 90 Abs. 1 VwGO). Die Fälligkeit der danach in monatlichen Abständen entstandenen und noch entstehenden zusätzlichen Besoldungsansprüche wurde und wird freilich erst später im jeweiligen Zeitpunkt ihres Entstehens begründet. Daraus folgt, dass der Kläger ab 22.02.2002 für die bis dahin entstandenen und fälligen rückständigen Besoldungsansprüche von insgesamt 928,91 EUR (11 x 71,21 EUR = 783,31 EUR + 2 x 72,80 EUR = 145,60 EUR) und für die danach in monatlichen Abständen ab dem jeweiligen Monatsersten sich bis 31.03.2003 um jeweils 72,80 EUR und ab 01.04.2003 um jeweils 74,14 EUR erhöhenden rückständigen Besoldungsansprüche gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB einen Anspruch auf jährliche Prozesszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hat. Entgegen der in seinem Antrag zum Ausdruck kommenden Auffassung hat der Kläger hingegen keinen Anspruch auf Prozesszinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen des § 288 Abs. 2 BGB nicht erfüllt sind. Für die Zeit nach Klageerhebung erhöht sich der zu verzinsende Betrag jeweils ab dem Monatsersten um 72,80 EUR, ab dem 01.04.2003 jeweils monatlich um 74,14 EUR.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Die Festsetzung und Änderung des Streitwerts für das Verfahren in beiden Rechtszügen beruht auf §§ 25 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2, 17 Abs. 3 und Abs. 4 GKG. Da die sich vorliegend im Streit befindliche wiederkehrende, aus dem zwischen den Beteiligten bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis herrührende Geldleistung für die Dauer der ersten drei Jahre nach Klageerhebung beziffert werden kann, ist nach Ansicht des Senats der Anwendungsbereich dieser Vorschrift und nicht derjenige des § 13 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 GKG eröffnet (vgl. aber zu den nicht bezifferten Geldleistungen BVerwG, Beschluss vom 13.09.1999, Buchholz 360 § 13 GKG Nr. 106 = NVwZ-RR 2000, 118). Daraus folgt, dass der bis Klageerhebung entstandene und fällige rückständige Betrag an Dienstbezügen in Höhe von 928,91 EUR dem in den ersten drei Jahren danach entstandenen bzw. entstehenden Anspruch auf zusätzliche Besoldung in Höhe von 2.661,62 EUR hinzugerechnet werden muss. Aus der Summe dieser beiden Beträge ergibt sich der festgesetzte Gesamtbetrag.

Ende der Entscheidung

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