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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 17.03.2004
Aktenzeichen: 4 S 1885/02
Rechtsgebiete: GG, LBG, BVO, SGB XI, BSHG


Vorschriften:

GG Art. 33 Abs. 5
LBG § 98
LBG § 101 Satz 2
BVO § 6 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1
BVO § 6 Abs. 1 Nr. 7 Satz 2
BVO § 9 Abs. 1 Satz 1
BVO § 9 Abs. 1 Satz 2
BVO § 9 Abs. 2 Satz 1
BVO § 9 Abs. 2 Satz 2
BVO § 9 Abs. 7 Satz 1
SGB XI § 14 Abs. 1
SGB XI § 14 Abs. 4
SGB XI § 43 Abs. 2 Satz 1
BSHG § 2
BSHG § 68 Abs. 1
Aufwendungen für die psychosoziale Betreuung eines in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebrachten psychisch Kranken können nicht der stationären Pflege im Sinne des § 9 Abs. 7 Satz 1 BVO zugerechnet werden und sind deshalb nicht ohne Weiteres beihilfefähig (im Anschluss an den Beschluss des Senats vom 16.02.1989 - 4 S 3063/87 -, BWVPr. 1990, 17, und das Urteil des Senats vom 31.05.1994 - 4 S 1166/93 -, IÖD 1994, 199).
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

4 S 1885/02

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Beihilfe für stationäre Pflege (Ausgleichsbeträge)

hat der 4. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Brockmann und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Breunig und Dr. Schütz

am 17. März 2004

beschlossen:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 09. Juli 2002 - 6 K 2367/00 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 17.255,69 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die im Jahre 1924 geborene Klägerin ist seit vielen Jahren im Psychiatrischen Landeskrankenhaus E. - Zentrum für Psychiatrie E. - PZE - wegen einer psychischen Erkrankung stationär untergebracht. Sie erhielt als ehemalige Beamtin vom Beklagten bis zum 31.10.1998 Beihilfe mit einem Bemessungssatz von 80 % zu dem ihr in Höhe von monatlich etwa 6.300,00 DM vom PZE in Rechnung gestellten Aufwand. Eine private Krankenversicherung besteht nicht. Seit dem 01.01.1998 wurde landesweit im Zuge des Wirksamwerdens des Pflegeversicherungsgesetzes anstelle des bisherigen Einheitspflegesatzes nach § 93 BSHG ein "gestufter" Pflegesatz nach den §§ 82 ff. SGB XI eingeführt. Auf dieser Grundlage wurde für das PZE betreffend die Pflegestufe 2, in der sich die Klägerin befand, ein neuer Pflegesatz von täglich 219,90 DM festgesetzt, der neben den Einzelbeträgen für pflegerische Aufwendungen, Unterkunft und Verpflegung, Investitionskosten, ärztliche Behandlung und medizinische Sachaufwendungen sowie für Arzneien und Hilfsmittel einen "Ausgleichsbetrag" in Höhe von 69,50 DM als sonstige Pauschale für zusätzliche Leistungen enthielt.

Der Beklagte gewährte bis zum 31.10.1998 auch für diesen Pflegesatz in seiner gesamten Höhe Beihilfe zu 80 %. Ab dem 01.11.1998 nahm er den sogenannten Ausgleichsbetrag aus den beihilfefähigen Aufwendungen mit der Begründung heraus, dass es sich dabei nicht um wirkliche Pflegeleistungen im Sinne des § 9 Abs. 7 der Beihilfeverordnung - BVO -, sondern um eine Art Eingliederungs- oder Rehabilitationshilfe handele. Die Beihilfe wurde dementsprechend in der Folgezeit nur noch gekürzt, ohne Berücksichtigung des Ausgleichsbetrags, gewährt. Die gegen die ab dem 04.01.1999 bis zum 09.08.2000 ergangenen Bescheide deswegen eingelegten Widersprüche wies das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg mit Widerspruchsbescheid vom 21.09.2000 als unbegründet zurück. Die dagegen erhobene, auf Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung einer entsprechend höheren, die Aufwendungen für die Ausgleichsbeträge einbeziehenden Beihilfe gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht Freiburg mit Urteil vom 09.07.2002, zugestellt am 17.07.2002, als unbegründet abgewiesen. Auf den Tatbestand des Urteils des Verwaltungsgerichts wird Bezug genommen.

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen, am 15.08.2002 bei dem Verwaltungsgericht eingelegten und am 08.01.2003 nach entsprechender Verlängerung der Begründungsfrist gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof begründeten Berufung beantragt die Klägerin,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 09.Juli 2002 - 6 K 2367/00 - zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 04.01.1999, 24.02.1999, 26.07.1999, 15.09.1999, 18.10.1999, 13.11.1999, 17.11.1999, 25.01.2000, 28.02.2000, 28.03.2000, 26.04.2000, 08.06.2000, 09.07.2000 und 09.08.2000 sowie des Widerspruchsbescheides des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 21.09.2000 zu verpflichten, ihr für die erstmals mit Antrag vom 05.12.1998 und letztmals mit Antrag vom 06.07.2000 geltend gemachten, im Rahmen ihres stationären Aufenthalts im Zentrum für Psychiatrie E. für "Ausgleichsbeträge/sonstige Pauschalen" entstandenen Aufwendungen Beihilfe zu gewähren.

Sie macht geltend, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht ihren Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe für die ihr im Rahmen ihres stationären Aufenthalts entstandenen Aufwendungen für Ausgleichsbeträge als sonstige Pauschalen verneint. Ihr Anspruch ergebe sich aus § 9 Abs. 7 BVO, wonach die Aufwendungen für stationäre Pflege beihilfefähig seien. Zu Unrecht orientiere sich das Verwaltungsgericht allein an § 14 Abs. 4 SGB XI, wonach Leistungen auf die drei Grundpflegebereiche der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität beschränkt blieben. Dem stehe bereits der Wortlaut des § 9 Abs. 7 BVO entgegen, der einen Verweis auf § 14 Abs. 4 SGB XI zur Begrenzung der Beihilfefähigkeit nicht enthalte. Es gehe nicht allein um das Bedürfnis nach sozialer und psychischer Betreuung, sondern darum, ob der Pflegebedürftige neben den Leistungen der eigentlichen Grundpflege auch Pflegeleistungen psychosozialer Art in Anspruch nehmen müsse; diese Pflegeleistungen müssten dann ebenfalls beihilfefähig sein. Die in Rede stehenden psychosozialen Betreuungsmaßnahmen seien, anders als die lediglich sozialen Betreuungsmaßnahmen, nicht Inhalt oder Merkmal der allgemeinen Lebensgestaltung, wie das Verwaltungsgericht meine. Vielmehr handele es sich um zusätzliche Pflegeleistungen, die ausschließlich bei der stationären Pflege psychisch Kranker notwendigerweise anfielen. Dem besonderen Bedarf dieser Menschen an pflegerischer Betreuung werde durch die Beschränkung auf die Grundpflegearten in § 14 Abs. 4 SGB XI nicht Rechnung getragen. Es handele sich dabei nicht um eine Art "4. Pflegestufe" jenseits des SGB XI, sondern um eine andere, notwendige Sicht des Pflegebegriffs, die nicht nur gemäß § 84 SGB XI in der Pflegeversicherung, sondern auch im Beihilferecht anerkannt werden müsse.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts und nimmt darüber hinaus auf die Ausführungen in den ergangenen Bescheiden und auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 17.07.2002 - 3 K 2385/00 - Bezug.

Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts (Az.: 6 K 2367/00) sowie die Akten des Verwaltungsgerichts Freiburg in dem Verfahren 6 K 1136/01 und des Beklagten (ein Ordner) vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Akten des Senats Bezug genommen.

II.

Die Entscheidung ergeht nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gemäß § 130a VwGO. Der Senat hält die vom Verwaltungsgericht zugelassene und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage mit Recht als unbegründet abgewiesen, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Beihilfe für die durch die sogenannten "Ausgleichsbeträge" bzw. sonstige Pauschalen, wie sie im Pflegesatz festgesetzt wurden, im Rahmen ihrer stationären Unterbringung im PZE entstandenen Aufwendungen. Die insoweit ablehnenden Bescheide des Beklagten sind daher rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Senat weist die Berufung der Klägerin nach § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO aus den Gründen des angefochtenen Urteils als unbegründet zurück. Das Berufungsvorbringen der Klägerin rechtfertigt keine andere Entscheidung. Im Hinblick darauf wird ergänzend ausgeführt:

Zutreffend ist das Verwaltungsgericht von der Zulässigkeit der erhobenen Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) nach Durchführung des erforderlichen Vorverfahrens (§§ 126 Abs. 3 BRRG, 68 VwGO) ausgegangen. Die Klage ist aber, wie das Verwaltungsgericht im Einzelnen zu Recht ausgeführt hat, nicht begründet, denn die Klägerin hat nach den maßgeblichen Vorschriften des § 9 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 7 der - auf der Grundlage des § 101 Satz 2 LBG ergangenen - Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung - BVO -) vom 28.07.1995 (GBl. S. 561, mit späteren Änderungen) für den streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Gewährung von Beihilfe zu den ihr durch die Erhebung eines Ausgleichsbetrags im Pflegesatz des PZE entstandenen Aufwendungen. Nach dieser Vorschrift, wie sie im vorliegenden Fall in der Fassung des Art. 16 des Haushaltsstrukturgesetzes 1997 vom 16.12.1996 (GBl. S. 776) zugrunde gelegt werden muss, sind bei Pflegebedürftigkeit, wenn wie hier häusliche Pflege nicht erbracht werden kann, Aufwendungen für stationäre Pflege beihilfefähig. Zwischen den Beteiligten ist allein umstritten, ob die sogenannten "psychosozialen Betreuungsmaßnahmen", für die der "Ausgleichsbetrag" als Teil des Pflegesatzes seit 01.01.1998 vom PZE erhoben wird, der "Pflege" im Sinne des § 9 Abs. 7 Satz 1 BVO zuzurechnende Maßnahmen mit der Folge der Beihilfefähigkeit des für sie erhobenen Ausgleichsbetrags darstellen.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht in Anlehnung an die bereits zu § 9 BVO ergangene Rechtsprechung des beschließenden Senats (vgl. den Beschluss vom 16.02.1989 - 4 S 3063/87 -, BWVPr 1990, 17; Urteil vom 31.05.1994 - 4 S 1166/93 -, IÖD 1994, 199) angenommen, dass Pflegebedürftigkeit, welche als Voraussetzung einer stationären Pflege im Sinne des § 9 Abs. 7 Satz 1 BVO und damit auch der Beihilfefähigkeit dadurch entstehender Aufwendungen erforderlich ist, das allein im Rahmen der Krankenpflege auftretende Bedürfnis nach unmittelbar auf die Person des Kranken ausgerichteten Hilfeleistungen medizinischer sowie körperlicher Art bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens wie insbesondere beim Betten und Lagern, beim Ankleiden und Auskleiden und bei der Einnahme von Speisen und Getränken sowie bei sonstigen körperlichen Verrichtungen, nicht jedoch über die Krankenpflege hinaus allein das Bedürfnis nach sozialer und psychischer Betreuung bedeutet. Wie der Senat in seinem Beschluss vom 16.02.1989 (a.a.O.) ausgeführt hat, ergibt sich nämlich aus dem Zusammenhang zwischen § 6 Abs. 1 Nr. 7 BVO, der die Aufwendungen für eine nach ärztlicher Bescheinigung notwendige häusliche Krankenpflege für beihilfefähig erklärt, und dem diese Vorschrift für die Fälle der Unterbringung eines Pflegebedürftigen erweiternden § 9 Abs. 1 BVO, dass der Begriff der "Pflegebedürftigkeit" im Sinne von § 9 Abs. 1 BVO, wie er im Einzelnen in § 9 Abs. 2 BVO definiert wird, nicht weiter zu verstehen ist als der Begriff der "Krankenpflege" im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 7 Sätze 1 und 2 BVO. Denn § 9 Abs. 1 und damit § 9 Abs. 7 BVO gewährt nicht einen eigenen Beihilfeanspruch für Maßnahmen der allgemeinen Pflege, sondern erklärt neben anderen, gemäß § 6 BVO dem Grunde nach beihilfefähigen Aufwendungen zusätzlich die Kosten für Unterkunft und Verpflegung für beihilfefähig, sofern die Unterbringung wegen Behandlungs- oder Pflegebedürftigkeit notwendig ist. Dies setzt das Erfordernis einer Krankenbehandlung oder Krankenpflege voraus. Unter einer Krankenpflege sind aber, wie der Senat in seinem Beschluss vom 16.02.1989 (a.a.O.) erläutert hat, neben der Behandlungspflege und hauswirtschaftlichen Versorgung (§ 6 Abs. 1 Nr. 7 Satz 2 BVO) nur die unmittelbar auf die Person des Kranken bezogenen, vorstehend aufgeführten Hilfeleistungen im Sinne einer Grundpflege zu verstehen.

Die Pflegebedürftigkeit wird demnach im vorliegenden, auf die Krankenpflege bezogenen Zusammenhang des § 9 Abs. 1 und Abs. 7 BVO durch den Zustand einer Person gekennzeichnet, die infolge von Krankheit oder Behinderung so hilflos ist, dass sie nicht ohne Wartung und Pflege bleiben kann. Der Pflegebedürftige muss, wie es im Wesentlichen auch der Definition des § 68 Abs. 1 BSHG entspricht, außer Stande sein, die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, ohne die er physisch nicht zu bestehen vermag, selbst vorzunehmen. Die Pflege ist dazu bestimmt, d i e s e Verrichtungen zu übernehmen und muss sich demnach, abgesehen von der in § 9 Abs. 2 Satz 2 wie auch in § 6 Abs. 1 Nr. 7 Satz 2 BVO neben der Behandlungspflege, deren Beihilfefähigkeit sich aus § 9 Abs. 1 Satz 1 BVO ergibt, ausdrücklich zusätzlich genannten hauswirtschaftlichen Versorgung, als Hilfeleistung unmittelbar auf die Person des Pflegebedürftigen in der Weise beziehen, wie vorstehend beschrieben als Hilfe insbesondere zum Betten, Lagern, An- und Auskleiden, Einnehmen von Speisen und Getränken und zu sonstigen körperlichen Verrichtungen. Sie ist aber nicht dazu bestimmt, anderweitigen Bedürfnissen des Kranken oder Behinderten abzuhelfen, etwa ihm die Teilnahme am Gemeinschaftsleben zu ermöglichen oder in sonstiger Weise die private Lebensführung zu fördern (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.11.1965, BVerwGE 22, 319). Dementsprechend wird auch die Notwendigkeit einer als Arbeits- und Beschäftigungstherapie (Ergotherapie) durchzuführenden psychosozialen Betreuung, wie sie bei einer psychischen Erkrankung oder einer geistigen Behinderung auftreten kann, durch den Begriff der Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 9 Abs. 1 BVO nicht erfasst, so dass die psychosoziale Betreuung auch nicht als Maßnahme der "Pflege", das heißt der Krankenpflege im Rahmen des § 9 Abs. 7 BVO verstanden werden kann. Diese Maßnahmen lassen sich, wenn sie nicht medizinisch indiziert und deshalb ärztlich verordnet sind (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 13.03.2003, BVerwGE 118, 52, 60), auch bei psychisch Kranken nicht in erster Linie als Teil oder als wesentlicher Annex einer medizinischen Behandlungspflege auffassen. Denn es handelt sich dabei vielmehr um verschiedene zu unterscheidende , über körperliche Hilfeleistungen hinausgehende, Maßnahmen zur Steigerung der Lebensqualität der psychisch Kranken, die trotz einer gewissen therapeutischen Zielsetzung in erster Linie der allgemeinen Lebensführung (Lebensgestaltung) zuzurechnen sind, wie sich aus der Art dieser Maßnahmen (z.B. Teilnahme an Kochgruppen, Bastelarbeiten, Holzarbeiten, Metallarbeiten, kognitives Training) ergibt. Dazu gehören allgemein auch die Übung der Fähigkeiten und das Herbeiführen der Motivation der Kranken im Umgang mit anderen Menschen und die Belastbarkeit unter beschäftigungsähnlichen Bedingungen mit dem Ziel, die weitestmögliche Selbständigkeit im täglichen Leben zu erreichen, d.h. die Wiederherstellung oder Erhaltung geistiger, psychischer und körperlicher Fähigkeiten im Hinblick auf ein möglichst selbständiges Leben (vgl. im Einzelnen die Beschreibung der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie Rottenmünster vom 24.03.1999, vorgelegt im Verfahren des Verwaltungsgerichts Freiburg - 6 K 1136701 -, die den Beteiligten bekannt ist; vgl. insoweit auch den Beschluss des Senats vom 16.02.1989, a.a.O., und das Urteil des Senats vom 31.05.1994, a.a.O.). Dies hat zur Folge, dass Aufwendungen für die psychosoziale Betreuung der betroffenen Kranken, wie sie in der vorstehend dargestellten Weise erfolgt, nicht beihilfefähig sind.

An dieser Einschätzung hält der Senat nach erneuter Prüfung in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht auch mit Blick auf die zwischenzeitlich in Kraft getretenen Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - vom 26.05.1994 (BGBl. I S. 1014, mit späteren Änderungen - SGB XI -) fest, aus denen sich eine gegenteilige Rechtsauffassung zum Begriff der "Pflege", die zur Auslegung dieses Begriffs im Rahmen des § 9 Abs. 1 und 7 BVO übertragbar wäre, nicht herleiten lässt. So unterscheidet § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB XI ebenfalls zwischen "pflegebedingten Aufwendungen" und "Aufwendungen der sozialen Betreuung". Die Begriffe der Pflegebedürftigkeit und der Pflegeleistungen beschreiben § 14 Abs. 1 und 4 SGB XI übereinstimmend mit der sozialhilferechtlichen Vorschrift des § 68 Abs. 1 BSHG und mit der vom Senat zu § 9 Abs. 1, 2 und 7 BVO vertretenen Auffassung im Zusammenhang mit einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung und beziehen sie - abgesehen von den eigens genannten Maßnahmen der hauswirtschaftlichen Versorgung (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 2 BVO) allein auf die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens. Aus der abschließenden Aufzählung in § 14 Abs. 4 SGB XI wird deutlich, dass Maßnahmen der sozialen Betreuung und damit gegebenenfalls auch der psychosozialen Betreuung dort nicht erwähnt sind und deshalb als besondere Maßnahmen nicht zur Pflege gehören sollen. Sie verbleiben daher im Bereich der allgemeinen Lebensgestaltung. Dafür spricht auch die gesonderte Erwähnung der sozialen Betreuung neben den allgemeinen Pflegeleistungen und neben der medizinischen Behandlungspflege in den §§ 82 Abs. 1 Satz 2 und 84 Abs. 1 SGB XI. Im Übrigen ist es für die beihilferechtliche Betrachtung unerheblich, ob und inwieweit Aufwendungen für diese der allgemeinen Lebensgestaltung dienenden Maßnahmen als Kosten der "sozialen Betreuung" in den Pflegepauschalen der sozialen Pflegekassen gemäß § 43 Abs. 2, 3 und 5 SGB XI enthalten sind und deshalb zum Inhalt der für stationäre Pflegeleistungen nach § 84 Abs. 1 SGB XI festzusetzenden Pflegesätze und der gemäß § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XI von der Pflegekasse zu erbringenden Pflegevergütung gehören. Denn die Pflegeversicherung stellt ein eigenständiges Leistungssystem dar, das seine gesetzlich begründeten Leistungsverpflichtungen unabhängig von der beamtenrechtlichen Beihilfe erfüllt, was zu unterschiedlichen Leistungsvoraussetzungen führen kann. Die Klägerin kann deshalb aus diesen Vorschriften der sozialen Pflegeversicherung nicht die Bestätigung ihrer Rechtsauffassung herleiten, bei den streitigen psychosozialen Betreuungsmaßnahmen handele es sich um über die Förderung der allgemeinen Lebensgestaltung hinausgehende zusätzliche Pflegeleistungen, die bei der stationären Pflege psychisch Kranker notwendigerweise anfielen. Vielmehr spricht die nach dem Wortlaut der Bestimmungen ausdrücklich vorgenommene begriffliche Unterscheidung zwischen Pflegemaßnahmen einerseits und "sozialer Betreuung" andererseits für die gegenteilige Ansicht einer engeren Auslegung des Pflegebegriffs, dem Maßnahmen der allgemeinen Lebensgestaltung, wie sie im Rahmen der psychosozialen Betreuung in ähnlicher Weise wie bei allein sozialer Betreuung erfolgen, nicht zuzuordnen sind.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht im Einzelnen ferner ausgeführt, dass auch der vorliegende, zwischen den Verbänden der Heimträger als Leistungserbringern und den Sozialhilfeträgern nach § 93d Abs. 2 BSHG geschlossene Rahmenvertrag, soweit er den "Ausgleichsbetrag" als s o z i a l - h i l f e r e c h t l i c h erstattungsfähig behandelt, eine entsprechende Übernahme dieser Kosten im Wege der Beihilfe durch den Beklagten nicht gebietet. Dies folgt bereits daraus, dass der Beklagte insoweit nicht Vertragspartner ist. Im Übrigen kommt in diesem Vertrag zum Ausdruck, dass es sich bei den zugrunde liegenden psychosozialen Betreuungsmaßnahmen um vom Hilfsbedürftigen zunächst selbst zu tragende Aufwendungen handelt, die aber mangels eigener einsetzbarer Mittel vom Sozialhilfeträger übernommen werden müssen. Dies ist im Unterschied zum geltenden Beihilferecht zulässig, weil § 68 BSHG im Sinne eines nachrangigen Auffangtatbestandes (vgl. § 2 BSHG) zur Übernahme von Pflegekosten in angemessenem Umfang über die reine "Hilfe zur Pflege" in dem engeren Sinne, wie die Pflege begrifflich den Vorschriften des Pflegeversicherungsrechts und der Beihilfeverordnung entspricht, hinaus auch die Grundbedürfnisse des Lebens und damit über die Pflege hinaus Maßnahmen der allgemeinen Lebensgestaltung, möglicherweise bis hin zu Maßnahmen zur Förderung der Kommunikation, abdecken soll (vgl. Fichtner, BSHG, 1999, § 68 RdNrn. 30, 31, 34, 35, 126). Dabei kann offen bleiben, ob insoweit auch ein Anspruch des Hilfsbedürftigen auf Eingliederungshilfe nach §§ 39, 40 BSHG in Betracht kommt (vgl. VG Braunschweig, NVwZ-RR 1997, 420; Fichtner, a.a.O., § 68 RdNr. 126). Mit dem Verwaltungsgericht geht der Senat daher davon aus, dass ein Beihilfeanspruch nach § 9 Abs. 1 und 7 BVO in Fällen der vorliegenden Art wegen der andersartigen, auf Nachrangigkeit gerichteten Zweckbestimmung des Sozialhilferechts nicht mit der Erwägung bejaht werden kann, sozialhilferechtlich seien auch zusätzlich zu den Pflegekosten Kosten der allgemeinen Lebensgestaltung und der Eingliederung über die §§ 39, 40 oder 68 BSHG zu erstatten.

Wie das Verwaltungsgericht ferner zutreffend dargelegt hat, hindert auch das von der Klägerin geltend gemachte Vertrauen in die Fortsetzung der Beihilfeleistungen, wie sie insbesondere im Rahmen des einheitlichen, pauschalen Pflegesatzes vor dem 01.11.1998 gewährt worden sind, den Beklagten nicht an einer durch die inhaltliche Aufschlüsselung des Pflegesatzes bedingten Änderung seiner Erstattungspraxis für die Zukunft gemäß den rechtlichen Erfordernissen des § 9 Abs. 1 und 7 BVO. Denn die infolge der inhaltlichen Aufschlüsselung des Pflegesatzes erreichte Transparenz der erbrachten Leistungen versetzte den Beklagten erstmals in die Lage, die einzelnen Leistungen auf ihre beihilferechtliche Relevanz zu überprüfen, was vorher jedenfalls im Einzelnen mit zumutbarem Aufwand wohl nicht möglich war. Davon abgesehen hat der Beklagte auch die Befugnis, eine wiederholt in der Vergangenheit gewährte, aber nunmehr als rechtswidrig erkannte Begünstigung in der Zukunft nicht mehr zu gewähren, um damit zukünftig die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) sicherzustellen.

Der nach allem zu bejahende verordnungsrechtliche Ausschluss der für die psychosoziale Betreuung der Klägerin erbrachten Aufwendungen von der Beihilfe verstößt auch nicht, wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend erkannt hat, gegen die gesetzliche Fürsorgepflicht (§ 98 LBG) des Dienstherrn, die der Beklagte zugunsten der Klägerin beachten muss. Denn die Beihilfevorschriften konkretisieren grundsätzlich abschließend die Fürsorgepflicht in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen. Deshalb lässt sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein Beihilfeanspruch regelmäßig nicht unmittelbar aus der dem Dienstherrn gegenüber dem Beamten obliegenden Fürsorgepflicht herleiten, soweit die Beihilfevorschriften für bestimmte Aufwendungen die Beihilfefähigkeit beschränken oder ausschließen (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 10.06.1999, NVwZ-RR 2000, 99 = BayVBl 2000, 25 = DÖD 2000, 86). Unmittelbar auf den verfassungsrechtlich (Art. 33 Abs. 5 GG) vorgegebenen Grundsatz der Fürsorge kann ein Anspruch nur ausnahmsweise gestützt werden, wenn die Fürsorgepflicht andernfalls in ihrem Wesenskern verletzt wäre. Die Fürsorgepflicht verpflichtet den Dienstherrn insbesondere nicht, zu jeglichen Aufwendungen, die aus Anlass einer Krankheit oder Behinderung entstehen, Beihilfen zu gewähren (BVerwG, Urteil vom 10.06.1999, a.a.O.). Die Nichtberücksichtigung des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs in § 9 BVO ist danach hinzunehmen, denn der Ausschluss der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für psychosoziale Betreuung verletzt die Fürsorgepflicht nicht in ihrem Wesenskern (vgl. dazu etwa auch BVerwG, Beschluss vom 03.03.1989, NJW 1989, 2962 = ZBR 1989, 244; und Urteil vom 29.08.1996, BVerwGE 102, 24 = DVBl. 1997, 360 = ZBR 1997, 18). Vielmehr hat sich der beklagte Dienstherr mit der Begrenzung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen auf Pflegemaßnahmen im engeren Sinne, wie dies in § 9 Abs. 1 und 7 BVO geschehen ist, im Rahmen des ihm bei der Konkretisierung seiner Fürsorgepflicht zustehenden Ermessens gehalten (vgl. auch insoweit bereits den Beschluss des Senats vom 16.02.1989, a.a.O.). Denn die Fürsorgepflicht gebietet dem Dienstherrn lediglich, in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen durch Gewährung von Beihilfen ergänzend einzugreifen, um den Beamten von den durch die Besoldung nicht gedeckten notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfang freizustellen. Die Beihilfe ist somit ihrer Zielsetzung nach nicht Teil der einem Beamten zustehenden Alimentation, sondern eine Hilfeleistung, die dem Beamten eine zumutbare Eigenbelastung belassen kann und nur ergänzend in angemessenem Umfang einzugreifen hat, um in einem durch die Fürsorgepflicht gebotenen Maß die wirtschaftliche Lage des Beamten durch Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu erleichtern. Dieser Charakter der Beihilfe als einer ergänzenden Hilfeleistung im Sinne einer nach speziellen Maßstäben bemessenen, der eigentlichen Alimentation nicht zuzurechnenden "Nebenalimentation" belässt dem Dienstherrn einen erheblichen Spielraum, innerhalb dessen er durch seine Beihilfevorschriften die Voraussetzungen, den Umfang und die Art und Weise dieser speziellen Fürsorge generalisierend und typisierend bestimmen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.08.1980, BVerwGE 60, 88 = ZBR 1980, 379; Urteil vom 29.08.1996, a.a.O.). Dieser Spielraum erlaubt es dem Dienstherrn insbesondere, im Rahmen seiner Rechtsetzung eine mögliche anderweitige Entlastung des Beamten hinsichtlich der betreffenden Kosten, hier derjenigen der psychosozialen Betreuung, zu berücksichtigen, d.h. ob die Kosten - gegebenenfalls auf Antrag und nachrangig - von einem Dritten getragen werden. Dementsprechend gebietet es die Fürsorgepflicht in Fällen der vorliegenden Art nicht, über die in den Beihilfevorschriften festgelegten Ansprüche hinaus eine Untergrenze für die Beihilfe so festzulegen, dass der berücksichtigungsfähige körperlich oder geistig kranke Berechtigte oder Angehörige im Falle einer notwendigen dauernden Unterbringung wegen Pflegebedürftigkeit z.B. in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht auch auf Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz angewiesen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.01.1982, BVerwGE 64, 333 = DÖV 1982, 1033 = NVwZ 1982, 627; Urteil vom 24.08.1995, Buchholz 270 § 9 BhV Nr. 3 = ZBR 1996, 46). Insoweit handelt es sich nämlich nicht um "mindere" Ansprüche, sondern lediglich um andere, die dann in Übereinstimmung mit dem Grundsatz der Nachrangigkeit der Sozialhilfe (§ 2 BSHG) bestehen, wenn beamtenrechtliche Ansprüche nicht gegeben sind und der Beamte sich nicht selbst helfen kann (vgl. etwa auch BVerwG, Urteil vom 27.10.1988, BVerwGE 80, 328). Angesichts der vorhandenen sozialhilferechtlichen Regelungen, die, soweit sie mangels hinreichenden eigenen Einkommens oder einsetzbaren Vermögens (vgl. § 88 BSHG) in Anspruch genommen werden können, bei dem Beamten und damit auch der Klägerin keine Belastung mit den durch die Beihilfe nicht gedeckten Kosten der psychosozialen Betreuung entstehen lassen, ist eine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht zu verneinen (ebenso bereits ausdrücklich der Senat in seinem Beschluss vom 16.02.1989, a.a.O.). Der Klägerin steht daher auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf die beantragte Beihilfe für die Kosten dieser Betreuungsmaßnahmen nicht zu.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des §§ 127 BRRG, 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 13 Abs. 2 GKG (vgl. die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorgelegte Berechnung des Beklagten vom 08.07.2002).

Ende der Entscheidung

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