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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 27.10.2004
Aktenzeichen: 4 S 2097/04
Rechtsgebiete: VwGO, LBG
Vorschriften:
VwGO § 80 Abs. 5 | |
LBG § 55 | |
LBG § 73 Satz 1 | |
LBG § 78 Abs. 1 Satz 1 | |
LBG § 78 Abs. 1 Satz 2 |
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Verbot der Führung der Dienstgeschäfte
hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO
hat der 4. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Brockmann und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Breunig und Dr. Schütz
am 27. Oktober 2004
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 05. August 2004 - 6 K 953/04 - wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe:
Die zulässige, insbesondere innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO entsprechend den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO begründete Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts fehlt für den Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Verfügung vom 25.04.2002 wiederherzustellen, jedoch bereits das Rechtsschutzbedürfnis, da das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 78 LBG aufgrund des Abs. 1 Satz 2 dieser Bestimmung gegenstandslos geworden ist.
Danach erlischt das Verbot kraft Gesetzes, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen den Beamten u.a. ein auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist. Darüber hinaus dürfte die Erlöschensautomatik aber auch dann eintreten, wenn ein solches Verfahren - wie hier - zwar rechtzeitig eingeleitet wurde, der Erlass einer auf die Beendigung des Beamtenverhältnisses zielenden Verfügung jedoch mangels Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen scheitert. Dafür spricht insbesondere der Zweck des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte als bloße Überbrückungsmaßnahme von nur vorübergehender Dauer, die bis zur endgültigen Klärung der Angelegenheit eine einstweilige Regelung trifft (vgl. zur entspr. bundesrechtlichen Vorschrift nur Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, BBG/BeamtVG, § 60 Rdnr. 7, sowie Bayer. VGH, Beschluss vom 27.11.1986, Schütz, BeamtR ES/B I 2.2 Nr. 3). Stellt sich nach Abschluss der Prüfung heraus, dass die vom Dienstherrn vorgetragenen Gründe eine Beendigung des Beamtenverhältnisses - zumindest derzeit - nicht tragen, wird der befristeten Entbindung des Beamten von der Wahrnehmung seines Dienstpostens die rechtliche Grundlage entzogen. Anderenfalls hätte es der Dienstherr in der Hand, den Beamten dauerhaft von seiner Amtsausübung fernzuhalten, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Dies widerspräche der Intention des § 78 Abs. 1 LBG, den Anspruch des Beamten auf amtsgemäße Beschäftigung nur temporär auszusetzen .
Ausgehend hiervon ist das vom Antragsgegner rechtzeitig eingeleitete Verfahren mit dem Ziel, die Antragstellerin wegen Dienstunfähigkeit gem. § 55 LBG in den Ruhestand zu versetzen, am 01.07.2002 - aus Sicht des Antragsgegners erfolglos - beendet worden. Zwar enthält das Landesverwaltungsverfahrensgesetz - im Gegensatz zu der Frage des Beginns des Verwaltungsverfahrens (vgl. §§ 9, 22 LVwVfG) - keine Regelung über das formelle Ende eines Verwaltungsverfahrens. Es versteht sich jedoch von selbst, dass ein von Amts wegen eingeleitetes Verfahren seinen Abschluss findet, wenn die Voraussetzungen für dessen Weiterführung nicht (mehr) gegeben sind. So liegen die Dinge hier. Aus dem an das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport gerichteten Schreiben des Finanzministeriums vom 01.07.2002 ergibt sich, dass dieses die angestrebte Zurruhesetzung der Antragstellerin für verfrüht hielt und deshalb sein Einvernehmen zur Versetzung in den Ruhestand ausdrücklich nicht erteilte. Damit war das vom Antragsgegner eingeleitete Verfahren abgeschlossen, denn ohne das erforderliche Einvernehmen des Finanzministeriums konnte der Antragsgegner sein Ziel, die Antragstellerin in den Ruhestand zu versetzen, jedenfalls auf der Grundlage des damaligen Sachstandes nicht mehr erreichen.
Dem steht nicht entgegen, dass das Oberschulamt Tübingen ausweislich seines Schreibens an die Antragstellerin vom 15.07.2002 davon ausging, das Zurruhesetzungsverfahren sei deswegen noch nicht beendet, weil die Antragstellerin nach Auffassung des Finanzministeriums verpflichtet sei, sich einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen. Denn tatsächlich hat das Finanzministerium im Schreiben vom 01.07.2002 lediglich auf die - unabhängig von einem Zurruhesetzungsverfahren bestehende - Befugnis des Oberschulamtes hingewiesen, die Antragstellerin zur Ergreifung der zur Wiederherstellung ihrer vollen Dienstfähigkeit erforderlichen Maßnahmen aufzufordern und eine etwaige Weigerung der Antragstellerin gegebenenfalls disziplinarrechtlich zu ahnden. Die entsprechende Verpflichtung der Antragstellerin ergibt sich insoweit aus § 73 Satz 1 LBG, wonach sich der Beamte mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen hat. Damit obliegt es ihm auch, seine Arbeitskraft im Interesse des Dienstherrn nicht nur zu erhalten, sondern auch die beschränkte oder verlorene Arbeitskraft bestmöglich wiederherzustellen (vgl. Beschluss des Senats vom 29.10.1996 - 4 S 2393/96 -, DVBl 1997, 377). Die Erfüllung dieser allgemeinen, aus dem Beamtenverhältnis resultierenden Pflicht war jedoch strikt von dem vom Antragsgegner am 23.04.2002 eingeleiteten Verfahren zur Versetzung der Antragstellerin in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit zu trennen. Dass dieses Verfahren mit der Versagung des Einvernehmens auch nach Auffassung des Finanzministeriums bereits erfolglos abgeschlossen war, ergibt sich insbesondere aus dessen abschließendem Vorschlag im Schreiben vom 01.07.2002, das Ende der angeregten psychotherapeutischen Behandlung abzuwarten und anschließend auf der Grundlage einer erneuten amtsärztlichen Begutachtung über die Dienstfähigkeit der Antragstellerin (erneut) zu entscheiden. Eine solche Vorgehensweise war aus Sicht des Finanzministeriums deswegen angezeigt, weil jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt die Voraussetzungen für eine Zurruhesetzung noch nicht vorlagen.
Ist danach die Verbotsverfügung vom 23.04.2002 gegenstandslos geworden, so kann über den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen diese Maßnahme keine Sachentscheidung mehr getroffen werden. Die Antragstellerin kann insbesondere nicht damit gehört werden, sie habe ein berechtigtes Interesse auf Feststellung, der Sofortvollzug des Verwaltungsaktes sei "in Wegfall geraten".
Eine entsprechende Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil das Feststellungsinteresse, das einen solchen Antrag allein rechtfertigt, in einem Eilverfahren nicht befriedigt werden kann. Die aufgrund summarischer Prüfung ergehende Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung dient der Regelung eines vorläufigen Zustandes. Sie führt jedoch nicht zu einer rechtskräftigen Klärung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts. Eine verbindliche Entscheidung über diese Frage trotz zwischenzeitlicher Erledigung der Hauptsache herbeizuführen ist aber gerade Sinn der Regelung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO; sie ist daher nur in einem Hauptsacheverfahren möglich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.01.1995, Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 17; Bayer. VGH, Beschluss vom 26.05.1997, BayVBl 1998, 185; Beschluss des Senats vom 26.05.1987 - 4 S 1484/86 -, NVwZ 1988, 747). Darüber hinaus wäre Gegenstand der Entscheidung des Senats allein die Frage, ob zwischen April und Juli 2002 das Interesse des Antragsgegners an dem Sofortvollzug des angeordneten Verbots der Führung der Dienstgeschäfte höher einzuschätzen war als das gegenteilige Interesse der Antragstellerin. Eine vergleichbare Situation könnte sich gerade angesichts der unklaren gesundheitlichen Entwicklung der Antragstellerin künftig in ganz anderem Lichte darstellen. Das gilt insbesondere für die die Frage der Rechtmäßigkeit eines auf einer neuen Tatsachenbasis gründenden und vom Antragsgegner deshalb für erforderlich gehaltenen (erneuten) Verbots der Führung der Dienstgeschäfte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 47, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG n.F. Wegen der besonderen Bedeutung des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes in Fällen der vorliegenden Art hält der Senat die Festsetzung des ungekürzten Auffangstreitwerts gemäß § 52 Abs. 2 GKG n.F. für angemessen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Ende der Entscheidung
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