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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 19.03.2009
Aktenzeichen: 4 S 3311/08
Rechtsgebiete: PostPersRG, BBesG
Vorschriften:
PostPersRG § 4 Abs. 1 | |
PostPersRG § 4 Abs. 2 Satz 2 | |
PostPersRG § 8 | |
BBesG § 18 |
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Zuweisung
hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO
hat der 4. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg
am 19. März 2009
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 27. November 2008 - 5 K 2315/08 - wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.
Gründe:
Die fristgerecht eingelegte (§ 147 Abs. 1 VwGO) und begründete (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Prüfung der von der Antragsgegnerin dargelegten Gründe, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern sein soll und auf deren Prüfung das Beschwerdegericht sich grundsätzlich zu beschränken hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ergibt nicht, dass das Verwaltungsgericht auf Antrag des Antragstellers gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den für sofort vollziehbar erklärten Bescheid der Antragsgegnerin vom 08.10.2008, mit dem ihm dauerhaft eine Tätigkeit als Service bzw. Call Center Agent im Unternehmen Vivento Customer Services GmbH (im Folgenden: VCS) zugewiesen wurde, zu Unrecht wiederhergestellt hat. Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung mit Zweifeln an der Amtsangemessenheit der dem Antragsteller zugewiesenen Tätigkeit begründet. Auch der Senat vermag dies aufgrund des Beschwerdevorbringens nicht anders zu beurteilen und damit ein öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug der Zuweisungsverfügung nicht festzustellen.
Das Verwaltungsgericht hat erwogen: Gemäß § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG setze die dauerhafte Zuweisung einer Tätigkeit bei einem Tochterunternehmen der Deutschen Telekom AG u.a. voraus, dass die zugewiesene Tätigkeit dem statusrechtlichen Amt des Beamten entspreche. Vorliegend bestünden gravierende Bedenken dagegen, dass die dem Antragsteller bei der VCS zugewiesene Tätigkeit als Service Center Agent amtsangemessen sei. Diese Zweifel ergäben sich bereits daraus, dass - wie die Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung selbst einräume - das Tochterunternehmen VCS Aufgabenbeschreibungen der dem Antragsteller zugewiesenen Tätigkeit erstellt habe, die ein deutlich niedrigeres Aus- und Vorbildungsniveau voraussetzten, als es die Antragsgegnerin mit Hinweis auf die Anforderungsprofile "B" und "B+" ihrer "Checkliste Konzerninterne/Konzernexterne Zuweisung" nunmehr behaupte. Eigentlich sollte das Unternehmen VCS selbst am besten dazu in der Lage sein, die Anforderungen an die bei ihm als Service Center Agent tätigen Arbeitnehmer zu beschreiben. Auch die "Kurzbeschreibung der Aufgaben" in der genannten "Checkliste" lege eher nahe, dass es sich bei der zugewiesenen Tätigkeit um die eines (besseren?) Telefonverkäufers handele. Eine derartige Tätigkeit dürfte für einen Beamten des mittleren Dienstes, der als Einstellungsvoraussetzung einen Realschulabschluss oder eine abgeschlossene Berufsausbildung habe vorweisen und einen Vorbereitungsdienst sowie eine Laufbahnprüfung habe absolvieren müssen, schwerlich amtsangemessen sein. Vor diesem Hintergrund spreche einiges dafür, dass die "Checkliste", das dort verwendete Anforderungsprofil und die Aufgabenbeschreibung - unter Verwendung zahlreicher dem Marketing entlehnter Fachtermini - vornehmlich dem Zweck dienten, möglichst viele Beamte "zuweisungsfähig" im Sinne von § 4 Abs. 4 PostPersRG zu machen. Hiergegen wendet die Antragsgegnerin sich ohne Erfolg.
Sie macht geltend, es seien - wie sie eingeräumt habe - Aufgabenbeschreibungen des Service Center Agenten verwendet worden, bei denen es sich hinsichtlich der Schul- und Berufsausbildung und der Erfahrung um eine unvollständige und nicht eindeutig aussagefähige Unterlage der Tochtergesellschaft VCS handele. Hier sei bei nichtbeamteten Bewerbern wenigstens ein Schulabschluss oder gleichwertiger Bildungsstand Voraussetzung, der auch zum Zugang zur Laufbahn des mittleren Dienstes berechtige. Um weitere Irritationen zu vermeiden, werde die Unterlage der VSC bei weiteren Zuweisungen nicht mehr verwendet, sondern nur noch, wie auch grundsätzlich vorgesehen, die Aufgabenbeschreibung, die eindeutige Aussagen hinsichtlich des Anforderungsprofils enthalte. Mit diesem Vorbringen bestätigt die Antragsgegnerin die Verwendung unterschiedlicher Aufgabenbeschreibungen. Die hierauf gestützten Zweifel des Verwaltungsgerichts an einer amtsangemessenen Beschäftigung des Antragstellers als Service bzw. Call Center Agent werden damit aber nicht ausgeräumt. Hierfür hätte die Antragsgegnerin nachvollziehbar darlegen müssen, woraus sich die - nach ihrer Einschätzung - amtsangemessene Beschäftigung des Antragstellers ergibt. Insoweit stellt § 8 PostPersRG i.V.m. § 18 BBesG klar, dass auch im Bereich der Postnach-folgeunternehmen der Grundsatz der funktionsgerechten Ämterbewertung gilt, dessen Anwendung für die Erfüllung der Ansprüche auf amtsangemessene Beschäftigung erforderlich ist (BVerwG, Urteil vom 22.06.2006 - 2 C 26/05 -, BVerwGE 126, 182). Die Gleichwertigkeit der einem Beamten übertragenen Tätigkeit bei einem Postnachfolgeunternehmen ist dabei aufgrund eines Funktionsvergleichs mit den Tätigkeitsbereichen bei der (ehemaligen) Deutschen Bundespost zu beurteilen. Nur eine nach diesem Maßstab gleichwertige Tätigkeit ist eine amtsangemessene Beschäftigung im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG (BVerwG, Urteil vom 18.09.2008 - 2 C 126.07 -, NVwZ 2009, 187). Dass dies hier der Fall wäre, hat die Antragsgegnerin auch mit ihrem Beschwerdevorbringen nicht nachvollziehbar dargelegt.
Die Antragsgegnerin trägt insoweit vor, die Bewertung und die Feststellung, ob eine amtsentsprechende Tätigkeit vorliege, regele sich bei einer Zuweisung nach der - vorgelegten - Anlage 4 des Zuweisungsleitfadens. Die Wertigkeitsprüfung werde dabei - zentral bei der Konzernmutter - anhand der Tätigkeitsbeschreibung nach einer summarischen Betrachtung und entsprechenden Quervergleichen vorgenommen. Für die summarische Methode sei charakteristisch, dass die Arbeitsschwierigkeit in ihrer Gesamtheit eingeschätzt werde. Die verschiedenen Bewertungsmerkmale wie Berufsausbildung und Erfahrung, selbständiges Arbeiten, Kommunikation, Umsatz- und Budgetverantwortung und soziale Kompetenzen würden dabei zwar in die Wertung einbezogen, aber nicht im Einzelnen gewürdigt. Beim Quervergleich werde die ausgeübte Tätigkeit mit Funktionen bei der Deutschen Telekom AG gespiegelt. Im Vorfeld der im Jahr 2006 anstehenden Zuweisungen von Tätigkeiten des Call Center Agenten an Beamtinnen und Beamte der Deutschen Telekom AG und auch zwischenzeitlich sei eine entsprechende Prüfung der Bewertung dieser Aufgaben durchgeführt worden, bei der auch der Aspekt des eigenverantwortlichen Handelns betrachtet worden sei. Aus dieser (sehr) allgemeinen Beschreibung der Antragsgegnerin, die dabei wiederholt auf den ihr zustehenden (organisatorischen) Gestaltungs- und Bewertungsspielraum verweist, lässt sich die (dauerhafte) Amtsangemessenheit der vorgesehenen "Tätigkeit" des Antragstellers als Service bzw. Call Center Agent - hieran knüpft die Wertigkeit an - nicht herleiten. Der von der Antragsgegnerin gezogene Vergleich mit dem früher im Back Office tätigen Agenten KT 1000, der der Entgeltgruppe T 5 bzw. Beamten mit A 8 und A 9 zugeordnet worden sei, ist ebenfalls nicht ohne Weiteres nachvollziehbar, da sich die Tätigkeitsbeschreibung des Agenten Back Office KT 1000 u.a. mit der Wahrnehmung von Aufgaben des Redaktionsdienstes und bei Bedarf auch von Aufgaben aus dem Bereich Front Office KT 1000 und Teilaufgaben aus dem PBO von der Tätigkeitsbeschreibung eines Service bzw. Call Center Agenten doch auch aus eigener Sicht in wertprägenden Bereichen unterscheidet. Die notwendigen Erläuterungen sind dem Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin nicht zu entnehmen. Ferner ergibt sich daraus nicht in hinreichendem Maß, warum das als Service bzw. Call Center Agent wahrzunehmende Aufgabenspektrum "so breitbandig angelegt ist", dass eine Beschäftigung sowohl für die Besoldungsgruppen A 6 und A 7 als auch für die Besoldungsgruppen A 7 bis A 9 amtsentsprechend möglich sein soll. Die Antragsgegnerin beschränkt sich insoweit auf die Wiedergabe des in der Tätigkeitsbeschreibung angekreuzten Anforderungsprofils (B+) und den Hinweis, dass die Bezeichnung von Call Center Agent in Service Center Agent geändert worden sei. Im Übrigen bestehen auch grundsätzliche(re) Bedenken gegen die angefochtene Zuweisungsverfügung, weil sie mit der bloßen Bezeichnung "Service Center Agent" nicht - wie geboten - selbst sicherstellt, dass der dem Antragsteller zugeteilte Aufgabenkreis auf Dauer seinen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung erfüllt (vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.03.2009 - 1 B 1650/08 -, Juris).
Weiter vermag der Verweis der Antragsgegnerin auf die in § 4 Abs. 1 PostPersRG enthaltene Fiktion, wonach die berufliche Tätigkeit als Dienst gilt, sowie die in § 8 PostPersRG enthaltene Regelung, wonach § 18 BBesG mit der Maßgabe Anwendung findet, dass gleichwertige Tätigkeiten bei den Aktiengesellschaften als amtsgemäße Funktionen gelten, die vom Verwaltungsgericht aufgezeigten Zweifel an einer amtsangemessenen Beschäftigung des Antragstellers nicht auszuräumen. Denn der Anspruch des Beamten auf eine amtsangemessene Beschäftigung bleibt als solcher hiervon unberührt. Das Postpersonalrechtsgesetz enthält keine Regelung, die es gestattet, Beamte, deren Tätigkeitsbereich durch Rationalisierungs- oder Umstrukturierungsmaßnahmen weggefallen ist, auf unbestimmte Zeit nicht mehr amtsangemessen zu beschäftigen (BVerwG, Urteil vom 18.09.2008 a.a.O.). Ebenso wenig genügt der allgemeine Hinweis der Antragsgegnerin auf ihr Organisationsermessen und einen sehr weiten Gestaltungsspielraum bei der Prüfung und Einordnung der Wertigkeit der Aufgaben bzw. Tätigkeiten der Bediensteten, um die vom Verwaltungsgericht aufgezeigten Zweifel zu beseitigen.
Entgegen der Meinung der Antragsgegnerin unter Verweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 15.12.2008 (- 13 A 5528/08 -) und den Beschluss des Verwaltungsgerichts Saarlouis vom 19.04.2006 (- 2 F 21/06 -) ist die Frage der amtsangemessenen Beschäftigung im Zusammenhang mit der Zuweisung der Tätigkeit eines Service bzw. Call Center Agenten bei der VCS in der Rechtsprechung noch nicht in ihrem Sinne abschließend geklärt (vgl. hierzu nur: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.03.2009, a.a.O., und OVG Niedersachsen, Beschluss vom 27.01.2009 - 5 ME 427/08 -, Juris). Der Senat kann nach alledem offen lassen, ob - wie das Verwaltungsgericht meint - zusätzliche Zweifel an einer amtsangemessenen Beschäftigung des Antragstellers auch durch die in den Akten befindliche Liste der VCS vom 09.07.2008 über die "Beabsichtigte Einstellung - als Service Center Agent - gem. § 99 Abs. 1 BetrVG" hervorgerufen werden, weil danach Beamte der Besoldungsstufe A 7 bis A 12 dauerhaft oder vorübergehend als Service Center Agenten eingesetzt würden und selbst unter Berücksichtigung der beamtenrechtlichen Möglichkeiten einer (zeitweisen) Beschäftigung "unter Wert" eine derartige Praxis von § 4 Abs. 4 PostPersRG rechtlichen Bedenken im Hinblick auf Art. 33 Abs. 5 GG begegne. Zutreffend weist die Antragsgegnerin insoweit allerdings darauf hin, dass eine fehlerhafte Zuweisung anderer Beamter mit unterschiedlichen Besoldungsstufen keine Auswirkungen auf die Frage der amtsangemessenen Beschäftigung des Antragstellers hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG (Hälfte des Hauptsachestreitwerts von 5.000,-- EUR).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Ende der Entscheidung
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