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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 02.08.2004
Aktenzeichen: 4 S 399/03
Rechtsgebiete: VAHRG, BeamtVG, BGB


Vorschriften:

VAHRG § 5 Abs. 1
BeamtVG § 57 Abs. 1
BGB §§ 1569 ff.
BGB § 1585c
BGB §§ 1601 ff.
Ein Anspruch auf Unterhalt im Sinne von § 5 Abs. 1 VAHRG ist nicht gegeben, wenn in einem Unterhaltsvergleich die geschiedene Ehefrau gegenüber ihrem früheren Ehemann auf nachehelichen Unterhalt verzichtet, dieser sich aber verpflichtet, seine frühere Ehefrau von Ansprüchen der gemeinsamen Kinder auf Ausbildungsunterhalt freizustellen.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

4 S 399/03

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Kürzung der Versorgungsbezüge

hat der 4. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Brockmann und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Breunig und Dr. Schütz ohne mündliche Verhandlung

am 2. August 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08. Juli 2002 - 17 K 4155/01 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Kürzung von Versorgungsbezügen.

Die Ehe des Klägers, eines Fachhochschulprofessors, wurde durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts N. vom 27.11.1984 geschieden. Der Kläger wurde zum Versorgungsausgleich verpflichtet. Zu Lasten seiner beamtenrechtlichen Versorgungsanwartschaft wurden monatliche Rentenanwartschaften in Höhe von 403,11 DM begründet. Der Kläger wurde zu nachehelichen Unterhaltsleistungen an seine geschiedene Ehefrau verurteilt. Die elterliche Sorge für die gemeinsame Tochter C. wurde dem Kläger übertragen; unterhaltspflichtig ihr gegenüber wurde die geschiedene Ehefrau. Die elterliche Sorge für die gemeinsame Tochter B. erhielt hingegen die Ehefrau; entsprechend wurde der Kläger zur Leistung von Unterhalt an B. verpflichtet.

Am 23.03.1995 schlossen der Kläger und seine geschiedene Ehefrau vor dem Oberlandesgericht K. einen Vergleich zur Beendigung eines von der Ehefrau angestrengten Rechtsstreits hinsichtlich der zukünftigen Regelung des nachehelichen Unterhalts und des Kindesunterhaltes mit folgendem Wortlaut:

"§ 1: Der Beklagte hat an die Klägerin zur Abgeltung eventueller restlicher Unterhaltsansprüche für die Zeit bis zum 31.12.1994 noch 8.400,00 DM zu zahlen.

§ 2: Für die Zeit ab 01.01.1995 verzichtet die Klägerin gegenüber dem Beklagten auf nachehelichen Unterhalt. Der Beklagte nimmt diesen Verzicht an.

§ 3: Der Beklagte verpflichtet sich gegenüber der Klägerin, sie von Ansprüchen auf Ausbildungsunterhalt der beiden Töchter der Parteien freizustellen."

Der Kläger wurde mit Ablauf des 31.08.2000 in den Ruhestand versetzt. Mit Bescheid vom 23.05.2000 kürzte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg die Versorgungsbezüge des Klägers ab dem 01.09.2000 gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG um monatlich 612,44 DM, was dem nach § 57 Abs. 2 BeamtVG dynamisierten Wert der vom Versorgungsausgleich erfassten Anwartschaften entsprach.

Mit Schreiben vom 25.07.2000 beantragte der Kläger, die Kürzung seiner Versorgungsbezüge gemäß § 5 VAHRG auszusetzen. Zur Begründung führte er aus, seine geschiedene Ehefrau beziehe noch keine Rente. Er sei ihr zwar nicht mehr zum Unterhalt verpflichtet, habe sie aber nach dem Inhalt des geschlossenen Vergleichs von ihrer Unterhaltspflicht gegenüber beiden Töchtern freigestellt. An die Stelle des früher von ihm geschuldeten nachehelichen Ehegattenunterhalts sei die Freistellung seiner ehemaligen Frau von den Unterhaltsansprüchen der beiden Töchter getreten. Diesen zahle er monatlich 1.100,00 DM Unterhalt, was der Höhe nach dem Ehegattenunterhalt entspreche.

Mit Bescheid vom 16.08.2000 lehnte das Landesamt die Aussetzung der Kürzung der Versorgungsbezüge ab. Zur Begründung gab es an, die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 VAHRG seien nicht gegeben, da der Kläger seiner geschiedenen Ehefrau nach dem Vergleich nicht mehr zur Gewährung von nachehelichem Unterhalt verpflichtet sei. Der den Töchtern geleistete Unterhalt stelle Kindesunterhalt und nicht nachehelichen Ehegattenunterhalt dar.

Den dagegen eingelegten Widerspruch wies das Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2001 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus, der Kläger sei nicht mehr zum nachehelichen Unterhalt gegenüber seiner früheren Ehefrau verpflichtet.

Der Kläger hat am 22.10.2001 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und beantragt, den Bescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 16.08.2000 und dessen Widerspruchsbescheid vom 27.09.2001 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Kürzung seiner Versorgungsbezüge gemäß seinem Antrag vom 25.07.2000 vorläufig auszusetzen. Zur Begründung hat er vorgetragen, er habe materiell keinen Unterhaltsverzicht erklärt. Zwar sei er infolge des Vergleichs allein zur Unterhaltszahlung an seine Töchter und nicht mehr an seine geschiedene Ehefrau verpflichtet worden. Dadurch sei seine frühere Ehefrau aber von ihren Unterhaltsverpflichtungen gegenüber den gemeinsamen Töchtern freigestellt worden, was für sie einen wirtschaftlichen Vorteil bedeute. Dieser Vorteil sei so zu bewerten, wie wenn § 2 des Vergleichs als Leistung an Erfüllung Statt durch Übernahme der Unterhaltsverpflichtung gegenüber den Töchtern formuliert worden wäre. Der Unterhaltsanspruch gegenüber der geschiedenen Ehefrau sei durch deren Freistellung von Unterhaltsansprüchen der Töchter ersetzt worden.

Mit Urteil vom 08.07.2002 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt: Zwar würden gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG die Versorgungsbezüge eines Beamten gekürzt, soweit der Beamte aus einem Versorgungsausgleich nach § 1587b Abs. 2 BGB gegenüber seinem geschiedenen Ehegatten verpflichtet sei. Eine Kürzung werde aber gemäß § 5 Abs. 1 VAHRG nicht vorgenommen, solange der aus dem Versorgungsausgleich Berechtigte aus dem erworbenen Anrecht noch keine Rente erhalten habe und gleichzeitig einen Anspruch auf Unterhalt gegen den aus dem Versorgungsausgleich Verpflichteten habe. § 5 VAHRG sei eine pauschalierende Regelung, die allein auf das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs abstelle und auf einen Nachweis tatsächlich erbrachten Unterhalts verzichte; ebenso wenig komme es auf eine bestimmte Form der Unterhaltsgewährung an. § 5 VAHRG solle vielmehr eine Doppelbelastung des Versorgungsempfängers vermeiden, der sich einer Kürzung der Versorgungsbezüge einerseits und der Erfüllung einer Unterhaltspflicht andererseits ausgesetzt sehen könnte. Ein Anspruch auf Unterhalt im Sinne des § 5 VAHRG bestehe aber auch dann, wenn der Unterhaltsberechtigte auf weitere Unterhaltsleistungen des Verpflichteten gegen Zahlung einer Abfindung verzichtet habe. Der vorliegende Fall sei nicht anders zu beurteilen, weil die geschiedene Ehefrau des Klägers, die noch keine Rente erhalte, zwar nicht gegen Abfindung auf ihren Unterhaltsanspruch verzichtet habe, jedoch gegen Freistellung von ihren eigenen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber ihren Töchtern durch den Kläger. Auch hier drohe die vom Gesetzgeber nicht gewollte Doppelbelastung, müsste der Kläger die Kürzung seiner Versorgungsbezüge hinnehmen und zugleich Unterhalt in einem über den im Scheidungsurteil bestimmten Umfang hinaus an seine Töchter leisten. Der materielle Anspruch auf Unterhalt der geschiedenen Ehefrau bestehe im Sinne des § 5 VAHRG trotz des vor dem Oberlandesgericht K. geschlossenen Vergleichs fort. Der Kläger erfülle diesen Anspruch seit Vergleichsschluss durch Zahlungen an seine Töchter und damit zugleich gemäß § 364 BGB seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner geschiedenen Ehefrau. Erst wenn die Töchter keinen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt mehr hätten, entfalle auch der Anspruch auf Unterhalt im Sinne des § 5 VAHRG, da ab dieser Zeit die geschiedene Ehefrau materiell auch auf ihren Unterhaltsanspruch verzichtet habe.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist dem Beklagten am 01.08.2002 zugestellt worden. Der Beklagte hat am 30.08.2002 beim Verwaltungsgericht beantragt, die Berufung gegen das Urteil zuzulassen. Mit Beschluss vom 17.02.2003 - 4 S 2071/02 - hat der erkennende Senat die Berufung zugelassen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08. Juli 2002 - 17 K 4155/01 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor, das Bestehen eines Anspruchs im Sinne des § 5 VAHRG sei alleine nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Danach könne Unterhalt auch durch Abfindung in Kapital oder nach Vereinbarung der Eheleute in anderer Weise geleistet werden, wie sich aus den §§ 1585 Abs. 2 und 1585c BGB ergebe. Die Verpflichtung des Klägers zum nachehelichen Unterhalt bestehe nicht mehr. Die Freistellung der geschiedenen Ehefrau von Unterhaltsverpflichtungen gegenüber den Töchtern sei nicht an die Stelle der Pflicht zur Leistung nachehelichen Ehegattenunterhalts getreten, weil die Töchter nicht mehr unterhaltsberechtigt seien. C. sei seit 1998 verheiratet und B. habe seit August 2001 ihre Ausbildung absolviert und verfüge über eigenes Einkommen. Zudem sei die Summe, die die geschiedene Ehefrau durch die Freistellung von der Unterhaltspflicht gegenüber ihrer Tochter C. erspart habe, sehr gering. Da der Verzicht und die Gegenleistung sich nicht annähernd entsprochen hätten, sei keine Doppelbelastung des Klägers eingetreten. Schließlich sei eine Freistellung nur für den Ausbildungsunterhalt vereinbart worden, nicht aber für den Fall, dass sich ein Unterhaltsanspruch gegen die geschiedene Ehefrau aus anderen Gründen ergebe.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts. Ergänzend führt er aus, er sei seinen Töchtern weiterhin zur Gewährung von Ausbildungsunterhalt verpflichtet. Außerdem komme es aufgrund des pauschalierenden Charakters des § 5 VAHRG nicht darauf an, dass sich bei einer Unterhaltsleistung durch Abfindung Verzicht und Gegenleistung einander in etwa entsprächen. Ob der frühere Ehegatte durch die Vereinbarung von Ersatzleistungen ein "gutes Geschäft" oder ein "schlechtes Geschäft" gemacht habe, sei daher gleichgültig.

Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts und des Beklagten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Akten des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).

Die vom Senat zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der zulässigen Verpflichtungsklage des Klägers zu Unrecht stattgegeben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Aussetzung der Kürzung seiner Versorgungsbezüge (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), denn er ist seiner früheren Ehefrau gegenüber nicht mehr zum nachehelichen Unterhalt verpflichtet.

Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich vom 21.02.1983 (BGBl. I 105 - VAHRG -). Danach wird die Versorgung des Verpflichteten nicht aufgrund des Versorgungsausgleichs gekürzt, solange der Berechtigte aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine Rente erhalten kann und er gegen den Verpflichteten einen Anspruch auf Unterhalt hat oder nur deshalb nicht hat, weil der Verpflichtete zur Unterhaltsleistung wegen der auf dem Versorgungsausgleich beruhenden Kürzung seiner Versorgung außerstande ist. Die Vorschrift zieht die Konsequenz aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach die Regelungen über den Versorgungsausgleich (§§ 1587 ff. BGB) zwar grundsätzlich verfassungsgemäß sind, unter dem Blickwinkel der Art. 14 Abs. 1 und 33 Abs. 5 GG aber eine ergänzenden Regelung für die Fälle geboten war, in denen eine spürbare Kürzung der Versorgungsbezüge des Ausgleichspflichtigen (§ 57 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG) dem Berechtigten nicht hinreichend zugute kommt (vgl. BVerfG, Urteil vom 28.02.1980, BVerfGE 53, 257 = NJW 1980, 692, 696). Neben dem Fehlen eines Anspruchs des Ausgleichsberechtigten auf Rente aus der für ihn begründeten Rentenanwartschaft ist es danach erforderlich, dass der zum Ausgleich Verpflichtete weiterhin dem Unterhaltsanspruch des Berechtigten ausgesetzt ist, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Unterhaltspflicht durch Zahlung einer Geldrente (vgl. § 1585 Abs. 1 BGB) fortlaufend oder durch Zahlung einer Abfindung in Kapital (vgl. § 1585 Abs. 2 BGB) aufgrund einer Vereinbarung nach § 1585c BGB einmalig, aber auch die zukünftige Verpflichtung betreffend, erfüllt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.07.1999, BVerwGE 109, 231 = NJW-RR 2000, 145). Anspruch auf Unterhalt im Sinne von § 5 Abs. 1 VAHRG ist aber nur ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch nach Maßgabe der Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über den nachehelichen Unterhalt (§§ 1569 ff. BGB) oder ein Anspruch, der auf einer vertraglichen Konkretisierung bzw. Ausgestaltung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs beruht. Die Beschränkung auf gesetzliche Unterhaltsansprüche im Sinne der §§ 1569 ff. BGB lässt sich zwar dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 VAHRG nicht entnehmen, ergibt sich aber aus dem objektiven Zweck des Gesetzes, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.02.1980 (a.a.O.) umzusetzen. Regelungsbedürftige Härten bestanden, wie sich aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ergibt, nur in den Fällen, in denen der aus dem Versorgungsausgleich Berechtigte gegenüber dem Verpflichteten auf Unterhalt "angewiesen" war. Maßstab hierfür kann deshalb nur die gesetzliche Regelung über nacheheliche Unterhaltsansprüche nach den §§ 1569 ff. BGB sein. Besteht aufgrund einer darüber hinausgehenden, eigenständigen zivilrechtlichen Vereinbarung ein Unterhaltsanspruch anderer Art, der über eine Konkretisierung der nachehelichen Unterhaltsansprüche hinausgeht, ist der daraus Berechtigte nicht im Sinne der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts auf den Unterhalt "angewiesen". Danach ist § 5 Abs. 1 VAHRG dahin auszulegen, dass nur das Bestehen eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs nach Maßgabe der §§ 1569 ff. BGB als eines Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt bzw. eines vertraglichen Anspruchs, der diese gesetzliche Regelung konkretisiert (vgl. § 1585c BGB), eine Kürzung der Versorgung ausschließt (vgl. im Einzelnen Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.06.2000, RiA 2001, 298 = FamRZ 2001, 1151 m.w.N.; Bayerischer VGH, Urteil vom 09.10.1996, DÖD 1997, 202; BSG, Urteil vom 12.04.1995, NJW-RR 1996, 897 = NZS 1996, 121; Gräper, in: Münchener Kommentar, BGB, Bd. 7, 4. Aufl., 2000, § 5 VAHRG RdNrn. 25, 26 und 28).

Dementsprechend erfasst der für die Anwendung des § 5 Abs. 1 VAHRG erforderliche "Anspruch auf Unterhalt" beispielsweise nicht den im Falle einer Wiederheirat der geschiedenen Ehegatten (erneut) entstehenden Anspruch auf Familienunterhalt gemäß § 1360 BGB, der sich ebenfalls von den nachehelichen Unterhaltsansprüchen nach den §§ 1569 ff. BGB wesensmäßig unterscheidet (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 31.03.2003, NJW-RR 2003, 1157 = IÖD 2003, 150).

Für die danach gebotene Beschränkung der in Betracht kommenden Unterhaltsansprüche auf die gesetzlich begründeten nachehelichen Ansprüche spricht schließlich die Erwägung, dass § 5 Abs. 1 VAHRG als Ausnahmevorschrift einer ausdehnenden Auslegung oder Analogie nicht zugänglich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.09.1990, Buchholz 239.1 § 57 BeamtVG Nr. 6 = ZBR 1991, 88).

Nach diesen Maßstäben sind die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 VAHRG im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Denn der materielle "Anspruch auf Unterhalt" der geschiedenen Ehefrau des Klägers bestand als gesetzlich begründeter nachehelicher Anspruch im Sinne der §§ 1569 ff. BGB nur bis zum 31.12.1994 und war deshalb beim Eintritt des Versorgungsfalles des Klägers bereits erloschen. Dies ergibt sich aus den §§ 1 und 2 des zwischen dem Kläger und seiner früheren Ehefrau am 23.03.1995 vor dem Oberlandesgericht K. geschlossenen Vergleichs. Danach verzichtete die Ehefrau gegenüber dem Kläger ausdrücklich für die Zeit ab 01.01.1995 auf "nachehelichen" Unterhalt. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts bewirkte die in § 3 des Vergleichs von dem Kläger eingegangene und danach durch entsprechende Zahlungen erfüllte Verpflichtung, seine frühere Ehefrau von Ansprüchen der beiden gemeinsamen Töchter auf Ausbildungsunterhalt freizustellen, keine Fortdauer des bisherigen Anspruchs der früheren Ehefrau auf nachehelichen Unterhalt. Vielmehr erlangte die Ehefrau aufgrund dieser Vereinbarung einen Anspruch, der auf Freistellung von Ansprüchen auf Kindesunterhalt gerichtet war. Derartige Ansprüche betreffen nicht den nachehelichen Unterhalt im Sinne der §§ 1569 ff. BGB, sondern den davon zu unterscheidenden, zwischen Eltern und Kindern geschuldeten Unterhalt nach Maßgabe der §§ 1601 ff. BGB. Der darauf gerichtete Freistellungsanspruch der früheren Ehefrau stellt sich daher seinem Inhalt nach nicht als Anspruch auf nachehelichen Unterhalt, sondern als Anspruch auf Kindesunterhalt dar, der von § 5 Abs. 1 VAHRG nach den vorstehend erörterten Maßstäben nicht erfasst wird.

Zwar wird die Anwendbarkeit des § 5 Abs. 1 VAHRG nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Eheleute gemäß § 1585c BGB über den "nachehelichen" gesetzlichen Unterhaltsanspruch eine Vereinbarung, auch über eine Abfindung in Kapital (§ 1585 Abs. 2 BGB), geschlossen haben. Trägt eine solche Vereinbarung dem Bestehen des gesetzlichen Anspruchs auf den nachehelichen Unterhalt (§§ 1569 ff. BGB) Rechnung, so ist sie zu berücksichtigen. Ist eine Abfindung vereinbart worden, so ist diese an die Stelle des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs getreten. Dies setzt freilich voraus, dass sich die Abfindung ebenfalls auf den zu erbringenden nachehelichen Unterhalt bezieht und dessen Rechtsnatur teilt. Davon kann im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts jedoch nicht ausgegangen werden. Denn der Kläger hat zwar seiner früheren Ehefrau einen wirtschaftlichen Vorteil dadurch verschafft, dass er sie von Unterhaltsansprüchen der beiden gemeinsamen Töchter freigestellt hat; dies könnte mit Blick auf den gleichzeitig erklärten Verzicht der Ehefrau auf weiteren nachehelichen Unterhalt als eine Art der Abfindung angesehen werden. Durch diese Art der Abfindung hat sich der zugrundeliegende Anspruch der Töchter auf Kindesunterhalt (Ausbildungsunterhalt) nach den §§ 1601 ff. BGB aber seinem Wesen nach nicht in einen Anspruch auf nachehelichen Ehegattenunterhalt im Sinne der §§ 1569 ff. BGB umgewandelt, wie es zur Anwendbarkeit des § 5 Abs. 1 VAHRG erforderlich gewesen wäre. Vielmehr betrifft die von dem Kläger übernommene Freistellung allein die gegen seine frühere Ehefrau gerichteten Ansprüche der Töchter auf Kindesunterhalt. Eine Umwandlung in Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt der Ehefrau ist dadurch aber nicht erfolgt. Dabei ist es unerheblich, ob der Kläger mit den vereinbarungsgemäßen Zahlungen an seine Töchter zugleich deren Unterhaltsanspruch gegen ihre Mutter, etwa im Sinne des § 364 BGB, erfüllt hat und ob diese Art der Unterhaltsgewährung durch den Kläger zu dessen tatsächlicher Doppelbelastung geführt hat, weil seine Versorgungsbezüge gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG gekürzt worden sind, ohne dass er eine Entlastung erfahren hätten. Denn die dadurch begründete Härte ist durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.02.1980 (a.a.O.) nicht für verfassungswidrig erklärt worden. Vielmehr hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass es lediglich in bestimmten, von ihm im Einzelnen aufgeführten Härtefällen von Verfassungs wegen geboten sei, dass der Gesetzgeber zusätzliche Regelungen treffe, die es ermöglichen sollen, nachträglich eintretende grundrechtswidrige Auswirkungen des Versorgungsausgleichs zu verhindern. Zu diesen verfassungswidrigen Härtefällen gehören Fallgestaltungen der vorliegenden Art freilich nach dem Inhalt der verfassungsgerichtlichen Entscheidung nicht.

Angesichts dieser Rechtslage kommt es auf die weiteren von den Beteiligten vorgetragenen Erwägungen nicht an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss vom 02.08.2004

Der Streitwert wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Instanzen auf jeweils 8.141,53 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung und Änderung des Streitwerts beruht auf §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 25 Abs. 2 Satz 2 GKG a.F.. In beamtenrechtlichen Streitigkeiten betreffend einen sogenannten Teilstatus bemisst der Senat den Streitwert regelmäßig in Höhe des zweifachen Jahresbetrags (26-fachen Monatsbetrags) der Differenz zwischen dem Teilstatus, den der Beamte innehat, und dem Teilstatus, den er erstrebt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.09.1999, NVwZ-RR 2000, 188). In Verfahren betreffend die Kürzung von Versorgungsbezügen nach § 57 BeamtVG bemisst sich dementsprechend der Streitwert nach dem zweifachen Jahresbetrag der vorgenommenen Kürzung. § 17 Abs. 3 und 4 GKG a. F. werden nicht angewandt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F.).

Ende der Entscheidung

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