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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 21.10.2005
Aktenzeichen: 4 S 740/05
Rechtsgebiete: VwGO, LVwVfG, LJKG
Vorschriften:
VwGO § 80 | |
VwGO § 123 | |
LVwVfG § 35 Satz 1 | |
LJKG § 10 | |
LJKG § 11 |
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Gebührenanteil
hier: Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz
hat der 4. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Brockmann, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Breunig und den Richter am Verwaltungsgerichtshof Feldmann
am 21. Oktober 2005
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 04. März 2005 - 3 K 167/05 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.347,02 EUR festgesetzt.
Gründe:
Die zulässige, insbesondere innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO entsprechend den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO begründete Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu Recht abgelehnt. Die Prüfung der mit der Beschwerde dargelegten Gründe ergibt keine andere Beurteilung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass der Antrag, festzustellen, dass der Widerspruch (bzw. die Klage) des Antragstellers gegen die ihm am 14.12.2004 von dem Geschäftsstellenbeamten des Notariats xx xxxxxxx mitgeteilten Änderungen des Kostenansatzes und der Neuberechnung des Gebührenanteils in den Beurkundungssachen 2 UR 248/00, 2 UR 843/00 und 2 UR 1016/00 aufschiebende Wirkung hat, unzulässig ist. Dies gilt schon deshalb, weil die Maßnahme, gegen deren Vollziehung sich der Antragsteller wendet, keinen Verwaltungsakt darstellt. Fehlt es aber an einem der Vollziehung fähigen Verwaltungsakt, so scheidet § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO als Rechtsschutzalternative grundsätzlich aus (vgl. Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl., RdNr. 907 und 846 m.w.N.).
Die Mitteilung des Kostenbeamten vom 14.12.2004 über die Neuberechnung der Gebührenanteile und die beabsichtigte Absetzung im Monat Dezember 2004 ist, wie der Antragsgegner im Widerspruchsbescheid vom 14.06.2005 zutreffend ausgeführt hat, kein Verwaltungsakt im Sinne von § 35 Satz 1 LVwVfG. Abgesehen davon, dass es ersichtlich an der Form eines Verwaltungsakts fehlt, stellt sich diese Mitteilung bei objektiver Betrachtung aus der Sicht eines verständigen Empfängers (vgl. dazu BVerwG, Urteile vom 02.09.1999, BVerwGE 109, 283, vom 08.10.1998, BVerwGE 107, 264, und vom 26.06.1987, BVerwGE 78, 3) nicht als verbindliche, auf die Setzung einer Rechtsfolge gerichtete Regelung dar. Sie legte insbesondere keine Zahlungsverpflichtung auf, sondern diente der Information über Vorgänge in der Vergangenheit (Änderung des Kostenansatzes und Neuberechnung des Gebührenanteils) und beabsichtigte Maßnahmen in der Zukunft (Rotabsetzung). Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass damit eine öffentlich-rechtliche Forderung hoheitlich durch Leistungsbescheid geltend gemacht werden sollte und die Mitteilung des Kostenbeamten als Regelung zu verstehen war, die die Rechtsfolge möglicher Bestandskraft für sich in Anspruch nahm (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.06.1987, a.a.O.), bestehen nicht. Auch der Antragsteller hat gegenüber dem Verwaltungsgericht dargelegt, dass die Neufestsetzung der Gebührenanteile durch den Kostenbeamten nicht als wirksamer Leistungsbescheid gewertet werden kann. Diese Wertung ist im Übrigen mit Blick darauf zutreffend, dass auch der - erstmaligen - Berechnung und Eintragung der Gebührenanteile in das Gebührenanteilsverzeichnis keine Verwaltungsaktsqualität zukommt. Durch die Eintragung der dem jeweiligen Notar zustehenden Gebührenanteile (vgl. § 10 Abs. 2, § 11 LJKG) in das Gebührenanteilsverzeichnis legt der Kostenbeamte aus der Sicht des Notars ihm gegenüber nicht verbindlich fest, was für ihn rechtens ist. Die Eintragung dient vielmehr lediglich der vorläufigen Berechnung der jedem Notar zur Vereinfachung des Abrechnungsverfahrens bereits vor endgültiger Vereinnahmung der Gebühr in die Staatskasse auszuzahlenden Beträge (vgl. dazu - und zur Verfahrensweise bei nachträglichen Änderungen - Ziff. 1.3 ff. der VwV "Gebührenanteile der Notare im badischen Rechtsgebiet..." in der Fassung der AV des Justizministeriums vom 30.10.1989, Die Justiz S. 454, geändert durch AV des Justizministeriums vom 15.10.1993, Die Justiz S. 476, geändert und neu erlassen durch AV des Justizministeriums vom 01.09.1997, Die Justiz S. 424).
Auch die Absetzung der Gebührenanteile im Gebührenanteilsverzeichnis A für den Monat Dezember 2004 ist kein Verwaltungsakt. Mit ihr wurde nicht eine auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtete Regelung getroffen, sondern die in der Mitteilung des Kostenbeamten vom 14.12.2004 angekündigte Aufrechnung mit dem geltend gemachten, aus der Neuberechnung des Gebührenanteils folgenden Erstattungsanspruch gegen den Anspruch des Antragstellers auf Auszahlung seiner Gebührenanteile für den Monat Dezember 2004 erklärt. Die Aufrechnungserklärung ist - ähnlich wie die Erfüllung einer Geldschuld durch Zahlung eines Geldbetrages - für sich allein kein Verwaltungsakt (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.10.1982, BVerwGE 66, 218). Die Aufrechnung ist die Ausübung eines schuldrechtlichen Gestaltungsrechts. Sie ist eine Handlung, die der Erfüllung der eigenen Verbindlichkeit dient und dabei gleichzeitig die Befriedigung der eigenen Forderung bewirkt. Die Erklärung wird ohne Rücksicht darauf, ob die Aufrechnung seitens des Bürgers oder seitens der Behörde erfolgt und ob mit einer privatrechtlichen gegen eine öffentlich-rechtliche (§ 395 BGB), mit einer öffentlich-rechtlichen gegen eine privatrechtliche oder mit einer öffentlich-rechtlichen gegen eine öffentlich-rechtliche Forderung aufgerechnet wird, nicht aus einer hoheitlichen Position abgegeben; sie ergeht damit ähnlich wie eine Willenserklärung, mit der ein öffentlich-rechtlicher Vertrag (Aufrechnungsvertrag) geschlossen wird, auf einer gleichgeordneten rechtlichen Ebene (BVerwG, Urteil vom 27.10.1982, a.a.O.).
Der hilfsweise Antrag, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die dem Antragsteller zustehenden Gebührenanteile aus den Beurkundungssachen, die im Dezember 2004 in sein Gebührenanteilsverzeichnis eingetragen worden sind, vorläufig vollständig auszuzahlen, bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Unabhängig von der Frage, ob der begehrten einstweiligen Anordnung bereits das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegensteht, ist dem Antragsteller jedenfalls die gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO erforderliche Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes, nämlich der Dringlichkeit der begehrten Regelung, nicht gelungen. Aus seinem Vorbringen ergibt sich insbesondere nicht, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung erforderlich wäre, um wesentliche Nachteile von ihm abzuwenden. Auch nach Auffassung des Senats kann es dem Antragsteller zugemutet werden, nachträglichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Hier sind Ansprüche aus der Vergangenheit betroffen, deren Berechtigung im Hauptsacheverfahren zu prüfen ist. Dass der Antragsteller durch die Einbehaltung eines Teils seiner Gebührenanteile für den Monat Dezember 2004 gegenwärtig Nachteilen ausgesetzt wäre, denen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren abgeholfen werden müsste, ist nicht erkennbar. Diesbezüglich hat der Antragsteller auch nichts geltend gemacht. Dass seine amtsangemessene Alimentation gefährdet wäre, vermag der Senat ebenso wenig festzustellen wie eine Gefährdung seines - ihm nach seiner Ansicht zustehenden - materiellen Anspruchs auf ungeschmälerte Auszahlung der Gebührenanteile.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 1 und 2, § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Ende der Entscheidung
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