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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 23.06.2009
Aktenzeichen: 4 S 87/08
Rechtsgebiete: GG, LV, LBG, SGB V, HVO


Vorschriften:

GG Art. 20 Abs. 1
GG Art. 20 Abs. 3
GG Art. 80 Abs. 1
LV Art. 61 Abs. 1
LBG § 141
SGB V § 12
HVO § 2 Abs. 4
HVO § 2 Abs. 5
HVO § 10 Abs. 1
1. § 141 Abs. 2 LBG stellt keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Heilfürsorgeverordnung dar. Die Heilfürsorgeverordnung vom 21.04.1998 (GBl. S. 281) ist jedoch für eine Übergangszeit weiterhin anzuwenden.

2. Verwaltungsvorschriften zur Heilfürsorgeverordnung dürfen nicht Leistungsausschlüsse oder Leistungsbegrenzungen festsetzen, die sich nicht bereits zumindest dem Grunde nach aus dem Programm der Heilfürsorgevorschriften selbst ergeben.

3. Der generelle Ausschluss von Arzneimitteln zur Behandlung der erektilen Dysfunktion (hier: Levitra), wie ihn die Verwaltungsvorschrift zur Heilfürsorgeverordnung über den Verweis auf die Arzneimittel-Richtlinien vorsieht, ist unwirksam.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

4 S 87/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Heilfürsorge

hat der 4. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg

am 23. Juni 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 06. Dezember 2007 - 2 K 2793/07 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger, ein Polizeibeamter des beklagten Landes, erstrebt dessen Verpflichtung zur Gewährung von Heilfürsorge durch Erstattung der Aufwendungen für das Medikament Levitra gemäß Rezept vom 12.07.2007.

Im Jahr 2001 wurde beim Kläger ein Adenokarzinom der Prostata diagnostiziert, das eine Prostatektomie erforderlich machte. In der Folge wurde er auf Veranlassung des Polizeiarztes von einem Facharzt für Urologie untersucht, der bei ihm u.a. eine erektile Dysfunktion diagnostizierte. Mit Schreiben vom 20.05.2003 teilte die Landespolizeidirektion Karlsruhe dem Kläger mit, aufgrund der Besonderheiten seines Falls habe der Polizeiarzt einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 2 Abs. 5, § 4 Abs. 1 Heilfürsorgeverordnung - HVO - zur Kostenübernahme des Arzneimittels Levitra im Rahmen der Krebsnachsorge zugestimmt. Die Kostenübernahmeerklärung wurde zweimal, zuletzt bis zum 31.12.2005, verlängert.

Mit Verfügung vom 16.11.2005 teilte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (im Folgenden: Landesamt) dem Kläger mit, nach der Änderung der Arzneimittelverordnung seien Arzneimittel, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund stehe, von der Versorgung ausgeschlossen. Ausgeschlossen seien insbesondere u.a. diejenigen Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz dienten. Nach den vorliegenden Unterlagen sei "Levitra" zur Nachsorge bzw. zur Behandlung der erektilen Dysfunktion verordnet worden, die Heilfürsorge könne daher die Kosten nicht mehr übernehmen. Im anschließenden Gerichtsverfahren vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe (2 K 1442/06) nahm der Beklagte die Verfügung vom 16.11.2005 und den darauf ergangenen Widerspruchsbescheid mit Vergleich vom 16.07.2007 zurück, nachdem das Gericht dargelegt hatte, für die Beurteilung eines Kostenerstattungsanspruchs nach der Heilfürsorgeverordnung sei allein eine ärztliche Verordnung ausschlaggebend und deshalb sei ein entsprechender Anspruch nur aufgrund einer konkreten ärztlichen Verordnung feststellbar.

Am 24.07.2007 beantragte der Kläger beim Landesamt die Erstattung der Kosten des mit Rezept vom 12.07.2007 ärztlich verordneten Medikaments Levitra in Höhe von 164,98 EUR. Diesen Antrag lehnte das Landesamt mit Bescheid vom 06.08.2007 ab; den Widerspruch des Klägers wies es mit Widerspruchsbescheid vom 20.08.2007 zurück.

Auf die hierauf erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe den Beklagten mit Urteil vom 06.12.2007 unter Aufhebung des Bescheids des Landesamts vom 06.08.2007 und dessen Widerspruchsbescheids vom 20.08.2007 verpflichtet, dem Kläger Heilfürsorge für die mit Rezept vom 12.07.2007 nachgewiesenen Aufwendungen für das Medikament Levitra in Höhe von 164,98 EUR zu gewähren. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, nach dem hier einschlägigen § 10 Abs. 1 HVO würden Arznei- und Verbandmittel, die zur Behandlung einer Erkrankung oder Verletzung notwendig seien, gewährt, wenn sie vom Arzt, Zahnarzt oder Heilpraktiker verordnet oder verabreicht seien. Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 HVO seien hier erfüllt. Entgegen der Ansicht des Beklagten sei die beim Kläger diagnostizierte erektile Dysfunktion unter Zugrundelegung der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendung eine Erkrankung. Das Medikament sei dem Kläger auch (fach-)ärztlich verordnet worden. Zwar könne es die erektile Dysfunktion nicht endgültig heilen, wohl aber das beim Kläger bestehende Funktionsdefizit vorübergehend beseitigen. Dies sei ausreichend, um von einer Behandlung einer Erkrankung im Sinne der Heilfürsorgeverordnung ausgehen zu können. Dem Beklagten sei auch nicht darin zu folgen, dass die Verordnungsfähigkeit des Medikaments Levitra zu Lasten der Heilfürsorge durch die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Heilfürsorgeverordnung vom 21.12.1998 ausgeschlossen sei. Denn eine Verwaltungsvorschrift könne weder das Gericht binden noch einen Rechtsanspruch des Beamten ausschließen, der sich aus den Vorschriften eines materiellen Gesetzes, hier der Heilfürsorgeverordnung, selbst ergebe. Die Entscheidung darüber, welche Behandlungsmethoden oder Arzneien jeweils ausgeschlossen oder dem Aufwand nach begrenzt seien, müsse sich aus dem "Programm" der Rechtsverordnung selbst ergeben und könne nicht ohne jegliche bindende Vorgabe in die Zuständigkeit des Vorschriftenanwenders übertragen werden.

Gegen dieses ihm am 02.01.2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 07.01.2008 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 04.02.2008 begründet. Er beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 06. Dezember 2007 - 2 K 2793/07 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 HVO hier nicht erfüllt. Die Heilfürsorgeverordnung gehe davon aus, dass die Heilfürsorge in der Regel als Sachleistung gewährt werde. Eine solche Sachleistung begehre der Kläger vorliegend nicht; vielmehr begehre er Erstattung der angefallenen Aufwendungen. Demzufolge seien im vorliegenden Fall nicht Vertragsleistungen im Sinne von § 2 Abs. 5 Satz 1 HVO streitgegenständlich. Nach § 2 Abs. 5 Satz 2 HVO könnten die Kosten außervertraglicher Leistungen in Ausnahmefällen grundsätzlich nach Genehmigung übernommen werden. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien nicht erfüllt, denn es fehle an der erforderlichen vorherigen Genehmigung. Diese sei nach § 2 Abs. 5 Satz 2 HVO zwar nur "grundsätzlich" erforderlich. Im vorliegenden Fall lägen jedoch keine Umstände für die Annahme eines Ausnahmefalls vor, insbesondere sei die Anschaffung des Mittels nicht unaufschiebbar gewesen. Im Rahmen der in § 2 Abs. 5 Satz 2 HVO eröffneten Ermessensentscheidung sei nicht zu beanstanden, dass er sich auf den Ausschluss von Arzneimitteln, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion dienten, nach Nr. 10.1.1 der Verwaltungsvorschrift zur Heilfürsorgeverordnung i.V.m. Nr. 18.2 der Arzneimittel-Richtlinien berufe. Dieser Ausschluss sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts wirksam. Bei der Verwaltungsvorschrift zu § 10 HVO handle es sich um eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift. § 10 HVO enthalte einen offenen Tatbestand. Das Tatbestandsmerkmal "notwendig" eröffne einen Beurteilungsspielraum, der durch eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift ausgefüllt werden könne. Der Ausschluss potenzsteigernder Mittel von der Heilfürsorge durch eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift begegne daher keinen Bedenken, vor allem im Hinblick darauf, dass diese Verwaltungsvorschrift vom Innenministerium erlassen worden sei, das gemäß § 141 Abs. 2 LBG auch für den Erlass der Heilfürsorgeverordnung zuständig sei. Es sei auch zulässig, den Ausschluss von Medikamenten von der Heilfürsorge durch einen Verweis in der Verwaltungsvorschrift auf die Arzneimittel-Richtlinien vorzunehmen. Das Innenministerium habe durch diesen Verweis zum Ausdruck gebracht, dass die Versorgung der Polizeibeamten mit Arzneimitteln der Versorgung gesetzlich Versicherter entsprechen solle. Durch den Verweis auf die Arzneimittel-Richtlinien habe sich das Innenministerium die fachliche Kompetenz des Gemeinsamen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zunutze gemacht. Es habe damit nicht die Kompetenz zur Konkretisierung der Heilfürsorgeverordnung an den Gemeinsamen Bundesausschuss abgegeben. Das Innenministerium habe nämlich weiterhin die Möglichkeit, durch Verwaltungsvorschrift die Arzneimittel-Richtlinien zu ergänzen oder einzelne Regelungen der Arzneimittel-Richtlinien auszuschließen. Im Übrigen folge der Ausschluss potenzsteigernder Mittel von der Heilfürsorge auch direkt aus § 10 Abs. 1 HVO. Medikamente, die zur Behandlung der erektilen Dysfunktion dienten, seien keine Arzneimittel im Sinne des § 10 Abs. 1 HVO. Solche potenzsteigernden Mittel dienten nicht der Behandlung einer Krankheit, sondern es stehe die Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund. Das zeige sich vor allem darin, dass die erforderliche Menge sich nach der jeweiligen individuellen Lebensgestaltung und nicht nach einem Krankheitsbild richte. Levitra diene auch nicht der Behandlung der Erkrankung des Klägers. Seine Krankheit sei das Karzinom der Prostata, die erektile Dysfunktion sei lediglich eine Folge dieser Krankheit. Levitra diene der Linderung einer Begleiterscheinung bzw. eines Symptoms. Demnach sei Levitra dem Kläger auch nicht zur Behandlung einer Erkrankung i.S.d. § 10 Abs. 1 HVO verordnet worden. Der Ausschluss potenzsteigernder Mittel von der Heilfürsorge sei auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Es lägen keine Verstöße gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, gegen die gesetzliche Fürsorgepflicht gemäß § 98 LBG und gegen Art. 3 GG vor.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend, der Beklagte verkenne bereits, dass vorliegend eine Sachleistung und keine außervertragliche Leistung im Streit stehe. Die Verordnung eines Medikaments für einen Polizeibeamten durch den behandelnden Arzt stelle gerade die Sachleistung dar. Kein Arzt halte einen Medikamentenschrank vor, mit dem er Polizeibeamte mit Medikamenten versorgen könne. Die in § 10 Abs. 1 HVO beschriebene Sachleistung sei das Gewähren des Arzneimittels durch Verordnung des Arztes. Nichts anderes sei vorliegend geschehen. Die eigentlich streitgegenständliche Frage, ob potenzsteigernde Mittel wirksam nach § 10 Abs. 1 HVO i.V.m. Nr. 10.1.1 der Verwaltungsvorschrift zur Heilfürsorgeverordnung und den Arzneimittel-Richtlinien von der Heilfürsorge ausgeschlossen worden seien, habe das Verwaltungsgericht zutreffend verneint.

Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, wegen der sonstigen Einzelheiten auf die dem Senat vorliegenden Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe (2 K 1442/06 und 2 K 2793/07) und die einschlägigen Akten des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO).

Die vom Verwaltungsgericht zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landesamts vom 06.08.2007 und dessen Widerspruchsbescheids vom 20.08.2007 verpflichtet, dem Kläger Heilfürsorge für die mit Rezept vom 12.07.2007 nachgewiesenen Aufwendungen für das Medikament "Levitra" in Höhe von 164,98 EUR zu gewähren.

1. Rechtsgrundlage für die Gewährung von Heilfürsorge ist § 1 Abs. 1 der Verordnung des Innenministeriums über die Heilfürsorge für Polizeibeamte, Beamte des Landesamtes für Verfassungsschutz nach § 147 LBG, Beamte des Einsatzdienstes der Feuerwehr und technische Beamte der Landesfeuerwehrschule (Heilfürsorgeverordnung - HVO -) vom 21.04.1998 (GBl. S. 281, zuletzt geändert durch Art. 11 des Gesetzes vom 17.02.2004, GBl. S. 66). Danach erhalten u.a. Polizeibeamte Heilfürsorge nach Maßgabe der Verordnung, solange ihnen Besoldungsbezüge zustehen. Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 HVO werden Heilfürsorgeleistungen in dem aus gesundheitlichen Gründen notwendigen angemessenem Umfang in der Regel unter Beachtung der Wirtschaftlichkeitsgrundsätze gewährt, die bei den gesetzlichen Krankenkassen für die Behandlungs- und Verordnungsweise gelten. Über die nach der Verordnung zu gewährenden Leistungen werden gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 HVO vom Innenministerium im erforderlichen Umfang Verträge mit Dritten abgeschlossen. Die Kosten außervertraglicher Leistungen können nach § 2 Abs. 5 Satz 2 HVO in Ausnahmefällen nach grundsätzlich vorheriger Genehmigung übernommen werden. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 HVO umfasst die Heilfürsorge u.a. auch die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 10 HVO).

a) Die Heilfürsorgeverordnung hat ihre Rechtsgrundlage in § 141 LBG. Diese Vorschrift hat folgenden Wortlaut:

(1) Die Polizeibeamten erhalten Heilfürsorge, solange ihnen Besoldungsbezüge zustehen.

(2) Das Innenministerium erlässt im Einvernehmen mit dem Finanzministerium durch Rechtsverordnung die näheren Vorschriften über Art, Umfang und Trägerschaft der Heilfürsorge.

Diese Vorschrift ermächtigt den Verordnungsgeber, Grundsätze für die Gewährung von Heilfürsorge nach Absatz 1 zu erlassen, ohne ihm hierfür irgendwelche inhaltlichen Maßstäbe vorzugeben. Mit diesem Inhalt wird die Vorschrift nicht den rechtstaatlichen Anforderungen gerecht, die an eine Ermächtigungsgrundlage zu stellen sind; vielmehr verstößt die gesetzliche Verordnungsermächtigung des § 141 Abs. 2 LBG gegen den Vorbehalt des Gesetzes. Nach diesem bundesverfassungsrechtlichen Grundsatz, der sich aus dem rechtsstaatlichen und demokratischen System des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 1 und 3, Art. 80 Abs. 1) ergibt, sind die grundlegenden Entscheidungen in wesentlichen Regelungsbereichen durch Parlamentsgesetz zu treffen. Dies gilt aufgrund des Homogenitätsgebots auch für die Landesgesetzgebung, für die Art. 80 Abs. 1 GG nicht unmittelbar anwendbar ist (BVerwG, Urteile vom 28.05.2008 - 2 C 1.07 -, Buchholz 237.8 § 90 RhPLBG Nr. 4, und vom 20.03.2008 - 2 C 49.07 -, BVerwGE 131, 20; siehe auch Art. 61 Abs. 1 LV).

Der Vorbehalt des Gesetzes gilt auch für das Recht der Heilfürsorge. Dies folgt aus der außergewöhnlichen Bedeutung der Heilfürsorge und ihres Wechselbezugs zu den Besoldungs- und Versorgungsbezügen, wobei jedenfalls die Gesetzesbindung der Besoldung zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG gehört (BVerwG, Urteil vom 28.04.2005 - 2 C 1.04 -, BVerwGE 123, 308). Für Polizeibeamte haben die Heilfürsorgevorschriften dieselbe außergewöhnliche rechtliche Bedeutung wie die Beihilfevorschriften für die von deren Geltungsbereich erfassten Beamten. Sie regeln den Umfang der Leistungen, die zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit der Polizeibeamten erbracht werden. Die Erhaltung der physischen und psychischen Integrität der Polizeibeamten ist ein Schutzgut von hohem Rang, dessen Wahrung auch die Fürsorgepflicht gebietet (vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 27.11.2003 - 2 C 38.02 -, BVerwGE 119, 265). Daher müssen zum einen die tragenden Strukturprinzipien des Systems der Heilfürsorge gesetzlich festgelegt werden. Zum anderen muss der parlamentarische Gesetzgeber die Verantwortung für wesentliche Einschränkungen des Standards der Heilfürsorgeleistungen übernehmen (vgl. dazu BVerwG, Urteile vom 20.03.2008 und 28.05.2008 - 2 C 1.07 -, jeweils a.a.O.). Diesen Anforderungen genügt § 141 Abs. 2 LBG offensichtlich nicht.

Obwohl der Senat § 141 Abs. 2 LBG wegen Verstoßes gegen den bundesverfassungsrechtlichen Vorbehalt des Parlamentsgesetzes für nichtig hält, bedarf es keiner Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG. Denn auf die Gültigkeit der Norm kommt es im hier zu entscheidenden Fall nicht an. Ist § 141 Abs. 2 LBG gültig und die darauf gestützte Heilfürsorgeverordnung wirksam, so ist diese ohne Weiteres anzuwenden. Ist § 141 Abs. 2 LBG nichtig, so erfasst diese Nichtigkeit auch die Heilfürsorgeverordnung. Diese ist dann aber entsprechend den im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.06.2004 (2 C 50.02, BVerwGE 121, 103) entwickelten Grundsätzen weiterhin für eine Übergangszeit anzuwenden, weil andernfalls der noch verfassungsfernere und schlechthin unerträgliche Zustand einträte, dass der Beamte ohne jeden Anspruch auf Heilfürsorge bliebe. Erst wenn der parlamentarische Gesetzgeber seiner Verpflichtung, eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage zu schaffen, in angemessener Zeit nicht nachkommen sollte, käme es auf die Gültigkeit der Heilfürsorgeverordnung an (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.05.2008 - 2 C 1.07 -, a.a.O.).

b) Die Gewährung von Heilfürsorge ist ebenso wie die Gewährung von Beihilfe Ausdruck der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG gehört und damit verfassungsrechtlich gewährleistet ist (Senatsurteile vom 24.08.1995 - 4 S 697/94 -, IÖD 1996, 104, und vom 10.03.2003 - 4 S 992/01-, IÖD 2003, 154; Brockhaus, in Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Teil C, § 189 RdNr. 40). Danach hat der Dienstherr Vorkehrungen zu treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfälle nicht gefährdet wird. Es steht ihm frei, entweder die Dienstbezüge des Beamten so zu bemessen, dass er in der Lage ist, die ihm und seiner Familie entstehenden Kosten medizinischer Heilbehandlungen durch eigene Vorsorge abzudecken, oder dem Beamten freie Heilfürsorge der Zuschüsse zu gewähren oder aber verschiedene Möglichkeiten miteinander zu kombinieren (vgl. BVerwG, Urteile vom 30.10.2003 - 2 C 26.02 -, BVerwGE 119, 168, und vom 28.05.2008 - 2 C 1.07 -, a.a.O.; Senatsurteile vom 24.08.1995 und 10.03.2003, jeweils a.a.O.).

Damit dienen auch die zur Ausgestaltung der Heilfürsorge erlassenen Vorschriften der Konkretisierung der Fürsorgepflicht. Art, Ausmaß und Begrenzung der Hilfe, die der Dienstherr dem Beamten gewährt, muss sich aus dem Gesamtzusammenhang der Heilfürsorgevorschriften als "Programm" ergeben. Soweit zur Heilfürsorgeverordnung als Rechtsverordnung des Landes Verwaltungsvorschriften oder Erlasse ergehen, müssen sich diese im Rahmen des normativen Programms halten, dieses also konkretisieren und Zweifelsfälle im Interesse einer einfachen und gleichartigen Handhabung klären. Sie dürfen auch die Ausübung eines etwa vorhandenen Ermessens- oder Beurteilungsspielraums lenken. Sie dürfen dagegen nicht Leistungsausschlüsse oder Leistungsbegrenzungen festsetzen, die sich nicht bereits zumindest dem Grunde nach aus dem Programm der Heilfürsorgevorschriften selbst ergeben (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 30.10.2003, a.a.O.; Beschluss vom 31.08.2006 - 2 B 41.06 -, Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 14).

2. Nach § 10 Abs. 1 HVO werden Arznei- und Verbandmittel, die zur Behandlung einer Erkrankung oder Verletzung notwendig sind, gewährt, wenn sie vom Arzt, Zahnarzt oder Heilpraktiker verordnet oder verabreicht sind. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Das Arzneimittel Levitra ist dem Kläger von einem Arzt zur Behandlung einer Erkrankung verordnet worden und dazu notwendig. Die erektile Dysfunktion, unter der der Kläger leidet, ist in der Folge einer behandlungsbedürftigen Krankheit (Prostatakarzinom) aufgetreten und stellt selbst eine behandlungsbedürftige Krankheit dar.

Unter Krankheit ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand zu verstehen, der ärztlicher Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat (vgl. dazu BSG, Urteil vom 30.09.1999 - B 8 KN 9/98 KR R -, BSGE 85, 36, m.w.N.; BVerwG, Beschluss vom 04.11.2008 - 2 B 19.08 -, Juris). Diese Voraussetzungen liegen bei einer erektilen Dysfunktion jedenfalls dann vor, wenn sie - wie hier - nicht als altersbedingte und erst recht nicht als alterstypische Minderung der Physis anzusehen ist (BSG, Urteil vom 10.05.2005 - B 1 KR 25/03 R -, BSGE 94, 302). Diese Krankheit ist auch behandlungsbedürftig und behandlungsfähig. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn ein regelwidriger Körperzustand mit ärztlicher Hilfe und Aussicht auf Erfolg behoben, mindestens aber gebessert oder vor Verschlimmerung bewahrt werden kann oder wenn ärztliche Behandlung erforderlich ist, um Schmerzen oder sonstige Beschwerden zu lindern (vgl. BSG, Urteil vom 30.08.1999, a.a.O.) Im vorliegenden Fall wird jedenfalls die Voraussetzung der Linderung der Krankheitsäußerungen (Beschwerden) durch ärztliche Behandlung (hier: in Form der Verordnung von Levitra) erfüllt; denn es ist möglich, die erektile Dysfunktion zumindest zeitweise zu beheben und das beim Kläger bestehende Funktionsdefizit vorübergehend zu beseitigen (vgl. BSG, Urteile vom 30.08.1999 und 10.05.2005, jeweils a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 28.05.2008 - 2 C 1.07 -, a.a.O.). Es ist kein notwendiges Merkmal des Begriffs der Heilbehandlung, dass eine Krankheit dauerhaft geheilt bzw. dass der regelgerechte Körperzustand wiederhergestellt wird (BVerwG, Urteil vom 27.11.2003, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.10.1993 - 11 S 498/93 -, Juris). Levitra enthält den Wirkstoff Vardenafil und ist auch ersichtlich ein zur Behandlung der erektilen Dysfunktion geeignetes Arzneimittel im Sinne des § 10 Abs. 1 HVO und dazu notwendig; eine preiswertere Behandlungsalternative (außer der Nichtbehandlung) gibt es nicht (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 30.10.2003, a.a.O.; BSG, Urteil vom 10.05.2005, a.a.O.).

Dem Anspruch des Klägers steht auch nicht die Regelung in § 2 Abs. 4 Satz 1 HVO entgegen, wonach Heilfürsorgeleistungen in dem aus gesundheitlichen Gründen notwendigen angemessenen Umfang in der Regel unter Beachtung der Wirtschaftlichkeitsgrundsätze gewährt werden, die bei den gesetzlichen Krankenkassen für die Behandlungs- und Verordnungsweise gelten. Denn dieser Grundsatz gilt nur "in der Regel" und diese "Regel" wird gerade in § 10 HVO nicht aufgegriffen; dort wird vielmehr ein Anspruch unter den genannten Voraussetzungen ohne Einschränkungen normiert, wohingegen der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz in § 11 Abs. 1 HVO ausdrücklich übernommen wird und sich auch in den Fällen des § 12 Abs. 1 HVO eine Einschränkung des Anspruchs unmittelbar aus dem Verordnungstext ergibt. Damit lässt sich nicht feststellen, dass die Heilfürsorgeverordnung insoweit von einer generellen Einschränkung der Leistungspflicht ausgeht; soweit eine Begrenzung beabsichtigt ist, wird dies vielmehr ausdrücklich vorgeschrieben. Davon abgesehen entsprach auch die Verordnung von Levitra im Grundsatz den Erfordernissen des Wirtschaftlichkeitsgebots. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Darüber hinausgehende Leistungen dürfen weder beansprucht noch erbracht werden. Dies ist hier jedoch, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, nicht der Fall (vgl. auch BSG, Urteil vom 10.05.2005, a.a.O.).

Der Anspruch des Klägers wird nicht durch die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Heilfürsorgeverordnung - HVOVwV - vom 21.12.1998 (GABl. 1999 S. 166) ausgeschlossen. Zwar sind nach Nr. 10.1.1 HVOVwV (zu § 10 HVO) bei der ärztlichen Verordnung von Arzneimitteln die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Arzneimitteln in der kassenärztlichen Versorgung anzuwenden. Die hier im maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen einschlägigen, am 26.02.2006 in Kraft getretenen Arzneimittel-Richtlinien - AMR - bestimmen unter Nr. 18.2, dass Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion dienen, von der Verordnungsfähigkeit ausgeschlossen sind. Nach Nr. 18.3 AMR sind die nach Nr. 18.2 ausgeschlossenen Fertigarzneimittel in einer Übersicht als Anlage 8 der Arzneimittel-Richtlinien zusammengestellt. Das Arzneimittel Levitra ist in der Negativliste der Anlage 8 der AMR enthalten. Gleichwohl führt dieser Ausschluss nicht dazu, dass Levitra - wie auch die übrigen vergleichbaren Medikamente - nicht zu Lasten der Heilfürsorge verordnet werden kann.

Die Regelung in Nr. 10.1.1 HVOVwV stellt auf den (jeweiligen) Inhalt der Arzneimittel-Richtlinien und somit auf die Entscheidungen des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen ab. Diese "Übertragung" der Entscheidungskompetenz über den Ausschluss bestimmter Arzneimittel auf ein Selbstverwaltungsorgan verschiedener Versichertengemeinschaften (vgl. § 91 Abs. 1 SGB V) begegnet verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf die durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Fürsorgepflicht des Dienstherrn und die grundlegenden Strukturunterschiede der beiden Sicherungssysteme; die auf dem überkommenen Grundsatz der Vorsorge des Staates für seine Beamten und deren Familien beruhende beamtenrechtliche Krankenfürsorge, zu der auch die Heilfürsorge zählt, steht in deutlichem Gegensatz zur auf dem Gedanken der Solidargemeinschaft beruhenden, wesentlich durch Beiträge der Beteiligten unterhaltenen Sozialversicherung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.12.1982 - 2 BvL 12/79 -, BVerfGE 62, 354; BVerwG, Urteil vom 26.11.1987 - 2 C 52.85 -, Buchholz 237.6 § 130 NdsLBG Nr. 1; Urteil vom 28.05.2008 - 2 C 24.07 -, Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 126; Urteil vom 26.06.2008 -2 C 2.07-, BVerwGE 131, 234; Urteil vom 18.02.2009 - 2 C 23.08 -, Juris). Es liegt deshalb nahe, die Tatbestände heilfürsorgerechtlicher Leistungsausschlüsse normativ festzulegen, anstatt ihre nähere Bestimmung einem Gremium zu überlassen, in dem der Dienstherr nicht vertreten ist und das seine Entscheidungen nach Maßgabe des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherungen unter Berücksichtigung der Interessen der Versichertengemeinschaften trifft (vgl. BVerwG, Urteile vom 28.05.2008 - 2 C 24.07 -, und vom 26.06.2008, jeweils a.a.O.). Dies bedarf jedoch - zumal während des Übergangszeitraums - keiner Vertiefung, da der mit der Verwaltungsvorschrift bewirkte Leistungsausschluss auch unabhängig davon nicht wirksam ist. Denn eine Verwaltungsvorschrift kann weder das Gericht binden noch einen Rechtsanspruch des Beamten ausschließen, der sich aus der Heilfürsorgeverordnung selbst ergibt. Die Entscheidung darüber, welche Behandlungsmethoden oder Arzneien jeweils ausgeschlossen oder dem Aufwand nach begrenzt sind, muss sich aus dem "Programm" der Rechtsverordnung selbst ergeben und kann nicht ohne jegliche bindende Vorgabe in die Zuständigkeit des Vorschriftenanwenders übertragen werden. Dieser kann sich nicht losgelöst vom normativ festgelegten "Programm" der Rechtsverordnung die Entscheidung darüber vorbehalten, welche körperlichen Leiden als heilungs- oder behandlungswürdig anzusehen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2003, a.a.O.).

Mit diesen Grundsätzen unvereinbar ist ein genereller Ausschluss von Levitra, wie ihn die Verwaltungsvorschrift zur Heilfürsorgeverordnung mit dem Verweis auf die Arzneimittel-Richtlinien vorsieht. Erfüllt ein Polizeibeamter, dem ein Medikament zur Linderung eines krankheitsbedingten Leidens ärztlich verordnet ist, die in § 10 Abs. 1 HVO aufgestellten Voraussetzungen, so steht ihm ein gesetzlicher Rechtsanspruch auf Heilfürsorge zu, der durch Verwaltungsvorschriften nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 30.10.2003, a.a.O.).

Die Ansicht des Beklagten, das Tatbestandsmerkmal "notwendig" in § 10 Abs. 1 HVO eröffne einen Beurteilungsspielraum, der durch eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift ausgefüllt werden könne, teilt der Senat nicht. Die Heilfürsorgeverordnung geht davon aus, dass die - in der Regel als Sachleistungen die Krankheitskosten der Polizeibeamten im Rahmen des § 2 Abs. 4 Satz 1 HVO vollständig abdeckenden - Heilfürsorgeleistungen in dem aus gesundheitlichen Gründen notwendigen angemessenen Umfang durch die zu gewährenden Vertragsleistungen erbracht werden (Senatsurteile vom 24.08.1995 und vom 10.03.2003, jeweils a.a.O.). Nach dem heilfürsorgerechtlichen Leistungsprogramm knüpft die Leistungspflicht grundsätzlich nicht an bestimmte Behandlungen oder Arzneimittel an. Diese Anlassbezogenheit kommt darin zum Ausdruck, dass Heilfürsorgeleistungen nach § 2 Abs. 4 Satz 1 HVO grundsätzlich in dem aus gesundheitlichen Gründen notwendigen angemessenen Umfang gewährt werden (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 18.02.2009, a.a.O.). Die behördliche Entscheidung darüber unterliegt der uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.03.2008 -2 C 19.06-, Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 18). Mit dem Kriterium der Notwendigkeit ist ersichtlich die medizinische Notwendigkeit angesprochen, für die regelmäßig auf die Beurteilung des Arztes abzustellen ist (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 -, Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 15; Urteil vom 20.03.2008 - 2 C 19.06 -, Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 18). Von diesen Leitlinien wird zu Lasten der hiervon betroffenen Beamten abgewichen, wenn krankheitsbedingte Aufwendungen trotz ihrer Notwendigkeit und Angemessenheit von der Heilfürsorgegewährung ausgenommen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.02.2009, a.a.O.). Genau dies aber sieht die Verwaltungsvorschrift vor, die deshalb auch im Gegensatz zu dem "Programm" der Heilfürsorgeverordnung steht.

Eine andere Bewertung gebietet nicht der Umstand, dass § 2 Abs. 4 Satz 1 HVO (auch) auf die Wirtschaftlichkeitsgrundsätze verweist, die bei den gesetzlichen Krankenkassen für die Behandlungs- und Verordnungsweise gelten. Aus diesem nur "in der Regel" geltenden Verweis (siehe dazu die Ausführungen oben) kann nicht gefolgert werden, dass es bereits im normativen Programm der Heilfürsorgeverordnung angelegt wäre, dass ärztlich verordnete und notwendige Medikamente von der Heilfürsorge ausgeschlossen werden können. Im Übrigen vermag der Senat auch nicht festzustellen, dass die Verwaltungsvorschrift insoweit die Wirtschaftlichkeitsgrundsätze konkretisierte. Denn dafür ist die Bezugnahme auf die Arzneimittel-Richtlinien in Nr. 10.1.1 HVOVwV schon deshalb nicht hinreichend, weil auch der Bundesausschuss durch den Ausschluss von Arzneimitteln zur Behandlung der erektilen Dysfunktion seinen ihm im Bereich des Wirtschaftlichkeitsgebots zustehenden Beurteilungsspielraum oder seinen Kompetenzrahmen überschritten hatte (BSG, Urteile vom 10.05.2005 und 18.07.2006, jeweils a.a.O.; dementsprechend ist der Ausschluss von Arzneimitteln, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion finden, im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung nunmehr in § 34 Abs. 1 Satz 8 SGB V gesetzlich geregelt).

Entgegen der erstmals im Gerichtsverfahren geäußerten Auffassung des Beklagten steht auch nicht eine außervertragliche Leistung im Streit, für die es an einer vorherigen Genehmigung nach § 2 Abs. 5 Satz 2 HVO fehlen würde. Außervertragliche Leistungen sind Leistungen von Ärzten oder Zahnärzten, die nicht verpflichtet sind, nach den Polizeivertragssätzen abzurechnen, sowie wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden (vgl. Nr. 2.4 HVOVwV). Darum aber geht es hier nicht. Der Sache nach begehrt der Kläger eine Vertragsleistung nach § 10 Abs. 1 HVO - nämlich ein zur Behandlung einer Erkrankung notwendiges Arzneimittel -, das ihm als Sachleistung hätte gewährt werden müssen. Hat er aber zu Unrecht eine Sachleistung nicht erhalten und sind dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind ihm diese in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war, wobei der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch nicht weiter reichen kann als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, die vom Dienstherrn allgemein als Sachleistung zu erbringen sind (vgl. Brockhaus, in Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Teil C, § 189 RdNr. 51; siehe auch BSG, Urteil vom 10.05.2005, a.a.O., sowie die Regelung in § 13 Abs. 3 SGB V). Dies ist bei dem Arzneimittel Levitra der Fall.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe der §§ 127 BRRG, 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Beschluss vom 23. Juni 2009

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gem. § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 GKG auf 164,98 EUR festgesetzt.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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