Judicialis Rechtsprechung
Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:
Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 23.09.2002
Aktenzeichen: 5 S 2687/00
Rechtsgebiete: BauGB
Vorschriften:
BauGB § 1 Abs. 6 | |
BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 11 | |
BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 15 | |
BauGB § 214 Abs. 2 Nr. 2 |
2. Zur vollständigen Überplanung der Fläche eines Gewerbebetriebs mit einer öffentlichen Grünfläche sowie Fuß- und Radwegen.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 23.09.2002
In der Normenkontrollsache
wegen
Gültigkeit des Bebauungsplans "Rosswasen" vom 30.06.1999
hat der 5. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Lutz und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Schefzik, Albers, Schenk und Rieger auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19. September 2002
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Antrag wird abgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Antragsteller wendet sich gegen den 7,8 ha umfassenden Bebauungsplan "Rosswasen" der Antragsgegnerin.
Das Plangebiet grenzt im Nordosten an den historischen Stadtkern der Antragsgegnerin. Im Wesentlichen wird es durch eine von West nach Ost verlaufende Senke zwischen der Schramberger Straße (im Nordwesten) und der Marxstraße (im Südosten) gebildet. Im Osten wird es durch die Straße Im Himmelreich sowie die Grundstücke Flst.-Nr. 422/2, Teil von Flst.-Nr. 423/16, Teil von 4123/2 (Rosswasenweg), Flst.-Nr. 404/1 und Flst.-Nr. 404/2 (Gebäude Schramberger Straße 5) begrenzt. Entlang der genannten Straßen sind das Gebiet und seine Umgebung weitgehend bebaut.
Der Antragsteller ist Eigentümer der Grundstücke Flst.-Nr. 413 (Rosswasenweg 43) und Flst.-Nr. 3187/5 (Marxstraße 40). Auf dem erstgenannten, vom Rosswasenweg erschlossenen Grundstück befindet sich ein Zimmereibetrieb, den der Antragsteller seit 1994 an seinen Sohn verpachtet hat. Zwischen dem Rosswasenweg und der zu diesem parallel verlaufenden Schramberger Straße erstreckt sich Wohnbebauung. Das andere Grundstück des Antragstellers ist mit einem Wohngebäude und einer Doppelgarage bebaut.
Der Flächennutzungsplan der Verwaltungsgemeinschaft Rottweil stellt in der Fassung seiner zweiten Änderung, in Kraft getreten am 30.11.1993, für die genannten Grundstücke eine Mischbaufläche dar, welche sich entlang der Marxstraße nach Osten bis einschließlich zum Anwesen Marxstraße 38, auf dem eine Glaserei betrieben wird, erstreckt. Abweichend hiervon setzt der angegriffene Bebauungsplan das Betriebsgrundstück des Antragstellers im Wesentlichen als von Fuß- und Radwegen durchzogene öffentliche Grünfläche fest.
Am 22.11.1995 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin, den Bebauungsplan "Rosswasen" aufzustellen. Den Beschluss machte die Antragsgegnerin am 30.11.1995 öffentlich bekannt. Anfang 1999 führte sie eine frühzeitige Bürgerbeteiligung durch. Unter dem 29.4.1999 beteiligte sie die Träger öffentlicher Belange. Am 28.4.1999 beschloss ihr Gemeinderat, den Bebauungsplanentwurf "Rosswasen" öffentlich auszulegen. Diesen Beschluss machte die Antragsgegnerin am 30.4.1999 öffentlich bekannt. Die Auslegung erfolgte vom 10.5. bis zum 11.6.1999.
Der Antragsteller erhob bei der frühzeitigen Bürgerbeteiligung mit Schreiben vom 22.2.1999 und im Anschluss an die Auslegung des Bebauungsplan-entwurfs mit Schreiben vom 7.6.1999 Einwendungen. Er trug vor, die Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche stelle einen durch keinen zureichend gewichtigen öffentlichen Belang gerechtfertigten Eingriff in das Grundeigentum dar. Der Zimmereibetrieb bestehe seit über 100 Jahren.
Auf Antrag der Antragsgegnerin bestimmte der Gutachterausschuss den Gesamtwert des Grundstücks Flst.-Nr. 413 zum 1.4.1999 mit 269.575,- DM (durchschnittlich 83,85 DM/qm). Der Gemeinderat der Antragsgegnerin war bereit, auf der Grundlage dieses Gutachtens ein Kaufangebot gegenüber dem Antragsteller abzugeben, diesem ein lebenslanges Nutzungsrecht zumindest auf dem Teil des Grundstücks zuzusichern, der noch für eine Werkstattnutzung erforderlich ist, und auf den bisher hinter dem Wohngrundstück geplanten Weg zu verzichten, sowie dem Sohn des Antragstellers als Betriebsinhaber ein 2.500 qm großes Betriebsgrundstück im Industriegebiet "Berner Feld" zum Preis von 88,- DM/qm einschließlich Erschließungs- und Abwasserbeitrag anzubieten. Diesem Vorschlag stimmte der Antragsteller nicht zu. Er machte geltend, der Gutachterausschuss habe nicht berücksichtigt, dass in dem nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilenden Gebiet auch eine Wohnbebauung zulässig sei, so dass der Verkehrswert des Grundstücks mit 250,- bis 300,- DM/qm zu bemessen sei.
Unter dem 1.3.1999 beantragte der Sohn des Antragstellers eine Baugenehmigung zum Abbruch und zur Beseitigung vorhandener baulicher Anlagen und zur Erstellung eines neuen Betriebsgebäudes. Diesen Antrag lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 25.5.1999 ab und führte zur Begründung aus: Der rückwärtige Bereich der Schramberger- und der Marxstraße sei durch Baulinienpläne geregelt, die lediglich eine straßenbegleitende Bebauung vorsähen. Auch wenn man die vorhandene Bebauung entlang der beiden Straßen als nähere Umgebung berücksichtige, füge sich das geplante Vorhaben weder nach der Art noch nach dem Maß der baulichen Nutzung und der zu überbauenden Grundstücksfläche in diese Umgebungsbebauung ein. Dies gelte insbesondere mit Blick auf die zu erwartende Immissionsbelastung im Bereich der benachbarten Wohngebiete. Der vorhandene bzw. geplante Zimmereibetrieb sei allenfalls in einem Gewerbe- oder Industriegebiet zulässig. Das vorliegende Immissionsgutachten sei nicht ausreichend, um diese Befürchtungen zu zerstreuen. Schließlich werde das Ortsbild in diesem Bereich durch das Vorhaben beeinträchtigt. Der Sohn des Antragstellers legte Widerspruch ein, den das Regierungspräsidium Freiburg im Einvernehmen mit ihm mit Blick auf das anhängige Normenkontrollverfahren nicht weiterbetrieb.
Am 30.6.1999 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin den Bebauungsplan "Rosswasen", bestehend aus zeichnerischem Teil und textlichen Festsetzungen, jeweils vom 12.4.1999, und den Beifügungen (Begründung, Grünordnungsplan, Übersichtsplan, jeweils vom 12.4.1999, sowie Gutachten über die "orientierende Altlastenerkundung auf Flurstück 3187/1" vom 9.4.1999) als Satzung. Die öffentliche Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses erfolgte am 2.7.1999. Die Einwendungen des Antragstellers wies der Gemeinderat mit folgenden Erwägungen zurück: Wesentlicher Grundgedanke der Planung sei es, eine durchgehende Grünzone vom Neckartal über den Rosswasen bis hin zum Charlottenwäldchen mit Anbindung an die freie Landschaft mit den weiteren Zielen Bettlingsbad und Eckhof im Eschachtal zu erhalten, zu vervollständigen und zu sichern. Dieser Grünzug sei als letzte zusammenhängende stadtnahe Erholungsmöglichkeit für die dicht bebaute Innenstadt vorhanden. Diese Zielsetzung werde bereits im Landschaftsplan 1997 als Fachplan zum in Aufstellung befindlichen Flächennutzungsplan 2010 der Verwaltungsgemeinschaft Rottweil beschrieben. Es bestehe nur hier die Möglichkeit, über die den Grünzug begleitenden Geh- und Radwege direkt aus der Innenstadt zu Fuß oder mit dem Fahrrad die angrenzenden Grünflächen sowie die freie Landschaft weitestgehend verkehrssicher zu erreichen. Diese durchgehende Grünzone werde vorzugsweise von älteren Menschen sowie von Familien mit Kindern angenommen. Für den Zimmereibetrieb bestehe nach wie vor Bestandsschutz. Bei Verwirklichung der Erweiterungsabsichten - nach einer Bauvoranfrage solle die überbaute Fläche von 352 qm auf 619 qm erweitert werden - würde der noch vorhandene Grünbereich aber wesentlich eingeschränkt. Dies sei städtebaulich nicht vertretbar. Eine Betriebserweiterung führe auch zu einer erheblichen Störung der angrenzenden und der geplanten Wohnbebauung. Dies sei mit den städtebaulichen Zielen einer weitestgehenden Trennung von störendem Gewerbe und Wohnnutzung nicht vereinbar. Erhebliche Belästigungen durch den Betrieb seien auch nicht mit Maßnahmen nach dem Stand der Technik zu vermeiden. Ferner seien bei einer Zimmerei emissionsträchtige Arbeiten im Freien typisch (Abbindeplatz, Be- und Entladen von Lastkraftwagen). Diese Störungen führten auch zu einer Beeinträchtigung der Erholungsfunktion im Bereich des Grünzugs. Auch würde mit der geplanten Erweiterung des Betriebs der Luftaustausch im Bereich des Rosswasens weiter eingeschränkt. Unter Abwägung aller Gesichtspunkte liege die Ausweisung der öffentlichen Grünfläche im Bereich des Grundstücks Flst.-Nr. 413 im Interesse der Öffentlichkeit und überwiege das private Interesse auf Erweiterung des Zimmereibetriebs an diesem Standort.
Unter dem 22.10.1999 verlangte der Antragsteller zunächst von der Antragsgegnerin die Übernahme des Betriebsgrundstücks. Unter dem 3.12.1999 beantragte er die Übernahme beim Regierungspräsidium Freiburg. Auch dieses Verfahren betrieb er zunächst nicht weiter.
Der Antragsteller hat am 8.12.2000 das Normenkontrollverfahren eingeleitet mit dem Antrag,
den Bebauungsplan "Rosswasen" der Stadt Rottweil vom 30. Juni 1999 insoweit für nichtig zu erklären, als er für das Grundstück Flst.-Nr. 413 eine öffentliche Grünfläche festsetzt.
Er macht geltend: Indem der Bebauungsplan für den Bereich der im Flächennutzungsplan dargestellten Mischbaufläche eine öffentliche Grünfläche festsetze, sei das Entwicklungsgebot verletzt. Es sei nicht auf das quantitative Verhältnis des Bereichs der dargestellten Mischbaufläche zu den öffentlichen Grünflächen abzustellen. Entscheidend sei vielmehr die städtebauliche Qualität dieser Abweichung, insbesondere im Hinblick darauf, dass die Darstellung im Flächennutzungsplan auf die vorhandene Bebauung und gewerbliche Nutzung Rücksicht nehme. Für den Spielraum einer Gemeinde, von den Darstellungen des Flächennutzungsplans abzuweichen, sei es ein erheblicher Unterschied, ob sich die Abweichung auf einen Planbereich beziehe, der erst durch die konkreten Festsetzungen des Bebauungsplans eine bestimmte Baulandqualität erhalte bzw. für den der Bebauungsplan erstmals konkrete Nutzungsmöglichkeiten begründe, oder aber auf einen solchen Bereich, der bebaut sei und gewerblich genutzt werde und nach § 34 Abs. 1 BauGB bereits Baulandqualität habe. Dies gelte in besonderer Weise, wenn die Darstellungen des Flächennutzungsplans in eine über einen Zeitraum von 100 Jahren historisch gewachsene bauliche und gewerbliche Nutzung eingriffen. Die Abweichung sei hier auch nicht unbeachtlich gemäß § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB. Diese Vorschrift sei nicht anwendbar, wenn sie letztlich dazu herhalten solle, eine konkrete Festsetzung im Bebauungsplan "zu rechtfertigen", die selbst in enteignungsrechtlich relevanter Weise in die (Bauland-)Qualität eines Grundstücks und in historisch gewachsene bauliche Bestände eingreife. Die Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche für das Grundstück Flst.-Nr. 413 sei ferner abwägungsfehlerhaft. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin habe in erster Linie die vorgesehene Erweiterung der Zimmerei verhindern wollen. Über dieses selbstgesetzte Planungsziel gehe die planerische Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche weit hinaus. Sie stehe nicht nur einer Betriebserweiterung, sondern auch jedweder genehmigungsbedürftigen Änderung im Bereich des baulichen Bestands sowie auch jedweder genehmigungsbedürftigen Nutzungsänderung entgegen. Dabei lasse die Antragsgegnerin außer Acht, dass es nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts außerhalb der gesetzlichen Regelung keinerlei Anspruch auf Zulässigkeit eines Vorhabens aus eigentumsrechtlichem Bestandsschutz gebe. Auch habe sie sich, obwohl von ihm ausdrücklich und wiederholt vorgetragen, keinerlei Gedanken darüber gemacht, dass auf dem Grundstück auch jede Wohnnutzung zulässig sei, die sich innerhalb des aus der Umgebungsbebauung resultierenden Rahmens halte. Insgesamt werde die bestehende Baulandqualität in enteignungsrechtlich relevanter Weise genommen. Es seien auch keine zureichend gewichtigen öffentlichen Belange ersichtlich, die es mit Blick auf den historisch gewachsenen Bestand und die räumliche Lage des Grundstücks rechtfertigen könnten, in dieser gravierenden Weise in das bestehende Grundeigentum einzugreifen. Diese Abwägungsmängel seien, soweit sie den Abwägungsvorgang beträfen, offensichtlich und hätten auch das Abwägungsergebnis beeinflusst.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Sie macht geltend: Der Normenkontrollantrag sei unzulässig. Dem Antragsteller fehle das allgemeine Rechtsschutzinteresse. Er wende sich in Wahrheit nicht gegen den Bebauungsplan, sondern verfolge mit der Normenkontrolle das Ziel, sie zu bewegen, ihr Entschädigungsangebot zu erhöhen. Er verhalte sich widersprüchlich, wenn er einerseits die Übernahme seines Grundstücks verlange, andererseits aber geltend mache, der Bebauungsplan, auf den sich sein Übernahmeverlangen stütze, sei ungültig. Der Antrag sei auch nicht begründet. Die Auffassung des Gemeinderats, die Abweichung vom Flächennutzungsplan sei im Verhältnis zu den Gesamtflächen von untergeordneter Bedeutung, stehe im Einklang mit der Rechtsprechung zu § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Abweichungen seien zulässig, wenn sie sich aus dem Übergang in eine konkretere Planungsstufe rechtfertigten und die Grundkonzeption des Flächennutzungsplans unberührt ließen. Um eine solche Abweichung handele sich es hier. Die Einbeziehung des Grundstücks Flst.-Nr. 413 in den Bereich der öffentlichen Grünfläche und die Fortführung dieser Grünfläche entlang des im Bebauungsplan festgesetzten Geh- und Radwegs führe den im Flächennutzungsplan angelegten Gedanken eines Grünzugs auf der Stufe der Bebauungsplanung schlüssig zu Ende. Insoweit schöpfe sie lediglich den Spielraum aus, den ihr das Entwicklungsgebot auch in der räumlichen Abgrenzung einer Baufläche einräume. Jedenfalls sei ein etwaiger Verstoß gegen das Entwicklungsgebot unbeachtlich. Insoweit sei auf die planerische Konzeption für einen größeren Raum als das Plangebiet abzustellen. Es liege auch kein Abwägungsdefizit vor. Das Planungsziel berge in sich die Logik, dass jede Art von Bebauung auf dem Grundstück des Antragstellers ausgeschlossen werden solle. Deshalb habe sie sich nur mit den vorhandenen Baulichkeiten auf dem Grundstück auseinander zu setzen gehabt. Der Antragsteller habe auch nicht etwa im Bebauungsplanverfahren geltend gemacht, er wolle auf seinem Grundstück Wohngebäude errichten. In diesem Fall hätte sie Anlass gehabt, festzuhalten, dass natürlich auch solche Wohngebäude durch die Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche unzulässig werden würden. Es liege auch keine Abwägungsdisproportionalität vor. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass es einer Gemeinde nicht verwehrt sei, auch Bereiche zu überplanen, die bereits teilweise bebaut seien. Sie könne auch das Ziel verfolgen, einen vorhandenen Ortsteil fortzuentwickeln. Das Interesse an der Erhaltung vorhandener Verhältnisse und ein etwaiges Erweiterungsinteresse hätten zwar erhebliches Gewicht. Diese Interessen könnten aber überwunden werden, wenn die von der Gemeinde verfolgten Ziele der städtebaulichen Ordnung und Entwicklung sowie entsprechend gewichtige, gegen die Erhaltung der vorgefundenen Verhältnisse sprechende Belange dies rechtfertigten. Dies sei hier der Fall. Der Bebauungsplan sei auch erforderlich. Es sei nicht so, dass keinerlei Anhaltspunkte für eine Verwirklichung der Planung gegeben seien bzw. dass mit der Verwirklichung des Bebauungsplans oder einzelner Festsetzungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht gerechnet werden könne. Der Standort des Zimmereibetriebs sei nicht unabänderlich. Der Antragsteller habe vielmehr deutlich gemacht, dass er die jetzige Nutzung aufgeben und eine andere Nutzung aufnehmen wolle. Bei dieser Sachlage sei sie geradezu verpflichtet, von der Möglichkeit der Bauleitplanung Gebrauch zu machen.
Während des Normenkontrollverfahrens hat der Sohn des Antragstellers eine Baugenehmigung für eine Erweiterung seiner Werkstatt innerhalb der vorhandenen Gebäude beantragt und erhalten.
Wegen der Einzelheiten des Vortrags und Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die dem Senat vorliegenden Bebauungsplanakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Antrag ist zulässig. Insbesondere besitzt der Antragsteller die erforderliche Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Denn als Eigentümer des Grundstücks Flst.-Nr. 413, bezüglich dessen er die Nichtigkeit des Plans festgestellt wissen will, ist er von den Festsetzungen des Plans unmittelbar rechtlich betroffen. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin fehlt dem Antragsteller auch nicht das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Ob es zutrifft, dass die Ausübung eines Antrags- oder Klagerechts schon dann unzulässig sein kann, wenn sich ein Kläger oder Antragsteller dabei widersprüchlich verhält (vgl. Eyermann/Rennert, VwGO, 11. Aufl., vor § 40 Rdnr. 22), oder ob dies nur dann gilt, wenn zugleich die Voraussetzungen einer (prozessualen) Verwirkung des Antrags- bzw. Klagerechts gegeben sind, lässt der Senat offen. Denn der Senat bewertet es nicht als widersprüchlich, dass der Antragsteller sowohl den Bebauungsplan bekämpft wie auch versucht (hat), auf dessen Grundlage eine möglichst günstige Entschädigung für die sich aus dem Plan ergebenden Beschränkungen der baulichen Nutzbarkeit des Betriebsgrundstücks zu erhalten.
Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Der Senat kann keine Umstände feststellen, welche zur Nichtigkeit oder jedenfalls Unwirksamkeit des angegriffenen Bebauungsplans führen (vgl. § 47 Abs. 5 Satz 2 und 3 VwGO).
Der Bebauungsplan verstößt nicht gegen das Gebot des § 1 Abs. 3 BauGB, dass die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen haben, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Insbesondere ist nicht anzunehmen, der Bebauungsplan sei aus zwingenden rechtlichen Gründen vollzugsunfähig oder biete auf unabsehbare Zeit keine Aussicht auf Verwirklichung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.5.1999 - 4 BN 15.99 -, Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 27 = NVwZ 1999, 1338 = PBauE § 1 Abs. 5 BauNVO Nr. 6; Beschl. v. 8.9.1999 - 4 BN 14.99 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 106 = ZfBR 2000, 275; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.7.2002 - 5 S 1601/01 -; vgl. auch, insoweit einen Abwägungsfehler annehmend, BVerwG, Urt. v. 6.5.1993 - 4 C 15.91 -, Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 66 = NVwZ 274 = PBauE § 1 Abs. 6 BauGB Nr. 25; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 4.7.1996 - 5 S 462/95 -, VBlBW 1997, 22 = PBauE § 1 Abs. 6 BauGB Nr. 47; Urt. v. 25.10.1996 - 5 S 1040/95 -). Denn im Zeitpunkt des Beschlusses des Bebauungsplans hatte der Sohn des Antragstellers die durch einen Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids belegte Absicht, den Betrieb zu erweitern, was nach der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin nur bei einer Verlagerung des Betriebs in ein Gewerbegebiet möglich gewesen wäre. An dieser Absicht hat der Sohn des Antragstellers auch nach Ablehnung des Bauvorbescheids festgehalten; seinen diesbezüglichen Widerspruch hat er (bislang) nicht zurückgenommen. Auch die Verhandlungen des Antragstellers mit der Antragsgegnerin über eine Übernahme des Betriebsgrundstücks zeigen, dass der Gemeinderat jedenfalls im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses davon ausgehen durfte, dass die Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche auf dem Betriebsgrundstück alsbald verwirklicht werden könne.
Die Antragsgegnerin dürfte den Bebauungsplan aus dem Flächennutzungsplan in der Fassung seiner zweiten Änderung vom 30.11.1993 entwickelt haben (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Von dessen Darstellung einer Mischbaufläche für das Betriebsgrundstück und die nähere Umgebung im Süden und Südosten weicht der Bebauungsplan zwar ab. Abweichungen sind aber zulässig, wenn sie sich aus dem Übergang in eine konkretere Planungsstufe rechtfertigen und die Grundkonzeption des Flächennutzungsplans für das Plangebiet unberührt lassen. Erst wenn durch ein mehr als geringfügiges Abweichen im Bebauungsplan das Gewicht verschoben wird, das nach dem Flächennutzungsplan einer Baufläche im Verhältnis zu anderen Bauflächen und zu den von der Bebauung frei zu haltenden Flächen nach Qualität und Quantität zukommt, wird der Bebauungsplan in aller Regel dem Flächennutzungsplan derart widersprechen, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht mehr als aus dem Flächennutzungsplan "entwickelt" anzuerkennen sind (BVerwG, Urt. v. 28.2.1975 - 4 C 74.72 - BVerwGE 48, 70 = PBauE § 8 BauGB Nr. 2). Nach diesen Grundsätzen spricht hier viel für die Beachtung des Entwicklungsgebots. Insbesondere fällt die von den Darstellungen des Flächennutzungsplans abweichende Erweiterung der öffentlichen Grünfläche nach Westen und Südwesten im Blick auf die Größe des Plangebiets kaum ins Gewicht. Auch entspricht sie in ihrer Tendenz dem schon im Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplan unter Nr. 9.6 (Grünflächenplanungen) erwähnten planerischen Ziel, zur Aufwertung der innerstädtischen Grünzonen u.a. die Stadtgrabenanlage in den Bereich Rosswasen zu verlängern. Aus den zeichnerischen Darstellungen des (alten) Flächennutzungsplans ergibt sich im Übrigen, dass sich der zu bewahrende Grünzug des Rosswasens jenseits der nahen Kreuzung Schramberger Straße, Hausener Straße und Marxstraße nach Südwesten fortsetzen soll. Dass im Flächennutzungsplan noch, entsprechend dem Bestand, im Bereich des Betriebsgrundstücks und teilweise in dessen Umgebung eine gemischte Nutzung anstelle einer Grünfläche dargestellt ist, belegt wohl nicht eine Art Grundzug der Flächennutzungsplanung, der einer Entwicklung in diesem Bereich zu einer öffentlichen Grünfläche in jedem Fall entgegenstünde. Gerade weil die Antragsgegnerin im Flächennutzungsplan mit der Darstellung einer kleinen Mischbaufläche ersichtlich nur den Bestand berücksichtigt hat, liegt die Annahme nahe, dass sie im Fall einer möglichen Aufgabe der gewerblichen Nutzung in diesem Bereich an der Darstellung nicht festhalten wollte.
Selbst wenn die Antragsgegnerin insoweit das Entwicklungsgebot verletzt hätte, wäre dies aber für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans nach § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB unbeachtlich. Denn in diesem Fall wäre die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende städtebauliche Entwicklung nicht beeinträchtigt worden. Dies ist, entgegen der Auffassung des Antragstellers und anders als für die vorgelagerte Frage eines Verstoßes gegen das Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB, nicht nach der planerischen Konzeption des Flächennutzungsplans für den engeren Bereich des Bebauungsplans zu beurteilen, sondern nach der planerischen Konzeption dieses Plans für den größeren Raum, d.h. für das gesamte Gemeindegebiet oder einen über das Bebauungsplangebiet hinausreichenden Ortsteil. Zu fragen ist, ob die über den Bereich des Bebauungsplans hinausgehenden, übergeordneten Darstellungen des Flächennutzungsplans beeinträchtigt werden. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, welches Gewicht der planerischen Abweichung vom Flächennutzungsplan im Rahmen dessen Gesamtkonzeption zukommt. Maßgebend ist, ob der Flächennutzungsplan seine Bedeutung als kommunales Steuerungsinstrument der städtebaulichen Entwicklung "im Großen und Ganzen" behalten oder verloren hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.2.1999 - 4 CN 6.98 -, Buchholz 406.11 § 214 BauGB Nr. 14 = NVwZ 2000, 197 = PBauE § 8 BauGB Nr. 9a). Nach diesen Grundsätzen ist ein unterstellter Verstoß gegen das Entwicklungsgebot hier unbeachtlich. Denn bezogen auf das Gemeindegebiet der Antragsgegnerin insgesamt und auch nur auf das Gebiet ihrer Kernstadt ist die Abweichung von den Darstellungen des Flächennutzungsplans qualitativ und quantitativ unerheblich. Für die Gesamtkonzeption des Flächennutzungsplans ist es ersichtlich nicht von Bedeutung, ob im Bereich der Grundstücke des Antragstellers und in der nächsten Umgebung eine Mischgebietsnutzung fortgesetzt werden kann oder nicht. Soweit der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, die wiedergegebene Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts von § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB gehe zu weit, weil danach ein Verstoß gegen das Entwicklungsgebot so gut wie nie beachtlich sei und nie beanstandet werden könne, vermag dem der Senat nicht zu folgen. Wie sich aus der erwähnten möglichen Beschränkung der Betrachtung auf Ortsteile ergibt, ist es nicht etwa so, dass stets das gesamte Gemeindegebiet in den Blick genommen werden müsste. Zudem ist es auch bei großräumiger Betrachtung sehr wohl denkbar, dass ein abweichender Bebauungsplan damit übergeordnete Darstellungen des Flächennutzungsplans beeinträchtigt. Dies wäre etwa für das Plangebiet der Fall, wenn der Bebauungsplan Festsetzungen enthielte, welche der Darstellung einer Grünfläche im mittleren und östlichen Bereich des Rosswasens widersprechen würde. Im Übrigen bemerkt der Senat, dass die Aufsichtsbehörde nach § 216 BauGB auch unbeachtliche Verstöße gegen das Entwicklungsgebot zu beanstanden hätte.
Der Bebauungsplan verstößt nicht gegen das Gebot des § 1 Abs. 6 BauGB, dass die Gemeinde die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen hat. Dabei hat sich die gerichtliche Kontrolle der Abwägungsentscheidung der Gemeinde darauf zu beschränken, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden musste, ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist und ob der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht (vgl. grundlegend BVerwG, Urt. v. 5.7.1974 - IV C 50.72 -, BVerwGE 45, 309 = PBauE § 1 Abs. 6 BauGB Nr. 3). Mängel im Abwägungsvorgang sind überdies nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (vgl. § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Unter bestimmten Voraussetzungen werden Abwägungsmängel insgesamt unbeachtlich (vgl. § 215 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 BauGB).
Der Antragsteller wendet zu Unrecht ein, die Antragsgegnerin habe die Bedeutung seines Interesses an der baulichen Nutzung seines Grundstücks verkannt, indem sie nicht berücksichtigt habe, dass auf dem Grundstück Flst.-Nr. 413 eine dessen Wert maßgebend steigernde Wohnnutzung möglich sei. Denn diese Nutzungsmöglichkeit brauchte die Antragsgegnerin schon deshalb nicht zu berücksichtigen, weil sie weder verwirklicht war noch sich konkret abzeichnete. Der Antragsteller hat bis zum Abschluss des Bebauungsplanverfahrens keinen diesbezüglichen Bauvorbescheid oder eine Baugenehmigung erhalten oder auch nur beantragt und nicht einmal auf eine diesbezügliche konkrete Planung verwiesen. Lediglich die Möglichkeit einer anderweitigen Nutzbarkeit des Betriebsgrundstücks hat er in den während des Bebauungsplanverfahrens geführten Verhandlungen über eine Übernahme des Betriebsgrundstücks angesprochen. Dabei hat er nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung nur auf Kontakte zu einem Bauträger hingewiesen. Zudem hätte ein unterstellter Entzug eines Rechts des Antragstellers auf eine Nutzung des Betriebsgrundstücks zu Zwecken des Wohnungsbaus in der Abwägung nur ein geringes Gewicht gehabt, weil die entschädigungsrechtlich maßgebliche Sieben-Jahres-Frist des § 42 Abs. 2 BauGB abgelaufen war. Im Übrigen teilt der Senat die Auffassung der Antragsgegnerin, dass ein Wohnbauvorhaben auf dem Grundstück Flst.-Nr. 413 im Zeitpunkt des Beschlusses des Bebauungsplans baurechtlich unzulässig gewesen wäre. Sofern es im Zusammenhang mit dem sich nach Osten erstreckenden Rosswasen als Außenbereichsgrundstück (im Innenbereich) beurteilt werden müsste, widerspräche ein solches Vorhaben jedenfalls nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Antragsgegnerin den Darstellungen ihres Landschaftsplans 1997 (vgl. § 35 Abs. 3 Nr. 2 BauGB) und beeinträchtigte die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert (vgl. § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB). Sofern das Betriebsgrundstück dem Innenbereich zugehörte, fügte es sich jedenfalls nach der überbaubaren Grundstücksfläche nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein (vgl. § 34 Abs. 1 BauGB). Denn diese ist, wie sich schon aus den dem Senat vorliegenden Plänen ergibt, durch eine ausschließliche Bebauung entlang der Schramberger- und der Marxstraße geprägt. Die in dem Bereich vorhandene rückwärtige Bebauung (Wohnhaus auf Grundstück Flst.-Nr. 415, gewerblich genutzter Schuppen auf Grundstück Flst.-Nr. 413/3) fällt demgegenüber nicht maßstabbildend ins Gewicht.
Der Gemeinderat der Antragsgegnerin ist bei seiner Abwägung nicht davon ausgegangen, die Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche auf dem Grundstück Flst.-Nr. 413 beeinträchtige dessen gewerbliche Nutzung in keiner Weise. In der Vorlage Nr. 117/99, welche der Abwägung des Gemeinderats zu Grunde lag, wird ausgeführt, dass der Zimmereibetrieb nach wie vor Bestandsschutz habe, dass aber die beabsichtigte bauliche Erweiterung gemäß der gestellten Bauvoranfrage von derzeit 352 qm auf 619 qm städtebaulich, insbesondere wegen einer erheblichen Störung der angrenzenden und der geplanten Wohnbebauung wie auch der Erholung im geplanten Grünzug, nicht vertretbar sei. Diese Ausführungen belegen, dass der Gemeinderat der Antragsgegnerin zutreffend davon ausging, der Zimmereibetrieb könne im (genehmigten) Umfang weiterbetrieben werden (sogenannter passiver Bestandsschutz). Dass der Zimmereibetrieb künftig noch wesentlich erweitert werden könnte, hat der Gemeinderat mit dem Begriff "Bestandsschutz" nicht verbunden. Es war gerade seine planerische Absicht, eine solche Vergrößerung der baulich genutzten Betriebsflächen zu verhindern und stattdessen die vorhandenen Grünflächen mit Blick auf eine spätere Verwirklichung der Festsetzung einer der öffentlichen Erholung dienenden Grünfläche zu bewahren und zu erweitern.
Dass sich der Gemeinderat über die Grenzen des Bestandsschutzes im künftig überplanten Bereich nach Lage der Akten keine weitergehenden Gedanken gemacht hat, begründet keinen Mangel im Abwägungsvorgang. Der Antragsteller hat hierzu in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten, der Gemeinderat hätte bedenken müssen, dass nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Bestandsschutz nicht mehr unmittelbar nach Art. 14 Abs. 1 GG, sondern nur noch nach Maßgabe des einfachen Rechts gewährt werde. Er habe irrigerweise zu Grunde gelegt, dass im qualifiziert beplanten Gebiet geringfügige Änderungen und Erweiterungen von Gebäuden und Nutzungen weiterhin genehmigungsfähig seien und etwa auch im Fall einer Zerstörung von Betriebsgebäuden durch Blitzschlag ein Wiederaufbau genehmigt werden könne. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Gemeinderat der Antragsgegnerin über die Grenzen des Bestandsschutzes bezogen auf das Grundstück des Antragstellers weitergehende und rechtsfehlerhafte Gedanken gemacht hätte. Hierzu bestand auch deshalb kein Anlass, weil vieles dafür sprach, dass der Betrieb ohnehin aussiedeln würde. Nicht zu beanstanden ist es danach, dass der Gemeinderat gewissermaßen abstrakt davon ausgegangen ist, der Antragsteller genieße nach der im Zeitpunkt des Beschlusses des Bebauungsplans maßgeblichen Rechtsprechung Bestandsschutz. Denn zu jenem Zeitpunkt war in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits seit längerem geklärt, dass Bestandsschutz im Baugenehmigungsverfahren nur noch nach Maßgabe des einfachen Rechts gegeben ist (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 15.2.1990 - 4 C 23.86 - BVerwGE 84, 322 = PBauE § 34 Abs. 1 BauGB Nr. 15a; zusammenfassend BVerwG, Urt. v. 27.8.1998 - 4 C 5.98 -, NVwZ 1999, 523 = PBauE § 29 BauGB Nr. 18).
Die als solche nach § 9 Abs. 1 Nr. 11 und Nr. 15 BauGB zulässigen Festsetzungen einer öffentlichen Grünfläche nebst öffentlichen Wegeflächen auf dem Grundstück Flst.-Nr. 413 ist auch im Ergebnis der Abwägung nicht fehlerhaft. Sie steht nach ihrer objektiven Gewichtigkeit nicht außer Verhältnis zum Eigentumsrecht des Antragstellers.
Bebauungspläne dienen nach § 1 Abs. 1 BauGB der städtebaulichen Ordnung. Durch sie wird zugleich die eigentumsrechtliche Situation im Plangebiet gestaltet. Ein wirksamer Bebauungsplan bestimmt Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinn von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Gemeinde darf durch ihre Bauleitplanung die (bauliche) Nutzbarkeit von Grundstücken verändern und dabei auch die privaten Nutzungsmöglichkeiten einschränken oder gar aufheben. Einen Planungsgrundsatz, nach dem die vorhandene Bebauung eines Gebiets nach Art und Maß auch bei einer Überplanung weiterhin zugelassen werden muss, gibt es nicht. Allerdings setzt eine wirksame städtebauliche Planung voraus, dass hinreichend gewichtige städtebaulich erhebliche Allgemeinbelange für sie bestehen. Diese Belange müssen umso gewichtiger sein, je stärker die Festsetzungen eines Bebauungsplans die Privatnützigkeit von Grundstücken beschränken oder gar ausschließen (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, Urt. v. 31.8.2000 - 4 CN 6.99 -, BVerwGE 112, 41 = NVwZ 2001, 560 = PBauE § 17 BauNVO Nr. 9 m.w.N.).
Dementsprechend ist die vollständige Inanspruchnahme eines Grundstücks für öffentliche Nutzungen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg nur dann mit dem Gebot einer gerechten Abwägung im Ergebnis vereinbar, wenn die planende Gemeinde dafür hinreichend gewichtige Belange anführen kann und sich mit naheliegenden oder sich aufdrängenden Planungsalternativen ausreichend befasst hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 22.4.1996 - 5 S 833/95 -; Urt. v. 18.9.1998 - 8 S 290/98 - BRS 60 Nr. 9 = PBauE § 1 Abs. 3 BauGB Nr. 22; Urt. v. 5.10.1999 - 5 S 2624/96 -, NuR 2000, 331 = PBauE § 215a BauGB Nr. 11; vgl. auch OVG Münster, Urt. v. 17.12.1998 - 10a D 186/96 -, NVwZ-RR 1999, 561). Dies gilt umso mehr, wenn bestehende Gebäude und Nutzungen überplant werden (vgl., zur abwägungsfehlerfreien Überplanung eines bisher unbeplanten Gebiets, das im Randbereich seit Jahrzehnten mit zehn Gebäuden für Wohn- und Gewerbenutzung bebaut ist, mit einem Sondergebiet Technologiepark, VGH Bad.-Württ., Urt. v. 30.11.2000 - 5 S 3227/98 - PBauE § 11 BauNVO Nr. 26).
Die von der Antragsgegnerin angeführten öffentlichen Belange für die Erstreckung einer öffentlichen Grünfläche nebst Wegeflächen auf das Betriebsgrundstück sind hinreichend gewichtig dafür, dass die Antragsgegnerin das Interesse des Antragstellers an einer Beibehaltung des bisherigen Zustands bzw. an der Ausweisung eines Mischgebiets zurückgestellt hat. Hohes Gewicht haben insbesondere die der Allgemeinheit dienenden planerischen Ziele, eine durchgehende Grünzone vom Neckartal über den Rosswasen bis zum Charlottenwäldchen mit Anbindung an die freie Landschaft und den weiteren Zielen Bettlingsbad und Eckhof im Eschachtal zu schaffen und in diesem Grünzug weitgehend verkehrssichere Geh- und Radwege anzulegen. Dass die Antragsgegnerin diese Ziele schon während des Bebauungsplanverfahrens ernsthaft verfolgt hat, wird darin deutlich, dass sie Niederschlag in ihrem Landschaftsplan 1997 und im neuen Flächennutzungsplan 2012 vom 23.7.2001/20.12.2001 gefunden haben. Der Umstand, dass das Betriebsgrundstück des Antragstellers am westlichen Ende des Rosswasens liegt, ändert nichts daran, dass die erwähnten Ziele auf dem Betriebsgrundstück erreichbar sind. Das folgt schon daraus, dass sich die Grünzone mit dem geplanten Fuß- und Radweg im Westen, wenn auch in einem schmaleren Streifen, bis zur Kreuzung Schramberger Straße, Hausener Straße und Marxstraße fortsetzt. In einer "Insellage" (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 5.10.1999 a.a.O.) befindet es sich nicht. Zu der Planung gibt es auch keine naheliegenden oder sich aufdrängenden Alternativen. Eine bis zu der erwähnten Kreuzung durchgängige öffentliche Grünzone lässt sich nur mit den getroffenen Festsetzungen erreichen. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass eine andere Führung des Geh- und Radwegs zu der erwähnten Kreuzung ernstlich in Betracht gekommen wäre. Die in der mündlichen Verhandlung vom Antragsteller angesprochene Variante entlang der Einmündung des Rosswagenwegs und der Schrambergerstraße wäre, wenn überhaupt auf den vorhandenen öffentlichen Flächen machbar, deutlich weniger sicher.
Gegenüber diesen öffentlichen Belangen durfte die Antragsgegnerin die privaten Belange des Antragstellers zurückstellen. Sein Interesse an einer Fortführung des Betriebs ist durch den von der Planung nicht berührten passiven Bestandsschutz gewahrt. Das Interesse des Antragstellers, den Zimmereibetrieb zumindest innerhalb des baulichen Bestands und im Rahmen der ausgeübten Nutzung ändern zu können, wird dadurch gemindert, dass bei der Beschlussfassung des Gemeinderats eine Aussiedlung des Betriebs in Aussicht stand. Im Übrigen hält es der Senat für möglich, dass die insoweit allein maßgeblichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.8.1998 a.a.O.) einfachgesetzlichen Bestimmungen über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben im beplanten Gebiet (vgl. §§ 29 bis 31 BauGB) durchaus Raum für einen gewissen, hier im Einzelnen nicht festzulegenden sogenannten aktiven Bestandsschutz lassen und somit die dem Sohn des Antragstellers in der Zwischenzeit erteilte Baugenehmigung nicht - wie der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung bemerkt hat - nur "gnadenhalber gewährt" ist. Geht man davon aus, dass Bebauungspläne keiner "Geltungsvermittlung" bedürfen und die Beachtlichkeit ihrer Festsetzungen somit nicht von der Frage abhängt, ob eine Änderung eines vorhandenen Gebäudes oder einer ausgeübten Nutzung so wesentlich ist, dass sie den Begriff des Vorhabens gemäß § 29 Abs. 1 BauGB erfüllt (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.3.1997 - 4 B 233.96 - NuR 1998, 87 = PBauE § 12 BauNVO Nr. 5; zum Begriff des Vorhabens vgl. BVerwG, Urt. v. 27.8.1998 a.a.O.), kommt immer noch in Betracht, dass im Einzelfall, je nach dem Umfang der geplanten Änderung, die Voraussetzungen für eine Ausnahme oder Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans vorliegen. So hat das Bundesverwaltungsgericht für Fälle, in denen es früher einen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung aus "eigentumskräftig verfestigter Anspruchsposition" erwogen hat, betont, dass sich im beplanten Innenbereich mit Hilfe des § 31 Abs. 1 und 2 BauGB angemessene Ergebnisse erreichen lassen (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.8.1990 - 4 C 3.90 - BVerwGE 85, 289 = NVwZ 1991, 673 = PBauE § 10 BauGB Nr. 7; vgl. auch, zur Aufhebung der Bestandsschutzregelung des § 34 Abs. 3 BauGB, Berliner Schwerpunkte-Kommentar zum Baugesetzbuch 1998, § 34 Rdnr. 10).
In seiner Auffassung, dass ungeachtet der Reichweite eines etwaigen "Bestandsschutzes" die anderweitige Überplanung eines baulich genutzten Grundstücks im Ergebnis abwägungsfehlerfrei sein kann, sieht sich der Senat durch die obergerichtliche Rechtsprechung bestätigt (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.8.2000 a.a.O., vgl. auch OVG Münster, v. 7.9.2000 - 7a D 235/98.NE -Juris).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
Beschluss
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 20.000 EUR festgesetzt (vgl. § 25 Abs. 2, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG; vgl. auch Nr. 7.7 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 1996, 563).
Ende der Entscheidung
Bestellung eines bestimmten Dokumentenformates:
Sofern Sie eine Entscheidung in einem bestimmten Format benötigen, können Sie sich auch per E-Mail an info@protecting.net unter Nennung des Gerichtes, des Aktenzeichens, des Entscheidungsdatums und Ihrer Rechnungsanschrift wenden. Wir erstellen Ihnen eine Rechnung über den Bruttobetrag von € 4,- mit ausgewiesener Mehrwertsteuer und übersenden diese zusammen mit der gewünschten Entscheidung im PDF- oder einem anderen Format an Ihre E-Mail Adresse. Die Bearbeitungsdauer beträgt während der üblichen Geschäftszeiten in der Regel nur wenige Stunden.