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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 30.04.2001
Aktenzeichen: 5 S 273/00
Rechtsgebiete: FStrG


Vorschriften:

FStrG § 17 Abs. 4 Satz 1
1. Zur Präklusion einer planbetroffenen Gemeinde, die sich im Planfeststellungsverfahren (nur) als Trägerin öffentlicher Belange geäußert hat.

2. Zum Erfordernis der Abfassung eines gemeindlichen Einwendungsschreibens.


VERWALTUNGSGERICHTSHOFBADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

5 S 273/00

Verkündet am 30.04.2001

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Planfeststellung für den Neubau der B 3 - Umgehung Bühl (nördlicher Teilabschnitt von der L 85 bis zur K 9608) sowie Ausbau des Knotenpunktes B 3 alt/L 84 a/K 9609

hat der 5. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Lutz und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Schefzik und Harms auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27. April 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 22.12.1999 für den Neubau der Bundesstraße B 3 - Umgehung Bühl.

Gegenstand des festgestellten Plans ist der Neubau des 1,960 km langen nördlichen Abschnitts der im Übrigen bereits gebauten und dem Verkehr übergebenen Bundesstraße B 3 neu - Umgehung Bühl. Die Trasse beginnt am Knoten B 3 neu (Umgehung Bühl/Ottersweier)/L 85 und schwenkt von dort zur Bahnneubaustrecke Karlsruhe-Basel, mit der sie gebündelt bis zur K 9608 (Bauende) verläuft. Die Überleitung des Verkehrs zur B 3 alt erfolgt über die K 9609 und den Knotenpunkt B 3 alt/L 84a/K 9609 ("Karcher-Kreuzung") im Ortsteil Steinbach der Klägerin. Der planfestgestellte Ausbau des Knotenpunkts beinhaltet die Neuanlegung einer Linksabbiegespur auf der K 9609 und die Neuanlegung einer Rechtsabbiegespur auf der B 3 alt. Ferner sieht der festgestellte Plan den Rückbau der bestehenden B 3 zwischen L 85 und K 9609 auf eine Breite von 6,00 m vor.

Dem Erlass des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses liegt folgendes Verfahren zugrunde: Mit Verfügung vom 19.01.1998 leitete das Regierungspräsidium Karlsruhe - auf Antrag der Straßenbauverwaltung vom 16.12.1997 - das Planfeststellungsverfahren ein; die Träger öffentlicher Belange wurden beteiligt. Nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung in den "Stadtnachrichten" der Stadt Bühl vom 06.02.1998 sowie im Mitteilungsblatt "Baden-Badener Rebland" der Klägerin vom 30.01.1998 und in den Tageszeitungen "Badische Neueste Nachrichten" und "Badisches Tagblatt" jeweils vom 31.01.1998 lagen die Planunterlagen im Rathaus der Stadt Bühl und im Rathaus der Klägerin in der Zeit vom 09.02.1998 bis 16.03.1998 zur Einsichtnahme durch jedermann aus. In der öffentlichen Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass Einwendungen gegen den Plan bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich oder mündlich zur Niederschrift beim Regierungspräsidium Karlsruhe, Schlossplatz 1-3 (Zimmer 132 und 134), 76131 Karlsruhe oder bei der Stadt Baden-Baden, Marktplatz 2, Rechtsamt, Zimmer M 215, 76530 Baden-Baden erhoben werden können und nach Ablauf der Einwendungsfrist eingegangene Einwendungen von Gesetzes wegen ausgeschlossen sind. Mit Schreiben vom 19.03.1998 informierte die Klägerin das Regierungspräsidium Karlsruhe u.a. darüber, dass "die Stellungnahme seitens der Stadt" nachgereicht werde. Diese Stellungnahme erfolgte mit Schreiben vom 09.04.1998. Darin teilte die Klägerin mit, dass der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 30.03.1998 der vorliegenden Planung grundsätzlich zugestimmt habe, jedoch mit folgenden Maßgaben:

I. Planungskonzeption

Die Realisierung bzw. Verkehrsfreigabe des vorliegenden Planungsabschnitts muss zeitgleich mit der Nordfortsetzung (B 3 neu Umgehung Sinzheim) erfolgen, um kostenintensive Übergangslösungen zur Verkehrsanbindung an die bestehende B 3 alt in Höhe von Steinbach zu vermeiden. Sofern eine zeitgleiche Nordfortsetzung nicht möglich ist, ist für die Zeit der Verkehrsumleitung die Einmündung der K 9609 in die B 3 alt soweit wie möglich nach Norden zu verlegen. Die Kosten dieser Umbaumaßnahme sowie der Signalisierung der bestehenden Einmündung der K 9608 Nord in die K 9608 Süd hat der Straßenbaulastträger der B 3 neu als Folgekosten zu tragen. Die Stadt ist in diesem Zusammenhang von jeglichen Kosten freizustellen.

II. Konkrete Maßgaben zur B 3 Planung und Realisierung

...

3. Die B 3 alt ist zwischen der L 85 und der Karcher-Kreuzung wegen des ÖPNV und des Lkw-Anlieferverkehrs nicht wie in den Planfeststellungsunterlagen vorgesehen auf 6 m, sondern auf 6,50 m zurückzubauen.

...

7. Für die von der Ableitung des Verkehrs von der B 3 neu auf die B 3 alt über die sogenannte Karcher-Kreuzung betroffenen Wohngebiete von Steinbach (insbesondere Bereich Karcher-Kreuzung sowie Römerwall und Baugebiet "Untere Sommerbühn") sind ergänzende Lärmuntersuchungen durchzuführen."

Am 25.06.1998 fand der Erörterungstermin statt. Mit Beschluss vom 22.12.1999 stellte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Plan für den Neubau der B 3 - Umgehung Bühl - fest; mit den "Belangen" der Klägerin nach Maßgabe des Schreibens vom 09.04.1998 befasste sich die Behörde unter Nr. 2.3.2.2 der Begründung, wobei den Forderungen der Klägerin weitgehend nicht entsprochen wurde. Der Planfeststellungsbeschluss wurde der Klägerin am 04.01.2000 zugestellt.

Am 02.02.2000 hat die Klägerin beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Klage erhoben mit dem Antrag,

den Beklagten zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 22. Dezember 1999 um folgende Maßgaben zu ergänzen:

1. Rückbau der B 3 alt auf eine Fahrbahnbreite von lediglich 6,5 m;

2. Die Realisierung bzw. Verkehrsfreigabe des planfestgestellten Abschnitts hat zeitgleich mit der Nordfortsetzung (B 3 neu Umgehung Sinzheim) zu erfolgen;

hilfsweise:

Sofern eine zeitgleiche Nordfortsetzung nicht möglich ist, ist für die Zeit der Verkehrsumleitung die Einmündung der K 9609 in die B 3 alt nach Norden zu verlegen;

hilfsweise:

Den Beklagten zu verpflichten, über die Gewährung aktiven bzw. passiven Lärmschutzes für die Bereiche Karcher-Kreuzung und Römerwall sowie für das Baugebiet "Untere Sommerbühn" unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Sie macht geltend: Nur eine Fahrbahnbreite der zurückzubauenden B 3 alt von 6,50 m, wie mit dem Klageantrag zu 1 gefordert, werde den Anforderungen an die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gerecht. Die B 3 alt zwischen Steinbach und Bühl habe Bedeutung sowohl für den öffentlichen Personennahverkehr als auch für die Anbindung und Erschließung von Gewerbegebieten. Für einen gefahrlosen Begegnungsverkehr zwischen Lastkraftwagen und Bussen sollte eine Fahrbahnbreite von 6,50 m nicht unterschritten werden. Auch die Forderung entsprechend dem Klageantrag zu 2 sei begründet. Es sei unverständlich, dass für einige hundert Meter Neubau einer Bundesstraße erhebliche Kosten für eine provisorische und verkehrstechnisch völlig unzureichende Anbindung an die bisherige Strecke aufgewendet würden. Gerade um eine sachgerechte Verwendung öffentlicher Gelder sicherzustellen, sollte sich die Nordfortsetzung der B 3 neu in Richtung Sinzheim unmittelbar anschließen, so dass sich die Kosten für die geplante Behelfsmaßnahme bei Steinbach erübrigten. Die hilfsweise erhobene Forderung, für die Zeit der Verkehrsumleitung die Einmündung der K 9609 in die B 3 alt nach Norden zu verlegen, sei sehr wohl veranlasst. Durch die "stumpfe" Anbindung der B 3 neu an die B 3 alt entstehe eine Kreuzungssituation, die wesentlich mehr Verkehr in die Ortslage von Steinbach bringe, als dies prognostiziert und bisher der Fall sei. Die Geradeaus-Fahrt von der K 9609 in die Poststraße und dann weiter über die L 84a nach Baden-Baden werde aber mit steigendem Verkehrsaufkommen vermehrt auch von ortskundigen Verkehrsteilnehmern gewählt werden. Hierdurch werde die konkret geplante Beruhigung der Ortsdurchfahrt (Grabenstraße-Steinbacherstraße-Mührichstraße) erheblich erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht. Die Umgehung Steinbachs werde dadurch sinn- und zwecklos und die Straßenplanungen der Stadt würden konterkariert. Durch den zu erwartenden erhöhten Durchgangsverkehr in Steinbach und den angrenzenden Ortsteilen Neuweier und Varnhalt und die damit verbundenen Lärm- und Abgasbelästigungen werde die Wohnqualität dieser Ortsteile erheblich sinken. Planungen der Stadt, wie die Ausweisung von Wohnbebauung im Bereich "Vorder Mührich", würden erschwert, wenn nicht völlig unmöglich gemacht. Auch die geplante Abbiegespur von der B 3 alt auf die K 9609 sei wesentlich zu kurz bemessen. Die erforderliche zusätzliche Grünphase für Radfahrer, um diesen ein gefahrloses Kreuzen der K 9609 zu ermöglichen, vermindere weiter ganz erheblich die Leistungsfähigkeit der Karcher-Kreuzung und führe zu weiteren Rückstaus in alle Richtungen, insbesondere auch zur künftig durch längere Rotphasen benachteiligten Poststraße. Gerade im Hinblick auf den Radfahrer- und Fußgängerverkehr lasse der Planfeststellungsbeschluss viele Fragen offen. Die Behörde übersehe völlig, dass die zu befürchtenden Rückstaus und der zunehmende Fahrzeugverkehr in Steinbach zu einer erheblichen Verschlechterung der dortigen Luftqualität führe, so dass mit nachteiligen Auswirkungen auf die Prädikatisierung Steinbachs nach dem Kurortegesetz zu rechnen sei. Die Forderung entsprechend dem zweiten Hilfsantrag sei ebenfalls begründet. Es sei mit einer erheblichen Veränderung der bisherigen Situation in Steinbach durch Verkehrslärm zu rechnen.

Im Übrigen verstoße der Planfeststellungsbeschluss, was die Ablehnung der Forderungen der Stadt angehe, gegen das Begründungsgebot der §§ 72, 69 Abs. 2 Satz 1, 39 Abs. 1 LVwVfG. Durch das planfestgestellte Vorhaben würden auch die gemeindliche Planungshoheit nachhaltig gestört sowie wesentliche Teile des Gebiets von Steinbach einer durchsetzbaren gemeindlichen Planung entzogen bzw. gemeindliche Einrichtungen erheblich beeinträchtigt. Dies gelte vor allem für die Ausweisung eines Wohngebiets im Bereich "Vorder Mührich"; die Beruhigung der Ortsdurchfahrt (Grabenstraße-Steinbacherstraße-Mührichstraße) werde kaum noch verwirklicht werden können; die bestandskräftig planfestgestellte Querspange entlang dem Mührichgraben sowie die mögliche Variante im Grünbachtal würden sinn- und zwecklos, wenn die Kreuzungslösung tatsächlich kommen sollte. Darüber hinaus könne die Stadt auch zur Sicherung ihrer Planungshoheit notwendige Schutzauflagen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG geltend machen; hierzu gehörten die ergänzenden Lärmuntersuchungen und die zusätzlichen Lärmschutzmaßnahmen. Die Stadt sei zudem in ihrer Gestaltungshoheit verletzt, welche die Gestaltung des Ortsbildes, des typischen Gesamtgepräges, zu einem klagbaren Recht gegenüber der Fachplanung mache; hierunter falle insbesondere auch die zu befürchtende Verschlechterung der Luftqualität, welche die derzeit laufende verwaltungsinterne Prüfung der Klassifizierung Steinbachs als Erholungsort nach § 10 Kurortegesetz verhindern könne. Durch den geplanten Rückbau der B 3 alt auf eine Breite von nur 6,00 m seien spezifisch örtliche Belange der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs betroffen. Insgesamt leide die Planung an einem beachtlichen Abwägungsmangel im Sinne des § 17 Abs. 6c FStrG.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die Klage für unzulässig. Der Klägerin gehe es mit ihren Forderungen ausschließlich um öffentliche, nicht von ihrer Planungshoheit erfasste Belange. Die B 3 alt zwischen Bühl und Steinbach habe derzeit keinerlei Bedeutung für die unmittelbare Anbindung und schon gar nicht für die Erschließung von bestehenden Gewerbegebieten. Die Klägerin habe auch keine Planungsabsichten vorgetragen, die eine solche Bedeutung der Straße für die Zukunft begründen könnten. Die Klägerin habe zudem nicht dargetan, weshalb sie durch die abschnittsweise Planung der B 3 neu zwischen der L 85 im Süden und der B 500 im Norden in ihren Rechten verletzt sein könnte; sie zeige sich lediglich besorgt darüber, dass durch diese Vorgehensweise und die damit verbundene vorübergehende Umleitung des Verkehrs über die anzupassende Karcher-Kreuzung dem Bund als Baulastträger unnötige Kosten entstehen könnten. Dem Anliegen der Klägerin, zur Entlastung der Poststraße in Steinbach die K 9609 nach Norden bis zur vorgesehenen Einmündung der L 84a neu in die B 3 zu verlegen, habe nicht Rechnung getragen werden können, da es sich hierbei nicht um eine Folgemaßnahme im Sinne von § 75 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG handele. Im Übrigen wäre es Sache der Klägerin, das mit der Verlegung angestrebte Ziel einer innerörtlichen Entlastung Steinbachs vom West-Ost-Verkehr durch eine eigene Planung in Angriff zu nehmen. Auch im Bereich des Lärmschutzes vertrete die Klägerin allenfalls die Interessen von Bewohnern der Wohngebiete am westlichen Ortsrand von Steinbach. Konkrete gemeindliche Planungen könnten durch die Umleitung des Verkehrs über die Karcher-Kreuzung zur B 3 alt schon deshalb nicht berührt sein, weil es solche Planungen dort nicht gebe. Das Gewann "Vorder Mührich", für das es eine nicht näher konkretisierte Planungsabsicht geben solle, liege ca. 1 km nordöstlich der Karcher-Kreuzung zwischen Steinbach und Varnhalt und damit weit außerhalb des Einwirkungsbereichs der an der Kreuzung entstehenden Verkehrsemissionen. Soweit sich die Klägerin in ihrer Klagebegründung erstmals auf eigene Rechte berufe, sei sie präkludiert. Die Klägerin habe mit Schreiben vom 09.04.1998 als Trägerin öffentlicher Belange zu dem Vorhaben Stellung genommen; sie habe aber nirgends zum Ausdruck gebracht, dass das Straßenbauvorhaben sie in irgendeiner Hinsicht in ihrer Planungshoheit tangieren könnte.

Dem Senat liegen die einschlägigen Planfeststellungsakten vor; hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat keinen Erfolg.

Es erscheint bereits fraglich, ob die Klägerin die erforderliche Klagebefugnis im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO besitzt. Hierzu müsste sie dartun, dass entweder eine bereits konkretisierte gemeindliche Planung nicht berücksichtigt worden ist oder eine im Einzelnen noch nicht konkretisierte gemeindliche Planung durch die angegriffene Straßenplanung gänzlich verhindert oder grundlegend behindert würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 26.94 - BVerwGE 100, 388 und Beschl. v. 05.12.1996 - 11 VR 8.96 - NVwZ-RR 1997, 338). Auch eine Veränderung der verkehrlichen Infrastruktur eröffnet die Klagebefugnis für eine Gemeinde nur, wenn das Gemeindegebiet oder Teile davon nachhaltig betroffen werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.09.1998 - 4 VR 11.98 - NuR 1999, 631). Zu einer derartigen Betroffenheit ist das Vorbringen der Klägerin sehr dürftig. Einer abschließenden Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage bedarf es jedoch nicht.

Denn die Klage ist jedenfalls unbegründet.

Die Klägerin kann die begehrten Ergänzungen des Planfeststellungsbeschlusses vom 22.12.1999 nicht verlangen, weil sie mit ihren diesbezüglichen Einwendungen gegen die Planung gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG präkludiert ist. Danach sind Einwendungen gegen den Plan nach Ablauf der Einwendungsfrist ausgeschlossen. § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG normiert eine materielle Verwirkungspräklusion, die sich nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift auch auf das nachfolgende gerichtliche Verfahren erstreckt, in dem sie als zwingendes Recht von Amts wegen zu beachten ist (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit der Regelung BVerwG, Urt. v. 24.05.1996 - 4 A 38.95 - DVBl. 1997, 51). Auf den Einwendungsausschluss ist - wie dies § 17 Abs. 4 Satz 2 FStrG verlangt - in der Bekanntmachung der Auslegung der Planunterlagen ordnungsgemäß hingewiesen worden.

Die allen Betroffenen mit dem Einwendungsausschluss auferlegte Mitwirkungslast gilt uneingeschränkt auch für eine Gemeinde, die im Planfeststellungsverfahren als Behörde und damit als Trägerin öffentlicher Belange gemäß § 17 Abs. 3a und 3b FStrG zur Stellungnahme aufgefordert worden ist. Die Betroffenenanhörung nach § 73 Abs. 4 LVwVfG mit der Präklusion nach § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG und die Behördenanhörung nach § 17 Abs. 3a und 3b FStrG sind besondere Verfahrensschritte. Soweit ein Träger öffentlicher Belange durch das Vorhaben zugleich in eigenen Rechten betroffen ist und sich die Möglichkeit offen halten will, diese Rechte notfalls im Klagewege geltend zu machen, muss er deshalb im Rahmen der Betroffenenbeteiligung frist- und formgerecht Einwendungen erheben. Der Einwendungsausschluss rechtfertigt sich auch hier durch das triftige Interesse der Öffentlichkeit und des Vorhabenträgers, innerhalb einer bestimmten angemessenen Frist Sicherheit über Inhalt und Umfang derjenigen Rechtspositionen zu haben, die den Bestand der künftigen Planfeststellung gefährden könnten, soweit sie den ausgelegten Unterlagen entspricht (vgl. BVerwG, Gerichtsbescheid vom 27.12.1995 - 11 A 24.95 - NVwZ 1996, 895 = UPR 1996, 226).

Zwar hat die Klägerin die mit den Klageanträgen weiter verfolgten Einwendungen im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens bereits in ihrem Schreiben vom 09.04.1998 an das Regierungspräsidium Karlsruhe (wortgleich) formuliert. Mit diesem Schreiben vom 09.04.1998 hat die Klägerin jedoch nicht die zweiwöchige Einwendungsfrist des § 73 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG gewahrt. Die Auslegungsfrist endete am 16.03.1998, so dass die zweiwöchige Einwendungsfrist am 30.03.1998 ablief. Innerhalb dieser Frist hat die Klägerin lediglich mit Schreiben vom 19.03.1998 u.a. "die Stellungnahme seitens der Stadt" angekündigt, die dann (erst) unter dem 09.04.1998 verfasst wurde und an diesem Tag beim Regierungspräsidium Karlsruhe (per Fax) einging.

Die Klägerin hat aber auch versäumt, bei der Gemeinde - also bei sich selbst - innerhalb der Zweiwochenfrist nach Ende der Auslegung Einwendungen zu erheben. Die Erhebung gemeindlicher Einwendungen bei der Gemeinde selbst ist von § 73 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG gedeckt. Da die Vorschrift ohne Einschränkung bestimmt, dass Einwendungen auch bei der Gemeinde erhoben werden können, gilt dies für alle Einwendungsberechtigten einschließlich der Gemeinde. Dem steht nicht entgegen, dass die Erhebung gemeindlicher Einwendungen bei der Gemeinde selbst ein "Insichgeschäft" darstellt; denn der Gesetzgeber ist nicht gehindert, Insichgeschäfte zu gestatten (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.02.1997 - 11 A 62.95 - NVwZ 1997, 997 = NuR 1997, 502).

Durch ein solches "Insichgeschäft" ist im vorliegenden Fall die Einwendungsfrist aber nicht gewahrt worden, obwohl die im Schreiben der Klägerin vom 09.04.1998 niedergelegten Forderungen betreffend die Planung auf einen entsprechenden Beschluss des Gemeinderats vom 30.03.1998, dem Tag des Ablaufs der Einwendungsfrist, zurückgehen. Denn mit dieser Beschlussfassung war lediglich der interne Willensbildungsprozess bei der Klägerin abgeschlossen, eine Einwendung aber noch nicht erhoben. Wie bei jeder Willenserklärung im Namen der Gemeinde bedurfte es hierzu noch des Vollzugs durch den hierfür nach § 43 Abs. 1 GemO zuständigen Bürgermeister (oder einen Vertretungsberechtigten), wobei das Formerfordernis des § 73 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG zu beachten war. Ein solcher "Vollzug" des Gemeinderatsbeschlusses durch eine vom Bürgermeister (oder einem Vertretungsberechtigten) eigenhändig unterschriebene oder zur Niederschrift abgegebene "Einwendungserklärung" ist ausweislich der vorliegenden Akten innerhalb der Einwendungsfrist jedoch nicht erfolgt und wird von der Klägerin auch nicht behauptet. Gerade weil die Erhebung gemeindlicher Einwendungen bei der Gemeinde selbst ein "Insichgeschäft" ist, müssen im Interesse der Rechtssicherheit gewisse Anforderungen an die Publizität gestellt werden. Da es ein vom Bürgermeister (oder einem Vertretungsberechtigten) unterzeichnetes "Einwendungsschreiben" der Klägerin vom 30.03.1998 - im Anschluss an die Gemeinderatssitzung vom selben Tag - nicht gibt, kann dahinstehen, ob ein ordnungsgemäß unterzeichnetes "Einwendungsschreiben" zusätzlich mit einem Eingangsstempel oder einem Eingangsvermerk zu versehen gewesen wäre, um - im Interesse der Rechtssicherheit - den fristgerechten Eingang eindeutig zu dokumentieren und nachzuweisen, wie dies auch bei einem Einwendungsschreiben einer betroffenen Privatperson zu geschehen hat (vgl. auch hierzu BVerwG, Urt. v. 12.02.1997 - 11 A 62.95 - a.a.O. sowie BVerwG, Urt. v. 18.06.1997 - 11 A 70.95 - UPR 1997, 471).

Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 32 Abs. 1 LVwVfG (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 24.05.1996 - 4 A 38.95 - a.a.O.) sind von der Klägerin nicht geltend gemacht worden. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Die Klägerin wusste durch ihre eigene Bekanntmachung von dem Erfordernis, rechtzeitig schriftlich Einwendungen erheben zu müssen, und hatte keinen Grund für die Annahme, hierauf verzichten zu können. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Anschreiben des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 19.01.1998 (Einleitung des Planfeststellungsverfahrens), auf das die Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 09.04.1998 Bezug genommen hat. Zwar heißt es in dem Anschreiben vom 19.01.1998 u.a.:

"Bitte geben Sie uns die Planunterlagen nach Ablauf der Einwendungsfrist zurück und übersenden Sie uns die bei Ihnen erhobenen Einwendungen sowie die Nachweise über die Benachrichtigung der außerhalb von Bühl/Baden-Baden wohnenden Betroffenen und die ordnungsgemäß durchgeführte Bekanntmachung bzw. Offenlage.

Im Hinblick auf den bereits bestimmten Erörterungstermin sollten die Unterlagen und Nachweise einschließlich Ihrer Stellungnahme als Betroffene bis spätestens 9. April 1998 bei uns eingegangen sein."

Das konnte die Klägerin aber nicht als eine - auch unzulässige - Verlängerung der gesetzlichen Frist für die Erhebung einer "Betroffenen-Einwendung" seitens der Anhörungsbehörde verstehen. Vielmehr war mit der bis 09.04.1998 gesetzten Frist lediglich die Frist für die Übersendung der Unterlagen - einschließlich "Ihrer Stellungnahme als Betroffene" - "im Hinblick auf den bereits bestimmten Erörterungstermin" gemeint. Von der Verpflichtung, rechtzeitig eine "Betroffenen-Einwendung" zu erheben, was - wie dargelegt - auch bei sich selbst möglich gewesen wäre, wurde die Klägerin dadurch nicht befreit.

Die für den Einwendungsausschluss geltenden Rechtfertigungsgründe schließen es auch aus, dass die Anhörungs- oder Planfeststellungsbehörde durch inhaltliche Befassung mit verspäteten Einwendungen eine einmal eingetretene materielle Präklusion nachträglich wieder beseitigt und Rechtsschutzmöglichkeiten neu eröffnet, vorbehaltlich des Vorliegens der Voraussetzungen für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 32 Abs. 1 LVwVfG - (vgl. BVerwG, Gerichtsbescheid vom 27.12.1995 - 11 A 24.95 - a.a.O.). Der Annahme einer Präklusion der Klägerin steht deshalb nicht entgegen, dass sich das Regierungspräsidium Karlsruhe sowohl im Erörterungstermin vom 25.06.1998 wie auch insbesondere im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss vom 22.12.1999 mit den "Belangen" der Klägerin auf der Basis von deren Schreiben vom 09.04.1998 befasst hat.

Selbst wenn man in diesem Schreiben ein rechtzeitiges Einwendungsschreiben sehen wollte, ist Präklusion der Klägerin nach § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG eingetreten. Denn eine rechtswahrende Einwendung muss erkennen lassen, in welcher Hinsicht Bedenken gegen die in Aussicht genommene Planung - aus der Sicht des Einwendenden - bestehen; das Vorbringen muss so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, in welcher Weise sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.02.1996 - 4 A 38.95 - DVBl. 1996, 648 = UPR 1996, 236 sowie Senatsurt. v. 10.10.1997 - 5 S 105/97 -). Erhebt eine Gemeinde Einwendungen, so muss sie erkennen lassen, welche Rechtsgüter sie als gefährdet ansieht, und die befürchteten Beeinträchtigungen darlegen (vgl. Senatsbeschl. v. 02.04.1998 - 5 S 484/98 -). Dem Schreiben vom 09.04.1998 lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass die Klägerin ihre streitgegenständlichen Ansprüche und Forderungen unter dem Aspekt einer Betroffenheit in ihrem gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht bzw. in ihrer Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG) erhoben hat. Zur Begründung ihrer Forderung, dass die Fahrbahn der zurückzubauenden B 3 alt eine Breite von mindestens 6,50 m haben sollte, hat die Klägerin unter Hinweis auf eine entsprechende Fahrbahnbreite der B 3 neu Umgehung Sandweier ausschließlich auf verkehrliche und Sicherheitsgründe abgehoben. Die Forderung nach einer Realisierung bzw. Verkehrsfreigabe des planfestgestellten Abschnitts nur zeitgleich mit der Nordfortsetzung der B 3 neu (Umgehung Sinzheim) hat die Klägerin geltend gemacht, um auf einen - sie nicht berührenden - "kostenintensiven Umbau" der Karcher-Kreuzung verzichten zu können, und "im Hinblick auf die im Falle einer vorübergehenden Verkehrsumleitung zu erwartenden Belastungen der betroffenen Wohngebiete" im Ortsteil Steinbach. Eine Verlegung der Einmündung der K 9609 in die B 3 alt nach Norden hat die Klägerin (hilfsweise) gefordert, da sonst "auf Grund des von der B 3 neu über die Karcher-Kreuzung zur B 3 alt gesteuerten Verkehrs mit einer Mehrbelastung in Richtung Steinbach zu rechen ist". Auch die (hilfsweise) Forderung nach Durchführung ergänzender Lärmuntersuchungen hat die Klägerin "für die von der Ableitung des Verkehrs von der B 3 neu auf die B 3 alt über die sog. Karcher-Kreuzung betroffenen Wohngebiete von Steinbach" erhoben. Auswirkungen des geplanten Vorhabens auf mehr oder weniger konkretisierte gemeindliche Planungen oder auf sonstige durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützte eigene Rechtspositionen - etwa kommunale Gestaltungsrechte oder Infrastruktureinrichtungen - hat die Klägerin im Schreiben vom 09.04.1998 nicht ins Feld geführt. Auch soweit sie ihre Forderungen erhoben hat, um eine für die Zeit der Verkehrsumleitung befürchtete (Lärm-)Belastung für bestimmte Wohnbereiche des Ortsteils Steinbach abzuwehren, hat die Klägerin nur eventuelle Lärmschutzansprüche ihrer Bürger und damit fremde Rechte, aber keine Betroffenheit in einem eigenen Recht geltend gemacht, wie dies erstmals im Klageverfahren geschehen ist.

Ist die Klägerin danach mit ihren Einwendungen hinsichtlich einer eigenen Rechtsbetroffenheit ausgeschlossen, so kann sie auch nicht geltend machen, dass die Behörde im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss die mit Schreiben vom 09.04.1998 erhobenen Forderungen in einer Weise abgelehnt habe, die gegen das Begründungsgebot der §§ 72, 69 Abs. 2 Satz 1, 39 Abs. 1 LVwVfG verstoße.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des §§ 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Beschluss

Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG auf 100.000,-- DM festgesetzt (vgl. II Nr. 33.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit: Fassung 1996, NVwZ 1996, 563).

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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